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Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerin zu 2. trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 € festgesetzt.
G r ü n d e:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin zu 2. mit dem Hauptantrag und den drei Hilfsanträgen abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Erteilung einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung ihres Bauprodukts gemäß § 21 Abs. 1 BauO NRW 2018 seien nicht erfüllt. Der bestimmungsgemäße Einsatz der „ZZ-Brandschutzgitter“ sei mit den auf Vorschriften der Bauordnung NRW beruhenden Verwaltungsvorschriften über technische Baubestimmungen in NRW (VV TB NRW) nicht vereinbar. Unabhängig davon sei der Einsatz des Bauprodukts auch mit den Vorschriften der BauO NRW 2018 nicht vereinbar.
4Das dagegen gerichtete Vorbringen der Klägerin zu 2. führt nicht zur Zulassung der Berufung.
51. Es weckt nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
6a) Die Klägerin zu 2. macht hinsichtlich des Hauptantrags ohne Erfolg geltend, auch wenn ihr Bauprodukt für die Überströmöffnung nicht über eine Rauchauslösungseinrichtung im Sinne von Teil A Abschnitt A.2.1.3.3.1 VV TB NRW verfüge, sei es dennoch für die vorgesehene Verwendung geeignet; denn diese Vorgabe überschreite den Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 88 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BauO NRW 2018 und leide auch an sonstigen Rechtsmängeln.
7aa) Die Klägerin zu 2. rügt hierzu, eine Überschreitung des gesetzlichen Rahmens sei schon deshalb gegeben, weil nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift und gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung für den Erlass technischer Baubestimmungen im Sinne von § 88 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BauO NRW 2018 die Feststellung einer abstrakten Gefahr anhand einer in tatsächlicher Hinsicht ausreichend abgesicherten Prognoseentscheidung erforderlich sei; eine solche Prognoseentscheidung fehle hier; das Verwaltungsgericht meine zu Unrecht, die gesetzliche Ermächtigung unter Rückgriff auf § 14 BauO NRW 2018 erweiternd auslegen zu können.
8Diese Rüge erschüttert nicht die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, das festgestellt hat, dass die Anforderungen des § 3 Abs. 1 BauO NRW 2018 durch die Regelung in § 14 BauO NRW 2018 nicht inhaltlich erweitert, sondern lediglich konkretisiert werden.
9Vgl. hierzu etwa auch Hüwelmeier, in Spannowsky/Saurenhaus, BauO NRW, Kommentar, 2020, § 14 Rn. 2.
10Abgesehen davon sind die hier in Rede stehenden Anforderungen an die Verhinderung der Ausbreitung von „Kaltrauch“ ohnehin unmittelbar in § 3 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW 2018 angesprochen; dass Bauwerke so ausgeführt sein müssen, dass bei einem Brand auch die Ausbreitung von Rauch begrenzt wird, ergibt sich aus den in dem Anhang I zur Verordnung (EU) Nr. 305/2011 in Ziff. 2. festgelegten Grundanforderungen an Bauwerke.
11bb) Deshalb greift auch die weitere Rüge nicht durch, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass § 14 BauO NRW 2018 keine Rechtssetzungsermächtigung enthalte.
12cc) Die Klägerin zu 2. wendet ferner ohne Erfolg mit Blick auf § 88 BauO NRW 2018 als Grundlage für die VV TB NRW ein, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die erforderliche Rechtfertigung für die Einordnung der VV TB NRW fehle, weil die Voraussetzungen für einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren behördlichen Beurteilungsspielraum hier nicht anzunehmen seien. Dass die Anforderungen an die Einordnung als normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, die sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
13vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.10.1998 - 8 C 16.96 -, NVwZ 1999, 1114 = juris, Rn. 16f.
14ergeben, hier nicht erfüllt wären, vermag der Senat diesem Vorbringen indes nicht zu entnehmen. Im Übrigen spricht aus den Gründen der Antragserwiderung des Beklagten Überwiegendes dafür, dass diese Anforderungen jedenfalls mit Blick auf den hier in Rede stehenden Schutz gegen die Ausbreitung von Rauch im Brandfall erfüllt sind.
15dd) Danach hätte das Verwaltungsgericht auch nicht - wie die Klägerin zu 2. meint - mit Blick auf die verfassungsrechtliche Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG einen strengeren Prüfungsmaßstab anwenden müssen.
16ee) Die Klägerin zu 2. macht des Weiteren ohne Erfolg geltend, die VV TB NRW seien wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot nicht wirksam, mit dem Bestimmtheitsgrundsatz sei es nicht vereinbar, dass der Erlass vom 15.6.2021 als VV TB NRW zum einen den Runderlass selbst zum anderen aber auch die in Bezug genommene Musterverwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen (MVV TB) und auch die Anlage zum Erlass bezeichne, in der die Gesetzesangaben Nordrhein-Westfalens an die Stelle der Bezugnahmen auf die bundeseinheitlichen Musterregelungen träten. Nach der Antragserwiderung des Beklagten kann indes hinreichend ermittelt werden, inwiefern die Regelungen der Musterverwaltungsvorschrift übernommen werden bzw. ob das zuständige Landesministerium davon abgewichen ist. Dementsprechend vermag auch der Senat einen durchgreifenden Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz hinsichtlich der hier in Rede stehenden Vorgaben nach A. 2.1.3.3.1 VV TB NRW für das Bauprodukt der Klägerin zu 2. nicht zu erkennen.
17ff) Ebenso wenig greift deshalb die Rüge durch, die zuletzt veröffentlichte Ausgabe der Musterverwaltungsvorschriften mit landesrechtlichen Anpassungen sei nicht rechtzeitig in der Sammlung des bereinigten Ministerialblatts des Landes NRW veröffentlicht worden.
18Aus dem Vorbringen des Beklagten in der Antragserwiderung ergibt sich, dass ungeachtet des Zeitpunkts der Bekanntmachung abweichender Regelungen im Juli 2022 eine hinreichend bestimmte Regelung bekannt gemacht war, aus der sich die vom Verwaltungsgericht tragend zugrunde gelegte Erforderlichkeit einer Rauchauslöseeinrichtung im Sinne von A 2.1.3.3.1 VV TB NRW ergab.
19gg) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Grundrechtsschutz der Klägerin zu 2. aus Art. 12 GG nicht berücksichtigt. Aus den vorstehenden Gründen ist eine mit der Ablehnung der Verlängerung der Zulassung verbundene Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit der Klägerin zu 2. verfassungsrechtlich gerechtfertigt; ergänzend kann hierzu auch auf die Antragserwiderung des Beklagten verwiesen werden.
20hh) Auf die weiteren Rügen der Klägerin zu 2. kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an; sie betreffen lediglich die zusätzliche selbstständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, das Bauprodukt der Klägerin zu 2. sei unabhängig von der Wirksamkeit der Regelungen in den VV TB NRW auch nach Maßgabe der gesetzlichen Brandschutzvorgaben der §§ 29 ff. BauO NRW 2018 nicht zulassungsfähig.
21b) Aus den vorstehenden Gründen ist die erstinstanzliche Entscheidung auch insoweit keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln ausgesetzt, als sie den ersten und den zweiten Hilfsantrag betrifft.
22c) Hinsichtlich des dritten Hilfsantrags sind ebenso wenig ernstliche Zweifel an der Urteilsrichtigkeit aufgezeigt. Für den insoweit noch in Rede stehenden Zeitraum vom 1.1. bis 20.10.2020 kam eine Verlängerung nicht in Betracht, weil aus den vom Verwaltungsgericht bezeichneten Gründen eine Verwendung des Produkts der Klägerin zu 2. nicht mit den Vorgaben der §§ 29ff. BauO NRW 2018 übereinstimmte. Das Verwaltungsgericht hat tragend darauf abgestellt, dass das Produkt nicht dichtschließend im Sinne der §§ 29 Abs. 5 Satz 2, 30 Abs. 8 Satz 3, 35 Abs. 6 Satz 1 und 36 Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 BauO NRW 2018 ist. Die Klägerin zu 2. hält dem entgegen, ihr Produkt erfülle die Anforderung „dichtschließend“ schon deshalb, weil auch die vom Verwaltungsgericht als dichtschließend eingeschätzten Türen mit dreiseitig umlaufender Dichtung über den offenen Luftspalt am Boden eine Rauchübertragung zuließen, im Vergleich dazu sei die Leckrate ihres Produkts geringer, spätestens vier Minuten nach Beginn eines Normbrands nach DIN 4102-2 schließe ihr Produkt dicht ab. Damit wird die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass das Produkt nicht verhindere, dass der sich bei einem Brand entwickelnde Rauch zunächst ungehindert durch die Überströmöffnungen treten könne und ein mit dichtschließenden Türen vergleichbarer Schutz nicht gegeben sei, nicht erschüttert. Hierzu kann im Übrigen ergänzend auf die Antragserwiderung des Beklagten verwiesen werden, nach der das Produkt erst ab 250 Grad Celsius zu schäumen beginnt und bis zum Erreichen dieser Temperatur bei einem Brand der entstehende Rauch ungehindert durchtreten könne, woraus sich in zeitlicher Hinsicht ein qualitativer Unterschied zu Türen ergebe. Danach wird die erstinstanzliche Begründung auch nicht erschüttert, soweit es um den Anwendungsbereich des Produkts in Installationsschächten oder Installationskanälen geht.
23Hinsichtlich einer Anwendung des Produkts in Brandschutzgehäusen hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass eine Verlängerung nicht in Betracht komme, weil die Verwendung in Brandschutzgehäusen nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Zulassung vom 9.12.2014 gewesen sei, diese richte sich nach der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung für das Brandschutzgehäuse. Dagegen wendet die Klägerin zu 2. ohne Erfolg ein, dies widerspreche dem Wortlaut der Zulassung. Hierzu hat der Beklagte in der Antragserwiderung zutreffend darauf hingewiesen, dass der Wortlaut des verwendeten Ausdrucks „dürfen“ nichts daran ändert, dass die Regelung der Zulassung eindeutig auf die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für Brandschutzgehäuse verweist und so deren Inhalt für die Frage der Zulässigkeit des Einbaus des Bauprodukts für maßgeblich erklärt. Dass eine abweichende Verwaltungspraxis des Beklagten bestünde, hat die Klägerin zu 2. lediglich pauschal behauptet, nicht aber hinreichend substantiiert dargetan; abgesehen davon ergäbe sich auch daraus kein Anknüpfungspunkt für einen Anspruch auf Verlängerung der Zulassung vom 9.12.2014, sondern es bedürfte eines gesonderten Antragsbegehrens gegenüber dem Beklagten für einen Anwendungsbereich des Produkts der Klägerin zu 2. in Brandschutzgehäusen.
242. Das Zulassungsvorbringen führt danach ferner nicht zu den geltend gemachten besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
253. Schließlich führt das Vorbringen auch nicht zu der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
26a) Soweit die Klägerin zu 2. ausführt, insbesondere die Rechtsfragen zur Reichweite der Rechtsetzungsermächtigung des § 88 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BauO NRW seien von grundsätzlicher Bedeutung, ist aus den vorstehenden Gründen ein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf nicht aufgezeigt; denn die Antwort auf die aufgeworfenen Fragen ergibt sich ohne Weiteres im Wege der Auslegung der angesprochenen §§ 88, 3 und 14 BauO NRW 2018.
27b) Soweit die Klägerin zu 2.des Weiteren ausführt, es stellten sich Fragen der gerichtlichen Kontrolldichte im Bereich technischer Baubestimmungen, sind die damit angesprochenen Fragen nach der vorstehend in Bezug genommenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung bereits in hinreichender Weise geklärt, sodass es nicht mehr um klärungsbedürftige Fragen von verallgemeinerungsfähiger Bedeutung geht, sondern lediglich um die Anwendung geklärter Grundsätze auf die Sachverhaltswürdigung im vorliegenden Einzelfall.
28c) Soweit die Klägerin zu 2. schließlich vorbringt, hinsichtlich der Auslegung der gesetzlichen Vorgaben nach §§ 29ff. BauO NRW 2018 seien Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, fehlt es aus den vorstehenden Gründen in Bezug auf den Hauptantrag und die ersten beiden Hilfsanträge bereits an der Entscheidungserheblichkeit der damit angesprochenen Fragen. Hinsichtlich des dritten Hilfsantrags ist eine grundsätzliche Bedeutung schon deshalb nicht dargelegt, weil es in Bezug auf den insoweit angesprochenen Zeitraum bis 20.10.2020 um einen abgeschlossenen Sachverhalt in einem Einzelfall geht und die aufgeworfenen Fragen im Übrigen - wie vorstehend aufgezeigt - im Wege der Gesetzesauslegung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens geklärt werden können.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
30Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
31Dieser Beschluss ist unanfechtbar.