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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
2Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts fristgerecht vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern und dem nach dem Beschwerdevorbringen vom 13. Februar 2024 zu dem beschränkten Inhalt der Anordnung vom 3. September 2024 (S. 6 f., „streitgegenständliche Aufforderung“ nebst deren Wiedergabe; S. 7 Mitte: „Mangels Untersuchungsanordnung muss der Antragsteller weder eine solche befolgen“) in zweiter Instanz sinngemäß nur noch weiterverfolgten Antrag des Antragstellers stattzugeben,
3festzustellen, dass der Antragsteller vorläufig – bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die noch anhängig zu machende Hauptsacheklage – nicht verpflichtet ist, die ihn behandelnden Ärzte und „den Amtsarzt“ gegenseitig von ihrer ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden und „alle“ ihm vorliegenden „relevanten medizinischen Unterlagen“ an die Antragsgegnerin in einem verschlossenen Umschlag zur Weiterleitung an das Gesundheitsamt der Stadt P. oder direkt an das Gesundheitsamt zu übersenden.
4Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung hat das Verwaltungsgericht, soweit hier noch von Interesse, im Kern ausgeführt: Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es seien keine Umstände ersichtlich, aus denen sich ein Anspruch auf die beantragte Feststellung ergäbe.
5Die Frage, ob die streitgegenständlichen Weisungen zur Schweigepflichtentbindung und zur Übersendung aller relevanten medizinischen Unterlagen überhaupt isoliert gerichtlich überprüfbar seien oder § 44a VwGO dem entgegenstehe, weil sie nur der Vorbereitung einer möglichen späteren Untersuchungsanordnung und/oder Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit dienten, könne offenbleiben. Die Weisungen seien nämlich jedenfalls rechtmäßig, so dass der Eilantrag jedenfalls unbegründet sei.
6Sei die Ursache von krankheitsbedingten Fehlzeiten eines Beamten dem Dienstherrn nicht bekannt, sei die sofortige Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung im Hinblick auf das in Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen unverhältnismäßig. Deshalb werde es zunächst regelmäßig mit vorbereitenden Aufklärungsmaßnahmen sein Bewenden haben müssen. Derartige Weisungen des Dienstherrn im Vorfeld einer Untersuchungsanordnung unterfielen nicht § 44 Abs. 6 BBG. Die Berechtigung des Dienstherrn zu vorbereitenden Aufklärungsmaßnahmen folge vielmehr unmittelbar aus dem Beamtenverhältnis. Gleiches gelte in der vorliegenden Fallkonstellation, in der der Antragsgegnerin aufgrund der konkreten Umstände unklar sei ob, und inwieweit, der Antragsteller (polizei-)dienstunfähig sei. Der Dienstherr könne den Beamten auffordern, sich unter Vorlage aussagekräftiger ärztlicher Unterlagen bei einem Amtsarzt zu einem Gespräch vorzustellen, das der Ermittlung des möglichen Krankheitsbildes diene, aber nicht schon mit körperbezogenen Eingriffen verbunden sei. Auch könne er vorab Nachfragen des Amtsarztes bei den den Bediensteten behandelnden Ärzten zu Diagnosen und Befunden, die für dessen Dienstunfähigkeit von Belang seien, ermöglichen, indem er den Beamten anweise, seine behandelnden Ärzte und den Amtsarzt von ihrer ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden. Derartige Maßnahmen müssten als gemischte dienstlich-persönliche Weisungen wegen der mit ihnen verbundenen Eingriffe in die grundrechtsbewehrte persönliche Sphäre des Beamten jeweils dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und aus sich heraus klar und unmissverständlich sein. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordere, dass für die Anforderung ein hinreichender Anlass bestehe und sie nicht über das für die Feststellung der Dienstfähigkeit erforderliche Maß hinausgehe.
7Gemessen an diesen Voraussetzungen unterliege das hier streitgegenständliche Schreiben keinen rechtlichen Bedenken. Für die Weisungen bestehe ein hinreichender Anlass. Dies folge aus den in der Beiakte befindlichen Erkenntnissen. Nachdem der Antragsteller bereits seit dem 2. Dezember 2019 durchgehend dienstunfähig erkrankt gewesen sei, habe sich die Antragsgegnerin zur Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens entschlossen. Dieses sei unter dem 22. Februar 2021 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antragsteller gesundheitlich nicht (mehr) geeignet für den Polizeivollzugsdienst, wohl aber für den allgemeinen Verwaltungsdienst sei. Eine Nachuntersuchung solle in zwölf Monaten durchgeführt werden. Daraufhin habe der Antragsteller am 23. August 2021 eine Wiedereingliederungsmaßnahme im Sachbereich 33 (Haushalt) bei der Bundespolizeidirektion U. und damit im allgemeinen Verwaltungsdienst begonnen. Während dieser Maßnahme seien Defizite bei der Bewältigung der dem Antragsteller übertragenen Aufgaben zutage getreten, die im Schreiben des Sachbereichs 35 – Personal – an den sozialmedizinischen Dienst vom 27. Januar 2022 im Einzelnen dargelegt worden seien. Aus diesen Gründen sei der sozialmedizinische Dienst gebeten worden, in einem weiteren Gutachten im Anschluss an die Nachuntersuchung darauf einzugehen, inwieweit die aufgezeigten Verhaltensweisen des Antragstellers Krankheitswert haben könnten. Die hierauf ergangene Anordnung einer Nachuntersuchung sei Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens 15 L 292/22 beim Verwaltungsgericht Köln gewesen und habe sich im Laufe dieses Verfahrens erledigt. Unter dem 28. April 2022 habe die Antragsgegnerin eine erneute Untersuchungsanordnung erlassen, gegen die der Antragsteller erfolglos vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch genommen habe. In seinem weiteren sozialmedizinischen Gutachten vom 16. März 2023 habe Medizinaldirektor S. aufgrund der geschilderten Arbeitsleistung des Antragstellers den dringenden Verdacht geäußert, bei dem Antragsteller liege eine hirnorganische Verhaltensstörung vor. Mit Blick auf die vom Sachbereich 35 geschilderte Arbeitsleistung des Antragstellers im administrativen Bereich habe Herr S. ausgeführt, ein reibungsloser Ablauf von polizeidiensttypischen Routinetätigkeiten sei nicht mehr mit der dafür erforderlichen Sicherheit gewährleistet. Aus seiner Sicht sei weder Polizeivollzugsdienstfähigkeit noch uneingeschränkte Dienstfähigkeit für den allgemeinen Verwaltungsdienst gegeben. Sofern sich die Verdachtsdiagnose einer hirnorganischen Wesensveränderung bestätigen sollte, sei nicht anzunehmen, dass der Antragsteller innerhalb der nächsten sechs Monate seine Dienstfähigkeit für den allgemeinen Verwaltungsdienst wiedererlange.
8Auf der Grundlage dieses Gutachtens vom 16. März 2023 habe die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 23. Mai 2023 die Führung von Dienstgeschäften verboten und dies mit schwerwiegenden Mängeln der Dienstleistung begründet, die auf eine Dienstunfähigkeit des Antragstellers wegen körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung hindeuteten.
9Sodann habe die Antragsgegnerin am 1. Dezember 2023 eine Untersuchungsanordnung zur neurologisch-fachpsychiatrischen Zusatzbegutachtung verfügt. Auf Antrag des Antragstellers habe das Verwaltungsgericht der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 8. Januar 2024 – 15 L 17/24 – untersagt, den Antragsteller auf der Grundlage dieser Untersuchungsanordnung ärztlich untersuchen und begutachten zu lassen. Zur Begründung habe es ausgeführt, das Gutachten von Medizinaldirektor S. vom 16. März 2023 genüge für die Anordnung einer neurologisch-psychiatrischen Untersuchung nicht. Ihm ließen sich Feststellungen, die aus medizinischer Sicht (gerade) den Verdacht einer hirnorganischen Verhaltensstörung stützten, nicht in ausreichendem Umfang entnehmen. Es werde nur pauschal auf die „geschilderten Arbeitsleistungen“ und auf einen „Zusammenhang mit der Auslandsverwendung des Beamten im Jahr 2019“ verwiesen. Dies sei angesichts der vom Antragsteller im Gerichtsverfahren vorgelegten aktuellen ärztlichen Berichte, die nicht auf eine hirnorganische Verhaltensstörung des Antragstellers schließen ließen, nicht ausreichend. Die Antragsgegnerin müsse vielmehr – gegebenenfalls auf der Grundlage einer noch einzuholen ergänzenden Stellungnahme von Herrn S. zu seinem Gutachten vom (richtig) 16. März 2023 – prüfen, ob die in dem Gutachten gestellte Verdachtsdiagnose einer hirnorganischen Verhaltensstörung aufrechterhalten bleiben könne, bevor in einer etwaigen erneuten Untersuchungsanordnung eine Zusatzbegutachtung des Antragstellers veranlasst werden könne.
10In Umsetzung des Ergebnisses dieses gerichtlichen Eilverfahrens habe die Antragsgegnerin mit dem streitgegenständlichen Schreiben vom 3. September 2024 die Untersuchungsanordnung vom (richtig) 1. Dezember 2023 aufgehoben. Die Antragsgegnerin beabsichtige nunmehr offensichtlich, den Antragsteller dem Amtsarzt vorzustellen und das weitere Vorgehen in Abhängigkeit des Untersuchungsergebnisses zu planen. Dieses Vorgehen sei nach den aufgezeigten Grundsätzen verhältnismäßig. Es bestehe genügender Anlass für die Einleitung weiterer Aufklärungsmaßnahmen, weil die Polizeidienstfähigkeit des Antragstellers nach wie vor ungeklärt sei. Während der sozialmedizinische Dienst im seinem letzten Gutachten von einer Polizeidienstunfähigkeit sowohl im Vollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst ausgehe, sprächen die vom Antragsteller vorgelegten privatärztlichen Atteste und Befunde teilweise entgegen dieser Annahme. Darüber hinaus habe der Antragsteller wohl seit Dezember 2019 – mit kurzfristigen Unterbrechungen während der Wiedereingliederung – keinen Dienst mehr geleistet. Nach Aktenlage sei gegen ihn mit Bescheid vom 10. Mai 2023 ein Verbot der Dienstgeschäfte ausgesprochen worden. Ob dieses zum Beschlusszeitpunkt noch bestehe, sei dem Verwaltungsgericht nicht bekannt.
11Da die Antragsgegnerin die sich teilweise widersprechenden ärztlichen Aussagen nicht zuverlässig einordnen könne, sei sie auf ärztliche Mithilfe angewiesen. Insofern sei es verhältnismäßig, nicht sofort eine amtsärztliche Untersuchungsanordnung zu erlassen, sondern einen solchen (möglichen) Termin zunächst vorzubereiten. Hierzu sei es notwendig, dass der Antragsteller sowohl die ihn behandelnden Ärzte als auch den Amtsarzt von ihrer Schweigepflicht entbinde. Die streitgegenständliche Verfügung überlasse es auch dem Antragsteller selbst, die im vorliegenden relevanten medizinischen Unterlagen an die näher bezeichneten Stellen zu übersenden. Dabei habe die Antragsgegnerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Antragsteller die ärztlichen Befunde in einem verschlossenen Umschlag an sie zur Weiterleitung an den Amtsarzt oder direkt an den Amtsarzt senden sollte. Es sei daher ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin Kenntnis vom Inhalt der zu übermittelnden Unterlagen nehmen könne. Die Antragsgegnerin könne die vorzulegenden Unterlagen auch nicht näher eingrenzen, weil sie nicht wisse, über welche Unterlagen der Antragsteller zum heutigen Zeitpunkt verfüge. Sie sei auch nachvollziehbar nicht in der Lage, die Befunderhebungen auf körperliche oder psychische Befunde einzugrenzen, weil beide Möglichkeiten nach wie vor im Raum stünden. Es bleibe letztlich dem Amtsarzt – möglicherweise auch durch ein klärendes Gespräch – überlassen, über das weitere Vorgehen, z. B. die Einholung eines fachlichen Gutachtens, zu entscheiden.
12Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls sei es vorliegend auch nicht notwendig, im streitgegenständlichen Bescheid nochmals ausführlich die Sachlage darzustellen. Diese sei Beteiligten aus den zahlreichen gerichtlichen Verfahren bekannt und damit offenkundig. Soweit das Oberverwaltungsgericht auch für Weisungen im Vorfeld von Untersuchungsanordnungen besondere formelle und materielle Voraussetzungen benenne, sei dem für den vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht zu folgen, da es sich um reine Wiederholungen handeln würde.
13II. Das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen greift nicht durch.
141. Nicht zielführend ist zunächst die pauschale Bezugnahme des Antragstellers auf seinen „umfangreichen bisherigen Vortrag in der Eilantragsschrift vom 20. September 2024 und in der Replikschrift vom 31. Oktober 2024“ sowie „alle dortigen Glaubhaftmachungen“. Diese genügt schon nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Nach dieser Vorschrift muss die Beschwerde die Gründe darlegen, aus denen die angefochtene Entscheidung (nach Auffassung des Rechtsmittelführers) abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Dem genügt der Rechtsmittelführer nur, wenn seine Beschwerde erkennen lässt, aus welchen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen die Ausgangsentscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Das erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss zur Erfüllung der Darlegungsobliegenheit also die der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden tragenden Überlegungen, die er in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht für fehlerhaft oder unvollständig hält, genau bezeichnen und sodann im Einzelnen ausführen, warum diese unrichtig sind, welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus seiner Einschätzung nach ergeben und was richtigerweise zu gelten hat. Es genügt daher nicht, auf das erstinstanzliche Vorbringen pauschal Bezug zu nehmen oder dieses lediglich zu wiederholen.
15Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Dezember 2024 – 1 B 650/24 –, juris, Rn. 11, vom 17. Mai 2023– 1 B 1223/22 –, juris, Rn. 10 f., vom 22. Dezember 2020 – 1 B 181/20 –, juris, Rn. 12 bis 17, vom 9. Mai 2019 – 1 B 371/19 –, juris, Rn. 6 f., und vom 16. März 2016 – 1 B 1442/15 –, juris, Rn. 5 f., jeweils m. w. N., sowie Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2017 – 11 ME 181/17 –, juris, Rn. 10; aus der Literatur etwa Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 146 Rn. 24, und Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 71 ff., insbesondere Rn. 76 f.
162. Ohne Erfolg bleiben ferner die Aufklärungsrüge (Beschwerdeschrift vom 13. Dezember 2024, S. 3, zweiter Absatz) sowie die Rüge des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe wesentlichen Antragstellervortrag nicht beachtet oder nur unzureichend gewürdigt und dadurch sein rechtliches Gehör verletzt. Dieses Vorbringen greift nicht durch. Die erhobenen Verfahrensrügen können der Beschwerde von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen, ohne dass es darauf ankommt, ob die behaupteten Verfahrensfehler gegeben sind. Die das Rechtsmittel der Beschwerde für den verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz eröffnende Regelung des § 146 Abs. 4 VwGO kennt – anders als die Vorschriften über Berufung und Revision – kein vorgeschaltetes Zulassungsverfahren (mehr), sondern ermöglicht in den von § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO mit Blick auf die Verfahrensart gezogenen Grenzen eine umfassende, nicht z. B. von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängige Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht als zweite Tatsacheninstanz. Das hat namentlich Bedeutung für einen etwaigen erstinstanzlichen Gehörsverstoß, der durch nachholendes Vorbringen im Beschwerdeverfahren und dessen Berücksichtigung durch das Beschwerdegericht (ohnehin) „geheilt“ würde.
17Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 29. April 2024 – 1 B 1454/23 –, juris, Rn. 22, vom 17. Mai 2023– 1 B 1223/22 –, juris, Rn. 39 und vom 24. Mai 2022 – 1 B 475/22 –, juris, Rn. 8 f., jeweils m. w. N.
183. Die Rüge des Antragstellers, die Bedenken des Verwaltungsgerichts gegen die Statthaftigkeit des Eilantrages unter dem Gesichtspunkt des § 44a Satz 1 VwGO griffen nicht durch, ist unerheblich. Sie richtet sich gegen nicht tragende Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dieses hat den Eilantrag nämlich nicht mangels Statthaftigkeit als unzulässig abgelehnt, sondern dessen Statthaftigkeit ausdrücklich offengelassen („Dies muss jedoch nicht vertieft werden …“) mit der Erwägung, dass die streitigen Weisungen „als bloße Vorbereitungshandlungen im Vorfeld einer förmlichen Untersuchungsanordnung jedenfalls rechtmäßig sind und damit der vom Antragsteller gestellte Antrag jedenfalls unbegründet ist“ (Beschlussabdruck, S. 4, Abs. 1). Auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren kann offenbleiben, ob § 44a Satz 1 VwGO der Statthaftigkeit des Eilantrages entgegensteht. Das verbleibende Beschwerdevorbringen zieht nämlich die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Anordnung der vorbereitenden Maßnahmen sei rechtmäßig und der Eilantrag daher unbegründet, nicht durchgreifend in Zweifel (dazu sogleich).
194. Auch die Rüge des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, für die Aufforderungen im Schreiben vom 3. September 2024 bestehe ein hinreichender Anlass, verfängt nicht.
20a) Hierzu führt er aus, es bestünden keine belastbaren Anhaltspunkte, welche die Besorgnis der (Polizei-)Dienstunfähigkeit des Antragstellers tragen könnten. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der Antragsteller bereits seit geraumer Zeit nicht (mehr) erkrankt, sondern gemäß dem fortgeltenden Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2023 vom Dienst suspendiert sei. Das Verwaltungsgericht setze sich mit seiner Argumentation in evidenten Widerspruch zu seiner eigenen Begründung des stattgebenden Eilbeschlusses vom 8. Januar 2024 – 15 L 17/24 –. In diesem Beschluss habe es zu Recht beanstandet, dass das sozialmedizinische Gutachten des Medizinaldirektors S. vom 16. März 2023 für die Anordnung einer (damals noch neurologisch-psychiatrischen Zusatz-)Untersuchung nicht genüge, weil ohne eine weitere erläuternde Begründung keine ernsthafte Besorgnis einer Dienstunfähigkeit des Antragstellers wegen einer hirnorganischen Verhaltensstörung angenommen werden könne. Nachdem sich im Nachgang zu diesem Eilbeschluss monatelang nichts weiter in Bezug auf die Klärung der (Polizei-)Dienstfähigkeit des Antragstellers getan habe, habe dieser das Schreiben vom 3. September 2024 erhalten, mit dem einerseits die Untersuchungsanordnung vom (richtig) 1. Dezember 2023 aufgehoben und andererseits die streitgegenständlichen Anordnungen getroffen worden seien. Eine Begründung dieser weiteren – grundrechtlich den Antragsteller belastenden – Maßnahmen „alter Richtung“ fehle. Bei dieser Sachlage sei in keiner Weise nachvollziehbar, worin nunmehr ein hinreichender Anlass für die vorbereitenden Aufklärungsmaßnahmen zu einer neuen (diesmal amtsärztlichen) Untersuchung bestehen solle. Es sei noch nicht einmal ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im Nachgang zum Eilbeschluss vom 8. Januar 2024 den Gutachter S. tatsächlich ergänzend befragt habe, woraus er seinen „dringenden Verdacht einer hirnorganischen Verhaltensstörung“ herleite. Dessen Gutachten leide an groben Unzulänglichkeiten. Die dortigen Ausführungen endeten mit einem Gespräch letztmalig am 13. April 2022, mithin zu einem Zeitpunkt, der zum Untersuchungstermin am 5. Juli 2022 bereits fast drei Monate und zum Gutachtenerstellungszeitpunkt am 16. März 2023 annähernd ein Jahr zurückgelegen habe. Die Feststellungen des Gutachtens seien schon mangels Aktualität ungeeignet, den Verdacht einer hirnorganischen Verhaltensstörung zu begründen. Auch seien die dem Antragsteller vorgehaltenen „diversen Defizite“ zu unkonkret und der Verdacht einer hirnorganischen Verhaltensstörung in keiner Weise nachvollziehbar. Diese pauschalen Behauptungen der Antragsgegnerin seien im Übrigen durch das Gedächtnisprotokoll des Antragstellers vom 22. April 2022 wesentlich widerlegt. Zudem seien die „Entlastungs-Atteste Y. vom 22.09.2021 und Dr. F. vom 25.05.2022“ in dem Gutachten nicht berücksichtigt worden, weil die Antragsgegnerin sie dem Gutachter entweder nicht vorgelegt oder der Gutachter sie trotz Vorlage einfach ignoriert habe. Mangels einer Untersuchungsanordnung müsse er weder dem Gesundheitsamt medizinische Unterlagen vorlegen noch seine behandelnden Ärzte und den Amtsarzt von ihrer Schweigepflicht entbinden.
21b) Dieses Vorbringen greift nicht durch. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, es bestehe hinreichender Anlass, den Antragsteller zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen anzuweisen, die ihn behandelnden Ärzte und den Amtsarzt gegenseitig von ihrer ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden und alle ihm vorliegenden relevanten medizinischen Unterlagen entweder in einem verschlossenen Umschlag der Bundespolizeidirektion U. oder unmittelbar dem Gesundheitsamt der Stadt P. zuzusenden, ist nicht zu beanstanden.
22Ein solcher aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderlicher hinreichender Anlass setzt tatsächliche Umstände voraus, die auch unter Berücksichtigung des Rechts des betroffenen Bediensteten auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) eine weitere Sachverhaltsaufklärung zur Vorbereitung einer späteren Untersuchungsanordnung gemäß § 44 Abs. 6 BBG als notwendig erscheinen lassen. Dabei ist eine Weisung an den Bediensteten zum Zwecke der Sachverhaltsaufklärung rechtlich unabhängig von einer gegebenenfalls später auszusprechenden Untersuchungsanordnung. Eine Weisung kann schon zu einem Zeitpunkt ausgesprochen werden, in dem eine ärztliche Untersuchung noch nicht angeordnet ist. Die Auffassung des Antragstellers, mangels bereits wirksamer Untersuchungsanordnung nicht zur Vorlage medizinischer Unterlagen und Abgabe einer Schweigepflichtentbindungserklärung verpflichtet werden zu können, geht daher bereits im Ansatz fehl.
23Nach dem vorstehenden Maßstab besteht hinreichender Anlass zur weiteren Sachverhaltsaufklärung sowohl betreffend die orthopädische (dazu aa)) als auch eine mögliche neurologisch-psychiatrische Problematik (dazu bb)).
24aa) Veranlassung zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich orthopädischer Einschränkungen des Antragstellers besteht, weil insoweit divergierende ärztliche Einschätzungen von Substanz vorliegen und sich die Einschätzung der Antragsgegnerin, der Antragsteller sei wegen dieser Beeinträchtigungen (polizei-)dienstunfähig, daher jedenfalls nicht als unhaltbar erweist.
25Maßgeblich sind insoweit zunächst die sozialmedizinischen Gutachten des Medizinaldirektors S., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Im Gutachten vom 22. Februar 2021 hat dieser ausgeführt, dass der Antragsteller gesundheitlich noch nicht wieder uneingeschränkt für den Polizeivollzugsdienst geeignet sei, da er nicht dazu in der Lage sei, dessen besonderen Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit zu erfüllen. Diese Einschätzung hat Medizinaldirektor S. in seinem Gutachten vom 16. März 2023 dahingehend ergänzt, dass der Antragsteller aus sozialmedizinischer Sicht aufgrund seiner Bandscheibenvorfälle – auch wenn diese bei längerem Einsatz außerhalb des Polizeivollzugsdienstes zum Untersuchungszeitpunkt symptomlos gewesen seien – gesundheitlich nicht mehr uneingeschränkt geeignet für den Polizeivollzugsdienst sei. Die Bandscheibenvorfälle stellten weiterhin einen „locus minoris resistentiae“ (Erläuterung des Senats: wörtlich ein „Ort des geringeren Widerstandes“, also eine Schwachstelle, die die Entstehung einer Erkrankung begünstigt) dar. Im Rahmen einer bei Belastung akut einsetzenden bandscheibenbedingten Schmerzsymptomatik („Hexenschuss“) wäre der Antragsteller in Einsatzlagen handlungsunfähig und stellte eine Gefahr für gegebenenfalls zu schützende Passanten sowie für ihn begleitende Streifenbeamten dar.
26In der Folgezeit hat der Antragsteller allerdings mehrere privatärztliche Stellungnahmen vorgelegt, nach denen seine früheren Bandscheibenvorfälle ihn aktuell nicht mehr beeinträchtigen und Polizeidienstfähigkeit gegeben sein soll. So führte Dr. M. in seinem Arztbericht vom 27. Dezember 2023 aus, der im Jahr 2020 eingetretene Bandscheibenvorfall sei nicht mehr vorhanden. Sportliche Betätigung jeder Art sei möglich. Es sei eine deutliche körperliche Verbesserung eingetreten. Die MRT der Lendenwirbelsäule vom 22. Dezember 2023 habe keinerlei Bandscheibenvorfälle oder Einschränkungen ergeben. Hinweise auf eine Nervenwurzelkompression oder Spinaleinengung gebe es nicht. Die anatomischen Strukturen seien unauffällig und altersentsprechend. Der Antragsteller sei in einem körperlich guten Zustand. Er treibe regelmäßig Sport und habe den dienstlichen Belastungssporttest am 15. Februar 2022 erfolgreich absolviert. Es ergebe sich insgesamt ein positives Gesamtbild, nach dem der Rücken des Antragstellers für den Dienstalltag belastbar sei. Aus Sicht von Dr. M. sei der Antragsteller körperlich gesund und dienstfähig für den allgemeinen Verwaltungsdienst sowie den Polizeivollzugsdienst.
27In ähnlicher Hinsicht haben sich Dr. L., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, und Dr. E., Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin, in ihrer orthopädischen/unfallchirurgischen Stellungnahme vom 29. Dezember 2023 geäußert. Durch die konservative physikalische und physiotherapeutische Behandlung sei das Erkrankungsbild vollkommen ausgeheilt, der Antragsteller seit Anfang 2021 komplett beschwerdefrei. Ausweislich der kernspintomografischen Untersuchungen vom 5. Oktober 2022 und 22. Dezember 2023 sei der sequestrierte Nucleusprolaps L5/S1 nicht mehr vorhanden. Der Befund sei unauffällig mit altersgemäß sehr geringen degenerativen Veränderungen. Mit Blick auf das sozialmedizinische Gutachten von Medizinaldirektor S. vom 16. März 2023 führten Dr. L. und Dr. E. aus, es sei eine aus fachärztlich orthopädischen- unfallchirurgischen Sicht komplett fehlerhafte Schlussfolgerung und Darstellung, dass der Antragsteller in Gefahren- und Notfallsituationen oder dem alltäglichen Polizeidienst durch den völlig ausgeheilten und nicht mehr vorhandenen Nucleusprolaps einem erhöhten Risiko unterliege, einen akuten Hexenschuss (Lumbago) zu erleiden und somit im Einsatz sich oder seine Kollegen zu gefährden. Der Rücken des Antragstellers sei als komplett ausgeheilt anzusehen. Definitionsgemäß sei ein Hexenschuss ein grundsätzlich anderes Krankheitsbild als eine „bandscheibenbedingte Symptomatik“. Einschränkungen bezüglich der Körperschutzausstattung sowie der Handhabung von Führungs- und Einsatzmitteln und Tätigkeiten mit exzentrischen Belastungen der Wirbelsäule lägen nicht vor. Der Antragsteller sei vielmehr voll belastungsfähig für den allgemeinen Verwaltungsdienst und den Polizeivollzugsdienst.
28Dieser Einschätzung schloss sich auch Dr. V. in seinem Bericht an, der nach seinem Inhalt auf der Grundlage einer Untersuchung vom 3. Januar 2024 erstellt und– fälschlicherweise – auf den 15. Juni 1986, das Geburtsdatum des Antragstellers, datiert worden ist. Der Antragsteller befinde sich klinisch in einem sehr guten, durchtrainierten Allgemeinzustand und sei komplett schmerzfrei. Er gehe dreimal wöchentlich ins Fitnessstudio und führe konsequent Eigenübungen durch. Der einstmals vorliegende Sequester habe sich komplett aufgelöst. Es bestünden lediglich noch Bandscheibenprotrusionen in den Segmenten L4/5 und L5/S1. Die Bewegungssegmente seien alterskorreliert sehr geringgradig. Ansonsten zeige sich eine unauffällige altersentsprechende Darstellung der anatomischen Strukturen ohne Hinweise auf krankheitsrelevante Veränderungen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller erneut eine akute Lumbago erleide, sei aufgrund seines guten, durchtrainierten Allgemeinzustandes und der fest integrierten Physiotherapieübungen sehr gering und nicht höher einzustufen als bei gleichaltrigen Kollegen, die nicht wissentlich ebenfalls eine Bandscheibenprotrusion erlitten hätten. Aus fachärztlicher, orthopädischer Sicht, sei der Antragsteller körperlich uneingeschränkt für den allgemeinen Verwaltungsdienst und Polizeivollzugsdienst dienstfähig.
29Medizinaldirektor S. hat jedoch, nachdem die Antragsgegnerin ihm unter dem 7. Februar 2024 (u. a.) die Stellungnahmen des Dr. M. vom 27. Dezember 2023 und des Dr. V. übermittelt und um ergänzende Stellungnahme gebeten hatte, in seiner (undatierten) Rückäußerung an seiner Einschätzung festgehalten, dass der Antragsteller wegen der Bandscheibenvorfälle gesundheitlich nicht mehr uneingeschränkt geeignet für den Polizeivollzugsdienst sei. Zwar seien die Bandscheibenvorfälle aktuell durch Wegfall polizeivollzugsdiensttypischer Wirbelsäulenbelastungen symptomlos. Bei Wiederaufnahme des uneingeschränkten Polizeivollzugsdienstes sei jedoch mit erneuten bandscheibenbedingten Beschwerden zu rechnen.
30Mit Blick auf diese Äußerung des Medizinaldirektors S. kann entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht festgestellt werden, dass die von dem Antragsteller vorgelegten Arztberichte diesen hinsichtlich des orthopädischen Krankheitsbildes „komplett und restzweifelsfrei entlasten“. In Anbetracht der vorstehenden, einander widersprechenden ärztlichen Einschätzungen erscheint vielmehr unklar, ob die in der Vergangenheit eingetretenen Bandscheibenvorfälle des Antragstellers bzw. dessen daraus aktuell resultierender Gesundheitszustand dessen Polizeidienstfähigkeit weiterhin entgegenstehen. Nach den vom Antragsteller vorgelegten Stellungnahmen ist das nicht der Fall, wobei Dr. V. dies insbesondere auch mit dem guten, durchtrainierten Allgemeinzustand des Antragstellers begründet hat. Ob trotz der individuellen Physis des Antragstellers zumindest unter den Belastungen des Polizeivollzugsdienstes ein relevantes Risiko erneuter bandscheibenbedingter Beschwerden, wie von Medizinaldirektor S. ausgeführt, besteht, bedarf der hier beabsichtigten amtsärztlichen Klärung, deren Vorbereitung die streitgegenständlichen Weisungen vom 3. September 2024 dienen.
31bb) Auch hinsichtlich der möglichen neurologisch-psychiatrischen Problematik besteht Veranlassung zu weiterer Sachaufklärung, deren Vorbereitung die streitgegenständlichen Weisungen dienen. Zwar ist die Annahme, der Antragsteller leide an einer hirnorganischen Verhaltensstörung, auf der Grundlage der bislang insoweit vorliegenden ärztlichen Äußerungen wohl noch nicht gerechtfertigt [(dazu (1)]. Dies ändert aber nichts daran, dass sich im Verhalten des Antragstellers Auffälligkeiten gezeigt haben, aufgrund derer eine weitere Aufklärung betreffend die geistige Gesundheit des Antragstellers noch gerechtfertigt erscheint [(dazu (2)].
32(1) Medizinaldirektor S. hat zwar in seinem Gutachten vom 16. März 2023 auf der Grundlage der von Sachbereich 35 der Bundespolizeidirektion U. in seiner Zuschrift vom 27. Januar 2022 geschilderten Arbeitsleistungen des Antragstellers den dringenden Verdacht einer hirnorganischen Verhaltensstörung bzw. hirnorganischen Wesensveränderung geäußert und einen Zusammenhang mit der Auslandsverwendung des Antragstellers im Jahr 2019 für möglich gehalten.
33Der Antragsteller hat in der Folgezeit aber mehrere ärztliche Stellungnahmen vorgelegt, nach denen eine solche hirnorganische Verhaltensstörung nicht feststellbar ist und die daher erhebliche Zweifel an der Verdachtsdiagnose des Medizinaldirektors S. begründen. So attestierte der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. C. dem Antragsteller, bei dem dieser am 12. Mai 2021 und am 11. Juni 2021 zur Beratung vorgesprochen hatte, unter dem 8. Juni 2022, dass er weder im Sommer 2021 noch bei Abfassung des Attests in seinen kognitiven Fähigkeiten eingeschränkt gewesen sei. Aus seiner Sicht habe er eine schnelle Auffassungsgabe, zeige sich gedanklich flexibel, in Gesprächen konzentriert und in der Merkfähigkeit „in keinster Weise“ eingeschränkt. Selbst wenn die beschriebenen Schwierigkeiten in der Dienststelle bestehen sollten, müsse dies aus seiner psychiatrischen Sicht an anderen Umständen wie beispielsweise der langen krankheitsbedingten Abwesenheit und einer nicht ausreichenden Einarbeitung oder mangelnder Kommunikation liegen. Auch nach dem Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Nervenheilkunde Dr. (UdSSR) F. vom 29. September 2023 sei keine Persönlichkeitsstörung festzustellen. Die Kriterien einer hirnorganischen Persönlichkeits- und Verhaltensstörung (ICD-10: F07) seien nicht erfüllt. Die im Gutachten von Medizinaldirektor S. vom 16. März 2023 beschriebenen Schwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten auf der Dienststelle seien darauf zurückzuführen, dass der Antragsteller damals noch in der Therapie wegen eines Bandscheibenvorfalls gewesen sei. Außerdem habe es sich noch um die Restsymptome der später unter Therapie völlig remittierten Depression gehandelt. An dieser Einschätzung hat Dr. (UdSSR) F. in seiner ergänzenden fachärztlichen Stellungnahme vom 27. Februar 2024 festgehalten und mit Blick auf die monierten Arbeitsleistungen des Antragstellers hervorgehoben, dass dieser während der gesamten Wiedereingliederungszeit rechtlich und medizinisch als dienstunfähig gelte. Seine Arbeitsleistungen seien von seinen Vorgesetzten und Kollegen jedoch bereits so genau beobachtet und ausgewertet worden wie die eines Dienstfähigen. Zudem hätten die in der Eingliederungszeit ständigen Aufgabenwechsel in Verbindung mit den ausgesprochen kurzen Einarbeitungszeiten dem Antragsteller nicht die Gelegenheit gegeben, sein volles Leistungspotenzial zu entfalten. Da keine krankheitsrelevanten Hinweise vorlägen, sei der Antragsteller sowohl für den Polizeivollzugsdienst als auch den allgemeinen Verwaltungsdienst „vollkommen dienstfähig“. Dieser Einschätzung habe sich auch der Praktische Arzt Dr. M. in seinem Bericht vom 27. Dezember 2023 angeschlossen. Nach der Stellungnahme der Fachärztin für diagnostische Radiologie Dr. J. vom 27. Dezember 2023 hat eine MRT des Schädels kein MR-morphologisch fassbares Korrelat für eine hirnorganische Wesensänderung oder Verhaltensstörung ergeben.
34Zu diesen Attesten hat sich Medizinaldirektor S. in seiner ergänzenden Stellungnahme nicht ausdrücklich geäußert. Er hat lediglich relativierend ausgeführt, dass auch der von ihm am 5. Juli 2022 bei dem Antragsteller durchgeführte DemTect-Test keine Auffälligkeiten gezeigt habe, die das Verhalten des Antragstellers erklären könnten, und dass die von ihm für nötig erachtete Fremduntersuchung, die intern nicht genehmigt worden sei, mittlerweile „größtenteils mit Bezug 5 durchgeführt“ worden sei, also durch Dr. F. („Arztbrief Dr. F. vom 29. September 2023“).
35(2) Gleichwohl besteht mit Blick auf die Auffälligkeiten, die der Antragsteller während des Wiedereingliederungsversuchs gezeigt hat, noch Anlass zu weiterer Sachaufklärung. Diese Auffälligkeiten bestehen zum einen in dem Verhalten, das in dem bereits erwähnten Schreiben des Sachbereichs 35 an den sozialmedizinischen Dienst U. vom 27. Januar 2022 geschildert wird. Danach hat der Antragsteller trotz längerer Pausen oft abwesend und überfordert gewirkt, in Gesprächen dieselben Fragen/Sachverhalte schon nach kurzer Zeit wiederholt und sich auch nicht in der Lage gezeigt, die Gesprächssituation und den Gesprächspartner einzuschätzen. Ob diese Auffälligkeiten allein damit erklärt werden können, dass sich der Antragsteller im fraglichen Zeitraum noch in der Wiedereingliederungsphase befand, erscheint fraglich, da sein Verhalten auch in der Folgezeit auffällig war. Ausweislich der Zuschrift des Sachbereichs 35 an den Personalrat der Bundespolizeidirektion U. vom 6. Februar 2023 ist dem Antragsteller innerhalb des Sachbereichs 33 ab dem 6. Juli 2022 ein neuer Aufgabenbereich zugeordnet worden, bei dem dieser Vorgänge einscannen und digital ablegen sollte. Ein Ordner habe ca. 25 bis 30 Vorgänge enthalten, die im Schnitt in zwei bis drei Stunden eingescannt werden könnten. Bei einer Stichprobe am 12. August 2022, in der fünf abgeschlossene Vorgänge überprüft worden seien, habe es lediglich bei zwei Vorgängen keine Beanstandungen gegeben. Ein Vorgang sei gar nicht digitalisiert worden, bei zwei weiteren Vorgängen hätten Seiten gefehlt. Im Zeitraum von Juli bis November 2022 habe der Antragsteller pro Arbeitstag zwischen 15 und 25 Vorgänge gescannt und digitalisiert. Dabei habe er von August bis November ohne Erhöhung der Arbeitsergebnisse Überstunden aufgebaut, ohne dass ihm zusätzliche Aufgaben übertragen worden wären. Sowohl die Fehlerquote als auch die Arbeitsmenge erscheinen auffällig, stellen insbesondere die Konzentrationsfähigkeit des Antragstellers infrage. Selbst wenn angesichts der vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen und Atteste keine hirnorganische Verhaltensstörung vorliegen sollte, erscheint angesichts der vorstehenden Auffälligkeiten die geistige Gesundheit des Antragstellers (noch) hinreichend aufklärungsbedürftig, sodass ihm die dies vorbereitenden streitgegenständlichen Weisungen auferlegt werden können.
36Indem das Verwaltungsgericht – nach dem Vorstehenden zu Recht – einen hinreichenden Anlass für die streitgegenständlichen Weisungen bejaht hat, hat es sich entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht in Widerspruch zu seinem Eilbeschluss vom 8. Januar 2024 – 15 L 117/24 – gesetzt. In diesem Eilverfahren ging es um einen anderen Streitgegenstand, nämlich um die Anordnung einer neurologisch-psychiatrischen Begutachtung selbst und nicht – wie in vorliegendem Verfahren – um Weisungen zur Vorbereitung einer solchen Untersuchungsanordnung.
375. Die im streitgegenständlichen Schreiben vom 3. September 2024 enthaltene Weisungen zur Abgabe einer Schweigepflichtentbindungserklärung sowie zur Vorlage aller dem Antragsteller vorliegenden relevanten medizinischen Unterlagen sind entgegen der Auffassung des Antragstellers auch sonst nicht zu beanstanden.
38a) Sie genügen insbesondere dem Bestimmtheitserfordernis, auch wenn sie die behandelnden Ärzte nicht näher bezeichnen und die Unterlagen nur durch das Kriterium der Relevanz eingrenzen. Der Antragsteller macht insoweit geltend, die Weisung sei inhaltlich unbestimmt, da sie den „Beibringungsumfang der ärztlichen Schweigepflichtentbindungen und/oder der medizinischen Unterlagen“ unklar lasse. Die Weisung zur Vorlage von Unterlagen gebe nicht an, was zu tun sei, bzw. lege es rechtswidriger Weise in das Dafürhalten des Bediensteten als Weisungsempfänger, die vorzulegenden Unterlagen auszuwählen, wofür auch „jedweder objektivierbarer Prüfungsmaßstab“ fehle.
39Dieses Vorbringen greift nicht durch. Welche Unterlagen der Antragsteller vorlegen soll, ergibt sich bereits aus dem Merkmal der Relevanz. Relevant sind hier, wie sich aus dem bei Erhalt der Weisungen gegebenen, dem Antragsteller und seinen für ihn handelnden Verfahrensbevollmächtigten bekannten Verfahrensstand ohne weiteres ergibt, alle ärztlichen Äußerungen zu der Rücken- bzw. Wirbelsäulenproblematik sowie zu der in den Raum gestellten hirnorganischen Verhaltensauffälligkeit. Das bestätigt der Antragsteller im Übrigen indirekt selbst, indem er der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2024 (dort S. 2) vorhält, sie sei „gerade nicht unwissend im Sinne ex ante unmöglicher Eingrenzung des Beibringungsumfangs der (…) medizinischen Unterlagen“ gewesen, und die beiden „für weitere Ermittlungen in Betracht gezogenen Krankheitsbilder“ selbst benennt („angeblich fortbestehende Bandscheibensymptomatik sowie angebliche Hirnorganische Verhaltensstörung“). Eine darüberhinausgehende Eingrenzung war der Antragsgegnerin nicht möglich. Namentlich war und ist ihr nicht bekannt, ob und ggf. welche weiteren Unterlagen auf Seiten des Antragstellers noch existieren. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Auffälligkeiten im Verhalten und in der Arbeitsweise des Antragstellers, nachdem die ursprüngliche Verdachtsdiagnose aus dem Gutachten von Medizinaldirektor S. durch die seitens des Antragstellers vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen in Zweifel gezogen worden ist. Nunmehr ist erst recht unklar, ob diese Problematik auf einer (sonstigen) geistigen Erkrankung des Antragstellers beruht und, wenn ja, auf welcher. Dies schließt eine nähere Eingrenzung der vorzulegenden Unterlagen gerade auch hinsichtlich der geistigen Problematik aus.
40b) Die Weisung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie keinen konkreten Amtsarzt benennt. Zunächst ist insoweit festzuhalten, dass sich aus der Weisung vom 3. September 2024 ergibt, dass ein Amtsarzt des Gesundheitsamts P. mit der anstehenden Voraufklärung anhand der Unterlagen und ggf. anhand einer Kommunikation mit den behandelnden Ärzten beauftragt werden soll. Der Antragsteller wird in der Weisung nämlich ausdrücklich aufgefordert, die Unterlagen der Antragsgegnerin in einem verschlossenen Umschlag zur Weiterleitung „an das Gesundheitsamt der Stadt P.“ zu übersenden oder eine Übersendung direkt dorthin vorzunehmen. Die Rüge, es müsse eine konkrete Person benannt werden, damit der Antragsteller prüfen könne, „ob er sich auf die Person des/r Amtsarztes/in überhaupt – im Sinne eines vorauszusetzenden Vertrauensverhältnisses – 'einlassen'“ könne und wolle, greift ersichtlich nicht durch. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, welche Rechtsnorm dem Antragsteller einen solchen Anspruch gewähren könnte. So bestimmt § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG, der die ärztliche Untersuchung im Falle angenommener Dienstunfähigkeit betrifft, zwar, dass die zuständige Behörde die ärztliche Untersuchung nur den dort näher bezeichneten Personen (Amtsarzt oder zugelassener Gutachter) übertragen darf, bezeichnet diese aber lediglich mit dem unbestimmten Artikel („einer“ bzw. „einem“). Der Amtsarzt muss daher nicht namentlich benannt werden; es genügt vielmehr die Angabe des Gesundheitsamtes bzw. der Arztpraxis.
41Vgl. Heid, in: Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, Stand: Oktober 2023, BBG § 48 Rn. 1.
42Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dem Antragsteller ein Tätigwerden eines konkreten Amtsarztes des Gesundheitsamts P. nicht zuzumuten wäre, etwa wegen einer aus einer konkreten Vorbefassung abgeleiteten Befangenheit.
43Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
45Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.