Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei;außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers, ihm für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin D. aus M. zu bewilligen, zu Recht abgelehnt.
3Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
4Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Klage fehlt die notwendige hinreichende Erfolgsaussicht.
5Der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche Grad der Erfolgsaussicht darf mit Blick auf Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht in einer Weise überspannt werden, dass der Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt wird, Unbemittelten und Bemittelten weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen. Verweigert werden muss Prozesskostenhilfe aber dann, wenn die Erfolgschance in der Hauptsache nur eine entfernte oder bloß theoretische ist.
6Vgl. dazu etwa BVerfG, Beschlüsse vom 28. August 2014 - 1 BvR 3001/11 -, juris Rn. 12, vom 28. Januar 2013 - 1 BvR 274/12 -, juris Rn. 11 ff., vom 26. Juni 2003 - 1 BvR 1152/02 -, juris Rn. 10, und vom 7. April 2000 - 1 BvR 81/00 -, juris Rn. 16; Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 166 Rn. 64, jeweils m. w. N.
7Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll dabei nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Letzteres ist der richtige Ort, um schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und/oder Tatsachenfragen zu beantworten.
8Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. November 2018 - 2 BvR 2513/17 -, juris Rn. 15, vom 4. Mai 2015 -1 BvR 2096/13 -, juris Rn. 12 ff., und vom 17. Februar 2014 - 2 BvR 57/13 -, juris Rn. 10, jeweils m. w. N.
9Ob das Verwaltungsgericht daran gemessen die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der Klage mit der Begründung verneinen durfte, das beklagte Studierendenwerk sei aller Voraussicht nach zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 1 BAföG "bei seinen Eltern" wohne, mag dahinstehen. Bei ausschließlicher Betrachtung dieser Problematik könnte Manches dafür sprechen, dass es im Klageverfahren erforderlich geworden wäre, tatsächliche Umstände des Zusammenlebens des Klägers mit seiner Mutter in der gemeinschaftlich angemieteten Wohnung aufzuklären, um die zugrunde liegende Rechtsfrage zu beantworten.
10Darauf kommt es indes nicht weiter an, weil der Kläger in dem streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum von Oktober 2019 bis September 2020 aus anderen Gründen von vornherein keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung gehabt haben dürfte, so dass die Annahme, es seien im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden (hier mit Blick auf die Bedarfserhöhung nach § 13 Abs. 2 BAföG), schon deshalb fernliegend erscheint.
11Das Verwaltungsgericht hat zutreffend (wenn auch wohl aus seiner Sicht nicht entscheidungstragend) ausgeführt, es bestünden jedenfalls hinsichtlich des im Jahre 2018 vollzogenen Übergangs des Klägers vom Studium der Romanistik zum Studium der Wirtschaftsmathematik erhebliche Zweifel, ob der für einen Fachrichtungswechsel bzw. die Aufnahme eines anderen Studiums nach § 7 Abs. 3 BAföG erforderliche wichtige Grund vorgelegen habe. Diese Zweifel sind auch gewichtig genug, um eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage auszuschließen. Denn sie lassen ein Obsiegen des Klägers als (zumindest) fernliegend erscheinen, ohne dass sich insoweit schwierige und ungeklärte Rechts- oder Tatsachenfragen stellen.
12Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG in der hier maßgeblichen, bis zum 24. Juli 2024 gültig gewesenen Fassung wird Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung geleistet, wenn der Auszubildende aus wichtigem Grund (Nr. 1) oder aus unabweisbarem Grund (Nr. 2) die Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt hat; bei Auszubildenden u. a. an Hochschulen gilt Nummer 1 nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters.
13Mit der Aufnahme des Studiums der Wirtschaftsmathematik an der Technischen Universität (TU) M. im Oktober 2018 dürfte der Kläger einen Fachrichtungswechsel im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG vollzogen haben. Das Vorliegen eines für eine Förderung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG in seinem Fall erforderlichen wichtigen Grundes für diesen Wechsel hat der Kläger nicht dargelegt. In seiner auf den 7. März 2019 datierten "Begründung für den Fachrichtungswechsel" hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen: Zum Wintersemester 2014/15 habe er sich an der TU M. für den Studiengang Informatik eingeschrieben. Das habe er nicht getan, weil dies seinen Neigungen und Vorstellungen entsprochen hätte. Vielmehr habe er eigentlich nicht genau gewusst, was er habe machen sollen. Seine alleinerziehende Mutter habe ihm "Druck gemacht", sich unbedingt für etwas einzuschreiben. In der Folge habe er das Studium aus mangelndem Interesse abgebrochen. Bei einer Berufsberatung sei ihm ein Wirtschafts- oder Romanistikstudium empfohlen worden. Schon in der Schule habe er mit seinen Leistungsfächern darauf hingearbeitet, ein Wirtschaftsstudium zu beginnen. Er habe sich "für Wirtschaft" beworben, sei aber nicht angenommen worden. Also habe er in der Zwischenzeit Romanistik studiert. Das sei ihm auch sehr leicht gefallen, doch habe er sich nicht vorstellen können, später einen "Job" in diesem Bereich auszuüben. Schließlich habe er auch das Romanistikstudium abgebrochen und sich für Wirtschaftsmathematik an der TU M. eingeschrieben. Nach den vergangenen zwei Monaten könne er mit Gewissheit sagen, dass dieses Studium in jeder Hinsicht seinen Erwartungen entspreche. Einen BAföG-Antrag habe er noch nie zuvor gestellt.
14Damit ist ein wichtiger Grund für den Fachrichtungswechsel des Klägers zum Wintersemester 2018/19 nicht dargetan.
15Dem Auszubildenden wird entsprechend seinem Ausbildungsstand und Erkenntnisvermögen zugemutet, den Gründen, die einer Fortsetzung der bisherigen Ausbildung entgegenstehen, rechtzeitig zu begegnen. Sobald er sich Gewissheit über die Gründe für den Wechsel des Studienfachs verschafft hat, muss er deshalb, damit ein wichtiger bzw. unabweisbarer Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG bejaht werden kann, unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), die erforderlichen Konsequenzen ziehen und die bisherige Ausbildung aufgeben. Diese Verpflichtung ergibt sich aus den Anforderungen selbst, die an das Vorliegen eines wichtigen oder unabweisbaren Grundes im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG zu stellen sind; dazu gehört auch die Pflicht des Auszubildenden, seine Ausbildung umsichtig zu planen und zielstrebig durchzuführen. Ob der Auszubildende seiner Verpflichtung zu unverzüglichem Handeln entsprochen hat, beurteilt sich dabei nicht allein nach objektiven Umständen. Es ist vielmehr auch in subjektiver Hinsicht zu prüfen, ob ein etwaiges Unterlassen notwendiger Maßnahmen dem Auszubildenden vorwerfbar ist und ihn damit ein Verschulden trifft oder ob ein solches Unterlassen durch ausbildungsbezogene Umstände gerechtfertigt ist.
16Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 1990 - 5 C 45.87 -, juris Rn. 13; OVG NRW, Urteil vom 25. September 2023 - 12 A 1659/21 -, juris Rn. 115; Nds. OVG, Beschluss vom 19. Juli 2022 - 14 PA 247/22 -, juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 29. Juni 2020 - OVG 6 S 22/20 -, juris Rn. 13.
17Ausgehend von diesen Grundsätzen ist nicht erkennbar, dass der Kläger mit der notwendigen Umsicht und Zielstrebigkeit an die Planung und Durchführung seiner Ausbildung herangegangen ist. Es lässt sich auf der Grundlage seiner Angaben schon nicht feststellen, dass der Kläger das Studium der Romanistik unverzüglich aufgegeben hat, nachdem er zu der Erkenntnis gelangt war, er könne sich eine spätere Berufstätigkeit in diesem Bereich nicht vorstellen. Er war vom 1. Oktober 2016 bis zum 14. März 2018 in diesem Studiengang eingeschrieben, d. h. für nahezu drei vollständige Semester. Die von ihm auf Bitte des beklagten Studierendenwerks vorgelegte "Übersicht der Leistungsnachweise" (ausgestellt vom Prüfungsamt der Fakultät für Philologie der C.-Universität P. am 29. Januar 2020) weist für alle angegebenen Fächer (Italienisch; Spanisch; Optionalbereich) jeweils 0 Kreditpunkte aus; unter "Zusatzprüfungen – Veranstaltungen" sind nahezu ausschließlich im Wintersemester 2016/17 besuchte Veranstaltungen angegeben (und lediglich eine im Sommersemester 2017 absolvierte und als "nicht bestanden" gewertete Übung). Das deutet darauf hin, dass der Kläger das Romanistikstudium jedenfalls im Sommersemester 2017 und Wintersemester 2017/18 nicht mehr ordnungsgemäß betrieben hat.
18Zu keiner anderen Würdigung führt der Umstand, dass der Kläger sich - seinen Angaben zufolge - zunächst erfolglos "für Wirtschaft" beworben hatte. Selbst wenn man hierbei zugunsten des Klägers unterstellt, dass damit der Studiengang der Wirtschaftsmathematik gemeint war und er eigentlich wunschgemäß eine Ausbildung in dieser Fachrichtung angestrebt hätte (jedenfalls nach der Aufgabe des Informatikstudiums), sind Zulassungshindernisse, welche die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen könnten, nicht ansatzweise schlüssig dargelegt.
19Hochschulrechtliche Zulassungsbeschränkungen, die den Auszubildenden an der Aufnahme eines seiner Neigung am meisten entsprechenden Studiums hindern, können die Aufnahme eines anderen, weniger neigungsgerechten Studiums förderungsrechtlich grundsätzlich nur dann rechtfertigen, wenn der Auszubildende dieses Studium zielstrebig als Alternative zum Wunschstudium mit dem Willen betreibt, es für den Fall eines Scheiterns seiner Bemühungen, zum Wunschstudium zugelassen zu werden, berufsqualifizierend abzuschließen. Fehlt es an diesem Willen zum berufsqualifizierenden Abschluss in dem anstelle des Wunschstudiums aufgenommenen Studium, beabsichtigt der Auszubildende vielmehr lediglich, die Wartezeit bis zur Zulassung zum Wunschstudium zu überbrücken, dann ist bereits deshalb ein wichtiger Grund für den späteren Fachrichtungswechsel nicht anzuerkennen.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 1990 - 5 C 45.87 -, juris Rn. 14; OVG NRW, Urteil vom 29. November 1999 - 16 A 3413/98 -, juris Rn. 48 und Beschluss vom 23. März 2023 - 12 A 1785/21 -, juris Rn. 6; Bay. VGH, Beschluss vom 13. November 2017 - 12 CE 17.1796 -, juris Rn. 5; Buter, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand: November 2023, § 7 Rn. 42.3; Steinweg, in: Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 8. Aufl. 2024, § 7 Rn. 146.
21Dass der Kläger das Romanistikstudium durchgehend mit dem Willen betrieben hat, es - für den Fall eines Scheiterns seiner Bemühungen, zur Wunschausbildung zugelassen zu werden - berufsqualifizierend abzuschließen, stellt sich schon deshalb als fernliegend dar, weil er selbst gegenüber dem beklagten Studierendenwerk angegeben hat, er habe sich während des Studiums nicht vorstellen können, später in diesem Bereich berufstätig zu sein. Es erscheint sinnlos, eine Ausbildung abschließen zu wollen, wenn man sich hiernach eine einschlägige Berufstätigkeit in diesem Bereich nicht vorstellen kann. Dass der Kläger im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens - nämlich mit Datum vom 5. Februar 2020 - eine anderslautende Erklärung abgegeben hat ("Selbstverständlich können sie davon ausgehen, dass ich beide Studiengänge die ich aufgenommen habe (Informatik, Romanistik) berufsqualifizierend abschließen wollte"), hat kein entscheidendes Gewicht. Diese Äußerung stellt sich als verfahrensangepasste Reaktion auf das vorangegangene Anschreiben des Studierendenwerks vom 21. Januar 2020 dar ("… bitte reichen Sie uns, zwecks Überprüfung Ihres Antrages auf Ausbildungsförderung vom 31.10.2018 gem. § 44 SGB X, eine schriftliche Erklärung ein, ob Sie Ihr vorheriges Studium an der C. Universität P. berufsqualifizierend abschließen wollten"). Eine plausible Erklärung des zu seiner früheren Aussage bestehenden inhaltlichen Widerspruchs ist der Kläger schuldig geblieben. Auch dass der Kläger nach dem Wintersemester 2016/17 offenbar keine Leistungen mehr in dem Studium der Romanistik erbracht hat, spricht deutlich gegen eine Absicht, diese Ausbildung noch zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Zudem hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass er sich nach der erfolglosen Bewerbung "für Wirtschaft" weiterhin in der gebotenen Weise darum bemüht hat, einen Studienplatz in der eigentlich angestrebten Fachrichtung möglichst frühzeitig zu erhalten.
22Soweit der Kläger geltend macht, er habe vor dem Wintersemester 2018/19 keine Ausbildungsförderung für seine zuvor betriebenen Studien in Anspruch genommen, ist dieser Umstand weder für das Erfordernis des Vorliegens eines wichtigen Grundes i. S. v. § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG noch für die insoweit zu stellenden Anforderungen von Bedeutung.
23Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2014- 12 A 1260/14 -, Rn. 6 f.; Buter, in: Rothe/Blanke, BAföG, Stand: November 2023, § 7 Rn. 8 und 42.7, jeweils m. w. N.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO sowie aus § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
25Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).