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Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens auf Zulassung der Berufung.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Verfahren auf Zulassung der Berufung auf 15.000,- € festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen oder bereits nicht hinreichend dargelegt werden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
3Der Zulassungsgrund eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann, (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor.
4Der Kläger macht hierzu geltend, das Verwaltungsgericht hätte seinen Vortrag nicht als unsubstantiiert qualifizieren dürfen, ohne den Kläger zuvor zur weiteren Substantiierung aufzufordern. Damit habe es gegen seine Sachaufklärungs- und Hinweispflicht aus §§ 86 Abs. 3, 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO verstoßen. Diese Einschätzung ist unzutreffend. Denn es ist Sache des Klägers, konkrete Fakten und Umstände darzulegen, nach denen die Bewertung der Prüfer trotz des ihnen verbleibenden Bewertungsspielraums als rechtsfehlerhaft erscheint.
5Vgl. Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 855 ff.
6Es besteht keine pauschale Pflicht des Gerichts, den Kläger auf die fehlende Substantiierung seiner Rügen hinzuweisen.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 14 A 2526/10 -, juris, Rn. 30 ff.; Fischer/Jeremias/Dieterich, a.a.O., Rn. 873.
8Das Gericht ist insbesondere nicht verpflichtet, die Beteiligten auf rechtliche Gesichtspunkte besonders hinzuweisen, auf die es in der Entscheidung ankommen kann, wenn diese Gesichtspunkte auf der Hand liegen (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Es liegt auf der Hand und bedarf keiner besonderen Darlegung, dass ein Prüfling, der die Bewertung einer Prüfungsarbeit beanstandet, konkrete und substantiierte Einwendungen vorbringen muss und sich nicht darauf verlassen kann, dass sich irgendein Fehler finden werde. Dies gilt besonders dann, wenn der Prüfling - wie hier - durch einen Rechtsanwalt vertreten wird.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. September 1992 - 6 B 22.92 -, juris, Rdnr. 3 m. w. N.
10Vor diesem Hintergrund stellt sich das Urteil auch nicht als Überraschungs-entscheidung dar.
11Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Kein tragender Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils ist vom Kläger mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden.
12Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine von dem Verwaltungsgericht verkannten Bewertungsfehler der Aufsichtsarbeiten Z1 und S1.
13Entgegen dem Verständnis des Klägers kritisiert der Erstprüfer der Aufsichtsarbeit Z1 nicht, dass der Kläger die „Norm zum Dienstvertrag nicht ausschreibt“. Ebenso wenig übersieht die Korrektur, dass der Kläger zuvor den Abschluss eines Dienstvertrags angenommen hat. Vielmehr beanstandet der Erstprüfer, dass der Kläger die Voraussetzungen der angeführten Anspruchsgrundlage nicht im Einzelnen prüft. Dem setzt der Kläger auch im Zulassungsverfahren nichts entgegen, sondern wirft die Frage auf, ob das von ihm insofern gefundene Ergebnis vertretbar sei. Dass der Erstprüfer es für „nicht nachvollziehbar“ erachte, führt der Kläger darauf zurück, dass die amtliche Lösungsskizze eine andere Lösung vorsehe. Es fehle an einer Auseinandersetzung der Prüfer mit der Lösung des Klägers. Dieser Einwand weckt keine ernstlichen Zweifel. Der Kläger verkennt, dass zur Darlegung eines Bewertungsmangels substantiierte Einwände des Prüflings erforderlich sind, es also dem Kläger obliegt, die Vertretbarkeit seiner Lösung aufzuzeigen, was er auch im Zulassungsverfahren unterlässt. Ernstliche Zweifel weckt auch nicht das Vorbringen des Klägers, er habe „die Nebenpflichtverletzung sehr wohl erkannt“. Dieser Einwand geht an der Kritik der Prüfer vorbei, denn die Prüfer kritisieren, dass der Kläger keine Nebenpflichtverletzung des Dienstvertrags geprüft habe. Auch die Kritik der Prüfer, die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag sei bei gleichzeitiger Annahme eines Dienstvertrags widersprüchlich und grob fehlerhaft, wird mit der Behauptung, diese Prüfung sei – „nach Ablehnung vertraglicher Ansprüche“ – richtig, keineswegs entkräftet. Im Folgenden führt der Kläger aus, die Klausur-Beklagte habe mit der Verwahrung des Generalschlüssels ein fremdes Geschäft übernommen, weshalb die Kritik des Zweitprüfers, die Wahrung der Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB sei kein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft, verfehlt sei. Auch dieser Einwand verfehlt die geäußerte Kritik, die vorhält, die sorgfältige Verwahrung des Generalschlüssels stelle zwar keine vertragliche Hauptpflicht, aber eine Nebenpflicht des Dienstvertrags dar, deren Verletzung durch die Klausur-Beklagte zu prüfen gewesen wäre.
14Soweit der Kläger im Weiteren geltend macht, seine Formulierung „in dem zivilrechtlichen Gerichtsverfahren“ sei gleichbedeutend mit „in dem Rechtsstreit“, stellt er die Kritik der Prüfer, diese Formulierung entspreche nicht der Praxis, nicht infrage. Die Kritik des Erstprüfers am Tatbestand gibt der Kläger nicht zutreffend wieder. Der Erstprüfer hat nicht geäußert, dass der „gesamte Tatbestand … unbrauchbar“ sei, sondern dass er aufgrund der vorhandenen Lücken „insgesamt keinen brauchbaren und verständlichen Überblick über den Sach- und Streitstand“ gebe. Da der Kläger selbst einräumt, dass im Tatbestand Ausführungen zum Inhalt und zum Zustandekommen des Vertrags fehlen, ist auch insofern kein Bewertungsfehler gegeben.
15Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Klägers, seine Ausführungen zur Zulässigkeit der Klausur-Klage und zur Beweiswürdigung seien von dem Erstprüfer ausweislich der Formulierungen seines Votums nicht hinreichend positiv berücksichtigt worden. Die Frage der Gewichtung der Stärken und Schwächen einer Arbeit obliegt allein den Prüfern im Rahmen ihres prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums.
16Vgl. BVerwG, BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2004 – 6 B 25/04 –, juris, Rdnr. 11.
17Die mit dem Vortrag vorgenommene Eigenbewertung ist hierfür nicht maßgeblich. Der Kläger zeigt mit ihr auch nicht auf, dass der Erstprüfer den ihm insofern zustehenden Bewertungsspielraum überschritten hätte.
18Auch die Randbemerkungen des Erstprüfers zur Beweiswürdigung unterliegen keinen fachspezifischen Bedenken. Die Bemerkung „So nicht richtig“ ist nach dem eigenen Vorbringen des Klägers zutreffend. Wenn – wie der Kläger ausführt – der Klausur-Zeuge C. sich nicht habe daran erinnern können, die Klausur-Beklagte über die Bedeutung des Schlüssels aufgeklärt zu haben, hat er gerade nicht bestätigt, dass eine Information unterblieben ist, sondern hat lediglich geäußert, hierzu mangels Erinnerung nichts sagen zu können. Das von dem Erstprüfer auf S. 16 angebrachte Fragezeichen bezieht sich ersichtlich auf die widersprüchliche Darstellung des Klägers. Dieser hat entgegen seinem Zulassungsvorbringen in seiner Bearbeitung nicht festgestellt, dass die Klausur-Beklagte weder von dem Zeugen C. noch von dessen Ablösung auf die Bedeutung des Schlüssels hingewiesen worden sei. Vielmehr hat er ausgeführt, der Zeuge C. habe den Schlüssel ohne Erläuterung übergeben „und selbst die Ablösung … wies die Beklagte auf die Wichtigkeit hin“. Diese Aussage ist in sich widersprüchlich und konnte daher zu Recht vom Prüfer mit einem Fragezeichen versehen werden.
19Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung weckt auch nicht das Vorbringen des Klägers zur Bewertung der Aufsichtsarbeit S1. Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine von dem Verwaltungsgericht verkannten Bewertungsfehler.
20In Bezug auf die Prüfung eines hinreichenden Tatverdachts gegen M macht der Kläger zunächst geltend, der von ihm gewählte Aufbau, die Strafbarkeit nach §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 3 und 4 StGB gesondert nach der Prüfung von §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu prüfen, dürfe nicht als Fehler gewertet werden. Dies hat der Erstprüfer auch nicht getan, sondern in seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren ausgeführt, der Aufbau sei zwar ungeschickt, aber vertretbar und daher nicht negativ berücksichtigt worden.
21Ohne Erfolg macht der Kläger weiter geltend, der Erstprüfer beanstande zu Unrecht, dass bei der materiell-rechtlichen Prüfung von §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4 StGB die geständige Einlassung des Beschuldigten M und deren Verwertbarkeit nicht thematisiert worden sei, weil der Kläger bereits aufgrund anderer Beweismittel (ärztliches Gutachten, Zeugenaussagen) von einer Verwirklichung des Tatbestands ausgegangen sei. Eine Prüfung der Verwertbarkeit der geständigen Einlassung sei an dieser Stelle daher nicht erforderlich gewesen. Dieser Einwand ist unschlüssig. Er steht im Widerspruch zu der nachfolgenden Prüfung eines Beweisverwertungsverbots in Bezug auf die geständige Einlassung. Unabhängig hiervon war nach dem Bearbeitervermerk ein umfassendes Gutachten über die Strafbarkeit der Beschuldigten M und L anzufertigen und der Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht vollständig auszuwerten (Beweiswürdigung, Beweisprognose etc.) Demzufolge durften die Prüfer eineeine Befassung mit allen in Betracht kommenden Beweismitteln fordern.
22Ein von dem Verwaltungsgericht verkannter Bewertungsfehler ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, seine gesamte Prüfung des hinreichenden Tatverdachts gegen M könne nicht deswegen für unbrauchbar erachtet werden, weil er nicht geprüft habe, ob der Geschädigte W seine Handverletzung selbst herbeigeführt habe. Eine solche Prüfung sei fernliegend gewesen. Dieser Einwand geht zum Teil bereits an der Kritik des Erstprüfers vorbei. Denn der Erstprüfer hat nicht die gesamte Prüfung des hinreichenden Tatverdachts gegen M wegen der unterbliebenen Zurechnungsprüfung in Bezug auf die Handverletzung für unbrauchbar erklärt. Im Übrigen war nach Auffassung des Erstprüfers keine Selbstverletzung des W, sondern vielmehr zu prüfen, ob die Handverletzung des W dem M zugerechnet werden kann. Der Kläger legt nicht substantiiert dar, warum eine solche Prüfung angesichts der Sachlage, dass M dem W ein Messer an den Hals gehalten und sich W beim Wegdrücken des Messers die Handverletzung zugezogen hatte, fernliegend gewesen sein soll.
23Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Erstprüfer nicht beanstandet, dass der Kläger den hinterlistigen Überfall nach § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht geprüft habe. Der Erstprüfer kritisiert vielmehr, dass sich der Kläger mit der Hinterlist nicht eingehend befasst und außer Acht gelassen habe, dass die Opfer mittels Täuschung zum Tatort gelockt worden seien. Dieser Kritik tritt der Kläger mit dem pauschalen Einwand, er habe sich „sehr wohl mit dem Problem befasst“, nicht substantiiert entgegen.
24Gleiches gilt in Bezug auf die Kritik des Erstprüfers an der Verwendung des Urteilsstils. Soweit der Kläger geltend macht, die vollständige Bearbeitung einer Staatsanwaltsklausur innerhalb der Bearbeitungszeit sei bei Einhaltung des Gutachtenstils nicht zu leisten, weshalb die (teilweise) Verwendung des Urteilsstils im Allgemeinen toleriert werde, stellt er weder die Aufgabenstellung noch die hieraus folgende Berechtigung des Prüfers, Ausführungen im Gutachtenstil zu erwarten, nicht infrage.
25An der Kritik des Erstprüfers vorbei geht auch der Einwand des Klägers, seine Prüfung des hinreichenden Tatbestands gegen L sei wegen der im materiellen Teil fehlenden Auseinandersetzung mit einem Verwertungsverbot in Bezug auf die geständige Einlassung des M für unbrauchbar erachtet worden. Der Erstprüfer hat die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers im prozessualen Teil berücksichtigt, die materiell-rechtliche Prüfung aber aus verschiedenen anderen Gründen für mangelhaft erachtet, die er im Rahmen des Widerspruchsverfahrens näher erläutert hat. Diesen Erwägungen ist der Kläger nicht entgegen getreten.
26Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch nicht die Kritik des Erstprüfers, das „schon bei K. beklagte Defizit bei der Prüfung von § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB wiederholt sich“ bei der Prüfung des Tatverdachts gegen L. Eine unzulässige negative Doppelwertung liegt nicht vor, da der Tatverdacht gegen zwei verschiedene Beschuldigte zu prüfen war. Dass insofern die gleichen Gesichtspunkte zu prüfen waren, macht die Feststellung, dass auch diese Prüfung defizitär sei, nicht falsch.
27Mit seiner Behauptung, die Prüfung der Mittäterschaft auf S. 11 der Bearbeitung erfolge in unmittelbarem Zusammenhang mit der Körperverletzung, so dass sie sich „unmissverständlich“ hierauf beziehe, stellt der Kläger die Kritik des Erstprüfers nicht durchgreifend infrage, es werde nicht deutlich, welche Taten M und L mittäterschaftlich begangen haben könnten. Die von dem Kläger auf S. 11 zuvor geprüfte Körperverletzung bezieht sich ausweislich der Ausführungen in der Klausur eindeutig nur auf L.
28In Bezug auf den praktischen Teil (Abschlussverfügung) zeigt der Kläger ebenfalls keine Bewertungsfehler des Erstprüfers auf. Er beschränkt sich darauf, der Bewertung des Erstprüfers seine eigene, positivere entgegen zu setzen.
29Schließlich ergeben sich auch aus dem Vorbringen, der Zweitprüfer habe die Bewertung des Erstprüfers ohne eigene Prüfung unkritisch übernommen, keine Bewertungsfehler des Zweitprüfers. Aus dem bloßen Umstand, dass der Zweitprüfer die Bewertung des Erstprüfers gebilligt hat, kann nicht geschlossen werden, der Zweitprüfer habe keine eigene Bewertung vorgenommen.
30Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 1987 – 7 B 216/87 –, juris, Rdnr. 16.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar.