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Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Verpflichtung zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Kernsanierung und Modernisierung eines Einfamilienhauses abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben füge sich nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht in den in der maßgeblichen Umgebung vorhandenen Rahmen ein, es löse zudem bodenrechtliche Spannungen und damit ein Planungsbedürfnis aus.
4Das dagegen gerichtete Zulassungsvorbringen führt nicht zur Zulassung der Berufung. Es weckt nicht die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Urteilsrichtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
51. Der Kläger rügt ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht habe die für die überbaubare Fläche maßgebliche nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks nicht zutreffend bestimmt.
6Soweit er beanstandet, die B.-straße habe eine verbindende Wirkung, das Verwaltungsgericht sei auf die östliche Seite der B.-straße nur rudimentär und nicht in ausreichender Weise eingegangen, zeigt er nicht auf, welche Gebäude im Einzelnen das Verwaltungsgericht bei seiner Betrachtung der Bebauung auch der östlichen Seite der B.-straße zu Unrecht bereits aus der maßgeblichen näheren Umgebung ausgeschieden hätte.
7Ohne Erfolg beanstandet der Kläger ferner, auch die Bebauung auf der westlichen Seite der B.-straße sei nicht bis zum Ende gewürdigt worden. Auch hier fehlt es an konkreten Ausführungen dazu, welche Gebäude das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht zur maßgeblichen näheren Umgebung gezählt hätte.
82. Die Zulassungsbegründung zieht die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben des Klägers füge sich unter dem Gesichtspunkt der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, nicht in den durch die Bebauung der maßgeblichen näheren Umgebung bestimmten Rahmen ein, nicht durchgreifend in Zweifel.
9a) Die Zulassungsbegründung legt keine ernstlichen Zweifel hinsichtlich der Beurteilung der Bebauung westlich der B.-straße durch das Verwaltungsgericht dar.
10Es hat insoweit ausgeführt, die historische Bebauung auf der westlichen Seite der B.-straße sei durch straßenseitige mehrgeschossige Wohngebäude geprägt, die fast durchgehend und auch auf dem Grundstück des Klägers rückwärtige Anbauten in maximal der Hälfte der Breite der Grundstücke hätten. Diese Anbauten würden zum Teil zu Wohnzwecken und teils als Nebenanlagen genutzt und hätten angesichts ihres Charakters als Anbau keine prägende Wirkung für das freistehende Vorhaben des Klägers, zudem erreichten sie nicht annähernd die Tiefe des zur Genehmigung gestellten Vorhabens. Hauptanlagen im rückwärtigen Bereich fänden sich lediglich auf den Flurstücken … (Hausnummer ..) und … Hausnummer (..). Die Bebauung auf dem Flurstück … habe keine prägende Wirkung für das Vorhaben des Klägers, da es sich um ein Eckgrundstück handele und die Bebauungstiefe des Gebäudes hinter der des Vorhabens des Klägers zurückbleibe. Die rückwärtigen Gebäudeteile auf dem Flurstück … seien hinsichtlich der Bebauungstiefe dem Vorhaben des Klägers vergleichbar, die dort befindliche Glaserei stelle jedoch einen Ausreißer dar, der keine prägende Wirkung für die maßgebliche nähere Umgebung habe.
11Dies zieht der Kläger nicht mit seinem Vortrag in Zweifel, das Verwaltungsgericht habe nicht alle Hauptanlagen im rückwärtigen Bereich der westlichen B.-straße hinsichtlich ihrer prägenden Wirkung richtig erfasst, die an sein Grundstück angrenzenden … und ... (B.-straße ..) seien bis vor einiger Zeit mit einem zu seinem Vorhaben fast identischen Gebäude bebaut gewesen, es habe sich sogar um eine zweigeschossige Bebauung gehandelt.
12Ob sich ein Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, richtet sich nach der tatsächlich vorhandenen Bebauung bzw. der tatsächlich ausgeübten Nutzung. Eine Bebauung oder bauliche Nutzung, die in früherer Zeit zwar genehmigt worden ist, die in den tatsächlichen Gegebenheiten aber deshalb keinen sichtbaren Niederschlag mehr findet, weil sie später wieder beseitigt oder eingestellt worden ist, hat bei der Qualifizierung der „Eigenart der näheren Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich außer Betracht zu bleiben.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1998 - 4 C 5.98 -, juris, Rn. 22, m. w. N.
14Der auf dem Nachbargrundstück ursprünglich vorhandene Querriegel ist nach dem eigenen Vortrag des Klägers inzwischen abgerissen worden. Dass eine eventuelle Prägung dieser Nutzung noch fortdauert, weil mit einer vergleichbaren Wiederbebauung oder einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen ist,
15vgl. BVerwG, Urteil vom 27.8.1998 - 4 C 5.98 -, juris, Rn. 22, m. w. N.,
16ist weder vom Kläger dargelegt noch sonst ersichtlich. Dagegen spricht schon das Vorbringen der Zulassungsbegründung, das zweigeschossige Gebäude auf dem Nachbargrundstück sei durch einen Anbau ersetzt worden.
17Ohne Erfolg verweist der Kläger ferner auf die Bebauung des Flurstücks … (B.-straße ..), das mit einem Doppelhaus bebaut sei, welches tief in das Grundstück hineinrage, dort befinde sich Wohnbebauung, es komme nicht darauf an, dass es sich um Anbauten handele. Damit ist keine Bebauung aufgezeigt, die in ihren Ausmaßen und ihrer Ausrichtung auf dem Grundstück dem Vorhaben des Klägers vergleichbar wäre.
18Der Kläger zieht ferner die Bewertung des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel, die Bebauung auf dem Flurstück … (B.-straße ..) sei ein „Ausreißer“ ohne Vorbildwirkung. Er trägt vor, die Bebauung auf der gegenüber liegenden östlichen Seite der B.-straße überrage diejenige auf dem Flurstück … in Tiefe und Höhe sogar noch. Dies setzt sich nicht in ausreichender Weise mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander, die Bebauung auf dem Flurstück … weiche in markanter Art und Weise von der historischen Bebauung mit straßenseitigen Hauptgebäuden und rückwärtigen Nebenanlagen ab und werde schon deshalb vom Betrachter als Fremdkörper wahrgenommen, zudem unterscheide sich die gewerbliche Nutzung von der umgebenden Wohnnutzung deutlich und verstärke und bestätige so den schon nach den bloßen baulichen Anlagen bestehenden Eindruck eines „Ausreißers“.
19Schließlich wendet der Kläger ohne Erfolg ein, das Flurstück … (B.-straße ..) habe prägende Funktion, da es zwar an zwei Straßen, aber mit dem größten Teil auf der B.-straße liege, es weise zwar eine geringere Bebauungstiefe auf, sei aber letztlich in größerem Umfang bebaut als das klägerische Grundstück. Dies setzt sich nicht hinreichend mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander, da es sich um ein auf zwei Seiten von Straßen umschlossenes Eckgrundstück handele, befinde sich das Flurstück in einer städtebaulich anderen Lage als das des Klägers, zudem habe es eine maximale Bebauungstiefe von rund 21,5 m, wohingegen das Vorhaben des Klägers erst bei einer Bebauungstiefe von 24,0 m ansetze und insgesamt eine Bebauungstiefe von 30,22 m habe, damit sprenge es den durch die Bebauung auf dem Flurstück … gegebenen Rahmen.
20b) Der Kläger zeigt ferner nicht auf, dass das Verwaltungsgericht die Bebauung östlich der B.-straße unzutreffend bewertet hätte.
21Dazu hat es ausgeführt, auf der östlichen Seite der B.-straße seien auf den Flurstücken … und … Hauptanlagen zu finden, die hinsichtlich der Bebauungstiefe dem Vorhaben des Klägers nahekämen. Gleichwohl handele es sich nicht um Vorbilder für das Vorhaben des Klägers. Die Gebäude auf den Flurstücken …. und … seien von der Straße aus einige Meter zurückgesetzt und damit Ausdruck eines anderen städtebaulichen Konzepts. Auf dem Flurstück … sei der Anbau über einen Teil der Grundstücksbreite tiefer als auf den umliegenden Grundstücken, es handele sich anders als auf dem Grundstück des Klägers aber nicht um eine Bebauung in zweiter Reihe.
22Ohne Erfolg rügt der Kläger, das Flurstück … (B.-straße ..) sei komplett überbaut, dort seien im hinteren Bereich zwei Garagen als Querriegel mit einer Wohnung überbaut worden, wie sich aus den vorgelegten Lichtbildern ergebe. Diese Lichtbilder lassen allerdings keinen dem Vorhaben des Klägers vergleichbaren Querriegel erkennen; damit ist nicht aufgezeigt, dass es sich um ein Vorbild für das freistehende, anders ausgerichtete und dimensionierte Vorhaben des Klägers handeln könnte.
23Gleiches gilt für das vom Kläger angesprochene Flurstück … (B.-straße ..), auf dem nach seinem Vortrag im hinteren Bereich Wohnbebauung mit der Hausnummer .. existiere, zudem befinde sich dort eine sich quer über das Grundstück ziehende, zweigeschossige Lagerhalle, also Bebauung in zweiter Reihe. Auch damit ist keine dem Vorhaben des Klägers vergleichbare rückwärtige Bebauung aufgezeigt. Die Zulassungsbegründung geht schon nicht darauf ein, dass die Gebäude auf diesem Grundstück - wie vom Verwaltungsgericht für andere Flurstücke östlich der B.-straße aufgezeigt - von der Straße aus einige Meter zurückversetzt sind.
24Auch der Verweis auf die Flurstücke … (B.-straße ..) und … (B.-straße ..) greift nicht durch. Dass sich dort Garagen bzw. Garagenhöfe befinden, zeigt nicht auf, dass - wie vom Verwaltungsgericht für maßgeblich gehalten - Hauptanlagen mit vergleichbarer Bebauungstiefe wie das Vorhaben des Klägers vorhanden wären. Auf eventuelle Probleme bei der Ein- und Ausfahrt von diesen Flurstücken oder etwaige Konflikte der Garagen bzw. Garagenhöfe mit angrenzenden Wohnnutzungen kommt es nicht an.
25Die Zulassungsbegründung legt auch nicht dar, dass das Verwaltungsgericht die Bebauung des Flurstücks … (B.-straße ..) im Ergebnis unzutreffend bewertet hätte. Der Kläger trägt insoweit vor, es sei widersprüchlich, ein in der Tiefe mit einem seinem Vorhaben entsprechenden Gebäude bebautes Grundstück nicht als prägend anzusehen, weil es zurückgesetzt gebaut worden sei, es handele sich nicht um ein anderes städtebauliches Konzept, weil auch an der östlichen Seite der B.-straße fast ausschließlich Bebauung direkt an der Straße zu finden sei. Diesem Ansatz folgend würde es sich bei dem von der Straße zurückgesetzten Gebäude nicht um ein Vorhaben handeln, das die nähere Umgebung prägt.
26Eine im Ergebnis andere Beurteilung ergibt sich auch nicht hinsichtlich der vom Kläger weiter in Bezug genommenen Flurstücke … (B.-straße ..) und … (B.-straße ..), deren Bebauungstiefe nicht die Tiefe erreicht, die das Vorhaben des Klägers aufweist.
273. Soweit der Kläger rügt, es sei unberücksichtigt geblieben, dass es im Rahmen des Einfügens auch auf die überbaute Grundstücksfläche oder die Geschossflächenzahl ankommen müsse, sein freistehendes hinteres Gebäude habe einen niedrigeren Grundflächenverbrauch als die Gebäude … und … auf der westlichen Seite der B.-straße, führt dies ebenfalls nicht auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
28Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist hinsichtlich des Einfügens unter dem Aspekt des Maßes der baulichen Nutzung in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen, und dass sich deshalb vorrangig die (absolute) Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschossfläche, Geschosszahl und Höhe und bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung anbieten. Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung - wie der Grundflächenzahl nach § 19 Abs. 2 BauNVO oder der Geschossflächenzahl nach § 20 Abs. 2 BauNVO - zwar nicht ausgeschlossen; sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind.
29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.3.2013 - 4 B 49.12 - BauR 2013, 1245 = juris, Rn. 5, m. w. N.
30Damit wird indes weder dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Feststellung zweifelhaft ist, dass sich das Vorhaben nach dem gesondert zu betrachtenden Gesichtspunkt der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Mit dem in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendeten Begriff der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, ist die konkrete Größe der baulichen Anlage und ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung gemeint; es geht also um den Standort im Sinne des § 23 BauNVO.
31Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.5.2014 - 4 B 38.13 -, juris, Rn. 8 m. w. N.
324. Schließlich macht der Kläger auch ohne Erfolg geltend, das Vorhaben löse - anders als vom Verwaltungsgericht angenommen - keine bodenrechtlichen Spannungen aus.
33Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, das Vorhaben des Klägers werde im Fall einer Genehmigung ein Vorbild für weitere Hauptnutzungen im rückwärtigen Bereich darstellen, dieser Bereich sei bislang von Wohnnutzungen frei, mit einer Wohnnutzung „in zweiter Reihe“ entstünden gerade gegenüber der straßenseitigen Wohnbebauung Konflikte etwa hinsichtlich des Zu- und Abgangsverkehrs, derartige Konflikte könnten nur im Rahmen eines Bauleitverfahrens gelöst werden.
34Der Kläger trägt vor, sein Vorhaben löse kein Planungsbedürfnis aus, auf der westlichen B.-straße bestünden nur zu seinem und dem Grundstück der Glaserei Einfahrten auf dem jeweiligen Grundstück, die anderen Gebäude an der westlichen B.-straße ermöglichten eine Bebauung im rückwärtigen Bereich mangels Zufahrtsmöglichkeit nicht. Damit zeigt der Kläger zunächst nicht auf, dass die vom Verwaltungsgericht angenommene Vorbildwirkung nicht bestünde. Dies gilt schon deshalb, weil er nicht auf die - vom ihm selbst für maßgeblich gehaltene - Bebauung östlich der B.-straße eingeht; dass auch dort eine Bebauung in den rückwärtigen Grundstücksbereichen aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen wäre, zeigt er nicht auf.
35Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, aufgrund der deutlich über das Maß seines Vorhabens hinausgehenden Bebauung auf der östlichen Straßenseite sei ein Konfliktpotential bereits vorhanden, ohne dass eine Planung notwendig gewesen wäre, die verkehrliche Situation in der B.-straße sei unauffällig. Damit legt er nicht dar, dass es durch eine Bebauung in zweiter Reihe nicht zu - weiteren - Konflikten kommen könnte.
36Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
37Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
38Dieser Beschluss ist unanfechtbar.