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Die Bewilligung der Corona-Soforthilfen in Nordrhein-Westfalen (NRW-Soforthilfe 2020) lag, soweit sie sich im Rahmen der von der Europäischen Kommission genehmigten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 hielt, im pflichtgemäßen Ermessen der Behörden. Es bestand kein Anspruch auf eine Bewilligung ohne Nebenbestimmungen.
Die sämtlichen von März bis Mai 2020 erlassenen etwa 430.000 Bewilligungsbescheiden über eine NRW-Soforthilfe 2020 unter II. beigefügten Ziffern 3 und 4 stellen nicht isoliert anfechtbare Inhaltsbestimmungen eines Verwaltungsakts dar. In ihnen liegt jeweils ein Element der Hauptregelung, das die Einzelheiten der Bewilligung näher festlegt und konkretisiert.
Die Bestimmungen in II. Ziffern 3 und 4 dienen der Begrenzung der Förderung auf den ausschließlichen Zweck der NRW-Soforthilfe 2020, die finanziellen Notlagen von Unternehmen und Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zu mildern, insbesondere pandemiebedingte Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Durch sie ist insbesondere die Vorläufigkeit der – nur in NRW erfolgten – Bewilligung in Höhe des Höchstförderbetrags zur Einhaltung dieser Zweckbindung in unsicherer Lage zum Ausdruck gebracht worden und die hieraus folgende Pflicht zur Rückzahlung überzahlter oder anderweitig kompensierter Beträge. Diese Bestimmungen sind auch unionsrechtlich geboten, um den von der EU-Kommission im Rahmen der Anwendung des Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV eröffneten unionsrechtlichen Rahmen für die Gewährung staatlicher Beihilfen einzuhalten.
Ohne die Nebenbestimmungen über Aufbewahrungs- und Auskunftspflichten sowie Modalitäten bei der Durchführung eines Verwendungsnachweisverfahrens könnte eine erfolgte Bewilligung nicht rechtmäßigerweise bestehen bleiben. Die Rechtsordnung erlaubt die Zuwendungsgewährung jedenfalls nicht ohne diese Nebenbestimmungen. Sie haben den Zweck, die engen Vorgaben der von der EU-Kommission auf der Grundlage ihres „Befristeten Rahmens“ genehmigten „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ einzuhalten. Auch wäre der Beklagte aufgrund seiner Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) daran gehindert, einen Bewilligungsbescheid ohne entsprechende Nebenbestimmungen zu erlassen.
Die Bewilligung der NRW-Soforthilfen 2020 erfolgte im Frühjahr 2020 nicht vollständig durch automatische Einrichtungen im Sinne des § 35a VwVfG NRW, weil die Gewährung der Fördermittel von einer menschlichen Willensbetätigung durch einen Sachbearbeiter abhing.
Einzelne Nebenbestimmungen eines unter Verstoß gegen § 35a VwVfG NRW vollständig durch automatische Einrichtungen erlassenen Zuwendungsbescheids können wegen dieses Verstoßes nicht isoliert aufgehoben werden, weil die Rechtsordnung die vollständig durch automatische Einrichtungen erlassene Bewilligung ohne die angegriffenen Nebenbestimmungen ebenso wenig erlaubt wie die Beifügung von Nebenbestimmungen zu einer derartigen Bewilligung.
Die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin beantragte mittels eines elektronischen Antragsformulars am 28.3.2020 die Gewährung einer Soforthilfe für von der Corona-Krise 03/2020 besonders geschädigte Unternehmen und Angehörige Freier Berufe einschließlich Soloselbstständige aus dem Soforthilfeprogramm des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen sowie des Bundesprogramms „Soforthilfen für Kleinstunternehmer und Soloselbstständige“ („NRW-Soforthilfe 2020“). Mit auf den 28.3.2020 datiertem Bescheid, der Klägerin am 30.3.2020 um 9:58 Uhr per E-Mail übermittelt, bewilligte die Bezirksregierung Düsseldorf der Klägerin eine – in einem Klammerzusatz zur Bescheidüberschrift auch als Billigkeitszuschuss bezeichnete – Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 Euro als einmalige Pauschale. Die Soforthilfe erfolgte ausschließlich im Rahmen der Zweckbindung zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie als Einmalzahlung für drei Monate. Sie diente insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1.3.2020 in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden waren. Nicht umfasst waren vor dem 1.3.2020 entstandene wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. Liquiditätsengpässe.
3Die Bewilligung der Soforthilfen erfolgte jeweils, nachdem sich die Sachbearbeiter zur Bearbeitung der Anträge mit individuellen Zugangsdaten einloggen konnten und auf diese Weise Zugriff auf offene Anträge erhielten. Im Rahmen der Bearbeitung der Anträge war anhand einer den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bezirksregierung Düsseldorf per verwaltungsinterner E-Mail am 27.3.2020 neben einem Antragsformular zugeleiteten Kurzanleitung ein noch unbearbeiteter Antrag auszuwählen und sodann die Vollständigkeit und die Plausibilität des jeweiligen Antrags zu prüfen. Je nach Ergebnis der Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfung war der Antrag durch Anhaken unter der Rubrik „Angaben für den Sachbearbeiter“ zu genehmigen, nicht zu genehmigen oder zu klären. Ergänzend konnte eine Eintragung in das Bemerkungsfeld erfolgen. Sofern ein Antrag genehmigt wurde, wurde mit der Speicherung der Angaben durch die Sachbearbeiter automatisch der Bewilligungsbescheid generiert sowie seine Versendung und die Auszahlung veranlasst.
4Ausweislich einer dienstlichen Äußerung der Sachbearbeiterin, die den Antrag der Klägerin bearbeitet hatte, waren ihr bei der Prüfung der Anträge nur sehr bedingte Handlungsspielräume eingeräumt. Die Prüfung habe sich ausschließlich auf Vollständigkeit und Plausibilität der Angaben (Stimmigkeit der Mitarbeiterzahl und der beantragten Förderhöhe) beschränken sollen. Sobald sich dabei keine Auffälligkeiten ergeben hätten, seien die Anträge durch das entsprechend zu setzende Häkchen zu genehmigen gewesen. Die Bescheide seien automatisiert aus dem Programm heraus generiert und versendet worden, sodass man als Sachbearbeiter keine Einsicht in diese habe nehmen können. Wie genau die Bescheide strukturell und inhaltlich ausgesehen hätten, könne sie nicht sagen.
5Aus einem Hinweis zur Antragsabschrift ergibt sich, dass das Antragsformular im digitalen Fachverfahren der NRW-Soforthilfe 2020 nachträglich manuell generiert worden sei. Das Verfahren der NRW-Soforthilfe 2020 sei volldigital durchgeführt worden. Die Anträge und Bescheide seien über ein digitales Fachverfahren eingereicht und versendet worden.
6Nach Regelungen unter 1. bis 3. zur Bewilligung betreffend ein Aufrechnungsverbot und die bereits erwähnte Zweckbindung finden sich im Bescheid unter „II. Nebenbestimmungen“ insgesamt acht als Nebenbestimmungen bezeichnete Unterpunkte, unter denen die Soforthilfe gewährt wurde. Im Einzelnen:
7„1. Dem Bescheid liegt eine Anzahl von 4 Vollzeitäquivalenten zugrunde.
82. Grundlage und Bestandteil des Bescheides ist Ihr Antrag vom 28.3.2020.
93. Sollten Sie am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellen, dass diese Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z. B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten Mittel auf das Konto der Landeskasse IBAN DE unter Angabe des Aktenzeichens zurückzuzahlen.[ersatzweise Hinweis auf Homepage soforthilfe-corona.nrw.de]
10Der zurück erstattete Betrag ist nicht steuerpflichtig.
114. Die Finanzhilfe ist zurückzuerstatten, wenn der Bescheid aufgrund falscher oder unvollständiger Angaben erteilt wurde oder Entschädigungsleistungen, Versicherungsleistungen und/oder andere Förderungsmaßnahmen einzeln und/oder zusammen zu einer Überkompensation führen. Darlehen sind von einer Anrechnung ausgenommen. In diesem Fall ist die gewährte Soforthilfe vom Eintritt der Überkompensation an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich nach Maßgabe des § 49a Abs. 3 VwVfG NRW zu verzinsen.
125. Ich behalte mir im Einzelfall eine Prüfung der Verwendung der Soforthilfe vor. In diesem Fall ist die Bewilligungsbehörde berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern sowie die Verwendung der Soforthilfe durch örtliche Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen. Sie haben die erforderlichen Unterlagen bereitzuhalten und die notwendigen Auskünfte zu erteilen. Die Bewilligungsbehörde, Ihr zuständiges Finanzamt, der Landesrechnungshof NRW sowie die nachgeordneten Behörden (vgl. § 91 LHO), der Bundesrechnungshof, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und die Europäische Kommission sind ebenfalls berechtigt, Prüfungen vorzunehmen.
136. Alle relevanten Unterlagen sind 10 Jahre lang ab der Gewährung dieser Soforthilfe (Datum dieses Bescheides) aufzubewahren.
147. Sie versichern mit Erhalt des Bescheids und der ausgezahlten Mittel in o. g. Höhe auf Ihrem Konto, dass die im vorgelegten Antrag einschließlich der Anlagen gemachten Angaben vollständig und richtig sind und verpflichten sich, jede Änderung in den gemachten Angaben unverzüglich bei der Bewilligungsbehörde anzuzeigen.
158. Der Nachweis der Verwendung der Soforthilfe erfolgt unter Zuhilfenahme des Vordrucks im Internet auf https://www.soforthilfe-corona.nrw.de bei Ihrem zuständigen Finanzamt und ist der nächsten Steuererklärung beizufügen. Dazugehörige Unterlagen sind vorzuhalten, jedoch nicht mitzusenden.“
16Außerdem findet sich im Bescheid unter „III. Hinweise“ folgender Passus:
17„Sollten Sie mit einer Regelung in diesem Bescheid nicht einverstanden sein, ist dies der Bewilligungsbehörde gegenüber zu erklären und der überwiesene Betrag unverzüglich zurückzuerstatten.“
18Die Klägerin hat am 28.4.2020 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, die Klage sei als isolierte Anfechtungsklage gegen die im Bescheid enthaltenen belastenden Nebenbestimmungen zulässig. Nur durch eine solche Klage könne verhindert werden, dass die Nebenbestimmungen in Bestandskraft erwüchsen und damit im Falle einer Rückforderung des Zuschusses nicht mehr geprüft werden würden. Zur Begründetheit der Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt: Die unter II. Ziffer 3 geregelte Rückzahlungsverpflichtung sei rechtswidrig, weil im Vorfeld des Antrags von einem „nicht rückzahlbaren“ Zuschuss die Rede gewesen sei. Zudem stelle die Rückforderung, wie in II. Ziffer 3 geregelt, aufgrund der wechselnden Veröffentlichungen zur Rechtslage einen Verstoß gegen Treu und Glauben dar. Dies gelte insbesondere wegen einer nachträglichen Veränderung der bei der Bewilligung geltenden Begriffsverständnisse über das Vorliegen einer Überkompensation auch für die unter II. Ziffer 4 für diesen Fall geregelte Rückzahlungspflicht. Die dort bestimmte Pflicht zur Verzinsung sei im Antrag gleichfalls nicht angedeutet gewesen. Der Inhalt der Bestimmungen unter II. Ziffern 5, 6 und 8 sei für die Klägerin im Vorfeld der Antragstellung ebenso nicht in der Form erkennbar gewesen bzw. von dem Beklagten anders kommuniziert worden. Die in II. Ziffer 5 festgelegten umfassenden Prüfberechtigungen für eine große Anzahl an Behörden und Institutionen seien mit Blick auf eine faktische Aufhebung des Steuergeheimnisses unverhältnismäßig. Gleiches gelte für die Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren nach II. Ziffer 6, weil Subventionsbetrug schon nach fünf Jahren verjähre und auch die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen kürzer seien. Der Hinweis unter III. des Bescheids sei im Hinblick auf eine Beschneidung des Rechtswegs mit Art. 20 Abs. 3 GG und mit dem Grundsatz vom Vorrang des Gesetzes unvereinbar. Der Hauptverwaltungsakt – Bescheid ohne Nebenbestimmungen – sei inhaltlich so auszulegen, dass sie, die Klägerin, den Billigkeitszuschuss behalten dürfe und eine Rückforderung außerhalb der §§ 48, 49 VwVfG ausscheide. Bei der Bestimmung des Inhalts des Verwaltungsakts seien die §§ 133, 157 BGB entsprechend anzuwenden, wobei die Internetveröffentlichungen des beklagten Landes für die Bestimmung des Regelungsinhalts berücksichtigt werden müssten. Für die belastenden Nebenbestimmungen fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage. Ihre Rechtmäßigkeit sei nach § 36 Abs. 1 VwVfG zu beurteilen, weil es sich bei der Gewährung von Soforthilfen um eine gebundene Entscheidung handele. Ferner seien die Nebenbestimmungen zu unbestimmt, um dem Adressaten die gewollten Pflichten hinreichend deutlich zu machen. Die Rechtswidrigkeit der Nebenbestimmungen führe nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts im Übrigen.
19Die Klägerin hat beantragt,
20die unter II. und III. des Bescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 28.3.2020 enthaltenen Nebenbestimmungen werden aufgehoben, ausgenommen der Regelung unter II. Ziffer 7.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Er hat ausgeführt, der Klägerin fehle bereits die Klagebefugnis. Bei dem angegriffenen begünstigenden Verwaltungsakt reiche nicht aus, dass er an die Klägerin adressiert sei. Zudem erscheine es rechtsmissbräuchlich, dass die Klägerin die Nebenbestimmungen angreife, denen sie selbst bei der Antragsstellung zugestimmt habe. Jedenfalls seien die Nebenbestimmungen rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Durch die Bestimmung unter II. Ziffer 2 i. V. m. Ziffer 3 solle der Sinn und Zweck des Billigkeitszuschusses gesichert werden. Im Wege der erhobenen Anfechtungsklage könne eine Klärung allgemeiner Auslegungsfragen des Bescheids nicht erfolgen. Dies gelte auch in Bezug auf II. Ziffer 4 des Bescheids, bezüglich derer die Klägerin zu Unrecht eine Veränderung der Begriffsverhältnisse moniere. Die Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren sei parallel zu den Aufbewahrungsfristen des HGB geregelt worden und damit verhältnismäßig.
24Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der auf die isolierte Aufhebung der Bestimmungen unter II. Ziffern 1 – 5 und III. des Bescheids vom 28.3.2020 gerichtete Klageantrag sei unzulässig. Die Bestimmungen unter II. Ziffern 1 und 2 des Bescheids wiesen keine Regelungsqualität auf, weil es sich nicht um Maßnahmen handele, die nach ihrem Erklärungsinhalt darauf gerichtet seien, eine Rechtsfolge zu bewirken. Vielmehr seien die Bestimmungen bei verständiger Würdigung als reine Information bzw. Erklärung über die von der Bezirksregierung Düsseldorf dem Bescheid zugrunde gelegte Tatsachengrundlage anzusehen. Ein Regelungswille sei nicht erkennbar. Auch in der in II. Ziffer 3 angesprochenen Rückzahlung sei keine Nebenbestimmung zu sehen. Es handele sich nicht um eine rückwirkende auflösende Bedingung, sondern um einen Hinweis auf eine möglicherweise in der Zukunft nach Durchführung des Rückmeldeverfahrens eintretende Rückzahlungspflicht, der selbst keine bedingte Rückzahlungspflicht dem Grunde nach begründe. Die Bestimmung in II. Ziffer 4 sei insofern als bloßer Verweis auf die Rücknahmemöglichkeit nach § 48 VwVfG NRW und die im Falle einer Rücknahme des Bewilligungsbescheids entstehende Erstattungspflicht zu verstehen. Der unter II. Ziffer 5 enthaltene Vorbehalt der Prüfung im Einzelfall sei nicht auf die Bewirkung einer Rechtsfolge gerichtet. Vielmehr handele es sich um eine schlicht-hoheitliche vorbereitende Erklärung, die der Umsetzung durch einen weiteren Verwaltungsakt bedürfe und der offensichtlich kein Rechtsbindungswille zukomme. Entsprechendes gelte für die unter III. zu findende Erklärung, die als schlicht-hoheitlicher Hinweis zu qualifizieren sei. In Bezug auf die Regelungen unter II. Ziffern 6 und 8 sei die Klage zulässig, aber unbegründet. Von dem Ermessensspielraum für die Gewährung von Billigkeitszuschüssen nach § 53 LHO NRW sei die Befugnis umfasst, Nebenbestimmungen in Form von Auflagen zu erlassen. Die Regelungen unter II. Ziffern 6 und 8 des Bescheides, die dem Bescheidadressaten gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW ein hinreichend bestimmtes Tun vorschrieben, stünden im sachlichen Zusammenhang mit der Hauptregelung, der Zuschussgewährung, und liefen dem Zweck des Verwaltungsakts nicht zuwider, § 36 Abs. 3 VwVfG NRW. Vielmehr setzten sie die für die Verteilung der Corona-Soforthilfe von dem zuständigen Beklagten in der Richtlinie NRW-Soforthilfe 2020 geregelten Ermessenserwägungen um. Eine entsprechende Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren folge aus Ziffer 5.4 der Richtlinie NRW-Soforthilfe 2020. Die Regelung unter II. Ziffer 8 setze Ziffer 5.3 der Richtlinie um. Allein durch diesen „Nachweis der Verwendung“ werde die Einhaltung der Zweckbindung der Soforthilfe überprüfbar gemacht. Die Angabe auf der Internetseite zur NRW-Soforthilfe, Nachweise für die Verwendung der Zuschüsse müssten nicht erbracht werden, sei nicht unzutreffend, sondern beziehe sich allein auf die – in der Regel – nicht nachzuweisenden konkreten Ausgaben, für die die erhaltene Finanzhilfe tatsächlich eingesetzt worden sei.
25Mit ihrer nur hinsichtlich der Bestimmungen in II. Ziffern 3, 4, 5, 6 und 8 des Bescheids vom 28.3.2020 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend vor: Die noch streitgegenständlichen Regelungen seien anfechtbare Nebenbestimmungen in Form von Auflagen, die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen auferlegten. Ihr werde etwa eine gesonderte Feststellungspflicht am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums sowie die Pflicht aufgegeben, Unterlagen bereitzuhalten, die notwendigen Auskünfte zu erteilen und Prüfungen zu dulden. In dem Erlass des Bewilligungsbescheids in einem vollautomatisierten Verfahren liege eine Verletzung von § 35a VwVfG NRW. Aus der vorgelegten Zweitschrift des Verwaltungsvorgangs ergebe sich, dass das NRW-Soforthilfe-Verfahren „volldigital“ durchgeführt worden sei. Nach eigenen Angaben habe die Sachbearbeiterin zu der Zeit, als der auf den 28.3.2020 datierte Bewilligungsbescheid versandt worden sei, überhaupt keinen Zugriff auf den Bescheid gehabt, von dem sie nicht einmal gewusst habe, wie er aussehe. Damit habe aber weder die Sachbearbeiterin noch überhaupt eine natürliche Person den Antrag genehmigt. Die „Bearbeitung“ am 30.3.2020 habe sich als ein autonomer EDV-Vorgang – vollautomatisch – dargestellt. Die in der vom Beklagten vorgelegten Kurzanleitung zur Bearbeitung der Corona-Soforthilfe-Anträge erwähnte menschliche Kontrolle, ob alle Haken bei den sonstigen Erklärungen gesetzt worden seien und ob die eingetragene Anzahl der Beschäftigten der angegebenen Fördersumme entspreche, stelle schon keine Plausibilitätsprüfung dar. Daher ende die Kurzanleitung auch mit der Bemerkung: „Der Antrag wird automatisch beschieden und versandt. Durch Drücken des „Ok“-Buttons gelangen Sie wieder zur Antragsauswahl.“ Im Fall der Klägerin seien alle Haken richtig gesetzt gewesen, sodass nicht einmal Anlass für eine in das automatisierte Verfahren eingreifende Tätigkeit der nur mit sehr bedingten Handlungsspielräumen betrauten Sachbearbeiterin bestanden habe. Dass das Datum der letzten Bearbeitung im Zuge der Versendung des Bewilligungsbescheids systembedingt auf Montag, den 30.3.2020, verändert worden sei, belege zudem, dass die „vollautomatisierte technische Einrichtung […] den elektronischen Datenverarbeitungsvorgang als ,Bearbeitung‘ [verstehe]“. Es treffe daher nicht zu, dass die Sachbearbeiterin den Vorgang zuletzt am 30.3.2020 um 9:57 Uhr bearbeitet habe. Ebenso habe die Sachbearbeiterin die Steuer-ID oder Steuernummern nicht auf ein gängiges Format geprüft. Ohne eine korrekte Angabe dieser Daten sei es bereits nicht möglich gewesen, den Antrag zu versenden. § 46 VwVfG NRW führe insoweit zu keiner Unschädlichkeit des Verstoßes. Es könne nicht festgestellt werden, dass ein etwaiger Mangel die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Da es für die belastenden Nebenbestimmungen an einer Ermächtigungsgrundlage fehle und sie auch im Übrigen, etwa wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig seien, hätte der Beklagte im Rahmen einer individuellen Antragsprüfung von seiner als unrichtig erachteten Verwaltungspraxis abgesehen und den Bewilligungsbescheid gerade nicht mit den automatisierten Nebenbestimmungen versehen. Die Klägerin sei zudem nicht wegen der von ihr begehrten Abweichung von der ständigen Verwaltungspraxis daran gehindert, die gewünschte Bewilligung ohne die angefochtenen Nebenbestimmungen nach Art. 3 Abs. 1 GG zu verlangen. Erkenntnisse zu nicht im automatisierten Verfahren erlassenen Bewilligungsbescheiden seien nicht bekannt. Weiterhin gehe sie, die Klägerin, davon aus, die Soforthilfe sei als nicht rückzahlbarer Zuschuss ausgestaltet worden, sodass die Nebenbestimmung in II. Ziffer 3, soweit diese eine Rückforderung ermögliche, im Widerspruch zu Internetinformationen stehe und aus Sicht eines objektiven Empfängers unklar erscheine. Sofern die Soforthilfe nur dann ein nicht rückzahlbarer Zuschuss sein solle, wenn sie der Beseitigung eines Finanzierungsengpasses gedient habe und aufgrund nicht vorhandener Mittel für die Begleichung kurzfristiger Verbindlichkeiten verausgabt worden sei, stünde dies im Widerspruch zur Gewährung des Billigkeitszuschusses allein wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten. Eine solche Zweckbindung lasse sich auch der Mitteilung der Kommission vom 19.3.2020 nicht entnehmen. Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV sei nicht eng auszulegen. Ohnehin stelle sich die Frage, ob die Soforthilfe nicht eine gar nicht den unionsrechtlichen Beihilfevorschriften unterfallende Lohnsubvention darstelle. Auch die Regelung in II. Ziffer 4. sei rechtswidrig, weil der Beklagte nachträglich das bei der Gewährung des Billigkeitszuschusses geltende Verständnis des Begriffs der Überkompensation verändert habe. Die Bestimmungen in II. Ziffern 5, 6 und 8 wichen von den Informationen auf der Internetseite des Beklagten ab, die Grundlage der Antragstellung gewesen seien. Die Aufbewahrungs- und Prüfungspflichten höben das nach § 30 AO geschützte Steuergeheimnis faktisch auf und belasteten sie, die Klägerin, übermäßig lange und damit unverhältnismäßig. Hierdurch werde auch in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Die Regelungen in § 31a AO seien weder in ihrer alten noch in ihrer neuen Fassung geeignet, Finanzbeamte vom Steuergeheimnis zu befreien, damit diese den in der Bestimmung genannten Stellen Auskünfte erteilen oder Daten übermitteln dürften. Faktisch allgemeine Regelungen an einen unbestimmten Adressatenkreis, wie sie in Streit stünden, seien dem Gesetzgeber vorbehalten und dürften nicht von der vollziehenden Gewalt durch automatisierte Verwaltungsakte geschaffen werden. Auch die Regelung in § 257 HGB könne zur Rechtfertigung der Bestimmung in II. Ziffer 6 nicht herangezogen werden, weil die Regelung nur für Kaufleute im handelsrechtlichen Sinne gelte und nicht etwa für Angehörige freier Berufe. Die vom Beklagten erst am 31.5.2020 veröffentlichte NRW-Soforthilfe-2020-Richtlinie könne als Grundlage für konkretisierte Ermessenserwägungen nicht herangezogen werden, weil der Bewilligungsbescheid bereits vor ihrer Veröffentlichung erlassen worden sei.
26Die Klägerin beantragt,
27unter Abänderung des auf die mündliche Verhandlung vom 14.12.2020 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf die unter II. des Bescheids des Beklagten vom 28.3.2020 enthaltenen Nebenbestimmungen zu Ziffer 3., 4., 5., 6. und 8. aufzuheben.
28Der Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Er macht insbesondere geltend, der Bewilligungsbescheid verstoße in formeller Hinsicht nicht gegen die Vorgaben des § 35a VwVfG NRW. Die volldigitale, also vollständig papierlose Durchführung des Verfahrens dürfe nicht mit einem vollautomatisierten Erlass des Verwaltungsakts gleichgesetzt werden. Die in der „Kurzanleitung zur Bearbeitung der Corona-Soforthilfe-Anträge“ vorgesehene Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfung sei von der Sachbearbeiterin am 28.3.2020 durchgeführt worden. Das System habe die Versendung des Bescheids am 30.3.2020 als letztes Bearbeitungsdatum interpretiert und im System vermerkt. Entscheidend für den vollständig automatisierten Erlass eines Verwaltungsakts sei indes das Fehlen einer personellen Bearbeitung bei allen Verfahrensschritten innerhalb der Verwaltung. Ein entsprechender Verfahrensmangel wäre im Übrigen unbeachtlich, weil der Beklagte sämtliche Anträge auf NRW-Soforthilfe hinsichtlich der textlichen Ausgestaltung der in den Bewilligungsbescheiden enthaltenen Bestimmungen gleichlautend beschieden habe. Eine Bewilligung der Soforthilfe ohne diese Bestimmungen sei in keinem Einzelfall erfolgt. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wie sich bei einem zusammenhängend erlassenen Bescheid ein vermeintlicher Mangel nur auf ausgewählte Teilstücke beziehen solle, nicht aber auch auf die für die Klägerin günstigen Bestandteile der Bewilligung. Bei dem in Nordrhein-Westfalen zur Umsetzung des Bundesprogramms „Soforthilfen für Kleinstunternehmer und Soloselbständige“ erfolgten zuwendungsrechtlichen Verfahren sei im Gegensatz zur Vorgehensweise in allen anderen Bundesländern zunächst der Förderhöchstbetrag als vorläufige Pauschale ausgezahlt worden. Dieses Vorgehen habe ein Rückmeldeverfahren unabdingbar gemacht. Die Bestimmungen in II. Ziffern 3 und 4 seien insbesondere unionsrechtlich zwingend geboten. In diesen komme die Vorläufigkeit des streitgegenständlichen Bewilligungsbescheids zum Ausdruck. Die in II. Ziffer 5 beschriebene Einzelfallprüfung sei ein essentieller Bestandteil des Zuwendungsverfahrens. Insoweit müsse die Bewilligungsbehörde bei der Ausgestaltung des konkreten Zuwendungsverhältnisses eine wirksame Kontrolle der Verwendung der gewährten öffentlichen Mittel sicherstellen. Im Übrigen habe die Klägerin in Nr. 6.6 des Antragsformulars einer Überprüfung durch die dort benannten Stellen zugestimmt. Einer besonderen gesetzlichen Grundlage für diese Bestimmungen bedürfe es nicht. Die Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren in II. Ziffer 8 des streitgegenständlichen Bewilligungsbescheids lehne sich an § 257 HGB an und sei damit willkürfrei gewählt. Die Bestimmungen verletzten nicht das Steuergeheimnis nach § 30 AO. Eine Offenbarung sei, sofern sie aufgrund einer Einzelfallprüfung notwendig wäre, jedenfalls nach § 31a Abs. 1 Nr. 1 lit. b) bb) AO zulässig. Die Bestimmungen seien schließlich nicht treuwidrig. Sie seien sämtlich im Antragsformular in den von der Klägerin zur Kenntnis genommenen und durch Ankreuzen bestätigten Nummern 6.3, 6.6, 6.7, 6.11 angelegt gewesen.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (eine Papierakte der ersten Instanz und ein elektronischer Aktenband der zweiten Instanz) Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe:
33Der Senat konnte in der Sache entscheiden, nachdem der der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemäß den §§ 173 Satz 1 VwGO, 283 ZPO nachgelassene Schriftsatz vom 25.9.2024 keinen Anlass geboten hatte, die mündliche Verhandlung zu weitergehenden Sachverhaltsaufklärungen wiederzueröffnen (vgl. § 104 Satz 2 VwGO).
34Die teilweise zugelassene Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klage gegen die angegriffenen und im Berufungsverfahren noch streitgegenständlichen Bestimmungen des Bescheids vom 28.3.2020 ist teilweise unzulässig (dazu unten I.) und im Übrigen unbegründet (dazu unten II.).
35I. Die von der Klägerin ausdrücklich zur Entscheidung gestellte Anfechtungsklage ist bezogen auf die Bestimmungen unter II. Ziffern 3 und 4 des Bescheids vom 28.3.2020 schon unstatthaft (dazu unten 1.). Im Übrigen ist die Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig (dazu unten 2.).
361. Bezogen auf die Bestimmungen in II. Ziffer 3 und 4 ist die Anfechtungsklage unstatthaft, weil es sich insoweit nicht um isolierte, mit der Anfechtungsklage selbstständig anfechtbare Nebenbestimmungen, sondern um Inhaltsbestimmungen des Bewilligungsbescheids handelt.
37a) Die Voraussetzungen der isolierten Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts ist die Anfechtungsklage grundsätzlich statthaft. Dies gilt insbesondere für einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügte Auflagen. Ob eine Nebenbestimmung isoliert aufgehoben werden kann, hängt davon ab, ob der Verwaltungsakt ohne sie sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit des Anfechtungsbegehrens, sofern eine isolierte Aufhebbarkeit nicht offenkundig von vornherein ausscheidet. Letzteres ist der Fall, wenn die fragliche Bestimmung den Regelungsgehalt des Hauptverwaltungsakts definiert oder modifiziert (so genannte Inhaltsbestimmung). Bei der insoweit erforderlichen Auslegung von Verwaltungsakten kommt es in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden, sondern darauf an, wie der Empfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der für ihn erkennbaren Umstände verstehen musste. Entsprechend kommt es für die rechtliche Einordnung einer in einem Verwaltungsakt enthaltenen Einschränkung als Inhaltsbestimmung oder Nebenbestimmung auf den objektiven Erklärungsgehalt des Bescheids und nicht auf die Bezeichnung der entsprechenden Regelung durch die Behörde an. Wenn eine Einschränkung nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt den Inhalt der Hauptregelung näher bestimmt anstatt als gesonderte Leistungsverpflichtung zum Hauptinhalt des Bescheids hinzuzutreten, ist sie eine Inhaltsbestimmung und keine gesondert anfechtbare Nebenbestimmung.
38Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 31.1.2019 – 8 B 10.18 –, juris, Rn. 5, und vom 23.1.2018 – 8 B 28.17 –, juris, Rn. 7, m. w. N., sowie Urteil vom 22.11.2018 – 7 C 9.17 –, juris, Rn. 23; OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 – 4 A 589/17 –, juris, Rn. 24.
39Von selbstständigen anfechtbaren Nebenbestimmungen zu unterscheiden sind auch bloße Hinweise, die selbst keine unmittelbaren rechtlichen Außenwirkungen erzeugen.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 7.2.1985 – 3 C 33.83 –, BVerwGE 71, 48 = juris, Rn. 23 f.
41b) Gemessen an diesen Vorgaben stellen die von der Klägerin angegriffenen Bestimmungen in II. Ziffern 3 und 4 des Bewilligungsbescheids nicht isoliert angreifbare Inhaltsbestimmungen der mit dem Bescheid erfolgten Soforthilfebewilligung dar. In ihnen liegt jeweils ein Element der Hauptregelung, das die Einzelheiten der Bewilligung näher festlegt und konkretisiert. Durch diese Bestimmungen ist insbesondere die Vorläufigkeit der Bewilligung in Höhe des Höchstförderbetrags zur Einhaltung der Zweckbindung in unsicherer Lage zum Ausdruck gebracht worden und die hieraus folgende Pflicht zur Rückzahlung überzahlter oder anderweitig kompensierter Beträge.
42Zu identischen Bewilligungsbescheiden im Rahmen des Förderprogramms NRW-Soforthilfe 2020 hat der Senat bereits entschieden, dass diese insbesondere im Hinblick auf die angegriffenen Bestimmungen in II. Ziffer 3 und 4 im Rahmen einer Gesamtschau als vorläufige Bescheide einzuordnen sind und unter einem entsprechenden Vorbehalt standen. Unter anderem diese Regelungen boten allen Anlass für die Annahme eines verständigen Empfängers, über die genauen Vorgaben für die Bewilligung und das Behaltendürfen der Soforthilfemittel werde im Bewilligungsbescheid verbindlich nur entschieden, soweit sie nicht mit Rücksicht auf tatsächliche Unsicherheiten über die pandemiebedingten Auswirkungen auf die letztlich tatsächlich eintretenden Umsatzausfälle des jeweiligen Unternehmens oder anderweitige Kompensationen unter einen Rückzahlungsvorbehalt gestellt waren.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 187.
44Die Wirkung eines solchen Vorbehalts liegt darin, dass die Behörde die vorläufige Regelung im Ausgangsbescheid durch eine endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 49, 48 VwVfG NRW gebunden zu sein. Der Regelungsinhalt eines vorläufigen Ausgangsbescheids besteht insoweit darin, dass der Begünstigte die empfangene Zuwendung nur vorläufig bis zum Erlass der endgültigen Entscheidung behalten darf. Deshalb geht die Bindungswirkung eines solchen Verwaltungsakts nicht dahin, dass er eine Rechtsgrundlage für das endgültige Behalten der Zuwendung bildet. Das bedeutet, dass es bei der späteren endgültigen Regelung keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligung bedarf.
45Vgl. BVerwG, Urteile vom 19.11.2009 – 3 C 7.09 –, BVerwGE 135, 238 = juris, Rn. 16, und vom 14.4.1983 – 3 C 8.82 –, BVerwGE 67, 99 = juris, Rn. 33; OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 136 f., m. w. N.
46Subventionen können in diesem Sinne unter den Vorbehalt einer späteren Regelung gestellt werden, wenn bei Bewilligung über die zu treffende endgültige Entscheidung noch Ungewissheit besteht, sei es, weil die Rechtslage noch ungeklärt ist, sei es, weil eine endgültige Ermittlung des Sachverhalts noch nicht möglich ist. Die Behörde darf allerdings eine Regelung nicht beliebig nur vorläufig treffen, sondern nur, wenn ihr eine bestehende Ungewissheit hierzu sachlichen Grund gibt.
47Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.11.2009 – 3 C 7.09 –, BVerwGE 135, 238 = juris, Rn. 15, 21; OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 138 f.
48Durch die hier angegriffene Nebenbestimmung II. Ziffer 3 sollte die Grundlage für eine Rückzahlung von etwaigen Fördermitteln begründet werden, von denen sich später herausstellen würde, dass sie höher als benötigt waren. Sie brachte damit – kennzeichnend für eine vorläufige Regelung – die Abhängigkeit des Behaltendürfens von bestimmten künftigen und noch unklaren Entwicklungen zum Ausdruck. Dasselbe gilt für die Nebenbestimmung II. Ziffer 4, wonach bezogen auf Überkompensationen durch (künftige) Entschädigungsleistungen, Versicherungsleistungen und/oder andere Fördermaßnahmen eine Anrechnung vorgenommen werden sollte, wovon nur Darlehen ausgenommen sein sollten. Die Bestimmungen unter II. Ziffern 3 und 4 waren damit Elemente der Hauptregelung, die die Einzelheiten der Bewilligung näher festlegten und konkretisierten. Sie bezogen sich sinngemäß auf die erkennbare und auch unionsrechtlich zwingend gebotene Zweckbindung der Soforthilfe. Insbesondere hieraus ließ sich die beabsichtigte Vorläufigkeit der Bewilligung mit Blick auf die bei ihrem Erlass noch unklare spätere Einhaltung dieser Zweckbindung erkennen.
49aa) Die Bestimmungen in II. Ziffern 3 und 4 dienten der Begrenzung der Förderung auf den gänzlich unmissverständlichen ausschließlichen Zweck der Soforthilfe, der unter der Überschrift „Zweckbindung“ an hervorgehobener Position im Bescheid geregelt war. Danach erfolgte die Soforthilfe ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie als Einmalzahlung für einen Bewilligungszeitraum von drei Monaten ab Antragstellung. Sie diente insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1.3.2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden waren. Die Begrenzung der Förderung auf das Ziel, in Form eines Zuschusses die wirtschaftliche Existenz der Antragsteller zu sichern und akute Liquiditätsengpässe zu überbrücken, war mithin vollumfänglich, also für jeden Mitteleinsatz, verbindlich und entsprach damit zweifelsfrei dem erkennbaren Regelungszweck.
50bb) Diese Begrenzung war auch unionsrechtlich zwingend geboten, um den von der EU-Kommission im Rahmen der Anwendung des Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV – einer zur Wahrung fairer Wettbewerbsbedingungen und der Integrität des EU-Binnenmarkts eng auszulegenden Ausnahmebestimmung – eröffneten unionsrechtlichen Rahmen für die Gewährung staatlicher Beihilfen zur Begegnung von pandemiebedingten Schwierigkeiten von Unternehmen einzuhalten. Nach Maßgabe der von der EU-Kommission am 24.3.2020 genehmigten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020, die Grundlage der Soforthilfegewährung geworden ist, bei der es sich deshalb auch nicht um eine Lohnsubvention im Sinne der Mitteilung der Kommission vom 13.3.2020 handelte, waren im Rahmen der Anwendung des Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV solche Beihilfen sinngemäß nur mit dem Ziel mit dem Binnenmarkt für vereinbar erklärt worden, die Liquiditätsengpässe von Unternehmen zu beheben und sicherzustellen, dass die durch den COVID-19-Ausbruch verursachten Störungen die Existenzfähigkeit solcher Unternehmen, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen, nicht beeinträchtigten, die sich einem plötzlichen Liquiditätsengpass oder der gänzlichen Nichtverfügbarkeit von Liquidität gegenübersahen.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 151 f.
52Diese Begrenzung geht dabei auf die Mitteilung der Kommission vom 19.3.2020 C(2020) 1863 final zurück. Darin hatte die Kommission mitgeteilt, dass zu den vorgenannten Zwecken zusätzliche Beihilfemaßnahmen für einen befristeten Zeitraum nach Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV, der nach ihrer eigenen Beschlusspraxis eng auszulegen sei, für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden könnten.
53Vgl. Mitteilung der Kommission vom 19.3.2020, Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19, Mitteilung C(2020) 1863 final (ABl. C 91 I vom 20.3.2020, S. 1), Rn. 16 ff. und 21.
54Nur in diesem Umfang durften Soforthilfen an Wirtschaftsunternehmen gewährt werden, weil mit der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020, die ausweislich ihrer Präambel auf den Nummern 3.1 und 4 der Mitteilung der Kommission beruhte, nur insoweit die für die Rechtmäßigkeit nach Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV erforderliche Genehmigung der Kommission vorlag.
55Vgl. EuGH, Urteil vom 5.3.2019 – C-349/17 –, Eesti Pagar, ECLI:EU:C:2019:172, juris, Rn. 56 ff., 87 ff., 98 (bezogen auf Art. 3 der Verordnung Nr. 800/2008).
56Allerdings stand die Höhe der erforderlichen Hilfen bei der Bewilligung wegen der nicht verlässlich zu prognostizierenden Lage im Frühjahr 2020 regelmäßig nicht fest. Soweit deshalb in Nordrhein-Westfalen jeweils der Förderhöchstbetrag gewährt worden war, damit in diesem Rahmen ausreichend Liquidität vorhanden war, mussten überzahlte Summen jedenfalls später zurückgezahlt werden, um die Zweckbindung und die Vorgaben der Kommission zumindest im Ergebnis einzuhalten. Solche Summen, die gemessen an der unionsrechtlich vorgegebenen zulässigen Zweckbindung der Soforthilfebewilligung überzahlt waren, haben sich im Rückblick als nicht erforderlich herausgestellt, um diese Zwecke bzw. Förderziele zu erreichen, etwa weil es gar nicht zu Liquiditätsengpässen kam oder die entstandenen Liquiditätsengpässe geringer waren als der in Nordrhein-Westfalen stets gewährte Höchstbetrag. Genau die Rückzahlung unionsrechtlich nicht zulässiger Überförderungen im Nachhinein, die in Nordrhein-Westfalen viel höher waren als in allen anderen Bundesländern (vgl. BT-Drs. 20/9807, S. 7, und LT-Drs. 17/16212), sollte mit den Bestimmungen II. Ziffer 3 und 4 sichergestellt werden.
57Auch aus den sonstigen über die Förderung bei Bescheiderlass öffentlich bekannten Informationen im Internet (FAQ „Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe dann ggfls. zurückgezahlt werden?“, „Muss nachgewiesen werden wofür der Zuschuss eingesetzt wird?“, „Wird immer der Maximalbetrag ausgezahlt?“, „Wie ist eine Überkompensation definiert?“) war jedenfalls erkennbar, dass für eine (nicht bereits auf der Grundlage des Bewilligungsbescheids eigenständig vollstreckbare und deshalb nicht als Auflage zu qualifizierende) spätere etwaige Rückzahlungspflicht auf der Grundlage einer Verwendungsnachweisprüfung im Regelungszusammenhang maßgeblich sein sollte, ob und inwieweit die Fördermittel im Bewilligungszeitraum im Rahmen der Zweckbindung zulässigerweise eingesetzt und benötigt worden waren. Soweit dies der Fall war, sollte der gewährte Billigkeitszuschuss nicht rückzahlbar sein und bleiben. Die konkret in der Bestimmung unter II. Ziffer 3 gewählte Formulierung war, soweit sie sich auf den Umsatzausfall bezog, erkennbar irrtümlich verwendet worden und konnte stattdessen verständigerweise nur auf die ausschließliche Zweckbindung bezogen verstanden werden.
58Hierzu ausführlich bereits OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 156 ff., 159, 166 – 168.
59Hinsichtlich der Regelungsdetails einer späteren Rückzahlungspflicht waren die Vorabinformationen in der Internetpräsenz des Ministeriums noch unergiebig und insoweit auch für die Auslegung des Bewilligungsbescheids nicht maßgeblich. Denn diese Informationen haben wegen der Einzelheiten der Rückzahlungspflicht bei Überkompensation bzw. bei einem später festgestellten im Vergleich zur Fördersumme geringeren Schaden ausdrücklich auf den beabsichtigten späteren Hinweis hierzu im Bescheid verwiesen (FAQ: „Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe dann ggfls. zurückgezahlt werden?“, „Wird immer der Maximalbetrag ausgezahlt?“). Insofern stellt der Bewilligungsbescheid selbst trotz missverständlicher Formulierung und zu Lasten des Landes gehender Unklarheiten noch sinnvoll als gewollt erkennbar allein darauf ab, ob und in welchem Umfang gewährte Soforthilfemittel während des Bewilligungszeitraums im Rahmen der Zweckbestimmung der Förderung benötigt worden sind.
60Vgl. dazu: OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 180.
61Beiden angegriffenen Bestimmungen ist damit gemein, dass diese in einer Gesamtschau mit den weiteren aufgezeigten seinerzeit bereits bekannten Umständen des Soforthilfeprogramms den auch durch die zwingenden Vorgaben des Unionsrechts veranlassten vorläufigen Charakter der in Nordrhein-Westfalen erfolgten Pauschalbewilligung in Höhe des Förderhöchstbetrags zum Ausdruck bringen. Damit bestimmen sie den Inhalt der Bewilligung unmittelbar in nicht von dieser abtrennbarer Weise. Ihre Bedeutung besteht und erschöpft sich zugleich folglich darin, den Regelungsgehalt der Bewilligung dahingehend zu begrenzen, dass diese einen Rechtsgrund für das Behalten der Soforthilfen nur bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung darstellen. Eine gesonderte zum Hauptinhalt des Bescheids hinzutretende und eigenständig vollstreckbare Leistungsverpflichtung der jeweiligen Leistungsempfänger begründen die Bestimmungen hingegen nicht.
622. Bei den weiteren noch streitgegenständlichen Regelungen in II. Ziffern 5, 6, und 8 handelt es sich hingegen nach den vorstehend unter 1. a) angeführten Maßstäben um isoliert anfechtbare Nebenbestimmungen in Gestalt von Auflagen i. S. d. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW. Diese Bestimmungen sehen zusätzliche, von der Soforthilfebewilligung abtrennbare und eine Auflage kennzeichnende Verpflichtungen des Bescheidadressaten vor, die zum Hauptinhalt des Bescheids hinzutreten. Die Regelung in II. Ziffer 5 verpflichtet die Klägerin insoweit, erforderliche Unterlagen bereitzuhalten und notwendige Auskünfte zu erteilen. II. Ziffer 6 sieht zudem Aufbewahrungspflichten bzgl. aller relevanten Unterlagen für die Klägerin vor. II. Ziffer 8 gibt schließlich die Durchführung eines Verwendungsnachweisverfahrens vor.
63II. Die Klage ist indes unbegründet. Die angegriffenen Nebenbestimmungen sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
64Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die isolierte Anfechtungsklage gegen eine belastende Nebenbestimmung begründet, wenn die Nebenbestimmung rechtswidrig ist und der Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Die Voraussetzung „sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann“ betrifft die materielle Teilbarkeit von Nebenbestimmung und Verwaltungsakt. Maßgeblich ist, ob zwischen der Nebenbestimmung und dem eigentlichen Inhalt des Verwaltungsakts ein Zusammenhang besteht, der die isolierte Aufhebung ausschließt. Das heißt, die Formulierung „sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann“ zielt darauf, ob die Rechtsordnung eine Begünstigung ohne die angefochtene Nebenbestimmung erlaubt.
65Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29.3.2022 – 4 C 4.20 –, BVerwGE 175, 184 = juris, Rn. 8 f., und vom 12.10.2022 – 8 AV 1.22 –, juris.
66Hiervon ausgehend kann die Klägerin die isolierte Aufhebung keiner der dem Bescheid beigefügten streitgegenständlichen Bestimmungen verlangen. Die Bestimmungen sind formell rechtmäßig und insbesondere nicht unter Verstoß gegen § 35a VwVfG NRW erlassen worden. Selbst wenn der Bewilligungsbescheid aber vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen worden wäre mit der Folge, dass schon aus diesem Grund auch die angefochtenen Nebenbestimmungen formell rechtswidrig wären, könnte die Bewilligung ohne sie nicht rechtmäßigerweise bestehen bleiben (dazu unten 1.). Auch wenn es sich bei den Bestimmungen unter II. Ziffern 3 und 4 um Nebenbestimmungen und nicht ‒ wie angenommen ‒ um Inhaltsbestimmungen des Bewilligungsbescheids handelte, könnte der Bewilligungsbescheid ohne sie in materieller Hinsicht ebenfalls nicht rechtmäßigerweise bestehen bleiben (dazu unten 2.). Die Nebenbestimmungen unter II. Ziffer 5, 6 und 8 sind materiell rechtmäßig (dazu unten 3.). Schließlich könnte die Bewilligung materiell-rechtlich auch ohne diese Nebenbestimmungen gleichfalls nicht rechtmäßigerweise bestehen bleiben (dazu unten 4.).
671. Die angegriffenen Bestimmungen sind formell rechtmäßig. Sie sind insbesondere nicht unzulässigerweise vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen worden.
68a) Nach § 35a VwVfG NRW kann ein Verwaltungsakt vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen werden, sofern dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist und weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum besteht. Der Einsatz vollautomatischer Systeme erfolgt dann, wenn es an einer Willensbetätigung einer die Regelung erlassenden Person im jeweiligen Einzelfall fehlt und diese bei der Programmierung des Systems gleichsam vorweggenommen wird.
69Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 193 f., unter Hinweis auf LT-Drs. 17/1046, S. 121; sowie ferner Hornung, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 4. EL November 2023, VwVfG § 35a Rn. 67; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Aufl. 2023, § 35a Rn. 15 ff., 21.
70Das war bei dem an die Klägerin gerichteten Bewilligungsbescheid nicht der Fall. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Bearbeitung und Bewilligung der Soforthilfe-Anträge von nicht schon vom System vorweggenommenen Willensbetätigungen der mit der Bearbeitung betrauten Sachbearbeiter abhing. Bereits dies schließt es aus anzunehmen, dass der an die Klägerin gerichtete Bewilligungsbescheid vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen worden ist. Aus der an alle Sachbearbeiter der Bezirksregierung Düsseldorf übersandten Kurzanleitung und der vom Beklagten vorgelegten dienstlichen Äußerung der Sachbearbeiterin des an die Klägerin gerichteten Bewilligungsbescheids ergibt sich zweifelsfrei, dass vor Bewilligung jedes Soforthilfeantrags durch die Sachbearbeiter eine näher beschriebene sehr grobe Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfung zu erfolgen hatte und die Genehmigung des Antrags darauf folgend nur durch manuelles Setzen eines (digitalen) Häkchens an der richtigen Stelle erfolgen konnte. Erst anschließend und nach Abspeichern der Eingaben erfolgten die Erstellung und Versendung der Bescheide automatisiert. Die Sachbearbeiter hatten im Rahmen der in der Kurzanleitung dokumentierten Bearbeitung des Vorgangs die Möglichkeit, die Antragsangaben auf etwaige Unstimmigkeiten zu überprüfen und je nach Ergebnis im Einzelfall den Antrag zu genehmigen, nicht zu genehmigen oder zu klären. Diese Vorgehensweise deckt sich im Wesentlichen mit dem Vortrag des Beklagten in dem Grundsatzverfahren 4 A 1986/22. Schon nach dem damaligen Vortrag des Beklagten habe nach Antragstellung im Rahmen der weiteren Bearbeitung stets ein Sachbearbeiter entschieden und die Bescheidung des Antrags veranlasst.
71Vgl. hierzu die Wiedergabe der Berufungsbegründung des Beklagten in OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 125.
72Dies war auch im Falle der Klägerin nicht anders. Bezogen auf ihren Bewilligungsbescheid ist entsprechend dieser allgemeinen Handhabung im Verwaltungsvorgang vermerkt, dass der Antrag genehmigt und durch die namentlich dokumentierte Sachbearbeiterin bearbeitet wurde. An der Richtigkeit dieser Dokumentation in der vom Beklagten übersandten nachträglich abgerufenen Zweitschrift des Verwaltungsvorgangs bestehen insoweit keine Zweifel. Unklarheiten verbleiben angesichts dessen, dass das Bescheiddatum vor dem im Verwaltungsvorgang vermerkten Zeitpunkt der letzten Bearbeitung liegt, lediglich hinsichtlich des dokumentierten Zeitpunkts der zweifelsfrei erfolgten manuellen Bearbeitung ohne wesentliche Handlungsspielräume. Diesen muss allerdings nicht weiter nachgegangen werden, weil der Bescheid jedenfalls nur auf der Grundlage der Willensbetätigung der zuständigen Sachbearbeiterin, den Antrag im Einzelfall zu genehmigen, ergehen konnte und zur Überzeugung des Gerichts auch tatsächlich ergangen ist. Dass sie bei ihrer groben Prüfung keinen Anlass zur Ablehnung des Antrags hatte, weil alle zu überprüfenden Felder im Antrag zutreffend und ohne Auffälligkeiten gesetzt waren, ändert an dieser Tatsache nichts. Aus dem dem Verwaltungsvorgang vorangestellten Hinweis zur Antragsabschrift folgt gleichfalls nichts anderes. Die dort verwendete Formulierung, das Verfahren der NRW-Soforthilfe 2020 sei volldigital durchgeführt worden, gibt hierfür schon deshalb nichts her, weil es durch den Anschlusssatz erläutert worden ist: „Die Anträge und Bescheide wurden über ein digitales Fachverfahren eingereicht und versendet.“ Eine Bescheiderstellung ohne Willensbetätigung der in den Anträgen jeweils namentlich vermerkten Sachbearbeiter zwischen digitaler Einreichung und Versendung kann hieraus bei verständiger Würdigung nicht abgeleitet werden. Im Übrigen ergibt sich aus dem dem Verwaltungsvorgang vorangestellten Hinweis lediglich, dass aufgrund der nachträglichen Generierung des Antragsformulars der Wortlaut der Ziffern 6.12. und 6.13. sowie die persönlichen und/oder geschäftsbezogenen Daten des Antragstellers von der ursprünglichen Antragstellung abweichen können. Es bestehen hingegen schon wegen der insoweit erfolgten Plausibilisierung durch die Kurzanleitung und die dienstliche Äußerung der Sachbearbeiterin keine aufklärungsbedürftigen Hinweise darauf, dass Abweichungen auch die Angaben zur überhaupt erfolgten manuellen Genehmigung des Antrags durch die dort benannte Sachbearbeiterin betreffen könnten. Solche werden von der Klägerin zudem nicht schlüssig aufgezeigt.
73Unschädlich ist, dass das vorgegebene Prüfungsprogramm der Sachbearbeiter auf die Prüfung weniger (formaler) Kriterien beschränkt war. Deshalb kann auf sich beruhen, ob die Sachbearbeiter hierbei auch die Steuer-ID und Steuernummern auf ihr Format hin überprüft haben. Ebenso unerheblich ist, dass die Anträge nach Genehmigung und Speicherung durch die Sachbearbeiter automatisch erstellt und versandt wurden sowie die Sachbearbeiter die konkret erlassenen Bewilligungsbescheide nicht einsehen und deren vorgegebenen Inhalt nicht weiter beeinflussen konnten. All diese Umstände ändern nichts daran, dass der Bescheid nur wegen des erfolgten Entschlusses der Sachbearbeiterin zur Genehmigung, also nicht vollständig automatisiert, ergehen konnte.
74Vor diesem Hintergrund war dem in der mündlichen Verhandlung durch die Klägerin gestellten Beweisantrag nicht weiter nachzugehen, zumal die Klägerin mit ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 25.9.2024 nach sorgfältiger Sichtung der vom Beklagten kurzfristig vorgelegten Belege die zuvor geschilderten Abläufe in tatsächlicher Hinsicht ihrem ergänzenden Vortrag zugrunde gelegt hat.
75b) Selbst wenn die Bewilligung im Übrigen unter Verstoß gegen § 35a VwVfG NRW vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen worden wäre mit der Folge, dass auch die angefochtenen Nebenbestimmungen formell rechtswidrig wären, könnte die Bewilligung ohne sie nicht rechtmäßigerweise bestehen bleiben. Die Bewilligung verstieße dann nämlich insgesamt gegen § 35a VwVfG NRW, wodurch zwischen der Nebenbestimmung und dem eigentlichen Inhalt des Verwaltungsakts ein Zusammenhang geschaffen worden wäre, der eine unterschiedliche Bewertung von Einzelregelungen und damit auch ihre isolierte Aufhebung unter diesem Gesichtspunkt ausschlösse. Die Rechtsordnung erlaubt die vollständig durch automatische Einrichtungen erlassene Bewilligung ohne die angegriffenen Nebenbestimmungen ebenso wenig wie die Beifügung von Nebenbestimmungen zu einer derartigen Bewilligung.
762. Auch wenn es sich bei den Regelungen unter II. 3 und 4 um Nebenbestimmungen handelte, hätte die Klage diesbezüglich in der Sache gleichfalls keinen Erfolg. Eine Bewilligung des Höchstförderbetrags ohne diese Bestimmungen hätte materiell-rechtlich gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV verstoßen. Wie sich bereits aus den Ausführungen unter I. 1. b) ergibt, wäre sie nicht mehr vom pandemiebedingten Entstehen von Liquiditätsengpässen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten für den einzelnen Betrieb abhängig gemacht worden und damit von der Genehmigung der Kommission nicht mehr gedeckt gewesen.
773. Die angefochtenen Nebenbestimmungen II. Ziffern 5, 6, und 8 sind materiell rechtmäßig.
78Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW. Nach § 36 Abs. 1 VwVfG NRW darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW darf unbeschadet des Absatzes 1 ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen insbesondere mit einer Bestimmung verbunden werden, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage). Grenzen des Ermessens ergeben sich dabei namentlich aus der Regelung in § 36 Abs. 3 VwVfG NRW, wonach eine Nebenbestimmung dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen darf.
79Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die Bewilligung der NRW-Soforthilfe ohne die noch streitgegenständlichen Nebenbestimmungen. Die Bewilligung stand im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Eine gesetzliche Anspruchsgrundlage hierfür bestand nicht. Auch aus dem ständigen Verwaltungshandeln des Beklagten in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, das im Bewilligungszeitpunkt bei Bekanntgabe nach den §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW am dritten Tag nach dem 30.3.2020 noch nicht einmal durch eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift vorausbestimmt war, folgte kein Anspruch auf Gewährung eines Billigkeitszuschusses ohne Nebenbestimmungen.
80Vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteile vom 16.6.2015 – 10 C 15.14 –, BVerwGE 152, 211 = juris, Rn. 24 f., und vom 17.1.1996 – 11 C 5.95 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Urteil vom 8.9.2023 – 4 A 2549/20 –, juris, Rn. 47 ff., 55, 59, m. w. N.
81Der Beklagte hat mitgeteilt, sämtliche Anträge auf NRW-Soforthilfe seien hinsichtlich der textlichen Ausgestaltung der Bestimmungen (II. Ziffern 1 – 8) gleichlautend beschieden worden. Die (Neben-)Bestimmungen seien in allen in Nordrhein-Westfalen erlassenen Bewilligungsbescheiden gleichlautend gewesen und während des Bewilligungszeitraumes nicht verändert worden. Eine Bewilligung der NRW-Soforthilfe ohne eben diese Bestimmungen sei in keinem einzigen Fall erfolgt. Die Klägerin ist diesem im Einklang mit den Erkenntnissen, die der Senat in den Grundsatzverfahren 4 A 1986/22 bis 4 A 1988/22 gewonnen hat,
82vgl. zur vergleichbaren (auszugsweise wiedergegebenen) Fassung des Bewilligungsbescheids insbesondere OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 83 ff.,
83stehenden Vorbringen nicht schlüssig entgegengetreten. Sie hat insbesondere keine Anzeichen dafür benannt, dass der Beklagte auch nur in bestimmten vergleichbaren Fallkonstellationen Soforthilfen in ständiger Verwaltungspraxis ohne diese Nebenbestimmungen gewährt haben könnte, denen der Senat sinnvoll hätte nachgehen können. Insbesondere gibt es für die von der Klägerin angeführte Unterscheidung zwischen automatisiert erlassenen Bescheiden und solchen, die nicht im automatisierten Verfahren erlassen worden seien, keinen tatsächlichen Anhaltspunkt. Die Soforthilfe ist entweder mit Nebenbestimmungen bewilligt worden, die den auch hier streitgegenständlichen entsprechen, oder sie ist versagt worden, weil der jeweilige Sachbearbeiter die Bewilligungsvoraussetzungen bei seiner Plausibilitätsprüfung als nicht gegeben angesehen hat. Für eine von der Klägerin ohne jegliche schlüssige Anzeichen hierfür lediglich gemutmaßte mögliche Existenz von Bewilligungsbescheiden ohne diese oder mit anderen Nebenbestimmungen spricht schon wegen der vorlagengestützten automatischen Erstellung nach erfolgter Genehmigung nichts.
84Die Gewährung der Soforthilfen stand, soweit sie sich im Rahmen der von der Europäischen Kommission genehmigten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 hielt, damit im pflichtgemäßen Ermessen der Bewilligungsbehörde.
85Vgl. zur Bewilligung von Subventionen allgemein BVerwG, Urteile vom 8.4.1997 – 3 C 6.95 –, BVerwGE 104, 220 = juris, Rn. 17 f.
86Entsprechend bedurfte es auch für Nebenbestimmungen, die der konkreten Ausgestaltung bzw. Durchführung der unionsrechtlich zulässigen Förderung dienten, ebenfalls keiner besonderen, über § 36 Abs. 2 VwVfG NRW hinausgehenden, gesetzlichen Ermächtigung.
87Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.12.2008 – 13 A 2091/07 –, juris, Rn. 16 ff., m. w. N.; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Aufl. 2023, § 36 Rn. 138.
88Der Beklagte hat bei Ausübung seines Ermessens, das der Senat nur nach Maßgabe des § 114 Satz 1 VwGO überprüft, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten oder dieses zweckwidrig ausgeübt. Insbesondere laufen die Nebenbestimmungen II. Ziffern 5, 6, und 8 des Bewilligungsbescheids nicht dem Zweck der Mittelgewährung zuwider.
89Im Gegenteil setzen die Nebenbestimmungen, soweit sie bestimmte Aufbewahrungs- und Auskunftspflichten sowie Modalitäten bei der Durchführung eines Verwendungsnachweisverfahrens zum Gegenstand haben, den durch das Unionsrecht für die Bewilligung der Hilfen rechtsverbindlich vorgegebenen Rahmen um. Sie sollen sicherstellen, dass die Soforthilfe ausschließlich und vollumfänglich zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt wurde, indem entsprechende Mittelverwendungen nachzuweisen und bei Einzelfallprüfungen zu belegen sowie die in dem gesamten Bewilligungszeitraum von drei Monaten nicht zweckentsprechend benötigten oder anderweitig erstatteten Mittel anschließend zu ermitteln und zurückzuzahlen waren. Die bei der Kommission angemeldete und von ihr gebilligte Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 gab infolge ihrer Bezugnahme auf die Nummern 3.1 und 4 der Mitteilung der Kommission vom 19.3.2020, C(2020) 1863 final (ABl. C 91 I vom 20.3.2020, S. 1), Rn. 16 ff. und 21, 35 ff., entsprechende Bestimmungen zwingend vor, die den Bewilligungsbehörden eine wirksame Überwachung und Berichterstattung hinsichtlich der Einhaltung der einschlägigen Voraussetzungen ermöglichten.
90Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind staatliche Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, grundsätzlich mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Nach Art. 108 Abs. 3 AEUV sind die Mitgliedstaaten zum einen verpflichtet, bei der Kommission alle Maßnahmen anzumelden, mit denen eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingeführt oder umgestaltet werden soll, und zum anderen, gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV solche Maßnahmen nicht durchzuführen, solange die Kommission nicht abschließend über sie entschieden hat. Staatliche Beihilfen, die – wie hier – nicht von einer Freistellungsverordnung erfasst werden, unterliegen weiterhin der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht.
91Vgl. EuGH, Urteil vom 5.3.2019 – C-349/17 –, Eesti Pagar, ECLI:EU:C:2019:172, juris, Rn. 56 ff. (bezogen auf Art. 3 der Verordnung Nr. 800/2008).
92Soweit im Einklang hiermit – wie hier – für Bewilligungen von Soforthilfen die Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 in der Fassung der Kommissionsgenehmigung vom 24.3.2020 Grundlage der Förderung geworden ist,
93vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 151,
94trifft § 3 Abs. 2 der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 die Vorgabe, dass die beihilfegebenden Stellen alle Unterlagen über gewährte Kleinbeihilfen […], die die Einhaltung der Voraussetzungen […] belegen, für 10 Jahre nach Gewährung der Beihilfe aufbewahren müssen; auf Verlangen sind sie der Europäischen Kommission herauszugeben.
95Diese Vorgaben sind zunächst an die mit der Bewilligung der Soforthilfen als beihilfegebende Stellen betrauten Bezirksregierungen gerichtet. Von diesen sind sie als Gegenstand der Genehmigung der Beihilfen durch die Kommission zwingend zu beachten, weil die Bewilligung nur dann mit Unionsrecht in Einklang stehen kann.
96Gemessen daran hat der Beklagte in Umsetzung dieser ihn treffenden Pflichten in Gestalt von gesonderten Auflagen – namentlich mittels der Bestimmungen in Ziffer 5 und 6 – per Nebenbestimmung entsprechende Aufbewahrungs- und Mitwirkungspflichten gegenüber den Leistungsempfängern festgelegt. Der von der Klägerin als zu lang gerügte Aufbewahrungs- und potentielle Überwachungszeitraum von 10 Jahren ergibt sich unmittelbar aus den verbindlichen von der Europäischen Kommission genehmigten und auf Rn. 37 ihrer Mitteilung vom 19.3.2020 zurückgehenden Vorgaben für die Überwachung der Zuwendungsgewährung. Die Aufbewahrungsfrist stimmt zudem mit der in § 257 Abs. 4, Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 HGB für Kaufleute geltenden Aufbewahrungsfrist überein, der die Klägerin als Handelsgesellschaft gemäß § 6 Abs. 1 HGB i. V. m. § 13 Abs. 3 GmbHG ohnehin unterliegt.
97Nichts anderes gilt im Übrigen für die in Ziffer 8 festgelegten Modalitäten für ein Verwendungsnachweisverfahren. Die Notwendigkeit zur Durchführung eines Verwendungsnachweisverfahrens ergibt sich aus der ebenfalls unionsrechtlich zwingenden Zweckbindung der Förderung und der pauschalen Mittelvergabe im Umfang der jeweils vorgesehenen Förderhöchstbeträge. Dass der Beklagte hierzu bestimmte Modalitäten festlegte, diente der Einhaltung des unionsrechtskonformen Zwecks der Bewilligung. Das gilt auch für die Bestimmung der prüfberechtigten Stellen, die gleichfalls der effektiven Einhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben beim mitgliedstaatlichen Verwaltungsvollzug diente.
98Davon abgesehen sind die entsprechenden Auflagen auch deshalb rechtlich unbedenklich, weil der Beklagte schon aus haushaltsrechtlichen Gründen eine wirksame Kontrolle der Verwendung der gewährten öffentlichen Mittel sicherstellen muss (vgl. § 44 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 LHO NRW). Die Forderung nach einem Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendungen ist wesentlicher Bestandteil des Zuwendungsverfahrens und für dessen ordnungsgemäße Durchführung sowie für eine wirksame Kontrolle des zweckentsprechenden und wirtschaftlichen Einsatzes der Steuermittel unverzichtbar.
99Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.12.2008 – 13 A 2091/07 –, juris, Rn. 8.
100Der in dem Zusammenhang von der Klägerin sinngemäß geäußerte Einwand, dass die Auflagen gegen das in § 30 AO verankerte Steuergeheimnis verstießen und unverhältnismäßig in ihre Rechte eingriffen, erschließt sich nicht. Zu einer gegen das Steuergeheimnis verstoßenden Datenübermittlung durch die Finanzbehörden ermächtigt die Nebenbestimmung gar nicht, sondern nur zur Prüfung der Verwendung der dem Steuergeheimnis nicht unterfallenden Soforthilfe durch die genannten Stellen einschließlich des zuständigen Finanzamts. Die Regelung über das Steuergeheimnis in § 30 Abs. 2 AO ist bereits nicht einschlägig, weil der Anwendungsbereich der Abgabenordnung nicht eröffnet ist. Auch eine Verletzung ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung behauptet die Klägerin lediglich, ohne einen Eingriff in dieses Grundrecht näher aufzuzeigen. Die von ihr wiedergegebene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur systematischen Erfassung von aus öffentlich zugänglichen Quellen stammenden Daten ist im Hinblick auf die streitbefangenen Auflagen offensichtlich nicht einschlägig.
101Abgesehen davon stand es der Klägerin – auch nach der erfolgten Bewilligung – frei, unter den sich aus den Nebenbestimmungen ergebenden Förderbedingungen die Zuwendung anzunehmen und ihre Verwendung ordnungsgemäß nachzuweisen oder sie nicht in Anspruch zu nehmen und sich damit nicht an die mit der Bewilligung verbundenen Auflagen halten zu müssen.
1024. Unabhängig davon, dass die Nebenbestimmungen unter II. Ziffern 5, 6 und 8 danach rechtmäßig sind, könnte die Bewilligung ohne diese Nebenbestimmungen materiell-rechtlich nicht rechtmäßigerweise bestehen bleiben. Die Rechtsordnung erlaubt die Zuwendungsgewährung jedenfalls nicht ohne diese Nebenbestimmungen. Auch diese sollten letztlich sicherstellen, dass die zunächst pauschal gewährten Soforthilfen den Unternehmen nur in dem Umfang verbleiben, in dem sie nach der ausschließlichen und von der EU-Kommission verbindlich vorgegebenen Zweckbindung erforderlich waren, und überzahlte oder anderweitig erstattete Beträge zurückgezahlt werden. Sie haben den Zweck, die engen Vorgaben der von der EU-Kommission genehmigten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 einzuhalten. Wird eine von ihnen gestrichen, wäre deren Einhaltung nicht mehr sichergestellt, so dass die dann ohne Genehmigung der Kommission erfolgte Bewilligung gegen die Regelungen des Unionsrechts zu staatlichen Beihilfen verstieße. Bei Wegfall dieser Nebenbestimmungen wären die beihilfegebenden Stellen entgegen § 3 Abs. 2 der Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 nicht in der Lage, alle Unterlagen über gewährte Kleinbeihilfen nach dieser Regelung, die die Einhaltung der darin genannten Voraussetzungen belegen, für 10 Jahre nach Gewährung der Beihilfe der Europäischen Kommission auf Verlangen herauszugeben. Eine Bewilligung, die es den Mitgliedstaaten nicht ermöglicht, den von der Kommission genehmigten Vorgaben hierfür nachzukommen, verstößt gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV.
103Schließlich würde eine Bewilligung ohne die Nebenbestimmungen gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. In ihrem rechtlichen Verhältnis zum Förderempfänger ist die Bewilligungsbehörde durch den allgemeinen Gleichheitssatz in Verbindung mit einer ständigen Verwaltungspraxis gebunden, solange eine solche Praxis besteht. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist verletzt, wenn im Einzelfall keine sachlichen Gründe für das Abweichen von einer ständigen Behördenpraxis bestehen.
104Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2015 – 10 C 15.14 –, BVerwGE 152, 211 = juris, Rn. 24 f.; OVG NRW, Urteil vom 8.9.2023 – 4 A 3042/19 –, juris, Rn. 66 ff., 80, 130, m. w. N.
105Versagt eine Behörde unter bestimmten Voraussetzungen regelmäßig die Gewährung einer Zuwendung (ohne Nebenbestimmungen) oder gewährt sie diese regelmäßig nur mit bestimmten Nebenbestimmungen, so verletzt sie das Gleichbehandlungsgebot in seiner objektiv-rechtlichen Funktion, wenn sie sich im Einzelfall über diese Praxis hinwegsetzt und die Leistungen abweichend davon gewährt.
106Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.4.2003 ‒ 3 C 25.02 ‒, juris, Rn. 17; OVG NRW, Urteil vom 8.9.2023 – 4 A 3042/19 –, juris, Rn. 82 f., und Beschluss vom 11.1.2023 – 4 A 2905/19 –, juris, Rn. 8 f., m. w. N.
107Der Beklagte ist auch rechtlich daran gehindert, seine frühere Verwaltungspraxis der Bewilligung mit den angegriffenen Nebenbestimmungen mit Wirkung für die Zukunft zu ändern. Abgesehen davon, dass die Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 Soforthilfen nur zuließ, soweit sie dazu dienten, die Zahlungsfähigkeit und die wirtschaftliche Existenz von Wirtschaftsunternehmen zu Beginn der Pandemie abzusichern, durften Kleinbeihilfen nach der fünften geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020 (BAnz AT 31.12.2021 B1) nur bis zum 30.6.2022 gewährt werden.
108Für eine rückwirkende Änderung der Bewilligungspraxis ist wegen der Maßgeblichkeit der tatsächlichen Handhabung nur Raum, solange sich für bestimmte Zeiträume noch keine Bewilligungspraxis entwickelt hat, die davon abweicht.
109Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 8.4.1997 – 3 C 6.95 –, BVerwGE 104, 220 = juris, Rn. 3, 29 ff.; OVG NRW, Urteil vom 8.9.2023 – 4 A 3042/19 –, juris, Rn. 101 f.
110Das war hier nicht der Fall.
111Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
112Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
113Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.