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Ein Betrieb, in dem der Umsatz an Getränken und Snacks nur saisonal höher liegt als die Einnahmen aus dem Betrieb zweier Glücksspielgeräte, ist nicht mit der erforderlichen Beständigkeit durch den Schank- oder Speisebetrieb geprägt.
Auf die Berufung der Beklagten wird das auf die mündliche Verhandlung vom 5.5.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der Kläger beantragte Ende November 2017 bei der Beklagten festzustellen, dass die Betriebsstätte Y.-straße. 00, 00000 Q., als Aufstellort für Geldspielgeräte geeignet sei. Unter der genannten Anschrift wurde zunächst eine erlaubnisfreie Gaststätte (Café) ohne Verabreichung alkoholischer Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle mit dem Namen „Bar U.“ betrieben. Seit September 2017 handelt es sich um eine Schankwirtschaft mit Verabreichung alkoholischer Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle. In den Räumlichkeiten stehen seit dem Jahr 2014 Geldspielautomaten der T. P. GmbH (vormals: T. S. GmbH). Die letzterer im Juli 2014 ausgestellte Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO widerrief die Beklagte im Februar 2018. Diesbezüglich ist ein Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 4 A 1700/20 anhängig. Die Akten sind zum Verfahren beigezogen worden.
3Im Dezember 2017 erkundigte sich der Kläger bei der Beklagten, warum der Betrieb als Aufstellungsort nicht als geeignet angesehen werde. Ihm wurde die Möglichkeit aufgezeigt, durch Vorlage von Abrechnungsunterlagen nachzuweisen, dass sich der Getränkeumsatz nach Erteilung der Schankerlaubnis gesteigert habe. Darauf legte der Kläger betriebswirtschaftliche Auswertungen (bwA) der Betriebstätte für den Zeitraum Juli bis November 2017 vor. Bei seiner Vorsprache im Beisein des Steuerberaters des Betriebsinhabers am 18.12.2017 erklärte letzterer, die Einnahmen aus dem Getränkeverkauf seien in der bwA unter der Nummer 4400 H und diejenigen aus den Geldspielgeräten unter der Nummer 4569 H aufgeführt, wobei bei diesen nur der Anteil des Betriebsinhabers an den Umsätzen der Geldspielautomaten, hier 50 % des Umsatzes, angegeben sei. Am Tag der Vorsprache hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags an. Daraufhin bekräftigte der Kläger unter Vorlage der bwA für Dezember 2017, dass der Hauptzweck des Betriebs weiterhin der Getränke-/Alkoholverkauf sei. Ausweislich des Einsatzberichts über eine Ortsbesichtigung am 31.1.2018 gegen 18:30 Uhr waren fünf Gäste in dem Betrieb anwesend, von denen zunächst keiner ein Getränk zu sich nahm. Zwei Gäste nutzten die Geldspielautomaten. Im Laufe der Kontrolle bereitete der Betreiber zwei Tee und einen Kaffee zu. Alkoholische Getränke waren nur in geringen Mengen (branntweinhaltiger Alkohol ungekühlt im Regal hinter dem Tresen) vorhanden. Getränkekarten oder andere gaststättentypische Artikel befanden sich nicht auf den Tischen. Ausweislich der beigefügten Lichtbilder waren hinter dem Bartresen nur wenige Gläser auf Regalen erkennbar. Eine professionelle Kaffeemaschine war aufgestellt. Die aushängende Getränkekarte wies für Heißgetränke Preise zwischen 1,00 Euro und 1,50 Euro aus, für nichtalkoholische Getränke zwischen 1,00 Euro und 2,50 Euro sowie für alkoholische Getränke zwischen 2,00 Euro und 20,00 Euro.
4Mit Bescheid vom 2.2.2018 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Bestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO für die streitgegenständliche Betriebsstätte ab. Zur Begründung führte sie aus, an dem Aufstellort spiele die Verabreichung von Speisen oder Getränken nur eine untergeordnete Rolle. Das Erscheinungsbild der Gaststätte lasse nicht auf eine übliche Schankwirtschaft schließen. Die spärliche Inneneinrichtung sei nicht gaststättentypisch. Das vorhandene Geschirr bestehe aus einer nur sehr geringen Menge an Gläsern. Dies lasse darauf schließen, dass auch nur von einer sehr geringen Getränkeabgabe ausgegangen werde. Eine Zapfanlage sei nicht vorhanden. Die einzige Kühlmöglichkeit stelle ein etwa für Trinkhallen typischer Verkaufskühlschrank dar. Ferner sei zu bezweifeln, dass der Betrieb ohne das Aufstellen der Geldspielgeräte wirtschaftlich rentabel geführt werden könne. Die Einnahmen aus der Abgabe von Getränken in den Monaten September und Oktober 2017 hätten deutlich unter dem Provisionsanteil des Betreibers an den Umsätzen aus den Geldspielgeräten gelegen. In den Monaten November und Dezember 2017 hätten die Erlöse aus dem Getränkeverkauf zwar den Provisionsumsatz überstiegen, jedoch nicht die Gesamteinnahmen aus dem Betrieb der Geldspielgeräte.
5Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger unter Vorlage der bwA mehrerer Jahre sowie Steuererklärungen im Wesentlichen ausgeführt, das optische Erscheinungsbild der Gaststätte „Bar U.“ entspreche einer typischen Schankwirtschaft. Es fänden dort etwa 25 Gäste Platz. Für diese stünden ausreichend Gläser zur Verfügung. Hinweise auf die Geldspielautomaten fänden sich im Außenbereich der Gaststätte nicht, hingegen aber ein Hinweis auf den angebotenen Sky-Sender, für den der Betreiber monatlich 500,00 Euro aufwende. Weiterhin befinde sich in der Gaststätte eine hochwertige Kaffeemaschine. Im Sommer werde Eiskaffee angeboten, für den eine spezielle Maschine vorhanden sei. Die Erlöse aus den Getränkeverkäufen überstiegen die Provisionsumsätze aus den Geldspielgeräten inzwischen deutlich.
6Der Kläger hat beantragt,
7die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 2.2.2018 zu verpflichten, ihm eine Bestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO für die Betriebsstätte Y.-straße. 00 in 44145 Dortmund zu erteilen.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung hat sie auf ihre Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, weder die Möblierung noch die sonstige Einrichtung entspreche dem Gepräge einer typischen Gaststätte. Die Gäste suchten den Betrieb augenscheinlich lediglich zum Zweck des Spielens sowie zur Kommunikation auf. Bezogen auf die bwA sei bislang unklar, ob die behaupteten Umsätze in gleicher Höhe auch gegenüber dem Finanzamt angemeldet und die erwirtschafteten Gewinne versteuert worden seien. Unabhängig davon gehe aus den eingereichten Unterlagen hervor, dass die Erlöse aus dem Getränkeverkauf die Gesamteinnahmen, die durch die Geldspielgeräte in dem Betrieb erwirtschaftet worden seien, nicht überstiegen.
11Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte nach Durchführung eines Ortstermins in der Gaststätte, bei dem Lichtbilder angefertigt und zur Akte genommen worden sind, zur Erteilung einer Geeignetheitsbestätigung verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für den Erlass einer Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 Satz 1 GewO lägen vor. In Anwendung der hierzu in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erarbeiteten Maßstäbe handele es sich bei der streitgegenständlichen Betriebsstätte um Räume einer Schankwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV. Ausweislich der in dem Verwaltungsvorgang der Beklagten vorhandenen Lichtbilder sowie nach dem im Rahmen des Ortstermins gewonnenen Eindruck stelle der Betrieb eine sehr einfache Schankwirtschaft dar, bei dem das Betriebskonzept noch überwiegend auf die Erzielung von Einnahmen durch den Ausschank von Getränken ausgerichtet sei. Für die Beurteilung des Betriebskonzepts habe sich hingegen das vorgelegte Zahlenwerk, insbesondere die bwA als unergiebig erwiesen, weil es diverse Fragen aufgeworfen habe.
12Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte unter Bezugnahme auf die Protokolle und gefertigten Lichtbilder anlässlich weiterer Kontrollen der Betriebsstätte am 13.2.2020 gegen 21:00 Uhr, am 28.2.2020 gegen 19:45 Uhr und am 15.5.2024 gegen 19:30 Uhr vor, die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Bestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO vom 2.2.2018 sei zu Recht erfolgt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handele es sich bei der streitgegenständlichen Betriebsstätte nicht um einen geeigneten Aufstellort für Geldspielgeräte im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 SpielV. Nach Abs. 2 Nr. 2 der vorgenannten Vorschrift dürfe ein Geldspielgerät nicht in Betrieben aufgestellt werden, in denen die Verabreichung von Speisen oder Getränken nur eine untergeordnete Rolle spiele. Um einen derartigen Betrieb handele es sich bei der streitgegenständlichen Bar. Dies ergebe sich aus den vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen, wonach sowohl in 2018 als auch in 2019 die mit den Geldspielgeräten erzielten Umsätze weit über denjenigen der gastronomischen Leistungen gelegen hätten. Bestätigt werde dieses Ergebnis durch den anhand der gefertigten Lichtbilder, die u. a. jeweils von der Mitte der Gaststätte ausgehend einmal den Blick auf die Theke und einmal den Blick auf die Fensterfront zeigten, sowie der Feststellungen in den Ortsterminen gewonnenen Eindruck des äußeren Erscheinungsbilds, der Inneneinrichtung und ‑ausstattung der Bar mit vier Tischen, insgesamt 13 Stühlen und drei Barhockern sowie des bei den Kontrollen beobachteten Betriebs. Danach suchten die Gäste den Betrieb nicht wegen der gastronomischen Leistung, sondern zu kommunikativen Zwecken und zum Fernsehen auf.
13Die Beklagte beantragt,
14das auf die mündliche Verhandlung vom 5.5.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zu ändern und die Klage abzuweisen.
15Der Kläger beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Er trägt zur Begründung unter Vorlage von Lichtbildern über die Bevorratung mit Getränken und Kaffeezubehör, einer bwA für die Monate Januar bis August 2024 mit entsprechender Bestätigung durch den Steuerberater sowie der ersten Seite des Vertrags zwischen dem Betreiber und dem derzeitigen Aufsteller vor, die Inneneinrichtung der Gaststätte sehe derzeit so aus, wie es auf den bei dem Ortstermin am 15.5.2024 gefertigten Lichtbildern erkennbar sei. Mittlerweile sei in der Gaststätte ein wesentlich größerer Fernsehbildschirm vorhanden als noch im Verwaltungsvorgang des Verfahrens 4 A 1700/20 (dort Bl. 26) erkennbar. Seit 2020 würden die anteiligen Erlöse aus Geldspielautomaten in der bwA unter dem Konto 4186 geführt, die unter der Nummer 4400 aufgeführten Summen stellten die sonstigen Erlöse aus dem Getränkeverkauf und dem Verkauf der angebotenen Snacks dar. Die Beteiligung des Gastwirts an den Einnahmen aus den Geldspielgeräten betrage weiterhin 50 %. Der Anstieg des Erlöses aus dem Getränke-/Snackverkauf in den Sommermonaten erkläre sich wahrscheinlich daraus, dass in der warmen Jahreszeit die Gäste gerade die Außengastronomieplätze zum Getränkeverzehr nutzten und weniger die im Innenraum gelegenen Geldspielautomaten bespielten, auch wenn dies nicht sicher sei. Zudem habe sich die Zusammensetzung der Besucher verändert. Der Betrieb sei durch Vorverlegung der Öffnungszeiten und das Angebot um einen „Coffee to go“ für Berufstätige erweitert worden.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und des Verfahrens 4 A 1700/20 (jeweils ein Papierband sowie eine elektronische Akte) und der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge (jeweils ein Hefter) verwiesen.
19Entscheidungsgründe:
20Die Berufung hat Erfolg. Die Klage auf Verpflichtung zur Erteilung einer Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO für die Betriebsstätte „Bar U.“, Y.-straße 00 in Dortmund, ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 2.2.2018 ist rechtmäßig, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm bestätigt, die genannte Betriebsstätte stelle einen geeigneten Aufstellort für Geldspielgeräte nach § 33c Abs. 3 GewO dar.
21Nach § 33c Abs. 3 Satz 1 GewO darf der Gewerbetreibende Spielgeräte im Sinne des Absatzes 1 nur aufstellen, wenn ihm die zuständige Behörde schriftlich bestätigt hat, dass der Aufstellungsort den auf der Grundlage des § 33f Abs. 1 Nr. 1 GewO erlassenen Durchführungsvorschriften entspricht. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 der gemäß § 33f Abs. 1 Nr. 1 GewO erlassenen Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (SpielV) darf ein Geldspielgerät unter anderem nur aufgestellt werden in Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden. Ein Geldspielgerät darf nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SpielV unter anderem nicht in Betrieben aufgestellt werden, in denen die Verabreichung von Speisen oder Getränken nur eine untergeordnete Rolle spielt.
22In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass mit Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften solche Räume gemeint sind, die durch den Schank- oder Speisebetrieb geprägt sind und nicht überwiegend einem anderen Zweck dienen. Eindeutig ergibt sich dies aus dem Sinn des § 1 SpielV, der die Aufstellung von Geldspielgeräten gemäß der Ermächtigung des § 33f Abs. 1 Nr. 1 GewO auf bestimmte Gewerbezweige und Betriebe beschränkt, nämlich auf Schank- und Speisewirtschaften und Beherbergungsbetriebe (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV), Spielhallen und ähnliche Unternehmen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 SpielV) sowie Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher ohne Sportwettenvermittlung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV). Der Zulassung von Geldspielgeräten in den genannten Gewerbezweigen liegt die Erwägung zugrunde, dass hier entweder ‒ wie bei den Spielhallen und Wettannahmestellen ‒ das Spielen den Hauptzweck bildet und entsprechende Zulassungsvoraussetzungen gelten oder aber ‒ in Gaststätten- und Beherbergungsbetrieben ‒ das Spielen nur Annex der im Vordergrund stehenden Bewirtungs- oder Beherbergungsleistung ist und Kinder und Jugendliche keinen oder nur eingeschränkten Zugang haben. Die in § 1 Abs. 1 SpielV normierte Beschränkung der Aufstellungsorte für Geldspielgeräte würde aufgehoben, wenn schon durch die Nebenleistung eines Getränkeangebots eine Schankwirtschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV und damit die Zulässigkeit der Aufstellung von Geldspielgeräten begründet werden könnte; denn ein solcher Getränkeausschank lässt sich ohne großen Aufwand auch in Betrieben einrichten, die der Verordnungsgeber durch Nichtaufnahme in die Liste des § 1 Abs. 1 SpielV von Geldspielgeräten gerade freihalten wollte.
23Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.3.1991 – 1 B 30.91 –, juris, Rn. 5, m. w. N., und Urteil vom 19.9.2018 ‒ 8 C 16.17 ‒, BVerwGE 163, 102 = juris, Rn. 18.
24Diesen rechtlichen Vorgaben folgend handelt es sich bei der streitgegenständlichen Betriebsstätte nicht um eine zur Aufstellung von Geldspielgeräten geeignete Schank- oder Speisewirtschaft. Weder nach dem optischen Erscheinungsbild (hierzu unter 1.) noch anhand der vorgelegten Umsatzzahlen (hierzu unter 2.) lässt sich eine überwiegende Prägung des Betriebs durch den Schank- und Speisebetrieb feststellen. Vielmehr kommt dem Ausschank von Getränken in dem Betrieb nur eine untergeordnete Rolle zu.
251. Bereits das optische Erscheinungsbild der streitgegenständlichen Betriebsstätte lässt nicht darauf schließen, dass die Bewirtungsleistung im Vordergrund steht. Weder die vorliegenden Lichtbilder noch die Ergebnisse der protokollierten Kontrollen vermitteln den Eindruck, dass die „Bar U.“ eine Schankwirtschaft mit dem Hauptzweck des Getränkeverkaufs darstellt. Ein auf den Hauptzweck des Getränkeverkaufs zum Konsum an Ort und Stelle gerichtetes Betriebskonzept lässt sich weder erkennen, noch ist ein solches substantiiert behauptet worden. Sowohl die Ausstattung der Bar als auch die Gästeanzahl lassen selbst seit der Renovierung einen zur Deckung des Lebensunterhalts des Betreibers auskömmlichen, den Betrieb prägenden Getränkeverkauf fernliegend erscheinen. Vielmehr ist der Betrieb sowohl von seiner Optik als auch von seiner Nutzung wesentlich auf die Einnahmen aus den Geldspielgeräten ausgerichtet und auf diese angewiesen, deren Bespielung durch das Vorhandensein eines für eine Gaststätte untypischen Geldwechslers erleichtert wird.
26Auch nach der Renovierung, die durch Verlagerung und Verkleinerung der Theke zu einer optischen Vergrößerung der Räumlichkeit geführt hat, bleibt die von außen kaum einsehbare und als Bar erkennbare Räumlichkeit relativ klein. Das gilt unabhängig davon, ob der Betrieb im Rahmen der Baugenehmigung und der Gaststättenerlaubnis mit 16 oder mit 25 Sitzplätzen, was zwischen den Beteiligten umstritten ist, betrieben werden darf. Die Einrichtung – Bestuhlung mit drei gepolsterten Barhockern an der Theke und gepolsterten Esszimmerstühlen um in Holzfarbe gehaltene Esstische ohne Tischdecke – ist weiterhin recht einfach gehalten. Hinter dem kleinen offenen Thekenbereich befinden sich auf einem Regalbrett vergleichsweise wenige Gläser. Auf einem darüber angebrachten Regalbrett steht eine Anzahl Flaschen mit alkoholhaltigen Getränken, ohne dass eine Sortierung oder aber Ausrichtung zum leichten Zugriff oder regelmäßigen Gebrauch erkennbar wäre. Weitere nicht alkoholische Getränke befinden sich in einem Selbstbedienungskühlschrank mit Glasfront. Bier und andere Alkoholika werden in einem haushaltsüblichen Kühlschrank unterhalb der Theke gekühlt vorgehalten. Im rechten Bereich der Theke befindet sich eine professionelle, italienische Kaffeemaschine, auf der wenige Tassen und Untertassen stehen. Vor der Theke steht ein Zigarettenautomat, direkt daneben ein Geldwechsler. Ausweislich der abfotografierten Getränkekarte bewegen sich die Preise für Kaffeespezialitäten zwischen 1,50 Euro und 3,00 Euro. Auch die Preise der übrigen laut Getränkekarte angebotenen Getränke bewegen sich in einem niedrigen bis mittleren Preissegment. Softdrinks werden für 2,00 Euro (0,2 l Wasser) bis 3,00 Euro (0,2 l Red Bull), alkoholische Getränke von 2,50 Euro (Bier) bis 5,00 Euro (0,05 l Ramazzotti) angeboten.
27Die Nutzung der Gaststätte lässt ebenfalls nicht erkennen, dass die Gaststätte durch den Schankbetrieb geprägt ist. Bei der zuletzt durchgeführten Kontrolle am 15.5.2024 hat sich trotz der Abendzeit der schon bei den früheren Ortsterminen (31.1.2018, 13.2.2020 und 28.2.2020) gewonnene Eindruck bestätigt, dass nur wenige Gäste ‒ es waren sieben Gäste in der Außengastronomie und drei Gäste im Innenbereich ‒ die Gaststätte aufsuchen und der Gesamtkonsum im Beobachtungszeitraum ‒ ausschließlich zwei Tassen Espresso ‒ kärglich ist. Insbesondere konnte bei keiner Kontrolle festgestellt werden, dass auch nur ein Gast ein Glas des teureren, hochprozentigen Alkohols zu sich genommen hätte. Auffällig ‒ aber den Eindruck anhand der optischen Gestaltung der Gaststätte bestätigend ‒ ist hingegen, dass bei allen Kontrollen, so auch am 15.5.2024, die Geldspielgeräte bedient wurden.
282. Dass die Gaststätte nicht durch eine im Vordergrund stehende Bewirtungsleistung geprägt ist, wird anhand der vorgelegten und vom Steuerberater des Betreibers erläuterten Umsatzzahlen des Betriebs eindrucksvoll bestätigt. Der mit dem gastronomischen Angebot erzielte Umsatz lag sowohl für die im Verwaltungsverfahren nachgewiesenen Monate Juli bis Dezember 2017 als auch für die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgewiesenen Jahre 2018 und 2019, in denen der Getränkeumsatz jeweils mit der Kennziffer 4400 H und der Provisionsanteil (50% des Geldspielumsatzes) mit der Kennziffer 4569 H aufgeführt ist, weit unter dem Umsatz, der mit den Geldspielgeräten erzielt worden ist. Während für die Monate Juli bis Dezember 2017 Getränkeumsätze von 365,63 Euro bis 2.392,87 Euro erzielt worden sind, betrug allein der Provisionsanteil für die Geldspielgeräte in derselben Zeit von 1.391,17 Euro bis 1.749,12 Euro, was bei der zur Ermittlung des Geldspielumsatzes vorzunehmenden Verdoppelung jeweils zum Überwiegen der durch das Betreiben der Geldspielgeräte erzielten Einnahmen führt. Gleiches gilt für 2018 und 2019. Während Getränkeumsätze von 24.122,72 Euro und 30.919,04 Euro erzielt worden sind, betrug allein der Provisionsanteil aus dem Geldspielumsatz bereits 16.058,75 Euro und 19.125,20 Euro, woraus sich entsprechende Einnahmen von 32.117,50 Euro und 38.250,40 Euro bei der notwendigen Verdoppelung errechnen. Gleiches gilt für die kurz vor der mündlichen Verhandlung vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung für die Monate Januar bis August 2024, die der Steuerberater als diejenige der „Bar U.“ bestätigt hat. Diese Aufstellung, die die Erlöslage nach Renovierung der Gaststätte und Erweiterung des Angebots um die Möglichkeit eines frühmorgendlichen „Coffee to go“ widerspiegeln soll, stützt nicht die Annahme, dass die Bewirtungsleistung nunmehr dauerhaft im Vordergrund des Betriebs steht. Vielmehr wird auch mittels dieser Erlöszahlen bekräftigt, dass die Einnahmen aus den Geldspielgeräten im größten Zeitanteil der ausgewerteten Erlöse diejenigen des Getränke-/Snackverkaufs erheblich übersteigen. Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, dass ‒ wie ein Mitarbeiter des Steuerberatungsbüros dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in einer Verhandlungspause telefonisch bestätigt hat ‒ die Erlöse aus den Geldspielautomaten nur noch unter dem Konto 4186 aufgeführt werden ‒ und nicht mehr wie zumindest bis 2019 unter dem Konto 4569 (H) ‒, lässt sich daraus nicht schließen, dass der Betrieb von seinem Umsatz her nunmehr durch die gastronomische Leistung geprägt ist. Auch wenn, was der Kläger unter Vorlage der ersten Seite des Aufstellervertrags mit der T. S. GmbH (nunmehr: T. P. GmbH) bestätigt hat, die Einnahmen aus den Geldspielgeräten weiterhin zu 50 % dem Gastwirt als Erlös zustehen sollten, lässt die Aufstellung nicht erkennen, dass der Betrieb allein aus den Erträgen des Getränke-/Snackverkaufs wirtschaftlich betrieben werden könnte. Schon mit den Einnahmen aus den Geldspielgeräten lag die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben, soweit sie nicht sogar negativ war, vielfach in einer so geringen Größenordnung, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung ohne die Einnahmen aus dem Glücksspiel ausgeschlossen erscheint. Unabhängig davon ergibt sich für die Monate Januar bis einschließlich Mai 2024 durchgehend weiterhin ein Überwiegen der Einnahmen aus den Geldspielgeräten im Vergleich zu denjenigen aus dem Getränke-/Snackverkauf. So bewegten sich die unter dem Konto 4400 geführten Erlöse aus dem Getränke-/Snackverkauf zwischen 3.780,67 Euro (Mai 2024) und 6.034,43 Euro (April 2024), während die ‒ um den Anteil des Automatenaufstellers hochgerechneten, d. h. verdoppelten ‒ Einnahmen aus den Geldspielgeräten unter dem Konto 4186 zwischen 9.664,82 Euro (Mai 2024) und 6.957,82 Euro (April 2024) lagen. Ausschließlich in den Monaten Juni bis einschließlich August 2024 lagen die Erlöse aus dem Getränke-/Snackverkauf über den in diesen Monaten deutlich gegenüber den Vormonaten zurückgegangenen Gesamteinnahmen der Geldspielgeräte. Insoweit stehen im Juni 2024 Erlöse aus dem Getränke-/Snackverkauf von 8.267,22 Euro solchen aus den Geldspielgeräten in Höhe von 5.287,02 Euro, im Juli 2024 Erlöse aus dem Getränke-/Snackverkauf von 9.361,79 Euro denjenigen der Geldspielgeräte in Höhe von 4.227,38 Euro und im August 2024 Erlöse aus dem Getränke-/Snackverkauf von 11.310,95 Euro denjenigen der Geldspielgeräte in Höhe von 4.409,50 Euro gegenüber. Hieraus lässt sich indes keine fortlaufende Tendenz ableiten, die auf ein dauerhaftes Überwiegen der Erlöse aus der gastronomischen Leistung schließen lässt. Insbesondere lässt sich eine solche weder als Folge der Renovierung der Bar noch als Folge des Frühangebots eines „Coffee to go“ ableiten. Sowohl die Auswirkungen der Renovierung als auch diejenigen der Anfang des Jahres erweiterten Öffnungszeiten für einen „Coffee to go“ hätten sich nicht erst ab Juni 2024 in den unter dem Konto 4400 geführten Umsätzen aus dem Getränke-/Snackverkauf widerspiegeln können, so dass hierfür andere Einflüsse maßgeblich sein müssen. Die genannten Umsätze sind insbesondere nicht schon seit Jahresanfang und nicht erkennbar verlässlich dauerhaft so gestiegen, dass sie allein eine wirtschaftliche Betriebsführung ermöglicht und die Einnahmen aus den Geldspielgeräten überstiegen hätten. Eine Tendenz, nach der die Einnahmen aus den Geldspielgeräten die Umsätze aus dem Getränke-/Snackverkauf im Gegensatz zu den früheren Jahren seit Juni 2024 und künftig dauerhaft übersteigen könnten, behauptet nicht (einmal) der Kläger, der sich den sehr auffälligen Anstieg der Erlöse aus der gastronomischen Leistung und den gleichzeitigen Rückgang der Geldspielumsätze in den Monaten Juni bis August 2024 mit dem Getränkeumsatz in der Außengastronomie in den warmen Sommermonaten und dem Unwillen der Gäste zum Betreten des Innenraums sowie Bespielen der Geldspielgeräte zu erklären sucht. Ein Betrieb, in dem der Umsatz an Getränken und Snacks nur saisonal höher liegt als die Einnahmen aus dem Betrieb zweier Glücksspielgeräte, ist aber nicht mit der erforderlichen Beständigkeit durch den Schank- oder Speisebetrieb geprägt.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
30Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
31Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.