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Das Verfahren wird eingestellt.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. Oktober 2014 - 12 L 1776/24 - ist wirkungslos, soweit er nicht rechtskräftig geworden ist.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 60 % und die Antragsgegnerin zu 40 %, die des zweitinstanzlichen Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren - unter Änderung der Festsetzungsentscheidung des Verwaltungsgerichts - auf 12.500 Euro und für das Beschwerdeverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der Berichterstatter entscheidet in entsprechender Anwendung von § 87a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 VwGO anstelle des Senats.
3I. Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, nachdem es von den Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist. Zur Klarstellung ist der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Dies gilt nicht für die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich der Anordnung zu 5. in der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 24. Mai 2024, denn insoweit ist der Beschluss nicht mit der Beschwerde angegriffen und daher rechtskräftig geworden.
4Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Danach hat das Gericht bei Erledigung der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
5In der Regel entspricht es der Billigkeit, dem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, der ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich unterlegen wäre. Der in § 161 Abs. 2 VwGO zum Ausdruck kommende Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit befreit jedoch nach Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache das Gericht von dem Gebot, anhand eingehender Erwägungen abschließend über den Streitstoff zu entscheiden. Wirft der in der Hauptsache erledigte Rechtsstreit schwierige Sach- oder Rechtsfragen auf, so entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, die Verfahrenskosten gemäß § 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu teilen.
6Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 2024- 2 VR 9.23 -, juris Rn. 2, m. w. N. zur st. Rspr.
7Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Ob die Beschwerde der Antragstellerin vor Eintritt der Erledigung des Rechtsstreits Erfolg gehabt hätte, wirft Fragen auf, die sich nicht einfach beantworten lassen. Voraussichtlich wäre eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage erforderlich gewesen, die nach Erledigung der Hauptsache nicht mehr geboten ist. Es entspricht daher - mit Ausnahme des auf die Anordnung zu 5. der Ordnungsverfügung entfallenden Anteil der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens - grundsätzlich der Billigkeit, die Kosten des Rechtsstreits für beide Instanzen hälftig zu teilen
8Eine Entscheidung auf der Grundlage einer von den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs losgelösten Interessenabwägung wäre hier voraussichtlich allenfalls nach einer summarischen Prüfung der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Anordnungen in Betracht gekommen. Soweit das Verwaltungsgericht im Zusammenhang der von ihm angenommenen offenen Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage ausgeführt hat, es sei nicht seine Aufgabe, "sich im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens dezidiert mit den zahlreichen Berichten insbesondere des Medizinischen Dienstes Nordrhein sowie der Heimaufsichtsbehörde der Antragsgegnerin betreffend die seit August 2021 durchgeführten Regel- sowie insbesondere Anlassprüfungen nebst den hierauf bezogenen Stellungnahmen der Antragstellerin zu befassen", und eine "diesbezügliche Prüfung" müsse "dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben", dürfte sich dieser Standpunkt als rechtlich nicht tragfähig erweisen.
9Der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kommt auch die Aufgabe zu, irreparable Entscheidungen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit als möglich auszuschließen. Hieraus ergibt sich die verfassungsrechtliche Bedeutung des Suspensiveffekts. Ohne die aufschiebende Wirkung der Klage würde der Verwaltungsgerichtsschutz im Hinblick auf die notwendige Dauer der Verfahren häufig hinfällig, weil bei sofortiger Vollziehung des Verwaltungsakts regelmäßig vollendete Tatsachen geschaffen würden. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet allerdings nicht die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen im Verwaltungsprozess schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange können es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Grundsätzlich ist bei der Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine summarische Prüfung verfassungsrechtlich unbedenklich; die notwendige Prüfungsintensität steigt jedoch mit der drohenden Rechtsverletzung, die bis dahin reichen kann, dass die Gerichte unter besonderen Umständen - wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen - dazu verpflichtet sein können, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Droht einem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist - erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen. Denn in diesen Fällen kann das Fachgericht nur im einstweiligen Rechtsschutz eine endgültige Grundrechtsverletzung verhindern. Ausschließlich auf eine sorgfältige und hinreichend substantiierte Folgenabwägung kommt es nur an, soweit eine - nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende - Rechtmäßigkeitsprüfung nicht möglich ist.
10Vgl. BVerfG, Stattgebende Kammerbeschlussvom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris Rn. 19 f., m. w. N.; siehe auch BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20. September 2019- 2 BvR 880/19 -, juris Rn. 26.
11Ausgehend von diesen Maßgaben spricht alles dafür, dass eine Entscheidung ausschließlich auf der Basis einer bloßen Folgenabwägung hier - zumal nach mehrmonatiger Verfahrenslaufzeit - nicht in Betracht kam und auch im Beschwerdeverfahren voraussichtlich nicht infrage gekommen wäre. Denn dass eine summarische Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Anordnungen anhand der Aktenlage im vorliegenden Eilverfahren nicht möglich war, ist nicht zu erkennen und erschließt sich auch nicht aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter 2. b. (2) der Beschlussgründe (S. 8 f.).
12Bei der Kostenverteilung für das erstinstanzliche Verfahren ist zu Lasten der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsgericht ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich der Anordnung zu 5. als teilweise unzulässig und im Übrigen als unbegründet angesehen hat, ohne dass dies mit der Beschwerde angegriffen worden ist. Darauf beruht die unterschiedliche Kostenverteilung für die beiden Instanzen.
13II. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Die unter den Ziffern 1 bis 5 getroffenen Anordnungen sind jeweils Grundlage eigenständiger Streitgegenstände, deren Werte nach § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen sind, wobei die mit der Ziffer 5 getroffenen Regelungen als einheitlicher Streitgegenstand gewertet werden können. Dabei legt der Senat für jede der fünf (bzw. im Beschwerdeverfahren vier) Ziffern jeweils den Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG zugrunde, weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Das gilt auch für die Anordnung zu 1., mit welcher die Antragsgegnerin der Antragstellerin "vorerst bis zum 30.11.2024 […] die Aufnahme weiterer Nutzer/Innen in der oben genannten Einrichtung" untersagte. Angesichts dieser Befristung erscheint der Rückgriff auf den Auffangwert angemessen, zumal die Antragstellerin auch nichts zum konkreten Umfang der anordnungsbedingt eintretenden bzw. eingetretenen wirtschaftlichen Verluste vorgetragen hat. In Anlehnung an die Ziffer 1.5 des aktuellen Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit setzt der Senat im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hälfte des (kumulierten) Hauptsachestreitwerts an und sieht von einer Anhebung ab. Die Befugnis zur Änderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
14Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).