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Für eine wirksame und damit den Eintritt der Zustimmungsfiktion hindernde Verlängerung der Zweimonatsfrist nach § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. bedarf es einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Entscheidung der Genehmigungsbehörde. Mit der gesetzlichen Wendung „fachliche Beurteilung wegen des Ausmaßes der erforderlichen Prüfungen nicht möglich“ ist ein Ausnahmefall umschrieben, für dessen Annahme besondere Umstände vorliegen müssen. Diese sind von der Luftfahrtbehörde hinreichend konkret darzulegen, damit die Genehmigungsbehörde und gegebenenfalls nachfolgend das Gericht auf einer tragfähigen Grundlage beurteilen können, ob sie im konkreten Einzelfall eine Fristverlängerung rechtfertigen.
Es obliegt allein der Genehmigungsbehörde, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. über die Verlängerung der Zustimmungsfrist unter Abwägung zwischen dem Beschleunigungsinteresse der Antragstellerin einerseits und der sorgfältigen Prüfung der Luftsicherheitsbelange andererseits, zu entscheiden.
Diese Entscheidung ist nicht formgebunden, bedarf aber nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Zustimmungsfiktion einer hinreichenden und eindeutigen Dokumentation. Ein form- und fristgerechter Verlängerungsantrag der Luftfahrtbehörde genügt für sich genommen nicht. Denn dann bliebe vollständig und dauerhaft und für alle Betroffenen – insbesondere für die Antragstellerin und die Luftfahrtbehörde – in der Schwebe, ob die Frist verlängert oder die Fiktion bereits eingetreten ist.
Eine infolge Fristablaufs eingetretene Zustimmungsfiktion nach § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG a. F. kann von der Luftfahrtbehörde grundsätzlich nicht autonom aufgehoben werden.
Mit dem unbenannten öffentlichen Belang der Landesverteidigung im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB sind jedenfalls für den Bereich des Luftverkehrs inhaltlich keine weitergehenden Anforderungen verbunden als mit dem Tatbestandsmerkmal der Gefährdung des Luftverkehrs im Sinne der §§ 12, 14 und 29 LuftVG.
Es bleibt offen, ob ein fortbestehendes Nutzungsrecht von NATO-Gaststreitkräften für militärische Liegenschaften in Deutschland im Sinne des Art. 21b NATOTrStatVtrG der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für Windenergieanlagen eigenständig nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstehen kann oder ob es im Rahmen der verteidigungspolitischen Belange des § 35 Abs. 3 BauGB zutreffend angesiedelt ist.
Die luftrechtliche Zustimmung nach §§ 12, 14 LuftVG ist (nur) dann zu versagen, wenn nach §§ 14 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG eine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs vorliegt. Das ist der Fall, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden muss oder eine vorhandene Gefahr konkret verstärkt wird. Die bloße Möglichkeit eines schĭdigenden Ereignisses aufgrund eines hypothetischen Sachverhalts genügt hingegen nicht.
Zu der durch den Zustimmungsvorbehalt nach § 14 LuftVG geschützten Sicherheit der Luftfahrt gehört schon nach dem umfassenden, nicht nach dem Nutzungszweck differenzierenden Wortlaut der Norm der militärische, im Bundesgebiet grundsätzlich gemäß Art. 87a Abs. 1 GG von der Bundeswehr wahrgenommene Luftverkehr, und zwar auch und insbesondere, soweit dadurch der Luftraum, etwa durch Tiefflüge, besonders in Anspruch genommen wird. Dem steht die Inanspruchnahme durch verbündete (NATO-)Streitkräfte aus verteidigungspolitischen Gründen, insbesondere im Übungsfall, unter bestimmten Bedingungen gleich, wie sich nicht zuletzt aus Art. 46 NTS-ZA ergibt.
Der Bundeswehr kommt bei der Entscheidung, was zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Verteidigungsaufgaben zwingend notwendig ist, ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zu. Es ist deshalb den militärischen Überlegungen zu überlassen, wann und in welchem Umfang ein Tiefflugbetrieb im Einzelfall nach Maßgabe der konkreten Verhältnisse durchgeführt wird.
Der der Bundeswehr eingeräumte verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum ist vor dem Hintergrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht unbeschränkt. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich allerdings darauf, ob die zuständige Stelle der Bundeswehr von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen und ob sie die zivilen Interessen einschließlich der Lärmschutzinteressen in die gebotene Abwĭgung eingestellt und nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt hat.
In diesem Zusammenhang sind auch die Wertungen des § 2 Satz 1 EEG – wenn auch mit den Einschränkungen nach § 2 Satz 3 EEG – zu berücksichtigen. Der Regelung ist damit eine Bewertung des potenziellen Interessengeflechts als gleichrangig zu entnehmen, nicht aber eine Reduzierung des überragenden öffentlichen Interesses an der Nutzung erneuerbarer Energien auf eine generelle Nachrangigkeit gegenüber verteidigungspolitischen Interessen.
Der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum erstreckt sich auch darauf, dass es der Bundeswehr obliegt, das Gefährdungspotenzial einer Windenergieanlage im Korridor einer Tiefflugübungsstrecke zu beurteilen. Einschätzungen und Wertungen, die die zuständige Behörde im Rahmen des ihr eröffneten Beurteilungsspielraums vornimmt, sind auch einem Sachverständigengutachten grundsätzlich nicht zugänglich. Soweit die Gefahrenanalyse prognostische Einschätzungen umfasst, erstreckt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob die Prognose auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodengerecht erstellt wurde. Die Prognose ist fehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist.
Es besteht eine Vermutung dahingehend, dass ein einem Truppenübungsplatz (hier: dem Truppenübungsplatz Senne) zugeordneter beschränkter Luftraum (hier: ED-R 112/A) nach seinem Einrichtungszweck so bemessen ist, dass er die befriedigende Erfüllung der Funktionen des Truppenübungsplatzes einschließlich des dort stattfindenden Übungs- und Manöverbetriebs hinreichend effektiv absichert. Für eine Gefährdung auch außerhalb der Grenzen eines solchen Luftraums bzw. eines solchen Truppenübungsplatzes bedarf es weiterer - hier fehlender bzw. nicht feststellbarer - Umstände.
Zu dem Einrichtungszweck eines Luftbeschränkungsgebiets gehört es, den mit dem Truppenübungsplatz in Verbindung stehenden Flugverkehr abzusichern und entsprechende Gefahren zu vermeiden. Solche Gefahren können auch bauliche Anlagen hervorrufen, die in Höhen hineinragen, in denen solcher Flugverkehr nach allgemeinen oder besonderen Regeln stattfinden darf. Dies indiziert zumindest dann eine Gefährdung des militärischen Flugverkehrs durch Windenergieanlagen heute üblicher Bauhöhen, wenn dieser Luftraum tatsächlich mit einer gewissen Regelmäßigkeit zur Durchführung von Tiefflügen genutzt wird.
Es ist zumindest zweifelhaft, dass der Plansatz 10.2-13 des Entwurfs des Landesentwicklungsplans NRW zulässige und verbindliche Ziele der Raumordnung enthält.
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat.
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. Oktober 2022 verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 18. Dezember 2020 auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von insgesamt 13 Windenergieanlagen des Typs Enercon E-160 EP5 E2 mit einer Gesamthöhe von jeweils 246,6 m im Außenbereich der Städte Q. und Y. sowie der Gemeinde J. hinsichtlich der beantragten Anlagen WEA 03 – 09 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von insgesamt 13 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-160 EP5 E2 mit einer Nabenhöhe von 166,6 m, einem Rotordurchmesser von 160,0 m und einer Leistung von 5,5 MW im nordöstlichen Umfeld des Truppenübungsplatzes O. im Gebiet der Städte Q. und Y. sowie der Gemeinde J.. Das gemeindliche Einvernehmen der Gemeinde J. liegt vor, während die Städte Q. und Y. dieses verweigert haben. Die Standorte der Anlagen WEA 01, 02, 10, 11, 12 und 13 liegen innerhalb des Luftbeschränkungsbereichs ED-R 112/A, der über dem Truppenübungsplatz O. eingerichtet ist und über dessen Grenzen nach Osten hin ca. 2 km hinausgeht. Der Standort der Anlage WEA 03 liegt ca. 50 m außerhalb des ED-R 112/A. Die übrigen Anlagen (WEA 04 – 09) liegen vollständig außerhalb dieses Bereichs, jedoch unterhalb des sich an den ED-R 112/A anschließenden ED-R 203, der erst den Luftraum oberhalb von 8.000 Fuß erfasst.
3Der seit 1892 existierende Truppenübungsplatz O. ist den britischen Stationierungskräften seit 1945 zur militärischen Nutzung überlassen. Grundlage der Nutzung ist derzeit eine Verwaltungsvereinbarung vom 18. März 1993 - in Kraft getreten am 29. März 1998 -, ergänzt durch eine Liegenschaftsüberlassungsvereinbarung von Juni 2016. Die Nutzung wurde neben anderen militärischen Liegenschaften der britischen Rheinarmee den Bezirksregierungen X., N. und Q. am 18. November 1999 im Rahmen der Übergangsvorschrift des „21 b AG NTS (= Gesetz zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen (NATOTrStatVtrG)“ angezeigt. Ausweislich der Anzeigeunterlagen umfasste die Nutzung des Truppenübungsplatzes neben einer Vielzahl weiterer Anlagen „Helicopter Training“, „FGA Route (Route für Jagdflugzeug Luft-Boden-Angriff)“ und „Hel. Mov Tgr. Run (Hubschrauberzielanflug mit beweglichen Zielen)“. Ausweislich des Anhangs A der Anzeige sind die Nutzungen „FGA-Route“ und „Hel. Mov Tgr. Run“ für den Truppenübungsplatz O. dem dortigen „Dry Training Area“ zugeordnet. Das ist wiederum im zugehörigen Glossar mit „Übungsplatz zur Ausbildung ohne scharfen Schuss“ definiert. Für den Truppenübungsplatz sind in diesem Anhang ferner „Field Firing Areas“ (Gefechtsschießplätze) und „SA Ranges“ (Schießbahnen für Handfeuerwaffen) aufgeführt.
4Während des Afghanistankrieges wurde der Truppenübungsplatz durch die Stationierungskräfte zur Vorbereitung auf den Häuserkampf genutzt und zu diesem Zweck bei dem von der Bezirksregierung Q. als zuständige Genehmigungsbehörde bestimmten Kreis A. für die Errichtung der zusätzlich geplanten Schießhäuser und Übungskampfdörfer eine immissionsschutzrechtliche (Änderungs-)Genehmigung beantragt. Die vom Kreis A. am 18. Februar 2010 antragsgemäß erteilte Genehmigung war Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Minden, das durch Urteil vom 26. Oktober 2011 (11 K 606/10) beendet wurde. Eine Änderungsgenehmigung vom 20. Dezember 2011 erlangte Bestandskraft. Zu den in diesen Verfahren überreichten Unterlagen gehörten neben Betriebsbeschreibungen jeweils auch immissionsschutzrechtliche Stellungnahmen der P. GmbH vom 8. Dezember 2009 bzw. eine Richtlinie zur Überwachung und zum Management des Lärms auf dem Truppenübungsplatz O. vom 15. April 2011. In der Begründung heißt es, die wesentlichen Auswirkungen der Anlage seien Immissionen durch Schießlärm und Fahrzeugbewegungen sowie Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft. Dabei sei der Truppenübungsplatz als Gesamtanlage zu betrachten. Auf dem Übungsplatz fänden außer Schießübungen mit Übungsmunition und Fahrzeugbewegungen an einzelnen Tagen auch Schießübungen mit großkalibriger Munition und (Helikopter-)Flugbetrieb statt. Das der Genehmigung vom 18. Februar 2010 zugrunde liegende Immissionsgutachten weist eingangs ausdrücklich darauf hin, dass Geräuschimmissionen durch Großkaliberwaffen und Fluglärm nicht betrachtet würden, weil sie laut Genehmigungsantrag nicht zeitgleich mit den beantragten Übungsaktivitäten stattfänden. Demgegenüber statuiert die Änderungsgenehmigung vom 20. Dezember 2011, dass die im Februar 2010 genehmigten Anlagen sowohl gleichzeitig als auch am gleichen Tag genutzt werden dürfen wie die Schießbahnen für große Waffen und die Schießbahnen für kleine Waffen. Auch Übungen mit Hubschraubern seien gleichzeitig und am gleichen Tag zulässig. Unter Nr. III.B.9 ist in den Nebenbestimmungen geregelt, dass während der Nachtzeit der Flugbetrieb auf dem Flugfeld des Truppenübungsplatzes (bei Bad Lippspringe) für militärisch genutzte Flugzeuge und Hubschrauber nur im Rahmen einer gesonderten Ausnahme durch die zuständige Überwachungsbehörde zulässig ist. Nach der Begründung der Änderungsgenehmigung berücksichtigt die immissionsschutzrechtliche Begutachtung (Lärmmanagement) grundsätzlich drei Lärmarten, neben dem Schießen mit großen Waffen und dem Schießen mit kleinen Waffen den sonstigen Truppenübungsplatzlärm, zu dem Fahrzeugbewegungen (insbesondere schwere Panzer), Hubschrauberflug (insbesondere Hovern), Flugbewegungen auf dem Flugplatz im Bereich Bad Lippspringe, Nutzung der Übungsdörfer, soweit es sich nicht um Schießlärm handelt, und sonstige Geräusche gemäß TA Lärm gezählt werden. Das Lärmmanagement selbst zählt zum „Sonstigen TrÜblPl-Lärm“ eine Vielzahl unterschiedlicher Geräuschquellen, die sich sowohl in ihrer Quellenart (Verkehrslärm, Gewerbelärm, Sportlärm, Nachbarschaftslärm) als auch in ihrer Verteilung auf der gesamten Fläche des Truppenübungsplatzes unterschieden. Der Schießlärm stelle dabei die wesentliche Ursache für die Belästigung in der Nachbarschaft des Truppenübungsplatzes dar, während der sonstige Truppenübungsplatzlärm in weiten Teilen der Nachbarschaft irrelevant sei. Deshalb könne die Setzung eines festen Wertes hierfür (6 dB(A) Belastungsbeitrag) der Problematik am ehesten gerecht werden. Die zur Änderungsgenehmigung vorgelegte fachgutachterliche Stellungnahme bezüglich der natur- und artenschutzrechtlichen Belange erwähnt bei der Beschreibung der sogenannten Vorbelastungen für die Tier-, insbesondere die Vogelwelt Fluglärm nicht, während etwa dem erdgebundenen Verkehrsaufkommen eine eingehende Betrachtung gewidmet ist. Der erst bei der Beschreibung des Vorhabens angesprochene Flugbetrieb beschränkt sich danach auf Hubschrauberflüge; diese hingen nach Art und Anzahl von den zu übenden Einsatzszenarien ab, gehörten jedoch nicht zum regelmäßigen Übungsbetrieb.
5Unter dem 18. Dezember 2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die vorgenannte immissionsschutzrechtliche Genehmigung und reichte auf verschiedene Anforderungen bis zum 18. Mai 2021 weitere Unterlagen nach. Im Rahmen eines vorbereitenden Scoping-Termins hatte die Beigeladene zu 1. am 26. November 2020 dem Beklagten mitgeteilt, die Plangebiete befänden sich teilweise im Interessengebiet der Luftverteidigungsanlage L.. Mit Einschränkungen sei aber nicht zu rechnen. Weitere Einschränkungen seitens der Bundeswehr seien nicht erkennbar. Ob und inwiefern eine Beeinträchtigung der militärischen Interessen tatsächlich vorliege, könne in dieser frühen Planungsphase ohne das Vorliegen konkreter Angaben wie Anzahl der Anlagen, Standortkoordinaten, Naben- und Bauhöhen aber noch nicht abschließend beurteilt werden.
6Unter dem 21. Mai 2021 leitete der Beklagte die vorgezogene Beteiligung der Fachbehörden – darunter die Beigeladenen zu 1. und 2. – ein. Die Eingangsbestätigung der Bezirksregierung N. datiert vom 26. Mai 2021.
7Von den weiteren beteiligten Stellen erhob u. a. die untere Naturschutzbehörde zuletzt mit Stellungnahme vom 12. Juli 2021 Bedenken, weil verschiedene natur- und artenschutzrechtliche Fragen noch nicht hinreichend geklärt seien. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wurde mit Blick auf die aus anderen Gründen aus Sicht des Beklagten bestehende Ablehnungsreife ebenso wenig durchgeführt wie eine Öffentlichkeitsbeteiligung. Mit mehreren Schreiben erhob der Landschaftsverband S. Bedenken hinsichtlich des Denkmalschutzes insbesondere wegen einer möglichen Beeinträchtigung des Naturdenkmals Externsteine und des Hermannsdenkmals. Im Wesentlichen auf Belange des Denkmalschutzes stützt sich auch die Verweigerung des Einvernehmens durch die Stadt Y., während die Stadt Q. hierfür keine Begründung abgab.
8Unter dem 18. Juni 2021 teilte die Beigeladene zu 1. dem Beklagten mit, dass „bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage […] aus flugsicherungstechnischer (§ 18a LuftVG), liegenschaftsmäßiger, infrastruktureller und schutzbereichsmäßiger Sicht seitens der Bundeswehr keine Bedenken bei o.a. Vorhaben“ bestünden. Zugleich wurde darauf hingewiesen, das Luftfahrtamt der Bundeswehr (LuftABw) habe „bereits wie folgt Stellung genommen:
9Gem. § 14 LuftVG bestehen keine Einwände.
10Eine offizielle Stellungnahme erhalten Sie hierüber über das von der zuständigen zivilen Luftfahrtbehörde initiierte Beteiligungsverfahren“.
11Im unmittelbaren Anschluss hieran findet sich dann in den Akten der Beigeladenen zu 1. die Stellungnahme des LuftABw vom 27. September 2021 an die H. (K. GmbH) und an das zu 2. beigeladene Land (im Folgenden: Bezirksregierung), wonach sie sich vollumfänglich der ablehnenden Stellungnahme der britischen Streitkräfte vom 24. September 2021 anschließe.
12Unter dem 29. September 2021 teilte die Beigeladene zu 1. dem Beklagten mit, „bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage (würden) durch das o.a. Vorhaben […] Belange der Bundeswehr bzw. der britischen Gaststreitkräfte berührt und beeinträchtigt“. Sie ziehe daher ihre zustimmende Stellungnahme vom 18. Juni 2021 zurück und stimme dem Vorhaben nicht zu. Zur weiteren Begründung wiederholte sie praktisch wörtlich die Stellungnahme der britischen Armee vom 24. September 2021. In auf Bitten des Beklagten zu den Einwänden der Klägerin erstellten ergänzenden Stellungnahmen vom 25. November 2021 und 12. Januar 2022 führte die Beigeladene zu 1. aus, die beantragten 13 Windenergieanlagen sollten in einem von zwei möglichen Ein- und Ausflugkorridoren des Truppenübungsplatzes errichtet werden. Die beantragten Bauwerke stünden den militärischen Belangen des auf dem Truppenübungsplatz O. durchgeführten Gefechtsübungsbetriebs mit verbundenen Waffen entgegen. Dies bezeichne ein zeitliches und räumliches Zusammenwirken von Kräften verschiedener Truppengattungen und Teilstreitkräften mit gemeinsamer Zielsetzung und unter einheitlicher Führung. Dabei wirkten in diesem Fall Luft- und Landstreitkräfte zusammen, um für die Einsatzrealitäten erforderliche Ausbildungsinhalte zu trainieren. Für die zu übenden Szenarien sei sowohl ein Ein- als auch ein Ausflugkorridor auf das bzw. vom Übungsgelände erforderlich. Die beiden Flugkorridore ergäben sich durch die beiden einzigen nicht mit Wohnbebauung besetzten und für die militärischen Szenarien geeigneten Bereiche sowie aus den für solche militärischen Aktivitäten geltenden Sicherheitsvorschriften. Die zu übenden Szenarien, welche vorliegend beeinträchtigt würden, bestünden im Anflug auf die auf dem Übungsplatz installierten baulichen Ziele mit scharfer Munition und im Einsatz dieser Munition. Sowohl Strahlflugzeuge als auch Drehflügler würden als Luftfahrzeuge in Boden-Luft- und Luft-Boden-Einsatz- und Übungsszenarien eingesetzt. Der Tiefflugbetrieb stehe dabei in unmittelbarem Zusammenhang mit den auf dem Truppenübungsplatz errichteten baulichen Anlagen zur Zieldarstellung. Diese seien untrennbar mit den An- und Ausflugkorridoren verbunden. Der Wegfall des Ausflugkorridors würde die bestehenden baulichen Einrichtungen obsolet machen. Die Lage der beiden Korridore sei deswegen nicht variierbar. Diese Tiefflugkorridore seien „vor Jahrzehnten nach damaliger Rechtslage und unter Vermeidung bewohnter Gebiete in planähnlicher Weise festgelegt worden“. Da sie seit langem in der jetzigen Form festgelegt worden seien, genössen sie den zeitlichen Vorzug gegenüber den Planungen der Klägerin. Die Korridore für den Jettiefflug seien mit Sicherheitsabstand etwa 4 km breit und ergäben sich aus einer beigefügten Karte. Flugbereiche für Hubschrauber für die zu übenden Einsatzszenarien seien auf diesen Karten nicht dargestellt, weil sie genauere Rückschlüsse auf Details zuließen, die der militärischen Geheimhaltung unterlägen und es darauf nicht mehr ankomme. Neben den britischen übten diese Szenarien weitere befreundete Streitkräfte einschließlich der Bundeswehr. Die geplanten Anlagen lägen hier inmitten des östlichen Tiefflugkorridors. Ein Teil von ihnen liege darüber hinaus im Flugbeschränkungsgebiet ED-R 112/A (von Grund bis 14.000 Fuß). Zudem stelle der erforderliche Einsatz von Simulationsflugzeugen einen zusätzlichen Ablehnungsgrund für die Errichtung der Windenergieanlagen dar (Unterstreichung im Original). Die bei den Gefechtsübungen zum Einsatz kommenden Flugzeuge würden von gewerblichen Anbietern gestellt und geflogen. Daher dürften sie aus Sicherheitsgründen bei Einsätzen mit scharfer Munition den Truppenübungsplatz nicht überfliegen. Sie bewegten sich stattdessen in dem verbleibenden Bereich des dann für den übrigen zivilen Luftverkehr gesperrten Luftraums ED-R 112/A („also außerhalb des Truppenübungsplatzes, über dem Teutoburger Wald“). Die projektierten Windenergieanlagen würden aber gerade dort für zusätzliche Flugbeschränkungen sorgen. Da diese Simulationsflugzeuge eine freie Sichtlinie zum Geschehen auf dem Übungsplatz benötigten, um eine realistische Übungssimulation zu ermöglichen, wäre dieses Szenario nicht mehr sinnvoll durchführbar.
13Mit E-Mail vom 7. Juli 2021 bat die zwecks Prüfung der luftverkehrsrechtlichen Zulässigkeit beteiligte Bezirksregierung den Beklagten um Verlängerung der Stellungnahmefrist „um einen Monat bis zum 20.08.2021 gem. § 12 Abs. 2 LuftVG“. Die H. habe gerade mitgeteilt, dass die Gutachten für die 13 Anlagen von dort wahrscheinlich nicht fristgerecht vorgelegt werden könnten, weil neben der Bundeswehr auch die britischen Behörden beteiligt werden müssten. Nach Darstellung der britischen Armee wurde diese erstmals mit E-Mail vom 22. Juli 2021 durch die Bundeswehr angeschrieben. Darüber hinaus bat sie den Beklagten, die Zustimmung (Benehmen) des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung (BAF) herzustellen, „indem Sie diese Fristverlängerung dort [...] beantragen“. Mit E-Mail vom 8. Juli 2021 erteilte das BAF gegenüber dem Beklagten seine Zustimmung, die Bearbeitungsfrist bis zum 20. August 2021 zu verlängern. Die Bezirksregierung erhielt diese E-Mail „in cc“. Handschriftlich und mit Paraphe sowie dem Datum 8/7 versehen findet sich (nur) in den dortigen Verwaltungsvorgängen der Vermerk: „Nach Rücksprache mit Frau H ist damit die Fristverlängerung gewährt.“
14Mit E-Mail vom 28. Juli 2021 teilte die Bezirksregierung dem Beklagten mit, nach diversen Telefonaten mit Vertretern der Bundeswehr könne „aus diversen Gründen“ eine detaillierte Stellungnahme zur Begründung der Nichtzustimmung nicht vor dem 10. September 2021 abgegeben werden. „Ich bitte daher gem. § 12 Abs. 2 LuftVG um neuerliche Fristverlängerung zur Abgabe meiner luftrechtlichen Stellungnahme bis zum 30.09.2021. Dieses Datum vor dem Hintergrund, da ich urlaubsbedingt erst Ende September wieder im Büro sein werde.“ In der zugehörigen Stellungnahme des Hauptmanns C. heißt es: „Nach mehreren Telefonaten mit dem britischen Verbindungsoffizier hat sich nunmehr herausgestellt, dass die Ablehnungsgründe zu den 2 Anträgen mit insgesamt 15 Windenergieanlagen äußerst komplex sind. Aufgrund des Fehlens von Schlüsselpersonal – sowohl wegen Krankheit, als auch wegen Urlaubszeit – wird eine umfangreiche detaillierte Stellungnahme mit den Ablehnungsgründen nicht bis zur gesetzten Frist möglich sein. Darum bitten wir um eine Verlängerung der Frist bis zum 10.09.2021. Sollte dies nicht möglich sein, bitte ich mir rechtzeitig Bescheid zu geben.“
15Mit weiterer E-Mail vom 28. Juli 2021 beantragte die Bezirksregierung noch einmal eine Fristverlängerung (ohne ein Datum zu nennen) unter einer etwas ausführlicheren Schilderung des Sachverhalts. Das vom Beklagten mit E-Mail vom 29. Juli 2021 beteiligte BAF erteilte hierzu mit E-Mail vom selben Tag sein Benehmen. Auf der 2. E-Mail vom 28. Juli 2021 findet sich wiederum nur in den Verwaltungsvorgängen der Bezirksregierung handschriftlich und mit Paraphe sowie dem Datum 28/7 versehen der Vermerk: „Nach tel. Rücksprache mit Herrn B. hat das BAF die erneute Fristverlängerung gewährt, Frau D. wird mir die Nachricht zuleiten.“
16Am 24. September 2021 teilten die Gaststreitkräfte der Beigeladenen zu 1. mit, dass dem Projekt nicht zugestimmt werden könne. Es widerspräche der Absicht des Vereinigten Königreichs, landgestützte regionale Drehkreuze zu entwickeln, um seine Fähigkeit zu verbessern, seinen NATO-Verpflichtungen nachzukommen. Für Europa solle der Truppenübungsplatz O. und die dazugehörige Infrastruktur das regionale Drehkreuz werden. Dieser vorgeschobene Ausbildungs-, Vorausstationierungs- und Kommandoknotenpunkt (NFS) erfordere, dass sowohl luftbewegliche Kräfte als auch Heeresfliegerkräfte auf dem Truppenübungsplatz und um diesen herum ausgebildet werden und üben könnten. Dies sei Voraussetzung dafür, das Ziel der Verlegung der schnellen Eingreifbrigade der NATO im Jahr 2024 zu erreichen. Die in Rede stehenden Windenergieanlagen würden die bestehenden Luftkorridore im Flugbeschränkungsgebiet ED-R 112/A, in dem taktische Hubschrauberübungen stattfänden, verengen und damit die Notwendigkeit erhöhen, bebaute Gebiete zu überfliegen, was zu größeren Risiken für Menschenleben führe, zumal hier auch risikoreichere Flugmanöver stattfänden, bei denen insbesondere mehrere Helikopter eingesetzt und die auch bei schlechteren Wetterbedingungen durchgeführt würden. Das Flugsimulationsflugzeug sei dann aufgrund der begrenzten Flughöhe u. U. nicht einsetzbar, was zu verlorenen Trainingstagen aufgrund der Wolkenhöhe führen könne. Insgesamt würde der Einsatz von Kampfflugzeugen auf dem Truppenübungsplatz in einer Weise eingeschränkt, die von den britischen Streitkräften nicht akzeptiert werden könne; die Anlagen wären in unmittelbarer Nähe der verbleibenden Flugkorridore ein Hindernis, das insbesondere bei Nacht und schlechtem Wetter eine erhebliche Gefahr darstelle. Unter dem 8. Dezember 2021 wurde dies dahingehend ergänzt, dass der Verlust des ED-R 112/A und die damit verbundenen Einschränkungen Verluste für das Vereinigte Königreich in Bezug auf eine realistische Einsatzausbildung für die Truppen zur Durchführung von Operationen mit sich bringen würde, die so erheblich seien, dass sie die Fähigkeit von V., die gesamte militärische Ausbildung einschließlich der integrierten und damit kombinierten Boden- und Luftübungen im Rahmen des Konzeptes der regionalen Drehkreuze für das Vereinigte Königreich und alle anderen Nutzer, einschließlich der Bundeswehr, zu verwirklichen, infrage stellen würden.
17Mit Verbalnote vom 12. Januar 2024 teilte die britische Botschaft in Berlin mit, für die britischen Streitkräfte sei der Truppenübungsplatz O. nach wie vor, wie schon seit Ende 1945, ihr kritischster und wichtigster CAM-Übungsplatz auf dem europäischen Festland. Er biete auch heute noch mehrere zusammenhängende Fähigkeiten, die durch die Weiterentwicklung der Technologie ermöglicht würden. Dazu gehörten der Combined Arms Tactical Trainer (eines der größten alliierten Simulationszentren), eine elektronisch vernetzte Spezialausbildungseinrichtung für Gefechtsstände, zeitweilige Unterkünfte für 2.500 Soldaten, eine Reparatur- und Lagereinrichtung für eine Flotte von gepanzerten Kampffahrzeugen bis zur Gefechtsebene und ein militärisches Flugbeschränkungsgebiet vom Boden bis zu einer Höhe von 14.000 Fuß. Die Summe dieser Fähigkeiten bedeute, dass Übungsszenarien mehrfach im gleichen Kontext durchgeführt werden könnten, die den maximalen Ausbildungsnutzen aus der verfügbaren Zeit und den Ressourcen, einschließlich Artillerie, Hubschraubern, schnellen Jets und Drohnen zur Unterstützung der Bodentruppen, biete. Dies sei nur durch die Sicherheitsbedingungen möglich, die durch das Flugbeschränkungsgebiet ED-R 112/A über den Grenzen des Truppenübungsplatzes und dessen interne Konfiguration geschaffen werde. Der ED-R ermögliche es allen Luftstreitkräften, in Gefechtsszenarien in und um das Übungsgelände selbst zu manövrieren, im Tiefflug zu fliegen, taktische Anflüge durchzuführen und Ziele zu erfassen, bevor sie sich wieder den laufenden Übungen anschlössen und identifizierte Schutzziele bekämpften. Dieser komplexe Einsatz von Hubschraubern, schnellen Jets und Drohnen in einem „lebenden“ Gefechtsszenario am Boden werde vom Gefechtsverband streng kontrolliert und sei nur mit vorher festgelegten Ein- und Ausflugkorridoren und unbeschränktem Luftraum innerhalb der ED-R möglich. Im Laufe der Jahrzehnte habe der Truppenübungsplatz den britischen Streitkräften die Möglichkeit gegeben zu üben, während der Jahre des Kalten Krieges als Teil der kollektiven Abschreckung. Danach hätten die Truppen auf dem Übungsplatz nach denselben Grundsätzen vor den beiden Golfkriegen, den Einsätzen im ehemaligen Jugoslawien, im Irak und in Afghanistan geübt. Besonders erwähnenswert sei, dass 2016 die Very High Readiness Joint Task Force (Land) der NATO, der 14 Nationen angehörten, auf dem Truppenübungsplatz ausgebildet worden sei. Heute sei der Truppenübungsplatz dafür entscheidend, dass nach dem russischen Angriffskrieg die zu verlegenden britischen Bodentruppen einsatzbereit seien, bevor sie nach Estland verlegt würden. Hierfür werde der Truppenübungsplatz zwingend benötigt. Der Verlust oder die Einschränkung irgendeiner der Fähigkeiten auf dem Truppenübungsplatz O. und seiner ED-R hätte schwerwiegende und unbeabsichtigte langfristige Folgen für die britische Fähigkeit, einsatzbereite Streitkräfte auf dem europäischen Festland zur Unterstützung der NATO-Verpflichtungen bereitzustellen.
18Mit E-Mail vom 27. September 2021 erklärte die Beigeladene zu 1. gegenüber der H., die britischen Streitkräfte lehnten die Errichtung der 13 Anlagen ab. Das sei in der beigefügten Stellungnahme ausführlich erläutert, der sie sich vollumfänglich anschließe. Mit E-Mail vom 28. September 2021 teilte die H. der Bezirksregierung mit, sie schließe sich der Entscheidung der Bundeswehr an. Weitere Ausführungen enthält die aus einem Satz bestehende Nachricht nicht.
19Unter dem 28. bzw. 29. September 2021 verweigerte die Bezirksregierung unter Bezugnahme auf die ablehnende Stellungnahme der Bundeswehr und des britischen „Strategic Command“ die luftrechtliche Zustimmung zur Errichtung der geplanten Windenergieanlagen. Sie schließe sich den Stellungnahmen der militärischen Dienststellen und der H. an, weil sie nach interner Überprüfung ebenfalls eine Gefahr für den militärischen Luftverkehr bei Errichtung der Windenergieanlagen sehe. Auf die im Anhörungsverfahren erhobenen Einwände der Klägerin und einer von dem Beklagten eingeholten gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. A. ergänzte die Bezirksregierung am 1. Dezember 2021 ihre Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Verlängerung.
20Mit Bescheid vom 5. Oktober 2022 lehnte der Beklagte nach Anhörung der Klägerin und mehrfacher Verlängerung der ihr eingeräumten Stellungnahmefristen den Genehmigungsantrag ab. Die Bezirksregierung N. habe als zuständige Luftfahrtbehörde für ihn bindend die nach §§ 12, 14 LuftVG erforderliche Zustimmung wegen einer Gefährdung des militärischen Flugverkehrs verweigert; unbeschadet dessen stehe dem Vorhaben der unbenannte öffentliche Belang der Verteidigung entgegen. Die Bezirksregierung habe mit ihrer Stellungnahme vom 29. September 2021 die erforderliche Zustimmung verweigert, weil nach den eingegangenen Stellungnahmen der militärischen Dienststellen und der H. eine Gefahr für den militärischen Luftverkehr bei Errichtung der Windenergieanlagen gesehen werde. Der Übungs- und Schießbetrieb am Truppenübungsplatz O. würde beeinträchtigt. Hinzu komme, dass nach der Stellungnahme des „Strategic Command“ des Vereinigten Königreichs die Anlagenerrichtung zu einer konkreten Gefahr für die zukünftig geplanten Nutzungen des Truppenübungsplatzes führe. Die Versagung der Zustimmung sei auch fristgerecht erfolgt. Eine Zustimmungsfiktion sei nicht eingetreten, nachdem durch ihn, den Beklagten, die Frist des § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG jeweils zulässigerweise bis einschließlich zum 30. September 2021 verlängert worden sei.
21Unabhängig davon komme eine Genehmigungserteilung aber auch wegen entgegenstehender Belange der Verteidigung im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB nicht in Betracht. Aus den Stellungnahmen der Beigeladenen zu 1. und der britischen Streitkräfte ergebe sich insgesamt, dass der Truppenübungsplatz O. bereits seit 1945 einen grundlegenden und wichtigen Bestandteil der modernen militärischen Ausbildung darstelle. Der dort seit Jahrzehnten durchgeführte Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen umfasse Tiefflugbetrieb von Strahlflugzeugen/Drehflüglern im Zusammenhang mit am Truppenübungsplatz errichteten Anlagen zur Zieldarstellung und trage so dazu bei, dass die britischen Streitkräfte ihre Verpflichtungen nach Art. 5 des NATO-Vertrages erfüllen könnten. Die konkreten Begrenzungen der hierfür u. a. erforderlichen Korridore (Einflug von Norden, Ausflug nach Osten) einschließlich der erforderlichen Sicherheitsabstände seien bereits vor Jahrzehnten festgelegt worden und seien auch nicht variierbar und damit alternativlos. Die beantragten Windenergieanlagen befänden sich sämtlich innerhalb des Ausflugkorridors. Die beteiligten militärischen Stellen hätten plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass die beschriebenen Gefechtsszenarien bei einer Realisierung des Vorhabens der Klägerin nicht eingeübt werden könnten, weil die Flugzeuge nicht schnell genug an Höhe gewinnen könnten, um den Windenergieanlagen sicher auszuweichen. Das gelte auch für Kampfhubschrauber, die noch tiefer flögen. Insbesondere bestehe bei deren nächtlichem Schwärmflug das Problem, Masten und Rotoren der Windenergieanlagen an den geplanten Standorten rechtzeitig zu erkennen. Vor diesem Hintergrund sei bei einer konkreten Abwägung den verteidigungspolitischen Interessen hier auch unter Berücksichtigung des § 2 Satz 1 EEG der Vorrang vor den Interessen der Klägerin und der Nutzung regenerativer Energien zu geben. Die seit 1945 stets erfolgte Nutzung sei hier unter dem 18. November 1999 ordnungsgemäß angezeigt und für den hier interessierenden Kontext im Wesentlichen unverändert geblieben. In den Anzeigeunterlagen seien ausdrücklich eine FGA-Route und ein „Hubschrauberzielanflug mit beweglichen Zielen“ bezeichnet. Allerdings sei ein betriebstechnischer Zusammenhang mit dem immissionsschutzrechtlich genehmigten Schießplatz nicht gegeben und bereits aus diesem Grund eine immissionsschutzrechtliche (Änderungs-) Genehmigung für den Übungsbetrieb nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vor Erlass des Ablehnungsbescheides nicht erforderlich gewesen. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV sei ein Antrag abzulehnen, sobald feststehe, dass die Anlage nicht genehmigungsfähig sei. Das sei hier mit der Ablehnung der erforderlichen luftrechtlichen Zustimmung der Fall gewesen.
22Bereits am 29. August 2022 hat die Klägerin gegen den Beklagten eine Verpflichtungsklage in Form einer Untätigkeitsklage gerichtet auf Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für zwei Windenergieanlagen (WEA 01 und 07) erhoben und die Klage nach Erlass des Ablehnungsbescheides am 10. Oktober 2022 auf die übrigen elf beantragten Windenergieanlagen erweitert. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, eine luftrechtliche Zustimmung liege nach § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 LuftVG in fingierter Form vor und militärische Belange stünden dem Vorhaben mangels belegter und genehmigter Nutzung des Truppenübungsplatzes für Tiefflüge ebenfalls nicht entgegen. Unabhängig davon sei der Ablehnungsbescheid bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen rechtswidrig. Vor einer solchen Entscheidung hätte der Beklagte zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen und die Öffentlichkeit beteiligen müssen. In materieller Hinsicht gehe die mit Schreiben vom 29. September 2021 verweigerte Zustimmung der Luftverkehrsbehörde ins Leere, weil zuvor die Fiktionswirkung des § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG eingetreten sei. Dies gelte bereits deshalb, weil die Verlängerungsanträge der Bezirksregierung vom 7. Juli 2021 und 28. Juli 2021 seitens des Beklagten nicht förmlich beschieden worden seien. Er habe sich vielmehr darauf beschränkt, das zu beteiligende BAF um Erteilung seines Einvernehmens zu ersuchen. Aus den Verwaltungsvorgängen des Beklagten gehe nicht einmal hervor, dass es eine mündliche Fristverlängerung gegeben habe – bemerkenswerter Weise fänden sich handschriftliche Kurzvermerke nur in den Akten der Bezirksregierung. In der Sache lasse sich den Vermerken auch nur entnehmen, dass der Beklagte offensichtlich keine eigene Entscheidung getroffen habe, sondern zu Unrecht davon ausgegangen sei, das Benehmen des BAF stelle diese Entscheidung dar. Das gehe an der Rechtslage und der Verpflichtung des Beklagten, bei von ihm zu prüfendem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Abwägungsentscheidung zu treffen, vorbei. Diese Anforderungen ließen sich auch nicht dadurch umgehen, dass man mit dem Beklagten einen Verlängerungsanspruch bei rechtzeitiger Antragstellung ausreichen lasse. Das ließe die vom Gesetzgeber bewusst statuierte Genehmigungsfiktion und ihren Beschleunigungseffekt vielmehr leerlaufen. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne eine fingierte Zustimmung auch nicht widerrufen oder zurückgenommen werden. Eine solche Widerrufsentscheidung könne unabhängig davon nicht im Wege einer Umdeutung in der Zustimmungsverweigerung vom 29. September 2021 gesehen werden. Das habe die Bezirksregierung inzwischen selbst erkannt. Die damit verbundene Aufhebungsentscheidung vom 12. Januar 2024 sei für den nunmehr allein geltend gemachten Bescheidungsanspruch aber schon deshalb unerheblich, weil sie nur für die Zukunft gelten solle, es hier aber allein auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten über den Genehmigungsantrag ankomme. Unbeschadet dessen sei die von der Bezirksregierung in erster Linie ausgesprochene Rücknahme unzulässig, weil die Rechtswidrigkeit der (Nicht-)Zustimmung für die Genehmigungsentscheidung ohne Bedeutung sei. Deshalb sei die Fallgestaltung auch nicht mit derjenigen fiktiver Genehmigungen vergleichbar. Allerdings lägen auch die materiellen Rücknahmevoraussetzungen nicht vor, ebenso wenig wie Widerrufsgründe. Die von der Bezirksregierung gesehene konkrete Gefährdung des Luftverkehrs bestehe unter keinem der von ihr angeführten Gesichtspunkte; insbesondere bleibe es dabei, dass die geplanten Anlagen selbst bei einem Tiefflugeinsatz in der „Belle Alliance“ unter 150 m, den es aber im Regelfall ohnehin nicht gebe, bei normalen Steiggradienten problemlos überwunden werden könnten. Schließlich sei jedenfalls die Ermessensbetätigung fehlerhaft, weil die Bezirksregierung nicht zwischen einem Rücknahme- und einem Widerrufsinteresse sauber differenziert habe. Zudem habe sie sich nicht mit der Frage befasst, ob eine Gefahrenabwehr die Versagung der Zustimmung zu allen 13 beantragten Anlagen erzwinge oder ob hier nicht auch ein „Teilverzicht“ ausreiche. Hierzu sei sie aber jedenfalls vor dem Hintergrund des § 2 EEG verpflichtet gewesen.
23Der Beklagte könne seine Ablehnungsentscheidung auch nicht auf entgegenstehende Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB stützen. Zwar gehörten verteidigungspolitische Interessen zu den unbenannten Belangen im Sinne dieser Vorschrift. Der Beklagte habe jedoch die erforderliche Abwägung mit ihren privilegierten Belangen fehlerhaft getroffen. Er habe § 2 EEG nicht ausreichend berücksichtigt, sondern einseitig die militärischen Nutzungsinteressen bevorzugt. Zudem sei er zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen Bestandsschutz genieße. Diese Nutzung sei vielmehr (immissionsschutzrechtlich) genehmigungsbedürftig, aber weder genehmigt noch genehmigungsfähig. Nach Art. 6 Nr. 2 Satz 1 der Verwaltungsvereinbarung vom 18. März 1993 und die mit Bezug hierauf erfolgte Nutzungsanzeige vom 18. November 1999 seien lediglich die zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeübten militärischen Nutzungen von der Genehmigungspflicht freigestellt. Hierunter falle der den Windenergieanlagen entgegengehaltene Übungsbetrieb, insbesondere die Nutzung für Tiefflüge, indes nicht. Insofern sei der Vortrag des Beklagten und der Beigeladenen auch in sich widersprüchlich, wenn zum einen der Bestandsschutz der mit dem Gefechtsübungsbetrieb verbundenen Flugbewegungen aus der Anzeige vom 18. November 1999 hergeleitet werde, zum anderen aber immer wieder betont werde, er unterliege keiner Genehmigungspflicht. Die Ausführungen des Beklagten dazu, dass der nunmehr geplante Gefechtsübungsbetrieb bereits von der unter dem 18. November 1999 erfolgten Anzeige umfasst war, seien vor dem Hintergrund der – allerdings variierenden – Angaben der Bundeswehr zu Art und Umfang des nunmehr geplanten Gefechtsübungsbetriebes nicht nachvollziehbar. Der Beklagte bzw. die Beigeladene zu 1. hätten auch lediglich pauschal darauf hingewiesen, dass ein solcher Betrieb seit Jahrzehnten durchgeführt werde, ohne hierzu konkretere Angaben zu machen. Solches lasse sich auch nicht der Anzeige aus dem Jahr 1999 entnehmen. Die dort erwähnte FGA-Route sei lediglich die Beschreibung eines Flugkorridors, die indes nichts darüber aussage, ob und in welchem Umfang dieser auch genutzt wurde bzw. werde. Dies gelte gleichermaßen für den dort genannten Hubschrauberzielanflug mit beweglichen Zielen. Wie sich aus dem Genehmigungsverfahren 2010 ergebe, sei der Truppenübungsplatz damals von den britischen Streitkräften ausschließlich zur Vorbereitung der Bodentruppen auf den Häuserkampf in Afghanistan genutzt worden. Ein darüber hinaus gehender Betrieb hätte zumindest im Rahmen der Begutachtung der P. GmbH vom 8. Dezember 2009 als Vorbelastung und im Rahmen der durchgeführten FFH-Verträglichkeitsprüfung Erwähnung und Berücksichtigung finden müssen. Auch im gerichtlichen Verfahren seien der Beklagte und die Beigeladene zu 1. jeglichen konkreten Hinweis schuldig geblieben, dass der von ihnen pauschal behauptete Übungsbetrieb mit Tiefflügen in der (jüngeren) Vergangenheit tatsächlich stattgefunden habe. Allein der Verweis auf fast 40 Jahre alte Manöver reiche insoweit ersichtlich nicht aus. Vielmehr sei weiterhin davon auszugehen, dass ein Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen zum Zeitpunkt ihres Genehmigungsantrages gar nicht stattgefunden habe, sondern erst zukünftig geplant sei. Insoweit unterliege er indes einer Genehmigungspflicht, eine Änderungsgenehmigung habe indes niemand beantragt. Für einen solchen Bestandsschutz fehle hingegen eine auch nur ansatzweise ausreichende Darlegung. Soweit sich der Beklagte nunmehr auch auf eine Liegenschaftsüberlassungsvereinbarung von 2016 berufe, gebe diese für seine Annahme nichts her. Es sei bereits auffällig, dass diese einen Übungsbetrieb mit verbundenen Waffen, auch soweit hier Luftfahrzeuge eingebunden seien, gerade nicht regele. Sie unterscheide sich damit deutlich von einer Verwaltungsvereinbarung für den Schießplatz Nordhorn. Der Umstand, dass Landebahnen für den Flugzeugtyp „Harrier“ erwähnt würden, deute im Übrigen gerade darauf hin, dass 2016 eine Nutzung schon seit längerem nicht mehr stattgefunden habe, nachdem der dort ausdrücklich genannte Luftfahrzeugtyp mindestens seit 2011 nicht mehr im Einsatz gewesen sei. Das habe Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin bestätigt. Auch aus der Erwähnung eines Flugbetriebes, der sich für den hier interessierenden Bereich ohnehin nur auf Hubschrauber beziehe, in den Genehmigungsakten 2010 und 2011, die ohne zureichenden Grund auch nur in geschwärzten Fassungen vorlägen, lasse sich eine entsprechende Nutzung nicht herleiten. Das für die Änderungsgenehmigung erstellte Lärmmanagementkonzept habe einen Flugbetrieb ebenfalls nicht eigenständig untersucht. Andere Luftfahrzeuge als Hubschrauber, insbesondere Strahlflugzeuge, würden weder in der Prognose noch im Lärmmanagement erwähnt. Zugleich werde aber darauf hingewiesen, dass selbst der Einsatz von Hubschraubern nicht zum regelmäßigen Übungsbetrieb gehöre. Im Vergleich zu dem sich so allenfalls ergebenden Flugbetrieb handele es sich bei dem geplanten Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen wegen seiner Auswirkungen auf die Lärm- und Umweltbelastung um eine nach § 16 BImSchG genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung. Dies gelte erst recht angesichts des Umstandes, dass dieser offenbar auch zur Nachtzeit stattfinden solle, was jedenfalls über den Genehmigungsbescheid vom 20. Dezember 2011 hinausgehe. Zudem solle nach öffentlichen Angaben des Kommandeurs für den Truppenübungsplatz O. dieser zum größten Fahrzeugaußenposten außerhalb Großbritanniens ausgebaut werden. Ob diese Erweiterung genehmigungsfähig sei, sei im Übrigen mindestens zweifelhaft. In der Genehmigung vom 18. Februar 2010 werde ausdrücklich ausgeführt, dass jede Änderung der Betriebszeiten und der Nutzungsintensität einer erneuten schalltechnischen Überprüfung bedürfe. Eine solche Ausweitung stehe indes mit dem Ziel, den Truppenübungsplatz zu einem zentralen Drehkreuz zu entwickeln, offensichtlich in Rede, wobei zu berücksichtigen sei, dass es sich bei dem Truppenübungsplatz insgesamt um eine genehmigungsbedürftige Anlage handele. Daher komme es auch nicht darauf an, ob der Flugbetrieb als solcher immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sei.
24Im Hinblick auf die zentral herangezogenen Ein- und Ausflugkorridore sei zu bestreiten, dass diese überhaupt förmlich und rechtsverbindlich festgelegt worden seien. Irgendwelche Erlasse hierzu habe die Beigeladene zu 1. bisher nicht vorgelegt. Soweit der Beklagte im gerichtlichen Verfahren den Eindruck zu erwecken suche, bei dem Ausflugkorridor handele es sich um einen rechtsverbindlich festgelegten Flugbereich, von dem nicht abgewichen werden dürfe, treffe dies nicht zu. Die Ein- und Ausflugbereiche würden vielmehr bei Bedarf und in enger Abstimmung auf das jeweilige Ausbildungsvorhaben festgelegt. Sie, die Klägerin, habe sich im Übrigen die Mühe gemacht, bei diversen Übungen in der letzten Zeit die beteiligten Flugzeuge vor Ort zu beobachten. Dabei sei der genannte Korridor über dem geplanten Windpark zwar auch genutzt worden, aber für viele andere Manöver und Übungsszenarien auch andere Bereiche. Das belege, dass der Wert und die Verwendung des Truppenübungsplatzes nicht von dem angeblich existierenden Ausflugkorridor über den Windpark abhänge, sondern die Ein- und Ausflugkorridore sehr facettenreich genutzt würden. Unbeschadet dessen sei der Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Errichtung der Windenergieanlagen den geplanten Gefechtsübungsbetrieb konkret gefährdete. Substanzielles habe die Beigeladene zu 1. insoweit nicht vorgetragen – und zwar weder für den Tiefflug von Flugzeugen noch von Hubschraubern. Letztere nutzten nach den Angaben im Erörterungstermin ohnehin nur den ED-R 112/A. Selbst die innerhalb dieses beschränkten Luftraums vorgesehenen Anlagen befänden sich aber an dessen Rand, sodass auch insoweit eine konkrete Gefährdung des militärischen Flugbetriebes nicht nachvollziehbar sei. Die Anlagen könnten mit einem zumutbaren Steiggradienten von 9% problem- und gefahrlos im Rahmen des geschilderten Übungsbetriebs überflogen, Simulationsflüge ohne weiteres in den nördlichen Teil des Luftraums ED-R 112/A verlegt werden. Von Norden sei der Blick auf den Truppenübungsplatz ohnehin besser. Anders sei auch nicht verständlich, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Stellungnahme vom 18. Juni 2021 gegenüber dem Beklagten betont habe, dass das Vorhaben auch unter Aspekten des militärischen Luftverkehrs unbedenklich sei, obwohl sie ausweislich der Stellungnahme vom 9. Dezember 2021 den Truppenübungsplatz für einen Gefechtsbetrieb mit verbundenen Waffen ebenfalls regelmäßig nutze. Das wiederum habe der Vertreter der britischen Streitkräfte im Erörterungstermin im Übrigen ausdrücklich verneint. Schon vor diesem Hintergrund könne die Gefährdungsbeurteilung in der Stellungnahme des Luftfahrtamtes der Bundeswehr vom 16. Januar 2024 nicht überzeugen. Sie enthalte zudem innere Widersprüche und solche zum bisherigen Vortrag der Beigeladenen zu 1. bzw. der britischen Streitkräfte. So sei dort einerseits die Rede davon, dass der Tiefflug bis ca. 30 m über Grund stattfinde, während kurz darauf betont werde, bei einsatzorientierten Übungen werde in einer Höhe von etwa 500 Fuß über Grund geflogen. Auch die Behauptung, ein Steigflug werde erst beim Verlassen des ED-R 112/A eingeleitet, widerspreche nicht nur der eigenen Darstellung im Schreiben vom 12. Januar 2022, sondern auch den Angaben des Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin. Zudem müssten die Piloten wegen des nach Osten von ca. 190 m bis auf etwa 350 m ansteigenden Geländes ohnehin früher einen Steigflug einleiten. Ebenso sei die Behauptung, ein bodennaher Flug mit einer Geschwindigkeit von 450 Knoten bis zum Verlassen des ED-R sei aus militärtaktischen Gründen notwendig, weil Gegenmaßnahmen in Friedens- und Übungszeiten bis zur Grenze dieses Luftraums durchgeführt werden müssten und ein Tiefflug erforderlich sei, um dem Abwehrfeuer zu entgehen, unplausibel. Das folge bereits daraus, dass im anschließenden Luftraum eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 250 Knoten gelte. Im Übrigen könnte das nur dann gelten, wenn speziell ausgerüstete, namentlich nach unten gepanzerte Kampfflugzeuge zum Einsatz kämen. Das sei hier bei den nach Angaben von Oberstleutnant V. eingesetzten Flugzeugtypen Tornado und Eurofighter gerade nicht der Fall. Die Berechnungen zu erforderlichen Steigwinkeln überzeuge ebenso wenig wie die Behauptung, solche seien fliegerisch nicht möglich. Soweit erstmals in der Stellungnahme vom 16. Januar 2024 ein außerhalb des ED-R existierendes militärisches Tiefflugband behauptet werde, sei weder ersichtlich noch dargelegt, wer dieses Tiefflugband eingerichtet habe, welche Grenze es habe und wo es ende. Zudem sei auch nicht klar, wer zivile Luftfahrzeuge anhalten würde, dieses Höhenband nicht zu nutzen. Das wiederum widerspräche auch den Angaben der Vertreter der Beigeladenen zu 1. im Erörterungstermin, wonach man in diesem Bereich mit zivilem Luftverkehr beim Ausflug aus dem ED-R 112/A rechnen müsse. Schließlich sei auch nicht nachvollziehbar, dass die regelmäßige Nutzung des Truppenübungsplatzes zu verbundenen Gefechten zu dessen Kernbestand oder gar Daseinszweck gehören könnte. In diesem Fall wäre sowohl zu erwarten gewesen, dass eine lückenlose Aufbereitung entsprechender Einsätze tatsächlich vorliege und eine solche Nutzung belege, was der im Erörterungstermin vom Gericht eingesehenen Dokumentation ersichtlich nicht zu entnehmen gewesen sei, als auch, dass solche Manöver in der Verwaltungsvereinbarung zum Truppenübungsplatz O. von 1993 aufgeführt wären, wie es etwa in der zeitgleich geschlossenen Vereinbarung zum Luft/Boden-Schießplatz Nordhorn der Fall sei. Vor diesem Hintergrund greife die Berufung auf einen verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraum hier zu kurz. Erst recht könnten dem Vorhaben nicht die Ausbaupläne der britischen Streitkräfte zu einer NATO Forward Holding Base entgegengehalten werden. Eine solche Nutzung gehe hier eindeutig über einen etwaigen Bestandsschutz hinaus und sei nach Art. 53a Abs. 1 NTS-ZA damit nach dem anwendbaren deutschen Recht genehmigungsbedürftig. Ein Genehmigungsantrag sei indes offenkundig nicht gestellt worden. Im Übrigen bleibe es dabei, dass der Gefechtsübungsbetrieb gerade nach dem Vortrag des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. integraler Bestandteil des Truppenübungsplatzes und insoweit dem Genehmigungsregime der Gesamtanlage zuzuordnen sei. Angesichts dessen gehe auch die Auffassung des Beklagten fehl, eine eventuell bestehende Genehmigungspflichtigkeit ändere an der grundsätzlichen Schutzfähigkeit der militärischen Belange nichts. Ihr im Außenbereich privilegiertes Bauvorhaben müsse allenfalls auf andere privilegierte Vorhaben – dies für die militärische Nutzung unterstellt – Rücksicht nehmen, wenn diese formell und materiell rechtmäßig seien.
25Ihrem nunmehr allein verfolgten Bescheidungsanspruch könnten auch keine raumordnerischen Bedenken entgegengehalten werden. Das gelte insbesondere für das sog. Ziel 10.2-13 Abs. 3 des Entwurfs eines Landesentwicklungsplans (LEP-E). Damit verfolge der Landesplaner ein von dem nunmehr geltenden Rechtsregime so nicht mehr getragenes Ausschlusskonzept. Im Übrigen fehle es an der Zielqualität des geplanten Plansatzes. Von einer abschließend abgewogenen Entscheidung des Landesplaners könne schon im Ansatz nicht gesprochen werden, vielmehr verweise er blind auf noch nicht verbindliche bzw. teilweise noch nicht einmal existente Planentwürfe in den Regionen. Einen inhaltlichen Rahmen gebe der LEP-E gleichfalls nicht im Ansatz vor. Die alternative Bezugnahme auf Kernpotenzialflächen könne ebenfalls nicht als abschließend abgewogen betrachtet werden. Es fehle bereits an einer inhaltlichen Bestimmtheit bzw. Abgrenzbarkeit dieser Flächen, die im Übrigen auch nur „anteilig“ und in einem Umfang herangezogen werden sollten, „dass die Zielmarke von 200 Anlagen pro Jahr bereits in 2023 auf insgesamt 9.000 ha sicher ermöglicht wird“. Der LEP-E enthalte insoweit auch keine Karte oder räumliche Zuordnung, bekannte Karten ließen Herleitung und Auswahl der dort erfassten Flächen nicht erkennen. In jedem Fall griffen zu ihren Gunsten aber die im sog. Lenkungserlass vom 21. September 2023 vorgesehenen Ausnahmen aufgrund eines bestehenden Vertrauensschutzes. Bei allem sei zu berücksichtigen, dass es in den betroffenen Kommunen Bestrebungen gebe, die Anlagenstandorte durch eine isolierte Positivplanung abzusichern, die Stadt Q. habe bereits einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss gefasst.
26Nachdem sie ihren ursprünglich im Hauptantrag verfolgten Verpflichtungsantrag mit Schriftsatz vom 9. Februar 2024 zurückgenommen hat, beantragt die Klägerin nunmehr nur noch,
27den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Oktober 2022 zu verpflichten, über ihren Antrag vom 18. Dezember 2020 auf Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 13 Windenergieanlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
28Der Beklagte beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Zur Begründung verweist er auf seinen Ablehnungsbescheid vom 5. Oktober 2022 und führt ergänzend aus: Der Vollständigkeit halber sei zu erwähnen, dass auf dem Gelände neben den Gefechtsübungen mit verbundenen Waffen zu jeder Tages- und Nachtzeit Übungen mit Kampfhubschraubern unter Ausnutzung der gegebenen Topographie und Bewaldung (sogenannte Konturenflüge) und Übungen zum Vorgehen im Verbund mit Bodentruppen sowie zum Absetzen und Aufnehmen von Truppen stattfänden. Die (inzwischen) zulässige Klage sei unbegründet. Dem Vorhaben stehe bereits die verweigerte luftverkehrsrechtliche Zustimmung entgegen. Die Bezirksregierung habe die Zustimmung fristgerecht versagt. Selbst wenn die erfolgten Verlängerungen der Stellungnahmefrist unwirksam sein sollten, sei die Verweigerung vom 29. September 2021 in jedem Fall beachtlich und eine Genehmigungsfiktion nicht eingetreten. Selbst wenn man aber auch noch letzteres unterstellte, sei diese jedenfalls mit dem Schreiben vom 29. September 2021 wirksam widerrufen worden. Die Stellungnahmefrist sei durch mündliche bzw. konkludente Übereinkünfte der Parteien vom 7./8. Juli 2021 bzw. 28./29. Juli 2021 wirksam bis zum 30. September 2021 verlängert worden. Dies sei gemäß dem zwischen den Beteiligten seit Jahren üblichen Prozedere geschehen. Formvorgaben für die Verlängerungsentscheidung existierten nicht, sie müsse daher auch nicht begründet werden. Letztlich sei die mit Schreiben vom 29. September 2021 versagte Zustimmung aber in jedem Fall beachtlich, weil die Bezirksregierung in beiden Antragszeitpunkten einen Anspruch auf Verlängerung der Stellungnahmefrist gehabt und ihr ordnungsgemäßer Verlängerungsantrag deshalb eine Sperrwirkung entfaltet habe. Vor dem Hintergrund der komplexen Beteiligungsstrukturen sei auch die Fristverlängerung bis zum 30. September 2021 rechtmäßig, obwohl seitens der Bundeswehr nur eine Verlängerung bis zum 10. September 2021 beantragt worden sei. Deren Stellungnahme habe noch durch die H. geprüft werden müssen. Danach habe die Bezirksregierung ihrerseits auf der Basis dieser Einschätzung eine eigene Entscheidung treffen müssen. Daher sei es auch unschädlich, dass in dem 2. Verlängerungsantrag der Bezirksregierung außerdem auf die urlaubsbedingte Abwesenheit des zuständigen Sachbearbeiters hingewiesen worden sei. Selbst wenn man indes von einer „Genehmigungsfiktion“ ausginge, wäre diese Zustimmung durch die Stellungnahme der Bezirksregierung vom 29. September 2021 wirksam widerrufen worden. Eine Analogie zur Rechtsprechung zu § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB sei unzulässig, weil die Voraussetzungen nicht vergleichbar seien. Die Gemeinde prüfe nur Aspekte, die auch die Genehmigungsbehörde in eigener Zuständigkeit prüfen könne, während ihr die Beurteilung der Luftsicherheit entzogen sei. Für eine Rücknahmemöglichkeit spreche auch der Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit der Verwaltung. Ein schutzwürdiges Vertrauen habe die Klägerin hier nicht entwickeln können. Jenseits dessen habe die Bezirksregierung inzwischen aber ohnehin eine etwaige Fiktion, von deren Eintritt er aber weiterhin nicht ausgehe, aufgehoben und eine in jeder Hinsicht beanstandungsfreie Versagungsentscheidung getroffen. Das habe auch das Gericht zu beachten.
31Abgesehen davon stünden dem Vorhaben der im Rahmen des § 35 Abs. 3 BauGB anerkannte unbenannte öffentliche Belang der Verteidigung sowie das britische Nutzungsrecht auf der Grundlage des Art. 21b Abs. 1 NATOTrStatVtrG entgegen. Die rechtmäßig ausgeübten militärischen Nutzungen, insbesondere der Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen, würden durch das Vorhaben vollständig unmöglich gemacht. Bei den von der Klägerin angeblich beobachteten Flügen, bei denen auch andere Routen genutzt worden seien, dürfte es sich um schlichte militärische Durch- oder allgemeine Tiefflüge handeln oder um andere Übungen. Den damit betroffenen sicherheitspolitischen Erwägungen sei im Rahmen der nachvollziehenden Abwägung der Vorrang zu geben gewesen. Durch die Errichtung der von der Klägerin geplanten Windenergieanlagen wären nicht konkrete einzelne bauliche Anlagen oder Einzelaspekte der militärischen Nutzung auf dem Truppenübungsplatz O. betroffen, sondern die Fortführung des Ausbildungs- und Übungsbetriebs im Ganzen. Auf die von der Klägerin angesprochenen Fragen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungssituation und den damit verbundenen bau- und immissionsschutzrechtlichen Bestandsschutz komme es hierbei nicht an. Diese Kategorien könnten nicht allein den Umfang der über § 35 Abs. 3 BauGB schutzfähigen militärischen Belange definieren. Sämtliche Ausführungen der Klägerin beruhten auf der Fehlannahme, dass auch der gesamte Luftverkehr, der in einem irgendwie gearteten Zusammenhang mit einem Truppenübungsplatz stehe, auf dem sich auch immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Anlagen befänden, selbst immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig wäre. Der Gesetzgeber habe sich indes bewusst dafür entschieden, Flugplätze nicht dem Immissionsschutzrecht zu unterwerfen. Unabhängig hiervon sei der bestehende Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen zu unterscheiden von dem geplanten Ausbau zur NATO Forward Holding Base. Ob für diesen geplanten Ausbau Genehmigungen gleich welcher Art eingeholt werden müssten, sei für die grundsätzliche Schutzwürdigkeit der Planung im Rahmen des § 35 Abs. 3 BauGB unerheblich. Durchgreifende Genehmigungshindernisse seien indes auch nicht ersichtlich. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Auftrag der Landesverteidigung auch das Gebot umfasse, in ausreichendem Maß Ausbildungs- und Übungsstrecken für die Luftverteidigungskräfte zur Verfügung zu stellen und zu erhalten und auf diesen insbesondere auch Tiefflüge durchzuführen. Ob die eingesetzten Luftfahrzeuge selbst auf dem Truppenübungsplatz stationiert seien oder aber – wie hier – den Truppenübungsplatz während der Übungsmanöver von anderen Standorten durch den Anflugkorridor anflögen, die Übung unter Inanspruchnahme der auf dem Übungsplatz vorhandenen baulichen Anlagen durchführten und den Bereich sodann durch den Abflugkorridor wieder verließen, mache für die Betroffenheit der Verteidigungsbelange keinen Unterschied. Die britischen Streitkräfte seien nach Art. 46 NTS-ZA auch berechtigt, den Tiefflugkorridor jenseits der Grenzen des Truppenübungsplatzes zu nutzen. Selbst im Rahmen des § 1 Abs. 6 BauGB sei anerkannt, dass genügend verfestigte und inhaltlich konkretisierte Planungen zu berücksichtigen seien. Dies gelte erst recht im Rahmen des § 35 Abs. 3 BauGB. Die britische Regierung habe bereits im Juli 2018 beschlossen, ihre ursprünglichen Rückzugspläne aus Deutschland aufzugeben und den Truppenübungsplatz im Gegenteil auszubauen. Mithin habe sich bereits bei Antragstellung die Klägerin einer gefestigten und hinreichend konkretisierten Planung der britischen Gaststreitkräfte zur Ausweitung der Nutzungen auf dem Truppenübungsplatz O. gegenüber gesehen. Jedenfalls habe die britische Armee die Nutzung des Truppenübungsplatzes nicht vollständig und endgültig aufgegeben. Ein Flugbetrieb habe dabei zu jedem Zeitpunkt stattgefunden. Wann und in welchem Umfang militärische Tiefflüge durchgeführt würden, sei jedoch auch in diesem Kontext eine Frage des verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums. Auf dem Truppenübungsplatz O. fänden seit 1945 Gefechtsübungen mit verbundenen Waffen statt. Dies zeige letztlich auch die Liegenschaftsüberlassungsvereinbarung zwischen dem Bund und der britischen Rheinarmee von Juni 2016, die in ihrem Bestandsverzeichnis den Hinweis auf die Harrierlandebahnen Kalkstraße, Sigmarshof und Haustenbeck enthalte. Nachdem die Luftfahrzeuge vom Typ Harrier seit 2011 nicht mehr genutzt würden, handele es sich bei der Bestandsaufnahme auch nicht um neu hinzugekommene Nutzungen, sondern vielmehr um eine Beschreibung des tradierten Bestandes. Dies ergebe sich neben einem Artikel aus der Lippischen Landeszeitung vom 26. November 1983 auch aus einer über YouTube abrufbaren Dokumentation zu einem Manöver aus September 1984. Dass auch in der Folgezeit militärische Tiefflüge und Übungsbetrieb stattgefunden hätten, zeigten Korrespondenzen betroffener Gemeinden mit dem zuständigen Staatssekretär im Verteidigungsministerium und dem Verbindungsoffizier der britischen Streitkräfte aus den Jahren 1985/86 sowie verschiedene Presseartikel der Jahre 1987-1989. Schließlich bestätige dies die von der Beigeladenen zu 1. überreichte Note der Britischen Botschaft vom 12. Januar 2024 noch einmal im Detail. Zudem würden diejenigen Flugbewegungen, die nicht bloß im Rahmen eines ED-R-Durchflugs, sondern als Bestandteil einer Übung auf dem Truppenübungsplatz O. stattfänden, von den britischen Streitkräften lückenlos dokumentiert. Diese Dokumentation habe im gerichtlichen Erörterungstermin auch eingesehen werden können. Letztlich maßgeblich sei aber vor dem Hintergrund des § 21b NATOTrStatVtrG der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verwaltungsvereinbarung vom 18. März 1993 am 29. März 1998. Dass zum damaligen Zeitpunkt Gefechtsübungsbetrieb stattgefunden habe, bestätige die hierzu erfolgte, allerdings nur deklaratorische Anzeige vom 18. November 1999, die ausdrücklich eine FGA (also Tiefflug-)Route auf dem Truppenübungsplatz benenne. Einen solchen Betrieb habe die Klägerin auch nur pauschal, unsubstanziiert und damit in hier unbeachtlicher Weise in Abrede gestellt. Das durch die Norm als fortbestehend anerkannte Nutzungsrecht stelle eine entgegenstehende Vorschrift im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG dar und unterliege keiner Abwägung im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB.
32Wie sich aus den Stellungnahmen der Bundeswehr und der britischen Armee ergebe, werde dieser Gefechtsübungsbetrieb durch die Anlagen vollständig unmöglich gemacht. Das hätten die im gerichtlichen Erörterungstermin eingesehenen Plankarten eindrücklich belegt. Sie zeigten den Ablauf der Übungsszenarien und veranschaulichten, warum die bestehenden Ein- und Ausflugkorridore für den Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen alternativlos seien. Im Ergebnis sei es so, dass ein Steigflug der Strahlflugzeuge erst beim Verlassen des Truppenübungsplatzes ab einer Überflughöhe von 150 m erfolgen könne. Unter Sichtflugbedingungen sei für die ausfliegenden Flugzeuge ein Steigflug von ca. 5° (= 9% Steiggradient) möglich, ein stärkerer Steigwinkel führte dazu, dass der Pilot am Boden befindliche Hindernisse, insbesondere Windenergieanlagen, nicht mehr sehen könne, was aber unbedingte Voraussetzung für einen sicheren Überflug sei. Würden die beantragten Windenergieanlagen errichtet, müsste ein Steigflug ab der Grenze des Truppenübungsplatzes mit einem Steigwinkel von ca. 40° erfolgen. Dies sei nicht realisierbar. Ein Überflug sei nur dann möglich, wenn mit dem Steigflug unmittelbar nach dem Waffeneinsatz begonnen werde, womit allerdings ein Übungszweck, möglichst einem Abwehrfeuer zu entgehen, nicht mehr erreicht werden könne. Zudem seien nach Errichtung der Anlagen Ausflüge nur noch möglich, wenn die Wolkenuntergrenze um mindestens die Höhe der Anlagen höher liege, als dies derzeit erforderlich sei. Zudem gefährdete das Vorhaben die regelmäßig im ED-R 112/A tieffliegenden Hubschrauber, die mit Flughöhen von 30 m und weniger operierten. Im Rahmen ihres verteidigungspolitischen bzw. militärfachlichen Beurteilungsspielraums seien die Bundeswehr und die britischen Streitkräfte auch nicht verpflichtet, sich auf alternative Übungsszenarien einzulassen oder alle Möglichkeiten der Verlegung einer bereits seit längerer Zeit zu Ausbildungszwecken genutzten Tiefflugstrecke auszuschöpfen. Bei der erforderlichen nachvollziehenden Abwägung der entgegenstehenden Interessen im Rahmen des § 35 Abs. 3 BauGB sei zu berücksichtigen, dass § 2 EEG in der vorliegenden Fallgestaltung von vornherein nicht zur Anwendung komme. Für eine isolierte Anwendung des Satzes 1 fehle jede Grundlage. Das zeige bereits ein Blick auf Wortlaut und Systematik der Norm. Der Stellenwert einer wirksamen Landes- und Bündnisverteidigung habe sich gerade angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Lage in Europa gezeigt. Letztlich sei auch allein der russische Überfall auf die Ukraine Auslöser für den Erlass des § 2 EEG gewesen. Es wäre widersinnig, angesichts dieser militärischen Bedrohung energiepolitischen Erwägungen Vorrang vor den Belangen der Landesverteidigung einzuräumen.
33Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen der Raumordnung gehörten bereits nicht zum Prüfungsumfang des Gerichts. Fragen der Raumordnung führten indes dazu, dass ein Bescheidungsurteil nicht ergehen könne, weil bereits offensichtlich feststehe, dass eine Genehmigung aus diesem Grund nicht erteilt werden dürfe. Entgegen der Auffassung der Klägerin stehe es dem Regionalplaner weiterhin frei, eine Ausschlussplanung vorzunehmen. Insofern reiche es aus, dass zugleich Positivflächen gesichert würden. Der Vortrag der Klägerin übersehe in diesem Zusammenhang zudem, dass den Kommunen nach dem neuen Regelungsregime keine Zuständigkeiten mehr für die Ausweisung von Windenergiegebieten zukämen. Daher sei es unbeachtlich, dass sich einzelne hier betroffene Kommunen möglicherweise um eine positive Ausweisung der Vorhabenflächen bemühten. Das Ziel 10.2-13 LEP-E, der zwischenzeitlich vom Landeskabinett beschlossen worden sei, entspreche den Anforderungen an ein raumordnerisches Ziel und sei inhaltlich hinreichend bestimmt. Es sei insbesondere eindeutig, dass mit dem Verweis auf Kernpotenzialflächen diejenigen gemeint seien, die das LANUV auf seiner Homepage veröffentlicht habe. Dies ergebe sich daraus, dass die Begründung zum Ziel 10.2-13 LEP-E darauf verweise, dass weitere Einzelheiten durch die Landesplanungsbehörde mittels Erlass geregelt werden könnten. Dieser sogenannte Lenkungserlass vom 21. September 2023 verlinke diese Karte sogar. Schließlich sei hier auch ein Verstoß gegen Ziele 10.2-6 LEP-E möglich. Ob die Vorhabenflächen in einem Nadelwald lägen, habe er noch nicht geprüft.
34Die Beigeladene zu 1. stellt keinen Antrag. In der Sache verweist sie zunächst auf die im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen, die sie wie folgt vertieft: Es sei zu berücksichtigen, dass die legitimen britischen Geheimhaltungsvorgaben eine detaillierte öffentliche Verhandlung bestimmter Übungsszenarien ausschlössen. Solche Szenarien seien nach Angaben der Gaststreitkräfte seit der Übernahme des Truppenübungsplatzes durch die Briten nach Ende des 2. Weltkriegs geflogen worden. In der Anzeige vom 18. November 1999 seien sie auch ausdrücklich benannt, obwohl sie keiner (immissionsschutzrechtlichen) Genehmigungspflicht unterlägen. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf das Immissionsschutzrecht eine Anzeige oder Genehmigung des militärischen Luftverkehrs verlange, sei anzumerken, dass wegen der unveränderten Nutzung des Luftraums in der Umgebung der O. keine Anträge zu Änderungsgenehmigungen des Truppenübungsplatzes vorgesehen oder erforderlich seien. Weder die zivile noch die militärische Nutzung des Luftraums werde immissionsschutzrechtlich geregelt. Seit 1945 hätten Gefechtsübungen mit verbundenen Waffen stattgefunden, bei denen Kampfflugzeuge eingebunden seien – in früheren Jahren häufiger als zuletzt. Im Internet ließen sich unzählige Videos der früher in der O. sogar landenden Kampfflugzeuge des Typs Harrier GR.3 – Senkrechtstarter finden. Die stetige Nutzung ergebe sich nicht zuletzt aus dem britischen Luftwaffenarchiv mit Fotos militärischer Luftfahrzeuge über dem Truppenübungsplatz O. in früheren Dekaden (1949-1982). Im Tatsächlichen sei zu ergänzen, dass Übungsmaßnahmen zur Landkriegsführung grundsätzlich modular geplant und aufgebaut würden. Deshalb würden auch auf dem Truppenübungsplatz O. zunächst die weniger kostenintensiven Bodentruppenmanöver hinreichend eingeübt. Dabei gelte es, die am Boden operierenden Truppengattungen miteinander zu verbinden. Erst wenn diese Abläufe keines weiteren Trainings mehr bedürften, komme Luftunterstützung ins Spiel. Dies jedoch aus Kosten- und Lärmschutzgründen zunächst durch zivile Flugzeuge, die Kampfflugzeuge simulierten. Erst wenn diese Komponenten hinreichend gut im Miteinander funktionierten, würden Kampfflugzeuge in die Gefechtsübungen eingebunden. Daraus erkläre sich, dass dies heutzutage allenfalls wenige Male im Jahr vorkommen könne. Trotzdem sei dieser letzte Übungsbestandteil das Ziel der Gesamtübung und damit unverzichtbar. Die Kampfflugzeuge würden bei Bedarf angefordert und könnten britischen, deutschen oder den Streitkräften anderer verbündeter Nationen angehören. Das angeforderte Kampfflugzeug fliege dann „mit ca. 750 km/h ein und für den Einsatz von Bordkanonen auf eine Höhe von ca. 150 Meter (bei anderen Einsatzszenarien andere Höhen) über den Schießbahnen A oder B bzw. der ,Belle Alliance‘“. Selbstverständlich könnten auch andere Übungsszenarien, die auf dem Truppenübungsplatz ebenfalls selbstverständlich stattfänden, mit einem Luftfahrzeugeinsatz einhergehen. Darauf und auf die hierzu von der Klägerin offenbar gefertigten Videoaufnahmen komme es indes nicht an, weshalb sie nicht im Einzelnen Erwähnung gefunden hätten. Maßgeblich seien allein solche Übungen, die durch die geplanten Windenergieanlagen unmöglich gemacht würden. Der bestehende Nutzungskonflikt sei vor diesem Hintergrund vorliegend zugunsten der zeitlich vorrangigen militärischen Nutzung zu lösen. Inhaltlich seien die geltend gemachten militärischen Belange der britischen Streitkräfte plausibel. Dabei sei allgemein insbesondere zu berücksichtigen, dass die Tiefflugmanöver, um die es hier gehe, extremste Anforderungen an die Piloten stellten und deshalb jede weitere Gefahr unbedingt verhindert werden müsse. Insoweit verweist die Beigeladene zu 1. zudem auf eine Stellungnahme des Luftfahrtamtes der Bundeswehr vom 16. Januar 2024, die die bereits vorgetragene britische Gefährdungsbeurteilung ergänzend bestätige. Der Verweis der Klägerin auf die immissionsschutzrechtliche Genehmigungslage gehe ins Leere. Vorliegend stünden weder Schießlärm noch andere Auswirkungen auf die Umwelt dem Projekt entgegen, sondern die Belange des Luftverkehrs. Dieser stehe zwar im Zusammenhang mit der Existenz von Bodenzielen auf dem Truppenübungsplatz, bedürfe aber keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Die Nutzung des Luftraums für Tiefflüge sei vorliegend auch materiell rechtmäßig, insbesondere sei hierfür keine Ausnahmegenehmigung nach § 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG mehr erforderlich, ebenso wenig eine formelle Festlegung eines Tiefflugkorridors durch die zuständigen deutschen Behörden. Für Gaststreitkräfte gelte nichts Anderes. Die vorliegenden Flugkorridore bestünden seit Jahrzehnten und würden seitdem unverändert genutzt, auch wenn die Intensität der Übungen, den jeweiligen Verteidigungserfordernissen folgend, Schwankungen unterlegen habe. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Einsatz von Luftfahrzeugen grundsätzlich Nutzungsbestandteil der Truppenübungsplätze sei. Der Betrieb eines derart großen Übungsgeländes für Übungen ohne Luftunterstützung ergebe auch keinen Sinn. Dass bei der Änderungsgenehmigung zu den Übungsdörfern für den Häuserkampf keine Kampfflugzeuge erwähnt worden seien, liege allein in der Tatsache begründet, dass solche für diese Ausbildungsform keine Rolle spielten. Ebenfalls unerheblich sei, ob andere Möglichkeiten bestünden, die geplanten Windenergieanlagen zu um- oder überfliegen, wie es der Gutachter der Klägerin vorschlage. Diese Alternativen entsprächen allerdings ohnehin nicht den militärischen Erfordernissen, was sie im Rahmen ihrer verteidigungspolitischen Einschätzungsprärogative zu beurteilen habe. Auch insoweit könne ergänzend auf die Stellungnahme ihres Luftfahrtamtes vom 16. Januar 2024 Bezug genommen werden. Auf eine tiefergehende Betrachtung der übrigen militärischen Belange der britischen Streitkräfte (Hubschrauberbetrieb und Simulationsflugzeuge) komme es vor diesem Hintergrund nicht mehr entscheidungserheblich an. Insoweit sei jedoch anzumerken, dass ein solcher Betrieb innerhalb des ED-R 112/A regelmäßig und durchgängig und vor allem nachts in besonders geringen Höhen von etwa 30 m über Grund stattfinde. Mit ihm sei die Errichtung des Vorhabens mithin ebenfalls nicht vereinbar.
35Das zu 2. beigeladene Land stellt keinen Antrag, hat in der Sache aber ursprünglich ausgeführt, die luftrechtliche Zustimmung sei fristgerecht und rechtskonform verweigert worden. Die Fiktionswirkung des § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG sei nicht eingetreten. Die Verlängerungen seien wegen der Unmöglichkeit der fachlichen Beurteilung innerhalb der Ursprungsfrist zwingend erforderlich gewesen. Dies gelte namentlich für die 2. Verlängerung, die mit E-Mail vom 28. Juli 2021 bei dem Beklagten beantragt worden sei. Auch sie sei erforderlich gewesen, unschädlich sei insbesondere die Bezugnahme auf eine urlaubsbedingte Abwesenheit des zuständigen Sachbearbeiters im Verlauf des Septembers gewesen. Selbst wenn man indes davon ausginge, dass eine Fiktion eingetreten sei, wäre die endgültige Versagung der luftrechtlichen Zustimmung mit Schreiben vom 29. September 2021 unzweifelhaft als Widerruf einer zuvor fingierten Zustimmung anzusehen. Dies könne angesichts der in Rede stehenden konkret gefährdeten Rechtsgüter von Leib und Leben sowie der körperlichen Unversehrtheit der betroffenen Luftfahrzeugführer der NATO-Streitkräfte auch nicht anders sein. Die zuständige Behörde könne deshalb nicht faktisch gezwungen werden, im Wege der Fiktionswirkung sehenden Auges eine unrichtige Entscheidung zulasten dieser Rechtsgüter zu fällen. Inzwischen sei man indes zu der Auffassung gelangt, dass die im Erörterungstermin angeführten Bedenken des Senats hinsichtlich der Fristverlängerungen zuträfen, die Fiktionswirkung eingetreten und eine Aufhebung bis dato nicht erfolgt sei. Dies sei aber nunmehr mit Bescheid vom 12. Januar 2024 in rechtlich einwandfreier Weise geschehen.
36Der Senat hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten im Rahmen eines Erörterungstermins eingehend erörtert. Wegen des Ergebnisses wird auf das darüber gefertigte Sitzungsprotokoll vom 20. November 2023 Bezug genommen.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. und 2. verwiesen.
38Aus den Gründen:
39Das Verfahren ist gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Klägerin ihre Klage hinsichtlich der zunächst begehrten Verpflichtung des Beklagten, die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, ausweislich ihres Schriftsatzes vom 9. Februar 2024 nicht weiterverfolgt und damit zumindest der Sache nach (konkludent) zurückgenommen hat.
40Im Übrigen ist die zulässige Klage mit dem in der mündlichen Verhandlung noch aufrecht erhaltenen Bescheidungsantrag nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
41Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags vom 18. Dezember 2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, soweit dieser die nicht im Bereich des ED-R 112/A gelegenen Windenergieanlagen WEA 03 – 09 umfasst. Im Übrigen, d. h. hinsichtlich der Windenergieanlagen WEA 01, 02 und 10 – 13, ist die Klage hingegen unbegründet.
42Der Ablehnungsbescheid vom 5. Oktober 2022 ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil er nicht vor Durchführung einer UVP bzw. einer Öffentlichkeitsbeteiligung hätte ergehen dürfen (dazu I.). Die vom Beklagten im Ablehnungsbescheid angeführten Gründe tragen die Ablehnung des Genehmigungsantrags nur hinsichtlich derjenigen Windenergieanlagen, deren geplanter Standort sich innerhalb des ED-R 112/A befindet, nicht aber für die außerhalb dieses Luftraums beantragten. Insoweit stehen dem Vorhaben weder eine von dem zu 2. beigeladenen Land - vertreten durch die Bezirksregierung N. als zuständige Luftfahrtbehörde (im Folgenden wieder: Bezirksregierung) - verweigerte Zustimmung nach §§ 12, 14 LuftVG (dazu II.) noch der verteidigungspolitische Belang des § 35 Abs. 3 BauGB oder ein etwaig hiervon zu trennendes, durch Art. 21b NATOTrStatVtrG anerkanntes fortbestehendes Nutzungsrecht der britischen Streitkräfte (dazu III.) entgegen. Hiervon ist nur für die übrigen Anlagen auszugehen (dazu IV.). Nach den Erklärungen der Klägerin im gerichtlichen Verfahren ist ihr einheitlich beantragtes Vorhaben auch entsprechend teilbar (dazu V.). Mit Blick auf die WEA 03 – 09 bestehen keine offensichtlichen sonstigen Genehmigungshindernisse (dazu VI.)
43I. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler, eine vor Bescheiderlass auch bei feststehender (ablehnender) Entscheidungsreife aus anderen Gründen obligatorische UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung sei hier unterblieben, liegt nicht vor. Dieser Einwand greift jedenfalls dann nicht durch, wenn die Genehmigungsbehörde die Erteilung der Genehmigung wegen einer nicht umweltbezogenen Genehmigungsvoraussetzung abgelehnt hat, wie es hier der Fall ist. Der Beklagte hat seine Entscheidung allein auf die aus seiner Sicht vorliegende Verweigerung der nach §§ 12, 14 LuftVG erforderlichen Zustimmung der Bezirksregierung und entgegenstehende verteidigungspolitische Belange gestützt. Jedenfalls in einem solchen Fall ist nicht ersichtlich, welchen Nachteil die Klägerin durch den Verzicht auf kostenintensive Maßnahmen vor der Ablehnungsentscheidung haben könnte. Vielmehr hat der Beklagte zutreffend auf § 20 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV verwiesen, wonach der Antrag abzulehnen ist, sobald die Prüfung ergibt, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen und ihre Erfüllung nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden kann (Hervorhebung nur hier). Eine solche Entscheidungsreife lag am 5. Oktober 2022 vor – wovon im Übrigen auch die Klägerin ausweislich der bereits am 29. August 2022 in Form der Untätigkeitsklage erhobenen Verpflichtungsklage ausgegangen ist.
44An diesem Befund hätten wegen der Eigenart der angeführten Ablehnungsgründe auch weder eine UVP noch eine Öffentlichkeitsbeteiligung etwas ändern können. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn die Ablehnung allein wegen einer umweltbezogenen Vorschrift erfolgt wäre, die im Rahmen einer UVP einer näheren Untersuchung mit einem potenziell ergebnisrelevanten Erkenntnisgewinn unterzogen worden wäre,
45so offenbar VG Minden, Urteil vom 6. März 2015 - 11 K 1268/13 -, juris Rn. 41 ff.,
46mag hier dahinstehen.
47II. Die Klägerin macht zu Recht geltend, dass die erforderliche luftrechtliche Zustimmung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG als erteilt gilt, weil eine Zustimmungsversagung durch die Bezirksregierung innerhalb der Zweimonatsfrist nicht vorlag und der Beklagte diese Frist nicht wirksam bis zum 30. September 2021 verlängert hat, weshalb der unter dem 29. September 2021 erfolgten Versagung der luftrechtlichen Zustimmung insoweit keine rechtlich erhebliche Bedeutung zukommt. Gleiches gilt für die am 12. Januar 2024 erfolgte Aufhebung der Zustimmungsfiktion und (erneute) Verweigerung der Zustimmung. Diese ist erst recht nicht fristgerecht erfolgt und könnte jedenfalls nicht auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zurückwirken.
48Zwischen den Beteiligten steht nicht in Streit, dass das Bauvorhaben der Klägerin der luftverkehrsrechtlichen Zustimmung nach § 14 LuftVG bedarf. Nach § 14 Abs. 1 LuftVG in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt des Beteiligungsverfahrens geltenden Fassung (LuftVG a. F.) darf außerhalb des Bauschutzbereichs die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde (im Folgenden: Genehmigungsbehörde) - dies ist hier wegen der in § 13 BImSchG angeordneten Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Beklagte - die Errichtung von Bauwerken, die eine Höhe von 100 m über der Erdoberfläche überschreiten, nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen; § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Abs. 4 LuftVG a. F. gilt entsprechend. Die Entscheidung über die Zustimmung nach § 14 LuftVG trifft die zuständige Luftfahrtbehörde gemäß § 31 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 9 LuftVG aufgrund einer gutachterlichen Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation, d. h. der H.. Wird die Zustimmung nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert, gilt sie gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG a. F. als erteilt. Diese Frist kann nach Satz 3 der Vorschrift von der Genehmigungsbehörde im Benehmen mit dem BAF verlängert werden, wenn die fachliche Beurteilung innerhalb der Zweimonatsfrist wegen des Ausmaßes der erforderlichen Prüfungen nicht möglich ist.
49Für eine wirksame und damit den Eintritt der Zustimmungsfiktion hindernde Verlängerung der Zweimonatsfrist bedarf es einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Entscheidung durch den Beklagten. Der Gesetzgeber hat der zuständigen Luftfahrtbehörde keine voraussetzungslose Verlängerungsoption eingeräumt (anders etwa als bei § 139 Abs. 3 VwGO). Dies gilt auch nach der Neufassung unverändert. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass er die den Luftfahrtbehörden nach § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG a. F. zur Verfügung stehende Zeit von zwei Monaten im Regelfall als ausreichend für eine fachliche Prüfung ansieht. Dies gilt im Rahmen eines durch vergleichsweise kurze Stellungnahme- (vgl. § 10 Abs. 5 Satz 2 BImSchG, § 11 der 9. BImSchV: ein Monat) bzw. Entscheidungsfristen (vgl. § 10 Abs. 6a BImSchG: sieben Monate im förmlichen, drei Monate im vereinfachten Verfahren) geprägten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens umso mehr, als die Luftfahrtbehörden nicht abschließend über die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens entscheiden, sondern bei ihrer Prüfung darauf beschränkt sind, ob durch das jeweilige Bauvorhaben eine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die Allgemeinheit begründet oder eine vorhandene konkrete Gefahr verstärkt wird, vgl. §§ 12 Abs. 4, 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG a. F. Der Gesetzgeber konnte und kann ohne weiteres davon ausgehen, dass die Luftfahrtbehörden mit den luftverkehrsrechtlichen Regelungen vertraut sind und mithin regelmäßig unschwer beurteilen können, ob das beabsichtigte Vorhaben hiermit vereinbar ist.
50Mit der gesetzlichen Wendung „fachliche Beurteilung wegen des Ausmaßes der erforderlichen Prüfungen nicht möglich“ ist demnach ein Ausnahmefall umschrieben, für dessen Annahme besondere Umstände vorliegen müssen. Diese sind von der zuständigen Luftfahrtbehörde hinreichend konkret darzulegen,
51vgl. Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 12 Rn. 60 (Stand der Kommentierung: Januar 2021),
52damit die Genehmigungsbehörde und gegebenenfalls nachfolgend das Gericht auf einer tragfähigen Grundlage beurteilen können, ob sie im konkreten Einzelfall eine Fristverlängerung rechtfertigen. Die Neuregelung des § 12 Abs. 2 LuftVG in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 2023 (BGBl. I Nr. 409) hat eine solche Begründungspflicht nunmehr ausdrücklich bestätigt (§ 12 Abs. 2 Satz 6 LuftVG n. F.). Diese Maßstäbe gelten angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. auch dann, wenn die begehrte Fristverlängerung nicht geeignet ist, die Bearbeitung des Genehmigungsantrags durch die Genehmigungsbehörde insgesamt zu verzögern. Es handelt sich dabei allein um einen Gesichtspunkt, der im Rahmen der nachgelagerten Abwägung zwischen dem Beschleunigungsinteresse einerseits,
53vgl. hierzu BT-Plenarprotokoll 8/230, S. 18688; Weiss, NVwZ 2013, 14, 16,
54und der sorgfältigen Prüfung der Luftsicherheitsbelange andererseits,
55vgl. Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 12 Rn. 60 (Stand der Kommentierung: Januar 2021),
56eine (gegebenenfalls ausschlaggebende) Bedeutung erlangen könnte, das Erfordernis einer tragfähigen Begründung der objektiven Unmöglichkeit einer Entscheidung innerhalb der Regelfrist gerade „wegen des Ausmaßes der erforderlichen Prüfungen“ indes nicht zu ersetzen vermag.
57Verfahrensrechtliche Vorgaben im Verhältnis zwischen der Genehmigungsbehörde und der nach § 14 LuftVG a. F. zuständigen Luftfahrtbehörde enthält das Luftverkehrsgesetz in der hier maßgeblichen Fassung weder für die Einholung der Zustimmung selbst noch für die Verlängerung der Zustimmungsfrist. Daher gelten insoweit die allgemeinen (verwaltungsverfahrensrechtlichen) Grundsätze für interbehördliche Beteiligungsverfahren.
58Vgl. Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 12 Rn. 49 (Stand der Kommentierung: Januar 2021).
59Ebenso wie die Zustimmung selbst,
60vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 9. April 2014 ‑ 8 A 430/12 -, DVBl. 2015, 915 = juris Rn. 76 f., m. w. N.,
61ist die Entscheidung über einen Fristverlängerungsantrag nach § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. ein reines Verwaltungsinternum und ergeht in rechtlich gebundener Form. Der auf eine Ermessensentscheidung deutende Begriff „kann“ kennzeichnet lediglich die Einräumung einer entsprechenden Ermächtigung („Kompetenz-Kann“). Daher sind sowohl die Zustimmungsversagung als auch die Entscheidung der Genehmigungsbehörde, die Zustimmungsfrist zu verlängern, im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Genehmigung des Bauvorhabens oder auf Neubescheidung inzident und grundsätzlich in vollem Umfang auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
62Vgl. Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 12 Rn. 61 (Stand der Kommentierung: Januar 2021).
631. Die Frist des § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG a. F. ist hier durch das Schreiben des Beklagten vom 26. Mai 2021 in Gang gesetzt worden und endete damit am 26. Juli 2021. Innerhalb dieser Frist hat die Bezirksregierung keine Entscheidung getroffen, insbesondere nicht die Zustimmung verweigert. Die der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Zustimmungsversagung datiert vielmehr vom 29. September 2021; eine vorangegangene E-Mail gleichen Inhalts vom 28. September 2021. Diese ging indes ins Leere, weil mangels wirksamer Verlängerung der Stellungnahmefrist die von § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG a. F. vorgesehene Zustimmungsfiktion am 21. August 2021 – die Rechtmäßigkeit der ersten Verlängerung bis zum 20. August 2021 unterstellt – eingetreten ist, spätestens aber am 20. September 2021. Sie ist auch weder durch die Versagungsentscheidung noch durch das Schreiben vom 12. Januar 2024 wirksam aufgehoben und durch eine wirksame, insbesondere fristgerechte Zustimmungsverweigerung ersetzt worden.
642. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die erste, am 7. Juli 2021 von der Bezirksregierung beantragte Fristverlängerung vom Beklagten wirksam bis zum 20. August 2021 verlängert worden ist.
65Insofern ist allerdings bereits zumindest zweifelhaft, ob der Beklagte den wirksam gestellten Antrag überhaupt beschieden hat. Zwar spricht ausgehend von der Nichtförmlichkeit dieses Zwischenverfahrens Überwiegendes dafür, dass die Entscheidung über diesen Antrag (auch) telefonisch bekannt gegeben werden kann. Dies ist allerdings in einem solchen Fall zumindest aktenkundig zu machen.
66Vgl. zu § 124a Abs. 3 Satz 3 VwGO Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 55, und zu § 139 Abs. 3 Satz 3 Neumann/ Korbmacher, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 139 Rn. 71 und 73, jeweils m. w. N.
67Aus den Akten des Beklagten ergibt sich insoweit jedoch lediglich, dass das BAF mit E-Mail vom 8. Juli 2021 gegenüber dem Beklagten seine Zustimmung erteilte, die Bearbeitungsfrist bis zum 20. August 2021 zu verlängern. Die Bezirksregierung erhielt diese E-Mail „in cc“. Handschriftlich und mit Paraphe sowie dem Datum 8/7 versehen findet sich (nur) in den dortigen Verwaltungsvorgängen dann der Vermerk: „Nach Rücksprache mit Frau H ist damit die Fristverlängerung gewährt.“ Daraus folgt eher, dass der Beklagte gerade keine Entscheidung – insbesondere nicht die allein ihm obliegende Abwägung zwischen dem Beschleunigungsinteresse einerseits und der sorgfältigen Prüfung der Luftsicherheitsbelange andererseits – getroffen hat. Dazu passt, dass sich in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten hierzu nicht einmal ein Vermerk findet, was allgemein, jedenfalls aber wegen der aus Gründen der Beschleunigung und Rechtsklarheit statuierten Fiktionswirkung als Minimum zu verlangen ist. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift dürfte zudem zumindest eine die gerichtliche Überprüfbarkeit ermöglichende Form der Dokumentation durch die Genehmigungsbehörde zwingende Rechtmäßigkeitsvoraussetzung sein.
68Entgegen der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vertretenen Auffassung kann diese dem Beklagten obliegende Entscheidung auch nicht durch einen frist- und formgerechten Antrag der Bezirksregierung gewissermaßen ersetzt werden.
69Zwar könnte es nach dem Wortlaut jedenfalls der hier maßgeblichen Fassung des Luftverkehrsgesetzes nicht als zwingend erforderlich angesehen werden, dass der während des Fristlaufs gestellte Verlängerungsantrag noch vor Ablauf der Frist beschieden wird, um den Eintritt der Zustimmungsfiktion zu verhindern. Anders als etwa § 42a Abs. 2 Satz 4 VwVfG (NRW), wonach die - nicht antragsgebundene - Fristverlängerung rechtzeitig, d. h. vor Ablauf der Entscheidungsfrist nach § 42a Abs. 1 Satz 1 VwVfG (NRW), mitgeteilt werden muss,
70vgl. hierzu U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 42a Rn. 85, m. w. N.,
71enthielt § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. diesbezüglich keine Vorgaben, weshalb auf die allgemeinen Grundsätze im Zusammenhang mit antragsgebundenen Fristverlängerungen zurückzugreifen sein könnte. Insoweit ist anerkannt, dass eine (gesetzliche) Frist auch nach deren Ablauf wirksam verlängert werden kann, sofern dies bis zum Ablauf des letzten Tages der Frist beantragt worden ist.
72Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1993 ‑ 2 BvR 1066/91 -, juris Rn. 6; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1959 - VI C 70.58 -,BVerwGE 10, 75 (76 f.), und Beschluss vom 31. Mai 1990 - 3 C 20.88 -, BayVBl. 1991, 93 = juris Rn. 12, jeweils zur Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist, sowie Urteil vom 25. August 2005 ‑ 7 C 25.04 -, BVerwGE 124, 156 = juris Rn. 15, zur Fristverlängerung nach § 18 Abs. 3 BImSchG; BGH, Beschluss vom 18. März 1982 - GSZ 1/81 -, BGHZ 83, 217 = juris Rn. 5 ff., zur Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfristen nach der ZPO; BFH, Beschluss vom 7. Mai 2001 ‑ III B 10.01 -, juris Rn. 21, zur Verlängerung richterlicher Fristen; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 57 Rn. 8.
73Dies beruht maßgeblich auf der Erwägung, dass dem Antragsteller keine Verzögerungen zur Last gelegt werden dürfen, die ihre Ursache im Verantwortungsbereich der Behörde haben und seiner Einflussnahme entzogen sind.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2005 ‑ 7 C 25.04 -, BVerwGE 124, 156 = juris Rn. 15.
75Allerdings ist nach der Intention der Fiktion zumindest zweifelhaft, ob dieser Rechtsgedanke tatsächlich tragfähig ist. Denn sie dient gerade dem Zweck, für alle Beteiligten rasch für Rechtssicherheit und -klarheit im Verfahren zu sorgen. Dies spräche eher dafür, dass auch die Verlängerungsentscheidung noch innerhalb der Frist getroffen werden müsste. Diese Auffassung dürfte auch der Neuregelung des § 12 Abs. 2 LuftVG zugrunde liegen, die nunmehr in Satz 6 in Bestätigung der vorstehenden Erwägungen zu den Bedürfnissen der Rechtsklarheit von der Luftfahrtbehörde ausdrücklich eine „rechtzeitige“ Mitteilung verlangt.
76Jedenfalls kann dies aber nicht bedeuten, dass es überhaupt keiner Entscheidung der Genehmigungsbehörde (mehr) bedürfte. Denn dann bliebe vollständig und dauerhaft und für alle Betroffenen – insbesondere für die Antragstellerin und die Luftfahrtbehörde – in der Schwebe, ob die Stellungnahmefrist verlängert oder die Fiktion bereits eingetreten ist. Zudem obliegt dem Beklagten nicht nur die Entscheidung über das Ob einer Fristverlängerung, sondern auch und gerade über deren Dauer. Dies wiederum lässt sich weder ohne noch durch eine nur konkludente Erklärung leisten.
77Unbeschadet dessen ist darüber hinaus fraglich, ob zum Zeitpunkt einer hier unterstellten Entscheidung um den 8. Juli 2021 herum die materiellen Verlängerungsvoraussetzungen vorlagen und/oder entsprechend begründet wurden. Der alleinige Hinweis darauf, dass das bzw. die Gutachten der H. noch nicht vorlägen und die Bundeswehr sowie die britischen Stellen zu beteiligen seien, dürfte so nicht ausreichen. Denn das füllt für sich genommen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. nicht aus. Dies gilt umso mehr, als die britischen Stellen tatsächlich erst zwei Wochen nach Stellung des Verlängerungsantrags überhaupt erstmals informiert wurden. Es ist schon – insbesondere vor dem Hintergrund der im vorliegenden Verfahren stets betonten geradezu fundamentalen Bedeutung des Truppenübungsplatzes für die britischen Streitkräfte, die NATO und nicht zuletzt die Bundeswehr – nicht erklärlich, warum dies nicht unmittelbar nach Beteiligung der Beigeladenen zu 1. durch den Beklagten und/oder die Bezirksregierung erfolgte. Jedenfalls ist aber vor diesem Hintergrund unverständlich, warum auch noch nach der spätestens am 8. Juli 2021 bestehenden Erkenntnis weitere zwei Wochen ins Land gingen.
783. Selbst wenn man gleichwohl noch von einer wirksamen Fristverlängerung bis zum 20. August 2021 ausginge, änderte dies indes nichts am Eintritt der Zustimmungsfiktion vor der Zustimmungsverweigerung am 28./29. September 2021. Denn jedenfalls die zweite von dem Beklagten und der Bezirksregierung angenommene Verlängerung der Prüffrist bis zum 30. September 2021 ist – zumindest soweit sie über den von der Beigeladenen zu 1. begehrten Zeitraum bis zum 10. September 2021 noch fast drei Wochen hinausgeht – von § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. nicht gedeckt.
79In diesem Zusammenhang lässt sich – jenseits der oben in diesem Zusammenhang schon angeführten Bedenken – nicht einmal belastbar feststellen, dass bzw. wann der Beklagte eine Verlängerungsentscheidung getroffen haben soll. Den Genehmigungsvorgängen des Beklagten ist hierzu erneut – und den Anforderungen des § 12 Abs. 2 LuftVG a. F. zuwider – nichts zu entnehmen. Beklagter und Bezirksregierung stützen sich insoweit auf einen Telefonvermerk des zuständigen Sachbearbeiters der Bezirksregierung vom 28. Juli 2021, der allerdings eine erst am 29. Juli 2021 abgegebene Erklärung des BAF als erfolgt zum Gegenstand hat. Dies kann so schlicht nicht stimmen. Zudem ist diesem Vermerk in seiner Formulierung inhaltlich eindeutig zu entnehmen, dass er sich auf eine Verlängerung durch das hierfür nicht zuständige BAF bezieht, nicht aber eine Entscheidung des Beklagten protokolliert. Denn der handschriftliche und mit Paraphe sowie dem Datum 28/7 versehene Vermerk lautet wörtlich: „Nach tel. Rücksprache mit Herrn B. hat das BAF die erneute Fristverlängerung gewährt, Frau D. wird mir die Nachricht zuleiten.“ Die zeitliche Diskrepanz wird letztlich durch das Schreiben vom 29. Juli 2021 des Beklagten – Herrn B. – an die Klägerin bestätigt, in dem er unter Übersendung des Antrags der Bezirksregierung vom 28. Juli 2021 mitteilt, diese habe eine Fristverlängerung bis 30. September 2021 beantragt, gehe jedoch davon aus, dass bereits Anfang September Ergebnisse vorlägen. „Für das weitere Verfahren ist die Begründung der möglichen Ablehnung von hoher Bedeutung, daher werden wir einer Fristverlängerung zustimmen.“ (Hervorhebung nur hier). Mithin kann diese Entscheidung nicht bereits am Vortag getroffen worden sein. Nachfolgend ist indes weder eine mündliche noch gar eine schriftliche Verlängerungsentscheidung in den Akten dokumentiert noch wird solches von den an der Entscheidung Beteiligten geltend gemacht.
80Unbeschadet dessen müsste eine hier einmal unterstellte Entscheidung des Beklagten für eine wirksame und damit den Eintritt der Zustimmungsfiktion hindernde (erneute) Verlängerung der Zweimonatsfrist den für sie geltenden Anforderungen entsprechen. Auch dies ist hier nicht gegeben.
81Hinreichend tragfähige besondere Umstände lagen der – unterstellten – Verlängerung der Stellungnahmefrist bis zum 30. September 2021 nicht zugrunde. In diesem Zusammenhang ist zunächst erneut und schon für sich genommen ausschlaggebend zu berücksichtigen, dass die britischen Streitkräfte, auf deren Einschätzung es wegen deren Nutzungsrechten am Truppenübungsplatz O. offenkundig und maßgeblich ankam bzw. ankommt, überhaupt erst nach ca. zwei Monaten – also praktisch mit Ablauf der Regelstellungnahmefrist – eingebunden wurden. Allein diese Verzögerung, die noch über den zweiten Verlängerungszeitraum hinausgeht, hat jedenfalls mit dem Ausmaß der Prüfung nichts zu tun, zumal schon die erste Verlängerung mit der erforderlichen Einbindung begründet wurde, die weder zum damaligen Zeitpunkt noch im unmittelbaren Anschluss eingeleitet worden war. Hinzu kommt, dass jedenfalls die Länge der zweiten Verlängerung sowohl auf Seiten der Beigeladenen zu 1. als auch der Bezirksregierung mit krankheits- und urlaubsbedingten Engpässen begründet wurde. Auch dies hat mit den erforderlichen fachlichen Gründen nichts zu tun.
82Soweit Personalmangel oder unvorhergesehene Ausfälle jedenfalls dann einen zureichenden Grund im Sinne von § 75 VwGO darstellen können, wenn und solange die besonderen Belastung/Überlastung nicht von Dauer ist und somit ein strukturelles Organisationsdefizit vorliegt, dem die Behörde nicht durch Abhilfemaßnahmen entgegenwirkt,
83vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 5. März 2019 - OVG 3 L 67.17 -, juris Rn. 4, m. w. N.,
84stellt es im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. schon für sich genommen keine tragfähige Begründung für einen Ausnahmefall dar. Denn danach reicht ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlauts für eine Fristverlängerung gerade nicht das (objektive) Vorliegen irgendeines mit der Rechtsordnung in Einklang stehenden und damit zureichenden Grundes aus; Bezugspunkt der Vorschrift ist allein, dass die „fachliche Beurteilung […] wegen des Ausmaßes der erforderlichen Prüfungen“ nicht möglich ist. Gründe, die hiermit nicht im Zusammenhang stehen, vermögen eine Fristverlängerung daher von vornherein nicht zu rechtfertigen.
85Vgl. Sittig/Falke, IR 2014, 173, 175; zur Fristverlängerung nach § 42a Abs. 2 Satz 3 VwVfG („wegen der Schwierigkeit der Angelegenheit“) vgl. Uechtritz, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 42a Rn. 67, m. w. N.
86Dies gilt hier umso weniger, als die Beigeladene zu 1. schon in ihrem Verlängerungsersuchen vom 27. Juli 2021 zu erkennen gegeben hat, dass not- bzw. erforderlichenfalls auch eine zügigere Bearbeitung möglich wäre.
87Unbeschadet dessen rechtfertigte dies aber jedenfalls nicht die großzügige weitere Fristverlängerung über den von der Beigeladenen zu 1. erbetenen Zeitraum hinaus um weitere drei Wochen. Dieser ist entgegen dem vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren erweckten Eindruck nicht „auch“, sondern ausschließlich mit der urlaubsbedingten Abwesenheit des Sachbearbeiters bis Ende September begründet worden. Dass es sich hierbei um einen Umstand handeln könnte, der mit dem Ausmaß der Prüfung selbst zu tun haben könnte, trägt selbst der Beklagte nicht vor. Zugleich liegt es auf der Hand, dass gerade in Fällen, die per Gesetz fristgebunden sind, eine hinreichende Urlaubsvertretung sicherzustellen ist.
88Demgegenüber liegen die im gerichtlichen Verfahren zur Rechtfertigung der Verlängerung deutlich über den 10. September 2021 hinaus angestellten Überlegungen des Beklagten ersichtlich neben der Sache. Abgesehen davon, dass die erstmals in der Klageerwiderung vom 15. März 2023 angeführte aufwändige Prüfung der Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. durch H. und Bezirksregierung tatsächlich innerhalb von maximal zwei Tagen – legt man die förmliche Stellungnahme vom 29. September 2021 zugrunde; stellte man, was sachlich näher liegt, hingegen auf die (inhaltsgleiche) E-Mail der Bezirksregierung an den Beklagten ab, die dokumentiert, dass die Entscheidung bereits gefallen war, sogar innerhalb eines Tages – erfolgte, hatte der zuständige Sachbearbeiter darauf hingewiesen, dass er erst Ende September 2021 wieder im Büro sein würde. Dass er für seine Prüfung besonders viel Zeit brauchen könnte, hat er offenbar selbst nicht angenommen, dies jedenfalls aber nicht zur Begründung des Verlängerungsantrags herangezogen.
89Die weiteren Spekulationen, was bei einer kürzeren Frist passiert wäre, entziehen sich dann naturgemäß einer Überprüfbarkeit. Allein aus dem Umstand, dass die Stellungnahme der britischen Streitkräfte tatsächlich erst am 24. September 2021 vorgelegt wurde, lässt sich nicht schließen, dass dies nicht früher möglich gewesen wäre. Schließlich dienen Fristen gerade dazu, einen gewissen Druck zu einer zügige(re)n Bearbeitung zu entfalten. Schon deshalb führt es auch nicht weiter, darüber zu spekulieren, dass eine kürzere Frist einen dritten Verlängerungsantrag nach sich gezogen hätte – ganz abgesehen davon, dass hierfür wieder besondere Umstände und nicht allein die tatsächliche Bearbeitungszeit maßgeblich gewesen wären. Soweit in den Stellungnahmen der Beigeladenen zumindest unterschwellig darauf hingewiesen wird, dass ohne Fristverlängerung die Zustimmung prophylaktisch abgelehnt worden wäre, erlaubt sich der Senat den Hinweis, dass dies ihrer Rechtsbindung widerspräche. Denn die Zustimmung darf nur verweigert werden, wenn eine Gefährdung des Luftverkehrs tatsächlich vorliegt, nicht bereits dann, wenn die Luftfahrtbehörde dies mangels vorliegender fachlicher Einschätzungen nicht ausschließen kann. Eine vorsorgliche Verweigerung erlauben §§ 12, 14 und 29 LuftVG weder in der alten noch in der derzeitigen Fassung.
90Angesichts dessen ist jedenfalls die Verlängerung der Frist um etwa drei Wochen über den seitens der Beigeladenen zu 1. erbetenen Zeitpunkt hinaus rechtswidrig. Ob dies dazu führt, dass die Fristverlängerung insgesamt unwirksam ist und damit bereits am 21. August 2021 die Genehmigungsfiktion eingetreten ist, oder ob eine Form der geltungserhaltenden Reduktion auf eine objektiv ausreichende Frist in Betracht käme, kann hier dahinstehen, weil eine solche jedenfalls nicht länger als eine Woche über den 10. September 2021 hinausreichen dürfte. Tatsächlich waren H. und Bezirksregierung sogar in weniger als zwei Tagen in der Lage, auf die Stellungnahme der Beigeladenen zu 1. zu reagieren. Die tatsächlich erst am 28./29. September 2021 eingegangene Zustimmungsverweigerung war damit in jedem Fall verfristet.
914. Ist nach alledem die Zustimmungsfiktion nach § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. jedenfalls mit Ablauf des 17. Septembers 2021 eingetreten, konnte die (nachträgliche) Versagung der Zustimmung mit Schreiben vom 29. September 2021 hieran als solche nichts mehr ändern.
92Allgemein dazu Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, § 12 LuftVG Rn. 63 (Stand der Kommentierung: Januar 2021); ferner U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 42a Rn. 47, m. w. N., zur Genehmigungsfiktion nach § 42a VwVfG.
93Eine Aufhebung der rechtlich bereits vorliegenden Zustimmung, so sie überhaupt in Betracht kommen sollte (dazu sogleich unter 5.) ist durch sie ebenfalls nicht erfolgt, insbesondere nicht in konkludenter Form, wie es Beklagter und Bezirksregierung im gerichtlichen Verfahren zunächst geltend gemacht haben. Hiergegen spricht bereits, dass die Bezirksregierung bei Erlass der Stellungnahme offenkundig noch nicht einmal in Erwägung gezogen hat, eine Zustimmungsfiktion könnte bereits eingetreten sein. Da deren Aufhebung aber zumindest eine entsprechende Willens- sowie eine Ermessensbetätigung voraussetzte, kommt ein solches Verständnis von vornherein nicht in Betracht, zumal der Inhalt der Stellungnahme vom 29. September 2021 hierfür auch keinen Ansatz bietet. Dies wird nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass der Beklagte bei dem Versuch einer entsprechenden Um- oder Ausdeutung selbst beständig zwischen der Annahme einer Rücknahme und der eines Widerrufs wechselt. Zumindest darüber müsste aber Klarheit bestehen, nachdem die anzustellenden Ermessenserwägungen nach § 48 VwVfG NRW (analog) zumindest andere sind als bei § 49 VwVfG NRW (analog). Unbeschadet dessen handelt es sich bei einer wie auch immer gearteten Aufhebung jedenfalls um eine Ermessensentscheidung, während die (Nicht-)Zustimmung nach §§ 12 Abs. 2, 14 LuftVG (a. F.) eine gebundene Entscheidung ist, so dass einer solchen Um- oder Mitdeutung zumindest der Rechtsgedanke des § 47 Abs. 3 VwVfG NRW entgegensteht. Letztlich ausschlaggebend gegen einen solchen Ansatz spricht aber, dass die Fiktion selbst jeglichen Sinn verlöre, könnte man allein schon in der verspäteten Verweigerung der Zustimmung die konkludente Aufhebung der fingierten Zustimmung sehen.
945. Zu keinem anderen Ergebnis führt schließlich die Entscheidung der Bezirksregierung vom 12. Januar 2024, mit der diese nunmehr abweichend von der zuvor vertretenen Auffassung vom Eintritt der Zustimmungsfiktion ausgeht, diese aber „mit sofortiger Wirkung“ aufhebt und die luftrechtliche Zustimmung zu dem Vorhaben der Klägerin „hiermit ausdrücklich verweigert“. Dies ist im vorliegenden Kontext bereits deshalb unbeachtlich, weil es für die Frage der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides vom 5. Oktober 2022 allein auf den Zeitpunkt seines Erlasses ankommt und die Aufhebung der Zustimmungsfiktion ausdrücklich nur für die Zukunft gelten soll. Angesichts dessen stellte sich in rechtlicher Hinsicht allenfalls die Frage, ob sie nunmehr einer positiven Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Klägerin offensichtlich entgegenstünde. Noch jenseits des Umstandes, dass die Frage der luftrechtlichen Zustimmung mit dem Bescheidungsurteil zumindest in der Weise geklärt ist, dass jedenfalls für eine erneute Entscheidung in der Zukunft kein Raum mehr bleibt, kann zumindest von einer solchen Offensichtlichkeit keine Rede sein. Im Gegenteil geht der Senat davon aus, dass mit der Entscheidung vom 12. Januar 2024 auch in der Sache keine geänderte Beurteilung dieser Fragestellung veranlasst ist. Denn eine Aufhebung der fingierten Zustimmung als Verwaltungsinternum kommt in der hier vorliegenden Konstellation nicht in Betracht (dazu a). Selbst wenn man dies indes grundsätzlich bejahte, käme der Entscheidung vom 12. Januar 2024 eine solche rechtsgestaltende Wirkung nicht zu (dazu b).
95a) Eine Aufhebung einer in Folge Zeitablaufs eingetretenen Zustimmungsfiktion, die als Verwaltungsinternum der abschließenden Entscheidung voranzugehen hat, ist bereits aus grundsätzlichen Erwägungen heraus, jedenfalls aber in der hier vorliegenden Weise, ausgeschlossen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bereits für das vergleichbar als interne Mitwirkungshandlung ausgestalte gemeindliche Einvernehmen entschieden.
96Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 4 C 24.95 -, DVBl. 1997, 827 = juris Rn. 18.
97Denn damit verlöre die vom Gesetzgeber angeordnete Fiktion letztlich ihre Funktion, im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung für eine rasche Klarheit bezüglich der relevanten Frage zu sorgen.
98So ausdrücklich auch BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 4 C 24.95 -, DVBl. 1997, 827 = juris Rn. 18: „Aus den dargelegten Gründen kann die Erteilung des Einvernehmens oder das als erteilt geltende Einvernehmen auch nicht „widerrufen“ oder „zurückgenommen“ werden; denn dieses würde den Sinn der Vorschrift, innerhalb der Frist klare Verhältnisse über die Einvernehmenserklärung der Gemeinde zu schaffen, leerlaufen lassen.“
99Dies gilt umso mehr, als sich die (Nicht-)Zustimmung nach § 12 Abs. 2 LuftVG a. F. hierauf beschränkt, es insbesondere auf ihre Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit im weiteren Genehmigungsverfahren nicht ankommt. Dies hat die Genehmigungsbehörde nach allgemeiner Auffassung nicht zu überprüfen. Mit der Anordnung einer Zustimmungsfiktion hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass die materiell-rechtlichen Fragen nach Fristablauf keine Rolle mehr spielen (sollen). Dies durch die Eröffnung einer Rücknahme- oder Widerrufsmöglichkeit gewissermaßen durch die Hintertür wieder einzulassen, widerspräche dieser bewussten gesetzgeberischen Interessenbewertung. Hinzu kommt, dass die Luftfahrtbehörde gerade nicht über die Frist selbst verfügen kann, sondern jedenfalls nach der hier anwendbaren (alten) Fassung des Luftverkehrsgesetzes allein und in Grenzen die Genehmigungsbehörde. Ließe man lange nach deren Ablauf eine rechtswirksame erneute Entscheidung der Luftfahrtbehörde zu, müsste man ihr zugleich eine nach dem Gesetz gerade nicht bestehende Dispositionsbefugnis über diese Frist zugestehen. Ansonsten bliebe es dabei, dass die Zustimmungsfiktion mit ihrer Aufhebung erneut automatisch eintritt und damit auch eine erneute Sachentscheidung der Luftfahrtbehörde sperrte, die die gesetzliche oder rechtmäßig verlängerte Frist definitionsgemäß nicht wahrt. Für eine solche autonome Entscheidungsbefugnis der der Frist unterworfenen Fachbehörde ist indes nichts ersichtlich. Im Gegenteil erschließt sich nicht, aus welchem Grund eine im Januar 2024 - mithin etwa 27 Monate nach Ablauf der zuletzt (rechtswidrig) gewährten Frist - getroffene Sachentscheidung im Sinne des Gesetzes als rechtzeitig anzuerkennen sein sollte, obwohl bereits die mehr als zwei Jahre vorher erfolgte identische Entscheidung „zu spät“ gekommen ist und deshalb unbeachtlich war. Sollte dies überhaupt denkbar sein, könnte dies jedenfalls nicht ohne Beteiligung der für die Überwachung der Fristeinhaltung zuständigen Genehmigungsbehörde geschehen.
100Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt auch von demjenigen, über den das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 14. Februar 2023 - 12 KS 133/21 - zu entscheiden hatte. Dort ging es allein um die Rücknahme einer tatsächlich innerhalb der Frist des § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG a. F. erteilten Zustimmung, sodass sich dort die mit dem Fiktionseintritt verbundenen, vorstehend aufgeführten Fragen so von vornherein nicht stellten.
101Demgegenüber weist die Regelung der §§ 12, 14 LuftVG a. F. keine entscheidenden Unterschiede zur Ausgestaltung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB auf, für das das Bundesverwaltungsgericht eine Aufhebungsmöglichkeit nach Fiktionseintritt – wie ausgeführt – ausdrücklich ausgeschlossen hat. Die von ihm in den genannten Entscheidungen angeführten Erwägungen gelten für die luftrechtliche Zustimmung in gleicher Weise. Denn wie beim gemeindlichen Einvernehmen hat der Gesetzgeber durch die Fristregelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG a. F. der Mitwirkung der Luftfahrtbehörden aus Gründen der Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens zeitliche Grenzen gesetzt. Dadurch soll zum einen verhindert werden, dass sich die Entscheidung der Genehmigungsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Zustimmungserklärung oder -versagung aussteht. Zum anderen schützt die Norm das Vertrauen des Bauherrn darauf, dass über die luftverkehrsrechtliche Zustimmung als einer Teilfrage des Genehmigungsverfahrens grundsätzlich innerhalb der – gegebenenfalls verlängerten – Frist des § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG a. F. Klarheit geschaffen wird. Bestehen Sinn und Zweck dieser Fristenregelung demnach – wie bei § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB – darin, innerhalb einer bestimmten Zeit im Verhältnis zwischen dem Bauherrn, der Genehmigungsbehörde und der Luftfahrtbehörde klare Verhältnisse über die Zustimmungserklärung nach §§ 12 ff. LuftVG (a. F.) zu schaffen, stünde die Möglichkeit, die als erteilt geltende Zustimmung „zurückzunehmen“ oder zu „widerrufen“, hierzu in ersichtlichem Widerspruch.
102Im Vergleich zu § 36 BauGB besteht auch kein weitergehendes Schutzbedürfnis der Luftfahrtbehörden bzw. der von ihnen vertretenen Interessen. Hiergegen spricht namentlich die in § 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG a. F. – nicht aber in § 36 BauGB – vorgesehene Möglichkeit, die Zustimmungsfrist unter den dort geregelten Voraussetzungen – sogar potenziell unbegrenzt – zu verlängern. Dadurch können die gegenseitigen Interessen von Luftfahrtbehörde, Genehmigungsbehörde und Vorhabenträger ausreichend berücksichtigt werden.
103Angesichts dessen besteht auch keine Veranlassung, von diesen gefestigten Erwägungen im Fall des § 12 Abs. 2 LuftVG (a. F.) allein deshalb abzuweichen, weil die Luftfahrtbehörde – anders als die Gemeinde – eine abschließende Entscheidung über eine Teilfrage der Genehmigungsfähigkeit in alleiniger Zuständigkeit trifft, an der die Genehmigungsbehörde nicht mehr „rütteln“ kann. Anders als bei der Zustimmung nach § 14 LuftVG (a. F.) ist das Einvernehmen der Gemeinde zwar für die materielle Richtigkeit der Genehmigungsentscheidung letztlich unerheblich, weil die Baugenehmigungsbehörde eine volle Prüfkompetenz hat. Der Gesetzgeber hat diese Zusammenhänge jedoch bei der Festlegung der Fiktion – der schärfsten, ins materielle Recht übergreifenden Sanktion eines verfahrensfehlerhaften Verhaltens, die sich in anderen Zusammenhängen, etwa beim Natur- und Denkmalschutz, nicht findet – notwendig bedacht. Um sich darüber aus allgemeinen Gerechtigkeits- oder Richtigkeitserwägungen hinwegzusetzen, fehlt deshalb ein normativer Ansatz.
104b) Ohne dass es hierauf für die Entscheidung noch ankäme, änderte sich im vorliegenden Fall jedoch auch dann nichts, wenn man eine Aufhebung der fingierten Zustimmung in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden grundsätzlich für möglich hielte. Denn die am 12. Januar 2024 erfolgte Aufhebungsentscheidung und die damit verbundene (erneute) ausdrückliche Zustimmungsverweigerung wäre auch dann als rechtswidrig zu qualifizieren und könnte hier weiterhin nicht berücksichtigt werden. Dies ergibt sich letztlich schon daraus, dass die Entscheidung nur für die Zukunft gelten soll, das insoweit erforderliche Ermessen von der Bezirksregierung aber nicht (erkennbar) ausgeübt wurde und es – soweit ersichtlich – auch an Überlegungen dazu fehlt, ob eine entsprechende zeitliche Begrenzung in einem laufenden gerichtlichen Verfahren sinnvoll sein kann. Hinzu kommt, dass die Ermessenserwägungen, selbst wenn man hierzu auf die Ausführungen zur Verwirkung (dort Seiten 11 ff.) zurückgreift, jedenfalls insoweit defizitär sind, als sie einen fehlenden Vertrauensschutz der Klägerin im Kern mit der allgemeinen Erwägung ablehnen, die (Nicht-)Zustimmung sei ihr als Verwaltungsinternum nicht bekanntzugeben. Dass hier eine solche Bekanntgabe seit langem vorliegt und die Klägerin sich beständig auf den Fiktionseintritt berufen hat, lässt die Bezirksregierung dabei ebenso außer Betracht wie die Fortgeltung der Fiktionswirkung selbst, auf die sie als solche nicht eingeht, insbesondere weder darlegt noch erkennt, dass sie über die abgelaufene Frist schon für die Vergangenheit, jedenfalls aber für die Zukunft nicht verfügen kann. Anders könnte dies in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allenfalls bei einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage, die eine Zustimmungsverweigerung rechtfertigte, in Betracht kommen und in diesem Fall dann auch in das gerichtliche Verfahren unmittelbar eingespeist werden, ohne dass es indes einer Aufhebung der Zustimmungsfiktion bedürfte.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. August 2020 – 4 C 1.19 -, BVerwGE 169, 207 = juris Rn. 22 ff.
106Dass eine solche Situation hier vorliegen könnte, ist für den Senat nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.
107Zumindest fraglich erscheint schließlich, ob Rücknahmegründe, auf die sich die Bezirksregierung maßgeblich stützt – auch die Ausführungen zu § 49 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW beruhen auf der Annahme einer Rechtswidrigkeit und einem Erst-recht-Schluss – schon aus materiell-rechtlichen, systematischen Gründen hier überhaupt einschlägig sein können. Denn jedenfalls im Verhältnis Genehmigungsbehörde/Luftfahrtbehörde und mittelbar auch gegenüber einer Antragstellerin sind mit der Zustimmungsfiktion luftrechtliche Fragestellungen (endgültig) geklärt. Eine Rechtskontrolle durch die Genehmigungsbehörde findet gerade nicht (mehr) statt.
108III. Jenseits dessen stünde aber auch eine – unterstellt – zu berücksichtigende Zustimmungsverweigerung der Bezirksregierung dem Teilerfolg der Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang nicht entgegen. Insofern fehlen die hierfür erforderlichen materiellen Voraussetzungen, weil eine konkrete Gefährdung des relevanten (militärischen) Luftverkehrs auch unter Berücksichtigung der hier zu beachtenden Einschränkungen der gerichtlichen Prüfungskompetenz im Bereich der Verteidigung nicht hinreichend plausibel ist. In diesem Umfang steht zugleich der sonstige öffentliche Belang der Landesverteidigung im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB, der inhaltlich jedenfalls im hier betroffenen Bereich des Luftverkehrs keine weitergehenden Anforderungen enthält,
109vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. April 2023 ‑ 10 S 1560/22 -, NVwZ-RR 2023, 888 = juris Rn. 38; Nds. OVG, Urteil vom 12. Februar 2023 ‑ 12 LB 128/19 -, ZNER 2023, 172 = juris Rn. 45, Beschluss vom 28. März 2017 - 12 LA 25/16 -, BauR 2017, 1180 = juris Rn. 18,
110nicht entgegen (dazu unter 2.). Von der Prüfung dieser Gesichtspunkte ist auch nicht deshalb abzusehen, weil ein hiervon zu trennendes, durch Art. 21b NATOTrStatVtrG (Gesetz zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen und zu den Zusatzvereinbarungen vom 3. August 1959 zu diesem Abkommen (Gesetz zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen) anerkanntes fortbestehendes Nutzungsrecht der britischen Streitkräfte dem Vorhaben insoweit eigenständig nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegenstünde (dazu unter 1.).
111Insofern ist als gewissermaßen vor die Klammer gezogener Aspekt vorab klarzustellen, dass die Beigeladene zu 1. und ihr folgend der Beklagte auf der Grundlage der stimmigen Angaben der britischen Streitkräfte selbst und insoweit konsistent stets betont haben, in der O. hätten immer schon und bis heute Manöver – auch mit Kampfjets – stattgefunden, die mit dem Vorhaben in keinster Weise kollidieren. Das legt der Senat so auch den nachfolgenden Ausführungen zugrunde. Eine Beeinträchtigung bzw. Gefährdung des militärischen Flugbetriebs ist hingegen – soweit es Kampfflugzeuge betrifft – ausdrücklich nur für einen verbundenen Gefechtsübungsbetrieb in der „Belle Alliance“, genauer für den Einsatz des oder der dabei als Schlussmodul erforderliche(n), von den britischen Truppen im jeweiligen Einzelfall angeforderte(n) aufmunitionierte(n) Kampfflugzeugs/e geltend gemacht worden. Für diese Kampfjets sei die Nutzung eines von Norden kommenden und dann über dem Gefechtsfeld im rechten Winkel nach Osten abbiegenden Tiefflugkorridors zwingend, der über die Anlagenstandorte auch jenseits des ED-R führe. Daneben sind allein für den Einsatz von Kampf-, Transport- und anderen Hubschraubern solche Belange bzw. Gefahren auch jenseits dieser Übungen geltend gemacht worden. Aus diesem Grund kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich darauf an, ob ein sonstiger allgemeiner Übungsbetrieb einschließlich zugehöriger Lufteinsätze hier kontinuierlich stattgefunden hat, woran der Senat allerdings grundsätzlich keine Zweifel hat. Der allgemeine Verweis auf Flugmanöver, Tiefflüge und Übungsbetrieb ist dann aber nicht geeignet, die hier allein relevante Nutzung zu belegen. Dies gilt namentlich für Verweise auf früher sogar erfolgte Starts und Landungen von Kampfjets und entsprechende Bodeneinrichtungen. Das ist und war jedenfalls nach den Darstellungen der Beigeladenen zu 1. und der britischen Streitkräfte kein Bestandteil des relevanten Übungsbetriebs, sondern gehört zur allgemeinen Nutzung des Truppenübungsplatzes, die hier so nicht in Rede steht.
1121. In diesem Rahmen steht dem Vorhaben der Klägerin hinsichtlich der außerhalb des ED-R 112/A geplanten Standorte kein fortbestehendes Nutzungsrecht der britischen Streitkräfte im Sinne des Art. 21b NATOTrStatVtrG eigenständig nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegen. Insofern kann offen bleiben, ob es sich tatsächlich – wie der Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 1. Februar 2024 geltend gemacht hat – um ein eigenständig zu prüfendes Kriterium handelt oder ob es bei der auch bis dahin von dem Beklagten vertretenen Auffassung verbleibt, wonach dieses im Rahmen der verteidigungspolitischen Belange des § 35 Abs. 3 BauGB zutreffend angesiedelt ist. Dafür spricht indes, dass es nicht verständlich ist, warum aus einer bestandsschützenden Regelung ein absoluter und weitergehender Vorrang militärischer Gesichtspunkte bezüglich der Gaststreitkräfte folgen sollte als für die von Art. 87a GG unmittelbar erfasste Bundeswehr selbst. Dies mag indes an dieser Stelle ebenso dahinstehen wie die Frage, inwieweit sich daraus „absolute“ Rechte außerhalb der von der Vorschrift erfassten militärischen Liegenschaften, wie sie hier für alle beantragten Anlagen in Rede stehen, herleiten ließen. Denn die hier behauptete Nutzung lässt sich für den maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung vom 18. März 1993 am 29. März 1998 nicht feststellen, namentlich nicht aus der nach Art. 21b Abs. 2 NATOTrStatVtrG erfolgten Anzeige vom 18. November 1999 ableiten, auf die der Beklagte seine entsprechende Annahme selbst jedenfalls bis zur Erörterung ihres konkreten Inhalts gestützt hat. Er hat dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, „die Anzeige, die die ehemalige Wehrbereichsverwaltung West (Wehrbereichsverwaltung III) den zuständigen Bezirksregierungen unter dem 18.11.1999 zusandte, fungierte mithin sowohl als Anzeige nach § 67 Abs. 2 BImSchG im Rahmen des parallel in Kraft tretenden BImSchG 1999 als auch als Anzeige von Anlagen und Einrichtungen nach Art. 21b Abs. 2, Abs. 1 S. 1 NATOTrStatVtrG und Art. 6 Nr. 2 S. 1 der Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den britischen Stationierungsstreitkräften vom 18.03.1993“.
113Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass ausweislich der Anzeigeunterlagen die Nutzung des Truppenübungsplatzes neben einer Vielzahl weiterer Anlagen – räumlich nicht exakt lokalisiert – „Helicopter Training“, „FGA Route“ (ausweislich des zugehörigen Glossars: Route für Jagdflugzeug Luft-Boden-Angriff)“ und „Hel.Mov Tgr. Run“ (ausweislich des zugehörigen Glossars: Hubschrauberzielanflug mit beweglichen Zielen) umfasst(e).
114Daraus lässt sich aber – entgegen der Annahme des Beklagten – gerade nicht ableiten, der hier allein in Rede stehende Ein- und Ausflugkorridor für tieffliegende Kampfjets sei damit in Existenz und Nutzung dauerhaft in seinem Bestand gesichert worden. Vielmehr ist letztlich das Gegenteil der Fall. Denn die im Anhang A für den Truppenübungsplatz O. angeführte FGA-Route (zudem mengenmäßig ausdrücklich mit „1x“ konkretisiert) wird – ebenso wie der danach ebenfalls „1x“ vorhandene „Hel.Mov Tgr. Run“ – dem „Dry Training Area“ und nicht den „Field Firing Areas“ (Gefechtsschießplätzen) oder den „SA Ranges“ (Schießbahnen für Handfeuerwaffen) zugeordnet. Das ist wiederum im zugehörigen Glossar – dem allgemeinen (militärischen) Sprachgebrauch entsprechend – ausdrücklich mit „Übungsplatz zur Ausbildung ohne scharfen Schuss“ definiert (Hervorhebung nur hier). Deshalb kann damit nicht der hier in Rede stehende Korridor bezeichnet sein; denn dieser soll gerade dem Ausflug tieffliegender bewaffneter Kampfjets dienen, die nach den insofern konsistenten Angaben des Beklagten, der Beigeladenen zu 1. und der britischen Streitkräfte zudem nur dann und nur dort eingesetzt werden, wenn (auch) am Boden scharf geschossen wird. All dies trifft auf die angezeigte FGA-Route gerade nicht zu. Gemeint sein kann damit vielmehr nur der im gerichtlichen Erörterungstermin von Oberstleutnant V. genannte, im Süden des Truppenübungsplatzes gelegene Korridor für unbewaffnete Tiefflüge.
115Hierzu passt, dass die für den Truppenübungsplatz abgeschlossene Verwaltungsvereinbarung vom 18. März 1993 anders als die am selben Tag geschlossene für den Truppenübungsplatz Nordhorn keinen (Kampf-)Flugbetrieb erfasst oder auch nur erwähnt. Dies wäre wenig verständlich, wenn er zum damaligen Zeitpunkt (noch) zum zentralen Bestand und zum regelmäßigen, auch in der Öffentlichkeit bekannten Nutzungsspektrum des Truppenübungsplatzes O. gehört hätte.
116Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die nach Einschätzung des Beklagten auch als Anzeige nach § 67 BImSchG dienende Meldung vom 18. November 1999 im Hinblick auf den jedenfalls nicht exakt räumlich umschriebenen Verlauf der FGA-Route den an sie zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen überhaupt genügt hätte.
117Ablehnend für den Fall einer erforderlichen Erlaubnis OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 27. März 2009 - 2 B 8.08 -, juris Rn. 76.
118Diesem eindeutigen Auslegungsergebnis lässt sich auch nicht, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nach gerichtlichem Hinweis auf den Inhalt der Anzeige ausgeführt hat, der für sich genommen zutreffende Hinweis entgegen halten, dass die Anzeige nach Art. 21b Abs. 2 NATOTrStatVtrG nur deklaratorische Bedeutung habe und es nach seinem insoweit ebenso eindeutigen Wortlaut auf die tatsächlichen Verhältnisse ankomme.
119Vgl. dazu auch Scheidler, DÖV 2009, 486, 488.
120Denn selbst unter Berücksichtigung dieses Umstandes kommt ihr jedenfalls eine Indizwirkung für den damaligen Bestands- und Nutzungsumfang zu. Anders als im Fall einer aus welchen Gründen nicht erfolgenden Anzeige hat eine entsprechende tatsächlich erfolgte Anzeige nach Sinn und Zweck die Vermutung der Richtigkeit und – in Grenzen – der Vollständigkeit für sich.
121Vgl. zur parallel aufgebauten Vorschrift des § 67 Abs. 2 BImSchG Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 67 Rn. 24; siehe dazu auch Scheidler, DÖV 2009, 486, 487 f.
122Denn sie verfehlte ihre Funktion, wenn noch Jahrzehnte später darüber gestritten und ggf. Beweis erhoben werden müsste, ob die in ihr aufgeführten Einrichtungen und Nutzungen tatsächlich vorgelegen und ob dort nicht erwähnte gleichwohl existiert haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – bestimmte Einrichtungen und Nutzungen für den Truppenübungsplatz ausdrücklich genannt und nach Anzahl und ungefährer Lage konkret zugeordnet werden. Warum gleichwohl etwa eine weitere FGA-Route auf dem Truppenübungsplatz „vergessen“ worden sein könnte, ist nicht zu erklären – gerade nicht vor dem Hintergrund der hier stets und im Laufe des Verfahrens mit zunehmender Intensität betonten (angeblich) fundamentalen Bedeutung dieser Route bzw. des Gefechtsübungsbetriebs, für den sie unabdingbar sein soll, für die Nutzbarkeit des Truppenübungsplatzes insgesamt. Eine auch nur ansatzweise plausible Erklärung hierzu ist seitens des Beklagten nicht gegeben worden.
123Hinzu kommt, dass der Beklagte bereits mit der Klageerwiderung vom 15. März 2023 darauf hingewiesen hat, die Anzeige vom 18. November 1999 sei auch als solche nach § 67 Abs. 2 BImSchG zu verstehen. Für diese ist indes anerkannt, dass sie zwar für die (Il-)Legalität einer bestehenden Nutzung nicht (allein) entscheidend ist, aber „durch die Anzeige die Reichweite der Genehmigungsfreiheit festgelegt (wird); die Feststellungswirkung beschränkt sich auf den in der Anzeige und den Unterlagen beschriebenen Betriebsumfang und kann später nicht mehr erweitert werden.“
124So Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 67 Rn. 24; in diesem Sinne konkret auch VG Minden, Urteil vom 26. Oktober 2011 ‑ 11 K 606/10 -, NuR 2012, 287 = juris Rn. 62 f.
125Dies gilt hier umso mehr, als sich auch alle objektiven Feststellungen zum tatsächlichen Geschehen aus jener Zeit bruchlos in eine Nichtexistenz und -nutzung eines Ausflugskorridors in dem hier geltend gemachten Bereich einfügen, sich aber mit einer trotz Nichterwähnung in der Anzeige bestehenden Nutzung allenfalls unter größtem – und kreativem – (Interpretations-)Aufwand vereinbaren lassen. Eine vom Inhalt der Anzeige gelöste Bestimmung der Reichweite des von Art. 21b NATOTrStatVtrG vermittelten „Bestandsschutzes“ käme damit zu keinem anderen Ergebnis.
126Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. haben im Tatsächlichen zum Beleg dafür, dass eine entsprechende Nutzung des Ausflugkorridors seit Jahrzehnten durchgängig stattgefunden habe, zunächst einen Zeitungsbericht aus der Lippischen Landeszeitung aus dem Jahr 1983 zu Beschwerden der örtlichen Bevölkerung über Tieffluglärm vorgelegt und ergänzend auf über YouTube abrufbare Videos aus dem Jahr 1984 und auf Fotos aus dem britischen Luftwaffenarchiv verwiesen, die den Zeitraum von 1945 bis 1982 – tatsächlich wohl 1984 – erfassen sollen. Später haben sie noch auf Korrespondenzen betroffener Gemeinden mit dem zuständigen Staatssekretär im Verteidigungsministerium und dem Verbindungsoffizier der britischen Streitkräfte aus den Jahren 1985/86 sowie auf verschiedene Presseartikel der Jahre 1985 und 1989 verwiesen. Aus späteren Jahren findet sich hingegen nichts mehr. Auffällig ist zudem, dass sich der letzte Pressebericht aus dem Jahr 1989 ausdrücklich gegen die fortgesetzte alleinige Nutzung einer Flugstrecke wendet, die von Norden nach Süden verlaufe und eine Flugstrecke von Westen nach Osten als (damals offenbar nicht genutzte) Alternative benennt. Auch der Bericht aus dem Jahr 1987 beschäftigt sich mit einem Appell zur Beendigung von Tiefflügen, die allerdings mit den hier in Rede stehenden Manövern nichts zu tun haben können. Die beschriebenen Flugrouten betreffen die Ortschaften Augustdorf, Hörste, Hiddesen und Pivitsheide, die sich alle nördlich des Truppenübungsplatzes befinden und nicht im Osten. Hinzu kommt, dass ausdrücklich ein Manöver geschildert wird, bei dem diese von Hörste zur nordwestlich der Belle Alliance gelegenen Schießbahn B - die im Übrigen nur am Rand und teilweise vom hier geltend gemachten nördlichen Einflugkorridor erfasst ist - und dann über Pivitsheide und Hiddesen zurück nach Hörste geführt werden. Abgesehen davon, dass diese Flugroute nicht einmal in die Nähe des östlichen Ausflugkorridors kommt, handelt es sich offenkundig um Einsätze, bei denen Ein- und Ausflug nach Norden erfolgen. Eben dies haben Beklagter, Beigeladene zu 1. und britische Streitkräfte für die hiesigen Übungen jedoch kategorisch als unmöglich bezeichnet. Im Bericht vom 26. November 1983 geht es hingegen im Schwerpunkt um allgemeinen Übungslärm von Panzern auf der Schießbahn B (105- oder 120-Millimeter-Geschosse), einer Mörserschießbahn sowie dem Feldflugplatz der Harrier-Senkrechtstarter. Als unzumutbar wird namentlich der Lärm der rückstoßfreien Geschütze dargestellt. Erst ganz am Ende wird über den Wunsch einer Verlegung des Luft-Boden-Beschusses „etwas mehr ins Innere des Übungsgeländes“ berichtet, damit die Kampfflugzeuge „nicht mehr direkt über dem Ort (i. e. Augustdorf) zum Zielanflug einkurven“ müssten. Angesichts der Tatsache, dass sich Augustdorf im Nordwesten des Truppenübungsplatzes befindet, kann dies ebenfalls nichts mit dem hiesigen Ausflugkorridor zu tun haben, der ausweislich der überreichten Karte auch ein „Einkurven“ jedenfalls nicht über Augustdorf, sondern erst erheblich weiter im Süden zuließe.
127Letztlich Gleiches gilt für den Schriftverkehr der Bürgermeister von Augustdorf und J. mit dem damaligen britischen Verbindungsoffizier des Truppenübungsplatzes und dem damaligen Staatsekretär im bundesdeutschen Verteidigungsministerium, die ein Manöver aus Dezember 1985 zum Gegenstand hatten. Dieses betraf wiederum die Schießbahn B und darüber hinaus entweder – so die Darstellung des Bürgermeisters der Gemeinde J. – bombenabwerfende oder – so der britische Verbindungsoffizier in einer internen Stellungnahme – nicht schießende, die Schallmauer durchbrechende Kampfflugzeuge. Solche Szenarien stehen für die hier eingewandten Manöver indes ebenfalls nicht in Rede. Die Vertreter der Beigeladenen zu 1. haben vielmehr schriftlich darauf hingewiesen, dass „der Sachverhalt vergleichbar mit dem im Berufungszulassungsverfahren OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. März 2017 - 12 LA 25/16 (ist). Dabei ging es ebenfalls um etablierte Anflugverfahren für Luft-Boden-Kampfübungen am Schießplatz Meppen, allerdings mit Bombenattrappen“ und in den mündlichen Erörterungen zum Ausdruck gebracht, bei den fraglichen Übungen kämen Bordkanonen zum Einsatz. Bezeichnend ist im Übrigen, dass der Bürgermeister der Gemeinde J., die unmittelbar im bzw. südöstlich des hier angeführten Ausflugkorridor(s) liegt, lediglich Belästigungen durch Detonationen moniert, nicht aber Tieffluglärm. Hiervon berichtet lediglich der Bürgermeister der im Nordwesten des Truppenübungsplatzes gelegenen Gemeinde Augustdorf. Auch dies spricht dafür, dass die Schriftwechsel und die Berichterstattung andere Manöver betrafen als die hier allein problematischen. Jedenfalls lassen sich Existenz und Nutzung einer östlichen Ausflugsroute mit ihnen nicht belegen. Eindeutig ist dies hinsichtlich der Korrespondenz der Gemeinde Schloss Holte-Stukenbrock, die sich ausschließlich mit Problemen der Nutzung des „Harrier-Übungsplatzes Eberhard“ beschäftigt.
128Nichts anderes ergibt sich aus den plastischen Schilderungen von Oberstleutnant V. zu von ihm selbst miterlebten Übungen in den Jahren 1985 bis 1987. Dass dabei der hier allein interessierende Korridor genutzt wurde, hat er nicht berichtet. Vielmehr dürfte es sich nach den geschilderten Details – Anlegen und Beseitigen von temporären Start- und Landebahnen – auch insoweit mit hinreichender Sicherheit um andersgeartete Manöver gehandelt haben. Der Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen, wie er von den Windenergieanlagen beeinträchtigt werden soll, geht gerade nicht mit Starts und Landungen vom bzw. auf dem Truppenübungsplatz einher. Schon aus diesem Grund kann auch der eher pauschale Verweis auf YouTube-Videos eine solche Nutzung nicht belegen, sondern allenfalls den so – wie ausgeführt – nicht entscheidungserheblichen allgemeinen Flugbetrieb auf dem Truppenübungsplatz O.. Hierfür mag auch sprechen, dass die darauf zu sehen sein sollenden, „in der O. sogar landenden Harrier GR.3 –Senkrechtstarter“ bei den hier in Rede stehenden Gefechtsübungen nicht zum Einsatz kommen und gekommen sind. Generell werden sie darüber hinaus nach den Angaben von Oberstleutnant V. in der O. seit 2003 überhaupt nicht mehr genutzt.
129Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass – sollte man die vorgelegten Berichte anders verstehen (können) – jedenfalls die von der Beigeladenen zu 1. und dem Beklagten vertretene These der Alternativlosigkeit des hiesigen Ausflugkorridors offensichtlich nicht haltbar wäre.
130Unbeschadet dessen fallen all diese Schilderungen in die Zeit des Kalten Krieges, so dass sich selbst eine damalige Nutzung des östlichen Ausflugkorridors im Übungsbetrieb mit Tieffliegern nicht ohne weiteres auf die nachfolgenden Jahrzehnte oder auch nur auf den dann nach zutreffender Auffassung auch des Beklagten maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verwaltungsvereinbarung am 29. März 1998,
131vgl. dazu auch Scheidler, DÖV 1989, 486, 488,
132fortschreiben ließe. Nach den im Internet abrufbaren Informationen der Beigeladenen zu 1.,
133https://www.bundeswehr.de/de/organisation/weitere-bmvg-dienststellen/das-luftfahrtamt-der-bundeswehr/militaerischer-flugbetrieb,
134gab es 1990 durch alle Nato-Verbände in Deutschland noch 76.600 Tiefflugstunden (d. h. Flüge unter 500 m), mithin knapp 210 h/Tag, 2016 aber nurmehr 826 (2,2 h/Tag), also etwa ein Hundertstel. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht schon 1994 festgestellt, dass Tiefflüge seit 1990 nur noch in „stark eingeschränktem Maße“ stattfinden.
135Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1994 ‑ 11 C 18.93 -, BVerwGE 97, 203 = juris Rn. 17, 26 ff.
136Hierzu passt, dass die im Erörterungstermin vorgelegte, ausdrücklich als lückenlos bezeichnete Dokumentation des Übungsbetriebs mit Beteiligung von Luftfahrzeugen, die ohnehin erst im Jahr 2003, mithin mehr als vier Jahre nach dem Inkrafttreten des Verwaltungsabkommens, beginnt, für die Zeit bis 2007 überhaupt keinen Einsatz eines (Kampf-)Flugzeugs verzeichnet, sondern ausschließlich Hubschrauber erwähnt.
137Demgegenüber hat Oberst L. hinsichtlich des von ihm erinnerten und glaubhaft geschilderten Manövers aus der Zeit um 1991 nicht bekundet, dass es sich dabei um ein hier allein in Rede stehendes verbundenes Manöver unter Inanspruchnahme des hiesigen Ausflugkorridors gehandelt hat oder haben muss, selbst nachdem ihm solches von Beklagtenseite förmlich in den Mund gelegt worden ist. Auch in der von ihm stammenden Verbalnote der Britischen Botschaft in Berlin vom 12. Januar 2024 ist davon nicht die Rede. Nicht zuletzt deshalb ist der Senat davon überzeugt, dass es sich um eine andere Übung mit Luftunterstützung gehandelt hat, nach vorstehenden Erkenntnissen zumindest höchstwahrscheinlich gehandelt haben muss, zumal gerade nach dem Ende des Kalten Krieges, als militärische Aktivitäten nach allseitigem Bekunden weitgehend zurückgeschraubt wurden, keine Notwendigkeit für solch kostenträchtige Übungen gesehen worden sein dürfte.
138Dagegen spricht schließlich, aber nicht zuletzt, dass bei dem zweiten von Oberst L. im Zusammenhang mit der vorliegenden Problematik angeführten Manöver nach seiner Schilderung ausschließlich – in Wunstorf stationierte – (Transport-)Hubschrauber zum Einsatz gekommen sind, die indes den hiesigen Ausflugkorridor nicht, jedenfalls nicht zum Tiefflug, nutzen, wie wiederum Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin eindeutig zu Protokoll gegeben hat und was sich auch aus allen schriftlichen Stellungnahmen der britischen Armee ergibt.
139Vor diesem Hintergrund einer weder rechtlich noch tatsächlich feststellbaren Existenz oder Nutzung eines östlichen Ausflugkorridors für Tiefflüge ist schließlich nur ergänzend darauf zu verweisen, dass der in diesem Zusammenhang erfolgte Vortrag insbesondere des Beklagten, aber auch der Beigeladenen zu 1. in seiner rechtlichen Dimension nicht hinreichend klar erscheint. Zum einen wird immer wieder betont, der hier in Rede stehende Tiefflugverkehr sei nicht (immissionsschutzrechtlich) genehmigungsbedürftig, und zwar auch nicht als Bestandteil des „Truppenübungsplatzes O.“, bei dem es sich nach insoweit übereinstimmender Auffassung der Beteiligten, die auch vom Verwaltungsgericht Minden bestätigt wurde,
140Urteil vom 26. Oktober 2011 - 11 K 606/10 -, NuR 2012, 287 = juris Rn. 64,
141um die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige (Gesamt-)Anlage handelt. Zum anderen soll aber (auch) aus der Anzeige vom 18. November 1999, die zugleich als Anzeige nach § 67 Abs. 2 BImSchG zu verstehen sein soll, ein unmittelbarer und uneingeschränkter Bestandsschutz auch für eben diesen Tiefflugverkehr folgen. Dies implizierte indes, dass es sich hierbei um einen Bestandteil dieser – dem Immissionsschutzrecht unterworfenen – Gesamtanlage handelte. Zu einer solchen Betrachtung passte auch die geltend gemachte strikte Ortsgebundenheit des Korridors aufgrund der Abhängigkeit von den auf dem Truppenübungsplatz installierten (Boden-) Zielen.
142Denn gerade die räumlich und zeitlich unmittelbare und strikte Ortsgebundenheit der Manöver dürfte die Nutzung und den dabei entstehenden Lärm als anlagenbezogen charakterisieren und qualifizieren. Dass sie dann bei einer immissionsschutzrechtlichen Betrachtung und einem Lärmgutachten als bestehende Belastung zu berücksichtigen wären, erscheint deshalb mindestens naheliegend. Schließlich wird allgemein etwa Lkw-Verkehr auf einem Betriebsgelände dem Betrieb unmittelbar zugerechnet. Anders ist dies nur für den Anlieferverkehr auf öffentlichen Straßen, der mit dieser besonderen Nutzung des Luftraums kaum vergleichbar ist. Ebenso werden Hubschrauberflüge im zivilen Bereich (z. B. bei Krankenhäusern) als anlagenbezogen betrachtet.
143Vgl. etwa OVG NRW, Urteile vom 16. September 2016 - 2 D 46/14.NE -, BauR 2017, 676 = juris Rn. 90 ff., und vom 17. Februar 2011 - 2 D 36/09.NE -, juris Rn. 305; Nds. OVG, Beschluss vom 4. Januar 2011 - 1 MN 130/10 -, BauR 2011, 805 = juris Rn. 79 f.
144Es spricht daher aus Sicht des Senats durchaus Überwiegendes dafür, dass es sich hier um eine noch der Anlage zuzurechnende Nutzung handelt. Dies ist etwa hinsichtlich der (Tief-)Flugkorridore bei sogenannten Luft-Boden-Schießplätzen in Rechtsprechung und Literatur im Grundsatz anerkannt.
145Vgl. eingehend OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 27. März 2009 - 2 B 8.08 - juris, insbesondere Rn. 33 ff., zu den Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit dann Rn. 76; siehe auch Kämper, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 30 Rn. 61 f. (Stand der Kommentierung: Januar 2017).
146Auch wenn diese nicht ohne weiteres und uneingeschränkt mit einem Truppenübungsplatz gleichzusetzen sein mögen, liegt eine Übertragung jedenfalls auf den hier in Rede stehenden Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen und insbesondere das Abschlussmodul mit schießenden Bodentruppen und Luftfahrzeugen nahe. Dies unterstreicht nicht zuletzt die Tatsache, dass auch die Beigeladene zu 1. einen solchen Vergleich herangezogen hat (etwa Schriftsatz vom 21. November 2022, S. 3 f. = BA 8 S. 169 f.).
147Demgegenüber kann eine solche Zurechnung nicht mit der Erwägung verneint werden, der Gesetzgeber habe Flugplätze bewusst nicht dem Immissionsschutzrecht unterworfen. Denn ein solcher Flugplatz steht jedenfalls für die fraglichen Manöver nicht zur Diskussion. Vielmehr zeichnen sich diese Übungen nach insoweit konsistenter Darstellung aller militärischen Beteiligten dadurch aus, dass die involvierten Kampfjets auf dem Truppenübungsplatz gerade nicht landen oder/ und starten. Im Übrigen ist der bestehende Flugplatz in Bad Lippspringe ebenso wenig von den Anlagen der Klägerin betroffen wie die nach Angaben von Oberstleutnant V. noch vorhandenen Harrier-Landebahnen.
1482. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch nicht feststellen, dass der unbenannte Belang der verteidigungspolitischen Interessen bzw. eine konkrete Gefährdung des Luftverkehrs den WEA 03 – 09 entgegengehalten werden könnten. Der luftrechtliche Zustimmungsvorbehalt dient der Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt und des Schutzes der Allgemeinheit zur Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt.
149Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Juli 1965 - IV C 30.65 -, BVerwGE 21, 354 = juris Rn. 11, und vom 21. August 1981 - 4 C 77.79 -, NVwZ 1982, 113 = juris Rn. 25; OVG NRW, Urteil vom 9. April 2014 - 8 A 430/12 -, DVBl. 2015, 915 = juris Rn. 79 ff.; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 7. März 2005 - 8 A 12244/04 -, juris Rn. 3; Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 12 Rn. 4, § 14 Rn. 1 (Stand der Kommentierung: Januar 2021).
150Anerkannt ist, dass die Zustimmung zu versagen ist, wenn dies zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt und der Allgemeinheit erforderlich ist und nachteilige Wirkungen nicht durch Auflagen ausgeschlossen werden können (§ 14 Abs. 1, § 12 Abs. 4 LuftVG). Für die Versagung muss daher gemäß §§ 14 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG eine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs vorliegen. Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit einem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden muss oder eine vorhandene Gefahr konkret verstärkt wird. Die bloße Möglichkeit eines schädigenden Ereignisses aufgrund eines hypothetischen Sachverhalts genügt hingegen nicht.
151Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 1965 - IV C 30.65 -, BVerwGE 21, 354 = juris Rn. 11; OVG NRW, Urteil vom 9. April 2014 - 8 A 430/12 -, DVBl 2015, 915 = juris Rn. 86; Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 12 Rn. 54 (Stand der Kommentierung: Januar 2021); Weiss, NVwZ 2013, S. 14, 16 f.
152Insoweit kommt den bezeichneten Vorschriften der Charakter einer ordnungsrechtlichen Generalklausel zu.
153Vgl. zu § 12 LuftVG: BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2015 - 4 B 39.14 -, juris Rn. 6; OVG NRW, Urteil vom 9. April 2014 - 8 A 430/12 -, DVBl 2015, 915 = juris Rn. 76 ff.; sowie zu § 14 LuftVG: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24. Mai 2023 - 14 S 1705/22 -, ZNER 2023, 343 = juris Rn. 34; Nds. OVG, Urteil vom 23. Juni 2016 ‑ 12 KN 64/14 -, BauR 2016, 706 = juris Rn. 88.
154Es ist daher eine Gefahrenprognose erforderlich.
155Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24. Mai 2023 ‑ 14 S 1705/22 -, ZNER 2023, 343 = juris Rn. 34; OVG S.-H., Urteil vom 19. Januar 2017 ‑ 1 LB 18/15 -, juris Rn. 66.
156Da die durch § 14 LuftVG normierte Baubeschränkung zu einer schwerwiegenden materiell-rechtlichen Einschränkung der Baufreiheit führt bzw. führen kann, ist die luftrechtliche Beurteilung strikt am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auszurichten. Eine Verweigerung ist nicht gerechtfertigt, wenn sie für die Sicherheit der Luftfahrt nicht notwendig ist, wobei auch die Möglichkeiten nach §§ 12 Abs. 4, 14 Abs. 1, letzter Hs. LuftVG in den Blick zu nehmen sind.
157Vgl. Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 12 Rn. 56 (Stand der Kommentierung: Januar 2021); siehe auch BVerwG, Beschluss vom 25. November 2014 - 4 B 37.14 -, ZfBR 2015, 168 = juris Rn. 5.
158Zu der durch den Zustimmungsvorbehalt nach § 14 LuftVG geschützten Sicherheit der Luftfahrt gehört schon nach dem umfassenden, nicht nach dem Nutzungszweck differenzierenden Wortlaut der Norm der militärische, im Bundesgebiet grundsätzlich gemäß Art. 87a Abs. 1 GG von der Bundeswehr wahrgenommene Luftverkehr, und zwar auch und insbesondere, soweit dadurch der Luftraum, etwa durch Tiefflüge, besonders in Anspruch genommen wird.
159Vgl. Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 14 Rn. 3 (Stand der Kommentierung: Januar 2021); Giemulla, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, § 31 Rn. 26 (Stand der Kommentierung: März 2017); i. E. ebenso VG Kassel, Urteil vom 22. März 2018 - 7 K 1274/16.KS -, juris Rn. 51 ff.
160Anerkanntermaßen steht dem die Inanspruchnahme durch verbündete (NATO-) Streitkräfte aus verteidigungspolitischen Gründen, insbesondere im Übungsfall, unter bestimmten Bedingungen gleich, wie sich nicht zuletzt aus Art. 46 NTS-ZA ergibt.
161Vgl. § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG sowie dazu Kämper, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 30 Rn. 57 (Stand der Kommentierung: Januar 2017).
162Systematische Überlegungen stützen dieses Verständnis. Denn es ist anerkannt, dass der Bundeswehr bei der Entscheidung, was zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Verteidigungsaufgaben zwingend notwendig ist, ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum zusteht und es deshalb den militärischen Überlegungen zu überlassen ist, wann und in welchem Umfang ein Tiefflugbetrieb im Einzelfall nach Maßgabe der konkreten Verhältnisse durchgeführt wird.
163Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1994 ‑ 11 C 18.93 -, BVerwGE 97, 203 = juris Rn. 24 ff., Beschluss vom 5. September 2006 ‑ 4 B 58.06 -, BauR 2007, 78 = juris Rn. 3.
164Insoweit müssen diese grundsätzlich „wehrfähig“ sein.
165a. A. wohl (nur) Weiss, NVwZ 2013, S. 14, 18.
166Dies erfasst in erster Linie die Festlegung militärischer Tieffluggebiete. Sie erfolgt durch jederzeit abänderbare innerdienstliche, militärische Weisung, nicht durch Verwaltungsakt und unterliegt keinen Beteiligungsrechten betroffener Dritter, etwa der Gemeinden.
167Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1994 ‑ 11 C 18.93 -, BVerwGE 97, 203 = juris Rn. 30 f.; Kämper, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 30 Rn. 52, 55 (Stand der Kommentierung: Januar 2017); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. Mai 2006 - 3 S 914/05 -, NuR 2006, 574 = juris Rn. 24.
168Gleichzeitig handelt es sich aber nicht um justizfreie Hoheitsakte, die im freien Belieben der Bundeswehr bzw. des Verteidigungsministeriums stehen.
169Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1994 ‑ 11 C 18.93 -, BVerwGE 97, 203 = juris Rn. 14; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. April 2023 - 10 S 1560/22 -, NVwZ-RR 2023, 888 = juris Rn. 42 ff., 55.
170Zuständig für die Erteilung der Zustimmung nach § 14 LuftVG bleibt aber die zivile Luftaufsichtsbehörde, weil § 14 LuftVG in § 30 Abs. 2 LuftVG – bewusst – keine Erwähnung findet.
171Vgl. Weiss, NVwZ 2013, S. 14, 15; Wysk, in: Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 14 Rn. 3 (Stand der Kommentierung: Januar 2021).
172Da der ausdrückliche Zustimmungsvorbehalt im Verhältnis zur Immissionsschutzbehörde allerdings dazu dient, besonderen luftfahrtrechtlichen Sachverstand einzubringen, die Landesluftfahrtbehörde ebenso wie die nach § 31 Abs. 3 LuftVG als Flugsicherungsorganisation gutachterlich zu beteiligende H. aber über einen solchen Sachverstand regelmäßig nur im Bereich der zivilen Luftfahrt verfügt, spricht Überwiegendes für die Annahme, dass sich die Landesluftfahrtbehörde bei der Beurteilung spezifischer Fragen des Militärflugbetriebs an der internen Stellungnahme der Dienststellen der Beigeladenen zu 1. zumindest weitgehend orientiert. Denn der Beigeladenen zu 1., nicht aber der Bezirksregierung als Landes(Luftfahrt-)behörde steht insoweit der bezeichnete verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum zu.
173Vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. April 2023 - 10 S 1560/22 -, NVwZ-RR 2023, 888 = juris Rn. 37 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 13. November 2019 - 12 LB 123/19 -, BauR 2020, 248 = juris Rn. 58; Hess. VGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 - 4 A 1598/17.Z -, NVwZ-RR 2018, 767 = juris Leitsatz und Rn. 14; a. A. Weiss, NVwZ 2013, S. 14, 16.
174Der der Bundeswehr eingeräumte verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum ist vor dem Hintergrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG aber nicht unbeschränkt. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich allerdings darauf, ob die zuständige Stelle der Bundeswehr von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen und ob sie die zivilen Interessen einschließlich der Lärmschutzinteressen in die gebotene Abwägung eingestellt und nicht unverhältnismäßig zurückgesetzt hat.
175Vgl. (zur früheren Rechtslage) BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1994 ‑ 11 C 18.93 -, BVerwGE 97, 203 = juris Rn. 24; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. Mai 2006 ‑ 3 S 914/05 -, NuR 2006, 574 = juris Rn. 23; Nds. OVG, Beschluss vom 28. März 2017 ‑ 12 LA 25/16 -, BauR 2017, 1180 = juris Rn. 18; Giemulla, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, § 30 Rn. 24 (Stand der Kommentierung: März 2016).
176Damit beschränkt sich die erforderliche gerichtliche Prüfung gerade nicht auf die Feststellung einer konkreten Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs, sondern erfasst auch über die angemessene Berücksichtigung ziviler Interessen eine Abwägung mit entgegenstehenden Belangen, wozu auch gehören kann, danach zu fragen, ob und inwieweit den Teilnehmern am Luftverkehr zugemutet werden kann, ihr Verhalten oder Vorhaben zu ändern.
177Vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteile vom 24. Mai 2023 - 14 S 1705/22 -, ZNER 2023, 343 = juris Rn. 56 f., und vom 4. April 2023 - 10 S 1560/22 -, NVwZ-RR 2023, 888 = juris Rn. 51; Weiss, NVwZ 2013, S. 14, 18; allgemein auch BVerwG, Beschluss vom 25. November 2014 - 4 B 37.14 -, ZfBR 2015, 168 = juris Rn. 5, das das Erfordernis einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung hervorhebt; a. A. wohl Nds. OVG, Urteil vom 13. November 2019 - 12 LB 123/19 -, BauR 2020, 248 = juris Rn. 59.
178Die Annahme, dass die Festlegung von Tiefflugstrecken – rechtmäßigerweise – ohne jegliche Dritt- oder Betroffenenbeteiligung erfolgen kann und erfolgt,
179zu aufgrund dessen bestehenden, nicht fristgebundenen Unterlassungsansprüchen vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. Mai 2006 ‑ 3 S 914/05 -, DÖV 2006, 788 = juris Rn. 24, sowie allgemein BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1994 - 11 C 18.93 -, BVerwGE 97, 203 = juris Rn. 14,
180ist letztlich nur dadurch zu rechtfertigen, dass sie anders als etwa die Errichtung eines Flugplatzes keine vollendeten Tatsachen schafft; sie kann vielmehr jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob in die Abwägung in einem solchen Fall zugunsten der Bundeswehr bzw. den Gaststreitkräften ein „Bestandsschutz“ einzustellen ist.
181So für den Fall einer zu einem genehmigten und betriebenen Schießplatz unmittelbar akzessorischen Tiefflugstrecke Nds. OVG, Beschluss vom 28. März 2017 - 12 LA 25/16 -, BauR 2017, 1180 = juris Rn. 18; für einen faktischen Bestandsschutz wegen eines „Gewöhnungseffekts“ auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. April 2023 - 10 S 1560/22 -, NVwZ-RR 2023, 888 = juris Rn. 55.
182Denn dies betrifft allein die Frage des „Wie“, nicht des „Ob“ der gebotenen Abwägung, wobei ein Recht auf Nichtänderung der Umstände als solches allerdings kein militärischer Belang sein dürfte.
183In diesem Zusammenhang sind auch die Wertungen des § 2 Satz 1 EEG – wenn auch mit den Einschränkungen nach § 2 Satz 3 EEG – zu berücksichtigen.
184Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 24. Mai 2023 ‑ 14 S 1705/22 -, ZNER 2023, 343 = juris Rn. 57, und vom 4. April 2023 - 10 S 1560/22 -, NVwZ-RR 2023, 888 = juris Rn. 51; allgemein auch OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2023 ‑ 22 A 902/23 -, juris Rn. 44.
185Dabei beansprucht diese Festlegung nach § 2 Satz 1 EEG auch gegenüber verteidigungspolitischen Interessen Geltung, lediglich der Vorrang nach Satz 2 gilt insoweit nach Satz 3 nicht. Daraus lässt sich indes, anders als der Beklagte im gerichtlichen Verfahren ausgeführt hat, gerade nicht der Schluss ziehen, diese Wertung komme hier überhaupt nicht zum Tragen. Vielmehr ist der Regelung eine Bewertung des potenziellen Interessengeflechts als gleichrangig zu entnehmen, kaum aber eine Reduzierung des überragenden Interesses auf eine generelle Nachrangigkeit gegenüber verteidigungspolitischen Interessen.
186Dieser verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch darauf, dass es der Bundeswehr obliegt, das Gefährdungspotenzial einer Windenergieanlage im Korridor einer Tiefflugübungsstrecke zu beurteilen. Einschätzungen und Wertungen, die die zuständige Behörde im Rahmen des ihr eröffneten Beurteilungsspielraums vornimmt, sind auch einem Sachverständigengutachten grundsätzlich nicht zugänglich, weil es in solchen Fällen auf andere (mögliche) Beurteilungen nicht mehr ankommen kann. Soweit die Gefahrenanalyse prognostische Einschätzungen umfasst, erstreckt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob die Prognose auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodengerecht erstellt wurde. Die Prognose ist fehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist.
187Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. September 2006 - 4 B 58.06 -, BauR 2007, 78 = juris Rn. 8; ähnlich VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. Mai 2006 - 3 S 914/05 -, DÖV 2006, 788 = juris Rn. 26 f.; Hess. VGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 - 4 A 1598/17.Z -, NVwZ-RR 2018, 767 = juris Rn. 13 f.
188Hier lässt sich aus dem zumindest in Teilen widersprüchlichen Vortrag insbesondere der Beigeladenen zu 1. schon nicht schließen, dass von dem Vorhaben der Klägerin, soweit es Flächen außerhalb des ED-R 112/A in Anspruch nimmt, überhaupt ein solcher Tiefflugkorridor betroffen sein könnte. Jedenfalls fehlt es zumindest nach den jüngeren Angaben an einer entsprechenden Festlegung. Auch von Weisungen im Einzelfall kann nicht ausgegangen werden. Letztlich sind sogar Existenz und Nutzung des angeführten Korridors offengeblieben (dazu a). Jedenfalls eine relevante, hinreichend konkrete Gefährdung einer unterstellten Nutzung besteht nicht (dazu b). Selbst wenn man auch dies noch unterstellte, wären hier in der gebotenen Abwägung mit den gleichrangigen Interessen an einer Verwirklichung des Vorhabens der Klägerin auf der Hand liegende Alternativen vorrangig zu ergreifen (dazu c).
189a) Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der oben unter 1. erfolgten Ausführungen konnte der Senat nicht die Überzeugung gewinnen, dass hier ein relevanter und tatsächlich in relevanter Weise genutzter Tiefflugkorridor besteht, in dem sich die beantragten Anlagenstandorte befinden. Insofern hätte es dem Beklagten und den Beigeladenen oblegen, hierzu die erforderlichen nachvollziehbaren Angaben zu machen.
190In der Sache ebenso etwa VGH Bad-Württ., Urteil vom 4. April 2023 - 10 S 1560/22 -, NVwZ‑RR 2023, 888 = juris Rn. 41 ff., der auf eine „plausible Darlegung“ der Bundeswehr abstellt.
191Der ihnen in diesem Sinne obliegenden Darlegungslast sind sie indes nicht nachgekommen. Vielmehr weist ihr Vortrag durchgängig Ungereimtheiten auf, die sich mit einem solchen Ergebnis nicht vereinbaren lassen.
192Dies beginnt bereits damit, dass seitens der Beigeladenen zu 1. ursprünglich ausdrücklich angegeben wurde, der hier in Rede stehende Tiefflugkorridor mit seiner nördlichen Einflug- und östlichen Ausflugbahn sei vor langer Zeit „in planähnlicher Weise“ festgelegt worden. Erst auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts danach, wo die Festlegung in planähnlicher Weise festgehalten und dokumentiert ist, erfolgte die Mitteilung, dass es solches jedenfalls von Seiten der Bundeswehr nicht gebe und auch nie gegeben habe. Stattdessen wurde darauf verwiesen, dies sei durch die britischen Gaststreitkräfte geschehen und man gehe davon aus, dass dies nach den gleichen Kriterien erfolge, wie sie auch von der Bundeswehr angelegt würden. Eine gewisse Bestätigung findet dies noch im Schriftsatz vom 25. Januar 2024, in dem betont wird, dass die Zuständigkeit für die Festlegung von Anflugwegen für Luftunterstützung nicht bei den genannten deutschen Stellen, sondern auf britischer Seite liege.
193Auf dieser Grundlage kommt indes eine rechtlich wie auch immer bindende Festlegung einer bestimmten Flugroute jedenfalls mit Blick auf die außerhalb des Truppenübungsplatzes gelegenen Bereiche schon aus Kompetenzgründen nicht in Betracht. Denn in diesem Bereich fehlt es von vornherein an einer Befugnis der britischen Streitkräfte zur (verbindlichen) Setzung von Rechtsfolgen im deutschen Hoheitsbereich. Diese ergibt sich namentlich nicht aus den Nutzungsrechten und -befugnissen hinsichtlich des Truppenübungsplatzes O. – ggf. einschließlich des darüber liegenden Luftraums – selbst. Denn diese griffen jedenfalls nicht über das Gebiet des Truppenübungsplatzes hinaus. Dies betrifft im Übrigen auch den ED-R 112/A, der auf einer Festlegung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, nicht aber auf einer britischen, beruht.
194Dass die britischen Streitkräfte – wie der Beklagte im Schriftsatz vom 1. Februar 2024 betont hat – diesen Luftraum nutzen dürfen, was niemand in Zweifel gezogen hat, ersetzt die erforderliche Rechtsgrundlage für verbindliche Festlegungen nicht. Denn ein solches Nutzungsrecht bedeutet gerade nicht, dass sie dessen Benutzung (auch durch andere) regeln dürften. Insoweit führt auch der Verweis auf Art. 46 NTS-ZA nicht weiter, weil er lediglich ein solches Nutzungsrecht für den Luftraum der Bundesrepublik – unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit – festschreibt und dies zudem ausdrücklich von der Zustimmung der zuständigen deutschen Behörden abhängig macht. Das ist geradezu das Gegenteil eigener Hoheitsrechte in diesem Bereich und spricht eher dafür, dass sich die Gaststreitkräfte insoweit grundsätzlich auf die jeweiligen Gegebenheiten in diesem Luftraum einstellen müssen.
195Hierzu passt im Übrigen, dass sich die britische Armee selbst in ihren schriftlichen Stellungnahmen nie auf diesen Korridor als solchen berufen, sondern immer den über dem Truppenübungsplatz eingerichteten ED-R 112/A als für ihre Nutzungen unabdingbar bezeichnet hat. Dies ergibt sich bereits mit hinreichender Eindeutigkeit aus der präzisierenden Stellungnahme vom 8. Dezember 2021, in der es ausdrücklich heißt:
196„Im Rahmen dieser Übungsszenarien spielt der Einsatz von Simulations-, Unterstützungs- und Kampfflugzeugen sowie von Hubschraubern und Drohnen eine entscheidende Rolle bei der Vorbereitung der Bodentruppen auf die Einsatzrealitäten. Diese Luftfahrzeuge müssen in der Lage sein, in taktischen Szenarien sicher zu manövrieren, und zwar sowohl mit als auch ohne scharfe Munition und in Verbindung mit Sicherheitseinschränkungen am Boden, die einen ungehinderten ED-R112A-Luftraum erfordern. In solchen Szenarien ist es von entscheidender Bedeutung, zu erkennen, dass Truppenübungsplätze drei Dimensionen haben, wobei das zugehörige ED‑R die Fähigkeit zur sicheren Durchführung von taktischen Luftoperationen bietet – im Fall von V. ist es ED-R 112A, das diesen sicheren Operationsraum über die physische Bodengrenze hinaus bietet. [...] Der Verlust des ED-R112A und die damit verbundenen Einschränkungen, die ein solcher Verlust für das Vereinigte Königreich in Bezug auf eine realistische Einsatzausbildung für die Truppen zur Durchführung von Operationen mit sich bringen würde, sind so erheblich, dass sie die Fähigkeit von V., die gesamte militärische Ausbildung einschließlich der integrierten und damit kombinierten Boden- und Luftübungen im Rahmen des Konzeptes der regionalen Drehkreuze für das Vereinigte Königreich […] zu verwirklichen“, infrage stellen würden. (Ergänzung aus dem englischen Original („call into question“), die in der Höflichkeitsübersetzung offenbar versehentlich fehlt).
197Weiterführende Ein- und Ausflugskorridore zum Tiefflugbetrieb über diesen Luftraum hinaus werden hingegen nicht erwähnt. Passend dazu war den britischen Stellungnahmen auch nur eine Karte beigefügt, die die Abgrenzungen des Truppenübungsplatzes und der ED-R 112/A und 112/B (im Südosten) darstellt.
198Dem entspricht die von der Beigeladenen zu 1. eingeholte Verbalnote der Britischen Botschaft in Berlin vom 12. Januar 2024.
199„Die Summe dieser Fähigkeiten bedeutet, dass Übungsszenarien mehrfach im gleichen Kontext durchgeführt werden können; eine „Stop, Reset und Go again“-Fähigkeit (Anhalten, Zurücksetzen und erneut Starten), die den maximalen Ausbildungsnutzen aus der verfügbaren Zeit und den Ressourcen, einschließlich Artillerie, Hubschraubern, schnellen Jets und Drohnen zur Unterstützung der Bodentruppen, bietet. Dies ist nur durch die Sicherheitsbedingungen möglich, die durch das Flugbeschränkungsgebiet ED-R 112A über den Grenzen des TrÜbPl O. und die interne Konfiguration des TrÜbPl O. geschaffen werden. Diese ED-R ermöglicht es allen Luftstreitkräften, in Gefechtsszenarien in und um das Übungsgelände selbst zu manövrieren, im Tiefflug zu fliegen, taktische Anflüge durchzuführen und Ziele zu erfassen, bevor sie sich wieder den laufenden Übungen anschließen und identifizierte Ziele bekämpfen.“
200Dies mündet in der Feststellung der essenziellen Bedeutung des „unrestricted airspace within the ED-R“, dessen Verlust oder die Einschränkung irgendeiner der Fähigkeiten auf dem Truppenübungsplatz O. und seiner ED-R schwerwiegende und unbeabsichtigte langfristige Folgen für die Einsatzfähigkeit der britischen Streitkräfte hätte, während Ein- und Ausflugkorridore – eher beiläufig – nur als solche vorher festzulegen genannt werden.
201Daraus lässt sich schließen, dass es auch von britischer Seite solche Festlegungen tatsächlich nicht gegeben hat. In diesem Sinne hat Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin auf Nachfrage auch bestätigt, dass man den Tiefflugkorridor immer als Bestandteil dieses ED-R betrachtet und deshalb nicht eigenständig erwähnt habe. Dieses Verständnis kann dann aber auch nicht auf eine Erweiterung über diesen ED-R hinaus führen. Die genaue Herkunft bzw. rechtliche Bedeutung der seitens der Beigeladenen zu 1. mit ihrer Stellungnahme vom 12. Januar 2022 überreichten Kartendarstellung des Ein- und Ausflugkorridors (BA 9 S. 155) ist dann auch im gerichtlichen Erörterungstermin nicht eruierbar gewesen.
202Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass sich die britischen Stellen trotzdem durchweg gegen das Gesamtvorhaben der Klägerin und nicht nur gegen die Anlagenstandorte im ED-R 112/A gewandt haben. Das ist vielmehr auch vor dem Hintergrund vorstehender Überlegungen in sich schlüssig, nachdem sie, wie Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin dargelegt hat, das Projekt stets und ausschließlich als Ganzes betrachtet haben. Ob einzelne Anlagen zustimmungsfähig sein könnten, wurde dagegen – nicht zu Unrecht (dazu unter V.) – nicht geprüft. Für eine nach dem Standort inner- oder außerhalb des ED-R differenzierende Stellungnahme bestand damit aus britischer Perspektive kein Anlass. Eine solche Prüfung des britischen Verteidigungsministeriums hat es nach Angaben von Oberstleutnant V. auch nicht gegeben.
203Angesichts dessen liegt eine rechtsförmige und als solche beachtliche Tiefflugroute ersichtlich nicht vor, so dass auch unter dem Blickwinkel des § 29 LuftVG bzw. des § 35 Abs. 3 BauGB allein eine tatsächliche Nutzung als Belang der militärischen Flugsicherheit in Betracht kommt. Wie dies allerdings bei einer Luftraumnutzung außerhalb eines festgelegten Tiefflugkorridors und außerhalb eines ED-R zu einem rechtlich erheblichen Belang erstarken könnte, erscheint bereits grundsätzlich zweifelhaft, zumal auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich betont wurde, die angeführten Ausflüge außerhalb des ED-R gehörten nicht mehr zum Übungsbetrieb selbst – also letztlich zum allgemeinen Flugbetrieb, wie er über ganz Deutschland stattfinden kann. Dies wird letztlich durch den mit der Stellungnahme des Luftfahrtamtes der Bundeswehr vom 16. Januar 2024 (erstmals!) erfolgten Rückzug auf das allgemeine Tiefflugband mit Höhen zwischen 500 und 1.500 Fuß, in dem über ganz Deutschland Tiefflüge stattfinden dürften, bei dem es sich aber gerade nicht um einen rechtlich gesondert geschützten Luftraum handelt, bestätigt. Dies bedeutet indes nicht nur einen recht fundamentalen „Bruch“ mit der bis dato erfolgten Argumentation, sondern letztlich auch, dass die Berufung auf eine Alternativlosigkeit kaum mehr überzeugen kann, wenn insoweit eine generelle Regel für das gesamte Bundesgebiet (allein) bemüht wird. Dort sollen im Übrigen nicht einmal (mehr) die Sonderregelungen für den Übungsbetrieb gelten. Dass dies wiederum nicht zur (alternativen) Begründung für Existenz und Notwendigkeit des Ausflugkorridors passt, er sei integraler Bestandteil des Gefechtsübungsbetriebs mit verbundenen Waffen, sei hier lediglich erwähnt.
204Hierzu wiederum fügt sich, dass seitens der Beigeladenen zu 1. bereits im Verwaltungsverfahren mehrfach mitgeteilt worden war, dass (eigene) militärische Interessen von dem Vorhaben nicht betroffen seien. Im Rahmen der förmlichen Beteiligung wurde – im Anschluss an eine entsprechende Mitteilung im sogenannten Scoping-Verfahren vom 26. November 2020 – mit Schreiben vom 18. Juni 2021 ausdrücklich mitgeteilt, dass „aus flugsicherungstechnischer (§ 18a LuftVG), liegenschaftsmäßiger, infrastruktureller und schutzbereichsmäßiger Sicht seitens der Bundeswehr keine Bedenken bei o.a. Vorhaben“ bestünden und das Luftfahrtamt der Bundeswehr (LuftABw) keine Einwände gemäß § 14 LuftVG erhebe. Noch im gerichtlichen Erörterungstermin am 20. November 2023 haben die Vertreter der Beigeladenen zu 1. dies insoweit bekräftigt, als eigene Belange der Bundeswehr solche Einwände nicht begründeten. Anders ist auch nicht zu erklären, dass der Beigeladenen zu 1. nach Bekunden ihrer Vertreter nicht einmal die Existenz des nunmehr vehement verteidigten Flugkorridors bekannt gewesen ist, obwohl die Bundeswehr zumindest für 10 Wochen im Jahr dort autonom übt und ansonsten die britischen Übungen unterstützt – letzteres gerade im Bereich der Luftunterstützung für die (allein) dort übenden britischen Bodentruppen.
205Unbeschadet dessen kann sich eine schutzwürdige Existenz des hier allein potenziell betroffenen Ausflugkorridors damit ausschließlich aus einer beständigen Übung in Form einer tatsächlichen Nutzung ergeben. Solches lässt sich indes auf der Grundlage der verfügbaren Informationen und des Vortrags der Beteiligten (ebenfalls) nicht feststellen. Insofern kommt zunächst den vorstehend unter 1. erörterten Aspekten jedenfalls für die Zeit vor der Jahrtausendwende ganz erhebliches Gewicht zu. Insbesondere die von dem Beklagten und der Beigeladenen zu 1. beigebrachten Unterlagen aus den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts weisen dabei auch über diesen Zeitraum hinaus. Denn danach ist nicht vorstellbar, dass ein fortgesetzter Tiefflugübungsbetrieb über die Grenzen des Truppenübungsplatzes hinaus überhaupt kein Echo mehr in den umliegenden Gemeinden gefunden hätte, zumal – wie nicht zuletzt die Vertreter der Beigeladenen zu 1. in der mündlichen Verhandlung betont haben – die Akzeptanz von Tiefflügen und der damit verbundenen Lärmbelastung nach Ende des Kalten Krieges erheblich abgenommen hat. Logisch erklären lässt sich dies deshalb nur damit, dass ein solcher Übungsbetrieb in außerhalb des Truppenübungsplatzes wahrnehmbarer Form nicht oder allenfalls vereinzelt stattgefunden hat. Aus einer bei sporadischer Nutzung allenfalls annehmbaren bloß theoretischen Existenz kann indes kein entgegenstehender Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB erwachsen bzw. fehlte es von vornherein an der erforderlichen Konkretheit einer Gefahr für den Luftverkehr.
206Vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. April 2023 - 10 S 1560/22 -, NVwZ-RR 2023, 888 = juris z. B. Rn. 55, der eine „eingerichtete und entsprechend genutzte Tiefflugstrecke“ als Basis für eine Ablehnung ansieht.
207Dies wird letztlich auch durch den Beklagten selbst bestätigt, der sich gegenüber dem WDR noch am 10. Oktober 2021 – und damit etwa 6 Monate nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen – dahingehend äußerte, bisher über eine Tiefflugübung nicht informiert worden zu sein und „von den neuen Plänen eher durch Zufall“ erfahren zu haben. Gleiches gilt für die dort zitierten Anwohner, die hinsichtlich der Ankündigung zukünftiger Tiefflugmanöver von einer „ganz neuen Qualität des militärischen Übungsbetriebs“ sprechen. Dieser Berichterstattung ist auch keiner der Beteiligten entgegengetreten.
208Eine weitere Bestätigung dieses tatsächlichen Befundes ist der im gerichtlichen Erörterungstermin von dem Beklagten (nur) dem Senat (nur) zur Einsicht vorgelegten, von den britischen Streitkräften für den Truppenübungsplatz O. geführten und ausdrücklich als „lückenlos“ gekennzeichneten Dokumentation des Gefechtsübungsbetriebs mit Beteiligung von Luftfahrzeugen, einschließlich der Übungen mit verbundenen Waffen zu entnehmen. Sie verzeichnet für die Jahre 2003 bis 2007 lediglich den Einsatz von Hubschraubern. In den Folgejahren bis 2017 finden sich maximal zwei Übungen pro Jahr – allerdings nicht in jedem Jahr –, bei denen der Einsatz von Kampfflugzeugen vermerkt ist, davon mehrere (insbesondere im Jahr 2009), die ausdrücklich als Übungen der Bundeswehr gekennzeichnet sind. Im Jahr 2018 hat demnach überhaupt keine Übung mit Beteiligung von Luftfahrzeugen stattgefunden, im Jahr 2019 lediglich mit (Kampf-) Hubschraubern und im Jahr 2020 eine Bundeswehrübung mit Kampfflugzeugeinsatz. Im Jahr 2021 ist eine britische Übung mit Kampfflugzeug verzeichnet, im Jahr 2022 eine entsprechende Bundeswehrübung, im Jahr 2023 vier.
209Die grundsätzliche Plausibilität dieser Aufstellung wird durch die Angaben der Beigeladenen zu 1. bestätigt, wonach die seit 1945 stattfindenden Übungen in früheren Jahren häufiger als zuletzt durchgeführt worden seien und heute „allenfalls“ noch wenige Male im Jahr vorkommen könnten, dann aber besonders wichtig als Schlusspunkt des modular aufgebauten Übungsbetriebs seien. Unabhängig davon mag der Senat eine bewusst unwahre Tatsachenbehauptung in der Beschreibung der Dokumentation durch den Beklagten nicht unterstellen, auch wenn in der mündlichen Verhandlung ohne nähere Erläuterung beiläufig behauptet wurde, sie sei „offensichtlich nicht lückenlos“.
210Bei der Bewertung der so dokumentierten Nutzung durch Kampfflugzeuge ist zudem zu berücksichtigen, dass die – wie gesagt insgesamt überschaubaren – potenziell den hier allein in Rede stehenden Ausflugkorridor betreffenden Einsätze nichts mit einem verbundenen Gefechtsübungsbetrieb in der „Belle Alliance“ zu tun haben müssen. Wie ausgeführt haben der Beklagte, die Vertreter der Beigeladenen zu 1. und vor allem Oberstleutnant V. für die „Hausherrin“ immer wieder betont, es fänden auf dem Truppenübungsplatz alle möglichen anderen Manöver mit Luftunterstützung statt, die mit diesen Übungen und dem Ausflugkorridor nichts zu tun hätten. Dass solche Manöver auch in der Dokumentation enthalten sein müssen, ergibt sich zum einen daraus, dass darin auch Einsätze in den Jahren 2011 bis 2015 vermerkt sind, in denen nach Oberstleutnant V. die verbundenen Gefechtsübungen wegen der anderweitigen Prioritäten für den Afghanistankrieg nicht stattgefunden haben, und zum anderen aus den dort aufgeführten Manövern in Trägerschaft der Bundeswehr, die solche Übungen nach den Angaben von Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin ausdrücklich nicht in der O. durchführen. Dies haben die Vertreter der Beigeladenen zu 1. in der mündlichen Verhandlung auf Vorhalt ausdrücklich bestätigt und dadurch klargestellt, dass der in ihren schriftlichen Stellungnahmen – etwa vom 12. Januar 2022 gegenüber dem Beklagten – angeführte, von ihr während ihrer zehnwöchigen alleinigen Nutzungsbefugnis pro Jahr durchgeführte Übungsbetrieb mit verbundenen Waffen etwas anderes sei als die hier allein zu betrachtenden Manöver.
211Vor diesem Hintergrund lässt sich ein fortlaufender Übungsbetrieb, der auf die Nutzung eines östlichen Ausflugkorridors für tieffliegende Kampfjets angewiesen wäre, auch nicht mit der von der Beigeladenen zu 1. in ihrer Stellungnahme vom 14. September 2023 angestellten Überlegung annehmen, eine Einzelfallprüfung sei an sich entbehrlich, weil „der Betrieb eines derart großen Übungsgeländes für Übungen ohne Luftunterstützung keinen Sinn ergibt und […] der Einsatz von Luftfahrzeugen grundsätzlich Nutzungsbestandteil von Truppenübungsplätzen ist“. Selbst wenn dies zutreffen sollte, ließe das auf den hier allein geltend gemachten Übungsbetrieb keine belastbaren Rückschlüsse zu, nachdem offenkundig auch andere solche Übungsszenarien mit anderen Flugrouten umgesetzt werden und selbst unter deren Einschluss in vielen Jahren überhaupt nicht stattgefunden haben – jedenfalls soweit dies Kampfflugzeuge umfasste. Dies gilt dann erst recht für die in der Stellungnahme vom 12. Januar 2022 aufgestellte Behauptung, mit der Errichtung der Windenergieanlagen büße der Truppenübungsplatz „seine Eignung zur Vorbereitung auf Einsatzrealitäten der Bundeswehr und der Streitkräfte des Vereinigten Königreichs vollständig ein“, zumal sich die Beigeladene zu 1. damit in Widerspruch zu ihrer noch im Erörterungstermin wiederholten Angabe setzt, sie selbst habe keine Einwände gegen das Vorhaben der Klägerin.
212Im Hinblick auf sich aus schriftlichen amtlichen Dokumenten zum Truppenübungsplatz O. – seien es Genehmigungen oder vertragliche Vereinbarungen – ergebende Hinweise auf einen Gefechtsübungsbetreib mit verbundenen Waffen zeigt sich letztlich ein vergleichbar einheitliches Bild, wonach auch in den Regelungen, die den bereits unter 1. betrachteten Dokumenten nachfolgen, offensichtlich ein Gefechtsbetrieb mit verbundenen Waffen und/oder ein Einsatz tieffliegender Kampfjets keine Berücksichtigung gefunden hat bzw. – vorstehenden Feststellungen zur tatsächlichen Nutzung entsprechend – auch nicht zu berücksichtigen war.
213Dies betrifft zunächst die in den Jahren 2010 und 2011 vom Kreis A. erteilten immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb sogenannter Kampfdörfer auf dem Truppenübungsplatz zum Training für einen Häuserkampf in Afghanistan. Diese betreffen zwar die über Art. 21b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 NATOTrStatVtrG abgesicherte Gesamtanlage als solche ebenso wenig unmittelbar, wie sie einen wie auch immer gearteten Flugbetrieb als solchen regeln, weil dieser nach den nachvollziehbaren Schilderungen von Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin in diesem Übungsszenario gerade keine Rolle spielt.
214Allerdings sind, wie bereits ausgeführt, alle Beteiligten – gerichtlich bestätigt – im Genehmigungsverfahren davon ausgegangen, dass der gesamte Truppenübungsplatz die „Anlage“ im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist. Damit war im Rahmen der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der neuen Nutzung jedenfalls auch zu prüfen, ob sich die von der Gesamtanlage ausgehende (Lärm-)Belastung insgesamt als der Nachbarschaft und der Umwelt zumutbar erweist. Dies erfasste jedenfalls dann auch den Fluglärm durch tieffliegende Kampfjets, wenn dieser als anlagenbezogen zu werten ist. Im Ergebnis änderte sich hieran aber auch dann nichts, wenn man dies mit dem Beklagten und der Beigeladenen zu 1. ablehnte. Denn nach der von der Beigeladenen zu 1. geübten Praxis fließen unabhängig von einer Genehmigungsbedürftigkeit „erdnahe Flug- und Kampfgeräusche […] regelmäßig in die Schallimmissionsberechnungen mit ein“, weil sie Auswirkungen auf die gesamte Geräuschentwicklung haben können (E-Mail vom 9. September 2022 – BA 4 S. 1431).
215Die Genehmigungen vom 18. Februar 2010 und 20. Dezember 2011 und die dem Senat zur Verfügung gestellten, allerdings teilweise geschwärzten und teilweise verweigerten Unterlagen lassen aber allenfalls auf Hubschraubermanöver und Flugbetrieb am Flugfeld in Bad Lippspringe schließen, der mit dem hier in Rede stehenden Tiefflugbetrieb nichts zu tun hat. Zudem wird auch von einem nur sporadischen Hubschraubereinsatz gesprochen (Genehmigung vom 18. Februar 2010 (dort S. 12 = GA 293): „Flugbetrieb (i. e. Hubschrauber) an einzelnen Tagen“; Genehmigung vom 20. Dezember 2011 (dort S. 21 = GA 328): „einzelne Übungsfälle“). Die Änderungsgenehmigung vom 20. Dezember 2011, die erstmals eine gemeinsame Nutzung der sogenannten Kampfdörfer und des übrigen Truppenübungsplatzbetriebs zulässt, erwähnt insoweit ausdrücklich, dass auch Übungen mit Hubschraubern gleichzeitig und am gleichen Tag zulässig sind. Das für diese Änderungsgenehmigung aufgestellte Lärmmanagement betrachtet – folgerichtig – auch den sonstigen Truppenübungsplatzlärm gewissermaßen als Vorbelastung und zählt hierzu ausdrücklich „Fahrzeugbewegungen (insbesondere schwere Panzer), Hubschrauberflug (insbesondere Hovern), Flugbewegungen auf dem Flugplatz im Bereich Bad Lippspringe, Nutzung der Übungsdörfer, soweit es nicht um Schießlärm handelt, und sonstige Geräusche gemäß TA Lärm.“ Demgegenüber werden Geräuschentwicklungen von Flugzeugen, jedenfalls soweit sie nichts mit dem im Süden des Truppenübungsplatzes gelegenen Flugplatz in Bad Lippspringe – also gerade nichts mit dem hier allein relevanten Gefechtsübungsbetrieb – zu tun haben, geschweige denn von Tiefflügen an keiner Stelle erwähnt.
216Nachdem indes die Gesamtaufzählung zeigt, dass Fluglärm vom Gutachter grundsätzlich als relevant betrachtet wurde, ist aber nicht zu erklären, warum das für Flugzeugtieffluglärm, so es ihn gab, nicht gelten sollte. Mit den vom Beklagten eingehend geschilderten Besonderheiten der Lärmmanagementrichtlinie und ihres Zweckes hat dies ersichtlich nichts zu tun. Denn es geht in diesem Kontext nicht um die zutreffende Bewertung des bestimmenden Schießlärms, sondern um die Betrachtung der weiteren Lärmquellen, die der Gutachter offensichtlich tatsächlich vorgenommen hat. Warum er dies selektiv getan haben sollte und ausgerechnet den hier geltend gemachten Lärm (tieffliegender) Kampfjets, nicht aber etwa den der Hubschrauber, „vergessen“ oder für so irrelevant gehalten haben könnte, dass er nicht einmal einer Erwähnung für Wert befunden wurde, ist sinnvoll nicht zu erklären. Träfe der Einwand des Beklagten zu, hätte insoweit überhaupt keine Betrachtung erfolgen müssen/dürfen. Jenseits dessen erschließt sich allerdings gerade nach dem Vortrag des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. auch nicht, dass ein relevanter Tieffluglärm „in weiten Teilen der Nachbarschaft im Rahmen einer Gesamtlärmbetrachtung irrelevant“ (so Lärmmanagement S. 13, GA 480) sein könnte.
217Zu diesem Befund passt wiederum, dass auch die zur Änderungsgenehmigung vorgelegte fachgutachterliche Stellungnahme bezüglich der natur- und artenschutzrechtlichen Belange bei der Beschreibung der sogenannten Vorbelastungen – gemeint ist damit ersichtlich die bisherige Nutzung des Truppenübungsplatzes – Fluglärm an keiner Stelle erwähnt, während etwa dem erdgebundenen Verkehrsaufkommen eine eingehende Betrachtung gewidmet ist. Da Fluglärm unbeschadet seiner rechtlichen Zuordnung jedenfalls für Tiere, insbesondere Vögel, zweifellos relevant ist, wie sich nicht zuletzt den im Gutachten enthaltenen allgemeinen Erwägungen zur Auswirkung von Fluglärm auf Vögel (GA 535 f.) entnehmen lässt, wären in der Darstellung der „Vorbelastung“ ein entsprechender Hinweis und eine Bewertung indes zu erwarten gewesen, wenn es ihn in mehr als geringfügigem Umfang gegeben hätte. Erst bei der Beschreibung des Vorhabens wird ein Flugbetrieb erwähnt, der sich jedoch auch insoweit auf Hubschrauberflüge beschränkt, die danach in Art und Anzahl von den zu übenden Einsatzszenarien abhängen, jedoch nicht zum regelmäßigen Übungsbetrieb gehören.
218Insgesamt lassen sich damit den im Rahmen des Genehmigungsprozesses zu den sogenannten Kampfdörfern entstandenen Verwaltungsvorgängen, soweit sie dem Senat zur Verfügung gestellt wurden, Flugzeuglärm – sei es durch hoch- oder tieffliegende Jets – oder Manöver mit solchen Begleiterscheinungen im Zusammenhang mit der als „Vorbelastung“ erfassten bestehenden Nutzung nicht, jedenfalls nicht explizit oder belastbar, entnehmen. Auch wenn Flugaktivitäten nicht zum damaligen Genehmigungsgegenstand gehörten, lässt sich auch dieser Befund zwanglos mit der Annahme, dass ein solcher Betrieb (auch) 2010 und 2011 nicht oder nur in ganz geringfügigem Umfang stattgefunden hat, vereinbaren, während er unter der Hypothese, dass es sich um eine bestimmende Nutzungsart handeln soll, kaum zu erklären ist.
219Ob in weiteren zu den Genehmigungen gehörenden Unterlagen – insbesondere in den vom Senat angeforderten Betriebsbeschreibungen und der „Abschätzung der Zusatzbelastung durch „Sonstigen TrÜbPl-Lärm“ auf dem Truppenübungsplatz O. vom 28.11.2011“ – andere Erkenntnisse enthalten sind, musste hingegen offen bleiben, weil sich der Beklagte und die Beigeladene zu 1. nicht imstande gesehen haben, sie dem Senat – anders als den im damaligen Genehmigungsverfahren Beteiligten – einschließlich eines privatrechtlich organisierten Naturschutzverbandes –, dem am dortigen Genehmigungsverfahren nicht beteiligten hiesigen Beklagten und von diesem einem Privatgutachter – vorzulegen, wobei (nur) hinsichtlich der genannten Abschätzung ein entsprechendes Ersuchen des Vereinigten Königreichs vorgelegt worden ist. Jedenfalls kann nicht unterstellt werden, dass dem so sein könnte, zumal hierzu vom Beklagten und der Beigeladenen zu 1. unterschiedliche, wenn nicht widersprüchliche Angaben zu dessen Inhalt gemacht werden. Während der Beklagte mit Schriftsatz vom 16. November 2023 erklärt hat, dass „wir davon aus(gehen), dass die in dem angesprochenen Dokument enthaltenen Daten über Flugbewegungen mit Hubschraubern keine Aussagekraft für den Streitgegenstand dieses Verfahrens haben; zu den hier relevanten Flugzeugbewegungen sind darin ohnehin keine Aussagen enthalten“, hat die Beigeladene zu 1. erklärt, das Dokument enthalte detaillierte Angaben zu Hubschrauberfügen, Verkehr mit Panzern und anderen Fahrzeugen sowie Flugübungen.
220Die Nutzung des Truppenübungsplatzes zu einem Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen, der auf den hier geltend gemachten östlichen Ausflugkorridor angewiesen wäre, lässt sich entgegen der Annahme des Beklagten auch der vorgelegten Liegenschaftsvereinbarung vom 8./9. Juni 2016 nicht entnehmen, insbesondere ist der dortige Hinweis auf die Harrierlandebahnen Kalkstraße, Sigmarshof und Haustenbeck hier ersichtlich unbehelflich. Denn auf diesen Flugzeugtyp und dessen Einsatz kommt es für die hier allein interessierende Nutzung nicht an. Vielmehr sollen die fraglichen Manöver gerade dadurch gekennzeichnet sein, dass die in ihrem Rahmen eingesetzten Flugzeuge – nach der im Erörterungstermin vorgelegten Dokumentation ohnehin vom Typ Tornado und Eurofighter, nicht Harrier – nicht in O. starten oder landen. Zudem zeigt der Hinweis auf existente Landebahnen offenkundig gerade keine (aktuellen) Nutzungen an, nachdem die Luftfahrzeuge vom Typ Harrier nach den Angaben von Oberstleutnant V. bereits seit 2003 auf dem Truppenübungsplatz nicht mehr zum Einsatz gekommen sind. Mangels Bezuges zu dem hier allein umstrittenen Ausflugkorridor kommt es hierauf aber letztlich ebenso wenig an wie auf die glaubhafte Versicherung von Oberstleutnant V., dass die Landebahnen weiterhin vorhanden seien und in betriebsbereitem Zustand gehalten werden.
221Dieses Bild einer fehlenden relevanten Nutzung eines östlichen Ausflugkorridors für verbundenen Gefechtsübungsbetrieb wird abgerundet durch die im Internet abrufbare Sammlung „Daten und Fakten“ der Bundeswehr zu den Übungsmöglichkeiten auf dem Truppenübungsplatz O.. Diese umfassen danach: Orts- und Häuserkampf*, Landebahn im Bereich Winningmühle, Pionierübungsgelände (SETA)*, Nachtspähtruppbahnen (NMC’s)*, Amphibische Übungsgewässer, ABC Übungsräume*, Fahren in schwerem Gelände, Einsatz Panzerschnellbrücken, Counter IED Lane*, Checkpointausbildung*, Räumfläche Keiler, Forward Operation Base (FOB)* und Urban Dry Trg Areas* (* = Britische Ausbildungseinrichtung). Luftübungen bzw. -übungsmöglichkeiten finden sich dort gerade nicht. Insbesondere ist (auch) dort nur von „Urban Dry Trg Areas“ die Rede, bei denen es sich – wie ausgeführt – nach dem gängigen militärischen Sprachgebrauch nur um solche Bereiche handeln kann, in denen ausschließlich Übungsmunition zum Einsatz kommt.
222Vgl. dazu konkret auch VG Minden, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 11 K 606/10 -, juris Rn. 66.
223Die hier in Rede stehenden Manöver, die durch den Einsatz scharfer Waffen charakterisiert sind, können mithin nicht gemeint sein.
224Lässt sich damit weder ein durch Art. 21b Abs. 1 NATOTrStatVtrG noch durch nachfolgende genehmigungsrechtliche oder vertragliche Bestimmungen rechtlich oder durch eine mindestens plausibel gemachte tatsächliche Nutzung vermittelter Bestandsschutz für einen Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen, der eine Nutzung des östlichen Ausflugkorridors bedingt, im engeren oder weiteren Sinne zum nach allgemeinen Regeln zur Beachtlichkeit konfligierender Nutzungen maßgeblichen Zeitpunkt der Vollständigkeit der Antragsunterlagen,
225vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2020 ‑ 4 C 3.19 -, BVerwGE 169, 39 = juris Rn. 19 ff., 25 ff.; OVG NRW, Urteil und vom 18. September 2018 ‑ 8 A 1886/16 -, BauR 2019, 498 = juris Rn. 55 ff., m. w. N.,
226feststellen, bedarf es auch an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob die Nutzung des Luftraums hier als anlagenbezogen grundsätzlich einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegt oder als allgemeine Nutzung des Luftraums genehmigungsfrei bleibt. In diesem Zusammenhang weist der Senat lediglich vorsorglich darauf hin, dass ein etwaiger Bestandsschutz einer früheren Nutzung der in Rede stehenden Art indes spätestens mit der Ankündigung eines vollständigen Abzugs der britischen Truppen aus Deutschland im Jahr 2010 erloschen wäre. Zumindest seitdem war nach der Verkehrsanschauung nicht mehr mit einer Wiederaufnahme des damals jedenfalls seit mehr als 20 Jahren nicht mehr feststellbaren Übungsbetriebs im östlichen Ausflugkorridor zu rechnen.
227Zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der Grundsätze des (baurechtlichen) Bestandsschutzes auf militärische Nutzungen und Liegenschaften vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 21. Januar 2000 - 1 L 4202/99 -, juris Rn. 39 ff., 43; zu den allgemeinen Grundsätzen in Bezug auf eine partielle Nutzungsunterbrechung insbesondere OVG NRW, Beschluss vom 18. April 2017 - 2 A 916/15 -, juris Rn. 10 ff.
228Sollte von einer Genehmigungsbedürftigkeit auszugehen sein, wäre deshalb die (Wieder-) Aufnahme eines solchen Übungsbetriebs genehmigungsbedürftig. Da ein entsprechender Genehmigungsantrag indes weder gestellt wurde noch beabsichtigt ist, wären entgegenstehende militärische Nutzungen unter dieser Prämisse von vornherein nicht berücksichtigungsfähig.
229Anderenfalls bliebe es bei der Maßgeblichkeit bestehender tatsächlicher Nutzungen, die sich hier indes nicht feststellen und damit auch unter dieser Prämisse dem Vorhaben nicht entgegenhalten lassen.
230Zur Anwendung des Prioritätsprinzips in diesen Fällen vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14. April 2023 - 10 S 1560/22 -, NVwZ-RR 2023, 888 = juris Rn. 55.
231Entgegen der Auffassung des Beklagten können solche tatsächlichen Nutzungen auch nicht durch gleichermaßen zu beachtende „konkrete Ausbaupläne“ ersetzt werden, wie es in diesem Zusammenhang für die 2021 – im Anschluss an die Aufgabe der vollständigen Rückzugspläne der britischen Streitkräfte im Jahr 2018 – veröffentlichte Absicht des Vereinigten Königreichs, landgestützte regionale Drehkreuze zu entwickeln, geltend gemacht wird. Für Europa sollen danach der Truppenübungsplatz O. und die dazugehörige Infrastruktur das regionale Drehkreuz darstellen und zu einem vorgeschobenen Ausbildungs-, Vorausstationierungs- und Kommandoknotenpunkt (NFS) oder NATO Forward Holding Base entwickelt werden. Ob solche bloßen Planungen grundsätzlich einem privilegierten Vorhaben wie dem der Klägerin entgegengehalten werden könnten, ist bereits zweifelhaft. In der Rechtsprechung anerkannt ist dies – soweit ersichtlich – lediglich in der Konstellation, in der sich eine privilegierte Nutzung gegen eine heranrückende nichtprivilegierte, insbesondere eine Wohnbebauung, wendet.
232Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 5. September 2000 - 4 B 56.00 -, BRS 63 Nr. 107 = juris Rn. 7; OVG NRW, Beschlüsse vom 1. März 2016 - 2 A 2106/15 -, BauR 2016, 1452 = juris Rn. 9 ff.; zusammenfassend Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2019, § 35 Rn. 185 ff.
233Hier stünden sich aber allenfalls gleichberechtigte Nutzungsinteressen gegenüber, sofern auch hinsichtlich der militärischen Nutzung von einer privilegierten Nutzung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB auszugehen wäre. In einem solchen Fall spricht aber alles dafür, dass auch gleichberechtigte Entwicklungsinteressen zu berücksichtigen sind, von denen nicht eine durch eine Vorverlagerung der „Schutzschwelle“ gegenüber der anderen begünstigt werden kann.
234Zur Anwendung des Prioritätsprinzips in diesen Fällen vgl. insbesondere auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14. April 2023 - 10 S 1560/22 -, NVwZ-RR 2023, 888 = juris Rn. 55.
235Damit wäre hier entweder ein vollständiger Genehmigungsantrag – hielte man diese Pläne für (immissionsschutzrechtlich) genehmigungsbedürftig – oder eine tatsächliche Ausübung bzw. Betätigung – ginge man von einer Genehmigungsfreiheit aus – erforderlich, um sie dem Vorhaben der Klägerin entgegen halten zu können. Beides ist indes nicht zu erkennen.
236Hieran änderte jedenfalls der Hinweis des Beklagten nichts, selbst im Rahmen des § 1 Abs. 6 BauGB sei anerkannt, dass genügend verfestigte und inhaltlich konkretisierte Planungen zu berücksichtigen seien. Denn die darauf aufbauende Annahme, dies müsse dann erst recht im Rahmen des § 35 Abs. 3 BauGB gelten, übersieht, dass bei einem gebundenen Genehmigungsanspruch, wie er hier in Rede steht, ein Erst-recht-Schluss aus dem Planungsrecht systematisch nicht tragfähig ist.
237Unbeschadet dessen ist aber auch nicht ersichtlich, dass diese Planungen durch das Vorhaben der Klägerin, jedenfalls soweit es außerhalb des ED-R 112/A verwirklicht werden soll, im Sinne des § 29 LuftVG konkret gefährdet würden oder ihm als Belang nach § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstünden.
238Eine konkrete und damit aktuelle Gefahr für den Luftverkehr kann sich aus reinen Planungen ersichtlich nicht ergeben. Der von der Bezirksregierung in ihrer Aufhebungsentscheidung vom 12. Januar 2024 genannte Aspekt, sie sei verpflichtet, auch vorausschauend die weitere Entwicklung und Ausgestaltung des Luftverkehrs im Auge zu behalten und sich möglicherweise in der Zukunft ergebende Gefährdungen zu berücksichtigen, führt daher in diesem Kontext schon deshalb nicht weiter. Unabhängig davon mag dieser Gedanke für Vorhaben im Bauschutzbereich eines Flughafens fruchtbar gemacht werden können, in dem eine Ausweitung der fliegerischen Nutzung durch den vorhandenen Bestand in gewisser Weise indiziert sein mag. So betrifft die hierfür herangezogene, fast 60 Jahre alte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16. Juli 1965 - IV C 30.65 -, juris Rn. 11), ausdrücklich und auch systematisch eindeutig nur den Bauschutzbereich eines Flughafens (Hamburg) und enthält zahlreiche weitere Anforderungen für eine „zukunftsorientierte“ Versagung, deren Nichterfüllung schon damals gerade zur Aufhebung der Versagungsentscheidung geführt hat.
239Zudem hat die Klägerin nicht ganz zu Unrecht darauf hingewiesen, dass sich diese Argumentation eher schlecht mit dem behaupteten „Bestandsschutz“ verträgt, wonach die Nutzung „immer schon“ bestanden habe. Von einem zukünftig erhöhten Manöverbetrieb mit vermehrtem Einsatz von Flugzeugen haben so auch nicht einmal die militärischen Beteiligten gesprochen. Im Gegenteil haben sie ausdrücklich klargestellt, dass die zukünftigen Ausbauüberlegungen zur NATO Forward Holding Base durch das hiesige Vorhaben nicht konkret beeinträchtigt werden. Dies ergibt sich insbesondere aus der Stellungnahme vom 14. September 2023 (dort S. 2): „Damit (i. e. der NATO Forward Holding Base) sind logistische Übungsszenarien verbunden, jedoch keine, die irgendeinen Einfluss auf die streitgegenständlichen Windenergieanlagen haben könnten“. Sie kann deshalb selbst bei einer (vorrangigen) Realisierung dem Vorhaben nicht entgegenstehen.
240Vor diesem Hintergrund kommt auch der im Verwaltungsverfahren durch die Beigeladene zu 1. angeführte Art. 53 Abs. 6 NTS-ZA hier nicht zum Tragen. Danach treffen die deutschen Behörden, um der Truppe und einem zivilen Gefolge die befriedigende Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten zu ermöglichen, auf Antrag der Truppe geeignete Maßnahmen, um a) Schutzbereiche zu errichten und/oder b) in der Umgebung der der Truppe zur Benutzung überlassenen Liegenschaften die Bebauung und Bepflanzung sowie den öffentlichen Verkehr zu überwachen oder zu beschränken. Eine solche Schutzbedürftigkeit ist mangels feststellbarer Nutzung – über den unter diese Bestimmung subsumierbaren ED-R 112/A hinaus – bereits nicht feststellbar. Zudem dürfte der Begriff der „Baubeschränkungen“ hier nach dem Gesamtzusammenhang eher generell zu verstehen sein und nicht im Sinne einer Ablehnungsoption in einem gebundenen Genehmigungsverfahren.
241In diesem Sinne wohl auch Bay. VGH, Urteil vom 23. Juni 2009 - 8 A 08.40001 -, juris Rn. 111.
242Diesem ist ein solch zukunftsgerichteter Ansatz vielmehr wesensfremd. Zudem fehlte es an einem Antrag der Truppe, der schon unmittelbar gestellt werden müsste und nicht in einem informellen Beteiligungsverfahren durch Erhebung von Bedenken – und dies nicht einmal gegenüber der zuständigen Genehmigungsbehörde. Schließlich wird über die Merkmale der „befriedigenden Erfüllung“ und der „geeigneten Maßnahmen“ jedenfalls kein weitergehendes Schutzniveau gefordert, als es für die Abwägung der widerstreitenden Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB zugrunde zu legen ist. In diesem Kontext ist schließlich zu berücksichtigen, dass hier mit dem ausgewiesenen Luftbeschränkungsbereich ED-R 112/A bereits eine der in Art. 53 Abs. 6 NTS-ZA genannten Maßnahmen ergriffen wurde, die nach ihrer Zweckbestimmung sowohl den Boden- als auch den Luftbetrieb schützt. Nach ihrem „Einrichtungszweck“ dienen diese Gebiete der Kategorie A, wie sie auch hier allein in Rede steht, ausweislich der „Bekanntmachung über die Festlegung von Gebieten mit Flugbeschränkungen“ vom 29. April 2021 ausdrücklich „dem Schutz von Bodenanlagen oder in denen Gefahren für die Luftfahrt durch folgende Aktivitäten ausgehen. Hierzu zählen insbesondere: Artillerieschießen, Boden/Luftschießen, Luft/Bodenschießen, Luft/Luftschießen, Munitionssprengungen, Zielschleppen, Test- und Erprobungsflüge, Militärische Fallschirmsprungvorhaben, Unbemannte Luftfahrzeug Systeme (UAS), Forschungsvorhaben, Übungen militärischer Luftfahrzeuge bei Nacht“. Angesichts dessen ist aber davon auszugehen, dass diese Maßnahme auch hinreichend effektiv die befriedigende Erfüllung schützt, zumal er auch nur bedarfsgesteuert aktiviert wird.
243b) Selbst wenn man indes gleichwohl von einem von dem Vorhaben der Klägerin grundsätzlich zu berücksichtigenden (Tief-)Flugkorridor ausginge, fehlte es– auch unter der gebotenen Berücksichtigung des der Beigeladenen zu 1. und den britischen Gaststreitkräften zukommenden verteidigungspolitischen Einschätzungsspielraums – jedenfalls an einer relevanten konkreten Gefährdung des hierüber abzuwickelnden Ausflugverkehrs, womit zugleich verteidigungspolitische Belange auch unter diesem Aspekt dem Vorhaben der Klägerin, soweit es außerhalb des ED-R verwirklicht werden soll, nicht entgegen gehalten werden können.
244Das ist zumindest hinsichtlich der auf und um den Truppenübungsplatz eingesetzten Kampf-, Transport- und sonstigen Hubschrauber eindeutig nicht der Fall. Diese Einsätze greifen, wie die britischen Streitkräfte bereits in ihren schriftlichen Stellungnahmen zu erkennen gegeben haben und durch Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin noch einmal klargestellt wurde, nicht über die Grenzen des ED-R 112/A hinaus. Ein weitergehender Schutz ist damit für sie aber auch nicht begründbar.
245Gleiches gilt für die in der Stellungnahme des Luftfahrtamtes der Bundeswehr vom 16. Januar 2024 erneut angeführten sogenannten Simulationsflüge – also den Einsatz von zivilen Flugzeugen, die im vorletzten Modul des Übungsaufbaus für verbundene Gefechte Kampfflugzeuge darstellen. Denn diese dürfen sich zwar beim Einsatz scharfer Munition (am Boden) nach den Erläuterungen der Beigeladenen zu 1. aus Sicherheitsgründen nicht über dem Truppenübungsplatz aufhalten. Sie bewegen sich in diesen Fällen aber „in dem verbleibenden Luftraum des dann für den übrigen zivilen Luftverkehr gesperrten Luftraums ED-R 112 (also außerhalb des TrÜbPl, über dem Teutoburger Wald).“ (Stellungnahme vom 12. Januar 2022 – dort S. 7 = BA 9 S. 152). Dies bestätigt im Übrigen den Befund, dass die äußeren Grenzen des ED-R jedenfalls nicht vornehmlich dem Schutz des Luftverkehrs vor Gefahren des Munitionseinsatzes am Boden dienen. Zudem hat Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin klargestellt, dass sie am Übungsgeschehen überhaupt nicht mehr beteiligt sind, wenn Kampfflugzeuge zum Einsatz kommen. Angesichts dessen ist nicht zu erkennen, dass ihre Einsatzfähigkeit durch einen Anlagenbau außerhalb des ED-R 112/A in irgendeiner Weise beeinträchtigt sein könnte, geschweige denn dass dadurch eine Gefährdung des Luftverkehrs entstehen könnte.
246Hinsichtlich der von der Beigeladenen zu 1., wie ausgeführt aber nicht unmittelbar von den britischen Streitkräften, – in gewissem Widerspruch zu der im Erörterungstermin bekräftigten und ihren Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren zugrunde gelegten Einschätzung, aus Sicht der Bundeswehr selbst spreche nichts gegen das vorliegende Projekt – geltend gemachten Gefährdung des Übungsbetriebs mit tieffliegenden Kampfjets lässt sich eine konkrete Gefährdung durch diejenigen Anlagen, die außerhalb des ED-R errichtet werden sollen, ebenfalls nicht feststellen.
247Dies gilt – wie bereits angesprochen – letztlich schon deshalb, weil es Sinn und Zweck der Einrichtung eines ED-R ist, jedenfalls auch den Einsatzbetrieb in der Luft selbst vor Gefährdungen, u. a. bei Boden/Luftschießen, Luft/Bodenschießen, Luft/Luftschießen, Test- und Erprobungsflügen und Übungen militärischer Luftfahrzeuge bei Nacht, zu schützen, und nichts dafür spricht oder in den umfangreichen Erörterungen vorgebracht wurde, dass der ED-R 112/A diese Aufgaben nicht oder nur unzureichend erfüllte. Dabei ist im vorliegenden Zusammenhang insbesondere zu berücksichtigen, dass er nicht an der Grenze des Truppenübungsplatzes endet, sondern erheblich über diesen hinausgreift. Die Tatsache, dass er auch in eine Höhe bis 14.000 Fuß reicht, lässt sich zugleich kaum mit dem im Erörterungstermin betonten Schutz (ziviler) Flugzeuge vor Querschlägern bei Bodenkämpfen mit scharfer Munition erklären (jedenfalls nicht allein), sondern belegt, dass gerade auch die Flüge im Zusammenhang mit dem (Übungsbetrieb des) Truppenübungsplatz(es) geschützt werden sollen. Dies gilt umso mehr, als sich der ED-R gerade nach Osten hin noch ca. 2 km hinter der Grenze des Truppenübungsplatzes fortsetzt. Dies kann kaum mit solchen fehlgehenden Bodenkampfhandlungen erklärt werden, nachdem die Schießbahnen hier gerade nicht, sondern im Westen angesiedelt sind und die eigentlichen Kampffelder schon etwa 4 km von der Grenze des Truppenübungsplatzes entfernt enden.
248Die Richtigkeit dieser Einschätzung – und des bedarfsgerechten Zuschnitts des ED-R – wird letztlich durch die von der Beigeladenen zu 1. ursprünglich und von den für die hier allein relevanten Übungen verantwortlichen britischen Streitkräften durchweg geschilderten Übungsabläufe bestätigt. Danach folgt der Gefechtsübungsbetrieb mit verbundenen Waffen einem festen Schema, das mit konkretem Bezug zum Truppenübungsplatz O. insbesondere in den Stellungnahmen der Beigeladenen zu 1. vom 12. Januar 2022 und 14. September 2023 sowie im gerichtlichen Erörterungstermin ohne weiteres nachvollziehbar und plastisch dargelegt wurde. Danach fliegt bei den tatsächlich durchgeführten Manövern das angeforderte Kampfflugzeug im Regelfall mit ca. 750 km/h (von Norden) ein und sinkt für den Einsatz von Bordkanonen auf eine Höhe von ca. 150 m über den Schießbahnen A oder B bzw. der „Belle Alliance“ ab, um danach mit Höhengewinn nach Osten auszufliegen.
249Soweit im Schriftsatz der Beigeladenen zu 1. vom 14. September 2023 andere Einsatzszenarien als das verbundene Gefecht erwähnt werden, sind diese für die hier erforderliche konkrete Gefährdungsbeurteilung irrelevant. Sie ist nur für die auf den östlichen Ausflugskorridor ausgerichteten Übungen anzustellen. Dementsprechend hat die Beigeladene zu 1. solche Manöver in dieser Stellungnahme oder später – zu Recht – nicht weiter thematisiert.
250Diesen Übungsablauf hat Oberstleutnant V. im gerichtlichen Erörterungstermin und in der mündlichen Verhandlung in der Erörterung der Stellungnahme des Luftfahrtamtes der Bundeswehr vom 16. Januar 2024 bestätigt und betont, dass es sich dabei um den „Regelfall“ handele, diese Flughöhe aber keine Untergrenze darstelle. Unmissverständlich hat er zudem von sich aus erklärt: „Natürlich müssen die Flugzeuge nach diesem Einsatz so schnell wie möglich wieder an Höhe gewinnen.“ Letzteres entspricht auch der ursprünglichen Darstellung der Bundeswehr, die bei der Beschreibung des konkreten Übungsbetriebs und seiner Finalität gegenüber dem Beklagten ausdrücklich dargelegt hat: „Die militärischen Erfordernisse der Übung bestehen darin, festgelegte Ziele am Boden mit Munition zu treffen und dann um 90° nach Osten auszuweichen und dabei an Höhe zu gewinnen“ (Stellungnahme vom 12. Januar 2022, S. 4 = BA 8 S. 140).
251Ausgehend von diesem Regelszenario ist eine relevante Gefährdung des militärischen Flugverkehrs durch die hier zu betrachtenden Anlagen nicht zu erkennen. Dass die eingesetzten Flugzeuge bis zur ersten, ca. 6 km von der „Belle Alliance“ entfernt geplanten Anlage außerhalb des Truppenübungsplatzes (WEA 03) bei diesem Verlauf nicht eine Flughöhe von weiteren 250 m – unter Berücksichtigung des für militärische Flüge allerdings nicht geltenden Mindestabstandes nach SERA.5005 Buchst. f – erreichen könnten und im Regelfall erreichen, ist nicht nachvollziehbar und wird so von den Vertretern der Bundeswehr und der britischen Streitkräfte auch nicht behauptet. Diese beziehen sich vielmehr insoweit allein – allerdings auch nur in eher pauschaler Form – auf die Windenergieanlagen 10 und 01, die ca. 1,5 - 2 km näher zur „Belle Alliance“ liegen. Jedenfalls bei dem in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Steigwinkel von 5° (= etwa 9 % Steiggradient) liegt das rechnerisch auf der Hand, wobei der Senat allerdings auch berücksichtigt, dass noch im Erörterungstermin auf mehrfache Frage ein „üblicher Steigwinkel“ nicht einmal näherungsweise mitgeteilt werden konnte. Dieser Steigwinkel liegt angesichts dessen aber jedenfalls auf der sicheren Seite.
252Demgegenüber konnten die in der Stellungnahme des Luftfahrtamtes der Bundeswehr vom 16. Januar 2024 dargestellten Szenarien der hier erforderlichen konkreten Gefährdungsbeurteilung so nicht zugrunde gelegt werden. Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Verfasser der Stellungnahme hat auf Nachfrage bestätigt, dass es sich bei dem dort unter „Grundsätzliches“ Aufgeführten um Manöver und Übungen handelt, „wie sie stattfinden können. Ob und in welchem Umfang diese auch in der O. stattfinden, entzieht sich so meiner Kenntnis.“ Damit kann insbesondere unter Berücksichtigung der konkret mit Blick auf den Truppenübungsplatz O. abgegebenen und vorstehend wiedergegebenen Übungsabläufe nicht davon ausgegangen werden, dass solche Übungen hier tatsächlich stattfinden bzw. stattgefunden haben. Auch die in der mündlichen Verhandlung anwesenden Vertreter der britischen Streitkräfte haben sich hierzu nicht konkret verhalten, sondern nur in allgemeiner Form darauf hingewiesen, dass man bei den Manövern immer alles das einbauen könne, was zum Übungsbetrieb gehören könne. Gleichzeitig haben sie aber bekräftigt, dass sich die Flugzeuge „bei ihnen“ regelmäßig in einer Höhe von 150 m bewegten.
253Anders ließen sich die auffälligen Widersprüche zu dem bis dato geschilderten Übungsgeschehen vor dem Hintergrund der §§ 173 Satz 1 VwGO, 138 Abs. 1 ZPO auch nicht erklären. Sie beginnen schon damit, dass die Bundeswehr die hier in Rede stehenden Manöver nicht selbst veranstaltet, in dieser Stellungnahme aber detaillierte Angaben zu deren Ablauf macht. Zudem geht bzw. ging es im vorliegenden Verfahren immer nur um die Beeinträchtigung britischer Interessen; die britischen Streitkräfte führen dort aber keine Pilotenausbildung für Kampfeinsätze durch. Die Kampfflugzeuge werden hier nur zur Unterstützung der in der O. übenden Bodentruppen benötigt und eingesetzt. Dass es um die Sicherheit der Pilotenausbildung ginge oder um deren ungestörte Freiheit des Mitteleinsatzes, wäre damit ebenfalls ein völlig neuer Gesichtspunkt, der sich auch weder mit den im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen noch mit der im Erörterungstermin bekräftigten Einschätzung, eigene Interessen oder Schutzbelange der Bundeswehr stünden nicht einmal dem Gesamtvorhaben entgegen, in Übereinstimmung bringen ließe.
254Nur mit einem fehlenden Bezug zum konkreten Fall lässt sich auch erklären, dass erstmals am 16. Januar 2024 von Fluggeschwadern bzw. Formationsflügen der Kampfjets die Rede ist, während am 14. September 2023 offensichtlich ein anderes Konzept für den konkreten Einsatz in der O. dargestellt wird, in dem im Regelfall einzelne Flugzeuge im Einsatz sind: „Das angeforderte Kampfflugzeug fliegt […] ein“ (S. 4) und (zur Unmöglichkeit einer Kehrtwende): „Außerdem folgt dem Kampfflugzeug teilweise ein weiteres nach“ (S. 6 – Hervorhebungen nur hier).
255Gleiches lässt sich für den unter dem 16. Januar 2024 – ebenfalls erstmals – geschilderten Tiefflug der Kampfjets von 30 m feststellen. Zumindest den Regelfall der ohnehin nach den Angaben der Beigeladenen zu 1. und der britischen Streitkräfte nur etwa drei Mal pro Jahr stattfindenden und deshalb auch in ihrem Ablauf übersichtlichen Übungen in der O. bildet das nicht ab. Da alle im Erörterungstermin und in der mündlichen Verhandlung Anwesenden keinen konkreten Anwendungsfall eines solchen Manövers schildern konnten, kann dies auch nur als ein hypothetisches Szenario gewertet werden. Hieran ändert im Übrigen auch die in der mündlichen Verhandlung nach entsprechendem Vorhalt des Senats über den Beklagten (im Übrigen auch erstmals) abgegebene Erklärung nichts, über dem Truppenübungsplatz gälten die Regeln für das Verhalten im Luftraum nicht, die tatsächliche Flughöhe werde jeweils vom Piloten abhängig vom konkreten (Waffen-)Einsatz bestimmt und die Berechnungen zu Steigwinkeln und ähnliches beruhten daher immer auf Annahmen. Abgesehen davon, dass die Mitteilungen über das Verhalten in der O., in der im hier interessierenden Kontext nur ein bestimmter Übungsbetrieb stattfindet, genau diese Abhängigkeiten vom konkreten Einsatz widerspiegeln dürften, folgt daraus gerade nicht, dass solche Entscheidungen hier zu erwarten und die Gefährdungsbeurteilungen hierauf – und nicht auf die insbesondere von verantwortlicher britischer Seite geschilderten konkreten Einsatzrealitäten – aufbauen dürften oder gar müssten. Lediglich ergänzend merkt der Senat an, dass die Ausführungen zum Flugbetrieb bis dato nicht mit entsprechenden Vorbehalten oder Einschränkungen, sondern als Tatsachen vorgetragen worden sind. Anders als mit einem eher prozesstaktischen, als mit einem an den objektiven Tatsachen orientierten Vortrag ist diese späte Relativierung jedenfalls für den Senat kaum zu erklären.
256Hieraus folgt zugleich, dass die in der Stellungnahme vom 16. Januar 2024 angestellten Berechnungen, die „vereinfacht“ auf einer Flughöhe von 50 m aufbauen, für den vorliegenden Sachverhalt nicht belastbar sind. Hinzu kommt, dass dort mit einer Geschwindigkeit von 450 Kn., d. h. gut 830 km/h operiert wird, obwohl die „normale“ Tieffluggeschwindigkeit nach den im Internet abrufbaren Informationen der Beigeladenen zu 1.,
257https://www.bundeswehr.de/de/organisation/weitere-bmvg-dienststellen/das-luftfahrtamt-der-bundeswehr/militaerischer-flugbetrieb,
258bei 420 Kn. (780 km/h) liegt. Höhere Geschwindigkeiten dürften „kurzfristig“ nur bei bestimmten Flugübungen „z. B. Abfangmanövern“ geflogen werden (bis 475 Kn. = 880 km/h). Solche Manöver stehen hier aber offensichtlich nicht in Rede.
259Demgegenüber wird für den Übungsbetrieb in der O. von der Beigeladenen zu 1. sogar nur eine Fluggeschwindigkeit von „ca. 750 km/h“ angegeben (Stellungnahme vom 14. September 2023, S. 4).
260Schließlich wird der Umstand, dass die Gefährdungsbeurteilung vom 16. Januar 2024 nichts mit den hier allein entscheidungsrelevanten Einsatzrealitäten auf dem Truppenübungsplatz O. zu tun hat, durch die Ausführungen zu einem Übungsszenario bestätigt, in dem ein Wiedereinflug von Osten – d. h. durch den Ausflugkorridor – als mindestens offen zu haltende Option postuliert wird. Für den Truppenübungsplatz ist demgegenüber seitens der Beigeladenen zu 1. unzweideutig mitgeteilt worden: „Ein Einfliegen von einer anderen Richtung als Norden ist für die Übungen mit scharfem Schuss in der O. nicht möglich.“ (Stellungnahme vom 14. September 2023, S. 6).
261Jedenfalls wird man aus dieser allgemeinen Schilderung damit nicht schließen können, dass solche Manöver in der O. tatsächlich vorkommen bzw. vorgekommen sind. Der konkreten Gefährdungsbeurteilung können sie mithin nicht zugrunde gelegt werden, wobei auch nicht ersichtlich ist, dass sie in der Zukunft notwendig werden könnten, nachdem dies bisher nicht geschehen ist.
262Schon aus diesem Grund bedurfte es der von der Klägerin hilfsweise beantragten Beweiserhebung nicht, weil sie sich auf ein Szenario bezieht, das der Senat hier nicht für entscheidungsrelevant hält. Ob ihr darüber hinaus der möglicherweise als Beweiserhebungsverbot zu verstehende Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts 5. September 2006 - 4 B 58.06 -, BauR 2007, 78 = juris Rn. 11, ebenfalls entgegenstünde, mag deshalb dahinstehen. Offensichtlich erscheint dies dem Senat indes nicht, weil es nicht um die Gefährdungsbeurteilung als solche geht, sondern um deren Tatsachengrundlage, die dem Beweis ohne weiteres zugänglich wäre, ohne dass auf der Hand läge, dass hierfür der verteidigungspolitische Einschätzungsspielraum eine Rolle spielen könnte.
263Selbst wenn aber tatsächlich im beachtlichen Übungsbetrieb in der O. Szenarien grundsätzlich einzubeziehen wären, bei denen Tiefstflüge mit Kampfjets (unter) 50 m über der „Belle Alliance“ stattfinden und diese Flüge auch noch ca. 4 km in einer Höhe von max. 150 m über Grund als Übungsbestandteil fortgeführt werden müssten oder fortgeführt werden, ergäbe sich daraus in einer Gesamtschau bereits deshalb keine konkrete Gefahr, weil in der mündlichen Verhandlung offengeblieben ist, ob solche Übungen in der O. tatsächlich jemals stattgefunden haben oder ob es sich insoweit nur um eine Option handelt, mithin allenfalls eine hypothetische Gefahr angenommen werden könnte.
264Jenseits dessen ergäben sich aber auch bei einem solchen Szenario keine konkreten Gefahren mit Blick auf die Windenergieanlagen, die außerhalb des Flugbeschränkungsgebietes ED-R 112/A errichtet werden sollen. Denn die der Berechnung zugrunde gelegten Annahmen überzeugen letztlich nicht bzw. erscheinen widersprüchlich. So wird beim Überfliegen der Anlagen mit einem vertikalen und horizontalen Mindestabstand von 150 m, der den Regelungen der für militärischen Flugbetrieb nicht geltenden SERA-Verordnung entspricht, gearbeitet, der so für militärische Übungen ebenso wenig gilt wie eine Mindestflughöhe von 150 m (§ 30 Abs. 1 Satz 3 LuftVG), aber nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung den internen Anordnungen der Bundeswehr entsprechen soll. Die Kombination von Unterschreitung der Mindestflughöhe im Tiefflugeinsatz zum Boden bei strikter Einhaltung des Überflugabstandes bei einem jedenfalls bei diesem Szenario zweifellos einheitlichem Einsatzbetrieb ist aber so nicht plausibel und führte hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung zu einer offensichtlichen Verzerrung. Warum im ersten Teil des Übungsmanövers ein Abstand von max. 30 m zum nächsten Hindernis möglich, in dessen weiterem Verlauf aber ein Abstand von beispielsweise 149 m zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung führen sollte, ist nicht nachvollziehbar. Hinzu käme noch der tatsächlich deutlich größere Abstand zur ersten WEA außerhalb des ED-R, als ihn die Bundeswehr – insoweit zu Recht – zugrunde gelegt hat (etwa 6 km statt 4 km unter Zugrundelegung der Entfernungsangaben auf S. 2 der Stellungnahme vom 16. Januar 2024).
265Unberücksichtigt bleibt dabei sogar noch das allgemeine Geländeprofil im Ausflugkorridor. Nach der von der Beigeladenen zu 1. im Internet bereitgestellten Übersicht zum Truppenübungsplatz O. („Daten und Fakten“) steigt das Gelände allerdings nach Osten hin von 130 m ü. NHN auf etwa 310 m ü. NHN an, im weiteren Verlauf bis zum Ende des ED-R 112/A nach einer mithilfe von TIM-online erstellten Höhenlinienkarte auf etwa 330 m bis 340 m, wobei zwischenliegend Höhen von 350 m bis 380 m zu überwinden sind. Ein Steigflug nach dem Einsatz in der Belle Alliance ist damit ohnehin erforderlich und kann insbesondere nicht erst am Rand des ED-R einsetzen.
266Dies gilt umso mehr, als nach den im Internet abrufbaren Informationen der Beigeladenen zu 1.,
267https://www.bundeswehr.de/de/organisation/weitere-bmvg-dienststellen/das-luftfahrtamt-der-bundeswehr/militaerischer-flugbetrieb,
268Tiefflug (außerhalb von Tieffluggebieten, zu denen aber schon der ED-R nach den Darstellungen der Beigeladenen zu 1. so nicht gehören dürfte) für Kampfflugzeuge erst ab 1.000 Fuß über Grund zulässig ist und nur im Rahmen eines vom Bundesministerium der Verteidigung festgelegten Kontingents auf 500 Fuß reduziert werden darf.
269Vgl. dazu auch OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 27. März 2009 - 2 B 8.08 -, juris Rn. 34.
270Letzteres kommt hier aber ersichtlich nicht in Betracht und wurde auch von keinem der (militärischen) Beteiligten geltend gemacht. Daraus ergibt sich dann hier an der Grenze des ED-R eine Mindestflughöhe von jedenfalls deutlich über 600 m ü. NHN. Legt man die Höhenlinien an der Grenze des ED-R zugrunde, müssten die Flugzeuge hier mindestens 630 m – 640 m ü. NHN erreichen. Da zwischenzeitlich aber noch Höhen von 350 bis 380 m ü. NHN zu überwinden sind und nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund ein zwischenzeitlicher Sinkflug erfolgen sollte, sind Höhen von jedenfalls mehr als 650 m ü. NHN realistisch. Angesichts des schon dargestellten Umstandes, dass es „normale“ oder „maximale“ Steigwinkel nach den entsprechenden Ermittlungsversuchen des Senats im Erörterungstermin offenkundig nicht gibt, ist dann nicht plausibel, dass die dann noch verbleibende Differenz von allenfalls 85 m zur bei Berücksichtigung eines Mindestabstands von 150 m zu der nächstgelegenen WEA 03 erforderlichen Flughöhe von 734 m ü. NHN (584 m + 150 m) nur unter Inkaufnahme einer relevanten Gefährdung ausgeglichen werden könnte. Dies gilt nicht zuletzt mit Blick auf andere Gefahren etwa durch zivile Flugzeuge, die in diesem Bereich nach den Bekundungen der Vertreter der Beigeladenen zu 1. in der mündlichen Verhandlung und im gerichtlichen Erörterungstermin fliegen könnten, die aber offenbar hingenommen werden und anders als etwa Windenergieanlagen bei der Einsatzplanung nicht von vornherein berücksichtigt werden können.
271Ein relevantes Gefährdungspotenzial ergibt sich angesichts dessen auch nicht aus der von dem Beklagten (erst) in der mündlichen Verhandlung überreichten Schnittzeichnung vom 18. Januar 2024. Diese legt vielmehr offensichtlich ein Szenario zugrunde, dass weder tatsächlich noch rechtlich vorkommen kann. Denn es ist selbst bei Beachtung aller von der Beigeladenen zu 1. in der Stellungnahme vom 16. Januar 2024 geschilderten (wie gesagt allerdings in weiten Teilen hypothetischen) Umstände und der jedenfalls außerhalb des ED-R geltenden Flugregeln der Bundeswehr ausgeschlossen, dass die Kampfjets bei den hier relevanten Windenergieanlagen in deren Rotorbereich fliegen könnten. Dies wäre ausweislich der Kartendarstellung indes jedenfalls bei einem Teil der Anlagen der Fall. Allenfalls könnten sie – wie vorstehend ausgeführt – einen vertikalen Mindestabstand nicht einhalten. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, dass die Karte weitere Fragen – insbesondere zu Herkunft und Bedeutung der (nur) drei Höhenniveaus und zur Berücksichtigung des Höhenprofils insgesamt – aufwirft und viele Parameter offen lässt, was sich wegen der verspäteten – insbesondere ist unverständlich, warum sie bei ihrem Erstellungsdatum 18. Januar 2024 nicht der Klageerwiderung des Beklagten, die erst am 1. Februar 2024 vorgelegt wurde, beigefügt war – einer Aufklärung entzieht, die allerdings für eine Entscheidung hier auch nicht erforderlich war.
272Damit lässt sich insgesamt unter keinem der denkbaren tatsächlichen Ausgangspunkte eine Gefährdung des militärischen Flugbetriebs durch die außerhalb des beschränkten Luftraums geplanten Anlagen feststellen. Dies gilt damit ohne weiteres für die Anlagen WEA 04 bis 09, die diesen Luftraum in keinem Betriebsmodus berühren können, allerdings für die WEA 03 so nicht, weil sie mit ihrem Mastfuß nur etwa 50 m von den Grenzen des ED-R 112/A entfernt liegt. Aufgrund dessen können ihre Rotorblätter abhängig von der Windrichtung bis zu 32 m in diesen hineinragen. Dies rechtfertigte aber eine Genehmigungsversagung auch unter dem Blickwinkel des § 12 Abs. 4 LuftVG nicht, weil ein solches Szenario mittels einer Auflage unschwer ausgeschlossen werden kann. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung zu Recht auf eine Abregelbarkeit des Betriebes bei den Windrichtungen, die zu einer solchen Rotorstellung führen könnten, hingewiesen.
273c) Selbst wenn man indes sowohl von einem relevanten Gefechtsübungsbetrieb im östlichen Ausflugkorridor ausginge und zusätzlich von dessen konkreter Gefährdung, ließe sich bei einer dann erforderlichen nachvollziehenden Abwägung der Belange im Rahmen des § 35 Abs. 3 BauGB ein Entgegenstehen der verteidigungspolitischen Interessen nicht feststellen. Dies gilt schon deshalb, weil jedenfalls nicht von einer förmlichen und/oder verbindlichen Festlegung eines solchen (Tief-)Flugkorridors ausgegangen werden kann, womit sich zumindest die Frage einer Alternativlosigkeit stellte. Wie bereits angesprochen, kann diese jedenfalls dann kaum angenommen werden, wenn für Flüge außerhalb des ED-R 112/A auf das allgemeine, das ganze Bundesgebiet erfassende „Tiefflugband“ zurückzugreifen ist, wovon die Beigeladene zu 1. zumindest seit ihrer Stellungnahme vom 16. Januar 2024 inzwischen offenbar ausgeht. Ein Blick auf die Karte ließe aber auch unabhängig davon unter Beachtung des Bevölkerungsschutzes statt eines rechtwinkligen Abflugs nach Osten zumindest auch einen im Winkel von zwischen 90 und 120° nach Südosten führenden Korridor nördlich von Haustenbeck als zumindest auf erste Sicht nicht unrealistische Alternative zu. Bewohnte Gebiete finden sich dort eher weniger als auf der östlichen Route, die relativ schnell und direkt auf den Stadtteil Horn der Stadt Horn-Bad-Meinberg zuführt. Bei einer solchen Streckenführung läge jedenfalls ein Großteil der hier zu betrachtenden Anlagenstandorte nicht mehr in diesem Korridor.
274Ob es weitere Alternativen gäbe, mag angesichts dessen hier dahinstehen. Allerdings ist deren Fehlen mit Blick auf die von der Beigeladenen zu 1. und dem Beklagten zum Beleg der Notwendigkeit des hiesigen Ausflugkorridors aufgrund eines durchgehenden Gefechtsübungsbetriebes angeführten (Zeitungs-)Berichte und Korrespondenzen aus der Zeit zwischen 1985 und 1989 zumindest zweifelhaft. Denn jedenfalls diese betrafen – wie ausgeführt – nicht den hier in Rede stehenden östlichen Korridor, der deshalb nicht ohne weiteres als notwendiger Bestandteil der sinnvollen Truppenübungsplatznutzung oder auch nur der Übungen mit verbundenen Waffen erscheint.
275IV. Wie sich letztlich in weiten Teilen bereits aus vorstehenden Ausführungen ergibt, ist demgegenüber die Ablehnung des Genehmigungsantrags der Klägerin hinsichtlich der innerhalb des ED-R 112/A geplanten Anlagen WEA 01, 02 und 10 – 13 zu Recht erfolgt. Insoweit stehen dem Vorhaben jedenfalls verteidigungspolitische Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegen.
276Insoweit kann zunächst erneut und maßgeblich auf die oben dargelegte Funktion des Flugbeschränkungsgebietes ED-R 112/A verwiesen werden, das gerade zu dem Zweck eingerichtet wurde, den mit dem Truppenübungsplatz O. in Verbindung stehenden Flugverkehr abzusichern und entsprechende Gefahren zu vermeiden. Hierzu gehören aber nicht nur Gefahren durch Kampfmaßnahmen am Boden, sondern auch solche durch hier geplante bauliche Anlagen, die in Höhen hineinragen, in denen solcher Flugverkehr nach allgemeinen oder besonderen Regeln stattfinden darf. Dies indiziert zumindest dann eine Gefährdung durch Vorhaben wie das vorliegende, wenn dieser Luftraum tatsächlich mit einer gewissen Regelmäßigkeit zur Durchführung von Tiefflügen genutzt wird.
277Dazu, dass allein die Lage in einem genutzten ED-R (allerdings der Kategorie B) für eine Gefährdung ausreicht Nds. OVG, Urteil vom 14. Februar 2023 - 12 KS 133/21 -, BauR 2023, 1095 = juris Rn. 67; für einen ED-R der Kategorie A bei „intensiverer Nutzung“ ebenso Beschluss vom 28. März 2017 - 12 LA 25/16 -, BauR 2017, 1180 = juris Rn. 20.
278Dass dies für den ED-R 112/A grundsätzlich der Fall ist – dort also Tiefflüge zumindest mit Hubschraubern kontinuierlich und seit langem durchgeführt werden –, steht für den Senat außer Zweifel und wird letztlich auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Insofern kann insbesondere auf die Anzeige vom 18. November 1999, die Unterlagen zur Nutzungserweiterung in den Jahren 2010 und 2011 und insbesondere die eingehenden und konsistenten Darlegungen der britischen Streitkräfte Bezug genommen werden. So ergibt sich bereits aus der Anzeige vom 18. November 1999, dass der gesamte Truppenübungsplatz zum Hubschrauberanflug genutzt wurde und wird. Ebenso werden solche Einsätze sowohl in der Genehmigung vom 18. Februar 2010 als auch in der zugehörigen Änderungsgenehmigung vom 20. Dezember 2011 – anders als Flugzeuge – ausdrücklich erwähnt und in den zugehörigen Gutachten berücksichtigt. Dass dies in einer intensiveren Weise (erst) im Rahmen der Änderungsgenehmigung geschehen ist, ist ohne weiteres damit zu erklären, dass erst diese eine gleichzeitige Nutzung der Kampfdörfer und der sonstigen Einrichtungen des Truppenübungsplatzes bzw. einen parallelen Übungsbetrieb zuließ und bei den mit der Genehmigung vom 18. Februar 2010 zugelassenen neuen Nutzungen eine Luftunterstützung keine Rolle spielte. Zugleich zeigt der Umstand, dass gerade für den Einsatz von Hubschraubern eine eigene Nebenbestimmung (Nr. III.B.9) für erforderlich gehalten wurde, dass diese Nutzung zum damaligen Zeitpunkt zumindest einiges Gewicht hatte.
279Soweit die Klägerin demgegenüber aus dieser Nebenbestimmung ableiten will, zumindest eine Gefährdung bei Nachtflügen mit einer potenziellen Blendung sei auszuschließen, weil ein Hubschraubereinsatz zur Nachtzeit danach einer gesonderten Erlaubnispflicht unterliege, greift dies schon deshalb zu kurz, weil sich immissionsschutzrechtliche Nachtzeit (22.00 bis 6.00 Uhr) und astronomische Dämmerung und Dunkelheit nicht decken – gerade im Winter, aber auch im Frühling und Herbst gehen solche tageslichtlosen oder -armen Zeiten erheblich über die Nachtzeit nach der TA Lärm hinaus. Angesichts dessen kann dahinstehen, ob diese Einschränkung ohnehin nur für solche Hubschrauber gilt, die am Flugplatz Bad Lippspringe starten und landen, wie es nach den Angaben von Oberstleutnant V. in der mündlichen Verhandlung allerdings regelmäßig, aber nicht ausschließlich, der Fall sein dürfte.
280Ferner haben die britischen Streitkräfte in beiden im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen, insbesondere in der vom 24. September 2021, die besondere Bedeutung der danach regelmäßig und ganzjährig stattfindenden Hubschrauberübungen hervorgehoben. So heißt es in der Stellungnahme vom 24. September 2021, die in Rede stehenden Windenergieanlagen würden die bestehenden Luftkorridore im Flugbeschränkungsgebiet ED-R 112/A, in dem taktische Hubschrauberübungen stattfänden, verengen und damit die Notwendigkeit erhöhen, bebaute Gebiete zu überfliegen, was zu größeren Risiken für Menschenleben führe, insbesondere weil hier auch risikoreichere Flugmanöver stattfänden, bei denen insbesondere mehrere Helikopter eingesetzt und die auch bei schlechteren Wetterbedingungen durchgeführt würden. Dabei haben sie zugleich stets auf die Besonderheiten der gerade im östlichen Bereich des ED-R 112/A geübten Konturenflüge hingewiesen. Dass hierfür das spezielle Geländerelief am Hang des Teutoburger Waldes eine unverzichtbare und in der konkreten Örtlichkeit nicht austauschbare Konstante ist, ist ohne weiteres plausibel und wurde in der mündlichen Verhandlung selbst von Klägerseite eingeräumt. Insofern führt es aber entgegen ihrer Ansicht nicht auf eine herabgeminderte Schutzwürdigkeit, dass sich die Anlagenstandorte am Rande des ED-R befinden. Denn dieser Randbereich ist wegen seiner topographischen Eigenheiten gerade für diese Flugmanöver besonders relevant, wie sich nicht zuletzt aus den im Erörterungstermin und in der mündlichen Verhandlung in Ergänzung zu den schriftlichen Ausführungen abgegebenen anschaulichen mündlichen Erläuterungen von Oberstleutnant V. ohne weiteres nachvollziehen lässt. Eine weitere Bestätigung ergibt sich aus der Schilderung, die Oberst L. in der mündlichen Verhandlung zu einem im letzten Jahr durchgeführten Manöver mit dem Einsatz aus Wunstorf einfliegender Transporthubschrauber abgegeben hat. Hierzu passt, dass in einer Vielzahl der in der (nur) dem Senat im Erörterungstermin (nur) zur Einsicht zur Verfügung gestellten Dokumentation der Übungen mit Luftunterstützung, die auf dem Truppenübungsplatz O. jedenfalls seit 2003 durchgeführt wurden, aufgeführten Fälle ausschließlich oder jedenfalls auch ein Hubschraubereinsatz vermerkt war.
281Dass diese Art der Manöver im Luftraum ED-R 112/A durch die hier geplanten Anlagen jedenfalls erschwert würde, erscheint dem Senat damit insgesamt plausibel. Konkrete Alternativen hat auch die Klägerin nicht aufgezeigt und auch eine denkbare Gefahr als solche nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen.
282Vor diesem Hintergrund erschließt sich dem Senat auch unmittelbar das beständig betonte vitale Interesse an der Erhaltung des ED-R für die britische Nutzung des Truppenübungsplatzes, wobei insoweit sowohl der verteidigungspolitische Einschätzungsspielraum, der im konkreten Fall den britischen Gaststreitkräften genauso zukommt wie der Bundeswehr, als auch der Umstand berücksichtigt werden muss, dass weiteren detaillierten Darstellungen militärische Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen können. Dieses damit nachvollziehbare besondere Interesse fällt bei der nachvollziehenden Abwägung entgegenstehender verteidigungspolitischer Interessen bzw. des Bestehens einer konkreten Gefahr für den militärischen Luftverkehr zusätzlich und nicht unerheblich, letztlich sogar für sich genommen ausschlaggebend ins Gewicht. Insbesondere in ihrer Stellungnahme vom 8. Dezember 2021, aber auch in der Verbalnote der Britischen Botschaft vom 12. Januar 2024 wird hervorgehoben, dass im Rahmen der Übungsszenarien der Einsatz von Simulations-, Unterstützungs- und Kampfflugzeugen sowie von Hubschraubern und Drohnen eine entscheidende Rolle bei der Vorbereitung der Bodentruppen auf die Einsatzrealitäten spiele. Diese erforderten einen ungehinderten ED-R 112/A-Luftraum. In den drei Dimensionen von Truppenübungsplätzen biete das zugehörige ED-R die Fähigkeit zur sicheren Durchführung von taktischen Luftoperationen – „im Fall von V. ist es ED-R 112A, das diesen sicheren Operationsraum über die physische Bodengrenze hinaus bietet“. Der Verlust des ED-R 112/A und die damit verbundenen Einschränkungen in Bezug auf eine realistische Einsatzausbildung für die Truppen zur Durchführung von Operationen würden danach die Fähigkeit von V., die gesamte militärische Ausbildung einschließlich der integrierten und damit kombinierten Boden- und Luftübungen im Rahmen des Konzeptes der regionalen Drehkreuze für das Vereinigte Königreich infrage stellen.
283V. Der Senat konnte zwischen den einzelnen Anlagen in der aus dem Tenor ersichtlichen Weise differenzieren, obwohl die Klägerin insoweit einen einheitlichen Genehmigungsantrag gestellt hat. Dieser ist aber objektiv teilbar (vgl. auch § 67 Abs. 9 Satz 2 BImSchG), zumindest im Grundsatz bestünden keine Bedenken, für jede der Anlagen einen eigenen Genehmigungsantrag zu stellen. Ob dies so oder in gebündelter Form wie hier geschieht, ist jedenfalls grundsätzlich keine rechtliche, sondern vornehmlich eine praktische oder wirtschaftliche Frage, die die insoweit verfügungsberechtigte Antragstellerin autonom zu beantworten hat. Zugleich ist die Genehmigungsbehörde aber grundsätzlich an die von der Antragstellerin getroffene Entscheidung gebunden und deshalb auch nicht berechtigt, diese zu modifizieren. Dies gilt entsprechend für ein gegebenenfalls nachfolgendes gerichtliches Verfahren.
284Vgl. Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 10 Rn. 27 ff.; zum Baugenehmigungsverfahren BeckOK, BauO NRW 2018, 16. Edition, § 74 Rn. 14 ff.
285Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist aber jedenfalls bei objektiver Teilbarkeit anzunehmen, wenn und soweit die Antragstellerin bzw. die Klägerin hinreichend eindeutig zu erkennen gibt, zur Vermeidung einer vollständigen Ablehnung auch eine Teilgenehmigung zu erstreben, wenn etwaige Genehmigungshindernisse – wie hier – nur einem abgrenzbaren Teil des von ihr geplanten Gesamtvorhabens entgegenstehen sollten. Diese Voraussetzungen liegen zumindest für das Klageverfahren vor. Die Klägerin hat schon mit ihrer Antragstellung in der ursprünglich erhobenen Untätigkeitsklage klargestellt, dass sie auch mit einer Teilgenehmigung einverstanden ist. Denn mit diesem Antrag hatte sie lediglich die Bescheidung hinsichtlich zweier der insgesamt 13 Anlagen begehrt. Schon deshalb letztlich nicht mehr anzunehmende Zweifel wären aber spätestens mit ihrem Schriftsatz vom 9. Februar 2024 ausgeräumt worden. Darin hat die Klägerin deutlich gemacht, dass sie mit der Teilung ohne Einschränkungen einverstanden ist, indem sie geltend gemacht hat, der Beklagte habe seine mit Inkrafttreten des § 2 EEG (nach Auffassung der Klägerin) bestehende Verpflichtung nicht erfüllt zu prüfen, ob die Gefahrenprognose „auch für alle Anlagen zutrifft und den geltend gemachten Gefahren weder durch eine Verschiebung noch durch einen Teilverzicht der Anlagen begegnet werden kann.“
286Dieser „Teilverzicht“ im Sinne eines nicht notwendig alle, sondern auch weniger Anlagen einbeziehenden Begehrens muss sich im Anschluss an die Erörterungen im gerichtlichen Erörterungstermin am 20. November 2023 zumindest auch auf die damals schon vom Senat angedeutete unterschiedliche Betrachtungsmöglichkeit in Abhängigkeit davon, ob die Anlagenstandorte innerhalb oder außerhalb des ED-R 112/A liegen, beziehen. Daher ist die tenorierte Neubescheidung hinsichtlich der WEA 03 – 09 mit hinreichender Sicherheit vom Willen der Klägerin getragen und im Klageantrag als Minus enthalten.
287VI. Dem damit für die Windenergieanlagen 03 – 09 bestehenden Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts steht schließlich nicht entgegen, dass diese erneute Bescheidung bereits jetzt offensichtlich nur eine erneute Ablehnung der Genehmigung sein könnte. Gründe, die einer Genehmigung von vornherein und offensichtlich entgegenstehen, sind vielmehr auch unter Würdigung der Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 1. Februar 2024 nicht zu erkennen.
2881. Insbesondere stehen raumordnerische Vorgaben (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB, § 4 Abs. 2 ROG) einer Genehmigung jedenfalls nicht offensichtlich entgegen. Ein solches Offensichtlichkeitsverdikt schließen letztlich bereits die unübersichtlichen und kleinteiligen Ausnahmemöglichkeiten aus, die nach den Vorstellungen des zur Umsetzung des Plansatzes gedachten sogenannten Lenkungserlasses vom 21. September 2023 keinen raumordnerischen Zielkonflikt verursachen sollen. Namentlich liegt nach dessen Ziffer 1. im Falle der – hier jedenfalls nicht von vornherein auszuschließenden (vgl. hierzu näher unten unter c) – Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens kein Widerspruch zu dem Steuerungsziel während der Übergangszeit vor. Hierauf geht der Beklagte in den immerhin gut zehn Seiten, die er dem Thema widmet, mit keinem Wort ein.
289Unabhängig davon erscheint es mindestens fraglich, dass es sich bei dem Plansatz 10.2-13 des Entwurfs der 2. Änderung des Landesentwicklungsplans (im Folgenden LEP-E) tatsächlich um ein – von dem Beklagten dann zu beachtendes – Ziel der Raumordnung handelt (dazu nachfolgend b); im Übrigen dürfte der LEP-E insoweit unzulässiger Weise ein Ausschlusskonzept verfolgen, wie es seit dem 1. Februar 2024 für neue Flächennutzungs- und Raumordnungspläne nicht mehr zur Verfügung stehen dürfte (dazu a). Jedenfalls käme ernsthaft in Betracht, dass es bis zur erneuten Entscheidung des Beklagten eine Positivausweisung durch die Standortkommunen im Sinne der Vorgabe in 10.2-13 Abs. 1 LEP-E geben könnte, wie es die Klägerin unter Hinweis auf einen schon existierenden Aufstellungsbeschluss der Stadt Q. und entsprechende Planungen der Stadt Y. in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen geltend gemacht hat (unten c).
290a) Aus dem Plansatz 10.2-13 LEP-E dürfte sich schon grundsätzlich kein beachtliches, dem Vorhaben der Klägerin entgegenstehendes Ziel der Raumordnung ergeben. Der Beklagte verkennt insoweit in Teilen den von der Klägerin insoweit zu Recht betonten Paradigmenwechsel. Denn eine Ausschlusswirkung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, die einem Windenergievorhaben als solchem als öffentlicher Belang entgegensteht, kommt neuen Plänen auch in einer Übergangsphase nicht mehr zu, insoweit greifen allein die baurechtlichen Vorschriften. Das vollzieht der LEP-Entwurf indes so nicht nach, obwohl er nach § 245e Abs. 1 BauGB solche Ausschlusswirkungen nur dann haben könnte, wenn er vor dem 1. Februar 2024 in Kraft getreten wäre. Davon geht aber auch der Beklagte zu Recht nicht aus. Eine entsprechende Kompetenz kann der Landesplaner bei späteren Plänen nach der gesetzlichen Systematik auch mit der Formulierung von „Zielen“ nicht statuieren. Dies käme einer ihm nicht zukommenden „Selbstermächtigung“ gleich. Für die grundlegende rechtliche Systematik kommt es dann aber, anders als der Beklagte offenbar meint, nicht darauf an, ob das konkrete Vorhaben der Klägerin nach baurechtlichen Maßstäben zulässig ist oder nicht.
291b) Ziele der Raumordnung sind gemäß § 3 Nr. 2 ROG verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes‑ oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes. Als Steuerungsinstrument müssen sie zudem sachlich und räumlich konkretisiert und Ausdruck der landesplanerischen Ordnungsvorstellung für den gesamten Planungsraum sein.
292Vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 134 = juris Rn. 64 ff., und vom 15. Mai 2003 - 4 CN 9.01 -, BRS 66 Nr. 4; OVG NRW, Urteile vom 20. November 2018 - 2 A 1676/17 -, BauR 2019, 1085 = juris Rn. 59, und vom 6. Juni 2005 - 10 D 145/04.NE -, BRS 69 Nr. 2.
293Des Weiteren ist hinsichtlich der Überprüfung einer raumordnungsrechtlichen Abwägungsentscheidung der lediglich rahmensetzende Charakter der Raumordnung im Blick zu behalten. Raumordnungspläne bedürfen in aller Regel der weiteren Konkretisierung – etwa durch eine fachplanungsrechtliche Entscheidung –, um zu genauen Festlegungen für einzelne raumbedeutsame Maßnahmen zu gelangen, durch die grundrechtlich geschützte Belange konkret betroffen werden können. Je konkreter raumordnungsrechtliche Festlegungen sind, umso höher sind die Anforderungen, die an die Ermittlungstiefe und die Abwägungsdichte einer raumplanerischen Zielfestlegung zu stellen sind. Vor diesem Hintergrund ist es im Hinblick auf das rechtsstaatliche Abwägungsgebot nicht zu beanstanden, wenn die Maßstäbe der Abwägungskontrolle ebenenspezifisch bestimmt werden und dem Plangeber einer höherstufigen Planung ein größerer administrativer Gestaltungsspielraum eingeräumt wird.
294So BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, 780 = juris Rn. 57, m. w. N.
295Verbindlich sind solche Vorgaben, die Letztentscheidungen der Landesplanung sind, über die sich die Regionalplanung und die gemeindliche Bauleitplanung nicht mehr durch eine eigene Abwägungsentscheidung hinwegsetzen dürfen und die ihre Rechtfertigung aus spezifisch landesplanerischen Gründen beziehen.
296Vgl. OVG NRW, Urteile vom 20. November 2018 - 2 A 1676/17 -, BauR 2019, 1085 = juris Rn. 67, und vom 21. April 2014 - 10 D 21/12.NE -, BRS 83 Nr. 53 = juris Rn. 113 ff.
297Um ein Ziel annehmen zu können, muss die Planaussage daher so bestimmt oder zumindest bestimmbar gefasst sein, dass sie im Rahmen ihrer inhaltlichen Reichweite die abschließende Abwägung gleichsam vorwegnimmt. Für die Bestimmtheit und Bestimmbarkeit sowie den materiellen Gehalt des Plansatzes kommt es darauf an, was ihm durch Auslegung, also nach seinem objektiven Erklärungsgehalt, als verbindliche Vorgabe zu entnehmen ist.
298Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010
299- 4 C 8.10 -, NVwZ 2011, 821 = juris Rn. 8 ff.
300Der Zielqualität eines raumordnerischen Plansatzes steht dabei nicht grundsätzlich entgegen, dass er Sollvorschriften enthält und Ausnahmen zulässt. Im Rahmen der Landes- oder Regionalplanung kann der Plangeber bei der Formulierung des Planziels, ohne dass die Qualität der Regelung als Ziel der Raumordnung in Frage stünde, je nach den erkannten planerischen Bedürfnissen Zurückhaltung üben, um den planerischen Spielraum auf der untergeordneten Planungsebene zu schonen. Relativiert der Plangeber den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch, dass er Ausnahmen von der getroffenen Regelung formuliert, wird damit nicht ohne Weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Planungsebene verlagert. Es ist ihm grundsätzlich unbenommen, selbst zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen soll, mit der die von ihm vorgegebenen Ziele Beachtung beanspruchen. Von der Festlegung eines Ziels der Raumordnung kann allerdings keine Rede mehr sein, wenn die entsprechende Planaussage eine so geringe Dichte aufweist, dass sie die abschließende planerische Abwägung nicht vornimmt.
301Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Juni 2011 - 4 CN 4.10 -, BRS 78 Nr. 1 = juris, vom 16. Dezember 2010 - 4 C 8.10 -, NVwZ 2011, 821 = juris Rn. 9, und vom 18. September 2003 ‑ 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = juris Rn. 26, 30 m. w. N.; OVG NRW, Urteile vom 21. April 2014 ‑ 10 D 21/12.NE -, NuR 2016, 43 = juris Rn. 117, vom 18. Oktober 2013 ‑ 10 D 4/11.NE ‑, juris Rn. 43, vom 25. Januar 2010 ‑ 7 D 97/09.NE -, BRS 76 Nr. 42 = juris Rn. 48, und vom 6. Juni 2005 - 10 D 145/04.NE ‑, BRS 69 Nr. 2 = juris Rn. 74.
302Soweit Bestimmungen der Raumordnung eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, genügen sie den Anforderungen an eine bindende Zielvorgabe daher nur dann, wenn der Plangeber neben den Regelvoraussetzungen auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit selbst festlegt, sodass dem Plangeber auf der nachgeordneten Planungsebene die Identifizierung eines raumordnerischen Ausnahmefalls möglich ist.
303Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = juris Rn. 30; OVG NRW, Urteil vom 21. April 2014 - 10 D 21/12.NE -, NuR 2016, 43 = juris Rn. 119.
304Ausgehend hiervon scheitert die Zielqualität des Plansatzes 10.2-13 LEP-E nach dem derzeitigen Entwurfsstand zum einen daran, dass sich die in dessen Abs. 3 angesprochenen „Kernpotenzialflächen“ dem LEP-E nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen lassen. Eine nähere Umschreibung findet sich weder in dem Plansatz noch in dessen Erläuterung oder in der Begründung. Damit fehlt es auf der Ebene der Landesplanung an jeglicher räumlicher Konkretisierung und damit an Ansätzen für seine hinreichende Bestimmtheit.
305Soweit der Beklagte darauf verweist, aus dem Plan und Begründung ergebe sich eindeutig der Bezug auf eine entsprechende Karte des LANUV, steht dem schon entgegen, dass weder im Plansatz 10.2-13 LEP-E und seinen Erläuterungen – anders als etwa in den Erläuterungen zu den Plansätzen 10.2-2, 10.2-6 und 10.2-8 – noch in der Begründung das LANUV Erwähnung finden. Selbst die Erwähnungen im Zusammenhang mit anderen Plansätzen beschränken sich dabei aber auf eine vom LANUV erstellte Studie „Fachbericht 142 Flächenanalyse Windenergie Nordrhein-Westfalen“, die eine landesweite Kartendarstellung solcher Zonen nicht umfasst. Das gilt auch für den Lenkungserlass vom 21. September 2023. Eine nur dort zu findende konkretisierende Bezeichnung dürfte aber ohnehin kaum ausreichen, da er nicht Teil des Planes ist, nicht vom Träger der Landesplanung stammt und jedenfalls nicht den Publizitäts- und Authentizitätsanforderungen entspricht, die an eine verbindliche Raumordnungs- oder Landesplanung zu stellen sind (vgl. §§ 14, 17 LPlanungsG).
306Es lässt sich, nachdem eine möglicherweise gemeinte Karte mit einigem Rechercheaufwand zu ermitteln sein mag (zu den unmittelbaren Planungsunterlagen gehört sie nicht, sondern nur die Studie des LANUV, auf der sie beruhen soll, die in der Studie selbst aber wiederum so nicht zu finden ist), mit keinerlei Garantie feststellen, dass dies die vom Landesplaner in seine Überlegungen tatsächlich einbezogene Karte sein könnte bzw. (was zu fordern sein dürfte) zweifelsfrei ist. Dagegen dürfte nicht zuletzt sprechen, dass die Karte einen Stichtag 1. Dezember 2023 nennt und schon deshalb kaum der Verlinkung des bereits am 21. September 2023 in Kraft getretenen Lenkungserlasses entsprechen kann. Dahinstehen kann deshalb, ob die in der auf anderem Wege aufgerufenen Karte enthaltenen schraffierten Flächen eine hinreichende Gebietsschärfe erreichen.
307Im Übrigen sollen die Kernpotenzialflächen nach der Erläuterung des Plansatzes auch nicht als solche zur Verfügung stehen, sondern nur „anteilig zu den von der Landesregierung vorgegebenen Teilflächenzielen“ und „in einem Umfang herangezogen (werden), dass die Zielmarke von 200 Anlagen pro Jahr auch bereits in 2023 auf insgesamt 9.000 ha sicher ermöglicht“ wird. Das jedenfalls ist so weder bestimmt noch bestimmbar, zumal der LEP erst frühestens 2024 in Kraft treten wird.
308Zum anderen tritt dieser – unbestimmte – Plansatz nach 10.2-13 LEP-E auch noch automatisch hinter Flächenkonzepte der Regionalplanung bzw. deren Entwurf oder Vorentwurf zurück, die teilweise noch nicht existieren und schon deshalb vom Landesplaner nicht – geschweige denn endgültig – abgewogen sein können. Allein die Erwartung, der jeweilige Regionalplaner werde im Sinne des
309Landesplaners handeln, reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn – wie hier – keine
310hinreichenden Abwägungsparameter auf Ebene der Landesplanung vorgegeben werden. Zudem kommen je nach Fortschreiten der (Regional-)Planung unterschiedliche Flächenausweisungen in Betracht – dass der Landesplaner diese jeweils und ohne ihre Kenntnis abschließend abgewogen haben könnte, ist allenfalls eine Fiktion.
311Schließlich enthalten sich die Plansätze des LEP nebst Erläuterung und Begründung jeglicher näherer Konturierung der im Plansatz 10.2-13 Abs. 4, letzter Halbsatz enthaltenen Ausnahme, wonach der Ausschluss außerhalb der in Abs. 1 - 3 angesprochenen Bereiche dann nicht gelten soll, wenn das Steuerungsziel „anderweitig gewahrt“ wird. Damit dürfte schon diese Ausnahmeregelung die Anerkennung eines Zieles der Raumordnung ausschließen, weil sie die hierfür geltenden Anforderungen offensichtlich nicht erfüllt.
312c) Selbst wenn man gleichwohl einen beachtlichen Zielkonflikt zwischen dem Vorhaben der Klägerin und der Landesplanung unterstellte, rechtfertigte das nicht die Prognose, die Weiterführung des Genehmigungsverfahrens werde unausweichlich in eine erneute Ablehnung münden. Denn es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass die betroffenen Städte und Gemeinden durch eine (isolierte) Positivausweisung dieser Flächen im Einklang mit dem Plansatz 10.2-13 Abs. 1 LEP-E und § 245e BauGB dem Vorhaben eine tragfähige planerische Grundlage verschaffen oder im Sinne der in Ziffer 1. des Lenkungserlasses enthaltenen Ausnahme ihr gemeindliches Einvernehmen erteilen. Der Beklagte ist jedenfalls der Darstellung der Klägerin, die Stadt Q. habe bereits einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss gefasst und die Stadt Y. plane dies, nicht entgegengetreten, sondern hat dies lediglich – unzutreffend – als unerheblich bezeichnet. Die Gemeinde J. hat zu den Anlagen auf ihrem Gemeindegebiet ohnehin das gemeindliche Einvernehmen erteilt.
313d) Demgegenüber kann der vom Beklagten „für möglich gehaltene“, also ersichtlich nicht offensichtliche, Verstoß gegen Ziel 10.2-6 LEP-E nach Aktenlage weitestgehend ausgeschlossen werden. Gemäß der umfangreichen Stellungnahme des Landesbetriebs Wald und Holz NRW vom 13. August 2021 liegen die Anlagenstandorte in Nadelwäldern und/oder Kalamitätsflächen oder auf Wiesen. Durchgreifende Bedenken hatte er schon nach alter Rechtslage, die für eine Inanspruchnahme von Waldflächen deutlich restriktiver war, jedenfalls für die hier in Rede stehenden Anlagen nicht (BA 3 A193 f.).
3142. Das von den Städten Q. und Y. verweigerte Einvernehmen dürfte schon vor dem Hintergrund einer jedenfalls ernsthaft in Betracht kommenden zwischenzeitlich geänderten Bewertung des Vorhabens durch die Kommunen ebenfalls nicht unüberwindlich sein. Im Übrigen haben diese sich auch bisher nicht – zu Recht – auf eigene Planungen gestützt. Die Stadt Q. hat überhaupt keine Begründung abgegeben, während die Stadt R. allein denkmalschutzrechtliche Bedenken vorgebracht hat. Dieser mag hier zwar tatsächlich ein Problem sein – angesichts der in Rede stehenden Entfernungen und der insoweit wohl unstreitig zu beachtenden Vorgabe des § 2 EEG aber wohl kein, sicher aber kein offensichtlich, durchgreifendes.
315Dazu auch OVG NRW, Urteil vom 31. Oktober 2023 - 7 D 187/22.AK -, BauR 2024, 255 = juris Rn. 100 ff., 156 ff.; OVG M.-V., Urteil vom 7. Februar 2023 - 5 K 171/22 -, ZNER 2023, 162 = juris Rn. 152 ff.
3163. Andere, eine Ablehnung des Vorhabens tragende Gründe – namentlich solche des Naturschutzes – liegen nach derzeitigem Erkenntnisstand fern.
317Die Kostenentscheidung beruht im Umfang der Klagerücknahme auf § 155 Abs. 2 VwGO und im Übrigen auf §§ 155 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die auf der Grundlage des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Tenor ausgeworfene Kostenquote entspricht dabei ausgehend vom festgesetzten Streitwert dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sind nicht erstattungsfähig, weil sie keine Sachanträge gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben.
318Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
319Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO; Zulassungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.