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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 1.250,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Aus dem gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO maßgeblichen Zulassungsvorbringen ergibt sich nicht der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel bedarf es einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist in substantiierter Weise an der Gedankenführung des Verwaltungsgerichts orientiert aufzuzeigen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. In der Sache liegen ernstliche Zweifel vor, wenn erhebliche Gründe dafürsprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
5Vgl. st. Rspr.: BVerfG, Beschlüsse vom 8. Dezember 2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104-141 = juris Rn. 96, und vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris Rn. 15; OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Mai 2022 ‑ 2 A 2444/21 -, juris Rn. 3, und vom 26. November 2018 - 12 A 2243/17 -, juris Rn. 8.
6Derartige Zweifel ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.
7Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Erteilung der von den Klägern beantragten Befreiung wegen Überschreitung der Baugrenzen durch die auf ihrem Grundstück errichtete Terrassenüberdachung von den Festsetzungen des Durchführungsplans 10.26 „P.-straße“ abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens richte sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, da das Grundstück der Kläger im Geltungsbereich des 1959 in Kraft getretenen Durchführungsplans 10.26 „P.-straße“ liege. Dieser Durchführungsplan sei nach § 173 Abs. 3 Satz 1 BBauG 1960 als qualifizierter Bebauungsplan übergeleitet worden und gelte gemäß § 233 Abs. 3 BauGB als Bebauungsplan im Sinne des Baugesetzbuchs fort. Daher finde auch § 31 Abs. 2 BauGB auf ihn Anwendung. Die Festsetzung der Baugrenzen im Durchführungsplan sei auch nicht funktionslos geworden. Ausweislich allgemein zugänglicher Luftbilder sowie der Feststellungen im Ortstermin hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht in einer Weise entwickelt, die eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließe. Selbst wenn - anders als hier - unterstellt würde, dass die Baugrenzen funktionslos geworden wären, folge daraus alleine kein Anspruch auf eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Die Frage, ob von einer funktionslosen Festsetzung überhaupt noch befreit werden könne, bedürfe vorliegend keiner näheren Erörterung. Jedenfalls würde sich die Befreiung nach den Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB richten, da die Vorschrift kein Instrument zur (mittelbaren) Feststellung einer Funktionslosigkeit des Plans sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB lägen aber nicht vor. Die sich durch die festgesetzten Baugrenzen maximal ergebende Bautiefe von 12 m sei ein Grundzug der Planung, sodass die beantragte Befreiung für die bereits errichtete Terrassenüberdachung, die das Hauptgebäude mit Vorbildwirkung auf eine Tiefe von 13 m erweitere, diesen Grundzug berühre. Es bedürfe daher keiner Entscheidung mehr, ob die Lage des Baufensters ebenfalls ein Grundzug der Planung sei.
8Diesen im Einzelnen noch weiter begründeten Ausführungen setzt die Zulassungsbegründung nichts entgegen, das ernstliche Zweifel an der angegriffenen Entscheidung im eingangs dargestellten Sinne hervorrufen könnte.
9Die Kläger machen zunächst geltend, der aus dem Jahr 1959 stammende Durchführungsplan sei funktionslos geworden. Mit ihm sei im Wesentlichen eine bestehende Wohnsiedlung für die britischen Streitkräfte auf den Grundstücken P.-straße 2 - 35 überplant worden. Sämtliche Siedlungshäuser seien gleichartig ausgeführt und im Jahr 2014 unter Denkmalschutz gestellt worden. Die Einheitlichkeit der Siedlung und ihr optisches Erscheinungsbild sei jedoch durch die Zulassung und Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf dem Flurstück 494 (P.-straße 19a und 19b) zerstört worden. Auf dem Grundstück hätten sich vormals zur Siedlung gehörende Garagen befunden.
10Dieser Einwand bleibt, unabhängig von der Relevanz einer möglichen Funktionslosigkeit der Festsetzung für den geltend gemachten Anspruch, erfolglos. Eine bauplanerische Festsetzung kann funktionslos sein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist für jede Festsetzung gesondert zu prüfen. Dabei kommt es nicht auf die Verhältnisse auf einzelnen Grundstücken an. Entscheidend ist vielmehr, ob die jeweilige Festsetzung geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Die Planungskonzeption, die einer Festsetzung zugrunde liegt, wird nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern.
11Vgl. etwa: BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - 4 B 85.03 -, juris Rn. 8.
12Letzteres ist hier in Bezug auf die Festsetzung der Baugrenzen in dem Durchführungsplan ersichtlich nicht der Fall. Denn zum einen befindet sich das von den Klägern angeführte Mehrfamilienhaus auf dem Flurstück 494 am Rande des Plangebietes. Zum anderen sind abgesehen von diesem einen Vorhaben Befreiungen von der Festsetzung der Baugrenzen im Plangebiet von der Beklagten nicht erteilt worden.
13Die Kläger machen ferner geltend, dass die Durchführung des Bebauungsplanes für sie zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB führen würde, weil die Festsetzung der südlichen Baugrenze auf ihrem Grundstück ihnen die Möglichkeit nehme, in den Gartenbereich hinein nach Süden eine Terrassenüberdachung zu errichten oder eine geringfügige Erweiterung ihres Gebäudes vorzunehmen. Auch dieser Einwand bleibt erfolglos. Denn das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Beschluss bereits die erste der für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen verneint, weil eine Befreiung von der südlichen Baugrenze für die bereits errichtete Terrassenüberdachung der Kläger das Hauptgebäude auf eine Bautiefe von 13 m erweitere und damit die durch die Festsetzung der Baugrenzen sich ergebende maximale Bautiefe von 12 m als Grundzug der Planung berühre. Dies hat die Zulassungsbegründung aber nicht in Frage gestellt.
14Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
15Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt insoweit der Begründung für die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung.
16Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das angegriffene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).