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Erfolglose Beschwerde einer Justizamtsinspektorin in einem Stellenbesetzungsverfahren, die sich gegen die zur Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale verwendete Punkteskala von 0 bis 18 Punkte wendet.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 13.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist unbegründet. Aus der Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag hätte stattgeben müssen, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Nr. 5 vom 1.3.2023 ausgeschriebenen Stellen "Justizamtsinspektor/-in (BesGr. A 9 mit AZ) ‑ Beamter/in, der/die überwiegend Aufgaben des Funktionsverzeichnisses im Sinne der Fußnote 1 zur Besoldungsgruppe A 9 LBesO wahrn. b. d. OLG Düsseldorf" mit den Beigeladenen zu besetzen, bevor über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
3Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Auswahlentscheidung des Antragsgegners erweise sich inhaltlich nicht als rechtsfehlerhaft. Der Antragsgegner sei bei dem von ihm vorgenommenen Bewerbervergleich zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladenen besser qualifiziert seien als die Antragstellerin. Dies halte einer rechtlichen Überprüfung stand. Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladenen seien in den letzten Regelbeurteilungen (jeweils im Statusamt A 9) mit dem Gesamturteil "sehr gut (16 Punkte)" bewertet. Die inhaltliche Ausschärfung der Beurteilungen führe zu einem Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen. Denn in der Gesamtsumme der drei Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung erreiche die Antragstellerin 47 Punkte (zweimal 16 und einmal 15 Punkte), während die Beigeladenen insoweit beide 49 Punkte (jeweils zweimal 16 und einmal 17 Punkte) vorweisen könnten. Bei zwei Punkten Vorsprung habe der Antragsgegner von einem relevanten Leistungsvorsprung der Beigeladenen ausgehen dürfen. Der Einwand der Antragstellerin, das vom Antragsgegner geschaffene Notensystem lasse eine vernünftige Unterscheidung von Beförderungsbewerbern nach Eignung, Leistung und fachlicher Befähigung in einem dreijährigen Beurteilungszeitraum nicht mehr zu, erschließe sich schon im Ansatz nicht. Es sei nicht nachvollziehbar, inwieweit überhaupt die Länge des Beurteilungszeitraums geeignet sein solle, die Ausdifferenzierung nach der einschlägigen Notenskala und deren Aussagekraft für die Einschätzung von Leistung und Befähigung ‑ auch bei nur kleinen Wertungsunterschieden ‑ infrage zu stellen. Auch sei nicht ersichtlich, dass, wie von der Antragstellerin behauptet, das verwendete Notensystem die Beurteiler vor nicht zu lösende Differenzierungsprobleme stellen würde. Auch ansonsten sei nicht ersichtlich, inwieweit das hier und auch anderweitig verwendete Notensystem die Grenzen der Unterscheidbarkeit von Beförderungsbewerbern „sprengen“ sollte.
4Hiergegen macht die Antragstellerin mit der Beschwerde geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass das den dienstlichen Beurteilungen zugrundeliegende Notensystem eine vernünftige Unterscheidung von Beförderungsbewerbern nach Eignung, Leistung und fachlicher Befähigung in einem dreijährigen Beurteilungszeitraum bei unterschiedlichen beurteilenden Personen zulasse. Das Notensystem mit 54 Punkten überschreite vielmehr die Regeln der Messbarkeit von Leistung, Eignung und fachlicher Befähigung. Personenverschiedene Beurteiler müssten in einem Beurteilungszeitraum von drei Jahren eine exakte Entscheidung darüber treffen, ob ein Einzelmerkmal etwa mit 15 oder 16 Punkten zu bewerten sei. Dies führe zu marginalen Differenzierungen, die einen angeblichen Vorsprung eines Bewerbers begründeten, und damit letztlich zu willkürlichen Entscheidungen. Zudem werde durch dieses System die in den Beurteilungsrichtlinien vorgesehene grundsätzliche Einteilung der Noten des Gesamturteils überflüssig gemacht und konterkariert. Mit seinem weiteren Notensystem bewege sich der Antragsgegner außerhalb des nach den Beurteilungsrichtlinien vorgesehenen Notensystems. Ein relevanter Leistungsvorsprung der Beigeladenen liege gerade nicht vor. Dieses Vorbringen greift nicht durch.
5Es liegt im grundsätzlich weiten Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er das Beurteilungswesen für seine Beamten regelt. Innerhalb der durch das einschlägige Gesetzes- und Verordnungsrecht gezogenen Grenzen ist der Dienstherr weitgehend frei, Verfahren und Inhalt dienstlicher Beurteilungen durch Richtlinien festzulegen. Er kann entsprechend seinen Vorstellungen über die Erfordernisse in den einzelnen Verwaltungsbereichen unterschiedliche Beurteilungssysteme einführen, eine Notenskala aufstellen und festlegen, welchen Begriffsinhalt die einzelnen Notenbezeichnungen haben. Andererseits ist es angesichts dieser Gestaltungs- und Ermessensfreiheit umso bedeutsamer, dass der Dienstherr das gewählte Beurteilungssystem tatsächlich gleichmäßig auf alle Beamten anwendet, die bei Auswahlentscheidungen über ihre Verwendung und über ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können. Die Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabs ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Beurteilung ihren Zweck erfüllt, einen Vergleich der Beamten untereinander anhand vorgegebener Sach- und Differenzierungsmerkmale zu ermöglichen.
6Vgl. BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 ‑ 2 C 1.18 ‑, BVerwGE 165, 305 = juris Rn. 39 m. w. N.
7Wenn der Dienstherr ‑ wie hier ‑ Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht nur prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den rechtlichen Vorgaben, speziell denen der Laufbahnverordnung über die dienstliche Beurteilung, und mit sonstigen gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 ‑ 2 C 1.18 ‑, BVerwGE 165, 305 = juris Rn. 40; OVG NRW, Urteil vom 27.1.2021 ‑ 6 A 2176/19 ‑, juris Rn. 30.
9Davon ausgehend ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen, dass der Dienstherr mit der in den hier einschlägigen Beurteilungsrichtlinien ‑ Beurteilungs-AV vom 1.2.2013 (2000 - Z. 155) in der Fassung vom 28.11.2019 (JMBl. NRW S. 379) ‑ zur Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale aufgestellten Notenskala (vgl. Ziffer 4.3.3 der Beurteilungs-AV) seinen Gestaltungs- und Ermessensspielraum überschritten hätte, insbesondere etwa, weil die verwendete Punkteskala in materiell-rechtlicher Hinsicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG nicht genügte.
10Entgegen der Behauptung der Beschwerde sieht das in Ziffer 4.3.3 vorgesehene Notensystem des § 17 Abs. 1 JAG NRW nicht "ein Punktsystem von insgesamt 54 möglichen Bewertungspunkten" vor. Vielmehr erfolgt die Bewertung jedes einzelnen Leistungsmerkmals anhand einer Punkteskala von 0 bis 18, wobei den Punkten sieben Notenstufen zugeordnet sind (0 Punkte: ungenügend; 1 bis 3 Punkte: mangelhaft; 4 bis 6 Punkte: ausreichend; 7 bis 9 Punkte: befriedigend; 10 bis 12 Punkte: vollbefriedigend; 13 bis 15 Punkte: gut; 16 bis 18 Punkte: sehr gut).
11Dieses - auch andernorts geläufige - Notensystem lässt eine sachgerechte und differenzierte Bewertung der Leistungsmerkmale ohne Frage zu. Gegenteiliges behauptet auch die Antragstellerin nicht; zu einem Notensystem mit einer Punkteskala von 0 bis 18 und sieben Notenstufen verhält sich die Beschwerde nicht. Um eine "Notenskala von (…) 54 möglichen Punkten" geht es im Streitfall nicht. Nur rein rechnerisch können sich bei einer Addition der Bewertungen der drei Leistungsmerkmale Arbeitsweise, Arbeitseinsatz und Arbeitserfolg 54 Punkte ergeben. Gleichwohl liegt dem Notensystem aber eine Punkteskala von 0 bis 18 zugrunde. Unerheblich ist daher auch die theoretische Überlegung der Beschwerde zu einer ‑ hier nicht verwendeten ‑ „Notenskala von 10-100 Punkten" und die Auffassung, an irgendeiner Stelle müsse für eine solche Notensystematik eine Grenze gezogen werden, die jedenfalls bei 54 Punkten überschritten sei. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht entgegen der Behauptung der Beschwerde auch nicht angenommen, bei einem Punktesystem zur Bewertung von Leistungsmerkmalen sei die Anzahl der maximalen Punktzahl unbegrenzt.
12Mit ihrem schon nicht weiter fundierten Einwand, es sei generell nicht plausibel zu begründen, ob ein Leistungsmerkmal mit 15 oder mit 16 Punkten bewertet werde, kritisiert die Antragstellerin letztlich nicht das verwendete Notensystem, sondern spricht der Sache nach vielmehr den - in jedem Notensystem - bestehenden Beurteilungsspielraum des Beurteilers, hier bei der konkreten Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale an. Eine Überschreitung des Beurteilungsspielraums bei den hier in Rede stehenden Beurteilungen macht die Beschwerde aber nicht geltend. Ebenso wenig macht sie geltend, dass das Notensystem nicht gleichmäßig angewendet worden wäre.
13Die weitere Rüge, der Antragsgegner bewege sich "mit diesem weiteren Notensystem außerhalb des nach den Beurteilungsrichtlinien vorgesehenen Notensystems", ist nicht nachvollziehbar. Die Bewertung der Leistungsmerkmale Arbeitsweise, Arbeitseinsatz und Arbeitserfolg nach dem Notensystem des § 17 Abs. 1 JAG NRW ist in der Beurteilungs-AV vorgesehen (vgl. Ziffern 4.3.2 und 4.3.3). Diese Vorgaben hat der Antragsgegner eingehalten. Die Bildung der Gesamtnote ist in Ziffer 4.6 der Beurteilungs-AV geregelt. Dass insoweit die Beurteilungs-AV nicht eingehalten wäre, macht die Beschwerde nicht geltend; hierfür ist auch nichts ersichtlich. Im Übrigen ist nicht zu beanstanden und war es vielmehr geboten, dass der Antragsgegner bei den hier in Rede stehenden, auf dieselbe Gesamtnote ("Sehr gut [16 Punkte]“) lautenden Beurteilungen die Bewertungen der Einzelmerkmale näher inhaltlich ausgewertet hat. Dass der Antragsgegner bei dieser weiteren Auswertung der Beurteilungen ‑ nämlich durch (eine ungewichtete) Addition der einzelnen Punktwerte aller (drei) beurteilten Leistungsmerkmale ‑ den ihm insoweit zustehenden Beurteilungsspielraum,
14vgl. hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 25.5.2010 ‑ 6 B 187/10 ‑, juris Rn. 10 ff.,
15überschritten hätte, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.
16Ohne Erfolg rügt die Beschwerde schließlich, es bestünde kein relevanter Leistungsvorsprung der Beigeladenen. Es trifft zwar zu, dass die Antragstellerin und die Beigeladenen in der Gesamtnote gleich beurteilt worden sind. In den einzelnen Leistungsmerkmalen sind die Beigeladenen allerdings etwas besser bewertet worden. Dass der Antragsgegner die nach der Beurteilungslage etwas besseren Bewerberinnen ausgewählt hat, ist nicht zu beanstanden.
17Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6.10.2023 ‑ 2 VR 3.23 ‑, ZBR 2024, 32 = juris Rn. 67, mit Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 19.12.2014 ‑ 2 VR 1.14 ‑, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 = juris Rn. 41.
18Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG.
19Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).