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Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 17.5.2022 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
2I. Das Zulassungsvorbringen weckt nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der (Ergebnis-)Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.
3Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 –, juris, Rn. 34, m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 – 7 AV 4.03 –, juris, Rn. 9.
4Daran fehlt es hier.
5Das Verwaltungsgericht hat die auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte sowie Aufhebung der Ordnungsverfügung vom 7.5.2018 gerichtete Klage abgewiesen. Die Verpflichtungsklage sei bereits unzulässig. Es mangele an einem vor Klageerhebung zur rechtsmittelfähigen Bescheidung an die Beklagte gerichteten Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes. Insoweit komme es nicht darauf an, ob durch die kommentarlose Vorlage des unterschriebenen Formulars „Anlage 1 – Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Prostituiertenschutzgesetz“ vom 29.12.2017 ein solcher Antrag gestellt worden sei. Das Verhalten der Klägerin im zweiten Vorsprachetermin vom 1.3.2018 sei jedenfalls als Antragsrücknahme zu werten. Dies ergebe sich aus dem Vermerk der Beklagten vom 1.3.2018, wonach die Klägerin nach eingehender Beratung wegen mangelnder Erfolgsaussichten auf die Antragstellung „verzichtet“ habe. Dem könne sie nicht entgegenhalten, dass sie der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sei. Sie habe sich im Termin vom 1.3.2018 von Herrn P. vertreten lassen bzw. müsse sich seine Erklärungen zurechnen lassen. Nichts anderes ergebe sich aus dem schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin, wonach sie in diesem Termin erklärt haben wolle, dass sie „über die Frage einer gebührenpflichtigen Antragstellung nachdenke und sich hierzu erneut äußere“. Weiter verfange der Vortrag der Klägerin nicht, dass sich die Klageerhebung als Aufrechterhaltung des ursprünglichen Antrags werten lasse bzw. dass das Indiz der Klageerhebung deutlich mache, sie habe an ihrem Antrag festhalten wollen. Die Beklagte habe nach dem objektiven Empfängerhorizont, also nach den bei Zugang der Willenserklärung erkennbaren Umständen, davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin an ihrem Genehmigungsantrag nicht festgehalten habe. Soweit die Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgetragen habe, den in den Akten befindlichen Antrag nunmehr zu stellen, gehe dies im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens rechtlich ins Leere. Die gegen die Ordnungsverfügung vom 7.5.2018 gerichtete Anfechtungsklage sei unbegründet. Die Untersagungsverfügung beruhe auf § 15 Abs. 2 GewO i. V. m. § 12 ProstSchG. Die Klägerin sei nicht im Besitz der nach den §§ 1, 2 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG zum Betrieb ihrer Prostitutionsstätte erforderlichen Erlaubnis. Auch gelte der Betrieb nicht nach § 37 Abs. 4 ProstSchG als erlaubt. Diese Vorschrift könne nur dahingehend verstanden werden, dass die Erlaubnisfiktion allein dann ausgelöst werde, wenn bis zum 31.12.2017 ein vollständiger Antrag im Sinne des § 12 ProstSchG gestellt worden sei. Die Klägerin könne sich nicht auf die Fiktionswirkung berufen, weil sie nicht binnen der Ausschlussfrist einen vollständigen, bescheidungsfähigen Antrag gestellt habe. Die Untersagungsverfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft, weil der Betrieb der Klägerin nicht offensichtlich genehmigungsfähig sei. Die Zwangsgeldandrohung begegne keinen rechtlichen Bedenken.
6Das Zulassungsvorbringen stellt die allein aufgegriffene Annahme des Verwaltungsgerichts, die auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte gerichtete Verpflichtungsklage sei unzulässig, nicht durchgreifend in Frage.
7Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Klage mangels eines im Verwaltungsverfahren gestellten Antrags auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts unzulässig ist. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung hängt die Zulässigkeit einer Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage grundsätzlich davon ab, dass der klageweise verlangte Erlass eines Verwaltungsakts in dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren ohne Erfolg beantragt worden ist. Diese in engem Zusammenhang mit dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis stehende Zulässigkeitsvoraussetzung ergibt sich aus § 68 Abs. 2 und § 75 Satz 1 VwGO („Antrag auf Vornahme“) und stellt eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung dar, nach dem es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden.
8Vgl. BVerwG, Urteile vom 12.6.2024 – 6 C 9.22 –, juris, Rn. 42, vom 28.11.2007 – 6 C 42.06 –, BVerwGE 130, 39 = juris, Rn. 23, und vom 14.12.1978 – 5 C 1.78 –, BVerwGE 57, 204 = juris, Rn. 34, jeweils m. w. N.
9Selbst wenn mit der kommentarlosen Vorlage des mit einer Unterschrift versehenen Formulars „Anlage 1 – Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Prostituiertenschutzgesetz“ vom 29.12.2017 bereits ein Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung des Prostitutionsgewerbes in Form einer Prostitutionsstätte gestellt worden wäre, so hat die Klägerin jedenfalls die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt, dass sie diesen Antrag im weiteren Verwaltungsverfahren zurückgenommen bzw. hierauf „verzichtet“ hat.
10Ausweislich des Aktenvermerks eines Mitarbeiters der Beklagten vom 1.3.2018 wurde der Klägerin erklärt, dass nach Aussage des Bauordnungsamts der Beklagten eine Nutzungsänderung der Wohnung für den von ihr verfolgten Zweck bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sei. Nach eingehender Beratung habe „die o. g. [die Klägerin] daraufhin auf die Antragstellung verzichtet“. Die hiergegen erhobenen Einwände der Klägerin, sie habe den Antrag nicht durch das vom Ausgangsgericht gewürdigte Verhalten vom 1.3.2018 zurückgenommen, sie hätte hierzu angehört werden müssen und etwaiger im Übrigen mit ihr nicht abgesprochener Vortrag ihres rechtsunkundigen Begleiters hätte zurückgewiesen werden müssen, ziehen die Richtigkeit der Annahme eines erfolgten Verzichts auf die Antragstellung nicht schlüssig in Zweifel.
11Aus dem von einem namentlich genannten Mitarbeiter der Beklagten verfassten und unterschriebenen behördlichen Aktenvermerk vom 1.3.2018 geht eindeutig hervor, dass schon die Klägerin selbst und nicht nur ihr Begleiter nach eingehender Beratung auf die Antragstellung verzichtet hat. Die Vertreterinnen der Beklagten haben dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 17.5.2022 auch noch einmal bestätigt und erklärt, zur Vermeidung einer kostenpflichtigen Abweisung des Antrags hätten die Klägerin und ihr Lebensgefährte ausdrücklich von ihrem Antrag Abstand genommen.
12Diesen im Einzelnen und nachvollziehbar dokumentierten Geschehensablauf der gemeinsamen Besprechung am 1.3.2018 stellt die Klägerin ohne Substanz in Abrede. Zum genauen Hergang und zum Inhalt des dort geführten Gesprächs verhält sie sich nicht, obwohl sie an diesem persönlich teilgenommen hat. Stattdessen beanstandet sie als Gesprächsteilnehmerin nur letztlich unsubstantiiert die Würdigung ihres Verhaltens vom 1.3.2018 durch das Verwaltungsgericht. Der im protokollierten Verzicht zugleich zum Ausdruck kommende Wille, über den Antrag vom 29.12.2017 solle jedenfalls nicht (mehr) entschieden werden, wird demgegenüber sogar bestätigt durch das erstinstanzliche Vorbringen ihres eigenen Prozessbevollmächtigten nach Erörterung des gerichtlichen Hinweises vom 20.9.2021. Während dieser sich zur Erklärung der Klägerin vom 1.3.2018 zunächst gar nicht verhalten, sondern mitgeteilt hatte, (erst) mit der Klageerhebung sei ihr Wunsch deutlich geworden, keineswegs den Antrag zurückzunehmen, trug er nach nochmaliger Erörterung vor, die Klägerin wolle am 1.3.2018 erklärt haben, dass sie über die Frage einer förmlichen gebührenpflichtigen Antragstellung nachdenke und sich hierzu erneut äußere. Ihren Willen zu einer (erneuten) Antragstellung hat sie sodann bis zur Klageerhebung nicht mehr zum Ausdruck gebracht. Inwieweit bei dieser Sachlage nach der bereits erfolgten schriftlichen Anhörung vom 20.9.2021 und deren Erörterung mit ihrem früheren Bevollmächtigten eine erneute Anhörung der Klägerin persönlich hätte erforderlich sein sollen, um Klarheit über den bereits eingehend thematisierten Inhalt der Erklärung vom 1.3.2018 zu erlangen, erschließt sich schon mit Blick auf die Wirkung der erstinstanzlich erteilten Prozessvollmacht nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 85 ZPO nicht.
13Die Klägerin hat auch nicht schlüssig geltend gemacht, ihre dokumentierte eigene Erklärung, auf die Antragstellung zu verzichten, könnte das Ergebnis einer unfairen Verfahrensgestaltung gewesen sein. Sie entsprach vielmehr auch deshalb dem – ausweislich des Vermerks ausdrücklich erklärten – mutmaßlich anzunehmenden Willen der Klägerin, weil ein Antrag bezogen auf die gewerbliche Prostitutionsausübung jedenfalls wegen Verstoßes gegen § 18 Abs. 2 Nr. 7 ProstSchG hätte kostenpflichtig abgelehnt werden müssen. Denn zu keinem Zeitpunkt war sichergestellt, dass die gewerbliche Prostitutionsausübung nur außerhalb der Privatwohnung der Klägerin erfolgen sollte. Auf die Aussichtslosigkeit ihres Antrags wegen der planungsrechtlich ausgeschlossenen Nutzungsänderung der vorgesehenen Räumlichkeiten war die Klägerin ausweislich des Gesprächsvermerks vor ihrer Erklärung ausdrücklich hingewiesen worden. Da die Klägerin selbst zur besseren Verständigung mit einem von ihr gewählten Begleiter erschienen war, spricht nichts dafür, dieser könne sie bei etwaigen Verständigungsproblemen im Unklaren darüber gelassen haben, wie ihre eigene Erklärung nach dem objektiven Erklärungswert verstanden werden musste. Die hierzu allein gegebenenfalls erforderliche Übersetzungshilfe war jedenfalls keine Rechtsdienstleistung und deshalb auch nicht verfahrensrechtlich zurückzuweisen. Das nicht gegen den Willen der Klägerin erfolgte Auftreten ihres Begleiters als Wortführer, aber ohne förmliche Vollmacht, steht nicht im Widerspruch zu der protokollierten Aussage, dass die Klägerin selbst auf die Antragstellung verzichtet hat. Über reine Mutmaßungen geht die Begründung des Zulassungsantrags insoweit nicht hinaus. Im Gegenteil deutet auf ein der Protokollierung entsprechendes Verständnis ihrer Erklärung nach dem objektiven Empfängerhorizont auch hin, dass selbst ihr Begleiter ausweislich eines weiteren aktenkundigen Vermerks bei einem Telefonat wenig später mitgeteilt hat, die Klägerin werde die Wohnung zum Monatsende räumen. Ohne einen vorangegangenen Verzicht der Klägerin auf die Antragstellung hätte hierzu kein Anlass bestanden.
14Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Grundsatz eines fairen Verfahrens mit möglichen Auswirkungen auf die Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung angesichts der leichten Möglichkeit, die Belange der Klägerin zunächst auch mit Blick auf die Kostenpflicht einer hier naheliegenden Antragsablehnung unmissverständlich behördlich geltend zu machen, bevor das Gericht in der Sache zu entscheiden hat, bei dieser Sachlage gebieten sollte, aufwendige Zeugen- oder Parteivernehmungen ins Blaue hinein dazu anzustellen, ob die behördlich zweifelsfrei dokumentierte von der Klägerin selbst erklärte und auch auf gerichtliche Anhörung hin nicht in Frage gestellte Antragsrücknahme, auf die sich die Beklagte im gerichtlichen Verfahren zudem berufen hatte, wegen etwaiger nachträglich behaupteter Verständigungsschwierigkeiten möglicherweise nicht stattgefunden haben könnte.
15Einwände gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Untersagungsverfügung vom 7.5.2018 sei rechtmäßig, hat die Klägerin nicht erhoben.
16II. Die Klägerin hat auch nicht aufgezeigt, dass die Rechtssache wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Entscheidung des Streitfalls im Rechtsmittelverfahren erhebliche klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft. Die Darlegung dieses Zulassungsgrunds setzt die Formulierung einer bestimmten, noch nicht geklärten und für die Rechtsmittelentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.
17Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.10.2024 – 4 A 2137/23 –, juris, Rn. 17 f., m. w. N.
18Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat die Entscheidungserheblichkeit der von ihr aufgeworfenen Fragen,
19„wann ein vollständiger Antrag vorliegt“, und
20„ob der reine Antragsvordruck, auch ohne das Beilegen von weiteren Tatsachen, ausreichend ist, um als Antrag im Sinne des § 12 Abs. 5 Satz 1 ProstSchG verstanden zu werden, ob es im allgemeinen notwendig ist, dass ein rechtsunkundiger und der deutschen Sprache nicht mächtiger Bürger stets alle für die positive Bescheidung notwendigen Tatsachen mitzuteilen hat oder ob auch hier das Amtsermittlungsprinzip greift und zumindest zum Zeitpunkt der Antragstellung diejenigen Umstände vorliegen, welche notwendig sind, um materiell dem Antrag zu entsprechen, sodass auch im nachhängigen Verwaltungsverfahren formell ein bescheidungsfähiger Antrag zustande kommen kann“,
21nicht dargelegt, weil sie die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel gezogen hat, wonach sie ihren Antrag vom 29.12.2017, auf den sich diese Fragen beziehen, am 1.3.2018 zurückgenommen hat.
22Ungeachtet dessen bedürfte es zur Klärung der aufgeworfenen Fragen im gegebenen Zusammenhang mit der Übergangsregelung in § 37 ProstSchG auch dann nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens, wenn die Klägerin auf ihren Antrag nicht am 1.3.2018 verzichtet hätte. Aus den verbindlichen und klaren gesetzlichen Vorgaben an den Umfang der dem Antrag beizufügenden Unterlagen sowie dem Sinn und Zweck der Fiktionsregelung in § 37 Abs. 4 Satz 1 ProstSchG als Übergangsregelung für bereits vor dem 1.7.2017 betriebene und nunmehr dem gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG unterfallende Prostitutionsgewerbe folgt unmittelbar, dass die die Erlaubnisfiktion auslösende Vorlage eines fristgerechten Antrags nach § 37 Abs. 2 Satz 1 ProstSchG nur für Anträge galt, die den gesetzlichen Anforderungen entsprachen.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.10.2024 – 4 B 1126/22 –, juris, Rn. 19.
24Sofern ein rechtsunkundiger und der deutschen Sprache nicht mächtiger Bürger zur Erfüllung dieser gesetzlichen Anforderungen auch nach behördlicher Beratung nicht in der Lage sein sollte, könnte nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass er die im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 ProstSchG für den Betrieb eines Prostitutionsgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Wer schon nicht versteht, welche Pflichten ihm als Betreiber eines solchen Gewerbes kraft Gesetzes auferlegt sind, der bietet nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.1.2020 – 4 B 468/19 –, juris, Rn. 7 ff., m. w. N., zu den Anforderungen an die Zuverlässigkeit nach § 14 ProstSchG.
26Sofern dies im Einzelfall nicht zweifelhaft ist, kann ein unvollständiger Antrag selbstverständlich auch im weiteren Verwaltungsverfahren vervollständigt werden, ohne dass insoweit ein weitergehender grundsätzlicher Klärungsbedarf erkennbar ist. Ob ein nach § 37 Abs. 2 ProstSchG bis zum 31.12.2017 vorzulegender Antrag vollständig in dem Sinne war, dass er geeignet war, die Antragsfiktion nach § 37 Abs. 4 ProstSchG auszulösen, ist anhand der gesetzlichen Vorgaben an die Antragstellung im Einzelfall zu beurteilen. Da das hier auch vor Rücknahme des am 29.12.2017 eingegangenen Antragsvordrucks bei der Vorsprache am 1.3.2018 nicht der Fall war, weil der Antrag den Anforderungen nach § 12 Abs. 5 ProstSchG zweifelsfrei am 31.12.2017 nicht genügte, ist ein entscheidungsbedürftiger allgemeiner Klärungsbedarf auch insoweit ungeachtet dessen nicht ersichtlich, dass Rechtsfragen zu auslaufendem oder ausgelaufenem Recht oder zu Übergangsrecht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts trotz anhängiger Fälle regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung haben.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.3.2021 – 6 BN 2.20 –, juris, Rn. 6, m. w. N.
28III. Schließlich ist die Berufung nicht wegen eines der Sache nach geltend gemachten Verfahrensmangels zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
29Das Verwaltungsgericht hat zunächst den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht dadurch verletzt, dass es in ihrer Abwesenheit über die Klage verhandelt und diese abgewiesen hat. Der Einwand der Klägerin, das Gebot des fairen Verfahrens sei nicht eingehalten worden, weil ihr damaliger Prozessbevollmächtigter die Mitwirkung an der mündlichen Verhandlung verweigert habe und ihr das Verwaltungsgericht nicht wenigstens Gelegenheit gegeben habe, zu den in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten ergänzend vorgetragenen Tatsachen Stellung zu nehmen, bleibt auch verfahrensrechtlich ohne Erfolg.
30Dem Gebot des rechtlichen Gehörs wird im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in der Regel dadurch genügt, dass die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt erfolgt.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 22.6.1984 – 8 C 1.83 –, juris, Rn. 9.
32Gemäß § 102 Abs. 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden, wenn dieser bei der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Ein Beteiligter, der trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zu einer mündlichen Verhandlung erscheint, muss damit rechnen, dass die übrigen Prozessbeteiligten in der mündlichen Verhandlung ihr bisheriges Vorbringen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ergänzen. Nimmt er durch Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit, sich hierzu zu äußern, nicht wahr, so kann er sich später insoweit nicht mehr auf das Recht auf rechtliches Gehör berufen.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.11.1980 – 5 C 18.79 –, BVerwGE 61, 145 = juris, Rn. 18, und Beschluss vom 20.12.2000 – 8 B 238.00 –, juris, Rn. 2.
34Danach ist das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Art und Weise nach § 102 Abs. 2 VwGO verfahren. Es hat die Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß zum Termin der mündlichen Verhandlung geladen und in der Ladung auf die Möglichkeit hingewiesen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne diesen verhandelt und entschieden werden kann. Auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen der Vertreterinnen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung sind keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte erörtert worden, zu denen sich die Klägerin bis dahin nicht hätte äußern können.
35Soweit die Klägerin der Sache nach weiter rügt, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt im Zusammenhang mit der Antragsrücknahme im Vorsprachetermin am 1.3.2018 nicht hinreichend aufgeklärt und damit gegen seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, greift ihr Vorbringen ebenfalls nicht durch. Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht setzt voraus, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf eine Sachverhaltsermittlung hingewirkt worden ist und die gleichwohl erfolgte Ablehnung einer Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen.
36Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.1.2023 – 9 B 19.22 –, juris, Rn. 5, m. w. N., und vom 25.1.2013 – 7 B 21.12 –, juris, Rn. 7; OVG NRW, Beschluss vom 16.10.2018 – 4 A 12/18.A –, juris, Rn. 11 f.
37Danach hat das Verwaltungsgericht seine Pflicht zur Amtsermittlung nicht verletzt. Die Klägerin hat ihren erstinstanzlichen Einwand, sie habe den Antrag nicht zurücknehmen wollen, nicht in einer die Amtsermittlungspflicht auslösenden Art und Weise vorgetragen. Wie ausgeführt hat das Verwaltungsgericht mit Verfügung vom 20.9.2021 auf seine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung gegeben, von der die Klägerin durch ihren früheren Bevollmächtigten Gebrauch gemacht hat. Eine weitergehende Sachaufklärung musste sich dem Verwaltungsgericht bezogen auf die Vorsprache am 1.3.2018 nicht aufdrängen. Der vorläufigen Einschätzung des Verwaltungsgerichts ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erstinstanzlich nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat hierauf zunächst nach Erörterung mit der Mandantschaft schriftsätzlich mitgeteilt, die Klageerhebung sei als Aufrechterhaltung des ursprünglichen Antrags zu bewerten und später wiederum „nach Erörterung“ ergänzt, die Klägerin habe im Termin am 1.3.2018 erklärt, dass sie über die Frage einer förmlichen gebührenpflichtigen Antragstellung nachdenke und sich hierzu erneut äußere. Erst unmittelbar vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung, nicht aber im Rahmen eines in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags, hat sie – ohne sich im Einzelnen mit den vorläufigen Erwägungen des Verwaltungsgerichts oder ihren bisherigen Äußerungen hierzu auseinanderzusetzen – ihren Lebensgefährten als Zeugen benannt für den Umstand, sie habe im Rahmen der telefonischen/persönlichen Erörterung durch ihre Erklärung keineswegs den ursprünglich gestellten Antrag zurücknehmen wollen. Diese nicht näher substantiierte Behauptung bezieht sich nur auf ihre nicht nach außen erkennbaren Motive für ihre Erklärung, zieht aber deren im Vermerk des Mitarbeiters der Beklagten vom 1.3.2018 niedergelegten nach außen getretenen Erklärungsinhalt, sie habe in dem Besprechungstermin auf die Antragstellung verzichtet, nicht in Zweifel und war auch nicht geeignet, diesbezüglich eine weitergehende Amtsermittlungspflicht des Verwaltungsgerichts auszulösen.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
39Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG und folgt der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung.
40Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.