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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2I.
3Der Antragsteller ist Chefreporter und Redakteur der Y.-Zeitung. Die Antragsgegnerin ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Ihr Träger ist der Sparkassenzweckverband der Städte O., P., J. und U. sowie der Gemeinden K. und L..
4Der Antragsteller recherchiert zu sogenannten Judenkonten. Bei diesen handelt es sich um Konten, die für Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit bzw. Menschen jüdischen Glaubens (oder solche, die von der NS-Diktatur als „jüdisch“ eingestuft wurden) bis einschließlich 1945 zwangsweise bei deutschen Banken und Sparkassen eingerichtet wurden unter Auflösung ihrer bisherigen Konten.
5Auf Anfrage des Antragstellers teilte die Antragsgegnerin ihm unter dem 13. September 2024 mit, dass sich die Akten über jüdische Konten, die bis einschließlich 1945 bei ihr oder ihren Rechtsvorgängern eingerichtet worden seien, – soweit vorhanden und bekannt – grundsätzlich in ihrem historischen Archiv befänden. Bei Bedarf würden sie von dort vorübergehend in ihre Hauptgeschäftsstelle (M. 0, 00000 O.) oder eine andere Geschäftsstelle verbracht. Dies gelte auch für die drei mit dem Begriff „Judenkonten“ beschrifteten Aktenordner, die auf der in einem Artikel der W. Rundschau vom 9. August 1995 enthaltenen Abbildung zu sehen seien und sich aktuell in der Hauptgeschäftsstelle befänden. Daraufhin beantragte der Antragsteller am 17. September 2024, ihm bis zum 4. Oktober 2024, 12:00 Uhr, Einsicht in Form der Erstellung von Kopien in sämtliche Unterlagen zu den jüdischen Konten zu geben, welche sich an dem genannten Standort oder an einem anderen Standort der Antragsgegnerin befinden. Die Antragsgegnerin reagierte hierauf nicht.
6Der Antragsteller hat am 8. Oktober 2024 Klage erhoben und zugleich beantragt,
7der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, „ihm Einsicht in Form der Erstellung von Kopien in sämtliche Unterlagen zu den jüdischen Konten, welche sich an dem genannten Standort oder an einem anderen Standort der Antragsgegnerin befinden, zu geben“.
8Die Antragsgegnerin hat beantragt,
9den Antrag abzulehnen.
10Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 8. November 2024 abgelehnt. Der Antragsteller hat hiergegen am 19. November 2024 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Er beantragt,
11den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. November 2024 aufzuheben und der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, „ihm Einsicht in Form der Erstellung von Kopien in sämtliche Unterlagen zu den jüdischen Konten, welche sich an dem genannten Standort oder an einem anderen Standort der Antragsgegnerin befinden, zu geben“.
12Die Antragsgegnerin beantragt,
13die Beschwerde zurückzuweisen.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
15II.
16Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.
17Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die beantragte, auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtete Regelungsanordnung könne nicht ergehen, weil der Antragsteller nicht mit der hierfür zu fordernden hohen Wahrscheinlichkeit das Bestehen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht habe. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich voraussichtlich nicht aus § 4 Abs. 1 LPresseG NRW. Der Antragsteller sei zwar als Vertreter der Presse anspruchsberechtigt. Auch spreche alles dafür, dass die Antragsgegnerin als Behörde im presserechtlichen Sinne auskunftsverpflichtet sei. Gleichwohl dürfte ein presserechtlicher Anspruch auf Akteneinsicht nicht bestehen. Ein solcher Anspruch ergebe sich auch nicht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. In Nordrhein-Westfalen habe der Gesetzgeber mit § 4 LPresseG NRW eine pressespezifische, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigende Regelung geschaffen. Für einen Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe in Anbetracht dessen kein Raum. Ein Anspruch auf die begehrte Akteneinsicht ergebe sich voraussichtlich auch nicht aus Art. 10 EMRK. Das vom Antragsteller geltend gemachte Auskunftsbegehren dürfte zwar von der Garantie des Art. 10 Abs. 1 EMRK erfasst werden. Es sei aber nichts dafür ersichtlich, dass die nach innerstaatlichem Recht bestehenden Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs bei Beachtung des den Konventionsstaaten zuzubilligenden Beurteilungsspielraums den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes („in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“) gemäß Art. 10 Abs. 2 EMRK nicht genügten. Ein Anspruch nach § 6 ArchivG NRW bestehe aller Voraussicht nach ebenfalls nicht. Bei dem Geschäftsarchiv der Antragsgegnerin handele es sich nicht um ein öffentliches Archiv im Sinne von § 2 Abs. 2 i. V. m. § 11 ArchivG NRW. Die Antragsgegnerin unterfalle nach § 1 Abs. 3 ArchivG NRW nicht den Regeln dieses Gesetzes, weil es sich bei ihr um ein öffentlich-rechtliches Unternehmen handele, das am Wettbewerb teilnehme. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich infolgedessen auch nicht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG. Die von der Antragsgegnerin aufbewahrten Schriftstücke seien nicht zur öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt, weil sie insbesondere nicht in einem öffentlichen Archiv im Sinne des Archivgesetzes Nordrhein-Westfalen aufbewahrt würden. Einem Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW stehe bereits entgegen, dass der Antragsteller vor Klageerhebung keinen Antrag auf Informationsgewährung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW gestellt habe. Das Antragserfordernis des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW stelle eine echte Sachurteilsvoraussetzung dar, die sich im Gerichtsverfahren nicht nachholen lasse.
18Die (Ergebnis-)Richtigkeit dieser näher begründeten Erwägungen zieht die Beschwerde nicht durchgreifend in Zweifel.
191. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass für einen Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schon in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelungen in § 4 LPresseG NRW kein Raum besteht. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich der geltend gemachte Anspruch aber auch nicht aus § 4 Abs. 1 LPresseG NRW. Hiernach sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse – zu denen der Antragsteller unstreitig zählt – die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Es spricht viel dafür, dass die Antragsgegnerin eine Behörde im Sinne des § 4 Abs. 1 LPresseG NRW ist (a]). Dies kann im vorliegenden Verfahren indes offenbleiben. Denn es fehlt jedenfalls an einem zulässigen Auskunftsbegehren (b]). Ins Leere geht damit der Einwand der Beschwerde, der presserechtliche Auskunftsanspruch des Antragstellers habe sich zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichtet (c]).
20a) Die Antragsgegnerin dürfte eine Behörde im Sinne des § 4 Abs. 1 LPresseG NRW sein.
21Bei der Auslegung des presserechtlichen Behördenbegriffs ist die objektiv-rechtliche Wertentscheidung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu berücksichtigen. Danach ist der Staat verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall dort, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen.
22Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2000 ‑ 1 BvR 1307/91 -, juris Rn. 16; OVG NRW, Urteil vom 19. Januar 2021 - 15 A 3047/19 -, juris Rn. 29 m. w. N.
23Im Lichte der Pressefreiheit ist der Behördenbegriff des Presserechts nicht organisationsrechtlich, sondern funktionell-teleologisch zu verstehen. Auskunftsverpflichtet gegenüber der Presse sind danach alle staatlichen Stellen unabhängig von ihrer Organisationsform. Hierzu zählen neben Behörden im engeren verwaltungsverfahrensrechtlichen Sinne grundsätzlich öffentlich-rechtliche Anstalten, Körperschaften und Stiftungen sowie von der öffentlichen Hand beherrschte private Gesellschaften, die öffentliche Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform und außerhalb förmlicher Verwaltungsverfahren erfüllen.
24Vgl. OVG NRW, Urteile vom 19. Januar 2021 - 15 A 3047/19 -, juris Rn. 31, und vom 18. Dezember 2013 - 5 A 413/11 -, juris Rn. 69 f. m. w. N.
25Grundsätzlich spricht bereits die Organisation einer Stelle als Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts für ihre Behördeneigenschaft im Sinne des Presserechts,
26vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7. Oktober 2016 ‑ 10 ME 56/16 -, juris, Rn. 26; Bay. VGH, Urteil vom 7. August 2006 - 7 BV 05.2582 -, juris Rn. 36,
27es sei denn, die Organisationsform ist – was bei einer Sparkasse nicht zutrifft – gerade aus Gründen der Staatsferne zur Verwirklichung eines Grundrechts gewählt worden.
28Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 7. August 2006 - 7 BV 05.2582 -, juris Rn. 36, unter Hinweis auf öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten betreffende Entscheidungen des BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 - 7 C 139.81 -, und des BVerfG, Beschluss vom 20. Juli 1988 - 1 BvR 155/85 u. a.-, jeweils juris.
29Werden öffentliche Aufgaben in der Form des Privatrechts, wie insbesondere im Bereich der sog. Daseinsvorsorge, wahrgenommen, so handelt es sich bei der betroffenen Organisationseinheit jedenfalls dann um eine Behörde im presserechtlichen Sinne, wenn der Normgeber zu diesem Zweck (rechtmäßig) einen selbstständigen Hoheitsträger errichtet hat. Denn damit hat er gerade zum Ausdruck gebracht, dass dessen Tätigkeit als Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zu verstehen ist.
30Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7. Oktober 2016 ‑ 10 ME 56/16 -, juris, Rn. 26; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht., 7. Aufl. 2023, § 4 Rn. 62; Weberling, in Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 7. Aufl. 2021, 19. Kap. Rn. 10; a. A.: Biesok, Sparkassenrecht, 1. Aufl. 2021, Rn. 178.
31Dies ist bei Sparkassen nach § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 des Sparkassengesetzes Nordrhein-Westfalen (SpkG) der Fall. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SpkG können Gemeinden oder Gemeindeverbände mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Sparkassen als ihre Wirtschaftsunternehmen in der Rechtsform einer landesrechtlichen Anstalt öffentlichen Rechts nach Maßgabe dieses Gesetzes errichten. Deren Auftrag zur Daseinsvorsorge ergibt sich aus § 2 Abs. 1 SpkG. Hiernach haben die Sparkassen die Aufgabe, der geld- und kreditwirtschaftlichen Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft insbesondere des Geschäftsgebietes und ihres Trägers zu dienen.
32Die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen umfasst insbesondere die Bargeldversorgung und den Zahlungsverkehr. Unter den kreditwirtschaftlichen Leistungen sind die Bankgeschäfte nach § 1 Abs. 1 KWG zu verstehen.
33Vgl. Biesok, Sparkassenrecht, 1. Aufl. 2021, Rn. 211.
34Auch wenn sich die Tätigkeiten der privatwirtschaftlichen Banken und der öffentlich-rechtlichen Sparkassen im Laufe der Zeit immer mehr einander angeglichen haben, ändert dies nichts daran, dass die Sparkassen öffentliche Aufgaben aus dem Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge erfüllen. Als Anstalten des öffentlichen Rechts im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge sind sie Teil der vollziehenden Gewalt und unterliegen den Bindungen des öffentlichen Rechts.
35Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. April 1987 - 1 BvR 775/84 -, juris Rn. 19 ff.; Schl.-H. OVG, Beschluss vom 21. Januar 2021 - 4 LB 3/19 -, juris Rn. 76 m. w. N.; BGH, Urteil vom 11. März 2003 - XI ZR 403/01 -, juris Rn. 16 f.
36Auch die Kontoführung einer Sparkasse für Privat- und Geschäftsleute bzw. der vorliegend in Rede stehende Umgang mit deren Konten – einschließlich der vom Antragsbegehren erfassten „jüdischen Konten“ – dürfte als Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im vorstehenden Sinne zu qualifizieren sein. Etwas anderes dürfte auch nicht daraus folgen, dass die dem zu Grunde liegenden Verträge privatrechtlicher Natur sind.
37Vgl. zu § 2 Abs. 3 Nr. 1 des Informationszugangsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein: Schl.-H. OVG, Beschluss vom 21. Januar 2021 - 4 LB 3/19 -, juris Rn. 77 ff.
38Dies bedarf hier indes keiner abschließenden Prüfung.
39b) Denn es liegt jedenfalls kein zulässiges Auskunftsbegehren vor.
40Nach seinem Sinn und Zweck kann sich der presserechtliche Auskunftsanspruch nur auf die Beantwortung konkreter Fragen beziehen. Wesentlich für ein Auskunftsbegehren ist die Benennung eines konkreten Sachkomplexes, hinsichtlich dessen bestimmte Informationen gewünscht werden. Die Auskunftserteilung ist mithin auf die Beantwortung bestimmter Fragen ausgerichtet.
41Vgl. zum verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG: BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2021 - 10 C 3.20 -, juris Rn. 25, und vom 18. September 2019 - 6 A 7.18 -, juris Rn. 13; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 20, vom 29. September 2017 - 15 B 778/17 -, juris Rn. 46, und vom 17. März 2017 - 15 B 1112/15 -, juris Rn. 62; für das jeweilige Landespresserecht: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 1. Juli 2015 - 1 S 802/15 -, juris Rn. 39; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 7. März 2014 ‑ OVG 6 S 48.13 -, juris Rn. 9; VG Cottbus, Beschluss vom 19. September 2013 - 1 L 219/13 -, juris Rn. 25; VG Potsdam, Beschluss vom 30. Mai 2013 ‑ 9 L 34/13 -, juris Rn. 10; ferner: Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 7. Aufl. 2023, § 4 LPG Rn. 85; Engel, in BeckOK Informations- und Medienrecht, 47. Ed. Stand: 1. August 2022, LPresseG NRW § 4 Rn. 11.
42An einem Auskunftsbegehren in diesem Sinne fehlt es hier. Denn der Antragsteller begehrt nicht die Beantwortung einer oder mehrerer konkreter Fragen, sondern „die Einsicht (…) in sämtliche Unterlagen zu den jüdischen Konten, welche sich an dem genannten Standort oder an einem anderen Standort der Antragsgegnerin befinden“.
43Die Beschwerde gesteht auch zu, dass der Antragsteller „wohl ein paar Fragen formulieren“ könnte. Sie wendet jedoch ein, dass „eine umfassende Aufklärung der betreffenden Vorgänge, welche auch vor dem Hintergrund historischer Verantwortung zwingend geboten“ sei, „damit nicht gewährleistet“ wäre und eine „vollständige und wahrheitsgemäße Auskunftserteilung (…) im vorliegenden Fall somit nur mittels Akteneinsicht gewährleistet werden“ könne. Diese Umstände wären jedoch erst im Rahmen der Prüfung von Belang, ob sich ein presserechtlicher Auskunftsanspruch zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichtet (vgl. hierzu c]) hat. Sie lassen das grundsätzliche Erfordernis, zunächst ein zulässiges Auskunftsbegehren zu formulieren, also eine oder mehrere konkrete Fragen zu stellen, nicht entfallen.
44Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, der Antragsteller könnte ohne Kenntnis des Inhalts der vom Antragsbegehren umfassten Unterlagen konkrete Fragen zum Umgang der Antragsgegnerin mit den sogenannten nachrichtenlosen Akten, zur Zusammenarbeit der Sparkassen mit den politischen Entscheidungsträgern in der NS-Zeit und zu dem Verfahrensgang bei der Beschlagnahme von Konten jüdischer Bürger stellen. Dem setzt die Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegen. Sie führt an, die „Existenz und die Handhabung von sogenannten ‚Judenkonten‘ bzw. ‚nachrichtenloser Konten‘ jüdischer Bürgerinnen und Bürger“ sei „verworren“ und liege „weitestgehend im Dunklen“, so dass sich „eine Vielzahl an Fragen zu diesen historischen Vorgängen (…) erst nach Sichtung der hierzu vorliegenden Unterlagen“ ergäbe. Angesichts der Komplexität der Thematik und der Notwendigkeit, den Umgang der Antragsgegnerin mit den NS-Verbrechen und eine Beteiligung an solchen Verbrechen aufzuklären, genüge es nicht journalistischen Ansprüchen und sei es nicht zielführend, einzelne Fragen zu stellen, ohne zuvor Einsicht in die in Rede stehenden Unterlagen genommen zu haben. Ob der Antragsteller, wie die Beschwerde damit im Kern geltend macht, nur in Kenntnis des Inhalts der in Rede stehenden Unterlagen seine Recherche in der gebotenen Weise durchführen und sein Rechercheziel erreichen kann, ist jedoch im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Auch dies änderte nichts an der Notwendigkeit, im Ausgangspunkt eine oder mehrere konkrete Fragen zum Inhalt des Auskunftsbegehrens zu machen.
45c) Mangels eines zulässigen Auskunftsbegehrens geht der Einwand der Beschwerde ins Leere, der presserechtliche Auskunftsanspruch des Antragstellers habe sich zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichtet. Zwar kann sich ein presserechtlicher Auskunftsanspruch im Einzelfall zu einem Akteneinsichtsanspruch verdichten, weil andere Formen des Informationszugangs im Hinblick auf die begehrte Information unsachgemäß wären und nur auf diese Weise vollständige und wahrheitsgemäße Sachverhaltskenntnis vermittelt werden kann.
46Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. September 2015 - 1 BvR 857/15 -, juris Rn. 18 f.; BVerwG, Urteile vom 25. September 2024 - 6 A 3.22 -, juris Rn. 42, und vom 30. Januar 2020 - 10 C 18.19 -, juris Rn. 31; OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2017 - 15 B 1112/15 -, juris Rn. 68 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 3. August 2023 - 7 ZB 21.181 -, juris Rn. 8; Thür. OVG, Beschluss vom 23. März 2020 - 4 EO 113/20 -, juris Rn. 57; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 1. Juli 2015 - 1 S 802/15 -, juris Rn. 37 ff.; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 28. Januar 2015 - OVG 12 B 21/13 -, juris Rn. 23; VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 7. November 2023 - 5 K 75/23.NW -, juris Rn. 37 f.; VG München, Beschluss vom 14. März 2023 - M 10 E 22.6192 -, juris Rn 38, VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Mai 2019 - 20 K 2021/18 -, juris Rn. 90 ff.; Engel, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, 47. Ed. Stand: 1. August 2022, LPresseG NRW § 4 Rn. 15; Weberling, in: Ricker/Weberling Handbuch des Presserechts, 7. Aufl. 2021, 19. Kap. Rn. 2b; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 7. Aufl. 2023, § 4 LPG Rn. 87.
47Voraussetzung wäre hierfür aber, dass ein solcher Auskunftsanspruch überhaupt besteht und damit zunächst, dass es sich nach Lage der Dinge um ein zulässiges Auskunftsbegehren handelt.
48Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 24, vom 29. September 2017 ‑ 15 B 778/17 -, juris Rn. 59, und vom 17. März 2017 - 15 B 1112/15 -, juris Rn. 72.
49Denn erst wenn ein zulässiges Auskunftsbegehren vorliegt und insoweit zudem kein Ausschlussgrund im Sinne von § 4 Abs. 2 LPresseG NRW gegeben ist, muss die um Auskunft ersuchte Behörde bewerten, in welcher Form der Auskunftsanspruch zu erfüllen ist. Diesbezüglich wird ihr ein Ermessensspielraum zugestanden. Es kann jedoch die Situation eintreten, dass aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles – nicht zuletzt auch der Art der in Rede stehenden Informationen – der Auskunftsanspruch allein im Wege der Akteneinsicht sachgerecht und für die Pressearbeit geeignet erfüllt werden kann und somit nur diese in Betracht kommt. Eine solche (Sonder-)Situation kann etwa gegeben sein, wenn sich komplexe Zusammenhänge oder Geschehnisse, die sich in den Unterlagen niederschlagen, nur schwer im Wege einer Auskunft aufbereiten lassen, die dem pressespezifischen Informationsinteresse genügt.
50Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2020 - 10 C 18.19 -, juris Rn. 31.
512. Der Antragsteller kann den geltend gemachten Anspruch auf „Einsicht (…) in sämtliche Unterlagen zu den jüdischen Konten, welche sich an dem genannten Standort oder an einem anderen Standort der Antragsgegnerin befinden“ auch nicht unmittelbar und losgelöst von den Vorgaben des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen auf das Grundrecht auf Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG stützen.
52Dieses Grundrecht schützt den Zugang zu Informationen, die aus allgemein zugänglichen Quellen stammen. Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, wenn sie geeignet und bestimmt ist, allgemein, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen. Während diese Eignung sich allein nach den tatsächlichen Gegebenheiten richtet, hängt das Kriterium der Allgemeinbestimmung von der Entscheidung des berechtigten Trägers der Informationsquelle ab. Über die Zugänglichkeit und die Art der Zugangseröffnung entscheidet, wer nach der Rechtsordnung über ein entsprechendes Bestimmungsrecht verfügt. Der Bestimmungsberechtigte kann dabei sein Recht in differenzierter Weise ausüben und Modalitäten des Zugangs festlegen. Auch soweit der Staat – wie hier – bestimmungsberechtigt ist, kann er im Rahmen seiner Aufgaben und Befugnisse Art und Umfang des Zugangs bestimmen. Legt der Gesetzgeber die Art der Zugänglichkeit von staatlichen Vorgängen und damit zugleich das Ausmaß der Öffnung dieser Informationsquelle fest, so wird in diesem Umfang zugleich der Schutzbereich der Informationsfreiheit eröffnet.
53Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 - 1 BvR 2623/95 -, juris Rn. 56 ff.; Schl.-H. OVG, Urteil vom 13. März 2024 - 6 LB 8/24 -, juris Rn. 78, sowie Beschluss vom 29. Juni 2022 - 4 LB 45/17 -, juris Rn. 91.
54Das Grundrecht ist demnach, was den Zugang zu amtlichen Informationen angeht, auf die Ausgestaltung durch den Gesetzgeber angewiesen.
55Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 -, juris Rn. 13, und vom 18. Juli 2011 - 7 B 14.11 -, juris Rn. 9; Schl.-H. OVG, Urteil vom 13. März 2024 - 6 LB 8/24 -, juris Rn. 78, sowie Beschluss vom 29. Juni 2022 - 4 LB 45/17 -, juris Rn. 91.
56Dies bedeutet auch, dass jenseits der hier durch die einfachgesetzliche Ausgestaltung des Rechts auf Informationsfreiheit gesetzten Grenzen ein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Informationszugang nicht besteht.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 -, juris Rn. 33; Schl.-H. OVG, Urteil vom 13. März 2024 - 6 LB 8/24 -, juris Rn. 78, sowie Beschluss vom 29. Juni 2022 - 4 LB 45/17 -, juris Rn. 91; Bay. VGH, Beschluss vom 27. Februar 2017 - 4 N 16.461 -, juris Rn. 35 f.
583. Nach alledem verfängt die – nicht weiter begründete – Rüge der „Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG“ ebenfalls nicht. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller ferner die Verletzung von Art. 10 EMRK. Er lässt außer Acht, dass sich aus Art. 10 EMRK regelmäßig – wie auch hier – keine weitergehenden Rechte ergeben.
59Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. November 2024 - 10 A 5.23 -, juris Rn. 25, vom 28. Oktober 2021 - 10 C 3.20 -, juris Rn. 28, vom 25. Oktober 2018 - 7 C 6.17 -, juris Rn. 18, und vom 24. Januar 2018 - 6 A 8.16 -, juris Rn. 34, sowie Beschluss vom 14. April 2025 - 10 VR 3.25 -, juris Rn. 32.
604. Der Annahme des Verwaltungsgerichts, einem Anspruch aus § 4 Abs. 1 IFG NRW stehe bereits entgegen, dass der Antragsteller vor Klageerhebung keinen Antrag auf Informationsgewährung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG NRW gestellt habe und das Antragserfordernis eine echte Sachurteilsvoraussetzung begründe, die sich im Gerichtsverfahren nicht nachholen lasse, setzt der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen nichts entgegen.
615. Schließlich ist auch die Rüge der Verletzung von „Art. 103 Satz 2 GG“, gemeint wohl von Art. 103 Abs. 1 GG und damit die Beanstandung, das Verwaltungsgericht habe den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt, nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO kann grundsätzlich nicht mit der Behauptung von Verfahrensfehlern des Verwaltungsgerichts begründet werden. Denn es eröffnet im Rahmen der durch § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO gezogenen Grenzen eine umfassende Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht als zweite Tatsacheninstanz, so dass ein etwaiger erstinstanzlicher Gehörsverstoß durch die nachholende Berücksichtigung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren geheilt werden könnte.
62Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. September 2022 - 6 B 694/22 -, juris Rn. 3, und vom 10. Juni 2022 ‑ 15 B 1573/21 -, juris Rn. 23, jeweils m. w. N.
63Ungeachtet dessen ist für einen solchen Verstoß auch nichts ersichtlich.
64Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
65Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
66Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).