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Die Anträge werden abgelehnt.
Die Gerichtskosten des Zulassungsverfahrens tragen der Kläger zu ¾ und die Beklagte zu ¼. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 19.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg.
3Die Beklagte untersagte dem Kläger mit Ordnungsverfügung vom 6. Februar 2019 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 Euro für den Fall der teilweisen oder vollständigen Nichtbefolgung die Nutzung seines Gebäudes J.-straße 00 in S. „insbesondere zu Zwecken der Beherbergung von Arbeitskräften“.
4Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers gegen diese Ordnungsverfügung stattgegeben, soweit dem Kläger damit unter Androhung eines Zwangsgeldes aufgegeben worden sei, die Nutzung seines Gebäudes durch seine Mieter zu beenden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
5Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ordnungsverfügung sei dahin auszulegen, dass sie – neben der Zwangsgeldandrohung – vier Regelungen enthalte: Die Beklagte habe dem Kläger aufgegeben, die Nutzung seines Gebäudes durch seine Mieter zu beenden, sowie ihm untersagt, neue wohnnutzungsfremde Mietverhältnisse zu begründen, neue Mietverhältnisse (hinsichtlich einer Wohnnutzung) zu begründen und das Gebäude selbst zu Wohnzwecken zu nutzen. Von diesen Regelungen sei lediglich die Aufforderung an den Kläger, die Nutzung des Gebäudes durch seine damaligen Mieter zu beenden, wegen der fehlerhaften Ausübung des personalen Auswahlermessens rechtswidrig; im Übrigen seien die Regelungen der Ordnungsverfügung rechtmäßig.
61. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.
7Aus seinem Zulassungsvorbringen, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind gegeben, wenn erhebliche Gründe dafürsprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
8Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
9Die Einwände des Klägers gegen die Bestimmtheit der angefochtenen Ordnungsverfügung führen nicht zur Annahme ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Er nimmt zur Begründung auf die Hinweisverfügung des Verwaltungsgerichts vom 22. September 2021 Bezug und meint, dass beide der vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Auslegungsvarianten, nämlich dass ihm mit der angefochtenen Ordnungsverfügung die Nutzung des Gebäudes insgesamt oder nur eine Nutzung des Gebäudes zur Beherbergung von Arbeitskräften untersagt worden sei, denkbar seien. Dieses Zulassungsvorbringen setzt sich nicht hinreichend mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinander. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Aspekt der „wohnnutzungsfremden“ Unterbringung von Arbeitskräften im Tenor der Ordnungsverfügung nur beispielhaften Charakter habe und die Nutzung des Gebäudes dem Kläger auch wegen Bedenken hinsichtlich der Statik des Gebäudes insgesamt untersagt worden sei. Dieses Verständnis hätten auch die Beteiligten geteilt. Abgesehen davon, dass sich der Kläger hierzu nicht weiter verhält, ist auch sonst nichts ersichtlich, was gegen diese Auslegung nach dem Tenor der Ordnungsverfügung sprechen könnte.
10Soweit der Kläger die Ordnungsverfügung für nicht teilbar hält, sodass sie in vollem Umfang hätte aufgehoben werden müssen, behauptet er lediglich pauschal und damit ohne den gesetzlichen Darlegungsanforderungen zu genügen, es bestehe ein untrennbarer innerer Zusammenhang der Regelungen der Ordnungsverfügung. Der bloße Verweis auf den Tenor der Ordnungsverfügung stellt die Auslegung des Verwaltungsgerichts und die Teilbarkeit der Ordnungsverfügung nicht in Frage.
11Auch die Kritik, der Tenor der angefochtenen Ordnungsverfügung sei zu weit gefasst, bleibt ohne Substanz. Der Vortrag, es bestehe kein Rechtsgrund zur Untersagung jedweder Nutzung des Gebäudes, lässt wiederum eine hinreichende Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen des angefochtenen Urteils vermissen, dass durch die Aufnahme einer „wohnnutzungsfremden“ Unterbringung der Bestandsschutz erloschen sei. Auch die von dem Kläger in den Raum gestellte Möglichkeit einer Nutzung des Gebäudes zu Unterstellzwecken ist weder von dem Inhalt der Ordnungsverfügung, wie ihn das Verwaltungsgericht ausgelegt hat, erfasst noch wäre diese Nutzung von einer Baugenehmigung gedeckt und deshalb ebenfalls formell illegal. Die Argumentation, die Beklagte habe eine Vermietung an „Arbeitskräfte“ zu Unrecht verboten, weil es sich bei weiten Teilen der Bevölkerung um Arbeitskräfte handele, liegt nicht nur neben der Sache, sondern lässt auch außer Acht, dass dem Kläger – wie ausgeführt – jegliche Vermietung untersagt worden ist.
12Die weitere Rüge, der vom Verwaltungsgericht festgestellte Ermessensfehler habe bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung bestanden, ist unerheblich. Der Kläger zeigt nicht auf, weshalb die Teile der Ordnungsverfügung, die das Verwaltungsgericht nicht beanstandet hat, insoweit hätten rechtswidrig sein können. Für die pauschale Aussage, es bestehe ein Ermessensausfall hinsichtlich der Störerauswahl, fehlt wiederum eine Auseinandersetzung mit der ausführlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil.
13Auch der Einwand, es habe (noch) keine Nutzungsänderung des zum Wohnen genehmigten Gebäudes vorgelegen, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Umstände des Einzelfalls dahingehend gewürdigt, dass die untersagte Nutzung des Gebäudes nicht auf eine Wohnnutzung im Sinne einer Eigengestaltung der Haushaltsführung unter angemessener Einräumung einer Privatsphäre, sondern auf eine schlichte Schlafstätte für Arbeiter während ihres Aufenthalts ausgelegt gewesen sei. Hierbei hat es unter anderem auf die Zahl der vorgesehenen Nutzer im Erd- und Obergeschoss, eine intensive Nutzung der Schlafräume durch Doppel- und auch Mehrfachbelegung der Räume, fehlende Anhaltspunkte für persönliche Verbindungen der Nutzer, die Abrechnung des Mietzinses nach der jeweiligen Anzahl der Bewohner mit einer Firma aus der Fleischverarbeitungsbranche, die Vereinbarungen zum Zahlungsausfall sowie die Beendigung des Mietverhältnisses im Falle der Beendigung der Beschäftigung abgestellt. Dieser sich nach Aktenlage aufdrängenden Würdigung hält der Kläger nicht Substantiiertes entgegen.
14Der Vortrag, dass die Beklagte die verwandtschaftlichen Beziehungen der Nutzer der Schlafräume von Amts wegen hätte aufklären müssen, ist unzutreffend. Es ist nicht Aufgabe der Beklagten, insoweit mangels irgendwelcher Anhaltspunkte ins Blaue hinein, weitere Ermittlungen anzustellen. Soweit der Kläger anmerkt, dass das Gebäude als Drei-Familien-Wohnhaus genehmigt gewesen sei, sagt dies nichts über die tatsächlich ausgeübte und untersagte Nutzung des Gebäudes aus. Die pauschale Aussage, dass die Belegung nicht derart intensiv gewesen sei, dass sie noch mit derjenigen einer Wohngemeinschaft neueren Typs vergleichbar sei, erscheint fernliegend. Weshalb das Verwaltungsgericht den Umstand, dass der Kläger die Abrechnung der Miete mit einer Firma aus der Fleischverarbeitungsbranche nach der jeweiligen Anzahl der Bewohner vereinbart hat, zu Unrecht in seine Bewertung eingestellt haben könnte, erschließt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht. Die Behauptung des Klägers, es sei nicht unüblich, dass sich die Belegungszahl der Mieträume auf die Mietzinshöhe auswirke, geht an der Argumentation des Verwaltungsgerichts vorbei, damit werde der flexiblen Belegungssituation Rechnung getragen. Dass die Vereinbarung zum Zahlungsausfall auffällig ist, stellt der Kläger letztlich nicht in Abrede, zumal er die Regelung selbst bei einer Wohnraumvermietung für unwirksam hält.
15Die Kritik, dass die Nutzung der Räume im Erd- und Obergeschoss nicht einheitlich hätten bewertet werden dürfen, überzeugt ebenfalls nicht. Weshalb die Feststellungen des Verwaltungsgerichts hierzu unzutreffend sein könnten, legt der Kläger nicht dar. Dass das Fehlen von Nachbarbeschwerden für die hier relevanten Fragen von Bedeutung sein könnte, erschließt sich ebenfalls nicht. Abgesehen davon geht der Kläger auch nicht auf die weiter tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ein, dass sich ein anderes Ergebnis auch dann nicht ergeben würde, wenn die Räume im Obergeschoss als eigene Nutzungseinheit zu beurteilen wären. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass nach den Angaben des Klägers und dem von ihm bereits 2018 vorgelegten Nutzungskonzept das Obergeschoss von sechs Personen einer Trockenbaufirma genutzt worden sei, sodass auch insoweit die Variationsbreite der zu Wohnzwecken erteilten Baugenehmigung überschritten worden sei. Die Ausführungen des Klägers zu den von ihm vorgelegten Bewohnerlisten, aus denen sich die Dauerhaftigkeit des Aufenthalts der Nutzer ergeben soll, führen ebenfalls nicht weiter, zumal das Verwaltungsgericht die entsprechenden Angaben des Klägers letztlich als richtig unterstellt hat.
16Schließlich zeigt der Kläger auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung auf, soweit er vorträgt, der Bestandsschutz sei durch eine wohnnutzungsfremde Unterbringung nicht entfallen. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Bestandsschutz endet, wenn die bislang zulässige Nutzung aufgegeben wird. Das ist unter anderem der Fall, wenn sich die Genehmigungsfrage neu stellt. Die Genehmigungsfrage stellt sich stets (auch) bei einer Nutzungsänderung im Sinne von § 29 BauGB neu. Eine solche Nutzungsänderung liegt vor, sobald die jeder Nutzung eigene tatsächliche Variationsbreite überschritten wird und der neuen Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität zukommt.
17Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2000 – 4 B 28.00 –, juris Rn. 6.
18Ein derartiger Qualitätsunterschied zwischen einer Wohnnutzung und der untersagten Nutzung besteht, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt. Die Frage, ob die Nutzung zu Beherbergungszwecken planungsrechtlich zulässig ist, stellt sich neu.
19Die vom Kläger angestrebte Berufung ist auch nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
20Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
21Der Kläger zeigt danach nicht auf, dass die Rechtssache wegen der von ihm formulierten Fragen,
22unter welchen Voraussetzungen ein Bestandsschutz nach erfolgter Nutzungsänderung erlischt,
23unter welchen Voraussetzungen das Auswahlermessen im Rahmen einer Nutzungsuntersagungsverfügung nach der Bauordnung gebietet, im Falle der Anmietung durch Firmen zum Zwecke der Unterbringung von Mitarbeitern vorrangig oder gleichrangig zum Vermieter (auch) die Mieter oder gar die Nutzer in Anspruch zu nehmen,
24grundsätzliche Bedeutung haben könnte. Sie sind derart offen gestellt, dass sie nicht abstrakt klärungsfähig sind. Im Übrigen fehlt es insoweit auch an jeglicher Darlegung der Klärungsbedürftigkeit.
25Auch eine Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht.
26Eine die Berufung eröffnende Divergenz im Sinne dieser Vorschrift ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender Rechtssatz dargelegt wird, mit dem das Verwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Oberverwaltungsgerichts oder in der Rechtsprechung eines ansonsten in der Vorschrift aufgeführten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.
27Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. April 2010- 1 A 1326/08 -, juris Rn. 34, und vom 25. Januar 2012 - 1 A 640/10 -, juris Rn. 2.
28Diese Voraussetzungen erfüllt das Zulassungsvorbringen nicht.
29Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht sei mit seiner Feststellung, dass der Bestandsschutz entfalle, wenn durch eine andere (wohnnutzungsfremde) Nutzung, die erkennbar und nicht nur vorübergehend ausgeübt werden solle, der Zusammenhang mit der genehmigten Wohnnutzung unterbrochen werde, von dem Rechtssatz des OVG NRW in seinem Urteil vom 30. Oktober 2009 – 7 A 2658/07 –, juris, Rn. 58 abgewichen, dass der Bestandsschutz endet, wenn die Nutzung endgültig aufgegeben wird oder durch eine andersartige oder wesentlich geänderte Nutzung ersetzt wird, d.h. die Nutzung unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine andere Qualität aufweist. Es fehlt jedoch insoweit an der Herausarbeitung eines von diesem Urteil abweichenden Rechtssatzes in der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Vielmehr hat es diesen Rechtssatz, der sich bereits aus dem von dem Kläger weiter angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Mai 1995 – 4 C 20.94 –, juris Rn. 12 ergibt, seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
30Entsprechendes gilt auch, soweit der Kläger ausführt, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 1988 – 4 C 21.85 –, juris Rn. 26 komme es für die Frage des Bestandsschutzes einer bestimmten Nutzung darauf an, ob und in welchem Maße die bebauungsrechtliche Situation nach der Verkehrsauffassung noch von dieser Nutzung geprägt erscheine. Vom Standpunkt eines objektiven Beobachters aus gesehen müsse die Anlage in ihrer Umgebung für die bisher dort ausgeübte Nutzung noch offen sein. Das Verwaltungsgericht hat auch diese Grundsätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Der Kläger rügt in der Sache keine Divergenz, sondern bemängelt vielmehr eine unrichtige Anwendung der von ihm zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Diese liegt im Übrigen nicht vor. So heißt es in dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, dass in einer für die Verkehrsauffassung besonders sinnfälligen Weise die Beendigung einer bestimmten Art von Nutzung dadurch zum Ausdruck komme, dass der Berechtigte in dem Gebäude eine andersartige Nutzung aufnehme und dies nach außen sichtbar werde. Der tatsächliche Beginn einer anderen Nutzung, die außerhalb der Variationsbreite der bisherigen Nutzungsart liege und die erkennbar nicht nur vorübergehend ausgeübt werden solle, unterbreche den Zusammenhang und lasse den Bestandsschutz, der lediglich die Fortsetzung der bisherigen, einmal rechtmäßig ausgeübten Nutzung gewährleisten solle, entfallen.
31Der Kläger führt weiter zu Unrecht aus, das Verwaltungsgericht weiche von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Mai 1995 – 4 C 20.94 –, juris Rn. 15 und vom 5. Juni 2007 – 4 B 20.07 –, juris Rn. 4 ff. ab. Der Bestandsschutz entfalle danach nicht ohne weiteres bei einer Nutzungsaufgabe oder Nutzungsänderung innerhalb von zwei Jahren. Letzteres trifft nicht zu. Das in den herangezogenen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts angesprochene Zeitmodell betrifft die hier nicht einschlägige Frage, ob der Bestandsschutz erlischt, wenn eine zulässige Nutzung zeitweilig nicht ausgeübt wird. Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht das Ende des Bestandsschutzes hier – wie ausgeführt – mit einer Nutzungsänderung begründet. Das von dem Kläger auch in diesem Zusammenhang angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 1988 – 4 C 21.85 – verhält sich zu dem Zeitmodell nicht.
322. Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, soweit es die Ordnungsverfügung aufgehoben hat, ist ebenfalls unbegründet.
33Das Zulassungsvorbringen der Beklagten zieht das angegriffene Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, nicht ernsthaft in Zweifel. Der Einwand, die tragende Erwägung des Urteils, dass die Nutzungsuntersagung vorrangig gegenüber den Zwischenmietern hätte erfolgen müssen, sei zweifelhaft, überzeugt unter Berücksichtigung der hier vom Verwaltungsgericht dargelegten Einzelfallumstände nicht.
34Zu Recht weist die Beklagte auf die – auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte – Rechtsprechung hin, dass eine Nutzungsuntersagung aus Gründen der Effektivität grundsätzlich gegenüber demjenigen auszusprechen sei, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Teil der baulichen Anlage habe, dessen Nutzung untersagt werden solle. Die allgemeinen Erwägungen der Beklagten dazu, dass dieser Grundsatz zweifelhaft sei, wenn zwischenmietende Firmen die baulichen Anlagen ihren Mitarbeitern zur Verfügung stellten, rechtfertigen keine andere Bewertung. Die Argumentation, dass die tatsächliche Verfügungsgewalt des Zwischenmieters eher der des Hauptvermieters als jener der im Gebäude wohnenden Mieter ähnele und er wie ein Hauptvermieter erst das zeitintensivere Instrumentarium des Mietvertragsrechts in Gang setzen müsse, um die Nutzung zu unterbinden, überzeugt so nicht. Die Beklagte hatte in Erwägung zu ziehen, ob unter Effektivitätsgesichtspunkten das zwischenmietende Unternehmen, dass in dem Gebäude seine Mitarbeiter unterbringt, in erster Linie als ordnungspflichtig heranzuziehen ist. Der pauschale Hinweis darauf, dass der im Grundbuch eingetragene Eigentümer für die Behörde „greifbarer" sei, überzeugt so nicht. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die die Beklagte nicht durchgreifend in Zweifel zieht, sind der Beklagten jedenfalls während des laufenden Verfahrens die Daten der vermietenden Unternehmen nebst weiterer Einzelheiten der Vermietung bekannt geworden. Soweit die Beklagte, wie sie geltend macht, auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts im zugehörigen Eilverfahren vom 21. Juni 2019 – 1 L 255/19 – vertraut hat, in dem ihr Vorgehen nicht beanstandet wurde, ist dies für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Hauptsacheverfahren nicht maßgeblich.
35Die Berufung der Beklagten ist nach den oben dargelegten Grundsätzen auch nicht wegen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
36Die Beklagte zeigt nicht auf, dass die Rechtssache wegen der von ihr formulierten Fragen,
37ob für eine ermessensfehlerfreie Nutzungsuntersagung einer baulichen Anlage Zwischenmieter vorrangig vor dem Vermieter in Anspruch zu nehmen sind,
38und
39ob der Behörde bei Dauerverwaltungsakten eine unzureichende Überprüfung ihres Ermessens auch hinsichtlich solcher Umstände vorgeworfen werden kann, die bereits Gegenstand eines, die fehlerfreie Ermessensausübung attestierenden gerichtlichen Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutz waren,
40grundsätzliche Bedeutung haben könnte. Die Frage, an wen sich unter Effektivitätsgesichtspunkten eine Nutzungsuntersagung zu richten hat, ist, soweit sie in verallgemeinerungsfähiger Weise beantwortet werden kann, in der Rechtsprechung geklärt. Einen weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Zulassungsbegründung nicht auf. Die zweite Frage lässt sich wie ausgeführt beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte.
41Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
42Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
43Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).