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Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 17.7.2023 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
3Das Verwaltungsgericht hat den sinngemäßen Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der gegen Ziffer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 24.4.2023 hilfsweise erhobenen Anfechtungsklage 18 K 2201/23 (VG Gelsenkirchen) anzuordnen,
5im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die in Ziffer I. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 24.4.2023 getroffene und auf § 51 Abs. 2 Satz 1 und 2 GwG als Befugnisnorm zu stützende Feststellung, dass der Antragsteller Verpflichteter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG sei, sei rechtmäßig. Der Antragsteller sei Verpflichteter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. e) GwG, soweit er Betriebs- oder Außenprüfungen begleite. Die Außenprüfung diene gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 AO der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Sie sei Teil des Steuerfestsetzungsverfahrens. Die Zulässigkeit der Außenprüfung hänge nicht davon ab, ob eine Steuererklärung abgegeben worden sei oder ob Bescheide vorlägen, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien. Die anwaltliche Begleitung einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt biete daher auf Beratungsebene Einwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf das noch laufende Besteuerungsverfahren, die Risiken im Sinne des Geldwäschegesetzes begründeten. Die angefochtene Verfügung in Ziffer I. des Bescheids vom 24.4.2023 sei bei summarischer Prüfung ermessensfehlerfrei.
6Diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts wird durch das Beschwerdevorbringen, mit dem der Antragsteller seine Eigenschaft als Verpflichteter nach dem Geldwäschegesetz bestreitet und auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht durchgreifend in Frage gestellt.
7Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. e) GwG sind Verpflichtete u. a. Rechtsanwälte, soweit sie geschäftsmäßig Hilfeleistung in Steuersachen erbringen. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2602) in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/843 u. a. die seinerzeit bestehende Aufzählung der Verpflichteten im Katalog des § 2 Nr. 10 GwG mit der Einfügung des Buchstaben e) um jene Rechtsanwälte ergänzt, die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen erbringen. Die Ergänzung von Tätigkeiten der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Sinne des § 3 StBerG in Buchstabe e) sei erforderlich, da Rechtsanwälte nach dieser Regelung berechtigt seien, steuerberatend tätig zu werden. Im Gegensatz zu Steuerberatern, die per se nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG geldwäscherechtlich Verpflichtete seien, seien Rechtsanwälte nur im Bereich der Ausübung der in § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG genannten Katalogtätigkeiten verpflichtet. Die Ergänzung von Tätigkeiten im Sinne des § 3 StBerG diene der Vermeidung einer Gesetzeslücke im Bereich anwaltlicher Tätigkeiten im Verhältnis zur Verpflichtetenstellung von Steuerberatern nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG.
8Vgl. BT-Drs. 19/13827, S. 1, 11, 71.
9Geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen ist nach § 2 Abs. 2 StBerG jede Tätigkeit in fremden Angelegenheiten im Anwendungsbereich des Steuerberatungsgesetzes, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 StBerG umfasst die Hilfeleistung in Steuersachen auch die Hilfeleistung in Steuerstrafsachen und in Bußgeldsachen wegen einer Steuerordnungswidrigkeit.
10Der Begriff der Hilfeleistung in Steuersachen ist nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung weit auszulegen.
11Vgl. BFH, Beschluss vom 19.5.2005 – VII B 8/05 –, juris, Rn. 6.
12An diesen Maßstäben gemessen ist der Antragsteller im Prüfzeitraum 2022 Verpflichteter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. e) GwG gewesen, soweit er geschäftsmäßig Hilfeleistung in Steuersachen erbracht hat. Jedenfalls soweit er bei der Begleitung von Betriebsprüfungen geschäftsmäßig im Anwendungsbereich des Steuerberatungsgesetzes in Steuersachen einschließlich Steuerstrafsachen und Bußgeldsachen wegen einer Steuerordnungswidrigkeit tätig geworden ist bzw. Hilfe geleistet hat im Sinne der §§ 1, 2 Abs. 2 StBerG, ist er Verpflichteter gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. e) GwG gewesen.
13Das Besteuerungsverfahren als Ganzes ist nicht mit der Abgabe der Steuererklärung abgeschlossen, sondern grundsätzlich erst mit der Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid nach § 155 AO. Hilfeleistung in Steuersachen im Anwendungsbereich des Steuerberatungsgesetzes kommt aber selbst nach erfolgter Steuerfestsetzung in Betracht, etwa wenn die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nach den §§ 172 ff. AO in Rede steht. Eine nach § 193 Abs. 1 AO insbesondere bei gewerblichen und anderen Betrieben zulässige Außenprüfung dient, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt hat, gemäß § 194 Abs. 1 Satz 1 AO der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Sie ist grundsätzlich auf eine umfassende und zusammenhängende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen angelegt.
14Vgl. BFH, Beschluss vom 15.6.2022 – X B 87/21 (AdV) –, juris, Rn. 22, und Urteil vom 2.10.1991 – X R 89/89 –, BFHE 166, 105 = juris, Rn. 14 f.
15Sie ist damit Teil des Besteuerungsverfahrens. Dies folgt aus der systematischen Stellung der §§ 193 ff. AO im Vierten Abschnitt des mit Durchführung der Besteuerung überschrieben Vierten Teils der Abgabenordnung.
16Die Hilfeleistungen des Antragstellers während seiner Begleitungen von Betriebsprüfungen im Hinblick auf steuerstrafrechtliche Gesichtspunkte stellte sich als Hilfeleistung in Steuerstrafsachen oder im Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit dar, sofern, was der Antragsteller nicht in Abrede stellt, damit eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls verbunden war. Sie war gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 StBerG Hilfeleistung in Steuersachen, die nicht der Ausnahme nach § 6 StBerG vom Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 5 StBerG unterfiel und zu der der als Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht tätige Antragsteller als Rechtsanwalt wegen § 3 Satz 1 Nr. 1 StBerG befugt war. Auf die Frage steuerrechtlich relevanter Einwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf Seiten des Antragstellers kommt es innerhalb dieses Rahmens nicht an, sofern sich seine Begleitung von Betriebsprüfungen nicht auf seine bloße Anwesenheit beschränkte.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
18Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG.
19Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.