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Von einer "Maßnahme zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen" im Sinne von § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW ist nur dann auszugehen, wenn diese darauf abzielt, das Risiko von Gesundheitsschädigungen oder Unfällen innerhalb der Dienststelle zu mindern oder einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten (objektiv-finale Betrachtungsweise).
An dieser Rechtsauffassung ist auch in Ansehung der Änderung des Mitbestimmungstatbestandes durch die LPVG-Novelle 2011, mit der die Vorschrift um die Worte "einschließlich Maßnahmen vorbereitender und präventiver Art" ergänzt wurde, festzuhalten.
Die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses für die Erbringung von Reinigungsarbeiten in Diensträumen durch eine Fremdfirma unterliegt nicht der Mitbestimmung des Personalrats nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
3Die Reinigungsarbeiten in der Dienststelle werden seit längerer Zeit durch Fremdfirmen erbracht. Im Juni 2018 beabsichtigte der Beteiligte, die Vergabe dieser Arbeiten neu auszuschreiben. Dazu erstellte er ein Leistungsverzeichnis für die zu erbringenden Reinigungsarbeiten. Mit Schreiben vom 19. Juni 2018 beantragte er unter Hinweis auf § 72 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 7, 9 und 22 LPVG NRW die Zustimmung des Antragstellers zu diesem Leistungsverzeichnis.
4Nachdem bei der Erörterung der Angelegenheit am 19. September 2018 keine Einigkeit erzielt worden war, verweigerte der Antragsteller mit Schreiben vom 27. September 2018 endgültig seine Zustimmung und gab dabei die für ihn maßgeblichen Gründe an.
5In dem daraufhin eingeleiteten Einigungsstellenverfahren stellte der Beteiligte das Vorliegen eines Mitbestimmungsrechts des Antragstellers in Abrede. Der Vorsitzende der Einigungsstelle schloss sich dieser Auffassung an.
6Daraufhin hat der Antragsteller am 13. November 2019 das vorliegende personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Die Erbringung von Reinigungsleistungen diene grundsätzlich dem präventiven Gesundheitsschutz. Die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses für diese Arbeiten stelle deshalb eine Maßnahme vorbereitender bzw. präventiver Art im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW dar.
7Der Antragsteller hat beantragt,
8"festzustellen, dass die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses für die Erbringung von Reinigungsarbeiten durch eine Fremdfirma in Dienstgebäuden der Mitbestimmung des Personalrats nach § 72 Abs. 4 Nr. 7 LPVG unterliegt."
9Der Beteiligte hat beantragt,
10den Antrag abzulehnen.
11Zur Begründung hat er im Wesentlichen angeführt: Da nach Wortlaut und Sinn von § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW erforderlich sei, dass die beabsichtigte Maßnahme "zur Verhütung" der dort genannten Gefährdungen ergriffen werde, greife das Mitbestimmungsrecht nur ein, wenn die Maßnahme darauf abziele, das Risiko von Gesundheitsbeschädigungen oder Unfällen zu mindern oder einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu leisten. Davon sei bei der Reinigung von Dienstgebäuden nicht auszugehen. Die Aufrechterhaltung hygienisch einwandfreier Verhältnisse liege zwar auch im Interesse der Beschäftigten, sei jedoch mit dem Gesundheitsschutz im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes nicht gleichzusetzen. Da das Leistungsverzeichnis den Schutzbereich des Mitbestimmungsrechts schon dem Grunde nach nicht betreffe, könne es auch keine Maßnahme "vorbereitender und präventiver Art" darstellen. Im Übrigen sei die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers auch unbeachtlich, weil die von ihm zu deren Begründung angeführten Gründe nicht auf den Inhalt des Leistungsverzeichnisses als solches gerichtet seien.
12Mit Beschluss vom 4. April 2023 hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW bestehe nicht. Der Mitbestimmungstatbestand erfasse angesichts des Tatbestandsmerkmals "zur Verhütung" nur Arbeitsschutzmaßnahmen, die ergriffen würden, um Beschäftigte allgemein zu schützen oder vor konkreten Gefahren zu bewahren, die die Tätigkeit auf bestimmten Arbeitsplätzen mit sich brächten. Maßnahmen der Dienststellenleitung, die in erster Linie andere Zwecke verfolgten und sich nur mittelbar auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz auswirkten, unterlägen danach nicht der Mitbestimmung. Diese Abgrenzung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen sei vom Gesetzgeber durch die Ausdehnung des Mitbestimmungstatbestandes auf Maßnahmen vorbereitender und präventiver Art nicht aufgegeben worden. Die gesetzgeberische Erwägung, auch präventive Maßnahmen der Mitbestimmung zu unterwerfen, sei im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut dahin zu verstehen, dass der Mitbestimmung solche präventiv wirkenden Maßnahmen unterliegen sollten, die bei objektiv-finaler Betrachtung eine auf den (präventiven) Gesundheitsschutz gerichtete Zielrichtung aufwiesen. Ausgehend davon greife das Mitbestimmungsrecht bei der Erstellung von Leistungsverzeichnissen für die Erbringung von Reinigungsarbeiten auch mit Blick auf die Corona-Pandemie nicht ein, weil diese bei objektiver Betrachtung in erster Linie der Sauberkeit in der Dienststelle dienten und sich lediglich mittelbar auf Gesundheit und Wohlbefinden der Beschäftigten auswirkten.
13Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde erhoben. Zur Begründung verweist er auf sein erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend im Wesentlichen an: Das Gesetz räume dem Personalrat mit dem Mitbestimmungsrecht aus § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW eine umfassende Beteiligung im Zusammenhang mit dem Arbeits-, Unfall- und Gesundheitsschutz ein. Erfasst seien generell Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne des § 2 ArbSchG und deshalb nicht nur solche, die unmittelbar Dienst- und Arbeitsunfälle und sonstige Gesundheitsschädigungen verhüteten, sondern auch Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit, organisatorische Maßnahmen und darüber hinaus die in § 3 ArbSchG genannten Maßnahmen des vorbeugenden Arbeitsschutzes. Ausgehend davon könne die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses, anhand dessen die Erbringung von Reinigungsleistungen organisiert und an Drittfirmen vergeben werden solle, ohne weiteres eine Maßnahme vorbereitender bzw. präventiver Art im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes darstellen. Die in dem angegriffenen Beschluss in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entspreche nicht mehr dem Stand des LPVG NRW seit der LPVG-Novelle 2011 und basiere auf einer nicht mehr zu rechtfertigenden Trennung zwischen "Wohlbefinden" bzw. "Sauberkeit" einerseits und dem vorbeugenden Gesundheitsschutz andererseits. Beides sei unmittelbar und untrennbar miteinander verbunden, wie sich etwa in der Corona-Pandemie gezeigt habe, sodass Maßnahmen, die ‑ wie hier die Erstellung des Leistungsverzeichnisses ‑ der Sauberkeit und der Hygiene am Arbeitsplatz dienten, zugleich Maßnahmen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes seien und damit seit der LPVG-Novelle 2011 der Mitbestimmung des Personalrats unterlägen. Diese Einschätzung werde durch die Inhalte des Leistungsverzeichnisses aus September 2018 bestätigt. So diene etwa die dort enthaltene Festlegung der Reinigungs- und Desinfektionshäufigkeit in "sensiblen" Bereichen unmittelbar und vorrangig der Erhaltung der Gesundheit der Beschäftigten sowie der Vermeidung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten und Epidemien. Auch wenn Einzelleistungen aus dem Leistungsverzeichnis nicht oder nur am Rande auf den vorbeugenden Gesundheitsschutz in der Dienststelle abzielten, sei in der Gesamtschau aber festzustellen, dass die Maßnahme zu einem wesentlichen Teil maßgebenden Einfluss auf den Gesundheits- und Infektionsschutz in der Dienststelle habe und deshalb eine Maßnahme "zur Verhütung" von Gesundheitsschädigungen im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes darstelle.
14Der Antragsteller beantragt,
15den angegriffenen Beschluss zu ändern und dem erstinstanzlichen Antrag zu entsprechen.
16Der Beteiligte beantragt,
17die Beschwerde zurückzuweisen.
18Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss und sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt er im Wesentlichen an: Der Antrag sei bereits unzulässig. Er beziehe sich auf die Ausschreibung einer Reinigungsdienstleistung im Jahr 2018 und damit auf eine konkrete, in der Vergangenheit ergangene Maßnahme, die sich bereits erledigt habe. Für die abstrakte Klärung einer Rechtsfrage bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsteller habe zu keinem Zeitpunkt innerhalb der vielen Jahre der Verfahrensdauer und bei der Vielzahl durchgeführter weiterer Ausschreibungen von Unterhaltsreinigungen jemals inhaltliche, fachliche oder sachliche Zweifel an den Ausschreibungsinhalten geäußert. Der Antragsteller versuche deshalb anlasslos, ein Mitbestimmungsrecht gerichtlich zu erstreiten.
19Der Antrag sei auch unbegründet. Der zur Entscheidung gestellte Antrag verfehle schon das eigentliche Ziel des Antragstellers. Mit seiner endgültigen Zustimmungsverweigerung habe sich der Antragsteller im Jahr 2018 in erster Linie nicht gegen die Inhalte des konkreten Leistungsverzeichnisses gewendet, sondern vielmehr die Einstellung eigenen Reinigungspersonals angestrebt, was aus dem parallel gestellten Initiativantrag deutlich werde. Im Weiteren greife der Mitbestimmungstatbestand nicht ein, weil die Leistungsbeschreibungen für Reinigungsleistungen nicht in erster Linie der Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen dienten, da es diesen an der erforderlichen objektiv bestimmten Finalität fehle. Leistungsverzeichnisse dienten einzig dem Zweck, den an dem Auftrag interessierten Unternehmen den Auftrag zu beschreiben und vergleichbare Angebote im Wettbewerb zu erzielen. Im Übrigen sei auch bei einer Beteiligung des Personalrats an der Erstellung von Leistungsverzeichnissen zur Unterhaltsreinigung das gesetzliche Ziel der Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen objektiv nicht erreichbar. Selbst wenn bestimmte Merkmale des beschriebenen Reinigungsauftrags aus Sicht des Antragstellers unzureichend wären, bedeute dies keineswegs, dass allein eine Anpassung des Leistungsverzeichnisses Abhilfe schaffen könne. Zudem erfasse der Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW nur innerdienstliche Maßnahmen. Davon sei bei der Erstellung eines Leistungsverzeichnisses für Reinigungsarbeiten in der Dienststelle nicht auszugehen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
21II.
22Das Rubrum ist zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung im Anschluss an den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. September 2022 ‑ 5 P 17.21 ‑ von Amts wegen dahingehend zu ändern, dass Beteiligter der Leiter der Dienststelle ist.
23Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
24Der Antrag ist zulässig.
25Entgegen der Auffassung des Beteiligten handelt es sich nicht um einen konkreten Antrag, der die Mitbestimmungspflichtigkeit der Erstellung des Leistungsverzeichnisses für die zu erbringenden Reinigungsarbeiten aus dem Jahr 2018 zum Gegenstand hat. Vielmehr zeigen nicht nur der Wortlaut des Antrags, sondern auch die ausdrücklichen Erklärungen des Antragstellers im Schreiben vom 20. September 2019 zur Unterrichtung des Beteiligten über die Beschlussfassung zur Einleitung eines Beschlussverfahrens und in der Antragsschrift vom 11. November 2019, dass der Antragsteller in der Form eines abstrakten Antrags den konkret in der Dienststelle aufgetretenen Streit über die Mitbestimmungspflichtigkeit von Leistungsverzeichnissen für zu erbringende Reinigungsarbeiten aufgreifen will.
26Für die Klärung der damit zur Entscheidung gestellten abstrakten Rechtsfrage besteht auch ein hinreichendes Rechtsschutzbedürfnis, da die Vergabe der Reinigungsarbeiten zeitlich befristet ist und deshalb mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine neuerliche Ausschreibung und damit wiederum die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses zu erwarten ist. Dass der Antragsteller die Erstellung anderer Leistungsverzeichnisse für zu vergebende Reinigungsarbeiten unbeanstandet gelassen hat, steht dem nicht entgegen.
27Der Antrag ist aber unbegründet.
28Die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses für die Erbringung von Reinigungsarbeiten in Diensträumen durch eine Fremdfirma unterliegt nicht der Mitbestimmung des Antragstellers nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW.
29Nach dieser Vorschrift hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen einschließlich Maßnahmen vorbereitender und präventiver Art.
30Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen nicht vor. Bei der Erstellung eines Leistungsverzeichnisses für die Erbringung von Reinigungsarbeiten in Diensträumen durch eine Fremdfirma handelt es sich nicht um eine Maßnahme zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen im Sinne der genannten Vorschrift.
31Von einer "Maßnahme zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen" im Sinne von § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW ist nur dann auszugehen, wenn diese darauf abzielt, das Risiko von Gesundheitsschädigungen oder Unfällen innerhalb der Dienststelle zu mindern oder einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Der Mitbestimmungstatbestand erfasst Arbeitsschutzmaßnahmen, die nach gesetzlicher Vorschrift oder aus freiem Entschluss der Dienststellenleitung ergriffen werden sollen, um die Beschäftigten allgemein zu schützen oder vor konkreten Gefahren zu bewahren, welche die Tätigkeit auf bestimmten Arbeitsplätzen mit sich bringt.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2020 ‑ 5 PB 25.19 -, juris, Rn. 6 (zum vergleichbaren § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG in der bis zum 14. Juni 2021 geltenden Fassung); OVG NRW, Beschluss vom 18. April 2023 - 34 A 2844/21.PVL -, juris, Rn. 36.
33Die Frage, ob die vorgesehene Maßnahme auf die Verhütung von Dienst- oder Arbeitsunfällen oder von sonstigen Gesundheitsschädigungen abzielt oder ob sie auf die Erreichung anderer Zwecke gerichtet ist, beurteilt sich nach dem objektiven Inhalt der Maßnahme und den in diesem Zusammenhang relevanten Umständen (objektiv-finale Betrachtungsweise).
34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. September 2012 ‑ 6 PB 10.12 -, juris, Rn. 7 (zum vergleichbaren § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG in der bis zum 14. Juni 2021 geltenden Fassung); OVG NRW, Beschluss vom 18. April 2023 - 34 A 2844/21.PVL -, juris, Rn. 38.
35An dieser Rechtsauffassung ist auch in Ansehung der Änderung des Mitbestimmungstatbestandes durch die LPVG-Novelle 2011, mit der die Vorschrift um die Worte "einschließlich Maßnahmen vorbereitender und präventiver Art" ergänzt wurde, festzuhalten.
36Für die vom Antragsteller vertretene Auffassung, durch die Erweiterung des Mitbestimmungstatbestandes auf Maßnahmen vorbereitender und präventiver Art sei die bisherige Abgrenzung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Maßnahmen vom Gesetzgeber aufgegeben worden und eine Finalität der Maßnahme daher nicht erforderlich, findet sich im Wortlaut der Vorschrift, wie auch die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen zutreffend angenommen hat, keine Stütze. Vielmehr ist auch weiterhin wegen des Tatbestandsmerkmals "zur Verhütung" zur Beurteilung des Eingreifens des Mitbestimmungstatbestandes an der objektiv-finalen Betrachtungsweise festzuhalten.
37Aus den Materialien zur LPVG-Novelle 2011 lässt sich ebenfalls keine andere Sichtweise herleiten. Dort heißt es zur Begründung der Änderung des Mitbestimmungstatbestandes:
38"Aufgrund der sich abzeichnenden gesundheitlichen und demographischen Entwicklungen ist es angezeigt, verstärkt präventive Maßnahmen zu ergreifen, die bereits der Mitbestimmung unterworfen sein sollen." (LT-Drucks. 15/1644, S. 86)
39Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber damit auch Maßnahmen, die bei objektiver Betrachtung nicht zielgerichtet der Erreichung der gesetzlichen Zwecke dienen, der Mitbestimmung unterwerfen wollte und Maßnahmen, die objektiv-final nicht allein dem Gesundheitsschutz dienen, aber präventiv und vorbereitend wirken, in den Mitbestimmungstatbestand einbeziehen wollte.
40Dass eine Maßnahme objektiv-final dem Gesundheitsschutz dient, kann sich zum einen aus der entsprechenden Absicht der Dienststellenleitung ergeben. Wenn - wie hier - die Dienststellenleitung eine solche Absicht in Abrede stellt, so kann aus dem Wesen einer Maßnahme selbst auf die damit verbundene Absicht der Dienststellenleitung nur dann geschlossen werden, wenn eine Maßnahme ihrem Gegenstand nach einen eindeutigen Bezug zu dem Ziel des Schutzes gegen Gesundheitsschädigungen aufweist. In derartigen Fällen kann es möglich sein, aus der Art des Vorhabens Rückschlüsse auf die damit verfolgte Absicht zu ziehen. Die bloße Geeignetheit der Maßnahme, den Gesundheitsschutz zu fördern, ist aber nicht ausreichend.
41Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 1992 ‑ CL 39/89 ‑, juris, Rn. 17; Cecior/Lechtermann/Klein, Personalvertretungsrecht NRW, § 72 Rn. 956.
42Damit unterliegen Maßnahmen der Dienststellenleitung, die andere Zwecke verfolgen und sich nur mittelbar auf den Arbeits- oder Gesundheitsschutz der Beschäftigten auswirken können, nicht dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats.
43Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1987 ‑ 6 P 3.84 -, juris, Rn. 30; OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2000 ‑ 1 A 5029/98.PVL ‑, juris, Rn. 2.
44Dem Mitbestimmungstatbestand unterfallen darüber hinaus auch "Maßnahmen vorbereitender Art". Das sind alle ausreichend eigenständigen Vorbereitungshandlungen der Dienststelle, die in einem hinreichend engen Zusammenhang mit Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen im Sinne von § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW stehen und sich damit als Vorbereitung solcher Maßnahmen darstellen, auch wenn sie für sich allein betrachtet noch nicht die Voraussetzungen einer Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 LPVG NRW) erfüllen.
45Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. März 2016 ‑ 20 A 2364/14.PVL -, juris, Rn. 36 ff., unter Hinweis auf LT-Drucks. 15/1644, S. 2 und 73, und LT- Drucks. 15/2218, S. 53, und vom 18. April 2023 ‑ 34 A 2844/21.PVL -, juris, Rn. 40.
46Dazu können verbindliche Vorentscheidungen zählen, die nachfolgende Handlungsschritte oder die weitere Planungsrichtung vorgeben oder die den Rahmen abstecken, innerhalb dessen Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen ergriffen werden.
47Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. März 2016 ‑ 20 A 2364/14.PVL -, juris, Rn. 48, und vom 18. April 2023 ‑ 34 A 2844/21.PVL -, juris, Rn. 42.
48Ausgehend vom Vorstehenden stellt die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses für die Erbringung von Reinigungsarbeiten durch eine Fremdfirma in Diensträumen des Beteiligten keine gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW mitbestimmungspflichtige Maßnahme dar.
49Die Reinigungsleistungen, die auf der Grundlage eines entsprechenden Leistungsverzeichnisses ausgeschrieben und vergeben werden sollen, sind keine Maßnahmen, auch nicht vorbereitender Art, zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen. Daher kann - erst recht - die Erstellung des Leistungsverzeichnisses für Reinigungsarbeiten keine solche Maßnahme oder eine eigene Maßnahme vorbereitender Art im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes darstellen.
50Reinigungsleistungen dienen bei der gebotenen objektiv-finalen Betrachtung der Sauberkeit der Dienststelle, der Pflege und Unterhaltung der Einrichtungen sowie der Wahrung der allgemeinen Hygiene. Insbesondere aus dem letzten Gesichtspunkt ergibt sich zwar jedenfalls mittelbar eine Förderung des Gesundheitsschutzes der in der Dienststelle tätigen Personen. Auch dieser dient jedoch nicht unmittelbar und hinreichend zielgerichtet der Verhütung von Gesundheitsschädigungen. Vielmehr handelt es sich um allgemeine Maßnahmen, die lediglich mittelbar unter anderem der Gesunderhaltung der Beschäftigten in der Dienststelle dienen. Die in Rede stehenden Reinigungsarbeiten sind damit zwar geeignet, den Gesundheitsschutz zu fördern. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um zu einer Mitbestimmungspflichtigkeit nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 LPVG NRW zu führen.
51Dies gilt auch unter Berücksichtigung der insbesondere seit der Corona-Pandemie weiter ins Bewusstsein getretenen Bedeutung von Hygienemaßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung von Infektionskrankheiten. Zwar kann die Einhaltung konkreter Hygienemaßnahmen, wie etwa der Desinfektion der Hände, zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen dienen. Um solche Maßnahmen geht es vorliegend jedoch nicht. In Rede stehen allein die allgemeine Reinigung der Dienststelle durch eine Fremdfirma und das dieser Reinigung zugrunde liegende Leistungsverzeichnis.
52Soweit der Antragsteller die Auffassung vertritt, Maßnahmen, die der Sauberkeit und der Hygiene am Arbeitsplatz dienen, seien "gleichsam Maßnahmen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes", so kann dies allenfalls denkbar sein, wenn durch die konkrete Benutzung der zu reinigenden Räume besondere Gesundheitsgefahren für die dort tätigen Beschäftigten entstehen. Dies entspricht auch der vom Antragsteller und von der Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
53BVerwG, Beschluss vom 25. August 1986 ‑ 6 P 16.84 -, juris, Rn. 19 ff.,
54das dies - ohne, dass es in der Entscheidung darauf angekommen wäre - für bestimmte Sozialräume jedenfalls für möglich gehalten hat. Der vorliegend zur Entscheidung gestellte abstrakte Feststellungsantrag hat jedoch ‑ wie im Übrigen auch der ihm zugrunde liegende konkrete Streit in der Dienststelle ‑ solche besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Gesundheitsgefahren gerade durch die bestimmungsgemäße Nutzung der zu reinigenden Räume nicht zum Gegenstand.
55Auf die weiteren von den Verfahrensbeteiligten aufgeworfenen Fragen zum Leistungsverzeichnis kommt es nach dem Vorstehenden nicht an.
56Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
57Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.