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Das angegriffene Urteil wird geändert.
Der Bescheid des Beklagten vom 26. Juni 2023 wird insgesamt aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin auf ihre Anträge vom 21. April 2022 und 28. März 2023 die waffenrechtliche Erlaubnis zum Besitz der Einzelladerbüchse des Herstellers W. und einer Repetierbüchse des Herstellers D. zu erteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf 32.342,50 Euro festgesetzt.
Gründe
2I.
3Der Beklagte erteilte der Klägerin eine Waffenbesitzkarte als Sammlerin, eine Standard-Waffenbesitzkarte und eine Waffenbesitzkarte als Sportschützin einschließlich einer Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition sowie einen Munitionserwerbsschein. In den Waffenbesitzkarten waren im Juni 2023 insgesamt 27 Waffen eingetragen.
4Die Klägerin ist Mitglied der politischen Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) und wurde am 31. August 2019 stellvertretende Sprecherin des AfD-Gemeindeverbandes C.. Ferner ist sie Beisitzerin im Vorstand der AfD im Q. und Geschäftsführerin der AfD Q..
5Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte die AfD am 25. Februar 2021 als sogenannten Verdachtsfall ein und begründete dies damit, es lägen hinreichend verdichtete tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Partei gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolge. Die unter anderem auf Unterlassung dieser Einstufung durch das Bundesamt gerichtete Klage der AfD wies das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 8. März 2022 - 13 K 326/21 - ab. Die Berufung gegen dieses Urteil wies das Oberverwaltungsgericht mit Urteil 13. Mai 2024 - 5 A 1218/22 - zurück. Mit Beschluss vom 16. September 2024 half es der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht ab und legte diese zur Entscheidung dem Bundesverwaltungsgericht vor.
6Am 21. April 2022 und 28. März 2023 beantragte die Klägerin beim Beklagten, eine Einzelladerbüchse des Herstellers W. und einer Repetierbüchse des Herstellers D. in ihre Waffenbesitzkarten einzutragen.
7Nachdem der Beklagte zwischenzeitlich Kenntnis von den politischen Tätigkeiten der Klägerin für die AfD erhalten hatte, gab er ihr mit Schreiben vom 11. Mai 2023 Gelegenheit, zu dem deshalb beabsichtigten Widerruf ihrer waffenrechtlichen Erlaubnisse Stellung zu nehmen.
8Mit Bescheid vom 26. Juni 2023 widerrief der Beklagte die Waffenbesitzkarten der Klägerin, ihre darin eingetragene Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition sowie ihren Munitionserwerbsschein (Nr. I des Bescheides). Ferner lehnte der Beklagte die Anträge der Klägerin vom 21. April 2022 und 28. März 2023, weitere Schusswaffen in ihre Waffenbesitzkarten einzutragen, ab (Nr. II des Bescheides). Zugleich ordnete der Beklagte an, näher bezeichnete Waffen und die im Besitz der Klägerin befindliche erlaubnispflichtige Munition innerhalb von einem Monat ab Bescheidzustellung nachweislich einer berechtigten Person zu überlassen oder die Waffen unbrauchbar zu machen (Nr. III des Bescheides). Außerdem führte er aus, dass die Erlaubnisdokumente ihm gemäß § 46 Absatz 1 WaffG innerhalb der genannten Frist zurückzugeben seien (ebenfalls Nr. III des Bescheides). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung, die Erlaubnisdokumente zurückzugeben, drohte der Beklagte die Festsetzung eines Zwangsgeldes von 250,‑ Euro an (Nr. IV des Bescheides). Außerdem ordnete er die sofortige Vollziehung der unter Nr. III des Bescheides getroffenen Regelungen an (Nr. V des Bescheides). Schließlich setzte der Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 592,50 Euro fest (Nr. VI des Bescheides). Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Es liege die Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b und c WaffG vor. Das folge aus der Mitgliedschaft der Klägerin in der AfD und daraus, dass sie stellvertretende Sprecherin des AfD-Gemeindeverbandes C. sei. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufe die AfD als Verdachtsfall ein. Atypische Umstände lägen nicht vor.
9Die Klägerin hat am 12. Juli 2023 Klage erhoben. Ihren zugleich gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 21. August 2023 - 22 L 1822/23 - ganz überwiegend abgelehnt. Die Beschwerde dagegen hat der beschließende Senat durch Beschluss vom 22. März 2024 - 20 B 968/23 - zurückgewiesen.
10Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen: Es werde verkannt, dass in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG der Nachweis des Verfolgens verfassungswidriger Bestrebungen erbracht sein müsse und kein gesicherter Nachweis vorliege, dass die AfD solche Bestrebungen verfolge. Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz genüge nicht. In ihrer Person gebe es keine verfassungsfeindlichen Betätigungen. Sie distanziere sich ausdrücklich von derartigen Bestrebungen, auch in der AfD. Ausdrücklich bekenne sie sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und lehne verfassungsfeindliche Bestrebungen ab. Sie habe keine persönlichen Ausführungen oder Äußerungen gemacht, die eine Rückschluss auf eine verfassungsfeindliche Gesinnung rechtfertigten.
11Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
12den Bescheid des Beklagten vom 26. Juni 2023 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die unter der Nr. II des Bescheids vom 26. Juni 2023 aufgeführten Schusswaffen, deren Erwerb die Klägerin am 21. April 2022 und 28. März 2023 angezeigt hatte, in die ihr bereits erteilte Waffenbesitzkarte für Sportschützen einzutragen.
13Der Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Er ist der Klage entgegengetreten und hat sich zur Begründung auf die Gründe seines Bescheides bezogen.
16Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die unter Nr. III des Bescheides vom 26. Juni 2023 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung aufgehoben, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich der "Formulierung", dass die Klägerin zur Rückgabe der Erlaubnisdokumente verpflichtet sei (Nr. III des Bescheides), sei die Klage unstatthaft und unzulässig, weil es sich um keine Regelung, sondern um einen bloßen Hinweis auf die gesetzliche Vorlagepflicht handele. Hinsichtlich der darauf bezogenen Zwangsgeldandrohung (Nr. IV des Bescheides) sei die Klage zulässig und mangels vollziehbaren Verwaltungsaktes begründet. Im Übrigen sei die Klage zulässig, aber unbegründet. Der verfügte Erlaubniswiderruf (Nr. I des Bescheides) sei auf der Grundlage von § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin sei unzuverlässig, weil die Voraussetzungen der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b und Buchstabe c WaffG aufgrund ihrer Mitgliedschaft des in der AfD und ihrer Tätigkeit für diese Partei erfüllt seien, ohne dass Gründe vorlägen, die eine abweichende Beurteilung von der Vermutung der Unzuverlässigkeit zuließen. Ebenso seien die weiteren unter Nrn. III und VI des Bescheides getroffenen Maßnahmen rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Verpflichtungsklage bleibe ohne Erfolg. Da die Klägerin als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen sei, habe sie keinen Anspruch auf die Verpflichtung des Beklagten ihr weitere waffenrechtliche Erlaubnisse zu erteilen. Wegen des weiteren Inhalts des angegriffenen Urteils wird auf dasselbe Bezug genommen.
17Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens im Wesentlichen geltend: Bei der verfassungsschutzrechtlichen Einstufung der AfD als Verdachtsfall handele es sich nicht um eine nachträglich eingetretene Tatsache im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Selbst wenn man dies anders sähe, lasse sich hierauf kein Erlaubniswiderruf stützen. An ihrer Zuverlässigkeit bestünden keine Zweifel. Insbesondere sei sie nicht nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG unzuverlässig. Art. 21 Abs. 2 GG gebiete eine verfassungskonforme Auslegung dergestalt, dass die bloße Mitgliedschaft in Parteien nicht unter § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG zu fassen sei. Unabhängig von der dafür erforderlichen kämpferisch-aggressiven Grundhaltung der AfD müsse für die Verwirklichung dieses Regeltatbestandes die Verfassungsfeindlichkeit der Partei feststehen. Die Bewertungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz begegneten so schwerwiegenden Zweifeln, dass von einer feststehenden Verfassungsfeindlichkeit der AfD nicht gesprochen werden könne.
18Die Klägerin beantragt sinngemäß,
19das angegriffene Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 26. Juni 2023 insgesamt aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr eine waffenrechtliche Erlaubnis zum Besitz der unter Nr. II des Bescheides genannten Waffen, deren Erwerb sie unter dem 21. April 2022 und 28. März 2023 angezeigt hat, zu erteilen,
20Der Beklagte beantragt sinngemäß,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Zur Begründung verweist er auf die Gründe seines Bescheides und des angegriffenen Urteils. Ergänzend trägt er vor: Bei wertender Gesamtbetrachtung lägen bezüglich der AfD-Bundespartei als auch anderer AfD-Landesverbände und deren Untergliederungen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen der AfD‑Gesamtpartei vor. Einschlägige Verhaltensweisen von Akteuren auf der Ebene der Bundespartei seien ohne Weiteres auch den Landes- und Kreisverbänden zuzurechnen. Atypische Umstände, die ein Abweichen vom Regeltatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b und c WaffG rechtfertigen könnten, seien nicht dargetan.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
24II.
25Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 130a VwGO, weil er sie einstimmig für begründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält.
26Die Berufung hat Erfolg.
271. Die Klage ist insgesamt zulässig, und zwar im Hinblick auf die begehrte Verpflichtung des Beklagten zur Erlaubniserteilung als Verpflichtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO, im Übrigen als Anfechtungsklage im Sinne der vorgenannten Vorschrift.
28Das gilt auch insoweit, als sie sich gegen die unter Nr. III des Bescheides getroffene Anordnung richtet, die Erlaubnisdokumente binnen bestimmter Frist dem Beklagten zurückzugeben. Dabei handelt es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht um einen bloßen Hinweis auf die Gesetzeslage, sondern um eine außenwirksame Regelung im Einzelfall und damit um einen gemäß § 42 Abs. 1 VwGO mit der Klage anfechtbaren Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG NRW. Der Beklagte hat im Hinblick auf die Verpflichtung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG zur unverzüglichen Rückgabe aller Ausfertigungen zurückgenommener oder widerrufener waffengesetzlicher Erlaubnisse in der Entscheidungsformel des Bescheides ersichtlich individuell für die Klägerin eine konkretisierende Regelung getroffen, indem er für die Rückgabe der Erlaubnisdokumente eine präzise Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheides bestimmt hat. Damit war zudem erkennbar bezweckt, einen Verwaltungsakt zu erlassen, der im Unterschied zur gesetzlichen Rückgabepflicht erforderlichenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung zwangsweise durchgesetzt werden konnte. Das zeigt sich zweifelsfrei daran, dass der Beklagte zugleich unter Nr. IV des Bescheides für den Fall, dass die Klägerin der konkretisiert angeordneten Verpflichtung zur Rückgabe der Erlaubnisdokumente nicht oder nicht fristgerecht nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgeldes angedroht hat.
292. Die Klage ist insgesamt, d. h. auch soweit ihr das Verwaltungsgericht nicht stattgegeben hat, begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 26. Juni 2023 ist, soweit er noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das gilt auch, soweit der Beklagte die beantragte Erteilung von Erlaubnissen zum Besitz der unter Nr. II des Bescheides aufgeführten Waffen abgelehnt hat. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erteilung solcher Erlaubnisse zu, weshalb der Beklagte hierzu zu verpflichten ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
30a) Der mit Bescheid vom 26. Juni 2023 verfügte Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse (Nr. I des Bescheides) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
31Für den verfügten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse der Klägerin (Nr. I des Bescheides) fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
32Als mögliche Rechtsgrundlage dafür kommt allein § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG in Betracht. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Erlaubnisversagung hätten führen müssen. Diese Widerrufsvoraussetzungen waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerruferlasses aber nicht erfüllt.
33Ernsthaft in Betracht zu ziehen ist insofern allein, dass die Klägerin über die nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht (mehr) verfügte. Das lässt sich indes nicht feststellen.
34Insbesondere lagen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlaubniswiderrufs keine Tatsachen vor, die die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit der Klägerin nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b oder c WaffG begründen. Nach dieser Vorschrift besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren entweder Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (Buchstabe a), oder Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat (Buchstabe b), oder eine solche Vereinigung unterstützt haben (Buchstabe c). Da weder tragfähige tatsächliche Anhaltspunkte dafür dargetan noch sonst ersichtlich sind, dass die Klägerin in den maßgeblichen letzten fünf Jahren vor dem Erlaubniswiderruf einzeln Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG verfolgt hat, steht ihre Unzuverlässigkeit ernsthaft allein gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b und c WaffG aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der AfD und ihrer Unterstützungsbeiträge für diese Partei im Raum. Im Ergebnis scheidet aber auch das aus.
35Unstreitig ist die Klägerin zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Erlaubniswiderrufs in den letzten fünf Jahren im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG Mitglied des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der AfD und damit zugleich auch Mitglied der AfD-Bundespartei gewesen. Ebenso unstreitig ist, dass sie in diesen fünf Jahren für diese Partei verschiedene Funktionen bzw. Ämter ausgeübt und diese dadurch im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe c WaffG unterstützt hat.
36Es lässt sich indes zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlaubniswiderrufs nicht feststellen, dass die AfD-Bundespartei eine Vereinigung ist, die Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG verfolgt oder in den letzten fünf Jahren zuvor verfolgt hat, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind oder durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Gleiches gilt für den AfD-Landesverband Nordrhein-Westfalen.
37Dafür genügt es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz am 25. Februar 2021 die AfD-Bundespartei als Verdachtsfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c BVerfSchG eingestuft hat.
38Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b oder c WaffG kann die Klägerin nur dann als unzuverlässig angesehen werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren Mitglied vor dem maßgeblichen Erlaubniswiderruf in einer Vereinigung gewesen ist oder eine solche unterstützt hat, die ihrerseits in dieser Zeit nachweislich eine der in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG genannten Bestrebungen verfolgt hat. Das Verfolgen von Bestrebungen im Sinne der Vorschrift muss für die zuständige Behörde und im Streitfall für das Gericht feststehen; es genügt nicht, dass lediglich Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Vereinigung solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat.
39Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 16. November 2023 ‑ 24 CS 23.1695 -, juris; OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 -, juris.
40Der einleitende Halbsatz in § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG, in dem das für den Rechtsanwender erforderliche Maß an Überzeugung von dem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift näher bestimmt ist ("… bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren…"), bezieht sich hinsichtlich der Variante Buchstabe b allein auf die Mitgliedschaft in einer Vereinigung und hinsichtlich der Variante Buchstabe c allein auf die Unterstützungshandlung zugunsten einer Vereinigung, nicht jedoch auf die weitere tatbestandliche Voraussetzung, dass diese Vereinigung Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG verfolgt oder verfolgt hat.
41Für dieses Verständnis der Vorschrift streitet bereits ihr Wortlaut. Zwar ist - wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - der genannte Einleitungshalbsatz der Regelung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift unter den Unterpunkten Buchstabe a bis c von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG insgesamt vorangestellt.
42Vgl. VG Köln, Urteile vom 8. September 2022 - 20 K 3080/21 -, juris, Rn. 69, 84 ff., und vom 11. August 2022 - 20 K 2177/21, juris, Rn. 47 ff.; VG München, Beschluss vom 30. August 2023 - M 7 S 23.1519 -, juris, Rn. 32 ff., allerdings zweitinstanzlich aufgehoben bzw. abgeändert; VG Ansbach, Urteil vom 25. April 2019 - AN 16 K 17.01038 -, juris, Rn. 30, allerdings zu § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG in der bis zum 5. Juli 2017 gültigen Fassung.
43Das bedeutet jedoch nicht, dass der Einleitungshalbsatz sich auf sämtliche tatbestandliche Merkmale bezieht, die in diesen Unterpunkten geregelt sind. Den unmittelbaren Bezugspunkt des Einleitungshalbsatzes bildet in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG dem Wortlaut nach allein das Merkmal der Mitgliedschaft in einer Vereinigung. Dieses ist als Voraussetzung des Regeltatbestandes waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit mit den Worten "Mitglied in einer Vereinigung waren" geregelt, die direkt an den Einleitungshalbsatz anschließen. Dagegen knüpft der darauffolgende attributive Relativsatz ("…die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat…") weder an das Merkmal der Mitgliedschaft noch an den Einleitungshalbsatz an, sondern bezieht sich allein auf das vorangestellte Substantiv "Vereinigung".
44Vgl. zu den grammatischen und syntaktischen Zusammenhängen von Einleitungshalbsatz und der Regelung der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a und b WaffG: Bay. VGH, Beschluss vom 16. November 2023 ‑ 24 CS 23.1695 -, juris.
45An einer Formulierung, die darauf schließen ließe, dass der im Einleitungshalbsatz von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG mit den Worten "…bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen…" hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Mitgliedschaft vorgegebene Überzeugungsmaßstab des tatsachenbegründeten Verdachts auch für das Tatbestandsmerkmal "Vereinigung, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat", zu gelten hat, fehlt es dem Wortlaut der Regelung.
46Vgl. Nitschke, NVwZ 2023, 2014, wonach sich ausweislich des Wortlauts von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG gerade keine doppelte Berücksichtigung des tatsachenbegründeten Verdachts ergebe.
47Es bedarf keiner Vertiefung, dass eine entsprechende Formulierung des Gesetzestextes unschwer möglich gewesen wäre.
48Entsprechendes gilt für § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe c WaffG. Unmittelbarer Bezugspunkt des Einleitungshalbsatzes ist dem Wortlaut der Vorschrift nach allein die Unterstützungshandlung, die direkt im Anschluss an den Einleitungshalbsatz als Voraussetzung des Regeltatbestandes waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit mit den Worten "die eine solche Vereinigung unterstützt haben" geregelt ist. Das Objekt dieser Unterstützungshandlung ergibt sich erst aus dem ‑ durch das Demonstrativpronomen "solche" gebildeten - Verweis auf Vereinigungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG. Das ist indes nur eine Vereinigung, die bestimmte Bestrebungen - welche wiederum durch den Verweis auf § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG näher konkretisiert werden - verfolgt oder verfolgt hat.
49Vgl. auch insoweit zu den grammatischen und syntaktischen Zusammenhängen von Einleitungshalbsatz und der Regelung der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a und b WaffG: Bay. VGH, Beschluss vom 16. November 2023 ‑ 24 CS 23.1695 -, juris.
50An einer Formulierung, die darauf schließen ließe, dass der im Einleitungshalbsatz in § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG mit den Worten "…bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen…" hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Mitgliedschaft vorgegebene Überzeugungsmaßstab des tatsachenbegründeten Verdachts auch für das Tatbestandsmerkmal "Vereinigung, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat", zu gelten hat, fehlt es - wie ausgeführt - dem Wortlaut der Regelung.
51Vgl. Nitschke, a. a. O., wonach sich ausweislich des Wortlauts von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG gerade keine doppelte Berücksichtigung des tatsachenbegründeten Verdachts ergebe.
52Wie ebenfalls ausgeführt, wäre eine entsprechende Gesetzesformulierung unschwer möglich gewesen.
53Spricht damit die am Wortlaut von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b und c WaffG orientierte Auslegung dafür, dass der einleitende Halbsatz allein auf die in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG vorausgesetzte Mitgliedschaft bzw. auf die in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe c WaffG geforderte Unterstützungshandlung bezieht, nicht aber auf das Tatbestandsmerkmal einer verfassungsfeindlichen Vereinigung als deren Objekt, findet sich dieses Normverständnis durch die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung bestätigt.
54Die vorliegend maßgebliche aktuelle Fassung von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG ist mit Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom 17. Februar 2020 (BGBl. I S. 165) - 3. WaffRÄndG - zum 1. September 2020 eingeführt worden. Ziel dessen war die Schließung einer angenommenen Regelungslücke.
55Vgl. BT-Drucks. 19/15875, S. 36: "Die Änderung dient der Schließung einer Regelungslücke im geltenden Recht."
56Die bloße Mitgliedschaft in einem Verein oder in einer Partei führte und führt zur Verwirklichung des Regeltatbestandes waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG in der seit dem 1. April 2003 bis heute unverändert geltenden Fassung vom 11. Oktober 2002 nur unter der Voraussetzung, dass der betreffende Verein nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde (Buchstabe a des § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG) bzw. das Bundesverfassungsgericht nach § 46 BVerfGG die Verfassungswidrigkeit der betreffenden Partei festgestellt hat (Buchstabe b des § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG). Die bloße Mitgliedschaft in einer zwar verfassungsfeindlichen, aber nicht verbotenen Vereinigung genügte und genügt hingegen für die Verwirklichung des Regeltatbestands waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 WaffG nicht. Ebenso schied der Regeltatbestand waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit nach dem bisherigen - bis zum 29. Februar 2020 geltenden - § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG in der Fassung vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2133) ‑ WaffG 2017 - trotz Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen, aber nicht verbotenen Vereinigung aus, wenn nachweisliche Erkenntnisse zu den Aktivitäten des Betroffenen in dieser Vereinigung fehlten. Allein zur Schließung dieser angenommenen Regelungslücke sollte mit der Einführung des nunmehrigen § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG auch der bloße Verdacht der Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung der Regelvermutung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit unterworfen werden.
57Vgl. BT-Drucks. 19/15875, S. 36; OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 -, juris.
58Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass damit der im Einleitungshalbsatz des nunmehrigen § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG vorgegebene Überzeugungsmaßstab eines tatsachenbegründeten Verdachts ("…wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen…") sich nicht nur auf die Mitgliedschaft in einer Vereinigung, sondern auch auf die Verfassungsfeindlichkeit der Vereinigung beziehen sollte, ergeben sich aus den Gesetzesmaterialien hingegen nicht. Vielmehr lag diesen ersichtlich ein Verständnis des neugefassten § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG zugrunde, das das Feststehen der Verfassungsfeindlichkeit der betreffenden Vereinigung voraussetzt.
59In den Gesetzesmaterialien fehlt in Bezug auf das im neugefassten § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG vorgesehene Tatbestandsmerkmal der "Vereinigung, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat" jeglicher Hinweis darauf, dass hierfür das erforderliche Überzeugungsmaß des Rechtsanwenders niederschwelliger sein sollte. Vielmehr lassen der Wortlaut von Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Heimat vom 11. Dezember 2019 zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines 3. WaffRÄndG - (im Folgenden: Beschlussempfehlung) ohne Weiteres darauf schließen, dass hinsichtlich der betreffenden Vereinigung für den Rechtsanwender feststehen muss, dass sie Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a Buchstabe aa bis cc WaffG verfolgt oder verfolgt hat.
60Vgl. OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 -, juris.
61Zwar enthält die Beschlussempfehlung an einer Stelle einen Hinweis darauf, dass für die Anwendung des neugefassten § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG in bestimmter Hinsicht ein tatsachenbegründeter Verdacht ausreichen soll. So heißt es dort:
62"Auch zu ihrem Nachweis soll daher, wie bisher schon bei der Verfolgung der aufgezählten Bestrebungen, ausreichend sein, dass Tatsachen die entsprechende Annahme rechtfertigen, d. h. schon der tatsachengegründete Verdacht ist versagungsbegründend (bereits risikovermeidender Ansatz)"
63Vgl. BT-Drucks. 19/15875, S. 36.
64Dieser Hinweis bezieht sich indes allein auf das Tatbestandsmerkmal der "Mitgliedschaft in einer Vereinigung".
65Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 16. November 2023 ‑ 24 CS 23.1695 -, juris; OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 - juris; Nitschke, a. a. O.
66Das ergibt sich schon daraus, dass der Satz mit dem betreffenden Hinweis unmittelbar an die im vorangegangenen Satz erörterte "mitgliedschaftliche Einbindung in die Vereinigung" anknüpft. Außerdem befindet sich der Satz mit dem betreffenden Hinweis in einem Absatz der Beschlussempfehlung, der sich ausschließlich zu dem tatbestandlichen Merkmal der Mitgliedschaft in einer Vereinigung verhält.
67Nichts Anderes ergibt sich daraus, dass der betreffende Hinweis in der Beschlussempfehlung auf den bisher für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen geltenden Überzeugungsmaßstab mit der Wendung "wie bisher schon bei der Verfolgung der aufgezählten Bestrebungen" verweist. Damit wird ausschließlich darauf Bezug genommen, dass zur Verwirklichung des Regeltatbestands waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit nach dem bisherigen § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG 2017 der tatsachenbegründete Verdacht genügte, dass der Betroffene - einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung - verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt hat. Das besagt nichts darüber, ob der mit der Neuregelung in Bezug auf die "mitgliedschaftliche Einbindung" ausreichende tatsachenbegründete Verdacht weitergehend auch in Bezug auf das Verfolgen verfassungsfeindlicher Bestrebungen durch diese Vereinigung gelten soll(te).
68Hingegen ist der Beschlussempfehlung kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass auch für das tatbestandliche Merkmal einer verfassungsfeindlichen Vereinigung ("Vereinigung, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat") der Überzeugungsgrad eines tatsachenbegründeten Verdachts ausreichen soll(te).
69Darin wird das fragliche Tatbestandsmerkmal mit den Worten "einer verfassungsfeindlichen Vereinigung" und den Worten "die verfassungsfeindlichen Ziele der Vereinigung" umschrieben, ohne dass auf den dafür erforderlichen Überzeugungsmaßstab des Rechtsanwenders eingegangen wird.
70Vgl. BT-Drucks. 19/15875, S. 36.
71Ferner wird in der Beschlussempfehlung auch an anderer Stelle auf die neugefasste Regelung des nunmehrigen § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG verwiesen und diese damit wiedergegeben, dass die waffenrechtliche Regelunzuverlässigkeit künftig durch die bloße Mitgliedschaft in einer noch nicht verbotenen verfassungsfeindlichen Vereinigung begründet wird.
72Vgl. OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 -, juris, unter Verweis auf BT-Drucks. 19/15875, S. 4 und 24.
73Auch dort fehlt es jedoch an Ausführungen, die dahingehend verstanden werden könnten, dass hinsichtlich der Verfassungsfeindlichkeit der betreffenden Vereinigung ein tatsachenbegründeter Verdacht ausreichen sollte.
74Ebenso wenig ist in der Beschlussempfehlung von einer lediglich von der Verfassungsschutzbehörde beobachteten oder als Verdachtsfall eingestuften Vereinigung die Rede.
75Vgl. OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 -, juris.
76Lässt sich mithin den Gesetzesmaterialien nichts dafür entnehmen, dass der im Einleitungshalbsatz von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG vorgegebene Überzeugungsmaßstab des tatsachenbegründeten Verdachts dem Wortlaut entsprechend nicht nur für die tatbestandliche Voraussetzung der Mitgliedschaft in einer Vereinigung, sondern darüber hinaus weitergehend auch für das Tatbestandsmerkmal der Verfassungsfeindlichkeit dieser Vereinigung gelten sollte, wären für diesen Fall indes entsprechende Hinweise zu erwarten und erforderlich gewesen. Das gilt jedenfalls vor dem Hintergrund, dass mit § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG das tatbestandliche Merkmal einer verfassungsfeindlichen Vereinigung, d. h. einer Vereinigung, die Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG verfolgt oder verfolgt hat, erstmals als Voraussetzung des betreffenden Regeltatbestandes waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit eingeführt worden ist und demzufolge hinsichtlich des erforderlichen Überzeugungsgrades des Rechtsanwenders von dem Vorliegen einer solchen Vereinigung nicht auf frühere gesetzliche Regelungen und zugehörige Gesetzesmaterialien zurückgegriffen werden kann. Zwar sind bereits mit der Einführung von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG 2017 die Anforderungen an die waffenrechtliche Regelunzuverlässigkeit herabgesetzt worden, indem im Unterschied zur Vorgängerregelung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG in der bis zum 5. Juli 2017 geltenden Fassung vom 26. März 2008 (BGB l. S. 426) - WaffG 2008 - künftig dafür bereits die auf Tatsachen beruhende Annahme für das Vorliegen von verfassungsfeindlichen Bestrebungen ausreichen sollte.
77Vgl. BT-Drucks. 18/12397, S. 13.
78Das betraf jedoch allein die aktive individuelle Betätigung des Betroffenen als Einzelperson oder im Kollektiv,
79vgl. OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 -, juris,
80nicht jedoch die verfassungsfeindliche Betätigung einer Vereinigung oder deren Verfassungsfeindlichkeit. Weder die verfassungsfeindliche Betätigung einer Vereinigung noch deren Verfassungsfeindlichkeit waren tatbestandliche Voraussetzung von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG 2017.
81Für das aufgezeigte Verständnis von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG, wonach das Vorliegen einer verfassungsfeindlichen Vereinigung zur Überzeugung des Rechtsanwenders feststehen muss, spricht ferner, dass in der besagten Beschlussempfehlung als einziges Beispiel für Parteien, die unter den neugefassten § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG fallen, nur solche benannt sind, von deren Verfassungsfeindlichkeit ohne weiteres auszugehen ist. Aufgeführt finden sich insofern nämlich nur Parteien, "bei denen das Bundesverfassungsgericht im Parteiverbotsverfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG festgestellt hat, dass sie auf die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung abzielende Bestrebungen verfolgen, deren Verbot mangels Anhaltspunkten, die die Zielerreichung zumindest möglich erscheinen lassen, jedoch nicht ausgesprochen wurde".
82Vgl. OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 -, juris, unter Verweis auf BT-Drucks. 19/15875, S. 36.
83Dabei muss vorliegend nicht entschieden werden, ob dieser Hinweis darauf hindeutet, dass entsprechende Feststellungen mit Rücksicht auf die durch Art. 21 Abs. 2 und 4 GG geschützte Mitgliedschaft in einer politischen Partei allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten sein sollten. Jedenfalls ergibt sich aus ihm ein gewichtiger Anhalt dafür, dass das Maß der erforderlichen Überzeugung des Rechtsanwenders von der Verfassungsfeindlichkeit der betreffenden Vereinigung in keiner Weise herabgesetzt werden sollte. Das gilt erst recht, weil auch an dieser Stelle der Beschlussempfehlung von einem niedrigeren Überzeugungsmaßstab im Sinne eines tatsachenbegründeten Verdachts keine Rede ist.
84Dieses Ergebnis findet sich ferner in dem weiteren Hinweis bestätigt, den die Beschlussempfehlung zu möglichen Erkenntnisgrundlagen für die von der zuständigen Waffenbehörde vorzunehmende Beurteilung enthält, ob der neugefasste Regeltatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG im Hinblick auf die Mitgliedschaft des Betroffenen in einem Verein im Sinne des Vereinsgesetzes erfüllt ist. Jedenfalls an dieser Stelle hätte, so denn dies nach der Neuregelung hätte der Fall sein sollen, Veranlassung für einen Hinweis darauf bestanden, dass es lediglich der Feststellung von Tatsachen bedürfte, die die Annahme rechtfertigten, der Verein verfolge verfassungsfeindliche Bestrebungen oder habe solche verfolgt. Davon ist hier jedoch ebenfalls keine Rede, obwohl hinsichtlich des tatbestandlichen Merkmals der Mitgliedschaft in einer Vereinigung in der Beschlussempfehlung - wie ausgeführt - deutlich darauf hingewiesen worden ist, dass insofern ein "bereits risikovermeidender Ansatz" gilt und deshalb "schon der tatsachengegründete Verdacht" der Mitgliedschaft ausreicht. Stattdessen wird in der Beschlussempfehlung zu der Verfassungsfeindlichkeit eines Vereins darauf hingewiesen, dass die zuständige Behörde bei "der Beurteilung der Frage, ob ein (noch) nicht nach dem Vereinsgesetz verbotener oder mit einem Betätigungsverbot belegter Verein verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne des § 5 Abs. 2 Nummer 3 verfolgt", die Einschätzung der Fachbehörden (Verfassungsschutzämter) einholen kann. Als erforderlich wird damit gerade nicht lediglich die Beurteilung bzw. die Feststellung dargestellt, ob Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigten, der Verein verfolge verfassungsfeindliche Bestrebungen oder habe solche verfolgt. Vielmehr wird ohne jedwede Einschränkung hinsichtlich des für den Rechtsanwender erforderlichen Überzeugungsgrades aufgezeigt, dass die zuständige Waffenbehörde zu beurteilen bzw. festzustellen hat, ob der Verein verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne der Vorschrift verfolgt. Ersichtlich wird hier davon ausgegangen, dass ein tatsachenbegründeter Verdacht in dieser Hinsicht gerade nicht genügt.
85Sprechen nach alledem sowohl der Wortlaut als auch die Gesetzeshistorie dafür, dass zur Verwirklichung des Regeltatbestandes waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b oder c WaffG die tatbestandliche Voraussetzung einer verfassungsfeindlichen Vereinigung zur Überzeugung des Rechtsanwenders feststehen muss, stehen diesem Verständnis gesetzessystematische Gesichtspunkte nicht entgegen. Der alleinige Bezug der Nachweiserleichterung auf die Mitgliedschaft im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b WaffG bzw. auf die Unterstützungshandlung im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe c WaffG führt zu keinem Wertungswiderspruch innerhalb von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG. Insbesondere legt das aufgezeigte Normverständnis hinsichtlich der Verfolgung der in der Vorschrift aufgeführten Bestrebungen keine unterschiedlichen Maßstäbe an, je nachdem ob diese einzeln oder innerhalb einer Vereinigung verfolgt werden. Vielmehr wird sichergestellt, dass das eigene Verhalten des Betroffenen (Verfolgung eigener Bestrebungen, Mitgliedschaft oder Unterstützungshandlung) diesem nicht im Sinne eines Vollbeweises nachgewiesen werden muss, eine Zurechnung verfassungsfeindlichen Verhaltens Dritter jedoch nur erfolgt, wenn dieses feststeht.
86Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 16. November 2023 ‑ 24 CS 23.1695 -, juris; OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 - juris.
87Auch mit dem übrigen Gefüge der Regelungen in § 5 WaffG steht das dargelegte Normverständnis von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b und c WaffG im Einklang.
88Ebenso ist es sowohl mit Sinn und Zweck dieser neugefassten Regelung als auch mit dem Sinn und Zweck des Waffengesetzes insgesamt vereinbar. Mit der Einführung von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG mit dem 3. WaffRÄndG sollte der Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren, die mit dem Umgang mit Waffen und Munition verbunden sind, erhöht werden, indem - wie aufgezeigt - eine angenommene Regelungslücke geschlossen werden sollte. Dem wird der neugefasste § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG in dem aufgezeigten Verständnis gerecht. Daran ändert es nichts, dass demgegenüber eine Nachweiserleichterung auch hinsichtlich der Verfassungsfeindlichkeit einer Vereinigung in diesem Zusammenhang noch größeren Schutz vor den Gefahren des Umgangs mit Waffen und Munition bieten könnte. Hinzutritt, dass die am Sinn und Zweck einer Vorschrift orientierte Auslegung durch deren Wortlaut und Systematik begrenzt wird, die - wie ausgeführt - zu dem Ergebnis geführt hat, dass die Verfassungsfeindlichkeit der Vereinigung erwiesenermaßen vorliegen muss.
89Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 16. November 2023 ‑ 24 CS 23.1695 -, juris; OVG S.‑A., Beschluss vom 24. April 2023 - 3 M 13/23 - juris.
90In Anbetracht dessen gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes nichts Anderes, dass der Zweck des Waffengesetzes insgesamt ist, das mit jedem Waffenbesitz verbundene Risiko zu minimieren und nur bei Personen hinzunehmen, die das Vertrauen verdienen, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen. Auch dem wird das aufgezeigte Verständnis von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG nach dem Vorstehenden ohne weiteres gerecht.
91Nach alledem kann im Weiteren dahinstehen, ob das dargelegte Normverständnis zudem dadurch gestützt wird, dass als Vereinigungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b und c WaffG auch politische Parteien in Betracht kommen könnten, über deren Verfassungswidrigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG oder deren Ausschluss von staatlicher Finanzierung wegen Verfassungsfeindlichkeit nach Art. 21 Abs. 3 GG das Bundesverfassungsgericht (noch) nicht entschieden hat.
92Vgl. so aber Bay. VGH, Beschluss vom 16. November 2023 ‑ 24 CS 23.1695 -, juris.
93Setzt nach dem Vorstehenden die Verwirklichung des Regeltatbestandes waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b oder c WaffG neben einem tatsachenbegründeten Verdacht der Mitgliedschaft des Betroffenen in einer Vereinigung oder der Unterstützungshandlung des Betroffenen für eine Vereinigung voraus, dass diese Vereinigung erwiesenermaßen verfassungsfeindliche Bestrebungen, d. h. solche im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG, verfolgt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt hat, lässt darauf die Einstufung der AfD‑Bundespartei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall nicht mit der notwendigen Überzeugungsgewissheit schließen.
94Bei einer solchen Einstufung handelt es sich um die vom Bundesamt für Verfassungsschutz bekannt gegebene Einordnung, mit der das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c, Satz 5 BVerfSchG beschrieben wird. Bestrebungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c BVerfSchG erfordern als "politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen" ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives oder illegales Vorgehen zur Realisierung eines bestimmten Ziels. Die Aktivitäten müssen über eine bloße Meinungsäußerung hinausgehen, auf die Durchsetzung eines politischen Ziels ausgerichtet sein und dabei auf die Beeinträchtigung eines der Elemente der freiheitlich demokratischen Grundordnung abzielen.
95Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Mai 2024 ‑ 5 A 1218/22 -, juris, m. w. N.
96Liegen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor, besteht ein Verdacht solcher Bestrebungen. Das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 5 BVerfSchG ist die zentrale befugnisrechtliche Kategorie des Bundesverfassungsschutzgesetzes, die das Bundesamt für Verfassungsschutz zur nachrichtendienstlichen Sammlung und Auswertung von Informationen nach Maßgabe der §§ 8 ff. BVerfSchG berechtigt. Dazu gehört insbesondere die aus § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG abgeleitete Befugnis des Bundesamts für Verfassungsschutz den Betroffenen wegen des Verdachts gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteter Bestrebungen zu beobachten.
97Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Mai 2024 ‑ 5 A 1218/22 -, juris, m. w. N.
98Das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 5 BVerfSchG setzt indes nicht voraus, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen tatsächlich bestehen, und verlangt auch keine Gefahrenlage im Sinne des Polizeirechts. Allerdings sind bloße Vermutungen, Spekulationen oder Hypothesen, die sich nicht auf beobachtbare Fakten stützen können, unzureichend. Die Anhaltspunkte müssen vielmehr in Form konkreter und hinreichend verdichteter Umstände als Tatsachenbasis geeignet sein, den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen. Liegen Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vor, besteht ein Verdacht solcher Bestrebungen. Die dann einsetzende Beobachtung dient der Klärung dieses Verdachts.
99Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Mai 2024 ‑ 5 A 1218/22 -, juris, m. w. N.
100Dagegen erfordert die Einstufung eines Personenzusammenschlusses als gesichert rechtsextrem und damit verfassungsfeindlich auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 5, § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG, dass sich die Verdachtsmomente zur Gewissheit verdichtet haben. Tatsächliche Anhaltspunkte, die einen Verdachtsfall auslösen, reichen also nicht aus. Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssen sich vielmehr dergestalt verdichtet haben, dass die Überzeugung besteht, dass es sich tatsächlich um extremistische Bestrebungen handelt.
101Vgl. VG Köln, Urteile vom 8. März 2022 ‑ 13 K 326/21 -, juris, und - 13 K 207/20 ‑, juris.
102Lässt die vom Bundesamt für Verfassungsschutz am 25. Februar 2021 vorgenommenen Einstufung der AfD-Bundespartei als Verdachtsfall mithin allenfalls auf tatsächliche Anhaltspunkte schließen, dass diese Partei Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verfolgt, gilt Entsprechendes im Hinblick darauf, ob diese Partei verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG verfolgt. Die verfassungsschutzrechtliche Einstufung der AfD-Bundespartei als Verdachtsfall lässt daher ebenso wenig mit der ‑ wie ausgeführt - für eine Verwirklichung des Regeltatbestands waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b oder c WaffG erforderlichen Überzeugungsgewissheit darauf schließen, dass diese Partei verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG tatsächlich verfolgt oder verfolgt hat.
103Mit Blick auf das Vorstehende kann im Übrigen dahingestellt bleiben, ob sich aus der Einstufung der AfD-Bundespartei als verfassungsschutzrechtlicher Verdachtsfall mangels dafür erforderlicher Feststellungen hinsichtlich einer kämpferisch-aggressiven Haltung der Partei schon keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG ergeben können.
104Vgl. so aber Thür. OVG, Beschluss vom 19. Februar 2024 - 3 EO 453/23 -, juris.
105Anderweitige Erkenntnisse, die mit der erforderlichen Überzeugungsgewissheit darauf schließen lassen, dass die AfD-Bundespartei oder aber ihr Landesverband Nordrhein-Westfalen verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG verfolgt oder verfolgt hat, sind weder dargetan noch sonst mit für das vorliegende Verfahren erforderlicher Sicherheit ersichtlich.
106Der Beklagte ist insgesamt nähere Feststellungen dazu ebenso schuldig geblieben wie entsprechende Darlegungen. Unabhängig davon, ob sich daraus überhaupt Folgerungen für den hier für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Erlaubniswiderrufs ergeben könnten, ist jedenfalls auch weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz inzwischen die AfD-Bundespartei als gesichert oder erwiesen (rechts‑)extrem bzw. (rechts‑)extremistisch eingestuft hat.
107Nicht weiter führt es in dieser Hinsicht, dass die Landesverbände der AfD in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen von den dortigen Landesverfassungsschutzämtern als gesichert rechtsextremistisch und damit als verfassungsfeindlich eingestuft worden sind.
108Vgl. Staatsministerium des Inneren des Freistaats Sachsen, Sächsischer Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023, S. 52, abrufbar unter www.verfassungsschutz.sachsen.de; Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt für das Jahr 2023, S. 30, 33, abrufbar unter https://mi.sachsen-anhalt.de/verfassungsschutz/ verfassungsschutzberichte-zum-downloaden/; Ministerium für Inneres und Kommunales des Freistaats Thüringen, Verfassungsschutzbericht 2023 Freistaat Thüringen, abrufbar unter https://innen-thueringen.de.
109Diese Einstufungen beziehen sich ausschließlich auf die genannten Landesverbände der AfD. Deren Mitglied ist die Klägerin jedoch nicht. Sie ist allein Mitglied des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der AfD und damit - wie ausgeführt - zugleich Mitglied der AfD-Bundespartei. Die jeweiligen Einstufungen der Landesverbände der AfD durch die zuständigen Landesverfassungsschutzämter können weder der AfD-Bundespartei noch dem Landesverband Nordrhein-Westfalen der AfD ohne weiteres zugerechnet werden. Wie ausgeführt, ist die AfD-Bundespartei bislang vom Bundesamt für Verfassungsschutz lediglich als Verdachtsfall eingestuft worden. Hinsichtlich des AfD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen ist dies bislang nicht der Fall. Im aktuellen nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht wird allein von rechtsextremistischen Zusammenschlüssen in und für die AfD berichtet, ohne den AfD-Landesverband Nordrhein-Westfalen als solchen entsprechend einzuordnen.
110Vgl. Ministerium des Innern für das Land Nordrhein-Westfalen, Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2024, S. 98 ff., abrufbar unter www.im.nrw.de.
111Der Beklagte hat ebenso wenig andere tragfähige Erkenntnisse dargetan, die mit der - wie ausgeführt - erforderlichen Gewissheit den Schluss darauf zulassen, dass die AfD-Bundespartei oder ihr Landesverband Nordrhein-Westfalen Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a WaffG verfolgt oder in den letzten fünf Jahren vor dem hier verfügten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers verfolgt hat. In dieser Hinsicht sind auch keine anderweitigen tragfähigen Tatsachen bekannt.
112Hat die Klägerin nach dem Vorstehenden im maßgeblichen Zeitpunkt des verfügten Erlaubniswiderrufs den Regeltatbestand waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b oder c WaffG schon nicht verwirklicht, ist auch im Übrigen nichts dargetan oder sonst ersichtlich, was ihre waffenrechtliche Zuverlässigkeit infrage stellt.
113Ist der verfügte Erlaubniswiderruf nach alledem rechtswidrig und verletzt er die Klägerin in ihren Rechten, gilt nichts Anderes, wenn diese Maßnahme gemäß § 47 VwVfG NRW in eine Erlaubnisrücknahme nach § 45 Abs. 1 WaffG umgedeutet wird. Nach dieser Vorschrift ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass sie hätte versagt werden müssen. Die Voraussetzungen für eine solche Rücknahme der waffenrechtlichen Erlaubnisse der Klägerin liegen ebenfalls nicht vor. Als Versagungsgrund kommt ernsthaft allein in Betracht, dass die Klägerin über die erforderliche Zuverlässigkeit nicht verfügte. Wie ausgeführt, ist weder etwas Tragfähiges dafür dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin im Zeitpunkt des verfügten Erlaubniswiderrufs über die erforderliche Zuverlässigkeit nicht (mehr) verfügte. Gleiches gilt im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung.
114bb) Aus der Rechtswidrigkeit von Erlaubniswiderruf bzw. -rücknahme folgt ohne weiteres, dass auch die die daran anknüpfenden Folgeanordnungen, soweit sie noch Verfahrensgegenstand sind, rechtswidrig sind. Das gilt für die Anordnung, näher bezeichnete Waffen und Munition nachweislich einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen (Nr. III des Bescheides) sowie die Erlaubnisdokumente zurückzugeben (Nr. III des Bescheides). Auch diese Maßnahmen verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Vor diesem Hintergrund können neben der bereits vom Verwaltungsgericht aufgehobenen Zwangsgeldandrohung (Nr. IV des Bescheides) auch die im Bescheid getroffene Feststellung der Kostenpflicht und die Gebührenfestsetzung zulasten der Klägerin (Nr. VI des Bescheides) keinen Bestand haben.
115c) Der Bescheid ist ebenfalls rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit der Beklagte die Anträge der Klägerin vom 21. April 2022 und 28. März 2023 auf Erteilung der Erlaubnis zum Besitz der unter Nr. II des Bescheides näher bezeichneten Waffen abgelehnt hat. Der Klägerin steht ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte ihr diese Erlaubnisse - gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG durch eine entsprechende Waffenbesitzkarte oder Eintragung der betreffenden Waffe in eine bereits vorhandene Waffenbesitzkarte - erteilt. Die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 WaffG liegen vor. Die Klägerin verfügte - wie ausgeführt - im Zeitpunkt des verfügten Erlaubniswiderrufs über die erforderliche Zuverlässigkeit. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass sich daran im für die Verpflichtung zur Erlaubniserteilung maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Beschlussfassung etwas geändert hat. Der Beklagte hat eingeräumt, dass die übrigen Erteilungsvoraussetzungen nach § 4 Absatz 1 WaffG im Hinblick auf die in Rede stehenden Schusswaffen - das sind diejenigen, deren Erwerb die Klägerin unter dem 21. April 2022 und 28. März 2023 angezeigt hat - vorliegen.
116Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
117Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
118Die Streitwertentscheidung beruht auf § 52 Abs. 1 bis 3, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Die erstinstanzliche Festsetzung ist entsprechend abzuändern.
119Nach der ständigen Streitwertpraxis des Senats ist in Fällen, in denen um die Erlaubnis zum Erwerb bzw. Besitz von Waffen gestritten wird, das Besitzinteresse in Anlehnung an Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Ausgangspunkt mit dem Auffangwert von 5.000,- Euro aus § 52 Abs. 2 GKG zu bewerten, und zwar unabhängig davon, in wie vielen Waffenbesitzkarten die streitigen Waffen eingetragen sind oder eingetragen werden sollen. Dieser Wert ist im Ansatz um 750,- Euro für jede weitere Waffe, um die in demselben Verfahren gestritten wird, zu erhöhen. In Fällen, in denen eine besonders große Anzahl von Waffen in Rede steht, hält der Senat eine angemessene Begrenzung für angezeigt, die im Regelfall bei dem fünffachen Betrag des Auffangwertes liegt oder erreicht ist.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2010 ‑ 20 B 45/10 -, juris, m. w. N.
121Eine Orientierung an Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs scheidet auch dann aus, wenn eine Erlaubnis für Waffensammler in Streit steht. In diesen Fällen ist eine freie Bewertung angezeigt, in deren Rahmen allerdings sowohl die Anzahl der bereits erworbenen und auf der oder den betreffenden Waffenbesitzkarte(n) eingetragenen Waffen als auch die Anzahl der dem Sammelthema insgesamt zuzurechnenden Waffen eine Rolle spielen können.
122Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2010 ‑ 20 B 45/10 -, juris, m. w. N.
123In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier für den im Streit stehenden Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse der Klägerin ein Streitwert von 31.750,‑ Euro. Soweit die Erlaubnisse widerrufen wurden, die auf dem Bedürfnis der Klägerin als Sportschützin beruhen, sind darin insgesamt sechs Waffen oder Waffenteile eingetragen, sodass sich daraus in der Hauptsache ein Streitwert von 8.750,- Euro (5.000,- Euro zuzüglich 5 x 750,- Euro) ergibt. Der Widerruf der der Antragstellerin als Waffensammlerin erteilten Waffenbesitzkarte fällt demgegenüber wegen des zugrunde liegenden andersartigen Bedürfnisses gesondert ins Gewicht und ist hinsichtlich des Streitwerts wegen der darin insgesamt eingetragenen 21 Waffen in der Hauptsache mit 20.000,- Euro (5.000,- Euro zuzüglich 20 x 750,- Euro) zu veranschlagen. Hinzu kommt nach Nr. 50.3 des Streitwertkatalogs der Streitwert für den Widerruf des gesondert erteilten Munitionserwerbsscheins mit 1.500,- Euro.
124Die daneben streitige Verpflichtung zur Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse zum Besitz zweier weiterer Schusswaffen als Sportschützin fällt bei der Streitwertfestsetzung mit weiteren 1.500,- Euro (2 x 750,- Euro) zusätzlich ins Gewicht, da der der fünffache Auffangwertes im Hinblick auf das waffenrechtliche Bedürfnis als Sportschützin noch nicht erreicht ist.
125Der Betrag der festgesetzten Verwaltungsgebühr ist hinzusetzen (§ 52 Abs. 3 GKG).
126Rechtsmittelbelehrung
127Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
128Die Beschwerde ist beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses schriftlich einzulegen. Die Beschwerde muss den angefochtenen Be-schluss bezeichnen.
129Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht schriftlich einzu-reichen.
130Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektroni-sches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elekt-ronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV -) wird hingewiesen.
131Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Be-gründung. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechts-lehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaa-tes der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Rich-teramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertre-tungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zu-sammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -).
132Die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar.