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Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. September 2024 wird dahingehend geändert, dass das Verfahren bezüglich der mit dem Klageantrag zu 1. in der Klageschrift vom 29. April 2024 und der Klageerweiterung vom 4. Juni 2024 geltend gemachten Zahlungsansprüche an das Amtsgericht
- Familiengericht - Siegburg verwiesen wird und insoweit die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der Endentscheidung dieses Gerichts vorbehalten bleibt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2Die gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG und § 146 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde führt in der Sache nicht auf eine Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs und lediglich im Hinblick auf das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
3Das Verwaltungsgericht hat zu Recht gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs erklärt, da dieser für keinen der anhängig gemachten Streitgegenstände gegeben ist. Bezüglich der vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche hat es den Rechtsstreit jedoch zu Unrecht an das Finanzgericht Düsseldorf verwiesen. Insoweit ist, da es sich um eine Familiensache handelt, vielmehr die Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichte (§ 13 GVG) gegeben und der Rechtsstreit an das zuständige Amtsgericht - Familiengericht - Siegburg zu verweisen (dazu 1). Im Hinblick auf das mit dem zweiten Antrag aus der Klageschrift verfolgte - selbständige - Begehren des Klägers, das auf die Rücknahme der Aufrechnung gegen seinen Steuervergütungsanspruch gerichtet ist, ist die Verweisung an das Finanzgericht Düsseldorf hingegen nicht zu beanstanden (dazu 2).
41. Hinsichtlich der in der Klageschrift und dem Schriftsatz vom 4. Juni 2024 formulierten Zahlungsbegehren ist das Amtsgericht - Familiengericht - Siegburg das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs, an das der Rechtsstreit nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG zu verweisen ist.
5Der Verwaltungsrechtsweg ist insoweit nicht eröffnet. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Die vorliegende Streitigkeit ist nicht öffentlich-rechtlicher Art, sondern eine Zivilsache
6- Familiensache - im Sinne des § 13 GVG.
7Der Kläger macht mit seinem gegen den Beklagten gerichteten Zahlungsbegehren (Klageantrag zu 1.) - wie er im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 26. März 2025 klargestellt hat - einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Unterhaltes (nach §§ 812 ff. BGB) geltend. Er trägt hierzu vor, dem Landesamt für Finanzen seien vom Finanzamt D. zu Unrecht aufgrund einer Aufrechnung von vermeintlichen Unterhaltsansprüchen mit Steuererstattungsansprüchen aus den Einkommenssteuerveranlagungen für die Jahre 2021, 2022 und 2023 Beträge in Höhe von insgesamt 1.597,- Euro ausgezahlt worden. In dieser Höhe habe es keinen Unterhaltsanspruch gegen ihn gegeben, der auf das beklagte Land hätte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG übergehen können. Der Kläger begehrt somit der Sache nach eine Rückzahlung derjenigen - aus seiner Sicht rechtsgrundlos erfolgten - Unterhaltsleistung, die das beklagte Land durch Aufrechnung gegen einen Steuervergütungsanspruch des Klägers selbst bewirkt hat. Ebenso wie die Unterhaltsansprüche des Kindes (§§ 1601 ff. BGB) sind auch diesbezügliche bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche zivilrechtlicher Natur. Der Umstand, dass die zurückgeforderte Unterhaltsleistung hier nicht an das Kind, sondern wegen des gesetzlichen Anspruchsübergangs an das beklagte Land erfolgt ist und die Rückforderung gegenüber diesem Hoheitsträger geltend gemacht wird, ändert nichts an der Rechtsnatur des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses und führt dementsprechend nicht dazu, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S. v. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Vorgabe in § 7 Abs. 3 Satz 1 UVG, wonach das Land die übergegangenen Unterhaltsansprüche rechtzeitig und vollständig nach den Bestimmungen des Haushaltsrechts durchzusetzen hat.
8Für die damit erhobene Zahlungsklage ist gemäß § 13, § 23a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GVG die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts in Familiensachen gegeben. Es handelt sich um eine Unterhaltssache nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG und damit gemäß § 111 Nr. 8 FamFG um eine Familiensache.
9Die Definition der Unterhaltssachen in § 231 Abs. 1 FamFG ist weit gefasst. Zu den Verfahren dieser Gruppe zählen auch solche, deren Streitgegenstand materiell-rechtlich oder verfahrensrechtlich mit den genannten Unterhaltsansprüchen zusammenhängen. Erfasst sind grundsätzlich alle Ansprüche, deren Zuweisung in den Zuständigkeitsbereich des Familiengerichts nach Sinn und Zweck der genannten Normen geboten erscheint. Das gilt demgemäß auch für Ansprüche, die zwar im Gewand eines Befreiungs-, Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruchs geltend gemacht werden, aber ihre Wurzel im jeweiligen unterhaltsrechtlichen Verhältnis der Verwandten haben.
10Vgl. KG Berlin, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 WF 93/11 -, juris Rn. 15; OLG Dresden, Beschluss vom 2. September 2019 - 8 U 843/19 -, juris 37 f.; BGH, Beschluss vom 3. Mai 1978 - IV ARZ 26/78 -, juris Rn. 15; zur Möglichkeit der Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs gegen die Unterhaltsvorschusskasse auf Rückzahlung von überzahlten Beträgen infolge einer Aufrechnung nach § 226 AO: OLG Celle, Beschluss vom 3. Mai 2013 - 17 WF 33/13 -, juris Rn. 36 ff.
11Dies ist nach den vorstehenden Ausführungen zum geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung bewirkter Unterhaltsleistungen hier der Fall.
12Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegburg ergibt sich aus § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG. Anhaltspunkte dafür, dass das Kind des Klägers bzw. die Kindesmutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in der - nach § 21 und Anlage 1 JustG NRW - zum Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Siegburg gehörenden Stadt Lohmar hätten, bestehen nicht.
13Nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG spricht das Gericht die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs aus und verweist den Rechtsstreit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs, wenn der beschrittene Rechtsweg unzulässig ist. Im Beschwerdeverfahren kann der Rechtsstreit auch unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges verwiesen werden.
14Vgl. Schneider, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 46. EL August 2024, GVG § 17a Rn. 41; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, GVG § 17a Rn. 35.
152. Soweit der Kläger mit seinem zweiten - nicht fallen gelassenen - Klageantrag begehrt, "die gegenüber dem Finanzamt D. ausgesprochene Aufrechnung in Höhe von 1.932 € zurückzunehmen", ist das Finanzgericht Düsseldorf zuständiges Gericht des zulässigen Rechtswegs. Insoweit ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht gegeben, weil die Streitigkeit durch Bundesgesetz einem anderen Gericht, nämlich gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO der Finanzgerichtsbarkeit zugewiesen ist.
16Die auf der Grundlage von § 226 Abs. 1 AO erfolgte Aufrechnung gegen seinen Steuererstattungsanspruch nach § 37 AO, § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG, gegen die sich der Kläger wendet, hängt in diesem Sinne mit der Verwaltung der Abgaben durch die Finanzbehörden sachlich zusammen. Entgegen der missverständlichen Formulierung im Klageantrag zu 2. ist die nach dem Begehren des Klägers rückgängig zu machende Aufrechnung nicht "gegenüber dem Finanzamt D." ausgesprochen, sondern von dieser Behörde des beklagten Landes selbst vorgenommen worden. Hält ein Steuerpflichtiger eine von der Finanzbehörde vorgenommene Aufrechnung für unwirksam, muss er - auch wenn die Aufrechnung mit einer zivilrechtlichen Forderung erfolgt - einen Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO beantragen, gegen den in der Folge Einspruch eingelegt werden kann.
17Vgl. Klüger, in: Koenig, AO, 5. Aufl 2024, § 226 Rn. 56, 60 f.; zur Aussetzung des finanzgerichtlichen Verfahrens nach § 74 FGO, wenn mit einer rechtswegfremden Forderung aufgerechnet wird, vgl. BFH, Urteil vom 31. Mai 2005 - VII R 56/04 -, juris Rn. 16, und Beschluss vom 6. August 1985 - VII B 3/85 -, juris Rn. 9 ff.; FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. Dezember 2009 - 5 K 1157/04 -, juris, Rn. 20.
18Der diesbezügliche gerichtliche Rechtsschutz betrifft damit ebenfalls eine Abgabenangelegenheit.
19Die örtliche Zuständigkeit des Finanzgerichts Düsseldorf für diesen Streitgegenstand folgt aus § 38 Abs. 1 FGO, § 18 Nr. 1 JustG NRW und richtet sich nach dem Sitz der die streitgegenständliche Aufrechnung erklärenden Finanzbehörde.
203. Die Kostenentscheidung beruht auf § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i. V. m. § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO. Im Hinblick darauf, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs erklärt hat, ist die Beschwerde des Klägers insgesamt erfolglos geblieben.
21Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht liegen nicht vor (§ 17a Abs. 4 Satz 5 GVG).
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG).