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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 1.562,15 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2Der auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. „Darlegen“ i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Die Zulassungsbegründung soll es dem Oberverwaltungsgericht ermöglichen, die Zulassungsfrage allein auf ihrer Grundlage zu beurteilen, also ohne weitere aufwändige Ermittlungen.
4Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. März 2023– 1 A 187/20 –, juris, Rn. 2 f., vom 18. Juni 2019– 1 A 1559/19 –, juris, Rn. 2 f., und vom 18. Oktober 2013 – 1 A 106/12 –, juris, Rn. 2 f., sowie ferner etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12. Januar 2021– 12 S 2457/19 –, juris, Rn. 4, alle m. w. N; aus der Literatur etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 186 und 194, und Rudisile, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: August 2024, § 124a Rn. 91 und 100, jeweils m. w. N.
5Hiervon ausgehend rechtfertigen das Zulassungsvorbringen in der – fristgerecht vorgelegten – Begründungsschrift vom 7. November 2022 und der Vortrag in dem Schriftsatz vom 22. Dezember 2022, soweit er berücksichtigungsfähig ist, die begehrte Zulassung der Berufung aus keinem der beiden geltend gemachten Zulassungsgründe. Soweit es den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung genügt, greift es in der Sache nicht durch.
6A. Die Berufung kann zunächst nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
7I. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Kern mit der folgenden Begründung als unbegründet abgewiesen: Die angefochtenen Bescheide seien, soweit mit ihnen die Anträge der Klägerin auf Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen für die (erfolglos gebliebenen) Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung im Wege der In-vitro-Fertilisation (im Folgenden: IVF) im Januar 2021 sowie im März 2021 abgelehnt worden seien, rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe, weil die hier interessierenden Anspruchsvoraussetzungen nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 4 BVO NRW nicht sämtlich erfüllt seien. Nach der zuletzt genannten Vorschrift sei weitere Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung), dass die Ehegatten das 25. Lebensjahr, die Ehefrau noch nicht das 40. Lebensjahr und der Ehemann noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben. Die am 00. März 1996 geborene Klägerin habe die Mindestaltersgrenze erst nach dem jeweiligen Entstehen der fraglichen Aufwendungen erreicht, nämlich am 00. März 2021. § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW sei entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht nur bei Inseminationen anwendbar, sondern bei allen Formen der künstlichen Befruchtung. Das ergebe sich aus dem Sinn und Zweck hier der unteren Altersgrenze. Diese Altersgrenze bezwecke, dass die Chancen zu einer Spontanschwangerschaft nicht durch fehlende Geduld vieler Kinderwunschpaare und auch der Ärzte mit Hilfe einer schnellen Medikalisierung des Kinderwunsches vertan würden; zudem solle berücksichtigt werden, dass es bis zum Alter von 25 Jahren nur sehr wenige unfruchtbare Paare gebe. Das gelte für alle Formen der künstlichen Befruchtung gleichermaßen und nicht nur spezifisch für Inseminationen. Diese Auffassung werde durch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und des erkennenden Gerichts bestätigt. Diese Gerichte hätten in Fällen einer Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (im Folgenden: ICSI) – einem (nur) abgewandelten Verfahren der IVF – ohne weiteres die Anwendbarkeit der Altersgrenzen angenommen. Nach dieser Rechtsprechung sei ferner geklärt, dass die Höchstaltersgrenzen nach § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW nicht gegen höherrangiges Recht verstießen und insbesondere nicht willkürlich seien. Vor diesem Hintergrund sei in keiner Weise ersichtlich, dass die (hier in Rede stehende) Mindestaltersgrenze rechtswidrig wäre. Insbesondere habe diese Altersgrenze für die Betroffenen nicht das gleiche Gewicht wie die Höchstaltersgrenzen. Während Letztere die Möglichkeit, Beihilfe für eine künstliche Befruchtung zu erlangen, generell beseitigten, könnten Personen, die die untere Altersgrenze noch nicht erreicht hätten, durch bloßes Zuwarten noch „in den Anspruch hineinwachsen“. Dass der Klägerin ein solches Zuwarten aus medizinischen Gründen nicht zumutbar gewesen wäre, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
8II. Das hiergegen gerichtete, dem Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnete Zulassungsvorbringen greift insgesamt nicht durch.
91. Die Klägerin macht insoweit das Folgende geltend: Fehlerhaft sei schon die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die (weibliche) Mindestaltersgrenze gelte auch für die hier erfolgte IVF. Die Regelungen zu den Altersgrenzen bezögen sich nach Wortlaut und Systematik des § 8 Abs. 4 (Satz 1 bis 4) BVO NRW nur auf Inseminationen. Erst im nachfolgenden Satz 5 sei erstmals von ICSI und IVF die Rede, und zwar nur beschränkt auf das Kostenteilungsprinzip, nicht aber auf die Leistungsvoraussetzungen (Gliederungspunkt II. 1. der Zulassungsbegründungsschrift). Ferner wendet sich die Klägerin unter dem Gliederungspunkt II. 3. der Begründungsschrift gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die anspruchsausschließende Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO zu der Mindestaltersgrenze sei (auch) deshalb bei allen Formen der künstlichen Befruchtung anzuwenden, weil dies dem von dem Bundessozialgericht dargelegten Sinn und Zweck der anspruchsausschließenden Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO entspreche, die Chancen zu einer Spontanschwangerschaft nicht vorschnell zu vertun und auch zu berücksichtigen, dass es bis zum Alter von 25 Jahren nur sehr wenige unfruchtbare Paare gebe.
10Vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 – B 3 KR 7/08 – R –, juris, Rn. 12, unter Hinweis auf BT-Drs. 15/1525 vom 8. September 2003, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, S. 83 [zu Art. I Nr. 14 (§27a) lit. b) des Entwurfs: Änderung des § 27a SGB V].
11Sie meint insoweit, das „Kassenrecht“ bzw. Recht der gesetzlichen Krankenversicherung dürfe bei dieser beihilferechtlichen Frage wegen eines maßgeblichen Unterschieds beider Systeme nicht herangezogen werden: Während das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung durch § 27a SGB V bestimmt habe, dass medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Maßnahmen der Beseitigung einer Krankheit i. S. v. § 27 SGB V anzusehen seien, und insoweit also differenziere, existiere diese Zweiteilung im Beihilferecht gerade nicht. Ferner macht die Klägerin geltend, dass § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 75 LBG NRW gedeckt wäre, wenn er dahin verstanden würde, das „Erreichen eines weiblichen Mindestalters als Leistungsvoraussetzung für eine beihilfefähige Krankheit/Behandlung“ zu bestimmen (Begründungsschrift II. 2 und II 3). § 75 Abs. 3 LBG NRW knüpfe nämlich grundsätzlich an das Bestehen einer Krankheit und deren Behandlung in medizinisch notwendigem Umfang an, womit das Alter oder andere soziale Merkmale nichts zu tun hätten. Auch lasse § 75 LBG NRW nicht die „Schaffung von anderen Beihilfefällen außerhalb der grundlegenden Normsystematik zur Beihilfe“ zu. Weiter macht die Klägerin geltend, „die Unterscheidung zwischen Frauen unter 25 und über 25 Jahren entbehre gemessen an Art 3 Abs. 1 GG einer sachlichen Rechtfertigung, zumal der Sinn der Höchstaltersgrenzen (Schutz des Kindeswohls durch „zu alte Eltern“) gerade für die Zulassung besonders junger Eltern streite. Außerdem stelle sich die Erwägung des Gesetzgebers (§ 27a SGB V) und des Verordnungsgebers (§ 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW), die Chancen zu einer Spontanschwangerschaft nicht ohne Not zu vertun, in ihrem Falle als sachwidrig dar, weil sie wegen ihrer behandlungsbedürftigen tubaren Sterilität keine Chance auf den Eintritt einer spontanen Schwangerschaft gehabt habe (Gliederungspunkte II. 3, II. 4. und II. 5).
122. Dieses Vorbringen greift nicht durch.
13a) Eine zutreffende Auslegung des § 8 Abs. 4 BVO NRW ergibt zunächst, dass die Vorschrift, soweit sie nicht Sonderregelungen nur für einzelne Methoden der künstlichen Befruchtung trifft (§ 8 Abs. 4 Satz 2, 3 und 5 BVO NRW), sämtliche Methoden der künstlichen Befruchtung erfasst.
14In diesem Sinne auch die Verwaltungsvorschriften zur Ausführung der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen, Runderlass des Finanzministeriums– B 3100 – 0.7 – IV A 4 – vom 15. September 2016, geändert durch Runderlass vom 29. August 2018, MBl. NRW. 2018 S. 485, 8.4.1 (Altersgrenze, entsprechende Geltung der Richtlinien), 8.4.2, Satz 1 („Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für die heterologe Insemination und die heterologe In-vitro-Fertilisation“- also sehr wohl Aufwendungen für die entsprechenden homologen Maßnahmen der künstlichen Befruchtung) und 8.4.3 (Zuordnung der Aufwendungen der ICSI und der IVF).
15aa) Dass dies der Fall ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 1 BVO NRW. Diese Vorschrift umschreibt die von ihr erfassten Aufwendungen als solche für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bzw.– nach dem Klammerzusatz – als medizinische Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung. Sie stellt damit grundsätzlich nur darauf ab, dass die jeweilige Maßnahme der Herbeiführung einer Schwangerschaft bzw. der künstlichen Befruchtung dient, enthält aber gerade keine Beschränkung auf bestimmte insoweit mögliche Methoden. Es ist aber eine bereits allgemeinkundige Tatsache, dass zu den (in Deutschland erlaubten) Methoden der künstlichen Befruchtung nicht nur die Insemination zählt (die von § 8 Abs. 4 wegen dessen Satz 1 Nr. 3 BVO NRW nur als sog. homologe Insemination erfasst wird), bei der Samenzellen des Mannes in die Gebärmutter, den Gebärmutterhals oder in den Eileiter der Frau eingebracht werden, sondern insbesondere auch die – hier in Rede stehende – IVF, bei der die Befruchtung (sic!) entnommener Eizellen mit Samenzellen in einem Reagenzglas („in vitro“) und damit nicht innerhalb, sondern außerhalb des Körpers der Frau erfolgt und die befruchtete(n) Eizelle(n) der Frau daher nachfolgend noch eingepflanzt werden müssen.
16Vgl. etwa die Ausführungen des Gemeinsamen Bundesausschusses auf dessen Webseite www.g-ba.de zu den „Methoden der künstlichen Befruchtung“, abgerufen am 6. Mai 2025, sowie den Wikipedia-Eintrag „Künstliche Befruchtung“, Abschnitt „Methoden“ (zuletzt bearbeitet am 14. April 2025, 19:32 Uhr), abgerufen am 6. Mai 2025.
17bb) Dieser Wortlautbefund wird durch den systematischen Blick auf die weiteren Regelungen des § 8 Abs. 4 BVO NRW bestätigt. Satz 2 und 3 dieses Absatzes sind bereits aus sich heraus, aber auch vor dem Hintergrund des Vorstehenden erkennbar nur als Sonderregelungen zu § 8 Abs. 4 Satz 1 BVO NRW zu verstehen, weil sie allein auf diesen bezogen sind. So nimmt zunächst § 8 Abs. 4 Satz 2 BVO NRW auf den vorstehenden Satz Bezug, indem er mit „Dies gilt auch“ beginnt und damit (klarstellend) bestimmt, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BVO NRW auch für die von ihm erfassten speziellen (mit dem angesprochenen erhöhten Risiko verbundenen) Inseminationen gilt. § 8 Abs. 4 Satz 3 BVO NRW modifiziert sodann, hieran anknüpfend, für andere (als die von dem vorhergehenden Satz erfassten, mit dem angesprochenen erhöhten Risiko verbundenen) Inseminationen die Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 1 BVO NRW, indem er teilweise von den darin aufgestellten Voraussetzungen dispensiert. Die Verwendung des Wortes „auch“ in § 8 Abs. 4 Satz 2 BVO NRW und die Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 3 BVO NRW zwingen zudem zu dem Schluss, dass § 8 Abs. 4 Satz 1 BVO NRW noch andere Methoden der künstlichen Befruchtung als die der Insemination erfassen soll. Die unmittelbar nachfolgende, hier im Zentrum der Betrachtung stehende Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW zu den Mindest- und Höchstaltersgrenzen weist anders als § 8 Abs. 4 Satz 2 und 3 BVO NRW keinen speziellen Bezug zu §8 Abs. 4 Satz 1 BVO NRW auf. Sie erweist sich damit als eine neben dieser Vorschrift stehende, gleichgeordnete weitere allgemeine Regelung, also als eine solche, die für die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für alle von § 8 Abs. 4 BVO NRW erfassten Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung Geltung beansprucht. Aus der Vorschrift des § 8 Abs. 5 Satz 5 BVO NRW, nach der für die Zuordnung der Aufwendungen für die ICSI- und die IVF-Behandlung das Kostenteilungsprinzip zu beachten ist, folgt keine abweichende Bewertung. Diese betrifft zwar erkennbar nur die von ihr genannten Behandlungen zur künstlichen Befruchtung. Sie erlaubt aber ohne weiteres den Schluss, dass (auch) die Aufwendungen für diese beiden Methoden (ICSI und IVF) nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 Satz 1 und 4 BVO NRW beihilfefähig sind, weil sich anderenfalls die Frage einer Aufteilung zuzuordnender, also zu erstattender Kosten auf die Frau und den Mann nicht stellen könnte. Schließlich zeigt auch § 8 Abs. 4 Satz 6 BVO NRW, dass der Verordnungsgeber mit den Regelungen des § 8 Abs. 4 Satz 1 und 4 BVO auch Aufwendungen für die ICSI- und die IVF-Behandlung erfassen will. Diese Vorschrift ordnet an, dass die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 27a Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erlassenen Richtlinien zur Künstlichen Befruchtung in der jeweils geltenden Fassung entsprechend gelten. Die damit in Bezug genommenen „Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung ('Richtlinien über künstliche Befruchtung')“ – im Folgenden: Richtlinien des G-BA –,
18vgl. die im Zeitpunkt der hiesigen Aufwendungen geltenden „Richtlinien über künstliche Befruchtung“ i. d. F. vom 14. August 1990, BABl. 1990, Nr. 12, zuletzt geändert am 16. März 2017, veröffentlicht im BAnz AT 01.06.2017 B4, in Kraft getreten am 2. Juni 2017; ebenso die am 9. Februar 2022 in Kraft getretene Nachfolgefassung, BAnz AT 08.02.2022 B3,
19führen in ihrem Abschnitt „Methoden“ unter dem – insoweit einzigen – Gliederungspunkt 10 als Methoden der künstlichen Befruchtung neben verschiedenen Inseminationsmethoden (10.1 und 10.2) aber auch die IVF (10.3), die ICSI (10.5) sowie den intratubaren Gameten-Transfer (10.4) auf. Zudem enthalten sie in ihrem Abschnitt „Leistungsvoraussetzungen“ eine nach diesen Methoden differenzierende Regelung, nach wie vielen erfolglosen Versuchen eine hinreichende Erfolgsaussicht der jeweiligen Methode nicht mehr angenommen werden kann (Gliederungspunkt 8). Auch aus der weiteren Angleichung des Beihilferechts an das Recht der gesetzlich Versicherten, die mit der Anordnung des § 8 Abs. 4 Satz 6 BVO NRW bezweckt wird, folgt, dass die von § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO aufgestellten Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen unabhängig davon gelten sollen, welche Methode der künstlichen Befruchtung gewählt worden ist. Die entsprechend geltenden Richtlinien treffen nämlich im Abschnitt „Leistungsvoraussetzungen“ unter 9. 1 allgemeine, also nicht nach der gewählten Methode der künstlichen Befruchtung differenzierende Regelungen zu den Altersgrenzen, die den Regelungen des § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW entsprechen: Nach Gliederungspunkt 9.1 der Richtlinien besteht Anspruch auf Leistung zur künstlichen Befruchtung nur für Versicherte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben (Satz 1), und der Anspruch besteht nicht für weibliche Versicherte, die das 40. Lebensjahr und für männliche Versicherte, die das 50 Lebensjahr vollendet haben (Satz 2).
20cc) Auch die Erwägungen des Verordnungsgebers zu dem Sinn und Zweck der normierten Mindestaltersgrenze streiten, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, dafür, diese Grenze auf alle Formen der künstlichen Befruchtung – und damit auch auf die hier in Rede stehende IVF – anzuwenden.
21Der Verordnungsgeber hat die Mindestaltersgrenze ersichtlich deshalb normiert, weil er insoweit den bereits oben dargestellten entsprechenden Erwägungen des Gesetzgebers zu § 27a GBG V folgen wollte. Das ergibt sich schon aus dem Umstand der sachgleichen Übernahme der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Regelung des § 27a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V in § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW, die durch Art. I Nr. 8 der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Einundzwanzigsten Verordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 22. November 2006 (GV. NRW. 2006, S. 596) erfolgt ist. Bekräftigt wird dieser Befund durch die Normhistorie. § 8 Abs. 4 BVO NRW hatte bereits vor der ausdrücklichen Normierung der Mindestaltersgrenze in der BVO NRW gerade auch auf die seit dem 1. Januar 2004 geltende Regelung § 27a Abs. 3 Satz 1 SGB V verwiesen. Nach § 8 Abs. 4 BVO NRW i. d. F. der am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Neunzehnten Verordnung zur Änderung der Beihilfenverordnung vom 12. Dezember 2003 (GV. NRW. 2003, S. 756) waren nämlich „künstliche Befruchtungen“ (generell, d. h. ohne Beschränkung auf bestimmte Methoden) „unter den Voraussetzungen des § 27a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 SGB V beihilfefähig“, wobei die Regelung der Altersgrenzen nach § 27a Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht auf § 27a Abs. 2 SGB V (Regelung zu Inseminationen, die § 8 Abs. 4 Satz 2 und 3 BVO NRW entspricht), sondern ausdrücklich auf die nicht nach der gewählten Methode der künstlichen Befruchtung differenzierende Regelung des § 27a Abs. 1 SGB V Bezug nimmt („Anspruch auf Sachleistungen nach Absatz 1 besteht nur für Versicherte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben“). Wie die Beklagte in der Antragserwiderung vom 8. Dezember 2022 zutreffend ausgeführt hat, ist nicht erkennbar, dass der Verordnungsgeber durch die von ihm 2007 vorgenommene Inkorporation des § 27a SGB V in § 8 Abs. 4 BVO NRW dessen Regelungsgehalt ändern und die Lebensaltersgrenzen nicht mehr auf alle Formen der künstlichen Befruchtung einschließlich der IVF und der ICSI erstrecken wollte.
22Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, es gebe im Beihilferecht – im Gegensatz zum Recht der gesetzlich Versicherten – keine Unterscheidung zwischen künstlicher Befruchtung und einer Behandlung aufgrund von Krankheit. Es trifft schon nicht zu, dass das einschlägige Beihilferecht die in Rede stehenden Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) als „Heilbehandlung“ ansieht, also als eine Behandlung, die der Linderung einer Erkrankung, der Wiederherstellung der Gesundheit oder der Besserung des Gesundheitszustandes dient. Das ergibt sich maßgeblich bereits aus der Ermächtigungsnorm des § 75 Abs. 3 LBG NRW in den seit dem 14. Juni 2016 geltenden Fassungen. Diese Vorschrift unterscheidet nämlich zwischen medizinisch notwendigen Maßnahmen, deren Wirksamkeit und therapeutischer Nutzen nachgewiesen sind,
23- einerseits zur Vorbeugung und Linderung von Erkrankungen oder Behinderungen, zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und Besserung des Gesundheitszustandes (einschließlich Rehabilitation) (1.) und
24- andererseits in Fällen, die mit einer Heilbehandlung grundsätzlich nichts zu tun haben, nämlich zur Früherkennung von Krankheiten (2.), in Geburtsfällen (3.), in Pflegefällen (5.) und bei nicht rechtswidrigem Schwangerschaftsabbruch, bei nicht rechtswidriger Sterilisation sowie – hier von Interesse – „in Ausnahmefällen zur Empfängnisverhütung und bei künstlicher Befruchtung“ (4.).
25Sie verdeutlicht damit bezogen auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung ihren Ausgangspunkt, nach dem diese nicht auf die zumindest partielle oder zeitweise Linderung oder Heilung der Ursachen der Störung der in Rede stehenden Körperfunktion (Krankheit) abzielen, sondern diese Störung durch eine anderweitige Herbeiführung der Schwangerschaft nur „umgehen“. Dem entspricht zum einen, dass der Verordnungsgeber die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in einem Sondertatbestand (§ 8 Abs. 4 BVO NRW) geregelt und in diesem gerade die entsprechende Geltung der Richtlinien des G-BA angeordnet hat, und zum anderen die systematische Erwägung, dass der Verordnungsgeber in § 8 Abs. 2 BVO NRW – anders als in § 8 Abs. 4 BVO NRW – den Begriff der Krankheit verwendet („aus Anlass einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation“).
26Das Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 22. Dezember 2022 (dort unter dem Gliederungspunkt 4.), die erfolgten Versuche der IVF hätten bei Zugrundelegung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 2013 – 5 C 32.12 – sehr wohl auf eine vorübergehende oder anderweitige Kompensation einer gestörten Körperfunktion und damit auf Heilung gezielt, ist schon nicht berücksichtigungsfähig. Eine nach Ablauf der Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Satz 4 VwGO) vorgelegte weitere Antragsbegründung kann mit Blick auf den Beschleunigungszweck dieser Frist nur insoweit bei der Entscheidung über den Zulassungsantrag berücksichtigt werden, als sie eine fristgemäß vorgelegte Begründung erläutert, ergänzt oder klarstellt, nicht jedoch, soweit mit ihr neuer Vortrag erfolgt.
27Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 14. April 2025 – 1 A 1741/21 –, juris, Rn. 46 f., vom 25. August 2021 – 1 A 840/19 –, juris, Rn. 17 f., vom 5. März 2019 – 1 A 998/17 –, juris, Rn. 8 f., und vom 20. November 2015 – 1 A 1682/14 –, juris, Rn. 9 f.; ferner Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 133 und 257.
28Das angesprochene Vorbringen ist nach dem 15. November 2022 und damit nach Ablauf der Begründungsfrist vorgelegt worden ist und betrifft einen gänzlich „neuen“, von der Klägerin im Zulassungsverfahren zuvor nicht behandelten Aspekt, nämlich das angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und dessen etwaige Relevanz für das vorliegende Verfahren.
29Unabhängig davon betrifft dieses Urteil nicht das hier anzuwendende nordrhein-westfälische, sondern baden-württembergisches Beihilferecht. Insoweit hat die Klägerin bereits nicht dargelegt, weshalb auch bei Zugrundelegung des ersteren anstelle der baden-württembergischen Regelungen die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts einschlägig sein soll, die (dort in Rede stehenden) Aufwendungen für die erfolgte (heterologe) IVF seien deshalb notwendig („i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO“ BW a. F., d. h. in der Fassung vom 30. Oktober 2008: „Nach den folgenden Vorschriften sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und soweit sie der Höhe nach angemessen sind“), weil durch die IVF die gestörte Funktionsfähigkeit der Eileiter überwunden und jedenfalls der Frau die Möglichkeit der Empfängnis genetisch eigener Nachkommen (wieder-)eröffnet werden könne.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 5 C 32.12 –, juris, Rn. 31.
31Dies gilt umso mehr, als das dortige Verordnungsrecht, soweit ersichtlich, in dem Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen (Januar/Februar 2010) keine den §§ 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG NRW, 8 Abs. 4 BVO NRW entsprechenden Regelungen aufwies. Die bis zum 31. Dezember 2010 gültige Ermächtigungsnorm des § 101 LBG BW i. d. F. vom 17. Februar 2004 enthielt insoweit ebenso wie die seinerzeit geltende BVO BW nebst Anlage keinerlei Vorgaben. Die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung war vielmehr nur in Verwaltungsvorschriften geregelt und dabei dem damaligen § 6 Abs. 1 Nr. 1 BVO BW („Beihilfefähige Aufwendungen bei Krankheit“, „ärztliche Leistungen nach Maßgabe der Anlage“) zugeordnet.
32Zu dem damaligen (und heutigen) Unterschied zwischen dem nordrhein-westfälischen Beihilferecht, das Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht als Behandlung einer Krankheit bewertet, sondern in einer Spezialregelung behandelt, und dem nicht ein solches Konzept verfolgenden baden-württembergischen Beihilferecht vgl. schon OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 – 1 A 916/11 –, juris, Rn. 13 bis 16.
33b) Die normierte Mindestaltersgrenze verstößt auch nicht gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes aus Art. 20 Abs. 1 und 3 GG. An diesem Grundsatz muss sich auch das beihilferechtliche Regelungssystem messen lassen. Er verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden normativen Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der parlamentarische Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern oder schlicht dem Verwaltungsvollzug überlassen. Wann eine Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber erforderlich ist, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Ob und welche Leistungen der Dienstherr im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit erbringt, ist dabei für den Beamten und seine Familie von herausragender Bedeutung. Die Leistungen gestalten den Fürsorgegrundsatz aus und bestimmen mit über das dem Beamten gewährte Niveau der Alimentation. Dies gebietet es, die tragenden Strukturprinzipien und wesentliche Einschränkungen des Beihilfesystems durch Parlamentsgesetz zu regeln. Dazu zählen insbesondere die Bestimmung des Leistungssystems, die Festlegung der Risiken, die abgedeckt werden, die Bestimmung des Personenkreises, der Leistungen beanspruchen kann, der Grundsätze, nach denen Leistungen erbracht, bemessen oder ausgeschlossen werden, und die Anordnung, welche zweckidentischen Leistungen und Berechtigungen Vorrang haben. Des Weiteren muss der parlamentarische Gesetzgeber die Verantwortung für Beihilfekürzungen in Form von Selbstbeteiligungen übernehmen, wenn sie die Schwelle der Geringfügigkeit überschreiten.
34Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. April 2025 – 1 A 3249/21 –, juris, Rn. 9 und vom 4. Dezember 2020– 1 A 1691/19 –, juris, Rn. 22 f., m. w. N.
35Gemessen hieran findet die Mindestaltersgrenze in § 75 LBG NRW eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage. Weder hebelt sie die grundsätzlich durch § 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG NRW vorgesehene Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für die künstliche Befruchtung wieder aus, noch hat der Verordnungsgeber den durch § 75 Abs. 8 LBG NRW vorgegebenen Regelungsrahmen verlassen. Anders als etwa bei der Erstattung von Aufwendungen zur Linderung einer Krankheit sieht § 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG NRW – wie bereits dargestellt – die Erstattung von Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen bei künstlicher Befruchtung von vornherein nur "in Ausnahmefällen" vor. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgeht, dass solche Maßnahmen nicht ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Erst durch eine positive Regelung in der Beihilfeverordnung kann der konkrete Beihilfeanspruch abschließend entstehen. Deswegen kommt es insoweit auch nicht auf den die Befugnisse des Verordnungsgebers begrenzenden § 75 Abs. 8 LBG NRW (jetzt § 75 Abs. 10 LBG NRW) an. In dieser Vorschrift wird der genauere Umfang der Ermächtigung des Verordnungsgebers, ansonsten nicht weiter beschränkte Leistungspflichten gegenüber Beihilfeberechtigten – etwa bei Maßnahmen zur Linderung einer Erkrankung – auf bestimmte Tatbestände zu begrenzen, geregelt. Aus der Regelung des § 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG NRW, die Leistungen ohnehin nur im Ausnahmefall vorsieht, folgt demgegenüber, dass eine nähere Ausgestaltung dieses Ausnahmefalls und seiner Voraussetzungen erst durch den Verordnungsgeber vorgenommen werden muss, damit ein Anspruch abschließend entstehen kann. Die danach von dem Verordnungsgeber ausgestaltete Eingrenzung der Maßnahmen etwa durch die in Rede stehende Altersgrenze vollzieht bzw. konkretisiert (durch sachgleiche Übernahme der entsprechenden Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung) die bereits gesetzgeberisch vorgesehene Begrenzung auf den Ausnahmefall.
36So zu der (insoweit unveränderten) früheren Rechtslage schon OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 – 1 A 916/11 –, juris, Rn. 11 bis 18; siehe auch BVerwG, Urteil vom 29. Juli 2021 – 5 C 18.19 –, juris, Rn 14.
37Das Argument der Klägerin das Alter habe mit der Krankheit, an die das Beihilferecht grundsätzlich anknüpfe, „nichts zu tun“ (Begründungsschrift S. 3, erster Absatz), so dass mit der Normierung einer solchen Altersgrenze die von § 75 LBG NRW vorgegebene Systematik des Beihilferechts verlassen werde, greift ebenfalls nicht durch. Es verkennt den schon angesprochenen Umstand, dass bereits § 75 LBG NRW erkennen lässt, dass Aufwendungen für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung – anders als Aufwendungen für die Linderung oder Heilung von Krankheiten – überhaupt nur ausnahmsweise beihilfefähig sein sollen. Unabhängig davon ist es sogar dann deutlich zu undifferenziert, wenn es auf die Aufwendungen bezogen wird, die bei der Behandlung von Erkrankungen oder Behinderung entstehen. So besteht etwa für Aufwendungen für kieferorthopädische Leistungen grundsätzlich ebenfalls eine Altersgrenze. Nach § 4 Abs. 2 lit a) Halbsatz 1 BVO NRW sind Aufwendungen für kieferorthopädische Leistungen nämlich vorbehaltlich des Vorliegens eines Ausnahmefalles nach § 4 Abs. 2 lit a) Halbsatz 2 BVO NRW nur dann beihilfefähig, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
38Dazu, dass und weshalb der weitgehende (von § 75 Abs. 10 Satz 2 Nr. 2 lit. d) BVO NRW ermöglichte) Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für kieferorthopädische Behandlungen Erwachsener nach § 4 Abs. 2 lit a) BVO NRW mit höherrangigem Recht – namentlich mit der nach Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Fürsorgepflicht des Dienstherrn und mit Art. 3 Abs. 1 GG – vereinbar ist, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. September 2021 – 1 A 2193/19 – juris, Rn. 8 ff., m. w. N.
39c) Die Unterscheidung „zwischen Frauen unter 15 und über 25 Jahren“ verstößt entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie ist vielmehr durch die bereits weiter oben dargelegten Erwägungen (auch) des Verordnungsgebers sachlich gerechtfertigt. Die Klägerin hat insoweit nichts von Substanz vorgetragen, und es ist auch sonst nicht erkennbar, warum diese generellen Erwägungen angesichts des dem Normgeber insoweit zustehenden weiten Ermessens
40– vgl. insoweit näher OVG NRW, Beschluss vom 3. April 2025 – 1 A 3249/21 –, juris, Rn. 13 bis 25, insbesondere Rn. 14 bis 18, (zu der – eingriffsintensiveren, vgl. S. 5, vorletzter Absatz, des angefochtenen Urteils – Höchstaltersgrenze für Ehemänner) –
41nicht tragfähig sein könnten, durch die Mindestaltersgrenze werde sichergestellt, die Chancen zu einer Spontanschwangerschaft nicht vorschnell zu vertun, und ferner berücksichtigt, dass es bis zum Alter von 25 Jahren nur sehr wenige unfruchtbare Paare gebe. Entkräftet wird diese Erwägung namentlich nicht durch den Vortrag der Klägerin, in ihrem Fall habe es krankheitsbedingt auch schon vor der Vollendung ihres 25. Lebensjahres nicht zu einer Spontanschwangerschaft kommen können. Dieser Vortrag berührt die generellen Erwägungen des Verordnungsgebers nämlich schon deshalb nicht, weil mit ihm lediglich Umstände des Einzelfalls geltend gemacht werden, ohne darzulegen, dass und weshalb diese nicht atypisch sein, sondern die generelle Erwägung bereits als sachwidrig erscheinen lassen könnten. Nicht überzeugen kann insoweit auch die Schlussfolgerung der Klägerin, den die Höchstaltersgrenze für den Ehemann rechtfertigenden Erwägungen des Kindeswohls
42– vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Juli 2022 – 1 A 1183/20 –, juris, Rn. 19 ff. –
43könne gleichsam im Umkehrschluss entnommen werden, dass es sachwidrig sei, bei Eheleuten bzw. Ehefrauen, die eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen, ein Mindestalter „von immerhin 25 Jahren“ im Zeitpunkt der Maßnahme zu verlangen. Mit dieser Schlussfolgerung zieht die Klägerin nämlich sachwidrig Erwägungen des Normgebers zu einer Regelung heran, die sich ihrer Art und ihren Gründen nach wesentlich von der Mindestaltersregelung unterscheidet. Zudem setzt sie sich, was unerheblich ist, mit ihren Überlegungen zu einem als sinnvoll erachteten Normzweck an die Stelle des insoweit allein maßgeblichen Verordnungsgebers.
44B. Die Berufung ist auch nicht wegen der von der Klägerin ferner noch geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
45Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes ist die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage entweder schon auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden oder aber (ggf. ergänzend) auf der Basis bereits vorliegender Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt.
46Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Mai 2021 – 1 A 3724/18 –, juris, Rn. 20 f., vom 13. Februar 2018– 1 A 2517/16 –, juris, Rn. 32, und vom 13. Oktober 2011 – 1 A 1925/09 –, juris, Rn. 31 f., m. w. N.; ferner Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 127, 142 ff., 149 und 151 ff.
47In Anwendung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nicht vor. Die Klägerin wirft als grundsätzlich bedeutsam allein die Frage auf,
48ob „für eine IVF-Behandlung aus weiblichem Krankheitsanlass das Erreichen eines weiblichen Mindestalters der kranken Frau von 25 Jahren Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit der diesbezüglichen IVF-Krankenbehandlung“ ist.
49Diese Frage ist auch dann nicht klärungsbedürftig, wenn die nach dem System des nordrein-westfälischen Beihilferechts unzutreffende Charakterisierung der IVF-Behandlung als „Krankenbehandlung“ ausgeblendet wird. Nach den obigen Ausführungen unter A. II. 2., auf die Bezug genommen wird, unterliegt es nämlich bei Anwendung der allgemeinen Auslegungsmethoden keinen Zweifeln, dass die (mit höherrangigem Recht vereinbare) Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW auf alle (zugelassenen) Methoden der künstlichen Befruchtung und damit auch auf die IVF anzuwenden ist.
50Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Die Klägerin hat den Zulassungsantrag ohne Erfolg gestellt. Sie hat daher die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
51Der Streitwert für das Zulassungsverfahren, den der Senat in Anwendung der §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG festgesetzt hat, entspricht dem Betrag der mit dem Klageantrag begehrten Beihilfe (50 v. H. der geltend gemachten, sich insgesamt auf 3.124,29 Euro belaufenden Aufwendungen).
52Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
53Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.