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Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 13.5.2024 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3I. Das Zulassungsvorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.
4Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.10.2020 ‒ 2 BvR 2426/17 ‒, juris, Rn. 34, m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 ‒ 7 AV 4.03 ‒, juris, Rn. 9.
5Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem sinngemäß ausgelegten Antrag, den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 3.3.2023 zu verpflichten, das Soforthilfeverfahren wiederaufzugreifen, den Schlussbescheid vom 18.12.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, einen Liquiditätsengpass in Höhe von 9.000,00 Euro festzustellen, mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens. Ein solcher Anspruch folge weder aus § 51 Abs. 1 VwVfG NRW noch habe der Kläger einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne nach § 51 Abs. 5 i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Bei Anwendung der höchstrichterlich geklärten Grundsätze sei insbesondere nicht feststellbar, dass das Ermessen des Beklagten bei der Entscheidung nach den §§ 51 Abs. 5, 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW „auf Null“ reduziert gewesen sei, weil ein Festhalten an dem rechtswidrigen Schlussbescheid als schlechthin unerträglich erscheine. Ein von der Rechtsprechung entwickelter Anwendungsfall der Ermessensreduzierung liege nicht vor. Weder bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte seine Rücknahmebefugnis unter Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes generell unterschiedlich ausgeübt habe, noch erweise sich die Berufung des Beklagten auf die eingetretene Bestandskraft des Schlussbescheids als Verstoß gegen Treu und Glauben oder die guten Sitten. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des Schlussbescheids liege ebenfalls nicht vor. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Schlussbescheids habe es bereits an einer gefestigten Rechtsprechung zum Erlass von Schlussbescheiden im Corona-Soforthilfeverfahren gefehlt. Zudem seien dem Zuwendungsrecht ermessenslenkende Vorschriften zu Gunsten der Empfänger von Corona-Soforthilfen nicht zu entnehmen.
6Die gegen diese Annahmen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwände greifen nicht durch.
7Die Aufhebung des Schlussbescheids vom 18.12.2021 kann vom Beklagten nur verlangt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG NRW gegeben sind oder das Ermessen bei der Entscheidung über ein Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 5 i. V. m. den §§ 48, 49 VwVfG NRW nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden ist.
8Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.4.2023 – 1 C 4.22 –, juris, Rn. 10.
9Der Kläger hat mit seiner Zulassungsbegründung, in der er sich auf Ausführungen zum Vorliegen eines Wiederaufgreifensanspruchs im weiteren Sinne beschränkt, keine Umstände dargelegt, aus denen die ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ablehnende Ermessensentscheidung des Beklagten gemäß § 51 Abs. 5 i. V. m. den §§ 48, 49 VwVfG NRW fehlerhaft sein könnte. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 5 i. V. m. den §§ 48, 49 VwVfG NRW.
10Die Annahme des Verwaltungsgerichts, eine Reduzierung des behördlichen Rücknahmeermessens „auf Null“ sei nicht feststellbar, wird auch mit Blick auf das mit der Zulassungsbegründung allein geltend gemachte Bestehen eines offensichtlichen Rechtsverstoßes nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Zweifel gezogen.
11Die Behörde kann, auch wenn – wie hier – die in § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG NRW normierten Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch nicht vorliegen, ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren wiederaufgreifen und eine neue, der gerichtlichen Überprüfung zugängliche Sachentscheidung treffen. Hinsichtlich der in § 51 Abs. 5 i. V. m. den §§ 48, 49 VwVfG NRW zu sehenden Ermächtigung zum Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne besteht für den Betroffenen grundsätzlich nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung, und nur im Ausnahmefall ein Anspruch auf Wiederaufgreifen. Das der materiellen Einzelfallgerechtigkeit gegenläufige Gebot der Rechtssicherheit ist ein wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit und damit eines Konstitutionsprinzips des Grundgesetzes. Aus ihm folgt die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit unanfechtbarer Verwaltungsakte. Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise weder dem Vorrang des Gesetzes noch der Rechtssicherheit als Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist, was von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich“, wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei „schlechthin unerträglich“. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet hingegen keinen Anspruch auf Rücknahme, weil die Rechtswidrigkeit lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit in diesem Sinne ist nur anzunehmen, wenn an dem Verstoß der streitigen Maßnahme gegen formelles oder materielles Recht vernünftigerweise kein Zweifel besteht und sich deshalb die Rechtswidrigkeit aufdrängt. Anders als bei der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts nach § 44 Abs. 1 VwVfG NRW ist es im vorliegenden Zusammenhang nicht erforderlich, dass der Verwaltungsakt an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtswidrig erweist, ist in der Regel – und so auch hier – der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts. Die die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts möglicherweise gebietende Offensichtlichkeit fehlt, wenn die Evidenz des Rechtsfehlers erst später ersichtlich wird.
12StRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20.4.2023 – 1 C 4.22 –, juris, Rn. 36, vom 26.1.2021 – 1 C 1.20 –, juris, Rn. 33 f., und vom 17.1.2007 – 6 C 32.06 –, juris, Rn. 13 ff., sowie Beschluss vom 7.7.2004 – 6 C 24.03 –, BVerwGE 121, 226 = juris, Rn. 15, m. w. N.
13Daran gemessen hat der Kläger schlüssige Argumente weder für das Bestehen eines Anspruchs auf das Wiederaufgreifen des Verfahrens im Wege einer Ermessensreduzierung „auf Null“ [dazu unten a)], noch auf eine fehlerfreie Ermessenausübung [dazu unten b)] angeführt.
14a) Die Aufrechterhaltung des bestandskräftigen Schlussbescheids ist auf der Grundlage der Ausführungen des Klägers nicht „schlechthin unerträglich“. Dies ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Kläger auf die Bestandskraft des Bewilligungsbescheids vertrauen und diesen als endgültige Regelung verstehen durfte. Ein solches Verständnis war keinesfalls zweifelsfrei. Aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Empfängers stellte sich der Bewilligungsbescheid, der gerichtsbekannt allen Empfängern inhaltsgleich erteilt worden war, nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr als vorläufiger Bescheid dar. Einem objektiven Empfänger des Bewilligungsbescheids drängte sich bei dessen Gesamtwürdigung unabhängig von seiner Bestandskraft auf, dass die Soforthilfe ausschließlich und vollumfänglich nur zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden durfte, entsprechende Mittelverwendungen nachzuweisen und bei Einzelfallprüfungen zu belegen sowie die in dem gesamten Bewilligungszeitraum von drei Monaten nicht zweckentsprechend benötigten Mittel anschließend zu ermitteln und zurückzuzahlen waren. Jeder Empfänger einer Soforthilfezuwendung konnte in Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage dieser Bewilligungsbescheide nur darauf vertrauen, dass er auch im Nachhinein keine Mittel zurückzuzahlen hatte, die er während des Bewilligungszeitraums berechtigterweise „zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ oder „zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1. März 2020 in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind“ verwendet hatte. Weiterhin durfte er darauf vertrauen, dass er Gelegenheit erhalten werde, diese Mittel in einem Verwendungsnachweis anzugeben, wobei er dazugehörige Unterlagen vorzuhalten, jedoch nicht mitzusenden haben würde (Nebenbestimmung II.8.). Hinsichtlich einer auf der Grundlage dieser nachträglichen Angaben berechneten überzahlten Summe musste sich bei objektiver Betrachtungsweise aufdrängen, dass eine entsprechende Rückzahlungspflicht bestand.
15Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 144 ff., 168, und vom 1.10.2024 – 4 A 357/21 –, juris, Rn. 39 ff.
16Angesichts der so beschränkten Reichweite des geschützten Vertrauens, das gerade nicht das endgültige Behaltendürfen aufgrund der nur vorläufigen Bewilligung erfasste, ist die Ablehnung des Wiederaufgreifens des Verfahrens nicht unter diesem Gesichtspunkt als grob unbillig bzw. schlechthin unerträglich einzuschätzen. Der Kläger konnte im Rahmen des Rückmeldeverfahrens bereits selbst beurteilen, ob er durch die darin vorgesehene Berechnungsweise gemessen an den durch den Bewilligungsbescheid für ihn geweckten Erwartungen unangemessen benachteiligt werden würde. Dass dies der Fall war, hat er weder durch Klage gegen den Schlussbescheid noch im Wiederaufgreifensverfahren geltend gemacht. Die allein und erst auf der Grundlage des Urteils des VG Gelsenkirchen vom 23.9.2022 – 19 K 317/22 – aufgestellte Behauptung, nach dem Empfängerhorizont sei die Rückzahlungspflicht nicht nur davon abhängig gewesen, dass die Förderung den Liquiditätsengpass überschreite, sondern auch den Umsatzausfall, ist gemessen an den Angaben des Klägers im Rückmeldeformular ohne weitere Erläuterungen bereits unschlüssig. Der Kläger hatte bei seiner Rückmeldung offenbar keine Probleme damit, dem Beklagten ausschließlich Angaben zur Ermittlung seines Liquiditätsengpasses zu übermitteln. Danach lagen seine (bereinigten) Einnahmen zumindest im ersten angegebenen Monat (27.599,00 Euro) bei Weitem über seinen Ausgaben (2.235,00 Euro). Der für den zweiten und dritten Monat nach dem Rückmeldeformular angegebene Liquiditätsengpass von 1.269,00 Euro bzw. 2.832,00 Euro reicht zudem nicht ansatzweise an den im ersten Monat erzielten Überschuss heran. Dass dieser Überschuss allein nicht ausgereicht haben könnte, um die Ausgaben auch der beiden Folgemonate abzudecken und hierfür eine staatliche Förderung erforderlich war, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich.
17Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 177.
18Ausgehend davon erscheint die Rückforderung in Höhe von 7.000,00 Euro anhand der Angaben des Klägers selbst gemessen am Regelungsinhalt des Bewilligungsbescheids jedenfalls nicht als grob unbillig und deshalb schlechthin unerträglich.
19Der bestandskräftige Schlussbescheid über die Rückforderung ist auch unter dem Gesichtspunkt des geltend gemachten evidenten Rechtsverstoßes nicht so offensichtlich rechtswidrig, dass seine Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ sein könnte. Einen offensichtlichen Rechtsverstoß hat der Kläger unter umfassender Wiedergabe der Entscheidungsgründe erstinstanzlicher Urteile zur Rechtswidrigkeit der Schlussbescheide,
20vgl. nur VG Köln, Urteil vom 16.9.2022 – 16 K 499/22 –, juris, und VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23.9.2022 – 19 K 317/22 –, juris,
21nur behauptet, nicht aber mit schlüssigen Argumenten aufgezeigt. Der Umstand, dass der Senat in seiner Entscheidung vom 17.3.2023,
22vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 188, 190 und 191 ff.,
23auf der Grundlage einer sehr umfassenden Prüfung der Rechtslage mehrere Rechtsfehler der zu den vorläufigen Bewilligungsbescheiden über die Corona-Soforthilfe ergangenen angegriffenen Schlussbescheide festgestellt hat, führt nicht zu der vom Kläger ohne Weiteres angenommenen Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit des Schlussbescheids. Der Begründung des Urteils des Senats vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 134 ff., ist zu entnehmen, dass die Entscheidung nicht auf der evidenten Verletzung einer eindeutigen gesetzlichen Bestimmung beruht hat. Vielmehr waren die mit der Überprüfung derartiger Schlussbescheide einhergehenden Rechtsfragen von einer solchen Komplexität, dass sich die Annahme der Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit der Schlussbescheide verbietet. Die für die endgültige Festsetzung maßgeblichen bindenden Vorgaben des Bewilligungsbescheids und damit zusammenhängend das Fehlen der Gelegenheit, die Verwendung der bewilligten Fördermittel auf einem dem berechtigten Verständnis des Bewilligungsbescheids Rechnung tragenden Vordruck nachzuweisen, ergaben sich nach der Rechtsprechung des Senats erst nach umfassender Auslegung der im Regelungsgehalt gleichlautenden teilweise missverständlichen, aber auslegungsfähigen Bewilligungsbescheide.
24Der im vollständigen Erlass des Schlussbescheids durch automatische Einrichtungen liegende Mangel war gleichfalls bei seinem Erlass nicht offensichtlich. Die Evidenz dieses von den Verfahrensbeteiligten der drei vor dem Oberverwaltungsgericht verhandelten Grundsatzverfahren nur am Rande thematisierten Rechtsfehlers wurde erst später ersichtlich, nachdem der Senat ihm im Berufungsverfahren intensiver nachgegangen war.
25Vgl. z. B. OVG NRW, Urteil vom 17.3.2023 – 4 A 1986/22 –, juris, Rn. 125, 130, 191 ff.
26Mit seinem abschließenden Hinweis darauf, das Verwaltungsgericht unterliege einem evidenten Wertungswiderspruch, wenn es zunächst selbst von der Rechtswidrigkeit des Schlussbescheids ausgehe, dann aber dem Bewilligungsbescheid den Charakter angeblicher Vorläufigkeit zugestehe, zeigt der Kläger nicht auf, dass der Schlussbescheid offenkundig fehlerhaft ist, zumal er dabei die obergerichtlichen Klärungen diesbezüglich unzutreffend wiedergibt.
27b) Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung zu. Der Beklagte hat in seinem Bescheid vom 3.3.2023 sein Ermessen über das Wiederaufgreifen des Verfahrens fehlerfrei aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens sowie des sparsamen Umgangs mit öffentlichen Mitteln zulasten des Klägers ausgeübt. Ist die Aufrechterhaltung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts nicht „schlechthin unerträglich“ und das Wiederaufgreifensermessen damit nicht „auf Null“ reduziert, so ist es in aller Regel – und so auch hier – ermessensfehlerfrei, wenn der Beklagte an der Bestandskraft seiner Bescheide generell festhält, obwohl sie sich in der später ergangenen Rechtsprechung als rechtswidrig erwiesen haben, und damit dem Aspekt der Rechtssicherheit den Vorzug gibt. Ins Einzelne gehender Ermessenserwägungen bedarf es insoweit nicht.
28StRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20.4.2023 – 1 C 4.22 –, juris, Rn. 39, und vom 26.1.2021 – 1 C 1.20 –, juris, Rn. 36, m. w. N.
29II. Die Berufung ist nicht deshalb wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil eine Vielzahl von Fällen betroffen ist.
30Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Entscheidung des Streitfalls im Rechtsmittelverfahren erhebliche klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft. Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Formulierung einer bestimmten, noch nicht geklärten und für die Rechtsmittelentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.12.2021 – 4 A 1726/19 –, juris, Rn. 14 f., m. w. N.
32Daran fehlt es hier. Die Darlegung des Klägers beschränkt sich auf die Annahme eines allgemeinen Klärungsinteresses der Rechtmäßigkeit der in einer Vielzahl ergangenen behördlichen Entscheidungen gleichen Inhalts. Über den Einzelfall hinaus bedeutsame klärungsbedürftige Fragen, die sich in einem Berufungsverfahren entscheidungserheblich stellen würden, wirft er dabei nicht auf. Im Übrigen sind die hier beachtlichen rechtlichen Maßstäbe für das Wiederaufgreifen des Verfahrens in der höchstrichterlichen Rechtsprechung – wie aufgezeigt – umfassend geklärt.
33Vgl. ferner bereits OVG NRW, Beschluss vom 11.7.2024 – 4 A 1764/23 –, juris, Rn. 14 ff., m. w. N.
34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
35Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
36Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.