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Unzulässiger Wiederaufnahmeantrag in einem heilberufsgerichtlichen Verfahren.
Nach § 106 Sätze 1 und 2 HeilBerG, § 366 Abs. 2 StPO kann ein Wiederaufnahmeantrag auch im heilberufsgerichtlichen Verfahren von dem Beschuldigten nur mittels einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht werden.
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschuldigte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die ihm erwachsenen Auslagen.
I.
2Der Beschuldigte ist als niedergelassener Arzt in einer Praxis mit mehreren weiteren Ärzten in U. tätig.
3Mit Urteil vom 14. Juni 2010 (37 K 7762/09.T) erkannte das Berufsgericht für Heilberufe (Berufsgericht) gegen ihn wegen Verletzung der Berufspflichten auf die Entziehung des passiven Berufswahlrechts und eine Geldbuße in Höhe von 25.000,- Euro. Der Entscheidung lag zugrunde, dass der Beschuldigte in vier Fällen Rechnungen für Privatpatienten erstellt hatte, die mit den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) nicht in Einklang standen. Auf die Berufung des Beschuldigten änderte das Landesberufsgericht für Heilberufe unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Berufsgerichts und erkannte auf die Entziehung des passiven Berufswahlrechts und eine Geldbuße in Höhe von 20.000,- Euro.
4Mit Fax-Schreiben vom 3. März 2023 beantragte der Beschuldigte bei dem Berufsgericht die Wiederaufnahme des berufsgerichtlichen Verfahrens.
5Mit Beschluss vom 22. Februar 2024 – 36 K 1129/23.T – verwarf das Berufsgericht den Antrag des Beschuldigten auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unbegründet. Die von dem Beschuldigten in der Antragsschrift aufgestellten Behauptungen hätten keine genügende Bestätigung gefunden. Der Beschuldigte habe weder aufgezeigt, dass eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht gewesen sei (§ 106 HeilBerG i. V. m. § 359 Nr. 1 StPO), noch dass bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt habe, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht habe (§ 106 HeilBerG i. V. m. § 359 Nr. 3 StPO), noch habe der Beschuldigte neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet seien (§ 106 HeilBerG i. V. m. § 359 Nr. 5 StPO).
6Der Beschuldigte hat gegen den ihm am 24. Februar 2024 zugestellten Beschluss am 19. März 2024 sofortige Beschwerde erhoben. Eine angekündigte Begründung der Beschwerde ist im Folgenden nicht eingegangen.
7Die Antragstellerin und die Vertreterin der Aufsichtsbehörde haben keinen Antrag gestellt und sich nicht zur Sache geäußert.
8Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
9II.
10Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.
11Sie ist gemäß §§ 105 Abs. 1, 112 Heilberufsgesetz (HeilBerG NRW) vom 3.9.2000 in der Fassung vom 14.7.2020 in Verbindung mit § 372 Satz 1 StPO zulässig; insbesondere ist sie innerhalb der Monatsfrist des § 105 Abs. 3 HeilBerG NRW eingelegt worden. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Berufsgericht hat den Antrag des Beschuldigten auf Wiederaufnahme des berufsgerichtlichen Verfahrens im Ergebnis zu Recht verworfen.
12Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens war allerdings gemäß § 106 HeilBerG, § 368 Abs.1 StPO bereits als unzulässig zu verwerfen.
13Nach § 106 Satz 1 HeilBerG kann ein nach dem Heilberufsgesetz durch rechtskräftiges Urteil beendetes Verfahren unter denselben Voraussetzungen wieder aufgenommen werden wie ein Strafprozess. Die Wiederaufnahme kann von der oder dem Beschuldigten, der Kammer oder der Aufsichtsbehörde beantragt werden (§ 106 Satz 2 HeilBerG). Im Übrigen finden die Vorschriften des Vierten Buches der Strafprozessordnung einschließlich des § 361 StPO sinngemäße Anwendung (§ 106 Satz 3 HeilBerG).
14Es liegen bereits die formalen, sich aus § 366 StPO ergebenden Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht vor. Nach § 106 Sätze 1 und 2 HeilBerG, § 366 Abs. 2 StPO kann der Antrag von dem Beschuldigten nur mittels einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht werden. Dieses Formerfordernis beansprucht auch im heilberufsgerichtlichen Verfahren Geltung.
15Ebenso Landesberufsgericht für die Heilberufe München, Beschluss vom 15.10.1997 – LBG-Ap 2/97 –, MedR 1998, 433 = juris Rn. 4 für das insoweit gleichlautende bayerische Landesrecht.
16Der Senat erkennt insbesondere keinen Anhalt dafür, dass – was das Berufsgericht erwogen, aber offen gelassen hat – dieses formelle Erfordernis nicht gelten könnte, weil § 106 Satz 2 HeilBerG bestimmt, die Wiederaufnahme könne von der oder dem Beschuldigten, der Kammer oder der Aufsichtsbehörde beantragt werden, und nach § 106 Satz 3 HeilBerG nur "im Übrigen" die Vorschriften des Vierten Buches der Strafprozessordnung einschließlich des § 361 sinngemäße Anwendung finden. § 106 Satz 2 HeilBerG trägt dem Umstand Rechnung, dass im heilberufsgerichtlichen Verfahren neben dem Beschuldigten die Kammer und die Aufsichtsbehörde beteiligt sind, nicht aber - wie im Strafprozess - Staatsanwaltschaft und ggfs. Privatkläger. Zu Formerfordernissen verhält sich die Vorschrift nicht und dispensiert damit auch nicht davon.
17Den Anforderungen des § 366 Abs. 2 StPO wird der Antrag des Beschuldigten nicht gerecht. Der Beschuldigte hat ihn weder mittels einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift noch zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht, sondern allein ein Fax-Schreiben an das Berufsgericht gerichtet.
18Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten beruhen auf §§ 107, 112 Satz HeilBerG NRW, § 467 Abs. 1 StPO.