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Der Beiladungsantrag des Antragsgegners für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 18.500,00 € festgesetzt.
G r ü n d e
2A. Der Antrag des Antragsgegners, – sinngemäß – für das Beschwerdeverfahren
3- das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Emilie-Preyer-Platz 1, 40479 Düsseldorf, als oberste Naturschutzschutzbehörde,
4- die Bezirksregierung Arnsberg, Seibertzstraße 1, 59821 Arnsberg, als höhere Naturschutzbehörde,
5- den Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen, Albrecht-Thaer-Straße 34, 48147 Münster, als höhere und untere Forstbehörde,
6- den Trägerverein J. e. V., vertreten durch den Vorstand, T.-straße 1a, A., und
7- die B., U.-straße 8, A.,
8beizuladen,
9bleibt ohne Erfolg.
10Dabei versteht der Senat die ersten drei Spiegelstriche des Antrags, die jeweils eine Behörde des Landes Nordrhein-Westfalen betreffen, zugunsten des Antragsgegners als Antrag auf (einmalige) Beiladung des Landes Nordrhein-Westfalen. Abgesehen davon, dass Behörden in Nordrhein-Westfalen mangels landesrechtlicher Bestimmung im Sinne von § 61 Nr. 3 VwGO nicht beteiligungsfähig sind, wäre nach dem Rechtsträgerprinzip mit der Beiladung des Landes der Rechtsträger sämtlicher ge-nannter Behörden beteiligt.
11Gleichwohl bleibt der Antrag – unabhängig von der Frage der Beteiligungsfähigkeit des unter dem vierten Spiegelstrich genannten insolventen Trägervereins und der Rechts- und Beteiligungsfähigkeit der unter dem fünften Spiegelstrich genannten B. – insgesamt ohne Erfolg, weil zunächst weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO vorliegen könnten.
12Eine einfache Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO mag zwar in Betracht kommen, der Senat übt sein Ermessen jedoch dahingehend aus, von einer solchen abzusehen. Der Antragsgegner hat sich nach seinem eigenen Bekunden über die Einbringung der Wisente in das Managementgatter mindestens noch mit dem Land Nordrhein-Westfalen und der B. verständigt und ist ohne Weiteres in der Lage, auch deren Sichtweise in das vorliegende Verfahren einzuführen. Dass dem so ist, wird auch darin deutlich, dass diese nicht selbst einen Beiladungsantrag gestellt haben. Hinsichtlich des Landes Nordrhein-Westfalen gilt dies überdies, da der Antragsgegner als untere Naturschutzbehörde den Weisungen der in den ersten beiden Spiegelstrichen des Antrags genannten Behörden des Landes als oberste und höhere Naturschutzbehörde unterworfen ist, denen gesetzlich ein umfassendes Unterrichtungsrecht ihm gegenüber eingeräumt ist, § 2 Abs. 1 bis 3 LNatSchG NRW, §§ 7 bis 9 und 12 OBG NRW. Hinsichtlich des insolventen Trägervereins ist nach dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners ohnehin nicht mit einer aktiven Beteiligung zu rechnen. Vor diesem Hintergrund sind die mit einer einfachen Beiladung – angesichts des Umfangs der von den potenziell Beizuladenden zu sichtenden Gerichtsakten – einhergehenden erheblichen weiteren Verzögerungen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht gerechtfertigt.
13B. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
14Zwar ergibt die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO anzustellende Prüfung der mit Schriftsatz des Antragstellers vom 30. September 2024 und damit innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, dass diese die den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts tragende Begründung infrage stellen (I.). Indes lässt sich bei der damit eröffneten umfassenden Prüfung durch den Senat (II.), die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dennoch nur eine Summarische sein kann, feststellen, dass der einstweilige Rechtsschutzantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO unzulässig (II.1.) und unbegründet ist (II.2.), so dass es bei dem Ergebnis des angegriffenen Beschlusses bleibt.
15I. Die Beschwerdebegründung des Antragstellers stellt die den angegriffenen Beschluss tragende Begründung durchgreifend infrage.
16Das Verwaltungsgericht hat die Anträge des Antragstellers,
171. dem Antragsgegner per einstweiliger Anordnung aufzugeben, die Zaunanlage „Wisent-Managementgatter“ (Gemarkung A., Flur 30, Flurstück 18 und 19) einstweilen so zu öffnen, dass die Wisente diese verlassen können, und
182. dem Antragsgegner per einstweiliger Anordnung vorläufig zu untersagen, Wisente, die im Rahmen der Umsetzung des am 8. April 2013 zwischen dem Kreis N., der Bezirksregierung Arnsberg, dem Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen, dem Projektträgerverein J. e.V. und der B. geschlossenen Vertrag ausgewildert wurden oder von diesen abstammen, zu kaufen, zu verkaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
19– sinngemäß – mit der Begründung abgelehnt, diese seien zulässig, aber unbegründet. Hierbei hat es die Anträge zunächst im Rahmen der Bejahung einer Antragsbefugnis – sinngemäß – dahingehend ausgelegt, der Antragsteller mache (zulässigerweise) einen Anspruch auf behördliches Einschreiten gegen die seiner Ansicht nach ohne die hierfür erforderliche Zulassungsentscheidung erfolgte Einsperrung sowie beabsichtigte Vermarktung der genannten Wisente geltend. Insoweit sei der Antragsteller antragsbefugt. Unbegründet seien die Anträge jedoch, weil der Antragsteller das Bestehen eines Anordnungsanspruchs gegen den Antragsgegner nicht glaubhaft gemacht habe. Dem Antragsgegner fehle insoweit bereits die notwendige Passivlegitimation. Ein Anspruch des Antragstellers auf ein naturschutzrechtliches Einschreiten aus § 3 Abs. 2 BNatSchG i. V. m. § 2 Abs. 1 LNatSchG NRW könne sich nur gegen die zuständige Naturschutzbehörde richten, welche hier aufgrund einer Aufgabenübertragung im Einzelfall nach § 2 Abs. 5 LNatSchG NRW (Erlass des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen – MUNV – vom 4. Oktober 2022) nicht der Antragsgegner, sondern die Bezirksregierung Arnsberg sei.
20Die so zu verstehende Begründung des Verwaltungsgerichts trägt indes, wie der Antragsteller sinngemäß zutreffend mit der Beschwerdebegründung aufzeigt, nicht, weil er mit seiner in der Hauptsache beim Verwaltungsgericht Arnsberg anhängigen Klage (Verfahren 1 K 1094/24) und dem zugehörigen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht das Anliegen verfolgt, ein behördliches Einschreiten gegen den Antragsgegner zu erreichen, sondern dass dem Antragsgegner unmittelbar gerichtlich aufgegeben wird, seiner eigenen Verpflichtung zur Beachtung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nachzukommen und diesen nicht zuwider zu handeln. Auch wenn die Auslegung des Verwaltungsgerichts vom wohlwollenden Gedanken getragen gewesen sein dürfte, zumindest eine Zulässigkeit des einstweiligen Rechtsschutzantrages zu erreichen, war sie angesichts von eindeutig formulierten Anträgen eines anwaltlich vertretenen Naturschutzverbandes, der sich im Vorfeld bereits außergerichtlich sowohl an den Antragsgegner als (vermeintlichen) Handlungsstörer als auch an die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Naturschutzbehörde gewandt hatte, um sich dann bewusst dafür zu entscheiden, unmittelbar gegen ersteren vorzugehen, nicht angezeigt (analog §§ 133, 157 BGB). In Bezug auf dieses erstinstanzlich tatsächlich verfolgte Begehren enthält der angefochtene Beschluss keine Begründung für die Ablehnung der Anträge.
21II. Dass die den angegriffenen Beschluss tragende Begründung durchgreifend infrage gestellt ist, führt indes noch nicht zum Erfolg der Beschwerde, weil die infrage gestellte Begründung, wie zuvor dargestellt, nur eine der Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzantrags vorausgehende Auslegungsfrage betrifft. Die dem Senat obliegende umfassende Prüfung ergibt, dass dem auch im Beschwerdeverfahren vollumfänglich aufrechterhaltenen erstinstanzlichen einstweiligen Rechtsschutzantrag der Erfolg versagt bleibt. Er ist sowohl unzulässig (1.) als auch – aus anderen als den vom Verwaltungsgericht angenommenen Gründen – unbegründet (2.).
221. Der einstweilige Rechtsschutzantrag ist bereits unzulässig. Der Antragsteller ist nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG antragsbefugt. Er macht schon nicht im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG geltend, dass eine Entscheidung des Antragsgegners nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht. Es geht ihm nicht um eine solche Entscheidung des Antragsgegners oder deren Unterlassen. Zwar ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Unterlassen einer Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG das Unterlassen einer Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 UmwRG ist. Indes ist die für das Unterlassen – wie für die Erteilung – einer Ausnahmegenehmigung zuständige Behörde hier angesichts der Aufgabenübertragung im Einzelfall nach § 2 Abs. 5 LNatSchG NRW (Erlass des MUNV vom 4. Oktober 2022) unstreitig nicht der Antragsgegner, sondern die Bezirksregierung Arnsberg. Auch der Antragsteller wirft dem Antragsgegner nicht vor, dass dieser es unterlassen habe, eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen.
23In der Beschwerdebegründung hat der Antragsteller hinsichtlich seiner Antragsbefugnis die bereits in der Klageschrift vom 4. April 2024 enthaltene diesbezügliche Passage wiederholt, die auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und 6, Satz 2 UmwRG abstellt, ohne zu differenzieren oder in den Blick zu nehmen, dass im Klageverfahren auch die Anfechtung mehrerer vom Antragsgegner erlassener Verwaltungsakte (landschaftsrechtlicher Ausnahmebescheid vom 15. Dezember 2023 und Baugenehmigung vom 19. Januar 2024) streitgegenständlich ist. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren geht es dem Antragsteller nach seinen zuvor wiedergegebenen Anträgen hingegen einzig um Realakte (Öffnen des „Wisent-Managementgatters“ und Unterlassen einer Vermarktung der Wisente). Diese lassen sich nicht unter die Begriffe „Verwaltungsakte“ oder „öffentlich-rechtliche Verträge“ i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und 6 UmwRG subsumieren.
24Vgl. zum bewussten Ausschluss von Handeln ohne Verwaltungsaktqualität in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG: BT-Drs. 18/9526, Seite 36, zweiter Absatz a. E.; dazu, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und 6UmwRG auf Realakte keine Anwendung finden: OVG NRW, Beschluss vom 8. März 2019 – 8 B 1651/18 –, juris, Rn. 4.
25Hinsichtlich der danach in Rede stehenden Realakte macht der Antragsteller auch nicht geltend, dass der Antragsgegner es unterlassen habe, diesbezügliche Verwaltungsakte zu erlassen.
26Auch die übrigen Nummern des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG sind mangels Zulassungsentscheidungen, Genehmigungen oder Entscheidungen im jeweiligen Sinne bzw. deren Unterlassen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 UmwRG) durch den Antragsgegner nicht einschlägig.
27Nichts anderes ergibt sich aus Art. 9 Abs. 2 und 3 Aarhus-Konvention oder Art. 47 GRCh. Zwar folgt aus der Zusammenschau der beiden Vorschriften, dass das nationale Recht dem Antragsteller einen effektiven Rechtsbehelf zur Durchsetzung der von ihm vertretenen Interessen zur Verfügung stellen muss,
28siehe dazu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 – 9 C 2.16 –, juris, Rn. 17; zur Frage der unmittelbaren Wirkung des durch die Gemeinschaft bewusst nicht in Sekundärecht überführten Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention: Durner, in: Landmann/Rohmer, UmweltR, 1. Umweltvölkerrecht Rn. 83 ff., Stand: September 2024,
29doch steht Letzteres hier nicht in Zweifel. Der Antragsgegner hat, wie zuvor bereits angemerkt, mehrere Verwaltungsakte erlassen, die Bezirksregierung Arnsberg hat nach Auffassung des Antragstellers den Erlass eines von diesem anfechtbaren artenschutzrechtlichen Ausnahmebescheids unterlassen. Gegen die zuerst genannten Verwaltungsakte hat der Antragsteller bereits Klage erhoben, im Hinblick auf das Unterlassen der Bezirksregierung stünde ihm – wie er selbst annimmt – ebenfalls der Rechtsweg offen. Zudem hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt, dass die Verbandsklagebefugnis auch die Klage auf behördliches Einschreiten gegen ein ohne die erforderliche Zulassungsentscheidung errichtetes und betriebenes Vorhaben umfasst.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 – 9 C 2.16 –, juris, Rn. 14.
31Wenn der Antragsteller sich – aus welchen Gründen auch immer – entscheidet, diese gegebenen effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten nicht zu nutzen, ist dies kein Grund, ihm über das nationale Recht hinaus weitere Rechtsschutzmöglichkeiten zu eröffnen.
32Eine Antragsbefugnis des Antragstellers zum gewählten Vorgehen gerade gegen den Antragsgegner ergibt sich auch nicht aus § 63 Abs. 2 Nr. 4b, § 64 Abs. 1 BNatSchG oder § 64 Abs. 3 BNatSchG i. V. m. §§ 66 und 68 LNatSchG NRW.
332. Unabhängig vom Vorstehenden ist der einstweilige Rechtsschutzantrag jedenfalls auch unbegründet.
34Da das Umweltrechtsbehelfsgesetz keine gesonderten Regelungen über einstweilige Rechtsschutzverfahren enthält, gelten folgende allgemeine Grundsätze:
35Nach § 123 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sog. Sicherungsanordnung), oder auch wenn eine Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sog. Regelungsanordnung). Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d. h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet wird, nach § 920 Abs. 2 i. V. m. § 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft zu machen.
36Hiervon ausgehend hat der Antragsteller nach summarischer Prüfung schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Insoweit geht es letztlich um eine Prognose der Erfolgsaussichten des mit dem einstweiligen Rechtsschutzantrag korrespondierenden Hauptsacherechtsbehelfs, hier des Klageantrags zu 1. aus der Klageschrift vom 4. April 2024 (Verwaltungsgericht Arnsberg – 1 K 1094/24 –).
37Gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG sind Rechtsbehelfe nach § 2 Abs. 1UmwRG – unbeschadet der hier offensichtlich nicht einschlägigen weiteren Voraussetzung nach § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG – begründet, soweit die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bis 6 UmwRG oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert.
38Diese Voraussetzungen liegen nach summarischer Prüfung nicht vor, wobei der Senat hier hilfsweise das Schließen und das Unterlassen der Öffnung des Gatters zwecks Freilassung der Wisente sowie zukünftige Vermarktungsmaßnahmen des Antragsgegners als (unterlassene) Entscheidungen im zuvor dargestellten Sinne unterstellt.
39Hierbei kann dahinstehen, ob und inwieweit das Schließen und das Unterlassen der Öffnung des Gatters schon durch die Legalisierungswirkung der erteilten Baugenehmigung des Antragsgegners vom 19. Januar 2024, die auch eine zweckentsprechende Nutzung der baulichen Anlage erlaubt, gedeckt ist. Jedenfalls dürfte die Legalisierungswirkung als solche derzeit fortbestehen, da der gegen die Baugenehmigung erhobenen Klage (Klageantrag zu 2. aus der Klageschrift vom 4. April 2024 im Verfahren 1 K 1094/24 des Verwaltungsgerichts Arnsberg) gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 VwGO i. V. m. § 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung zukommen dürfte.
40Ebenso kann dahinstehen, ob und auf welcher Grundlage Umweltverbänden – die hier vorgenommene Unterstellung außer Acht lassend – überhaupt Ansprüche auf Einhaltung naturschutzrechtlicher Vorschriften unmittelbar gegen fiskalisch/durch Realakt tätig werdende Träger der öffentlichen Verwaltung zustehen könnten, die nicht selbst die für ein Einschreiten/das konkrete Begehren zuständige Naturschutzbehörde sind.
41Jedenfalls ist nach summarischer Prüfung der geltend gemachte/befürchtete Verstoß des Antragsgegners gegen artenschutzrechtliche Vorschriften nicht gegeben.
42In dem erfolgten Schließen des Gatters und der anschließenden (vorübergehenden) Gatterhaltung der Wisente (a) und einem etwaigen künftigen Kauf, Verkauf oder sonstigem im Antrag zu 2. genannten Verhalten des Antragsgegners (b) liegt kein – die Zulassung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erfordernder – Verstoß gegen die Verbote des § 44 BNatSchG.
43a) Das Schließen des Gatters und die anschließende (derzeit andauernde) Gatterhaltung fiel bzw. fällt weder unter das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (aa) noch unter das Besitzverbot des § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG (bb).
44aa) Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
45Das Schließen des Gatters war von diesem Verbot nicht umfasst, da es sich bei den konkreten Wisenten im Zeitpunkt der Schließung nicht um wild lebende Tiere in diesem Sinne gehandelt hatte. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 19. Juli 2019 – V ZR 177/17 –, juris, Rn. 15 bis 30, Bezug, denen er nach eigener Prüfung auch für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der Schließung des Gatters im Wesentlichen folgt.
46Die Einwände des Antragstellers dagegen dringen sämtlich nicht durch. Es kann dahinstehen, ob Tiere, an denen Eigentum besteht, wild lebende sein können,
47verneinend Stöckel/Müller-Walter, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 7 BNatSchG Rn. 13, Stand: September 2016, wonach nur herrenlose Tiere wild lebende sein können,
48denn der Bundesgerichtshof hat insoweit keine allgemein gültige Aussage getroffen. Vielmehr hat er (juris, Rn. 17 ff.) allein für die Konstellation der rechtmäßig gezüchteten Tiere angenommen, dass diese erst dann zu wild lebenden Tieren würden, wenn sie herrenlos würden. Dies trifft zu.
49Nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG sind Tiere im Sinne dieses Gesetzes – korrespondierend zum Schutzzweck des Artenschutzes nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG – nur Exemplare wild lebender Arten. Eine wild lebende Art ist eine solche, deren Exemplare nicht ausschließlich vom Menschen gezüchtet oder – nur in Bezug auf Pflanzen – angebaut werden, BT-Drs. 10/5064, S. 18 unter „Zu § 20a“. Dass ein einzelnes Exemplar (Tier) zu einer wild lebenden Art gehört, bedeutet aber nicht automatisch, dass es sich um ein wild lebendes Tier im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG handelt. Dies wird u. a. schon darin deutlich, dass die Legaldefinition des Tieres in § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BNatSchG wild lebende, gefangene oder „gezüchtete und nicht herrenlos gewordene“ sowie tote Tiere wild lebender Arten nebeneinander stellt. Dementsprechend werden nach allgemeiner Auffassung etwa gefangene oder vom Menschen gezüchtete Tiere erst dann zu wild lebenden Tieren, sobald sie (wieder) herrenlos werden.
50Vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 7 BNatSchG Rn. 16, Stand: Juni 2019; Kratsch/J. Schumacher/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 7 Rn. 37 f; Lütkes, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 37 Rn. 33; Klages, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 4. Aufl. 2024, § 7 Rn. 13; Stöckel/Müller-Walter, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 7 BNatSchG Rn. 13, Stand: September 2016.
51Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, dass die Aussage des Bundesgerichtshofs, juris, in Rn. 17 zweiter Satz unmittelbar nichts mit Zugriffsverboten zu tun hat, auch wenn diese zu Besitzverboten getroffene Aussage offensichtlich zutreffend ist, was sich aus dem Gesetz selbst ergibt, § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BNatSchG.
52Es kann weiter dahinstehen, ob der Begriff „herrenlos“ in § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BNatSchG, der nach dem Vorstehenden jedenfalls in der Konstellation rechtmäßig gezüchteter Tiere wild lebender Arten auch entscheidend für das Vorliegen „wild lebender Tiere“ i. S. v. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist, stets im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften zu verstehen ist,
53kritisch dazu Fellenberg, in: Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 45 Rn. 6,
54wofür jedenfalls auch der Gedanke der Einheitlichkeit der Rechtsordnung spricht. Denn zumindest in der vorliegenden Konstellation sind die zivilrechtlichen Vorschriften hinreichend einer Auslegung zugänglich, die die Besonderheiten des konkreten Auswilderungsprogramms, das ausgehend von der Rechtsauffassung des Antragstellers zum natürlichen Verbreitungsgebiet nach § 37 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG in das Aufgabenspektrum des Artenschutzes fiele, berücksichtigt.
55Vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2019 – V ZR 177/17 –, juris, Rn. 24.
56Der Senat hat überdies keinen Zweifel, dass die Regelungen sowohl des öffentlich-rechtlichen Vertrags „Wisente im Rothaargebirge“ vom 25. Juni 2008 als auch des öffentlich-rechtlichen Vertrags für die Freisetzungsphase „Wisente im Rothaargebirge“ vom 8. April 2013, wenn sie etwa in § 1 Abs. 3 Satz 2 des ersteren oder in der Präambel und § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 3, § 6 Abs. 2 des letzteren gerade eine Herrenlosigkeit ausschließen, jedenfalls auch die Herrenlosigkeit i. S. v. § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BNatSchG meinen. Es ging den überwiegend naturschutzrechtlich versierten Vertragsparteien ersichtlich gerade auch darum, das Projekt ohne artenschutzrechtliche Verstöße jederzeit abbrechen zu können, d. h. die Wisente einfangen und anderen Projekten zuführen zu können, vgl. § 3 Abs. 3 des zuerst genannten und § 8 Abs. 3 des zuletzt genannten Vertrags. Nach den Präambeln beider Verträge sollte erst nach einvernehmlichem Abschluss der betreffenden Projektphase die Entscheidung über eine Veränderung des Status der Tiere getroffen werden. Danach sollten ausdrücklich erst nach Auswertung der Ergebnisse der Freisetzungsphase durch die Vertragsparteien die Rahmenbedingungen festgelegt werden, unter denen der Projektträger das Eigentum und die Tierhaltereigenschaft an den Wisenten aufgeben könne und die Tiere herrenlos im Sinne des Zivil- und Jagdrechts würden. Diese Phase sollte ausdrücklich erst ein Schritt auf dem Weg zum Ziel der Herrenlosigkeit sein, mithin noch keinesfalls zu dieser führen, vgl. neben der Präambel auch § 2 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 sowie § 10 Abs. 1 des zuletzt genannten Vertrags.
57Das Vorstehende bezieht sich gleichermaßen auf erst in der Freisetzungsphase geborene Tiere.
58Vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2019 – V ZR 177/17 –, juris, Rn. 30.
59Da die Freisetzungsphase weiterhin nicht durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag hinsichtlich der Überführung der Tiere in die Herrenlosigkeit abgelöst worden ist, ändert der seit der vorstehend genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs bzw. des dafür maßgeblichen Zeitpunkts der Sach- und Rechtslage vergangene weitere bloße Zeitablauf nichts an der rechtlichen Bewertung. Die an den bisherigen öffentlich-rechtlichen Verträgen beteiligten Träger öffentlicher Belange waren ersichtlich nicht bereit, eine Herrenlosigkeit zu akzeptieren. Auch das Anpassungsverlangen des Trägervereins vom 10. August 2022 verdeutlicht, dass dieser noch nicht von einer Herrenlosigkeit der Tiere ausging. Für die Zeiträume, ab denen der Trägerverein seinen vertraglichen Pflichten nicht mehr nachzukommen bereit war, sind – was Anlass für das vorliegende Verfahren ist – die übrigen Vertragsparteien „eingesprungen“ und haben eine Herrenlosigkeit der Tiere gezielt verhindert.
60Der Senat weist darauf hin, dass die vom Antragsteller propagierte abweichende Sichtweise nur auf den ersten Blick als dem Artenschutz dienlich erscheinen mag, letztlich aber dazu führen würde, dass mit dem Risiko des Scheiterns, mangelnder Akzeptanz oder erheblicher Interessenskonflikte verbundene (ambitionierte/experimentelle) Artenschutzprojekte künftig gar nicht mehr in Angriff genommen würden.
61In diesem Sinne auch schon BGH, Urteil vom 19. Juli 2019 – V ZR 177/17 –, juris, Rn. 26.
62Auch die europarechtlich eingekleideten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch. Soweit er auf eine Antwort der Europäischen Kommission auf eine E-Mail-Anfrage seiner Prozessbevollmächtigten vom 15. September 2023 Bezug nimmt, die im Wesentlichen nur in einem Verweis auf deren Artenschutzleitfaden besteht, ergibt sich daraus nichts Entgegenstehendes. Zwar wird dort ausgeführt, dass die Anwendbarkeit der Art. 12 bis 16 FFH-RL von den Eigentumsverhältnissen hinsichtlich der geschützten Arten unabhängig sei. Allerdings sieht dies auch die nationale Umsetzung im Grundsatz so vor. Dem Artenschutzrecht unterfallende Tiere sind – wie bereits ausgeführt – nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a BNatSchG nämlich nicht nur wild lebende, sondern auch gefangene und gezüchtete (nicht herrenlos gewordene) Tiere wild lebender Arten. Dies ändert aber nichts daran, dass einzelne Normen des Artenschutzrechts weitere Voraussetzungen haben wie etwa Art 12 Abs. 1 Buchst. a FFH-RL („aus der Natur entnommene Exemplare“) sowie als nationalrechtliche Umsetzung § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG („wild lebende Tiere […] aus der Natur zu entnehmen“).
63Aus den schon vom Bundesgerichtshof (juris, Rn. 27) zutreffend angeführten Gründen ergibt sich auch aus Art. 22 Buchst. a FFH-RL nichts Weiteres, selbst wenn zugunsten des Antragstellers unterstellt würde, das Auswilderungsprogramm finde im natürlichen Verbreitungsgebiet der Wisente statt. Im Übrigen handelt es sich vorliegend nach summarischer Prüfung nicht einmal um das natürliche Verbreitungsgebiet des „Bison bonasus“, auch Flachlandwisent genannt. Wie auf Seite 6 der Stellungnahme der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung des Landesbetriebs Wald und Holz Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2007 als Fazit einer umfangreichen Untersuchung festgestellt, ist diese Art im Großraum Sauer-/Siegerland nicht vorgekommen. Entgegen der Annahme des Antragstellers geht es bei dem natürlichen Verbreitungsgebiet nicht darum, ob eine Tierart überhaupt in Deutschland oder in der kontinentalen biogeografischen Region vorgekommen ist, sondern in einem konkreten Naturraum.
64Vgl. Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 37 Rn. 6.
65Nur im Einzelfall kann sich daher das natürliche Verbreitungsgebiet auf ganz Deutschland erstrecken.
66Vgl. Hellenbroich, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 4. Aufl. 2024, § 37 Rn. 12; zur Vorgängernorm § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG a. F.: Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl. 2003, § 39 Rn. 9.
67Hierfür besteht hinsichtlich des Flachlandwisents aber kein Anhaltspunkt. Insbesondere liefert einen solchen nicht eine Kartendarstellung in einer Dissertation, die einen extrem großen Maßstab gewählt hat, um ganz Eurasien abbilden zu können. Auch soweit der Antragsteller einen konkreten Anhalt für ein nahegelegenes früheres Vorkommen in der Aufnahme eines Wisents in das Wappen der ehemals selbstständigen nordhessischen Gemeinde Wiesenbach (nunmehr Ortsteil der Gemeinde Breidenbach, Landkreis Marburg-Biedenkopf) sieht und zur „gemeinen Figur“ in der Heraldik ausführt, entkräftet dies nicht die o. g. Stellungnahme vom 20. April 2007, da schon dort (Seite 3, erster Absatz) ausgeführt worden ist, dass die Aufnahme des Wisents in das Wappen erst in neuerer Zeit erfolgt ist,
68vgl. Staats-Anzeiger für das Land Hessen 1962, S. 1515,
69als es dort unstreitig keine Wisente gab.
70Im Übrigen kann der Antragsteller auch deshalb aus Art. 22 Buchst. a FFH-RL (vgl. auch § 37 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG) nichts herleiten, weil es unabhängig vom natürlichen Verbreitungsgebiet des Flachlandwisents an einer Wiederansiedlung fehlt. Es ging nach der erwähnten Stellungnahme der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung des Landesbetriebs Wald und Holz Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2007 bei dem Auswilderungsprojekt auch aufgrund des begrenzten beabsichtigten Vorkommens und erforderlichen regelmäßigen Austauschs um keine Wiederansiedlung, sondern allenfalls um eine „Erhaltungszucht“ als vorbereitende Maßnahme für eine eventuelle Wiederansiedlung eines frei lebenden, sich selbst erhaltenden Bestandes andernorts, d. h. um die extensive Freilandhaltung einer Zuchtgruppe.
71Wenn nach den überzeugenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs (juris, Rn. 27) schon kein Abschluss des in Art. 22 Buchst. a FFH-RL für eine Wiederansiedlung vorgesehenen Verfahrens zu sehen ist, gilt dies gleichermaßen hinsichtlich des Abschlusses des in Art. 22 Buchst. b FFH-RL für eine Ansiedlung vorgesehenen Verfahrens.
72bb) Was das Schließen des Gatters und die anschließende Gatterhaltung der Wisente anbelangt, ist es zwar nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG verboten, Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten (Besitzverbote). Doch sind nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BNatSchG von den Besitzverboten, soweit sich aus einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 5 nichts anderes ergibt, ausgenommen Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten, die rechtmäßig in der Gemeinschaft gezüchtet und nicht herrenlos geworden sind, durch künstliche Vermehrung gewonnen oder aus der Natur entnommen worden sind. Daran, dass diese Voraussetzungen vorliegen, besteht nach den vorstehenden Ausführungen kein Zweifel; auch eine entgegenstehende Rechtsverordnung ist nicht ersichtlich.
73Der Antragsteller mag für sich prüfen, inwieweit gerade erst die durch seine Rechtsschutzanträge eintretende Verzögerung etwa einer Verbringung von Tieren in andere Artenschutzprojekte zu einer aus seiner Sicht problematischen längerfristigen Gatterhaltung der Wisente führt.
74b) Ein etwaiger künftiger Kauf, Verkauf oder ein sonstiges im Antrag zu 2. genanntes Verhalten des Antragsgegners stellte keinen Verstoß gegen die Vermarktungsverbote des § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BNatSchG dar. Nach dieser Vorschrift ist es zwar verboten, Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b und c BNatSchG zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen. Doch sind gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten auch von den Vermarktungsverboten ausgenommen, soweit sie nach § 45 Abs. 1 BNatSchG keinen Besitzverboten unterliegen. Ein solches besteht jedoch – vorbehaltlich einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 5 BNatSchG – für aus der Natur entnommene Tiere und Pflanzen der streng geschützten Arten (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG). Da hier nach den vorstehenden Ausführungen ein Fall des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BNatSchG vorliegt, d. h. die Wisente rechtmäßig gezüchtet und nicht herrenlos geworden sind und sie mithin nicht aus der Natur entnommen worden sind, unterliegen sie keinem Besitzverbot und greifen danach auch die Vermarktungsverbote nicht.
75Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
76Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 1.2 und 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der Senat folgt dem an der Tieranzahl orientierten Berechnungsansatz des Verwaltungsgerichts, auch wenn dieser im Hauptsacheverfahren zu einer Überschreitung der in Nr. 1.2 genannten Regelspanne bis 30.000,00 € führt. Es erschiene gekünstelt und der Seltenheit und Größe von Wisenten sowie der sich daraus ergebenden Bedeutung der vom Antragsteller geltend gemachten Interessen unangemessen, eine Bedeutung von weniger als 1.000,00 € pro Tier anzusetzen, nur um im Hauptsacheverfahren die genannte Regelspanne einzuhalten.
77Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).