Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1. Ein Planungskonzept nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, das - entgegen der von der Rechtsprechung geforderten Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen sowie von sich nach deren Abzug ergebenden Potenzialflächen - die planerische Darstellung von großflächigen Tabubereichen innerhalb von Potenzialflächen und auch nachfolgend innerhalb einer Konzentrationszone vorsieht, ist abwägungsfehlerhaft.
2. Ein vom Plangeber errechneter Abstandsmittelwert, der ohne nähere Begründung nicht zwischen den Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung (hier v. a. WR, WA und MI, MD) differenziert, ist als weiches Tabukriterium nicht hinreichend städtebaulich legitimiert.
3. Die beabsichtigte Verhinderung einer übermäßigen Umfassung von einzelnen Ortslagen im Rahmen der Abwägung der einzelnen Potenzialflächen ist jedenfalls dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich der Plangeber nicht mit den städtebaulichen Aspekten, die hierdurch berührt sein sollen, im Einzelnen hinreichend auseinandersetzt und die für das gesamte Gemeindegebiet zur Anwendung gebrachten Kriterien der „Einkreisung“ erkennbar nicht sachgerecht sind.
4. Die mit Blick auf die Neuregelung in § 249 Abs. 1 BauGB geschaffene Überleitungsvorschrift des § 245e Abs. 1 Satz 1 BauGB, wonach die Rechtswirkungen eines Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für Windenergievorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nur dann fortgelten, wenn der Plan bis zum 1.2.2024 wirksam geworden ist, lässt keinen Raum für ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB.
Der sachliche Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ der Stadt Bad X. ist unwirksam, soweit damit die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden sollen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Antragsteller wenden sich gegen den sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ der Antragsgegnerin zur Darstellung von Konzentrationszonen für die Nutzung der Windenergie (im Folgenden: sachlicher Teilflächennutzungsplan).
3Der Antragsteller zu 1. ist unter anderem Eigentümer des Flurstücks N06 der Flur N03 in der Gemarkung X. nordöstlich des Ortsteils X. Die Antragsteller zu 2. sind Inhaber von Nutzungsrechten an diesem Grundstück und planen dort die Errichtung einer Windenergieanlage. Zu diesem Zweck reichten sie bei der Genehmigungsbehörde einen Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids nach § 9 BImSchG ein. Die zu den Antragstellern zu 2. zählenden Herren G. und T. sind zudem Eigentümer von benachbarten Grundstücken, auf denen Abstandsflächen der Windenergieanlage liegen sollen.
4Das Verfahren zur Aufstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplans nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:
5In ihrer Sitzung am 28. März 2022 (Sitzungsvorlage-Nr. 324-XI) beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin die Aufstellung eines eigenständigen sachlichen Teilflächennutzungsplans. Mit der Darstellung der Windkonzentrationszonen solle die Nutzung der Windkraft im Stadtgebiet dergestalt gesteuert werden, dass ihr einerseits unter Anwendung heutiger Maßstäbe substanziell Raum gegeben werde, während andererseits in den verbleibenden Gebieten des Außenbereichs die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erreicht werde, so dass außerhalb der Windkonzentrationszonen der Errichtung von Windenergieanlagen in der Regel öffentliche Belange entgegenstehen dürften. Das Plangebiet umfasse ihr gesamtes Stadtgebiet. Am 12. September 2022 nahm die Stadtverordnetenversammlung die Kriterien zur „Auswahl von Potenzialflächen für die Nutzung der Windenergie“ (Stand: Juni 2022) des Planungsbüros K. N. zustimmend zur Kenntnis und beauftragte die Verwaltung, den Entwurf der Potenzialflächenanalyse weiter zu überarbeiten und den überarbeiteten Entwurf zur Vorbereitung der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden und der Träger öffentlicher Belange in eine erste Abstimmung zu geben.
6Ein durch das Planungsbüro erarbeiteter Vorentwurf des sachlichen Teilflächennutzungsplans wurde der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin am 17. April 2023 zur Kenntnis gebracht. Diese beschloss daraufhin die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange. Vom 18. April bis zum 19. Mai 2023 fand die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und vom 21. April bis zum 22. Mai 2023 diejenige der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange statt.
7Nach Auswertung der im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung eingegangenen Stellungnahmen wurde der Vorentwurf des sachlichen Teilflächennutzungsplans überarbeitet und zunächst am 13. Juni 2023 im Ausschuss für Planen, Bauen, Wohnen und Umwelt sowie am 19. Juni 2023 in der Stadtverordnetenversammlung beraten. Sodann wurde in der Zeit vom 21. Juni bis einschließlich 25. Juli 2023 die förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB durchgeführt; die Behörden- und Trägerbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB erfolgte vom 28. Juni bis einschließlich 31. Juli 2023.
8Der Antragsteller zu 1. erhob über seine Prozessbevollmächtigten in allen Phasen der Öffentlichkeitsbeteiligung Einwände gegen die vorgesehene Flächennutzungsplanung. Dabei rügte er im Wesentlichen die fehlende Nachvollziehbarkeit des Plankonzepts angesichts des gebotenen abschnittsweisen Vorgehens, die mangelnde Vollzugsfähigkeit, die Wahl der Vorsorgeabstände, das Kriterium der „übermäßigen Umfassung von einzelnen Ortslagen“ auf der Einzelfallebene sowie die Auswahl der Potenzialflächen und den fehlenden substanziellen Raum für die Windenergie.
9In ihrer Sitzung am 11. September 2023 (Sitzungsvorlage-Nr. 324, 9. Erg.-XI) fasste die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin nach Abwägung einen ersten Feststellungsbeschluss. Da sie jedoch weiterhin Abstimmungsgespräche mit der Bezirksregierung Arnsberg hinsichtlich der Anpassung ihrer Planung an die Ziele der Raumordnung führte, kam es zu diesbezüglichen Überarbeitungen bzw. Ergänzungen der Unterlagen. Daraufhin beschloss die Stadtverordnetenversammlung am 30. Oktober 2023 (Sitzungsvorlage-Nr. 324, 10. Erg.-XI) erneut über die im Laufe des Planungsverfahrens eingegangenen Einwände und Stellungnahmen auf der Grundlage einer umfangreichen Abwägung und im Anschluss den sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windenergie“. Die Antragsgegnerin stellte am 7. Dezember 2023 einen Antrag auf dessen Genehmigung bei der Bezirksregierung Arnsberg, die die Genehmigungsfrist des § 6 Abs. 4 Satz 4 BauGB verstreichen ließ. Der Bürgermeister der Antragsgegnerin fertigte den beschlossenen sachlichen Teilflächennutzungsplan am 9. Januar 2024 aus. Die „Schlussbekanntmachung gemäß § 6 Absatz 5 Baugesetzbuch“ erfolgte - aufgrund einer Bekanntmachungsanordnung des Bürgermeisters vom 10. Januar 2024 - am 13. Januar 2024.
10Der sachliche Teilflächennutzungsplan stellt insgesamt zwölf Konzentrationszonen für die Windenergie mit einer Gesamtfläche von 2.175,5 ha dar und soll die Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzielen.
11Die von dem Planungsbüro K. N. (Stand: Entwurf zur Plangenehmigung, Oktober 2023) erarbeitete und von der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschlossene Planbegründung führt zusammengefasst aus, der sachliche Teilflächennutzungsplan habe das Ziel, die im Konzept „Auswahl von Potenzialflächen für die Nutzung der Windenergie“ identifizierten Potenzialflächen für die Windenergienutzung nach der neuesten Gesetzeslage zu überprüfen, diese mit konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen und so Konzentrationszonen für die Windenergie darzustellen, die der Windenergie im Stadtgebiet substanziell Raum gäben. Zugleich solle die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzielt werden, wonach einer Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb der ausgewiesenen Konzentrationszonen in der Regel öffentliche Belange entgegenständen. In Ausnutzung der Überleitungsvorschrift des § 245e BauGB sei der sachliche Teilflächennutzungsplan bis zum 1. Februar 2024 zur Wirksamkeit zu führen.
12Zu den harten Tabuzonen zählten unter anderem Schutzabstände zu Siedlungsbereichen sowie in Bezug auf Waldflächen Laubwaldbestände > 4 ha, für die keine Waldumwandlungsgenehmigung zu erwarten sei, Saatgutbestände und forstliche Versuchsflächen. Ergänzt würden die Waldflächen durch „Laubwaldbestände < 4 ha im 3. Planungsschritt“ (Planbegründung Seite 29). Das Konzept des Planungsbüros führt insofern (dort Seiten 16 f.) unter der Überschrift „1. Schritt: Harte Tabubereiche“ aus, dass Anlagenstandorte nicht genutzt werden könnten, wenn besonders wertvolle Laubwaldbestände in einer Größe von unter 4 ha in Potenzialflächen lägen. Sei die Zugänglichkeit von Potenzialflächen trotz Laubwaldbeständen gegeben (etwa durch die Lage am Rand der Potenzialfläche), sei ein Verbleib dieser Wälder in der Potenzialfläche denkbar, jedoch dürfe lediglich der Rotor die Flächen überstreichen.
13Die Planbegründung (dort Seite 35) rechnet zu den weichen Tabukriterien unter anderem einen Vorsorgeabstand von 656 m - zuzüglich eines Schutzabstandes von 279 m, also insgesamt 935 m - für „Wohnnutzungen im Innenbereich, in Bebauungsplänen, in diesem Siedlungszusammenhang, Krankenhäuser und Pflegeanstalten“. Bei der Herleitung eines sachgerechten Ergebnisses werde ausweislich des Konzepts (dort Seiten 23 f.) insofern berücksichtigt, dass Gebiete mit den Richtwerten 35 dB(A) (WR nachts), 40 dB(A) (WA nachts) bzw. 45 dB(A) (MI nachts) betroffen sein könnten. Die Betroffenheit werde von mindestens drei Anlagen ausgelöst, auch eine Konstellation mit fünf oder mehr Anlagen sei denkbar. Es ergebe sich ein rechnerischer Abstands-Mittelwert von 833,5 m. Darüber hinaus solle auch ein ertragsoptimierter Betrieb ohne die Schallreduzierung von 3 dB(A), also ein Schallleistungspegel von 105,5 dB(A) berücksichtigt werden. Damit solle erreicht werden, dass möglichst alle Windenergieanlagen den technisch möglichen optimalen Ertrag ohne Leistungsabsenkung erzielen könnten. Hierzu müsse ein Aufschlag zum rechnerisch ermittelten Wert erfolgen, so dass ein Vorsorgeabstand von 935 m angesetzt werde.
14Die nach Abzug der harten und weichen Tabukriterien verbleibenden Potenzialflächen seien einer Einzelflächenprüfung - insbesondere im Hinblick auf konkurrierende Nutzungen - unterzogen sowie auch untereinander in Beziehung gesetzt worden. Dabei sei das Kriterium der Verhinderung einer übermäßigen Umfassung von einzelnen Ortslagen zur Anwendung gelangt. Die Überprüfung orientiere sich an dem Gutachten zur „Umfassung von Ortschaften durch Windenergieanlagen“ des Ministeriums für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern. Eine ausgewogene Reduzierung der Umfassung erfolge jedoch mit der Modifizierung, dass zwar die mögliche Gesamtumfassung nur 150° betragen dürfe, die Freihaltekorridore zwischen den Potenzialflächen aber geringer als 60° sein dürften.
15Da der Anteil der ausgewiesenen Konzentrationszonen an der planerisch zur Verfügung stehenden Fläche (Außenbereich abzüglich der harten Tabuflächen) 14,6 % betrage, sei der Anforderung, der Windenergie im Stadtgebiet substanziell Raum zu verschaffen, entsprochen worden.
16Am 22. März 2024 haben die Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO gestellt.
17Mit Beschluss vom 17. Juni 2024 hat der Senat unter dem Aktenzeichen 22 B 286/24.NE dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattgegeben.
18Zur Begründung ihres Normenkontrollantrags machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend: Der statthafte Antrag sei insgesamt zulässig, insbesondere seien die Antragsteller antragsbefugt. Der Antragsteller zu 1. verliere durch die Ausschlusswirkung der Planung Nutzungsmöglichkeiten hinsichtlich seiner Grundstücke im Außenbereich einschließlich des Flurstücks N06 der Flur N03 in der Gemarkung X. Die Antragsteller zu 2. planten auf diesem Grundstück die Errichtung einer Windenergieanlage, was vertraglich zu ihren Gunsten gesichert sei, und hätten bereits die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids bei der Genehmigungsbehörde beantragt, dessen Genehmigungsfähigkeit hier nicht relevant sei. Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Die Ausschlusswirkung des sachlichen Teilflächennutzungsplans erweise sich als unwirksam. Die Planung leide an einem Bekanntmachungsmangel, weil sich die Bekanntmachung nicht auf die Genehmigung des Flächennutzungsplans, sondern auf den Feststellungsbeschluss beziehe. Ferner sei der sachliche Teilflächennutzungsplan wegen schwerwiegender Abwägungsmängel unwirksam. Die Planung genüge nicht den Anforderungen der Rechtsprechung an die Nachvollziehbarkeit des Planungskonzepts. Es sei nicht nachvollziehbar, ob die Einordnung der „Laubwaldbestände < 4 ha im 3. Planungsschritt“ ein hartes oder ein weiches Tabukriterium darstelle. Ebenso wenig nachvollziehbar sei etwa die Darstellung der Konzentrationszone Nr. 3, die harte und weiche Tabuzonen beinhalte. Über diese Unzulänglichkeiten helfe auch der Verweis auf den Windenergieerlass nicht hinweg. Der sachliche Teilflächennutzungsplan sei auch nicht vollzugsfähig, weil die ausgewiesenen Flächen teilweise nicht oder jedenfalls nicht wirtschaftlich nutzbar seien. Zudem erweise sich das weiche Tabukriterium eines Vorsorgeabstandes von 935 m zugunsten von im Regionalplan festgelegten allgemeinen Siedlungsbereichen, Wohnbauflächen und gemischten Bauflächen im Flächennutzungsplan sowie von zusätzlichen 656 m - zuzüglich des als hart bewerteten Abstands von 279 m - für „Wohnnutzungen im Innenbereich, in Bebauungsplänen, in diesem Siedlungszusammenhang, Krankenhäuser und Pflegeanstalten“ als fehlerhaft. Der einheitliche Abstand zu den unterschiedlichen Gebietstypen der Baunutzungsverordnung ebne die gesetzlich differenzierte Schutzwürdigkeit der verschiedenen Gebietstypen, die in der TA Lärm Ausdruck finde, vollständig ein. Nicht nachvollziehbar und städtebaulich nicht gerechtfertigt sei das Kriterium zudem, soweit ein Aufschlag erfolge, mit dem der gemittelte Abstand auf 935 m erhöht werde. Unzulässig sei überdies, jedenfalls in der angewandten Form, das auf Einzelfallebene angewandte Kriterium, mit dem eine „übermäßige Umfassung von einzelnen Ortslagen“ verhindert werden solle. Es bestünden bereits erhebliche Bedenken, ob ein solches Kriterium in der vorliegenden Form überhaupt zulässig sei. Selbst wenn es jedoch trotz erheblicher Zweifel grundsätzlich zulässig sein sollte, wäre es hier rechtswidrig, weil es unzutreffend angewandt und nicht städtebaulich begründet sei. Insbesondere erwiesen sich die maximale Umfassung ohne Unterbrechung durch einen Freihaltekorridor von 120° wie auch das Merkmal der Gesamtumfassung mit einem Wert von maximal 150° als abwägungsfehlerhaft. Weiter würden über alle Planungsschritte hinweg zum Teil gut geeignete Flächen ausgeschlossen und ungeeignete Flächen als Konzentrationszonen dargestellt. Schließlich werde auch der Windenergie nicht substanziell Raum gegeben. In diesem Zusammenhang seien sowohl die nicht für die Windenergie nutzbaren Flächenanteile innerhalb der Konzentrationszonen sowie die Wertung des § 2 EEG 2023 zu berücksichtigen.
19Die Antragsteller beantragen,
20den sachlichen Teilflächennutzungsplan der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären, soweit damit eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzielt werden soll.
21Die Antragsgegnerin beantragt,
22den Antrag abzulehnen.
23Sie macht im Wesentlichen geltend: Die Antragsbefugnis der Antragsteller sei zweifelhaft. Für den Antragsteller zu 1. gelte, dass Grundbesitz und Nutzungsberechtigung als solche nicht ausreichend seien. Auch der bloße Antrag der Antragsteller zu 2. auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids genüge insofern nicht. Es könne nämlich - entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Prioritätsprinzip bei konkurrierenden gleichartigen genehmigungspflichtigen Vorhaben - allenfalls ein prüffähiger Antrag zu einer schützenswerten Rechtsposition führen. Dass ein solcher prüffähiger Antrag vorliege, hätten die Antragsteller zu 2. nicht substanziiert dargetan. Der Antrag sei auch unbegründet, weil der sachliche Teilflächennutzungsplan nicht rechtswidrig sei. Die Bekanntmachung sei ordnungsgemäß. Die Planung genüge auch den Anforderungen an die Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 BauGB. Zudem leide sie nicht an Abwägungsfehlern. Der Umgang mit den Laubwaldbeständen mit einer Größe von weniger als 4 ha sei nicht zu beanstanden. Im Sinne einer Stellungnahme des Landesbetriebs Wald und Holz habe sie die besonders hochwertigen Laubwaldflächen mit einer Größe von weniger als 4 ha einer Prüfung im Einzelfall unterzogen. In den Fällen, in denen die Zugänglichkeit der Potenzialfläche gewahrt sei, habe sie die betroffenen Waldflächen nicht als harte Tabuzone behandelt und in die nachfolgenden Konzentrationszonen einbezogen, auch wenn die Errichtung einer Windenergieanlage dort nicht möglich sei. Entsprechendes gelte für die Restriktionen innerhalb der Potenzialfläche 3. Auch hier habe sie durch eine dreidimensionale Betrachtung des Planungsraums Potenziale für die Windenergienutzung gesucht und gefunden. Die ermittelten immissionsschutzrechtlichen Vorsorgeabstände seien ebenso wenig zu beanstanden. Denn der Anteil der von ihr ausgewiesenen Konzentrationszonen an der planerisch zur Verfügung stehenden Fläche betrage 14,6 %. Überdies habe sie sehr wohl eine an der Gebietseinteilung der Baunutzungsverordnung orientierte und nach unterschiedlichen Schutzbedürftigkeiten differenzierte Betrachtung vorgenommen. Der für die Gebiete mit den Richtwerten 35 dB(A) (WR nachts), 40 dB(A) (WA nachts) bzw. 45 dB(A) (MI nachts) zugrunde gelegte Abstandsmittelwert sei schlüssig und dazu geeignet, sowohl die Wohnbevölkerung vor Emissionen zu schützen als auch der Windkraft substanziell Raum zu geben. Schließlich sei auch das Kriterium der Verhinderung einer übermäßigen Umfassung einzelner Ortslagen abwägungsfehlerfrei. Hier falle der Anteil der Konzentrationszonen von 14,6 % ebenfalls entscheidend ins Gewicht, so dass sie ihr Vorgehen im Rahmen ihres planerischen Spielraums nicht weiter kritisch habe hinterfragen müssen.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 22 B 286/24.NE sowie die beigezogenen Aufstellungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Der Antrag hat Erfolg.
27A. Der Antrag ist zulässig.
28I. Der gegen die in den Darstellungen des sachlichen Teilflächennutzungsplans zum Ausdruck kommende planerische Entscheidung der Antragsgegnerin, mit der Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB an Standorten außerhalb der ausgewiesenen Flächen eintreten zu lassen, gerichtete Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog als Normenkontrollantrag statthaft.
29Vgl. hierzu nur BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 4 CN 3.18 -, BVerwGE 164, 74 = juris Leitsatz 2 und Rn. 29 ff., m. w. N.
30II. Die Antragsteller sind entsprechend § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
31Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht und geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des Normenkontrollantrags ist, oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Dabei sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung keine höheren Anforderungen zu stellen als die in § 42 Abs. 2 VwGO enthaltenen.
32Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2024 ‑ 22 B 286/24.NE -, ZNER 2024, 362 = juris Rn. 8, und vom 13. Mai 2022 ‑ 2 B 97/22.NE -, BRS 90 Nr. 5 = juris Rn. 5.
33Es genügt danach mit Blick auf die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, wenn die Antragsteller substanziiert geltend machen, die Planung nehme ihnen konkrete Nutzungsmöglichkeiten und Nutzungsabsichten auf Grundstücken außerhalb der dargestellten Vorrangflächen. Ein potenzieller Bauherr kann auch dann die Beschränkung der Nutzung eines in einer Ausschlusszone gelegenen Grundstücks einer gerichtlichen Kontrolle zuführen, wenn er nicht Grundstückseigentümer ist.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 4 CN 1.12 -, BVerwGE 146, 40 = juris Rn. 26, Beschluss vom 19. November 2020 ‑ 4 BN 14.20 -, ZfBR 2021, 180 = juris Rn. 5; OVG NRW, Urteile vom 24. Februar 2023 - 7 D 372/21.NE - BauR 2023, 1069 = juris Rn. 34 ff., und vom 4. Juli 2019 - 2 D 6/18.NE -, juris Rn. 31 f., Beschluss vom 17. Juni 2024 - 22 B 286/24.NE -, ZNER 2024, 362 = juris Rn.10.
35Die bloße Behauptung einer theoretischen Rechtsverletzung genügt nach allgemeinen Grundsätzen freilich dann nicht für eine Antragsbefugnis im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wenn das tatsächliche Vorliegen einer Rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet. An dieser Möglichkeit fehlt es dann, wenn Rechte des Antragstellers unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 4 CN 1.10 -, BVerwGE 140, 41 = juris Rn. 12; OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2019 - 2 D 6/18.NE -, juris Rn. 34 f., Beschluss vom 17. Juni 2024 - 22 B 286/24.NE -, ZNER 2024, 362 = juris Rn. 12.
37Die Annahme eines solchen Falls ist wiederum ausgeschlossen, wenn seine Prüfung nennenswerten Umfang oder über Plausibilitätserwägungen hinausgehende Intensität erfordert. In jedem Fall ist die Prüfung (nur) auf der Grundlage der Darlegungen des Antragstellers unter Einbeziehung des wechselseitigen Schriftverkehrs, nicht unter Auswertung des gesamten Prozessstoffs vorzunehmen. Das Normenkontrollgericht ist daher insbesondere nicht befugt, für die Entscheidung über die Antragsbefugnis den Sachverhalt von sich aus weiter aufzuklären.
38St. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2023 ‑ 4 CN 6.22 -, NVwZ 2024, 917 = juris Rn. 14, und vom 12. Juli 2022 - 4 CN 3.21 -, NVwZ 2022, 1569 = juris Rn. 10, Beschlüsse vom 25. März 2024 ‑ 8 BN 1.23 -, juris Rn. 9, vom 14. Oktober 2021 ‑ 4 BN 3.21 -, ZfBR 2022, 70 = juris Rn. 4, vom 1. Juli 2020 - 4 BN 49.19 -, BRS 88 Nr. 170 = juris Rn. 7, vom 29. Juli 2013 ‑ 4 BN 13.13 -, ZfBR 2014, 159 = juris Rn. 4, und vom 10. Juli 2012 - 4 BN 16.12 -, BauR 2012, 1771 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2019 ‑ 2 D 6/18.NE -, juris Rn. 34 f.
39Nach diesen Maßgaben sind - wie der Senat bereits in dem zugehörigen Eilverfahren mit dem Aktenzeichen 22 B 286/24.NE ausgeführt hat (Beschlussausfertigung Seite 3) - der Antragsteller zu 1. als Eigentümer des Flurstücks N06 der Flur N03 in der Gemarkung X. sowie die Antragsteller zu 2. als Inhaber von Nutzungsrechten an diesem Grundstück antragsbefugt. Die Antragsteller zu 2. haben ihre Pläne zur Realisierung eines Windenergievorhabens auf dem Grundstück unter anderem durch ihren bei der Genehmigungsbehörde gestellten Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids nach § 9 BImSchG untermauert. In diesem Zusammenhang hat der Senat in diesem Beschluss bereits hervorgehoben, dass es auf die Erfolgsaussichten des Vorbescheidsantrags nicht, geschweige denn entscheidend, ankommt.
40Soweit die Antragsgegnerin mit ihrer Antragserwiderung vom 20. August 2024 (dort Seiten 3 f.) die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 2. weiter in Zweifel zieht und entgegnet, entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Prioritätsprinzip bei konkurrierenden gleichartigen genehmigungspflichtigen Vorhaben könne allenfalls ein prüffähiger Antrag zu einer schützenswerten Rechtsposition und damit einer Antragsbefugnis führen, verfängt auch dies nicht. Die genannte Rechtsprechung verhält sich nicht zur Frage einer Antragsbefugnis des Antragstellers im Rahmen eines Normenkontrollantrags gegen eine gemeindliche Konzentrationszonenplanung. Auch ein in diesem Zusammenhang relevanter Rechtsgedanke lässt sich der Entscheidung entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht entnehmen. Vielmehr hebt diese Entscheidung ausdrücklich hervor, dass die Frage, welcher genehmigungspflichtigen Anlage im Immissionsschutzrecht Vorrang vor einer gleichartigen genehmigungspflichtigen Anlage einzuräumen ist, eine solche des materiellen Rechts ist, und sie grundsätzlich nach dem Prioritätsprinzip zu beantworten ist.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2020 - 4 C 3.19 -, BVerwGE 169, 39 = juris Rn. 19 f.
42Dies hat aber gerade mit der prozessrechtlichen Frage der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und den dazu - wie aufgezeigt - entwickelten Maßstäben nichts zu tun. Die von der Antragsgegnerin - auf der Ebene der Zulässigkeit - befürwortete Rechtsschutzbeschränkung thematisiert das Bundesverwaltungsgericht in seiner genannten Entscheidung überhaupt nicht. Eine solche Beschränkung müsste letztlich - im Sinne eines Gleichklangs von Antragsbefugnis und Klagebefugnis - dazu führen, dass es keinen Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Genehmigungsbehörde geben könnte, die sich auf die Unvollständigkeit der Antragsunterlagen stützen. Im Übrigen erschließt sich in der hiesigen Konstellation der Gedanke, dass die Antragsteller als Rechtsschutzsuchende und die Antragsgegnerin als planende Gemeinde gleichsam in einem Konkurrenzverhältnis stünden, schon im Ansatz nicht. Dann ist aber mangels vergleichbarer Interessenlage kein Ansatz für eine Übertragung eines vermeintlichen Rechtsgedankens auf die vorliegende Rechtsfrage zu erkennen.
43Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der von der Antragsgegnerin erhobene Einwand, die von den Antragstellern zu 2. im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheidsverfahrens eingereichten Unterlagen seien mit Blick auf das geforderte vorläufige positive Gesamturteil unzureichend, ohnehin überholt ist. Denn nach § 9 Abs. 1a Satz 1 BImSchG in der Fassung des Gesetzes vom 3. Juli 2024 (BGBl. I Nr. 225) soll, wenn das Vorhaben eine Windenergieanlage betrifft und ein Antrag auf Genehmigung noch nicht gestellt ist, auf Antrag durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen entschieden werden, sofern ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids besteht. Nach § 67 Abs. 4 BImSchG findet diese Vorschrift auch auf das bereits begonnene immissionsschutzrechtliche (Vorbescheids-)Verfahren Anwendung. Damit entfällt für den von den Antragstellern zu 2. begehrten Vorbescheid die Voraussetzung eines solchen vorläufigen positiven Gesamturteils. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Vorbescheidserteilung gerade mit einem reduzierten Prüfungsumfang erfolgen. Dies ist auch hier zu berücksichtigen, weil der Antrag der Antragsteller nicht nur fristgerecht am 22. März 2024 bei Gericht eingereicht wurde, sondern die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO noch längst nicht abgelaufen ist. Entgegen der von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung in den Raum gestellten Hypothese umfasst der Vorbescheidsantrag der Antragsteller zu 2. auch nicht ein solches vorläufiges positives Gesamturteil (sollte dies überhaupt Gegenstand einer bescheidungsfähigen Frage im Sinne von § 9 Abs. 1 BImSchG sein können), sondern ist ausdrücklich auf die Frage beschränkt, ob das Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 249 Abs. 2 BauGB privilegiert ist.
44B. Der Antrag ist begründet.
45Der sachliche Teilflächennutzungsplan der Antragsgegnerin weist jedenfalls durchgreifende materiell-rechtliche Verstöße in Form von beachtlichen Abwägungsmängeln im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB auf, die jeweils für sich genommen dazu führen, dass dieser Plan insoweit unwirksam ist, als mit ihm die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verbunden sind. Ob die geltend gemachten formellen Mängel vorliegen, bedurfte daher keiner weiteren Erörterung.
46I. Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an den Abwägungsvorgang ergeben sich aus den Vorgaben des § 2 Abs. 3 BauGB, wonach bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), ermittelt und bewertet werden müssen. Sie decken sich mit denen, die die Rechtsprechung bezogen auf die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB entwickelt hat.
47Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB, nach dem bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind, stellt inhaltliche Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Das Abwägungsgebot ist danach verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.
48Bei der Planung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung mit den Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verlangt das Abwägungsgebot nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich grundsätzlich,
49vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2023 ‑ 4 CN 6.21 -, BVerwGE 177, 306 = juris,
50auf den gesamten Außenbereich des Gemeindegebiets erstreckt. Die planerische Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten.
51Die insgesamt auf der Ebene des Abwägungsvorgangs angesiedelte Ausarbeitung eines Planungskonzepts vollzieht sich abschnittsweise. Im ersten Abschnitt sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln, die sich für die Nutzung der Windenergie nicht eignen. Die Tabuzonen lassen sich in zwei Kategorien einteilen, nämlich in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen sind (harte Tabuzonen), und in Zonen, in denen Windenergieanlagen zwar tatsächlich und rechtlich möglich sind, in denen sie aber nach den städtebaulichen Vorstellungen, die die Gemeinde anhand eigener Kriterien entwickeln darf, nicht aufgestellt werden sollen (weiche Tabuzonen).
52Auf der ersten Stufe des Planungsprozesses muss sich die Gemeinde zunächst den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitern würde. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bauleitplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Harte Tabuzonen scheiden kraft Gesetzes als Konzentrationszonen für die Windenergienutzung aus und sind so einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen (§ 1 Abs. 7 BauGB) von vornherein entzogen.
53Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Ihre Ermittlung und ihre Bewertung sind aber gleichwohl der Ebene der Abwägung zuzuordnen. Weiche Tabuzonen sind disponibel, was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft. Der Rat muss die Entscheidung, eine Fläche als weiche Tabuzone zu bewerten, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass damit eine gesetzliche Privilegierung und damit den Eigentümern eine an sich gesicherte Nutzungsoption ohne Einzelfallprüfung entzogen wird, rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d. h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen. Diese Forderung ist mit dem abschließenden Abwägungsparameter rückgekoppelt, dass, je kleiner die für die Windenergienutzung verbleibenden Flächen am Ende ausfallen, umso mehr das gewählte methodische Vorgehen zu hinterfragen ist.
54Dies bedeutet jedoch - entgegen der von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung noch einmal pointiert und als der Planung zugrunde gelegt hervorgehobenen Annahme - gerade nicht, dass sich eine weitergehende gerichtliche Prüfung des Planungsprozesses erübrigen würde, wenn und soweit die Flächennutzungsplanung der Windenergie im Ergebnis substanziellen Raum einräumt. Damit würde die grundlegende, vom Gesetzgeber ausweislich der §§ 214, 215 BauGB anerkannte Unterscheidung zwischen Mängeln des Abwägungsvorgangs und Mängeln des Abwägungsergebnisses aufgehoben. Im Gegenteil ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Prüfungsraster, dass die (erst) auf der vierten Stufe erfolgende Überprüfung, ob für die Nutzung der Windenergie substanziell Raum geschaffen wurde, einem ordnungsgemäßen Abwägungsprozess nachzufolgen hat, ihn aber nicht ersetzt.
55Der Rat muss demgemäß unabhängig von der Bewertung des Ergebnisses seiner Rechtfertigungspflicht bezüglich der Wahl der weichen Tabus im oben genannten Umfang nachkommen. Anderenfalls scheitert seine Planung unabhängig davon, welche Maßstäbe an die Kontrolle des Abwägungsergebnisses anzulegen sind, schon an dem fehlenden Nachweis, dass er die weichen Tabuzonen auf der Stufe der Abwägung (tatsächlich) in die Planung eingestellt hat.
56Dies ist im Übrigen schon deshalb geboten, weil unabhängig von dem Endergebnis jede Bestimmung von Tabukriterien, wie bereits angesprochen, durch § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB konkret eröffnete und ihre Antragsbefugnis begründende Nutzungsoptionen für einzelne Eigentümer ausschließt. Dies lässt sich im Regelfall aber nicht allein damit rechtfertigen, dass einer ausreichend großen Zahl anderer Eigentümer diese Nutzungsoption erhalten bleibt.
57Nach Abzug der harten und der weichen Tabuzonen bleiben nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sog. Potenzialflächen übrig, die für die Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan in Betracht kommen. Sie sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, das heißt, die öffentlichen Belange, die gegen die Darstellung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone für die Windenergienutzung sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.
58Das Abwägungsergebnis ist schließlich darauf zu prüfen, ob mit der Planung der Windenergienutzung substanziell Raum gegeben wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung, anhand welcher Kriterien sich diese Frage beantworten lässt, den Tatsachengerichten vorbehalten und verschiedene Modelle gebilligt, dabei jedoch eine gewisse Priorität für einen Flächenvergleich dergestalt erkennen lassen, dass der prozentuale Anteil der ausgewiesenen Vorrangflächen zu der nach Abzug der harten Tabukriterien verbleibenden Außenbereichsfläche als aussagekräftiger Ansatzpunkt gewertet werden kann.
59Für die Rechtmäßigkeit der Flächenauswahl unter Abwägungsgesichtspunkten sind die Erwägungen maßgeblich, die tatsächlich Grundlage der Abwägungsentscheidung des Plangebers waren. Entscheidend für die gerichtliche Überprüfung der Abwägungsentscheidung sind damit in erster Linie die Verlautbarungen in der Begründung, die dem Flächennutzungsplan nach § 5 Abs. 5 BauGB beizufügen ist, ergänzt durch die Erwägungen, denen der Plangeber bei seiner abschließenden Beschlussfassung gefolgt ist.
60Vgl. insgesamt zum Vorstehenden VerfGH NRW, Urteil vom 1. Dezember 2020 - VerfGH 10/19 -, ZNER 2021, 50 = juris Rn. 79 ff.; OVG NRW, Urteile vom 2. Juli 2024 - 22 D 47/23.NE -, juris Rn. 33 ff., vom 24. Februar 2023 ‑ 7 D 372/21.NE -, BauR 2023, 1069 = juris Rn. 55 ff., vom 10. Mai 2021 - 2 D 100/19.NE -, juris Rn. 68 ff., und vom 19. Januar 2019 - 2 D 63/17.NE -, juris Rn. 48 ff., jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen insbesondere zur Rechtsprechung des BVerwG.
61II. Ausgehend von diesen Grundsätzen leidet der sachliche Teilflächennutzungsplan der Antragsgegnerin unter beachtlichen Abwägungsmängeln im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB, die zur Unwirksamkeit der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB führen. Ihm liegt kein im vorgenannten Sinne schlüssiges, auf die Nutzung der Windenergie bezogenes gesamträumliches Konzept zugrunde.
621. Die Abwägung ist fehlerhaft, weil das Planungskonzept der Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar ist. Sie hat dieses Konzept schon nicht wie geboten systematisch stimmig und unter Beachtung der Unterschiede der maßgeblichen (Tabu-)Kriterien erarbeitet.
63Zu Recht machen die Antragsteller in diesem Zusammenhang geltend, dass die Einordnung der „Laubwaldbestände < 4 ha im 3. Planungsschritt“ nicht nachvollziehbar ist. Einerseits werden diese Waldbestände ausweislich der zusammenfassenden Tabelle der Planbegründung (dort Seite 42) den harten Tabukriterien („Schutzobjekt und Schutzabstand (hartes Kriterium)“) zugeordnet. Wie die Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 20. August 2024 (dort Seite 6) zu der auch in der mündlichen Verhandlung nicht weiter begründeten Feststellung kommt, sie seien nicht als harte Tabuzonen gewertet worden, erschließt sich vor diesem Hintergrund nicht. Andererseits soll bei näherer Betrachtung der Potenzialflächen ein Verbleib dieser Wälder in einer Potenzialfläche möglich sein, wenn der Zugang zu der Fläche gewahrt bleibt - etwa weil der Waldbestand im Randbereich liegt. Im Falle des Verbleibs der Wälder in der Potenzialfläche soll aber die Nutzung als Anlagenstandort ausgeschlossen sein, vgl. das der Planbegründung als Anlage 1 beigefügte Dokument „Auswahl der Potenzialflächen für die Nutzung der Windenergie (Konzept)“, Seiten 16 f. Gleichwohl soll nach den Vorstellungen des Plangebers ausweislich der Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung jeweils die gesamte Vorrangfläche uneingeschränkt für die Nutzung der Windenergie geöffnet sein. Damit wird die nach der zitierten Rechtsprechung geforderte Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen sowie von - sich nach deren Abzug ergebenden - Potenzialflächen aufgegeben. Die Lage der Laubwaldflächen in den Potenzialflächen müsste gerade dazu führen, dass von vornherein und „geplant“ nicht der gesamte Bereich der Potenzialfläche für die Windenergie ausgenutzt werden kann, obwohl die als Konzentrationszonen dargestellten Potenzialflächen bei einem durchzuführenden Flächenvergleich im Rahmen der Prüfung, ob der Windenergie substanziell Raum gegeben wird, vollständig - also frei von planerischen Tabuflächen - angerechnet werden. Dies mündet letztlich in verzerrten Ergebnissen, die keine hinreichende Auskunft darüber geben, ob der Privilegierung der Windenergie nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB entsprochen wurde. Dies ließe sich allein aus dem vorzitierten Verständnis der Antragsgegnerin rechtfertigen, das aber das gesamte Planungskonzept in einen unheilbaren Widerspruch verwickelte.
64Dass Nr. 8.1 (dort Abs. 4) des von der Antragsgegnerin angeführten Gemeinsamen Runderlasses des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie - VI.A-3 – 77-30 Windenergieerlass -, des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz - VII.2-2 – 2017/01 – Windenergieerlass - und des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen - 611 – 901.3/202 - vom 8. Mai 2018 (Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung - Windenergie-Erlass) auf der Planungsebene des Flächennutzungsplans kleinflächige Tabubereiche (für den Standort des Turms und das Fundament sowie für die Fläche, die vom Rotor überstrichen wird), die aus maßstabsbedingten Gründen zeichnerisch nicht abbildbar sind, innerhalb der Darstellung der Konzentrationszonen - insbesondere bei Insellagen - zulässt, besagt nichts anderes. Denn - wie schon der Wortlaut der genannten Bestimmung nahelegt - geht es dort allein um kleinflächige Bereiche, deren Darstellung auf der Ebene des Flächennutzungsplans nicht möglich ist. Dies hat aber gerade nichts mit der hier in Rede stehenden planerischen Darstellung von Tabubereichen - mit bis zu 4 ha nicht unbeträchtlicher Größe - innerhalb von Potenzialflächen zu tun. Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass es hier auch nicht vorrangig um die im Windenergieerlass genannten Insellagen innerhalb der Konzentrationszone geht. Die Laubwaldbestände < 4 ha, die innerhalb einer Konzentrationszone verbleiben sollen, betreffen nach dem erklärten Willen der Antragsgegnerin insbesondere den Randbereich einer Vorrangfläche. Auch vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, warum die Waldbestände dann nicht außerhalb dieser Zonen verortet wurden. Allein der Hinweis des Plangebers darauf, dass diese Flächen vom Rotor dann überstrichen werden dürften, reicht hierfür nicht aus. Zum einen wäre eine systemwidrige Einbeziehung nicht erforderlich gewesen - die Planbegründung (dort Seite 55) weist selbst auf die Möglichkeit einer „Rotor-außerhalb“-Planung hin -, zum anderen erschließt sich eine solche Differenzierung zu sonstigen Waldflächen anhand des Größenkriteriums nicht.
65Im Übrigen hat die Antragsgegnerin, worauf der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller zutreffend hinweist, im Rahmen ihrer Planung vielfach davon Gebrauch gemacht, harte und weiche Tabuzonen auch innerhalb von Konzentrationszonen darzustellen. Die Planbegründung (dort Seite 58) führt dazu aus, dass Tabuflächen innerhalb der Konzentrationszonen durch Vorhaben der Windenergienutzung nicht baulich verändert werden dürften, eine Überstreichung dieser Flächen durch die Rotoren einer Windenergieanlage jedoch möglich sei. Vor allem in den Kapiteln „2.3.2 Wald – 1. Schritt = Harte Tabuisierung“ und „2.3.4.1 Gebietsschutz außer LSG – 2. Schritt = Weiche Tabuisierung“ des Konzepts (Anlage 1) werde die schlüssige planerische Grundlage dafür gelegt, dass die harten und weichen Tabuflächen innerhalb der Potenzialflächen von den Rotoren der Referenzanlage überstrichen werden könnten und damit „analog zu den außerhalb der Konzentrationszonen liegenden Flächen“ behandelt würden. Auch dies verstößt gegen die nach der vorzitierten Rechtsprechung gebotene Trennung zwischen harten und weichen Tabuzonen sowie von - sich nach deren Abzug ergebenden - Potenzialflächen. Dass dies in einem deutlichen Widerspruch zu dem in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebrachten Verständnis des Plangebers steht, die letztlich dargestellten Vorrangzonen enthielten aufgrund der Darstellung gerade keine Restriktionen mehr, wurde bereits ausgeführt.
66Exemplarisch kann auf die von den Antragstellern benannte Darstellung der Potenzialfläche 3 in den Aufstellungsvorgängen der Antragsgegnerin (Beiakte Heft 4, Blatt 4.106) bzw. der Konzentrationszone 3 (Beiakte Heft 4, Blatt 4.207) Bezug genommen werden. Anhand dieser Darstellung zeigt sich deutlich, dass sowohl (teilweise „ergänzende“) harte (Fließgewässer mit Gewässerrandstreifen; kleinere Laubwaldbestände, für die keine Waldumwandlung in Aussicht gestellt werden kann; sonstige harte Ausschlusskriterien wie auch Waldflächen im Übrigen) als auch „ergänzende“ weiche (Vorsorgeabstände zu Schutzgebieten, Vorsorgeabstand Quellgebiet von 100 m, sonstige weiche Ausschlusskriterien) Tabuzonen innerhalb der Potenzialfläche 3 und auch nachfolgend innerhalb der Konzentrationszone 3 liegen.
67Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Konzentrationszone 3 nach ihrer zeichnerischen Darstellung (Beiakte Heft 4, Blatt 4.207) damit insbesondere auch harte Tabuzonen beinhaltet, die nicht zu den Laubwaldbeständen < 4 ha zählen („Harte Ausschlusskriterien (s. Karte 1)“). Da diese Waldflächen ‑ vgl. die Darstellung der „Karte 1: Harte Tabubereiche“ (Beiakte Heft 4, Blatt 4.102), wonach es sich um Laubwaldbestände > 4 ha handeln dürfte - sich zudem teilweise unmittelbar an die Laubwaldfläche < 4 ha anschließen, erschließt sich das planerische Vorgehen auch unter diesem Aspekt nicht, insbesondere ist nicht ersichtlich, warum eine Teilfläche anders behandelt werden kann als die restliche Waldfläche. Dies konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht erklärt werden. Nach dem planerischen Konzept der Antragsgegnerin (dort Seite 16 f. unter 2.3.2 Wald, „1. Schritt: Harte Tabubereiche“) ist davon auszugehen, dass in den zusätzlichen harten Tabubereichen nicht einmal ein Überstreichen des Rotors zulässig ist. Denn das Konzept sieht lediglich für die Laubwaldbestände < 4 ha ein solches Überstreichen ausnahmsweise vor („Liegen besonders wertvolle Laubwaldbestände in einer Größe von unter 4 ha in Potenzialflächen, können diese nicht als Anlagenstandorte genutzt werden. Ist die Zugänglichkeit von Potenzialflächen trotz Laubwaldbeständen möglich (etwa durch Lage am Rand der Potenzialfläche), ist ein Verbleib dieser Wälder in der Potenzialfläche denkbar, jedoch lediglich das Überstreichen der Rotoren ist dort möglich.“).
68Angesichts dessen ist die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, die in der Planurkunde als blaue Flächen dargestellten Konzentrationszonen seien insgesamt für die Windenergie nutzbar, für den Senat - wie ausgeführt - nicht nachvollziehbar, sondern (unheilbar) widersprüchlich. Sie stellt sogar in Frage, ob die Antragsgegnerin die seit langem etablierten Anforderungen an eine abwägungsgerechte Vorrangzonenplanung tatsächlich - und nicht nur vordergründig - ihrer Planung zugrunde gelegt hat. Die Lage von Tabubereichen innerhalb der Konzentrationszonen zeigt jedenfalls anschaulich, dass die eigene, fortwährend betonte Annahme der Antragsgegnerin, sie habe mit ihrer Planung substanziellen Raum für die Windenergie geschaffen, letztlich nicht belastbar ist.
692. Auch die von der Antragsgegnerin vorgenommene Auswahl und Anwendung der weichen Tabukriterien ist abwägungsfehlerhaft.
70Dies gilt hier namentlich für die Bestimmung des immissionsschutzrechtlichen Vorsorgeabstandes für „Innenbereichsflächen, verbindliche Bebauungspläne, in denen Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind, baurechtlich genehmigte Wohnnutzungen in diesem Siedlungszusammenhang, Krankenhäuser, Pflegeanstalten“, weil er sich so städtebaulich nicht rechtfertigen lässt.
71Zwar bleibt es einem Plangeber grundsätzlich unbenommen, sich in diesem Kontext für ein vorsorgendes Konzept zu entscheiden. Dieses muss er indes sowohl hinsichtlich des „Ob“ als auch des „Wie“ begründen und hat sich dabei - wie bei jeder planerischen Entscheidung - an städtebaulichen Belangen im Sinne des § 1 Abs. 6 BauGB zu orientieren, muss also insbesondere grundlegende Strukturen des Städtebaurechts beachten. So darf er sich nicht über grundlegende Differenzierungen des Städtebaurechts wie die Gebietstypisierungen der Baunutzungsverordnung hinwegsetzen und diesen (auch) bewohnten Bereichen einen einheitlichen Immissionsschutzanspruch zuordnen, obwohl die grundsätzlich verbindliche,
72vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Juli 2021 ‑ 4 A 14.19 -, BVerwGE 173, 132 = juris Rn. 38, und vom 12. November 2020 ‑ 4 A 13.18 -, juris Rn. 46, Beschluss vom 30. Dezember 2022 - 7 B 15.22 -, ZNER 2023, 38 = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2019 - 2 A 2584/14 -, juris Rn. 83 ff.,
73TA Lärm hier Unterschiede von 5 dB(A) (WA zu MI und MD) oder sogar 10 dB(A) (WR zu MI/MD) vorsieht. Zugleich darf der angesetzte Schutzanspruch nicht zu einer Über- oder Untersicherung im Hinblick auf die geschützten immissionsschutzrechtlichen Belange führen. Mit Blick darauf, dass die energetische Addition zweier gleicher Schallpegel (nur) zu einem um 3 dB(A) höheren Summenpegel führt, sind diese ‑ bindenden - Vorgaben realiter mit einer tatsächlich deutlich unterschiedlichen Geräuschkulisse verbunden, die planerisch jedenfalls nicht mit der alleinigen Erwägung von Zufälligkeiten oder Abgrenzungsschwierigkeiten eingeebnet werden kann. Zwar mag dies für die Abgrenzung von reinen und allgemeinen Wohngebieten gelten, so dass eine planerische Gleichbehandlung - auch angesichts des weitgehend identischen Nutzungszweckes dieser Gebietstypen und vor dem Hintergrund, dass der Plangeber nicht alles rechtlich Erlaubte auch planerisch ermöglichen muss - vertretbar ist. Eine vergleichbare Ausgangskonstellation besteht indes nicht, jedenfalls nicht regelmäßig, für den Übergang zum Mischgebiet, das nicht mehr einen überwiegenden Wohnzweck verfolgt und sich wegen der geforderten gleichmäßigen gewerblichen Nutzungen (vgl. § 6 BauNVO) auch äußerlich erkennbar von Wohngebieten abhebt.
74Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE -, BauR 2020, 1120 = juris Rn. 200 ff.
75Diesen Maßgaben wird das Vorsorgekonzept der Antragsgegnerin nicht gerecht. Wie dem als Anlage 1 beigefügten Plankonzept (dort Seiten 23 f.) zu entnehmen ist, hat sie sich bei der „Herleitung des Vorsorgeabstandes für Siedlungsbereiche“ auf einen rechnerischen Abstands-Mittelwert von 833,5 m gestützt. Diesen leitet sie aus den Immissionsrichtwerten für reine und allgemeine Wohngebiete sowie Mischgebiete von 35 dB(A) (WR nachts), 40 dB(A) (WA nachts) bzw. 45 dB(A) (MI nachts) ab, wobei unterschiedliche Anlagenaufstellungen bei schallreduziertem Betrieb (102,5 dB(A)) nach den Blättern 3 bis 12 der Anlage 1 zugrunde gelegt wurden. Der der Planung schließlich zugrunde gelegte Gesamtabstand von 935 m folgt aus einem zusätzlichen Aufschlag für einen ertragsoptimierten Betrieb mit einem um 3 dB(A) erhöhten Schallleistungspegel von 105,5 dB(A). Im Ergebnis differenziert der Abstands-Mittelwert damit jedenfalls nicht zwischen den Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung. Er hat vielmehr einen vergleichbaren Effekt wie die unterschiedslose Heranziehung des Immissionsrichtwerts für ein allgemeines Wohngebiet. Wie die nach den Blättern 3 bis 12 der Anlage 1 ausgewiesenen Abstände zeigen, ergibt das arithmetische Mittel der nach den baugebietsspezifischen Immissionsrichtwerten - also 35 dB(A) (WR nachts), 40 dB(A) (WA nachts) und 45 dB(A) (MI nachts) - differenzierenden Abstände sogar stets einen Abstand, der größer ist als der spezifisch nach dem Immissionsrichtwert von 40 dB(A) für ein allgemeines Wohngebiet errechnete Abstand. Zu Recht weist daher der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller im Rahmen seiner Antragsbegründung vom 22. März 2024 (dort Seite 15) darauf hin, dass die „Berechnungen in Anlage 1 zum Konzept einem Schutzanspruch mit einem Immissionsrichtwert von < 40 dB(A)“ entsprächen.
76Im Sinne der aufgeführten Rechtsprechung des Gerichts differenziert damit auch ‑ wie ein unterschiedslos nach den Immissionsrichtwerten eines WA-Gebietes bestimmter Vorsorgeabstand - der von der Antragsgegnerin errechnete Abstands-Mittelwert nicht ausreichend zwischen den Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung und ist der Vorsorgeabstand als weiches Tabukriterium auf dieser Grundlage offensichtlich nicht hinreichend städtebaulich legitimiert. Selbst wenn dies grundsätzlich denkbar sein sollte, sind den Aufstellungsvorgängen jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, aus welchen Gründen eine solche Differenzierung in der planerischen Abwägung unter dem Gesichtspunkt der Vorsorge nicht für zielführend erachtet und aus welchen städtebaulichen Gründen eine Gleichbehandlung von Wohn- und Mischgebieten für vorzugswürdig gehalten wurde, die gerade die weniger schutzwürdigen Nutzungen privilegiert.
77In diesem Zusammenhang ist auch nicht ersichtlich, wie der Aufschlag in Höhe von 101,5 m auf den Abstands-Mittelwert von 833,5 m für den Volllastbetrieb, der zu einem Gesamtabstand von 935 m führt, rechnerisch ermittelt wurde. Eine diesbezügliche Berechnung liefern weder das Konzept (vgl. dort Seiten 23 f.) noch die dazugehörige Anlage 1 „Berechnungsgrundlagen“.
78Zudem hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung auf die über seine Prozessbevollmächtigten erhobenen Einwände des Antragstellers zu 1. während der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung (Beiakte Heft 1, Blatt 1.400 ff.) herausgestellt, dass ein immissionsschutzrechtlicher Vorsorgeabstand vorgesehen werde, der sich in erster Linie an den Immissionsrichtwerten der TA Lärm orientiere, und dazu weiter ausgeführt: „Analog zur Betrachtung zum immissionsschutzrechtlichen Mindestabstand wurden in Abstimmung mit dem LANUV Allgemeine und Reine Wohngebiete als schallempfindliche Baugebietskategorien mit Wohnnutzung zu Bestimmung des Vorsorgeabstandes herangezogen. Es ist der Stadt X. vor dem Hintergrund der oben zitierten Rechtsprechung bewusst, dass eine Differenzierung des Vorsorgepuffers zu verschiedenen Wohngebieten naheliegt. Mit entsprechender Begründung wären sicher noch größere Abstände zu schutzbedürftigen Wohngebieten möglich gewesen. Auf eine tiefergehende Differenzierung zwischen verschiedenen Baugebietstypen hat die Stadt X. dennoch verzichtet. Stattdessen orientiert sich die Stadt zur Bestimmung eines Vorsorgeabstandes an der niedrigsten Schutzkategorie und verzichtet zu Gunsten der Windenergienutzung auf größere Abstände zu Wohngebieten mit einer höheren Schutzkategorie.“, Hervorhebungen nur hier, vgl. Beiakte Heft 1, Blatt 1.410 = Beiakte Heft 3, Blatt 3.156.
79Zu Recht betonen die Antragsteller - im Rahmen ihrer Antragsbegründung vom 22. März 2024, dort Seite 14 - die Widersprüchlichkeit dieser Einschätzung der Antragsgegnerin. Selbst wenn man hier allein die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für allgemeine und reine Wohngebiete zugrunde legte, führte der gewählte Abstands-Mittelwert von 833,5 m nicht zu einer Orientierung an der niedrigsten Schutzkategorie (hier im Vergleich das allgemeine Wohngebiet). Denn wie aufgezeigt überschreitet dieser Abstands-Mittelwert bereits den durchschnittlichen Abstandwert, der sich bei einem Immissionsrichtwert von 40 dB(A) für ein allgemeines Wohngebiet rechnerisch ergäbe und liefert damit einen „Schutzanspruch mit einem Immissionsrichtwert von < 40 dB(A)“. Da hier zudem die noch weniger schutzwürdigen Mischgebiete in den Vorsorgeabstand einbezogen wurden, tritt der Widerspruch zu den von der Antragsgegnerin für sich selbst beanspruchten Maßgaben offen zutage: Das niedrigste Schutzniveau besteht hier allein bei einer Orientierung an den Immissionsrichtwerten für ein Mischgebiet und nicht an denjenigen für ein allgemeines oder reines Wohngebiet.
803. Schließlich ist die Anwendung des Kriteriums der Verhinderung einer übermäßigen Umfassung von einzelnen Ortslagen im Rahmen der Abwägung der einzelnen Potenzialflächen ebenso abwägungsfehlerhaft.
81Ob und unter welchen Voraussetzungen eine „Einkreisung“, geschweige denn eine nur bandartige Struktur in besonders gelagerten Einzelfällen überhaupt bei der Planung von Konzentrationszonen für die Nutzung der Windenergie relevant sein kann, ist in der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt. Der Rat einer planenden Gemeinde muss sich aber jedenfalls im Einzelnen mit der Frage auseinandersetzen, welcher städtebauliche Aspekt durch eine solche Bandstruktur konkret berührt sein kann, nach welchen allgemeinen, städtebaulich gerechtfertigten Kriterien eine entsprechende Bewertung vorzunehmen ist und weshalb sie im konkreten Fall ausschlaggebend sein soll. Sofern sich der Rat in diesem Zusammenhang darauf beruft, für gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sorgen zu wollen, erscheint dies allerdings fernliegend.
82Vgl. OVG NRW, Urteile vom 20. Januar 2020 - 2 D 100/17.NE -, BauR 2020, 1120 = juris Rn. 227, und vom 21. Januar 2019 - 10 D 23/17.NE -, BauR 2019, 1410 = juris Rn. 127.
83Die Antragsgegnerin hat sich hier schon nicht mit den städtebaulichen Aspekten, die durch die bandartige Anordnung von Windenergieanlagen berührt sein sollen, im Einzelnen hinreichend auseinandergesetzt. Sie listet im Rahmen der Begründung (dort Seite 49) lediglich pauschal „die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie und die Belange der Versorgung, insbesondere mit Energie, einschließlich der Versorgungssicherheit“ auf. Der erstgenannte Aspekt wurde dabei nach der vorgenannten Rechtsprechung des Gerichts als fernliegend eingestuft. Die weiteren Aspekte ‑ insbesondere der Zusammenhang zwischen Umfassung und effizienter und sparsamer Energienutzung sowie der Versorgungssicherheit - sind in ihrer konkreten städtebaulichen Relevanz hier nicht nachvollziehbar und werden von der Antragsgegnerin auch nur begründungslos in den Raum gestellt. Soweit sie hinsichtlich der Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und der umweltbezogenen Auswirkungen auf den Menschen (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 und 7 Buchst. c BauGB) in der Begründung (dort Seite 50) ausführt, dass die von Windenergieanlagen ausgehenden Lärmemissionen und ihre optisch bedrängende Wirkung als Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit aufgrund einer „Einkreisung“ verstärkt werden könnten, auch wenn die immissionsschutzrechtlichen Vorsorgeabstände eingehalten seien und der öffentliche Belang einer optisch bedrängenden Wirkung einer Einzelanlage nicht entgegenstehe, erschließt sich die konkrete Betroffenheit der genannten städtebaulichen Belange mangels einer plausibel begründeten Herleitung nicht. Schließlich kann die Antragsgegnerin mit der Auflistung von „zusätzlichen positiven“ Aspekten (dort Seite 51), die sich in einzelnen Teilbereichen des Gemeindegebiets durch die Anwendung des Kriteriums der Verhinderung einer übermäßigen Umfassung von einzelnen Ortslagen ergeben sollen, diese Kriterien nicht rechtfertigen. Denn es geht um die städtebauliche Rechtfertigung der allgemeinen Anwendung dieser Kriterien und nicht um punktuelle positive Nebeneffekte im Einzelfall.
84Unabhängig von der durch die Antragsteller zusätzlich gerügten Ermittlung des Umfassungsgrades für die einzelnen Ortsteile sind jedenfalls auch die für das gesamte Gemeindegebiet der Antragsgegnerin zur Anwendung gebrachten und beanstandeten Kriterien der „Einkreisung“ (offensichtlich) abwägungsfehlerhaft gewählt worden. Dies gilt schon deshalb, weil sich die Antragsgegnerin im Rahmen der Planbegründung (dort Seite 49) ganz wesentlich und pauschal auf ein - ausweislich der dortigen Fußnote 14 schon zum damaligen Zeitpunkt veraltetes - Gutachten zur „Umfassung von Ortschaften durch Windenergieanlagen“ von Januar 2013 der UmweltPlan GmbH Stralsund für das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern bezieht. Die Ausführungen in diesem Gutachten für den Bereich Vorpommern (im Folgenden auch: VP) und dessen Regionales Raumentwicklungsprogramm sind unabhängig davon erkennbar nicht auf den hiesigen Landschaftsraum des Wittgensteiner Landes als Mittelgebirgsregion übertragbar, der sich maßgeblich durch seine Lage im Rothaargebirge auszeichnet. Dies wird insbesondere anhand der Begründung des genannten Gutachtens für die Wahl eines Radius von 3,5 km des Umkreises um eine Siedlung als maßgeblicher Betrachtungsraum deutlich. Es heißt dort (Seite 14): „Als Betrachtungsraum gilt der Raum im Umkreis von 3.500 m um eine Siedlung. Der Betrachtungsraum ergibt sich aus dem vorgeschriebenen Mindestabstand zwischen Eignungsgebieten und Siedlungen von 1.000 m und dem vorgeschriebenen Mindestabstand zu bestehenden oder neu geplanten Eignungsgebieten von 2.500 m nach den ‚Hinweisen zur Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen in M-V‘ vom 22.05.2012 (MEIL M-V 2012A). Aufgrund der flachen bis welligen Landschaftsstruktur in der Planungsregion VP können Windenergieanlagen selbst bei strukturreichen Landschaften als weithin sichtbare Bauwerke eingestuft werden. Somit kann ein Bereich mit einem Radius von 3.500 m um eine Siedlung als Betrachtungsraum zugrunde gelegt werden, der alle potenziellen Anordnungen von Windeignungsgebieten und alle in Kapitel 5.2 dargestellten Anlagehöhen sowie deren Wirkung in der Landschaft berücksichtigt.“ Die Anwendung eines Radius von 3,5 km vom Siedlungsmittelpunkt auf das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin zur Ermittlung von Umfassungen geht damit erkennbar an den hiesigen Verhältnissen vorbei. So dürfte es etwa in ganz Vorpommern - anders als im Stadtgebiet der Antragsgegnerin - keine natürlichen Erhebungen geben, die höher sind als eine Windenergieanlage und damit Blickbeziehungen ausschließen können. Insoweit wird ergänzend angemerkt, dass das genannte Gutachten der UmweltPlan GmbH Stralsund im Jahr 2021 aktualisiert und dabei der Betrachtungsraum auf einen Radius von 2,5 km ab dem Siedlungsrand geändert wurde. Hierauf wurde die Antragsgegnerin im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. Seite 4 der Stellungnahme der wpd onshore GmbH & Co. KG vom 17. Mai 2023) auch ausdrücklich hingewiesen, ohne sich hiermit in dem zugehörigen Abwägungsvorschlag erkennbar auseinandergesetzt zu haben. Die im gerichtlichen Verfahren in den Raum gestellte These, die aktuelle Fassung hätte zu keinen Änderungen geführt, ist schon wegen des deutlich reduzierten Betrachtungsraums nicht plausibel. Daneben wird auch das gutachterliche Kriterium einer maximalen Einzelumfassung von 120° ohne nähere Ausführungen auf die hiesige Situation übertragen. Hierbei bleibt insbesondere schon außer Betracht, ob derartige Umfassungen tatsächlich in dem hiesigen Landschaftsraum einer Mittelgebirgsregion überhaupt wahrnehmbar sind. So beträgt ausweislich der jeweiligen „Steckbriefe“ (Anlage 2 des Konzepts) der Höhenunterschied zwischen den einzelnen Konzentrationszonen bis zu 300 m (vgl. Konzentrationszonen 1 und 2: 440 m ü. NHN und Konzentrationszone 10: 740 m ü. NHN) und übersteigt damit die Gesamthöhe der von der Antragsgegnerin ihrer Planung zugrunde gelegten Referenzanlage. Gleiches gilt sogar innerhalb einer einzelnen Konzentrationszone (Konzentrationszone 2 mit einer im zugehörigen „Steckbrief“ angegebenen Höhenlage von 440 m bis 660 m ü. NHN). Die zur Begründung der getroffenen Abwägungsentscheidung herangezogenen Einzelkarten (Beiakte Heft 4, Blatt 4.156 ff.) lassen eine solche Befassung mit der Geländestruktur ebenfalls nicht ansatzweise erkennen, sondern beschränken sich auf eine zweidimensionale Betrachtung einschließlich der offenkundig den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entsprechenden freien Rundumsicht.
85Jenseits dessen lässt sich die herangezogene Begutachtung zudem auch aus Rechtsgründen nicht ohne nähere - hier fehlende - Betrachtung auf nordrhein-westfälische Verhältnisse übertragen. Jedenfalls zum Zeitpunkt des Feststellungsbeschlusses gab es in Nordrhein-Westfalen - anders als offenbar in Mecklenburg-Vorpommern - keine bindenden Mindestabstände von 1.000 und 2.500 m für die Flächennutzungsplanung, aus denen sich der gutachterlich gewählte und von der Antragsgegnerin ohne erkennbare eigene Prüfung übernommene Betrachtungsraum zusammensetzt. Soweit die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Antragserwiderung mit Schriftsatz vom 20. August 2024 (dort Seite 12) hervorhebt, dass als Betrachtungsraum ein „Umkreis von bis zu 3,5 km um die betrachteten Ortschaften“ gewählt worden sei und damit auch Flächen und Anlagenstandorte mit „einem deutlich geringeren Abstand zu den Ortschaften“ betroffen seien, erschließt sich für den Senat schon nicht, warum dies den gewählten Radius in seiner Gesamtlänge als sachgerechtes Kriterium erscheinen lassen sollte. Dass davon auch tatsächlich relevant wahrnehmbare Anlagen erfasst sein mögen, rechtfertigt jedenfalls für sich genommen nicht die Einbeziehung weiter entfernt liegender Anlagen.
86Soweit die Antragsgegnerin zudem abweichend von dem genannten Gutachten das Kriterium einer maximalen Gesamtumfassung von 150° festgelegt und im Gegenzug auf die Bestimmung eines Freihaltekorridors von 60° verzichtet hat, ist auch dies abwägungsfehlerhaft. Eine städtebaulich tragfähige Begründung liefert die Planbegründung nicht einmal im Ansatz; sie ist auch sonst nicht erkennbar. Gemessen an dem Ziel der Verhinderung einer „Einkreisung“ ist bereits nicht erkennbar, warum schon bei einem (aufaddierten) Gesamtwert von 150° - also nicht einmal einem Halbkreis - eine solche Situation bestehen sollte, zumal gerade der Verzicht auf eine Mindestgröße des Freihaltekorridors die verdichtete Anordnung von Windenergieanlagen begünstigt. Im Übrigen lässt selbst das genannte Gutachten für Vorpommern eine maximale Umfassung einer Ortslage von 240° (maximal 2 x 120°) zu. Aus den Erläuterungen der Planbegründung (dort Seite 49) ergibt sich zudem, dass das Kriterium der Gesamtumfassung von maximal 150° allein deshalb gewählt wurde, weil das nach den Kriterien des Gutachtens für Vorpommern gefundene Ergebnis nicht gewünscht war. Damit ist dieses Kriterium aber weder in sich stimmig noch nachvollziehbar, geschweige denn städtebaulich gerechtfertigt, sondern als rein ergebnisorientierter Dezisionismus geradezu das Gegenteil einer abwägungsgerechten Planung. Auf die Frage, ob hier ein „Rundumblick“ überhaupt möglich ist, kommt es damit nicht einmal mehr an.
87Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass das von der Antragsgegnerin herangezogene Gutachten für Vorpommern von Januar 2013 (dort Seiten 8 und 11) selbst einräumt, dass es keine Studien gebe, die Auswirkungen einer Umfassung auf die menschliche Gesundheit belegten. Aufgrund fehlender empirischer Untersuchungen zu den Auswirkungen einer „Umfassungswirkung“ auf den Menschen hätten keine Zusammenhänge zwischen der visuellen Wahrnehmung der umgebenden Windenergieanlagen und der menschlichen Psyche herausgearbeitet werden können. Auch dies hat der Plangeber augenscheinlich ignoriert.
884. Die vorstehend aufgeführten Fehler sind gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB beachtlich.
89a) Gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. § 214 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB sieht vor, dass Fehler im Abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.
90Ein Fehler im Abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rats über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist. Er ist auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre.
91Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1.11 -, BVerwGE 145, 231 = juris Rn. 16, m. w. N.
92Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass ein Fehler im Abwägungsvorgang nicht erst dann erheblich ist, wenn eine Fehlerkorrektur schlechterdings nicht zum selben Abwägungsergebnis führen könnte (dort Rn. 17).
93Danach ist in Bezug auf die oben genannten Mängel von beachtlichen Abwägungsfehlern auszugehen. Sie sind - wie gezeigt - objektiv unter Auswertung der Aufstellungsvorgänge feststellbar und auch auf das Abwägungsergebnis offensichtlich von Einfluss gewesen, weil die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Antragsgegnerin mehr, andere oder größer oder anders zugeschnittene Vorrangflächen für die Windenergienutzung dargestellt hätte bzw. hätte darstellen müssen, wenn sie sich die Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen im erforderlichen Umfang vor Augen geführt hätte und auch im Übrigen die maßgeblichen Abwägungsparameter erkannt und zugrunde gelegt hätte.
94Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Mai 2021 - 2 D 100/19.NE -, juris Rn. 128; in diesem Zusammenhang auch Nds. OVG, Urteil vom 3. Dezember 2015 - 12 KN 216/13 -, BauR 2016, 470, 474.
95b) Die Mängel sind ebenfalls fristgerecht gerügt worden. Die maßgebliche Rügefrist des § 215 Abs. 1 BauGB ist hier mit der „Schlussbekanntmachung gemäß § 6 Absatz 5 Baugesetzbuch“ der Antragsgegnerin am 13. Januar 2024 in Lauf gesetzt und mit den ihr zugeleiteten Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 22. März 2024 und 11. Juni 2024 im dazugehörigen Eilverfahren mit dem Aktenzeichen 22 B 286/24.NE gewahrt worden.
96Diese Jahresfrist ist hier ohnehin auch noch nicht abgelaufen.
97III. Keiner weiteren Ausführungen bedarf es nach alledem zu den übrigen Rügen der Antragsteller, die insbesondere die Bekanntmachung, die Erforderlichkeit der Planung, weitere Vorsorgeabstände als weiche Tabukriterien, die Ermittlung und Auswahl der Potenzialflächen nach ihrer Eignung sowie das Kriterium der Schaffung substanziellen Raums für die Windenergie betreffen, und zu möglichen sonstigen Planungsmängeln, die wegen der noch laufenden Rügefrist grundsätzlich auch von Amts wegen aufzugreifen wären.
98Allgemein zur fehlenden Verpflichtung einer umfassenden Prüfung bei Feststellung eines durchgreifenden Planungsmangels jüngst BVerwG, Beschluss vom 11. April 2024 - 4 B 24.23 -, juris Rn. 5, m. w. N.
99Ergänzend ist dazu allerdings festzuhalten, dass durchaus fraglich ist, ob die Antragsgegnerin dem unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 3 BauGB bereits im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung von dem Antragsteller zu 1. erhobenen Einwand, wegen der Geländeverhältnisse sei in Teilen der ausgewiesenen Vorrangzonen Windenergienutzung objektiv ausgeschlossen, hinreichend Rechnung getragen hat. Zwar muss nicht jede Fläche innerhalb der Vorrangzone ohne Einschränkung für die Windenergienutzung geeignet sein. Anderes dürfte aber gelten, wenn - wie etwa bei Steilhängen - insoweit großflächigere Probleme herrschen und damit nicht sichergestellt erscheint, dass sich die Windkraftnutzung in den ausgewiesenen Flächen tatsächlich durchsetzen kann.
100Eine weitergehende Prüfung erübrigt sich zudem mit Blick auf die Überleitungsvorschrift des § 245e Abs. 1 Satz 1 BauGB, wonach die Rechtswirkungen eines Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für Windenergievorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nur dann - abweichend von der Neuregelung in § 249 Abs. 1 BauGB - fortgelten, wenn der Plan bis zum 1. Februar 2024 wirksam geworden ist. Ein solcher Fall der zum Stichtag wirksamen Konzentrationszonenplanung mit Ausschlusswirkung liegt nach dem Vorstehenden hier gerade nicht vor. Für die fortdauernde Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bleibt daher kein Raum.
101In diesem Zusammenhang weist der Senat klarstellend darauf hin, dass auch eine Weiterverfolgung der Planung der Antragsgegnerin im Wege eines ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht rückwirkend zur Wirksamkeit „bis zum 1. Februar 2024“ im Sinne des § 245e Abs. 1 Satz 1 BauGB verhilft.
102Schon der Wortlaut des § 245e Abs. 1 Satz 1 BauGB spricht dagegen. Denn der dort verwendete Begriff der Fortgeltung legt eine ununterbrochene Wirksamkeit der Ausschlussplanung ohne den nachträglichen Rückgriff auf das Instrument einer rückwirkenden Inkraftsetzung nach § 214 Abs. 4 BauGB nahe. Dieser Befund wird durch die Gesetzesbegründung gestützt. Danach soll § 245e Abs. 1 Satz 1 BauGB regeln, „dass die aufgrund von Bestandsplanungen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes schon vorhandenen Wirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 BauGB übergangsweise weiter Anwendung finden“ (BT‑Drs. 20/2355, Seite 31; Hervorhebung nur hier), wobei ein spätestens bis zum 1. Februar 2024 wirksam gewordener Plan wie ein Bestandsplan behandelt werden soll. Für eine in diesem Sinne restriktive Auslegung spricht zudem der Charakter der Vorschrift als Ausnahme von § 249 Abs. 1 BauGB, um dem neuen Regelungsregime zügig Wirkung zu verleihen. Könnten unwirksame Ausschlussplanungen nachträglich geheilt werden, wäre dies gerade nicht sichergestellt. Schließlich sieht § 245e Abs. 1 Satz 4 BauGB zwar vor, dass Flächennutzungspläne im Sinne des § 245e Abs. 1 Satz 1 BauGB auch geändert, ergänzt oder aufgehoben werden können. Diese Anpassungsbefugnis bezieht sich notwendigerweise aber nur auf eine wirksame Rechtsetzung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, die wegen ihrer Fortgeltung nicht „versteinern“ und daher in gewissem Umfang noch Modifizierungen unterliegen soll. Das hat aber mit einer rückwirkender Heilung nach § 214 Abs. 4 BauGB, die den Zweck hat, insoweit erstmalig wirksames Recht zu schaffen, gerade nichts zu tun. Auch dies spricht demnach dagegen, dass die Vorschrift des § 245e Abs. 1 Satz 1 BauGB bei einer unwirksamen Planung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB noch Raum für ein ergänzendes Verfahren lässt.
103Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
105Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO; Zulassungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Anforderungen an den Abwägungsvorgang bei der Planung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung mit den Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der Rechtsprechung hinreichend geklärt sind und es sich insoweit vor dem Hintergrund des § 245e Abs. 1 BauGB auch um auslaufendes Recht handeln dürfte.