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Mit § 43 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW hat der Gesetzgeber eine umfängliche Übergangsregelung für noch nicht abgeschlossene Verfahren geschaffen, die auch Eintragungen in die Denkmalliste erfasst.
Bei der Unterschutzstellung einer abgegrenzten Grundstücksfläche als Bodendenkmal gemäß §§ 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 5 DSchG NRW a. F. muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sowohl angenommen werden können, dass in der unter Schutz gestellten Fläche überhaupt ein Bodendenkmal vorhanden ist, als auch, dass dies für die gesamte von der Unterschutzstellung betroffene Fläche gilt. Es genügt nicht, dass das Vorhandensein eines Bodendenkmals nur vermutet oder für überwiegend wahrscheinlich gehalten wird.
Erforderlich ist eine wissenschaftliche Absicherung, die sich etwa auf Fundstücke, Bodenveränderungen, Luftbilder oder Analogien zu bereits erforschten Fällen stützen kann.
Die Unterschutzstellung eines Bodendenkmals ist insgesamt rechtswidrig, wenn sich nicht auf der gesamten unter Schutz gestellten Fläche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Bodendenkmal befindet.
Insoweit sind die Verwaltungsgerichte auch nicht zu einer weiteren Beweiserhebung, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, gehalten.
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Eintragung des Bodendenkmals „Gelände des ehemaligen Z.hofs“ in die Denkmalliste der Beklagten (Lfd. Nr.: B00000) und der der Klägerin darüber erteilte Bescheid der Beklagten vom 19. August 2020 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Eintragung des „Geländes des ehemaligen Z.hofs“ als Bodendenkmal in die Denkmalliste der Beklagten.
3Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung F., Flur 00, Flurstücke 115 und 124 (I. Straße/L.-straße 2 in F.). Diese sind mit einem Gebäudekomplex der Fachhochschule F. sowie einem Parkplatz bebaut. Überdies finden sich auf ihnen oberirdisch erhaltene Mauerreste des als Baudenkmal eingetragenen Z.hofs sowie eine Gartenanlage mit historischem Baumbestand, eine Teichanlage und Freiflächen. Auf ihren Grundstücken beabsichtigt die Klägerin die Errichtung von Erweiterungsbauten der Fachhochschule F.
4Mit Schreiben vom 16. Februar 2017 hörte die Beklagte die Klägerin zu der von ihr beabsichtigten Eintragung von im Boden ihrer Grundstücke vorhandenen Strukturen als Bodendenkmal in die Denkmalliste an. Laut den Ergebnissen einer geophysikalischen Prospektion aus dem Jahre 2016 - gemeint ist die im August 2016 an der U. F. von Frau A. S. C. eingereichte Bachelorarbeit „Bauwerkserkundung im F. Stadtgebiet mit Georadar“ (im Folgenden: C. 2016) - seien untertägig noch Strukturen, vermutlich Fundamentzüge und eventuell Kellerräume, des ehemaligen Z.hofs vorhanden.
5Die Klägerin widersprach der beabsichtigten Eintragung mit Schreiben vom 29. Mai 2017. Es bestünden Zweifel, dass es sich bei den untertägigen Strukturen um ein Bodendenkmal handele. Dahingehende Annahmen der Beklagten seien spekulativ, die Prospektionsergebnisse nicht hinreichend belastbar. Baulich und historisch wertvolle Bauelemente seien nach dem Zweiten Weltkrieg ausgebaut und abtransportiert worden. Es sei auch nicht erkennbar, warum der gesamte Bereich des Teichs und die zwischen Teich und Z.hof befindlichen Freianlagen unter Schutz gestellt werden sollten.
6Unter dem 7. Juni 2017 überarbeitete die Beklagte den Entwurf des Bodendenkmalblatts, reduzierte den Umfang der einzutragenden Fläche des Bodendenkmals und hörte die Klägerin unter dem 12. Juni 2017 zu dessen beabsichtigter Unterschutzstellung im nun geänderten Umfang an. Ebenfalls mit Schreiben vom 12. Juni 2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Abtransport von abgebrochenen Baumaterialien nicht habe bestätigt werden können. Der schon damals für das Gelände zuständige Hausmeister hätte Dritten mitgeteilt, das Baumaterial sei zum Auffüllen der Keller genutzt worden. Die Teiche gehörten, wie sich historischen Zeichnungen von J. X. entnehmen lasse, zur Gesamtanlage des Z.hofs. Ihre Form, Anlage und Beschaffenheit sei essentiell für die Interpretation der Bedeutung und Nutzung der Anlage. Darüber hinaus seien in den Sedimenten von verlandeten Bereichen wichtige Aussagen zur Vegetation, Gestaltung und wirtschaftlichen Nutzung der ehemaligen Anlage in Form pflanzlicher Makroreste enthalten.
7Am 9. August 2018 führten die Beteiligten eine Ortsbesichtigung durch. In einem hierüber gefertigten Protokoll vom 18. Oktober 2018 hielt die Beklagte fest, dass die Klägerin zwei Prospektionsschnitte archäologisch untersuchen lassen werde.
8Mit Bescheid vom 19. August 2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie das „Gelände des ehemaligen Z.hofs“ (Gemarkung F., Flur 00, Flurstücke 115, 124 [Teilbereiche]) gemäß eines beigefügten Lageplans, der Bestandteil der Eintragung sei, nach § 3 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW unter dem Datum des Bescheids als ortsfestes Bodendenkmal in die Denkmalliste eingetragen habe (Lfd. Nr.: B00000). In dem Eintragungsblatt zur Denkmalliste der Beklagten heißt es unter dem Punkt „Darstellung der wesentlichen Merkmale des Denkmals“:
9„Der sogenannte Z.hof war ursprünglich ein Lehnsgut des F. Münsterstiftes und findet urkundlich erstmals im Jahr 1438 Erwähnung. 1655 - 1657 wurde auf den Fundamenten eines Vorgängerbaus ein neues Gebäude errichtet, welches jedoch im Zweiten Weltkrieg stark zerstört wurde, so dass obertägig nur noch ein Teil der Ostfassade und einige Bereiche der Zuwegung erhalten sind. Laut den Ergebnissen einer geophysikalischen Prospektion im Jahr 2016 sind untertägig noch Strukturen, vermutlich Fundamentzüge und evtl. Kellerräume des Komplexes, vorhanden.“
10In dem Bodendenkmalblatt, das Teil der Eintragung ist, heißt es im Abschnitt „Archäologische Situation und Befunderwartung“ unter anderem:
11„Das Gelände wird heute im nördlichen und östlichen Bereich durch die noch nachvollziehbaren Elemente einer Parkgestaltung mit hist. Baumbestand, Freiflächen sowie einer Allee zum Tor an der I. Straße geprägt […]. Im Norden liegt dem ehemaligen Hofgelände eine Teichanlage vor […]. Eine im Jahre 2016 durch die U. F. durchgeführte Geoprospektion […] erbrachte, dass im Bereich des Parkplatzes untertägig lineare Strukturen vorhanden sind, welche mit den erwarteten Mauerverläufen des Z.hofes übereinstimmen […]. Die Bearbeiterin sprach im Zuge der Prospektion auch mit Zeitzeugen des Abbruchs, welche bestätigten, dass der Schutt des Gebäudes vor Ort ausplaniert, die noch vorhandenen Innenbereiche damit aufgefüllt wurden. Eine Fotodokumentation darüber befindet sich im Archiv der Firma H., welche damals beabsichtigte, das Gebäude neu zu errichten […]. Unterhalb des heutigen Parkplatzes ist deshalb nicht nur mit Keller- und Grundmauern der historischen Anlage, sondern auch in der Verfüllung der Kellerräume mit Resten der ehemaligen Architektur, möglicherweise sogar der zerstörten Innenausstattung und diversen Alltagsgegenständen zu rechnen. Der Schutzbereich umfasst im Kern neben Fundamenten und Kellern des Herrenhauses auch die Bereiche der Vorbauten des 19. Jh und der Ökonomiegebäude aus dem 18. Jh sowie die ehemalige, charakteristische Wasserumwehrung der Anlage mit Böschungskanten. Im Norden zählen dazu ebenfalls die verlandeten Wassergräben und Teiche, welche nicht nur einen Eindruck der ehemaligen Parkanlage wiedergeben, sondern darüber hinaus in ihren Sedimenten in Form pflanzlicher Makroreste wichtige Aussagen zur Vegetation, Gestaltung und wirtschaftlichen Nutzung der ehemaligen Anlage enthalten.“
12Ferner ist im Bodendenkmalblatt im Abschnitt „Denkmalrechtliche Begründung“ unter anderem ausgeführt:
13„Die Herrenhausruine ist unmittelbar mit dem nördlich und westlich vorgelagerten Park verknüpft, in dem sich mit einem weiteren Tor und der Einfriedung an der I. Straße, der historischen Teichanlage in der Nordwestecke und der Baumallee resp. Sichtachse nach Osten noch wesentliche Elemente erhalten haben […]. Der ehemals umgebende Wassergraben dürfte nach den vorliegenden Informationen ebenfalls lediglich zugeschüttet, aber im Boden noch erhalten sein.“
14Die Klägerin hat am 31. August 2020 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Es sei unstreitig, dass sich auf dem Gesamtareal Relikte des alten Z.hofs befänden. Ob sich unter den derzeit als Parkflächen genutzten Bereichen jedoch ein Bodendenkmal befinde, sei nicht hinreichend belegt. Ihr Gutachter Dr. Y. sei in seinen Stellungnahmen vom 12. Juni 2020, vom 19. November 2020 und vom 11. Januar 2021 zu dem Ergebnis gekommen, dass die Festlegung der Grenzen des Bodendenkmals nicht belastbar begründet worden seien. Bestätigt würde dies durch die Arbeit C. 2016, in der es heiße, dass die am Gut Z.hof erhobenen Daten keine eindeutigen Ergebnisse erbracht hätten. Überdies habe sich ausweislich des eigens eingeholten Gutachtens „Bericht zur archäologischen Sachverhaltsermittlung - F., Z.hof“ der Firma W.de aus März 2021 durch zwischenzeitlich durchgeführte Untersuchungen herausgestellt, dass sich im Südwesten kein Bodendenkmal befände. Im Nordwesten sei eine Untersuchung nicht möglich gewesen, im Nordosten seien Mauern festgestellt worden, die zum Teil aus Bauschutt errichtet worden seien. Die Behauptung, dass Reste des Z.hofs noch im Untergrund vorhanden seien, habe sich durch die Untersuchungen der Archäologen als unrichtig erwiesen. Auch Zeichnungen könnten nichts darüber aussagen, was im Boden zu finden sei und ob es sich um Reste eines Denkmals handele. Der Teich sei kein Überbleibsel einer alten Wasserumwehrung, sondern im 19. Jahrhundert angelegt worden.
15Die Klägerin hat beantragt,
16den Bescheid der Beklagten vom 19. August 2020 über die Unterschutzstellung und Eintragung des Bodendenkmals „Z.hof“ auf dem Grundstück F., I. Straße/L. straße 2, Gemarkung F., Flur 00, Flurstücke 115 und 124, aufzuheben und die Eintragung in der Denkmalliste der Beklagten zu löschen.
17Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie hat zur Begründung ausgeführt: Die Grenzen des Bodendenkmals seien eindeutig definiert und nicht willkürlich festgelegt. Die von C. durchgeführte Georadaruntersuchung sei Grundlage der Begründung des Denkmalwerts und damit der Eintragung. Aus dieser folge auch die räumliche Abgrenzung des eingetragenen Bodendenkmals, die nicht mit den Grenzmauern der Kellerbebauung identisch sei. Sie orientiere sich im Norden am Verlauf des Restes der Wasserumwehrung, im Osten an dem noch obertägig erkennbaren Verlauf des sichtbaren Grabens und im Süden und Westen an den Ergebnissen des Georadars. Allein der Umstand, dass verfüllte Kellerräume des Z.hofs durch Georadaruntersuchungen belegt seien, reiche aus, um das Vorhandensein des Bodendenkmals zu begründen. Bei dem vom Sachverständigen der Klägerin genannten Teich handele es sich nach Auszügen historischer Karten tatsächlich um ein Überbleibsel der früheren Wasserumwehrung bzw. der äußeren der beiden Umwehrungen auf der Nordseite des Z.hofs.
20Der Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt. Er hat ausgeführt: Durch die Grabungen der Firma W.de habe die Abgrenzung des Bodendenkmals im Süden bestätigt werden können. Im Norden des Guts Z.hof hätten Untersuchungen aufgrund von altem Baumbestand nur oberflächlich durchgeführt werden können. Trotz der unklaren Befundlage seien Teiche und Bruchsteinmauern als Teil der Baugeschichte des Guts Z.hof zu werten, die erst durch seine Zerstörung im Zweiten Weltkrieg geendet habe und deren Reste noch im Untergrund erhalten seien. Ein Großteil der Teichanlagen habe sich vermutlich unter der nördlichen Bebauung erhalten. Auch die unterirdischen Hinterlassenschaften der Gartenanlagen, die in der Barockzeit u. a. mit großen Wasserteichen und Springbrunnen erweitert worden seien, seien Teil des Bodendenkmals. Die Parkanlage sei im Laufe des 19. Jahrhunderts verändert worden. Die Tranchot-Karte (1805-1807) zeige damals noch nördlich des Z.hofs vorhandene barocke Teichanlagen, die preußische Uraufnahme von 1843 nur noch die von Mauern eingefassten Schlossgräben. Die Neuaufnahme von 1893 zeige eine Teichanlage in ähnlichem Ausmaß wie heute. Dies stehe unter Umständen in Verbindung mit der Umgestaltung in einen englischen Landschaftsgarten im 19. Jahrhundert.
21Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 15. Juli 2022 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid vom 19. August 2020 finde seine rechtliche Grundlage in § 3 DSchG NRW in der bis zum 31. Mai 2022 geltenden Fassung. Aus den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen ergebe sich, dass auf der nahezu gesamten unter Schutz gestellten Fläche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Bodendenkmal vorhanden sei. Es könne unter Rückgriff auf die Arbeit C. 2016 mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass jedenfalls im Bereich des Parkplatzes Reste der Außenmauern des vormaligen Z.hofs vorhanden seien. Die von der Klägerin erhobenen Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der erfolgten Unterschutzstellung im Hinblick auf die Größe der hiervon betroffenen Fläche seien unbegründet. Der im Norden gelegene Teich sei als Überbleibsel des vormaligen zum Z.hof gehörenden Wassergrabens anzusehen. Dies ergebe sich aus den historischen Karten, auf denen - wenn auch in unterschiedlicher Ausdehnung - ein Wassergraben im Bereich entlang der nördlichen Grundstücksgrenze erkennbar sei. Die im Nordosten von der Firma W.de festgestellten Bruchsteinmauern bestünden nach den Ausführungen in ihrem Bericht zum Teil aus Bauschutt, der beim Abbruch des Z.hofs angefallen sei. Die Einbeziehung dieses nördlich des vormaligen Z.hofs gelegenen Grundstücksteils in den Bereich des Bodendenkmals sei danach sachlich begründet und verhältnismäßig.
22Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vertiefend vor, es fehle bereits an dem erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad, der sich zum einen auf das Vorhandensein eines Bodendenkmals, zum anderen auf dessen Vorhandensein auf der gesamten von der Unterschutzstellung betroffenen Fläche erstrecken müsse. Hinsichtlich des Bereichs des Parkplatzes seien die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend belastbar. Dieses habe zudem den unter Schutz gestellten Teich in unzutreffender Weise als Überbleibsel der historischen Wasserumwehrung qualifiziert und sich mit den gegenteiligen Ausführungen ihres Gutachters Dr. Y. nicht hinreichend auseinandergesetzt. Es stehe danach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Teich in seinem gesamten Ausmaß kein Überbleibsel der Wasserumwehrung sein könne. Zudem reiche die Unterschutzstellung räumlich über die Uferkante des Gewässers hinaus. Auch die Annahme des Gerichts, die im Nordosten gelegenen Bruchsteinmauern seien aus Bauschutt des Z.hofs errichtet worden, sei durch nichts belegt. Selbst wenn sich im Boden der Grundstücke denkmalwerte Sachen befänden, blieben deren Lage und Ausdehnung ungewiss. Falls dort in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Umfang Substanz des Z.hofs vorhanden wäre, beschränkte sich diese bezüglich weiter Teile des unter Schutz gestellten Bereichs auf Bauschutt, der nicht denkmalwürdig sei. Dies betreffe vorwiegend die im Norden festgestellten Bruchsteinmauern und die im südlichen Bereich festgestellten Bauschuttauffüllungen.
23Die Klägerin beantragt,
24das angefochtene Urteil zu ändern und die Eintragung des Bodendenkmals „Gelände des ehemaligen Z.hofs“ in die Denkmalliste der Beklagten (Lfd. Nr.: B00000) und den der Klägerin darüber erteilten Bescheid der Beklagten vom 19. August 2020 aufzuheben.
25Die Beklagte beantragt,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Zur Begründung wiederholt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt vertiefend vor: Für den im Norden gelegenen Teich stehe auf Grundlage der historischen Karten zweifelsfrei fest, dass es sich bei diesem um das Überbleibsel des vormaligen zum Z.hof gehörenden Wassergrabens bzw. der damaligen Wasserumwehrung handele. Der schmale Grundstücksstreifen nördlich des heutigen Teiches sei ein Überbleibsel des Barockgartens, was seinen Denkmalwert begründe. Darüber hinaus sei ein Teil des wasserführenden Bereichs verlandet, besitze aber ungeachtet dessen wegen des Eindrucks von den früheren Parkanlagen und den in den Sedimenten enthaltenen Aussagen zu Vegetation, Gestaltung und wirtschaftlicher Nutzung Denkmalwert. Betreffend die im Nordosten gelegenen Bruchsteinmauern sei festzuhalten, dass es sich bei diesen jedenfalls als Teil der Garten- und Teichanlagen und somit einer Umnutzung der ehemaligen Wehranlage um einen Bestandteil des Guts Z.hof handele. Die Flächen, zu denen sich die erstinstanzliche Entscheidung vermeintlich nicht verhalten habe, seien zum einen Überbleibsel des angelegten Barockgartens. Zum anderen handele es sich bei den zwischen den Außenmauern des Z.hofs und dessen vormaliger Wasserumwehrung vorhandenen Flächen um die verlandete innere Wasserumwehrung, in deren Schichten Relikte der jeweiligen Zeitabschnitte erhalten seien, sowie um Nutzflächen des Guts Z.hof. Es stehe fest, dass dessen Abbruchmaterial zur Verfüllung von Kellern und zur Anschüttung verwendet worden sei. Auch das Abbruchmaterial besitze Denkmalwert.
28Der Beigeladene stellt keinen Sachantrag. Er trägt vor: Es sei durch die Georadaruntersuchung, die Vorkenntnisse über die Mauern des Herrenhauses und die denkmalfachliche Ersteinschätzung nachgewiesen, dass sich noch Mauerstrukturen im Boden befänden. Zahlreiche archäologische Ausgrabungen von im Zweiten Weltkrieg zerstörten Gebäuden in Köln und Emmerich hätten gezeigt, dass man nach dem Krieg Kellermauern nicht entfernt, sondern im Boden belassen habe. Dies gelte mittels zulässigem Analogieschluss auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für das Gut Z.hof. Der zur Verfüllung der Keller genutzte Bauschutt bilde ein Archiv, in dem Informationen zur historischen Hofanlage konserviert seien.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der hinzugezogenen Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts F. und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31Die zulässige Berufung hat Erfolg.
32Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.
331. Die Klage ist zulässig.
34Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO statthaft. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage, die sich gegen die konstitutiv wirkende Eintragung des Bodendenkmals und den darüber erteilten Bescheid der Beklagten vom 19. August 2020 richtet, die Aufhebung eines belastenden, noch nicht erledigten Verwaltungsaktes.
35Die am 1. Juni 2022 in Kraft getretene Neufassung des nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes, wonach gemäß § 5 Abs. 2 DSchG NRW der Schutz von Bodendenkmälern nicht länger von deren Eintragung in die Denkmalliste abhängig ist, mithin kein Verwaltungsakt mehr ergeht (sog. deklaratorisches Verfahren), findet hier keine Anwendung. Vielmehr ist das Denkmalschutzgesetz vom 11. März 1980 in der bis zum 31. Mai 2022 geltenden Fassung (im Folgenden: DSchG NRW a. F.) anzuwenden.
36Dies ergibt sich aus der Übergangsregelung in § 43 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW, nach der die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahren nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Verfahren fortzuführen und abzuschließen sind. Diese Regelung erfasst auch die - hier streitgegenständliche und vor dem vor dem 1. Juni 2022 erfolgte - Eintragung in die Denkmalliste. Die Formulierung „nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Verfahren“ ist vor dem Hintergrund der in § 43 Abs. 1 DSchG NRW zum Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers zu verstehen. Danach gelten die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes vorgenommenen Eintragungen von Denkmälern fort. Dem kann der gesetzgeberische Wille entnommen werden, die Anwendung des neuen Denkmalschutzgesetzes auf bis zum 31. Mai 2022 eingetragene Denkmäler - sei die Eintragung auf Antrag oder von Amts wegen erfolgt - auszuschließen. Den insoweit äußerst knappen Gesetzesbegründungen,
37LT-Drs. 17/16518, S. 86; LT-Drs. 17/16999, S. 1 f.,
38lässt sich noch hinreichend deutlich entnehmen, dass der Gesetzgeber mit § 43 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW eine umfängliche Übergangsregelung für noch nicht abgeschlossene Verfahren schaffen wollte. Andernfalls hinge die Anwendung des maßgeblichen materiellen Rechts bei vergleichbaren Sachverhalten von der Art der Einleitung des Verfahrens ab, dessen Beginn auch von Dritten - etwa einem Landschaftsverband - initiiert werden kann.
392. Die Klage ist auch begründet.
40Die Eintragung des Bodendenkmals in die Denkmalliste der Beklagten und der der Klägerin erteilte, die Eintragung betreffende Bescheid der Beklagten vom 19. August 2020 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
41a. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung des „Geländes des ehemaligen Z.hofs“ als Bodendenkmal liegen nicht für die gesamte unter Denkmalschutz gestellte Fläche vor.
42aa. Rechtsgrundlage für die Eintragung eines Bodendenkmals in die Denkmalliste ist § 3 Abs. 1 DSchG NRW a. F. i. V. m. § 2 Abs. 1 und 5 DSchG NRW a. F.
43Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW a. F. sind Denkmäler, also Sachen oder Mehrheiten von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW a. F.), in die Denkmalliste einzutragen. Ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung und Nutzung besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für ihre Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW a. F.).
44Gemäß § 2 Abs. 5 DSchG NRW a. F. sind Bodendenkmäler bewegliche oder unbewegliche Denkmäler, die sich im Boden befinden oder befanden. Als Bodendenkmäler gelten auch Zeugnisse tierischen und pflanzlichen Lebens aus erdgeschichtlicher Zeit, ferner Veränderungen und Verfärbungen in der natürlichen Bodenbeschaffenheit, die durch nicht mehr selbständig erkennbare Bodendenkmäler hervorgerufen worden sind, sofern sie die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen.
45Bodendenkmäler sind nicht nur die beweglichen oder unbeweglichen Sachen oder Mehrheiten von Sachen, die Anlass für die Unterschutzstellung bieten. Zum Bodendenkmal gehören auch die Erd- oder Gesteinsschichten, die diese Sachen umgeben und mit ihnen eine Einheit bilden. Diese denkmalrechtlich anerkannte Einheit von Boden und Bodendenkmal darf aber nicht missverstanden werden. Der Boden hat keinen Denkmalwert für sich. Er darf nicht aus seiner Funktion für ein konkretes Bodendenkmal gelöst und unter Schutz gestellt werden. Entscheidend bleibt der Wert, den der Boden zusammen mit dem eigentlichen Bodendenkmal als Informationsträger hat, etwa weil wissenschaftlich fundierte Aussagen über im Boden verborgene Sachen nur aufgrund ihrer Lage in einer bestimmten Bodenschicht oder aufgrund ihrer Lage zu anderen Sachen möglich sind, mithin er ihren geschichtlichen Kontext maßgeblich mitbestimmt.
46Vgl. OVG NRW, Urteile vom 21. Dezember 1995 - 10 A 4827/94 -, juris Rn. 30 f., und vom 5. März 1992 - 10 A 1748/86 -, juris Rn. 44 ff.; Beschluss vom 11. Juli 2019 - 10 A 4383/18 -, juris Rn. 29.
47Dabei können sich Bodendenkmäler auch in einem Gewässer (§ 13 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW a. F), mithin unter der Wasseroberfläche befinden (so nunmehr ausdrücklich § 2 Abs. 5 Satz 1 DSchG NRW n. F.).
48Vgl. Koehl, in: Martin/Krautzberger, Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Aufl. 2022, Teil C. Rn. 129; Hönes, in: Davydov/Hönes/Ringbeck/Stellhorn, Denkmalschutzgesetz NRW, 7. Auflage 2024, § 2 Rn. 165.
49Nach der Senatsrechtsprechung zu § 2 Abs. 5 DSchG NRW a. F. ist es erforderlich, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der betroffenen Fläche ein Bodendenkmal vorhanden ist. Bei der Unterschutzstellung einer abgegrenzten Grundstücksfläche als Bodendenkmal genügt es einerseits nicht, dass das Vorhandensein eines Bodendenkmals nur vermutet (vgl. insoweit § 19 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW a. F.) oder für überwiegend wahrscheinlich gehalten wird. Andererseits muss wegen der für Bodendenkmäler bestehenden Besonderheit, dass eine durch Grabungen vermittelte sichere Anschauung gleichzeitig auch die zumindest partielle Zerstörung des Denkmals bedeutet, keine vollständige Gewissheit über das Vorhandensein eines Bodendenkmals bestehen.
50Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2007 - 10 A 3856/06 -, juris Rn. 6 f., m. w. N.
51Dies verlangt eine wissenschaftliche Absicherung, die sich etwa auf Fundstücke, Bodenveränderungen, Luftbilder oder Analogien zu bereits erforschten Fällen stützen kann.
52Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2019 - 10 A 4383/18 -, juris Rn. 5 ff., und Urteile vom 21. Dezember 1995 - 10 A 4827/94 -, juris Rn. 34, und vom 5. März 1992 - 10 A 1748/86 -, juris Rn. 66 ff.
53Das aufgezeigte Maß an Wahrscheinlichkeit muss sich auf zwei Aspekte beziehen: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit muss sowohl angenommen werden können, dass in der unter Schutz gestellten Fläche überhaupt ein Bodendenkmal vorhanden ist, als auch, dass dies für die gesamte von der Unterschutzstellung betroffene Fläche gilt.
54Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. November 2023 - 10 A 1831/22 -, juris Rn. 19, vom 27. August 2007 - 10 A 3856/06 -, juris Rn. 8, vom 8. April 2003 - 8 A 3552/02 -, juris Rn. 11 und vom 31. März 2003 - 8 A 2071/00 -, juris Rn. 11, sowie Urteile vom 21. Dezember 1995 - 10 A 4827/94 -, juris Rn. 32, vom 28. März 1995 - 11 A 3554/91 -, juris Rn. 27, und vom 5. März 1992 - 10 A 1748/86 -, juris Rn. 52.
55Ein Grundstück kann daher nur dann insgesamt unter Schutz gestellt werden, wenn sich im Boden des gesamten Grundstücks ein Bodendenkmal verbirgt. Dies folgt nicht nur aus dem notwendigen Funktionszusammenhang von Boden und Bodendenkmal, sondern auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Kann zwar einerseits festgestellt werden, dass sich im Boden eines bestimmten Grundstücks überhaupt denkmalwerte Sachen befinden, sind aber andererseits Lage und Ausdehnung des Bodendenkmals offen, steht also insbesondere nicht fest, ob das Bodendenkmal sich im gesamten Grundstück oder in welchen konkreten Teilen es sich sonst verbirgt, kam - nach dem hier noch anzuwendenden Recht - allenfalls in Betracht, das Grundstück gemäß § 14 Abs. 1 DSchG NRW a. F. zum Grabungsschutzgebiet zu erklären,
56vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 1995 - 10 A 4827/94 -, juris Rn. 31,
57oder (zunächst) nur die Teile des Grundstücks unter Schutz zu stellen, bei denen das Bodendenkmal mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist. Etwas anderes folgt nicht aus dem Beschluss des Senats vom 11. Juli 2019 - 10 A 4383/18 -. Auch dort ist der Senat davon ausgegangen, dass nur die Fläche als Bodendenkmal einzutragen ist, auf der sich das Bodendenkmal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit befindet (juris Rn. 4, 9, 11, 27 und 31). Sonstige Ausführungen in den Entscheidungsgründen sind nicht als Abkehr von diesem Maßstab zu verstehen, sondern den dortigen Umständen des Einzelfalls geschuldet.
58bb. Diese Maßstäbe zu Grunde gelegt sind jedenfalls nicht mit dem erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad Bodendenkmäler in der gesamten unter Schutz gestellten Fläche vorhanden.
59Als Bodendenkmal wertet die Beklagte unterirdisch verbliebene Gebäudereste des Guts Z.hof in Gestalt von Strukturen des Komplexes und bezeichnet sie als vermutliche Fundamentzüge und etwaig Kellerräume. Diese sollen sich gemäß des maßgeblichen Lageplans vorrangig im südlichen Teil der auf dem Flurstück 124 unter Schutz gestellten Fläche befinden. Überdies hat die Beklagte als Bodendenkmal auch den das ehemalige Hauptgebäude des Z.hofs umgebenden Boden, etwa die nördlich der ehemaligen nördlichen Seitenwand des Herrenhauses befindliche Fläche, auf der sich u. a. einst ein Teil der Wasserumwehrung und später u.a. ein Ökonomiegebäude befunden haben soll, sowie nochmals weiter nördlich gelegene Flächen, auf denen sich heute ein Teich befindet, sowie weitere Freiflächen auf beiden Flurstücken unter Schutz gestellt. Zur wissenschaftlichen Absicherung stützt sie sich vorrangig auf die nur eine Teilfläche der Unterschutzstellung betrachtende Arbeit C. 2016 und greift zudem auf (überwiegend) historisches Kartenmaterial, Lichtbilddokumentationen, Zeichnungen von J. X. und auch Literaturquellen zurück. Gegenüber dem Senat trug die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vertiefend vor, dass das Bodendenkmal in nördlicher Richtung tatsächlich über die unter Schutz gestellte Fläche hinausreiche, da sich der Barockgarten weit in das Flurstück 124 hinein erstreckt habe. Man habe jedoch - auch, weil die Flächen mittlerweile teilweise überbaut seien, - von einer derart großflächigen Unterschutzstellung abgesehen.
60Dies zu Grunde gelegt muss der Senat nicht entscheiden, inwieweit sich in Teilen des unter Schutz gestellten Bodens, insbesondere unterhalb der Grundfläche des ehemaligen Hauptgebäudes auf dem Flurstück 124 - Teile des jetzigen Parkplatzes -, Bodendenkmäler befinden. Denn es steht nach tatrichterlicher Überzeugung unter Berücksichtigung der vorgenannten Quellen nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass sich im nördlichen Teil des auf dem Flurstück 124 unter Schutz gestellten Bereichs - insbesondere dem der heutigen Teichanlage und den hierzu nochmals nördlich und westlich gelegenen Flächen - und damit auf der gesamten unter Schutz gestellten Fläche Bodendenkmäler befinden.
61Zu diesen Teilbereichen heißt es im Eintragungsblatt zur Denkmalliste der Beklagten, die Herrenhausruine sei unmittelbar mit dem nördlich und westlich vorgelagerten Park verknüpft, in dem sich mit einem weiteren Tor und der Einfriedung an der I. Straße, der historischen Teichanlage in der Nordwestecke und der Baumallee resp. Sichtachse nach Osten noch wesentliche Elemente erhalten hätten. Der ehemals umgebende Wassergraben dürfte lediglich zugeschüttet, aber im Boden noch erhalten sein. Im Bodendenkmalblatt heißt es, auf den Zeichnungen von J. X. (1780) sei der Barockgarten gut zu erkennen, ebenso auf der Copso- und Tranchotkarte. Die Darstellung J. X.s mit Blick nach Norden zeige neben der mit kleinen Bäumen damals wohl noch relativ neu angelegten Allee eine typisch barocke Gartengestaltung unter niederländischem Einfluss. Nach Norden zeichne J. X. zwei heute verschwundene rechteckige Wasserflächen, die noch auf der Tranchotkarte zu finden gewesen seien. Dieser formale Garten habe im 19. Jahrhundert eine Umgestaltung in einen englischen Landschaftsgarten erfahren, dessen Grundstruktur heute zum Teil noch vorhanden sei. Der Schutzbereich umfasse auch die ehemalige, charakteristische Wasserumwehrung der Anlage mit Böschungskanten. Im Norden zählten dazu ebenfalls die verlandeten Wassergräben und Teiche, welche nicht nur einen Eindruck der ehemaligen Parkanlage wiedergäben, sondern darüber hinaus in ihren Sedimenten in Form pflanzlicher Makroreste wichtige Aussagen zur Vegetation, Gestaltung und wirtschaftlichen Nutzung der ehemaligen Anlage enthielten.
62Entgegen den darin zum Ausdruck kommenden Annahmen befinden sich bei Anwendung der oben genannten Maßstäbe im Bereich der heutigen Teichanlage sowie in den hierzu nördlich und westlich gelegenen Flächen nach Überzeugung des Senats nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Bodendenkmäler.
63(1) Es steht schon nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass es sich bei dem vorhandenen Teich um ein Überbleibsel der historischen Wasserumwehrung handelt.
64(a) Nach dem vorliegenden Kartenmaterial und den Zeichnungen von J. X. (1780/1781) war das Gebäude des Z.hofs unzweifelhaft von einer an die Außenmauern anschließenden Wasserumwehrung umgeben. Dies wird von den Beteiligten auch nicht in Abrede gestellt. Mit Blick auf die Lage dieser Wasserumwehrung unmittelbar an den Außenmauern des Gebäudes des Z.hofs sowie die überschaubare Ausdehnung der Wasserumwehrung, die in den vorgenannten Zeichnungen zu erkennen ist, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich der Teich in heutiger Ausgestaltung sowie in den Ausmaßen, wie er in den Karten von 1820, 1870, 1881, 1910 und 1917-1919 jeweils abgebildet ist, nicht über den Flächen dieser Wasserumwehrung befindet bzw. befand.
65(b) Die erstmals im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren vorgebrachte und in der mündlichen Verhandlung des Senats mit Nachdruck vertretene Behauptung der Beklagten, es habe neben der vorgenannten eine weitere - „äußere“ - Wasserumwehrung gegeben und ihr hieraus gezogener Schluss, der „vermeintliche“ Teich sei gerade das Überbleibsel dieser äußeren Umwehrung, sind nicht hinreichend belegt.
66Noch in dem Eintragungsblatt zur Denkmalliste schrieb die Beklagte von einem (einzelnen) ehemals umgebenden Wassergraben, der lediglich zugeschüttet sein dürfte. Hiermit im Einklang stehend führte sie in einem Verwaltungsverfahren betreffend das Baudenkmal Z.hof (Lfd. Nr.: 00959) in der „Eintragungskorrektur“ vom 8. Juni 2017 aus, sowohl Copso- (1777) als auch Tranchot-Karte (1805/1807) zeigten den noch drei- bzw. vierflügeligen Z.hof mit beiden Ecktürmen und Wassergraben bzw. das alte, schlichte Herrenhaus sei durch einen prächtigen Neubau mit Ecktürmen und Wassergraben ersetzt worden.
67Das für ihre jetzige Auffassung zur Begründung herangezogene Karten- und Bildmaterial ist für eine solche Annahme nicht nur nicht ergiebig genug, sondern widerspricht sich sogar teils. Ihre Annahme lässt sich entgegen der seitens der Beklagten und des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend geäußerten Auffassung nicht auf die Karte von Couven (1753) stützen, die in geringem Abstand zur bereits erwähnten Wasserumwehrung zwar drei weitere ebenfalls in grüner Farbe und als Rechtecke eingezeichnete Flächen erkennen lässt, die der Darstellung der unter (a) genannten Wasserumwehrung in gewisser Weise ähneln. Ob diese Einzeichnungen allerdings eine weitere - äußere - Wasserumwehrung darstellen sollten, steht wegen der Unergiebigkeit der Karte nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest. So kommt der Einzeichnung aufgrund der äußerst grobzügigen Darstellung der Karte und in Ermangelung einer Legende bei der Interpretation nur ein recht geringer Aussagegehalt zu. Insbesondere findet in ihr ein vergleichbarer Farbton für zahlreiche Längs- und Querstrukturen, bei denen es sich ersichtlich nicht um Wasserflächen gehandelt hat, Verwendung. Die 90 Jahre später datierende, ebenfalls keine Legende enthaltene preußische Uraufnahme (1843) lässt im Abstand zum Hauptgebäude und ähnlicher Lage im Norden, Süden und Westen ebenfalls drei (demgegenüber bereits deutlich kleiner) eingezeichnete und mit (wohl) blauer Farbe unterlegte Flächen erkennen, die potenziell eine weitere (bereits nicht mehr geschlossene) Wasserumwehrung darstellen könnten. Auch die Aussagekraft dieser äußerst grobzügig gezeichneten Karte ist im Ergebnis jedoch gering. Insbesondere steht die dortige Abbildung im Widerspruch zu den ihr zeitlich vorausgehenden Zeichnungen von J. X., die die in der Karte von 1843 nach Auffassung der Beklagten noch abgebildete äußere Wasserumwehrung gerade nicht zeigen. Die Bleistiftzeichnung J.X.s (1780/1781), die insbesondere am rechten Rand des Bildes den Barockgarten deutlich erkennen lässt, zeigt in dem begrenzt abgebildeten Ausschnitt Richtung Norden statt der - vom Standpunkt der Beklagten aus - dort eigentlich noch vorhandenen äußeren und ausweislich der preußischen Uraufname (1843) nach Lesart der Beklagten bis in die Flucht der Frontseite des Herrenhauses reichenden Wasserumwehrung vielmehr ein kleines stehendes Gewässer, das nach Norden und insbesondere Westen sichtbar abgegrenzt ist und im Bodendenkmalblatt von der Beklagten ausweislich ihrer Erläuterung in der mündlichen Verhandlung als eine von „zwei heute verschwundenen, rechteckigen Wasserflächen“ bezeichnet wird. Diese Wasserfläche kann aufgrund ihrer Lage auch nichts mit der heutigen Teichanlage gemein haben. Die preußische Uraufnahme widerspricht zudem den Einzeichnungen im Urkataster F.-W. (1820), in dem - ähnlich wie in der Bleistiftzeichnung von X. - die den Z.hof unmittelbar umgebende Wasserumwehrung zwar hinreichend deutlich zu erkennen ist, im Norden jedoch keine weitere eingezeichnet ist. Dort ist vielmehr ein - in der Karte von 1843 wiederrum nicht eingezeichnetes - Gewässer in Form des Teiches in den Maßen, wie sie Karten ab 1910 zeigen, zu erkennen. Die Tranchot-Karte (1805/1807), die der preußischen Uraufnahme zeitlich vorausging und die die Beklagte insoweit in Bezug nimmt, lässt die Existenz einer zweiten Wasserumwehrung nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht hinreichend sicher erkennen. Auch bezüglich dieser Karte bestehen weitere Unstimmigkeiten. Soweit die Beklagte darin die von X. rechteckig gezeichneten Wasserflächen ausmachen will, sind diese im dem Senat von der Beklagten vorgelegten Kartenauszug nicht vollständig abgebildet. Sollte die Beklagte insoweit die beiden in nördlicher Ausrichtung länglich gezeichneten Rechtecke auf der in ihrem Geoportal im größeren Bildabschnitt einsehbaren Tranchot-Karte meinen, befänden sich diese ersichtlich außerhalb des von X. gezeichneten Bereichs. Ihr auf den in der mündlichen Verhandlung dahingehenden Vorhalt des Senats erfolgter Einwand, die Perspektive sei verzerrt, vermag die erhebliche Diskrepanz nicht schlüssig zu erklären. Die Überlagerung der Preußischen Neuaufnahme von 1893 auf das heutige Kataster im Geoportal der Beklagten (in diesem bezeichnet als „Neuaufnahme 1891-1912“) bestätigt, dass die zu diesem Zeitpunkt gezeichnete Teichfläche des Guts Z.hof und das heutige Gewässer von der Lage her lediglich äußerst geringe Überschneidungen aufweisen. Schließlich ergibt sich auch aus die Baugeschichte des Guts Z.hof umfänglich beschreibenden Literaturquellen nicht hinreichend deutlich, dass es über eine zweite äußere Wasserumwehrung verfügt hat.
68Vgl. etwa Daubner, Aachener Villenarchitektur - Die Villa als Bauaufgabe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, 1985, S. 46 f.: „ein Wassergraben“ u. „der Wassergraben“; Paul Clemens (Hrsg.), Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. 10, 1924, S. 819: „den Wassergraben“.
69Nach alldem vermag der Senat mangels wissenschaftlicher Absicherung von Existenz, Lage und Ausmaß einer äußeren Wasserumwehrung der Auffassung der Beklagten nicht zu folgen.
70(2) Selbst wenn der Teich ein Überbleibsel einer ehemaligen zweiten Wasserumwehrung wäre, das sich lediglich in Größe und Form verändert hätte, reichte dieser Umstand für sich allein nicht aus, um die Bodendenkmaleigenschaft zu begründen. Dass innerhalb der Flächen des heutigen Teiches, also unterhalb der Wasseroberfläche, Bodendenkmäler verborgen sein könnten, hat die Beklagte nicht im Ansatz substantiiert.
71(a) Dass sich Reste der früheren Wasserumwehrung noch im Boden unterhalb der Wasseroberfläche befinden, ist mangels wissenschaftlich abgesicherter Belege rein spekulativ. Dahingehende Erkenntnisse folgen nicht aus dem Gutachten der Firma W.de, dessen Untersuchungsgegenstand zwar auch der Untersuchungsbereich „AB4“ an der heutigen südöstlichen Uferkante, jedoch nicht ein Bereich innerhalb der Wasserfläche war. Überdies wurden im vorgenannten Untersuchungsbereich nur Hangstützmauern, die bei der Anlage des Teichs gesetzt worden sein sollen, gefunden. Unzureichend ist die Behauptung in der mündlichen Verhandlung, da die innere Wasserumwehrung in Stein gefasst gewesen sei, sei im Wege eines Analogieschlusses davon auszugehen, dass dies ebenfalls für die äußere Wasserumwehrung gelte; ferner sei das hierzu verwendete Material sicher noch im Boden erhalten. Auch für diese Annahmen gibt es unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen keine belastbaren Anhaltspunkte.
72(b) Auch die weiteren, schlichte Behauptungen gebliebenen Ausführungen, im Boden der unter Schutz gestellten Fläche seien Sedimente in Form pflanzlicher Makroreste, die Aussagen zur Vegetation, Gestaltung und zur wirtschaftlichen Nutzung der ehemaligen Anlage enthielten, bzw. die dortigen Wassergräben seien verlandet, genügen in dieser Pauschalität nicht. Die denkmalrechtlich anerkannte Einheit von Boden und Bodendenkmal macht nach den oben dargestellten Maßstäben die wissenschaftliche Absicherung dafür, dass der Boden den geschichtlichen Kontext maßgeblich mitbestimmt, nicht entbehrlich.
73(c) Dafür, dass sich unter der Wasseroberfläche Abbruchmaterial der ehemaligen Ruine des Z.hofs befindet, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der nähere Vortrag der Beklagten und des Beigeladenen und die insoweit angeführten Belege und Analogien zu archäologischen Ausgrabungen beziehen sich auf die Kellerräume des Herrenhofes. Auf die von der Beklagten wiederholt thematisierte Frage, ob bei der im Gutachten von der Firma W.de untersuchten und vorgenannten Stützmauer in der Randlage am Teich Bruchmaterial des Z.hofs verwendet worden ist, was in dem Gutachten ohnehin nur vermutet wird (s. S. 9), kommt es hier nicht an. Selbst wenn sich dort unterhalb der Geländeoberfläche noch entsprechende Steine der Stützmauer finden ließen, rechtfertigte dies nicht die Unterschutzstellung der gesamten Teichanlage als Bodendenkmal. Die unter Bezugnahme auf Lichtbilder der Firma H. erfolgten Ausführungen zu einem Ökonomiegebäude betreffen ebenfalls nicht den Bereich der heutigen Wasserfläche, sondern einen Teil der Fläche zwischen dem Teich und nördlich der ehemaligen Außenmauer des Herrenhofes.
74(3) Darüber hinaus ist auch für die Fläche nördlich und westlich des Teichs nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen eines Bodendenkmals auszugehen.
75(a) Selbst bei Annahme der Existenz einer zweiten äußeren Wasserumwehrung und damit vom Standpunkt der Beklagten aus gingen die unter Schutz gestellten Flächen nördlich der Teichanlage unter Berücksichtigung der Karte von Couven (1753) und insbesondere der preußischen Uraufnahme (1843) erheblich über diese hinaus. Der Annahme der Beklagten, im Norden orientiere sich die Abgrenzung des Bodendenkmals am Verlauf des Restes der Wasserumwehrung, ist daher nicht zu folgen. Für Bodendenkmäler im Bereich nördlich der Uferkante des heutigen Gewässers fehlen belastbare Belege. So konnte ausweislich des Gutachtens der Firma W.de ein Schnitt nördlich des Teiches wegen dortigen Baumbestands und des geringen Abstands zum Teich nicht erfolgen.
76(b) Auch die Existenz einer Park- oder Gartenanlage könnte mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 DSchG NRW a. F. die Eintragung eines Bodendenkmals für sich allein nicht rechtfertigen. Dies gilt auch mit Blick auf den Vortrag der Beklagten, die Teiche gehörten einst, wie sich historischen Zeichnungen von X. entnehmen lasse, zur Gesamtanlage des Z.hofs und ihre Form, Anlage und Beschaffenheit sei essentiell für die Interpretation der Bedeutung und Nutzung der Anlage. Der Beigeladene ergänzte diesen Vortrag in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass aus diesem Grund eine umfängliche Berücksichtigung des damals auch nördlich des Gebäudes des Z.hofs befindlichen Barockgartens erforderlich sei. Sofern er ausführt, unterhalb eines ehemaligen Barockgartens befänden sich erfahrungsgemäß unterirdisch Hinterlassenschaften und dessen Fläche sei daher auch im konkreten Fall Teil des Bodendenkmals, handelt es sich dabei hinsichtlich der behaupteten Hinterlassenschaften um eine Vermutung ohne jede wissenschaftliche Absicherung. Dies gilt hier umso mehr, da der Barockgarten von Menschenhand in einen englischen Landschaftsgarten umgestaltet wurde, was die großflächige Beseitigung etwaig ehemals vorhandener Bodenstrukturen mehr als möglich erscheinen lässt. In diesem Kontext haben die Beklagte und der Beigeladene hinsichtlich der unter Schutz gestellten Fläche nicht für eine einzige Stelle belastbar aufgezeigt, dass sich dort mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit Reste des ehemaligen Barockgartens noch im Boden befinden.
77cc. Der Senat war auch nicht zu einer weiteren Beweiserhebung, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, gehalten. Ein solches könnte wohl nicht ohne erneute Grabungen auf dem Grundstück erstattet werden. Angesichts des bereits dargelegten Zweckes des Bodendenkmalschutzes ist es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, solche Grabungen zu veranlassen. Vielmehr haben zuvörderst die Denkmalbehörden zu entscheiden, ob sie weitere Grabungen für vereinbar mit den Zielen des Denkmalschutzes halten.
78Vgl. bereits OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 1995 - 10 A 4827/94 -, juris Rn. 39.
79b. Die Eintragung und der darüber erteilte Bescheid waren insgesamt aufzuheben.
80Bei der Unterschutzstellung eines Bodendenkmals nach § 3 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW a. F. handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Diese ist allerdings insgesamt rechtswidrig, wenn sich nicht auf der gesamten unter Schutz gestellten Fläche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Bodendenkmal befindet. Das Gericht könnte die behördliche Entscheidung nicht einmal dann nur teilweise aufheben, wenn mit dem erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad feststünde, dass ein Teil der unter Schutz gestellten Flächen ein Bodendenkmal enthielte.
81So bereits OVG NRW, Urteil vom 21. Dezember 1995 - 10 A 4827/94 -, juris; vgl. zu einem Baudenkmal OVG NRW, Urteil vom 10. November 2020 - 10 A 1851/18 -, juris Rn. 96 f.
82Dies zugrunde gelegt, bedarf es keiner weiteren Prüfung, ob hier für bestimmte Teilbereiche der Gesamtfläche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen eines Bodendenkmals auszugehen ist.
83Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
84Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.