Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Frau B. L. , E.-straße 0, 00000 Z., wird von dem Amt einer ehrenamtlichen Richterin beim Verwaltungsgericht Köln entbunden.
Der Antrag der gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 VwGO antragsbefugten Präsidentin des Verwaltungsgerichts Köln, die ehrenamtliche Richterin B. L. von dem Amt einer ehrenamtlichen Richterin beim dortigen Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 22 Nr. 3 VwGO zu entbinden, ist begründet.
2Nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 22 Nr. 3 VwGO ist ein ehrenamtlicher Richter von seinem Amt zu entbinden, wenn er als Beamter oder Angestellter im öffentlichen Dienst tätig ist, soweit diese Tätigkeit nicht ehrenamtlich ausgeübt wird. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Frau L. ist als Angestellte im öffentlichen Dienst i. S. v. § 22 Nr. 3 VwGO anzusehen.
3Diese Vorschrift dient dazu, Interessen- und Pflichtenkollisionen zu vermeiden, die richterliche Unabhängigkeit zu gewährleisten und das Verwaltungsgericht, vor dem typischerweise eine Privatperson Rechtsschutz gegenüber der Behörde einer staatlichen oder gemeindlichen Institution begehrt, nicht in den Verdacht zu bringen, dass es die Verwaltung zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden schütze. Dieser soll nicht auf der Richterbank neben den Berufsrichtern ehrenamtliche Richter antreffen, die ihrerseits der Verwaltung als Beamte oder Angestellte angehören. Mit § 22 Nr. 3 VwGO wollte der Gesetzgeber – neben Beamten – nur Angestellte, nicht aber Arbeiter im öffentlichen Dienst vom Amt eines ehrenamtlichen Richters in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ausschließen. Nachdem die ursprüngliche Unterscheidung von Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst sowohl tarifvertraglich als auch rentenversicherungsrechtlich entfallen ist und es nurmehr Beschäftigte im öffentlichen Dienst gibt, kommt es für die Entscheidung, ob jemand „als Angestellter“ im öffentlichen Dienst i. S. v. § 22 Nr. 3 VwGO tätig ist, maßgeblich darauf an, ob der Betreffende ein Näheverhältnis zu einem öffentlichen Dienstherrn aufweist, so dass sein Handeln aus der Sicht eines Beteiligten in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren typischerweise als Äußerung der als Einheit verstandenen Verwaltung aufgefasst werden muss.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2025 ‑ 16 F 44/24 ‑, juris, Rn. 3 ff., und vom 24. Juli 2014 ‑ 16 F 14/14 ‑, juris, Rn. 8 f., jeweils m. w. N.
5Ob ein Näheverhältnis im eben beschriebenen Sinne vorliegt, bestimmt sich nach dem Inhalt der Tätigkeit des ehrenamtlichen Richters. Hilfstätigkeiten sprechen gegen die Annahme, dass der Betreffende als äußerungsberechtigter Repräsentant seiner Beschäftigungsstelle angesehen werden kann.
6Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Januar 2025 ‑ 6 F 42/24 ‑ (n. v., S. 2 des Beschlusses), und vom 11. März 2009 - 16 F 5/09 -, juris, Rn. 4; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 2. November 2005 - OVG 4 E 23.05 -, juris, Rn. 5.
7Bei der Prüfung eines Näheverhältnisses im oben beschriebenen Sinne kommt es nicht darauf an, wie der ehrenamtliche Richter sein Verhältnis zum Dienstherrn subjektiv bewertet und ob er sich in der Lage sieht, als ehrenamtlicher Richter inhaltlich frei und unabhängig von seinem Dienstherrn zu entscheiden.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2025 ‑ 6 F 42/24 ‑ (n. v., S. 3 des Beschlusses).
9Ausgehend vom Vorstehenden ist Frau L. als Angestellte im öffentlichen Dienst i. S. v. § 22 Nr. 3 VwGO anzusehen. Sie ist bei der X. im Referat „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ als Tarifbeschäftigte eingesetzt und dort als Sachbearbeiterin mit dem Aufgabenbereich „Bedarfsträger für Assistivtechnik“ tätig. Ein wesentlicher Teil ihrer Tätigkeit besteht aus der Koordinierung der Beschaffung von assistiven Arbeitsmitteln für schwerbehinderte und denen gleichgestellte Beschäftigte der Bundesfinanzverwaltung. Im Rahmen dieser Aufgabenzuweisung trifft sie Entscheidungen für die X. (z. B. Prüfung der Erforderlichkeit und der Eignung der Hilfsmittel; Einbindung interner und externer Berater; Erstellen von Beschaffungsvorgaben für assistive Arbeitsmittel). Sie berät zudem Führungskräfte, Angehörige der Schwerbehindertenvertretung und betroffene Beschäftigte. Ferner nimmt sie Grundsatzaufgaben bei weiteren Maßnahmen des Arbeits-, Gesundheits- und Strahlenschutzes wahr (u. a. konzeptionelle Erarbeitung von Schulungskonzepten für Arbeitsschutzthemen; verantwortliche Auswahl und Akquise von externen Lehrenden für Fortbildungsveranstaltungen; Einweisung und Betreuung von neuen Fachkräften für Arbeitssicherheit).
10Diese Tätigkeiten, mit denen öffentlich-rechtliche Pflichten der Bundesfinanzverwaltung erfüllt werden und die keine bloßen Hilfstätigkeiten darstellen, werden aus der Sicht eines Beteiligten in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren als Handeln der X. wahrgenommen und somit dem öffentlichen Dienst zugerechnet. Ungeachtet der Frage, ob eine „rein interne Verwaltungstätigkeit“ eine Zurechnung zum öffentlichen Dienst ausschließen würde, handelt es sich hier nicht um eine solche Tätigkeit. Frau L. nimmt daneben auch Aufgaben wahr, die ein Auftreten gegenüber Dritten, die nicht der Bundesfinanzverwaltung angehören, erfordern. Damit repräsentiert sie aus der maßgeblichen Sicht eines Beteiligten in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren, also einem Außenstehenden, die X. Es ist nicht entscheidend, wie Frau L. ihre Nähe zur X. persönlich bewertet und ob sie sich in der Lage sieht, als ehrenamtliche Richterin inhaltlich frei und unabhängig von ihrem Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst und den damit verbundenen Treuepflichten zu entscheiden. […]
11Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 24 Abs. 3 Satz 3 VwGO).