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Wenn das Verwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren durch das Vorbringen des Klägers keinen Anlass hatte, an der Vertretungsbefugnis der Bevollmächtigten eines Beteiligten zu zweifeln, und diese im Hauptsacheverfahren nicht verneint hat, kann sie im Kostenfestsetzungsverfahren durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht mehr in Frage gestellt werden.
Das Prozessrecht bietet keinen Anhalt dafür, dass Prozessvollmachten ebenso wie Prozesshandlungen nur von solchen Personen wirksam abgegeben werden können, die im rechtstechnischen Sinne zur (gesetzlichen) "Vertretung" der Behörde befugt sind.
Die Notwendigkeit der Beauftragung als solche soll durch § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO dem Streit der Verfahrensbeteiligten entzogen sein. Dementsprechend kommt es grundsätzlich weder darauf an, ob eine anwaltliche Vertretung der Behörde geboten, vertretbar oder zweckmäßig war, noch darauf, ob die Behörde in anderen Verfahren von der Beauftragung eines Rechtsanwalts abgesehen hat.
Die Beschwerde des Klägers gegen den seine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 11.9.2024 zurückweisenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 18.10.2024 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 und 3 VwGO) gegen den nach § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG i. V. m. den §§ 165, 151 VwGO ergangenen Erinnerungsbeschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 11.9.2024 zurückgewiesen.
3Nachdem das Verwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren durch das Vorbringen des Klägers keinen Anlass hatte, wegen der vorgelegten Vollmacht an der Vertretungsbefugnis der Bevollmächtigten des Beklagten zu zweifeln, und diese im Hauptsacheverfahren nicht verneint hat, kann sie im Kostenfestsetzungsverfahren durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht mehr in Frage gestellt werden.
4Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.12.1986 – 1 WB 111.86 –, BVerwGE 83, 271 = juris, Rn. 14 f.; siehe auch VerfGH NRW, Beschluss vom 9.4.2024 – 92/22.VB-2 –, juris, Rn. 11, m. w. N.
5Ungeachtet dessen ist die den Prozessbevollmächtigten des Beklagten erteilte Prozessvollmacht entgegen der Ansicht des Klägers wirksam. Die Prozessvollmacht ist den Prozessbevollmächtigten am 18.7.2023 für den Beklagten, vertreten durch die Bezirksregierung, durch eine Sachbearbeiterin erteilt worden, die ihr Handeln im Auftrag durch den Zusatz „i. A.“ bei der Unterschrift deutlich gemacht hat. Der Wirksamkeit der der Vollmachterteilung zugrundeliegenden Beauftragung musste das Gericht ebenso wenig nachgehen wie der behördeninternen Aufgabenübertragung an die tätig gewordene Sachbearbeiterin.
6Es entspricht anerkannter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Wirksamkeit der einem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht und der von ihm namens der Partei vorgenommenen Rechtshandlungen unabhängig vom Zustandekommen oder von der Wirksamkeit des Anwaltsvertrags ist.
7Vgl. BGH Urteil vom 14.5.2009 – IX ZR 60/08 –, juris, Rn. 8, m. w. N.
8Allein durch die Unterschrift einer für die Bezirksregierung als einer monokratisch strukturierten Behörde handelnden Bediensteten und in diesem Rahmen durch den ihr vorangestellten Zusatz „Im Auftrag“ wird gekennzeichnet, dass diese Bedienstete im – behördeninternen – Auftrag und mithin in amtlicher Eigenschaft gehandelt hat. Das Prozessrecht bietet keinen Anhalt dafür, dass Prozessvollmachten ebenso wie Prozesshandlungen nur von solchen Personen wirksam abgegeben werden können, die im rechtstechnischen Sinne zur (gesetzlichen) „Vertretung“ der Behörde befugt sind.
9Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.11.1995 – 8 C 4.94 –, juris, Rn. 12, und Beschluss vom 16.3.1993 – 4 B 253.92 –, juris, Rn. 10 ff., jeweils im Zusammenhang mit § 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO a. F.
10Da die in Rede stehende Vollmacht danach im Außenverhältnis wirksam im Auftrag der Bezirksregierung erteilt worden ist, kommt es für das hier allein entscheidende Prozessrechtsverhältnis nicht darauf an, ob und ggf. in welcher Form die Vollmachterteilung der tätig gewordenen Sachbearbeiterin abstrakt oder konkret auch behördenintern übertragen worden war. Diesbezüglich bedurfte es daher keiner weiteren Aufklärung, zumal ohnehin keine greifbaren Anzeichen dafür sprechen, die Sachbearbeiterin könnte entgegen dem Vorbringen der Bevollmächtigten des Beklagten außerhalb des ihr gemäß § 19 der Geschäftsordnung für die Bezirksregierungen übertragenen Sachgebiets tätig geworden sein. Daran, dass die für die Bezirksregierung auftretenden Prozessbevollmächtigten bevollmächtigt werden sollten, bestehen insbesondere nach Vorlage der Beratungs- und Prozessvertretungsvereinbarung vom 27./29.1.2021 keine Zweifel, ohne dass es auf deren Wirksamkeit ankommt.
11Das Verwaltungsgericht hat die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle auch in der Sache zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen, die Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten des Beklagten seien – soweit sie wie hier auf der Grundlage des RVG geltend gemacht worden seien – gemäß § 162 VwGO ohne Einzelfallprüfung erstattungsfähig.
12Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des für Verwaltungsstreitverfahren maßgeblichen § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das gilt auch für die Kosten eines Rechtsanwaltes, der von einer Behörde beauftragt worden ist, die – wie hier – selbst über Volljuristen als Bedienstete verfügt.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.4.2010 – 6 B 46.09 –, juris, Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 8.2.2023 – 4 E 477/22 –, juris, Rn. 3 f., m. w. N.
14Zwar stehen auch die nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO erstattungsfähigen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit nach § 162 Abs. 1 VwGO. Dies betrifft aber nicht die Notwendigkeit der Beauftragung als solche, die durch § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO dem Streit der Verfahrensbeteiligten entzogen sein soll, sondern diejenige seiner einzelnen, kostenauslösenden Schritte. Dementsprechend kommt es grundsätzlich weder darauf an, ob eine anwaltliche Vertretung der Behörde geboten, vertretbar oder zweckmäßig war, noch darauf, ob die Behörde in anderen Verfahren von der Beauftragung eines Rechtsanwalts abgesehen hat.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.11.1998 – 4 E 659/98 –, juris, Rn. 5 ff., m. w. N.
16Offen bleiben kann, ob Ausnahmen von diesem Grundsatz zu machen sind, wenn die anwaltliche Vertretung offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Kläger als Prozessgegner Kosten zu verursachen.
17Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschluss vom 6.1.2014 – 12 E 854/13 –, juris, Rn. 6 f.; BayVGH, Beschluss vom 2.6.2014 – 6 C 14.903 –, juris, Rn. 4, jeweils m. w. N.
18Denn es besteht kein Anhaltspunkt dafür und wird auch vom Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass hier ein derartiger Ausnahmefall vorliegt. Die Behauptung, die erfolgte anwaltliche Vertretung sei jedenfalls völlig nutzlos, weil die Bevollmächtigten ihrerseits nichts zum Prozess beigetragen hätten und die Bezirksregierung selbst über Mitarbeiter mit Befähigung zum Richteramt verfüge, genügt hierfür schon deshalb nicht, weil der Kläger selbst anwaltlich vertreten war und durch seinen Bevollmächtigten im Einzelfall die Kommunikation per E-Mail gerügt hatte, bevor sich der Beklagte anwaltlich vertreten ließ und sich unter Entlastung eigenen Personals anwaltlich vertreten mit den konkreten Rügen des Klägers auseinandergesetzt hat. Im Übrigen folgt das Gericht den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss vom 18.10.2024, gegen die der Kläger im Beschwerdeverfahren keine weiteren Einwendungen erhoben hat.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 11 Abs. 2 Satz 6 RVG.
20Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr anfällt.
21Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).