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Der Umstand, dass der Standort einer Windenergieanlage - hier rund 34 m - tiefer als ein Wohnhaus liegt, spricht nicht für eine Ausnahme vom Regelfall des § 249 Abs. 10 BauGB.
Das Verhältnis, in dem Rotorradius und Nabenhöhe zu der Gesamthöhe einer Anlage beitragen, ist für das Eingreifen der Regelvermutung des § 249 Abs. 10 BauGB nicht relevant.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn der jeweilige Vollstreckungsgläubiger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der Kläger ist Eigentümer des mit einem von ihm selbst genutzten Wohnhaus bebauten und im Außenbereich gelegenen Grundstücks Gemarkung G01, Flur N02, Flurstück 200 mit der Anschrift B.-straße 8 in I. Er wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage, deren geplanter Standort nach einer Messung mit TIM-online circa 447 m - hiervon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus - nordwestlich dieses Wohnhauses liegt.
3Unter dem 18. Juni 2015 beantragte die M. UG als Rechtsvorgängerin der Beigeladenen bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb unter anderem einer Windenergieanlage (WEA 5) des Typs Vestas V117-3.3 mit einer Nabenhöhe von 141,5 m, einem Rotordurchmesser von 117 m und einer Nennleistung von 3.300 kW auf dem Grundstück Gemarkung G01, Flur N02, Flurstücke 67, 187 und 191. Der Vorhabenstandort liegt im Bereich einer Waldfläche.
4Bestandteil der Antragsunterlagen ist unter anderem eine Schallimmissionsprognose der Y. GmbH vom 12. Februar 2018 (Bericht Nr.: N03 SL Q. Rev01). Danach ergibt sich für das Wohnhaus des Klägers (Immissionspunkt IP AK) im schallreduzierten Betriebsmodus „Mode 4“ nach der dortigen Tabelle 32 (dort S. 74) eine gerundete Gesamtbelastung von 43 dB(A). Die Antragsunterlagen umfassen ferner insbesondere eine Darstellung und Bewertung der optischen Wirkung der U. GmbH vom 28. Februar 2017 (Bericht Nr.: N04) samt Nachtrag vom 6. April 2017.
5Als Ergebnis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls bejahte der Beklagte die Notwendigkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und führte das Genehmigungsverfahren als Verfahren nach § 10 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung durch.
6Mit Bescheid vom 17. September 2018 lehnte der Beklagte nach vorheriger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens durch die Stadt I. den Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die WEA 5 gegenüber der Beigeladenen ab und führte zur Begründung aus: Die Stadt I. habe ihr Einvernehmen zu Recht verweigert. Nach einer Einzelfallprüfung ergebe sich, dass von der Anlage optisch bedrängende Wirkungen auf das Wohnhaus des Klägers ausgingen und das Gebot der Rücksichtnahme durch das Vorhaben verletzt werde. Insbesondere seien die Ausrichtung des Wohnhauses und der Wohnnutzung zur Windenergieanlage sowie der Anlagenstandort berücksichtigt worden. Zudem sei die Errichtung der Anlage bauordnungsrechtlich unzulässig, weil sich deren Abstandsflächen auf andere Grundstücke erstreckten und keine Sicherung durch entsprechende Baulasten erfolgt sei.
7Auf die Klage der Beigeladenen verpflichtete das Verwaltungsgericht Arnsberg den Beklagten mit Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2022 (Az.: 4 K 281/20), über deren Genehmigungsantrag zur Errichtung und zum Betrieb der WEA 5 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden und wies die Klage im Übrigen nach den Grundsätzen über das „steckengebliebene“ Genehmigungsverfahren ab. Die in dem Ablehnungsbescheid vom 17. September 2018 angeführten Versagungsgründe des Beklagten könnten dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Insbesondere verstoße das Vorhaben nicht wegen einer optisch bedrängenden Wirkung zulasten des - im seinerzeitigen Verfahren nicht beigeladenen - Klägers gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Die aufgrund des dem 2,23-fachen der Gesamthöhe der Anlage entsprechenden Abstands zum klägerischen Wohnhaus gebotene intensive Prüfung des Einzelfalls führe nicht auf dessen unzumutbare Belastung. Eine Wohnnutzung im Außenbereich habe andere übliche Belastungen durch privilegierte Vorhaben wie etwa die optischen Wirkungen einer Windenergieanlage regelmäßig hinzunehmen. Aufgrund des um 34 m tiefer gelegenen Standorts der WEA 5 erscheine der Rotor zwar perspektivisch größer. Bei Stellung des Rotors in Hauptwindrichtung sei aber nur dessen Seite wahrnehmbar und die Fläche wirke dementsprechend kleiner. Zudem werde ein erheblicher Teil des Turms nicht sichtbar sein, so dass die Anlage niedriger als mit 200 m Höhe in Erscheinung trete. Das Gebot der Rücksichtnahme vermittle ohnehin keinen Anspruch auf eine von technischen Bauwerken freie Sicht. Ferner befinde sich der geplante Standort nicht in der Hauptblickrichtung des Hauses, sondern seitwärts versetzt dazu. Im Übrigen bewirke die von der Beigeladenen (im Wege eines gegenüber dem Beklagten abgegebenen Schuldversprechens zugunsten des Eigentümers des klägerischen Grundstücks) angebotene Pflanzung von 11 m hohen immergrünen Riesen-Lebensbäumen einen ausreichenden Schutz vor optisch bedrängenden Wirkungen der Anlage.
8Mit Bescheid vom 2. Mai 2024, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 17. Mai 2024, erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der WEA 5 mit den genannten technischen Daten. Dem Bescheid ist unter Ziffer III. eine Vielzahl an Nebenbestimmungen beigefügt. Unter anderem trifft der Beklagte unter Ziffer III.3.1 ff. Regelungen zum Lärmschutz. Ziffer III.2.2 bestimmt die „Schallleistungsbeschränkung zur Nachtzeit“ im schallreduzierten Betriebsmodus „Mode 4“. Ziffer III.2.3 sieht eine Aufschiebung des Nachtbetriebs vor, bis das Schallverhalten des Anlagentyps Vestas V117-3.3 durch eine FGW-konforme Vermessung an der Anlage selbst oder einer anderen Anlage desselben Typs belegt wird. Ziffer III.2.9 legt konkrete Immissionsrichtwerte für einzelne Immissionsaufpunkte fest (insbesondere für das Wohnhaus des Klägers als IP AK 45 dB(A) nachts und 60 dB(A) tags). Im Rahmen der Begründung des Bescheides wird eine optisch bedrängende Wirkung der genehmigten WEA 5 zulasten des Klägers verneint (dort Seite 33).
9Der Kläger hat am 17. Juni 2024 Klage erhoben.
10Er trägt vor: Aufgrund seiner Nähe zu der genehmigten Windenergieanlage seien ihm unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten. Zwar ergebe sich aus der Schallimmissionsprognose die Einhaltung der Immissionsrichtwerte an seinem Wohnhaus. Die angegriffene Genehmigung gehe aber zu Unrecht davon aus, dass alle als Vorbelastung berücksichtigten Windenergieanlagen, die auf sein Grundstück einwirkten, keine impuls- oder informationshaltigen Geräusche emittierten. Die in circa 1.450 m Entfernung zu seinem Wohnhaus gelegene WEA 4 der Beigeladenen vom Typ Vestas V117 erzeuge jedoch vor allem bei geringen Drehzahlen „mechanische Quietschgeräusche“ wie „auf einem Rangierbahnhof“ und auch die Windenergieanlage „in Richtung L. (östlich gelegen, E- 82)“ verbreite Impulse, die sich „bei geschlossenem Schlafzimmerfenster wahrnehmen“ ließen. Auch nach der gesetzlichen Neuregelung zur Frage des Vorliegens einer optisch bedrängenden Wirkung müsse eine solche hier anerkannt werden. Die gebotene Einzelfallprüfung sei nach der Genehmigung unterblieben. Gerade die topografische Höhendifferenz zu der tiefer gelegenen WEA 5 könne möglicherweise Anknüpfungspunkt für eine atypische Konstellation sein, weil der Rotor perspektivisch größer erscheine. Die eingeschränkte Sichtbarkeit des Turms und die geringere absolute Höhe der WEA 5 seien daneben vernachlässigbar. Auf der nordwestlichen Seite seines Wohnhauses befänden sich die breiten Fenster der Wohnküche und des darüber liegenden Wohnzimmers sowie eine vorgelagerte Terrasse. Die Anlage werde bei typischer Nutzung dieser zentralen Lebens- und Wohnbereiche optisch jeweils mehr als überdeutlich wahrnehmbar sein, wobei dem letztlich nicht zumutbar „verstellbaren“ Blick eine besondere Bedeutung zukomme. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass bei Stellung des Rotors in Hauptwindrichtung nur dessen Seite wahrnehmbar sei, zumal der prozentuale Zeitanteil der denkbaren Windrichtungen nicht abschließend geklärt sei und auch Winde aus Richtung Süd aufträten. Zumutbare Maßnahmen, die die optische Wahrnehmbarkeit der Windenergieanlage ausreichend reduzierten, stünden nicht zur Verfügung. Dies gelte insbesondere für die Anbringung von Gardinen oder Jalousien, weil sie - gerade aufgrund der flächigen Sichtbarkeit der Anlage durch die Fenster - zu einer Verdunkelung bzw. Einengung der Räume führte, und entsprechend für Bepflanzungen im Gartenbereich. Die anderen Seiten des Hauses verfügten nicht über eine Terrasse und ähnliche Vorzüge wie die Nordwestseite. Durch die massive Bedrängung sei die Nutzung seines Eigentums in nicht hinnehmbarer Weise betroffen. Die Neuregelung des § 249 Abs. 10 BauGB sei verfassungswidrig. Weiter trägt der Kläger mit Schriftsatz vom 19. November 2024 vor, dass die Lärmbelastung durch tieffrequenten Schall nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.
11Der Kläger beantragt,
12den der Beigeladenen erteilten Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 2. Mai 2024 zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage (WEA 5) vom Typ Vestas V117-3.3 auf den Grundstücken Gemarkung G01, Flur N02, Flurstücke 67, 187 und 191 aufzuheben,
13hilfsweise,
14den der Beigeladenen erteilten Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 2. Mai 2024 zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage (WEA 5) vom Typ Vestas V117-3.3 auf den Grundstücken Gemarkung G01, Flur N02, Flurstücke 67, 187 und 191 für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er trägt vor: Die Prüfung einer etwaigen optisch bedrängenden Wirkung des Vorhabens sei ordnungsgemäß erfolgt. Sowohl im Genehmigungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg habe bereits eine umfassende Einzelfallprüfung stattgefunden. Er sei an die diesbezügliche Feststellung des Verwaltungsgerichts gebunden. Dieser sei auch inhaltlich uneingeschränkt zuzustimmen. Der Kläger sei den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht substanziiert entgegengetreten. Einen atypischen Sonderfall könne er nicht allein unter Verweis auf seine Sitzposition in den Räumen herleiten. Mit Blick auf das Eigentumsgrundrecht sei § 249 Abs. 10 BauGB jedenfalls eine verfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmung. Hinsichtlich der vom Kläger aufgeworfenen Lärmproblematik genüge schließlich der Hinweis, dass die Genehmigung die Anforderungen der normkonkretisierenden TA Lärm wahre.
18Die Beigeladene beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie trägt vor: Die Klage sei nicht begründet. Das genehmigte Vorhaben führe nicht zu für den Kläger unzumutbaren Lärmimmissionen. Sein Einwand der fehlerhaften Ermittlung der Vorbelastung im Rahmen der Schallimmissionsprognose beruhe zunächst auf einer pauschalen Behauptung. Er betreffe zudem nicht die genehmigte bzw. rechtmäßige Vorbelastung, die hier allein relevant sei, sondern die Ebene der Überwachung der Vorbelastungsanlagen. Die angeführten störenden Betriebsgeräusche der WEA 4 seien im Rahmen der Anlagenüberwachung abgestellt worden. Die genehmigte Anlage sei gegenüber dem Kläger auch nicht wegen einer optisch bedrängenden Wirkung rücksichtslos. Eine Ausnahme von der gesetzlichen Regelvermutung des § 249 Abs. 10 BauGB sei nicht ersichtlich. Die in Blickrichtung der Windenergieanlage positionierten Fenster des Klägers seien verhältnismäßig klein. Zudem werde der Rotor in Hauptwindrichtung nur seitlich zu sehen sein, so dass die Wirkungen in wesentlichen Betriebsphasen begrenzt seien. Zu den gleichen Schlussfolgerungen sei auch das Verwaltungsgericht Arnsberg in seinem Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2022 noch vor Inkrafttreten des § 249 Abs. 10 BauGB gekommen. Sie, die Beigeladene, habe seinerzeit unter dem 14. Oktober 2020 sogar ein unwiderrufliches Schuldversprechen gegenüber dem Beklagten zugunsten des Klägers abgegeben, wonach auf Anforderung des Beklagten oder des Klägers zwei Riesen-Lebensbäume mit einer Höhe von circa 11 m zur Aufwertung des Ausblicks anzupflanzen seien. Die Neuregelung des § 249 Abs. 10 BauGB lasse die grundgesetzliche Eigentumsgarantie völlig unberührt.
21Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit im Rahmen eines Ortstermins besichtigt. Wegen des Ergebnisses wird auf das Terminsprotokoll vom 5. November 2024 Bezug genommen.
22Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens mit dem Aktenzeichen 4 K 281/20 (Verwaltungsgericht Arnsberg) sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Der Senat entscheidet nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Vertreter des Beklagten und der Beigeladenen im Rahmen des Ortstermins am 5. November 2024 sowie der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19. November 2024 ihr Einverständnis hiermit erklärt haben.
25Die als (Dritt-)Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Fall VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage hat keinen Erfolg.
26Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids des Beklagten vom 2. Mai 2024. Die Genehmigung verletzt ihn nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten. Eine solche Rechtsverletzung ergibt sich nach dem klägerischen Vortrag weder aufgrund von schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in Form von Lärmimmissionen (dazu I.) oder tieffrequentem Schall (dazu II.) noch aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme wegen einer optisch bedrängenden Wirkung (dazu III.).
27I. Der Kläger ist nicht durch Lärmimmissionen, die von dem genehmigten Vorhaben ausgehen, unzumutbar beeinträchtigt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG).
28Soweit es die Schallimmissionen betrifft, kommt den in der TA Lärm normierten Richtwerten eine den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkung konkretisierende Wirkung zu, die im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich zu beachten ist. Eine für den Nachbarn unzumutbare Lärmbelastung liegt in aller Regel nicht vor, wenn die Einhaltung der nach der TA Lärm maßgeblichen Richtwerte sichergestellt ist. Für das im Außenbereich gelegene Grundstück des Klägers betragen die Lärmrichtwerte in Anlehnung an die für Dorf- und Mischgebiete nach Nr. 6.1 Buchst. d TA Lärm geltenden Richtwerte 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts.
29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. September 2017 - 4 B 26.17 -, ZfBR 2018, 73 = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteile vom 15. November 2024 ‑ 22 D 227/23.AK -, juris Rn. 43 f., vom 19. Januar 2024 - 22 D 29/23.AK -, DVBl. 2024, 1296 = juris Rn. 33 f., vom 11. Dezember 2023 ‑ 22 D 65/23.AK -, NWVBl. 2024, 264 = juris Rn. 51 ff., vom 4. Mai 2022 ‑ 8 D 297/21.AK -, ZNER 2022, 424 = juris Rn. 76, und vom 4. Mai 2016 ‑ 7 A 615/14 ‑, juris Rn. 64.
30Die Richtwerte werden auf dem Grundstück des Klägers hinreichend sicher eingehalten. Nach der Schallimmissionsprognose der Y. GmbH vom 12. Februar 2018 wird der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) nachts an seinem Wohnhaus im schallreduzierten Betriebsmodus „Mode 4“ mit einer gerundeten Gesamtbelastung von 43 dB(A) sicher unterschritten.
31Soweit der Kläger einwendet, die angegriffene Genehmigung gehe zu Unrecht davon aus, dass alle als Vorbelastung berücksichtigten Windenergieanlagen, die auf sein Grundstück einwirkten, keine impuls- oder informationshaltigen Geräusche emittierten, und er sich insoweit auf die Störgeräusche zweier Windenergieanlagen (WEA 4 der Beigeladenen, Windenergieanlage „in Richtung L (östlich gelegen, E- 82)“) bezieht, verfängt dies nicht. Denn zum einen wird in der genannten Schallimmissionsprognose (dort Seiten 34 ff.) detailliert erläutert, wie die Vorbelastung ermittelt wurde. Dabei hat das Gutachterbüro insbesondere für die Vorbelastung durch Windenergieanlagen ausführlich dargestellt, welcher Emissionswert bzw. Schallleistungspegel - nach Absprache mit Herrn Z. vom Beklagten als Genehmigungsbehörde - jeweils angesetzt wurde. Dem setzt der Kläger mit seinem pauschalen Verweis auf seine subjektiven Wahrnehmungen („mechanische Quietschgeräusche“ wie „auf einem Rangierbahnhof“, „häufig nachts Impulse der nächstgelegenden Anlage in Richtung L. (östlich gelegen, E- 82) bei geschlossenem Schlafzimmerfenster wahrnehmen muss“) schon nichts Substanzielles entgegen. Zum anderen trägt seine Argumentation aber auch rechtlich nicht, weil sie sich letztlich nicht gegen das genehmigte Vorhaben richtet. Die der Genehmigung zugrunde liegende Schallimmissionsprognose vom 12. Februar 2018 hat sich - wie festgestellt - an der Genehmigungssituation der Vorbelastungsanlagen orientiert. Dies ist nicht zu beanstanden, weil in einer Schallimmissionsprognose Vorbelastungsanlagen nur mit den Auswirkungen ihres rechtmäßigen Betriebs - also den in ihrer Genehmigung gegebenenfalls festgelegten Schallleistungspegeln - in die Ermittlung der Gesamtbelastung einzustellen sind und es nicht zu Lasten eines nachfolgenden Anlagenbetreibers geht, wenn der genehmigte Schallleistungspegel tatsächlich überschritten wird.
32Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Oktober 2020 - 8 A 894/17 -, ZNER 2020, 558 = juris Leitsatz 8 und Rn. 168 f., Beschlüsse vom 18. Oktober 2021 ‑ 8 A 2790/18 -, juris Rn. 35, und vom 27. Juli 2015 - 8 B 390/15 -, BauR 2015, 1817 = juris Rn. 12 f., m. w. N.
33Dementsprechend betreffen die genannten Einwände des Klägers in der Sache die Ebene der behördlichen Kontrolle bzw. Überwachung der Vorbelastungsanlagen. Sie lassen die Rechtmäßigkeit der hier in Rede stehenden Genehmigung vom 2. Mai 2024 dagegen unberührt. Im Übrigen hat die Beigeladene - vom Kläger unwidersprochen - vorgetragen, dass die immissionsrelevanten Auffälligkeiten an der angesprochenen Vorbelastungsanlage (WEA 4) in der Vergangenheit abgestellt worden seien.
34II. Auch ist der Kläger nicht aufgrund von tieffrequentem Schall durch die Genehmigung in seinen Rechten verletzt.
35Sein diesbezüglich erstmals mit Schriftsatz vom 19. November 2024 (dort Seiten 4 ff.) angebrachter Vortrag ist bereits nach § 6 UmwRG präkludiert.
36Zu Einzelheiten vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 2023 - 22 D 271/21.AK -, ZNER 2023, 551 = juris Rn. 43 ff.
37Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts und ‑ soweit ersichtlich - aller anderen Obergerichte geklärt, dass Infraschall ‑ wie auch tieffrequenter Schall ‑ durch Windenergieanlagen im Allgemeinen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs liegt und nach dem bisherigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse grundsätzlich nicht zu Gesundheitsgefahren führt.
38Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 30. September 2024 - 7 B 7.24 -, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteile vom 23. August 2024 - 8 D 15/23.AK -, juris Rn. 94 ff., vom 19. Januar 2024 - 22 D 29/23.AK -, DVBl. 2024, 1296 = juris Rn. 55 f., vom 27. Juli 2023 ‑ 22 D 100/22.AK -, juris Rn. 49 ff., vom 27. April 2023 ‑ 8 D 368/21.AK -, juris Rn. 187 ff., vom 24. Februar 2023 ‑ 7 D 316/21.AK -, BauR 2023, 1093 = juris Rn. 139 ff., vom 27. Oktober 2022 ‑ 22 D 363/21.AK -, BauR 2023, 614 = juris Rn. 86 ff., vom 4. Mai 2022 ‑ 8 D 297/21.AK -, ZNER 2022, 424 = juris Rn. 113 f., vom 17. März 2022 ‑ 7 D 303/20.AK -, BauR 2022, 906 = juris Rn. 83 f., und vom 5. Oktober 2020 ‑ 8 A 894/17 ‑, ZNER 2020, 558 = juris Rn. 238 f., Beschluss vom 22. März 2021 ‑ 8 A 3518/19 -, juris Rn. 49 f., jeweils m. w. N., auch zur Rechtsprechung anderer Obergerichte.
39Sämtliche Studien, die der Kläger aufgeführt hat oder die dem Senat anderweitig bekannt sind, sind allenfalls Teil des wissenschaftlichen Diskurses, ergeben allerdings bisher keinen begründeten Ansatz für relevante tieffrequente Immissionen oder Infraschall durch Windenergieanlagen oder nachweisbare gesundheitsschädliche Auswirkungen.
40Vgl. nur OVG NRW, Urteile vom 15. November 2024 ‑ 22 D 227/23.AK -, juris Rn. 69 f., vom 27. Juli 2023 ‑ 22 D 100/22.AK -, juris Rn. 51 ff., vom 27. April 2023 ‑ 8 D 368/21.AK -, juris Rn. 187 ff., vom 27. Oktober 2022 - 22 D 363/21.AK -, BauR 2023, 614 = juris Rn. 86 ff., vom 4. Mai 2022 ‑ 8 D 297/21.AK -, ZNER 2022, 424 = juris Rn. 113 f., vom 17. März 2022 ‑ 7 D 303/20.AK -, BauR 2022, 906 = juris Rn. 85 f., und vom 5. Oktober 2020 ‑ 8 A 894/17 ‑, ZNER 2020, 558 = juris Rn. 240 f., Beschluss vom 22. März 2021 ‑ 8 A 3518/19 -, juris Rn. 51 f., jeweils m. w. N.; siehe auch OLG Schleswig, Urteil vom 4. Dezember 2019 ‑ 9 U 152/18 -, NVwZ 2020, 1211 = juris Rn. 45; jüngst noch einmal ausführlich OVG NRW, Urteil vom 23. August 2024 - 8 D 15/23.AK -, juris.
41III. Ferner verletzt das genehmigte Vorhaben auch keine Rechte des Klägers unter dem Aspekt des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme wegen der von ihm geltend gemachten optisch bedrängenden Wirkung auf sein Wohngrundstück.
421. Nach § 249 Abs. 10 BauGB steht der öffentliche Belang einer optisch bedrängenden Wirkung einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, das der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dient, in der Regel nicht entgegen, wenn der Abstand von der Mitte des Mastfußes der Windenergieanlage bis zu einer zulässigen baulichen Nutzung zu Wohnzwecken mindestens der zweifachen Höhe der Windenergieanlage entspricht. Satz 2 der Vorschrift bestimmt die Höhe im Sinne des Satzes 1 als die Nabenhöhe zuzüglich Radius des Rotors.
43Wird der in § 249 Abs. 10 BauGB vorgesehene Abstand zwischen einer Windenergieanlage und einer zulässigen baulichen Nutzung zu Wohnzwecken eingehalten, kommt eine optisch bedrängende Wirkung der Windenergieanlage nur ausnahmsweise in Betracht, wenn andernfalls die Schwelle der Zumutbarkeit aufgrund besonderer Umstände überschritten würde. Dies setzt einen atypischen, vom Gesetzgeber so nicht vorhergesehenen Sonderfall voraus. Allein die Sichtbarkeit der Anlagen von dem Grundstück eines Nachbarn aus bzw. das Fehlen von Bewuchs oder anderen Strukturen, die die Sichtbeziehung zu den Anlagen unterbrechen, begründet kein Abwehrrecht.
44Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Oktober 2024 ‑ 8 D 2/22.AK -, juris Rn. 67 f., vom 26. Juli 2024 - 8 D 169/22.AK -, ZNER 2024, 466 = juris Rn. 67 f., und vom 12. Januar 2024 - 8 D 92/22.AK -, NWVBl. 2024, 296 = juris Rn. 139 ff., ausführlich im Beschluss vom 9. Juni 2023 - 8 B 230/23.AK -, NWVBl. 2023, 432 = juris Rn. 27 ff., jeweils m. w. N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17. Juni 2024 - 14 S 1503/23 -, BauR 2024, 1659 = juris Rn. 46.
45Im Gesetzgebungsverfahren zur Normierung der Maßstäbe für eine optisch bedrängende Wirkung von Windenergieanlagen war bekannt und ist daher in § 249 Abs. 10 BauGB bereits berücksichtigt, dass sich diejenigen Aspekte, die in tatsächlicher Hinsicht für die Beurteilung einer optisch bedrängenden Wirkung relevant sind, stark unterscheiden können. Dazu zählen insbesondere die jeweiligen konkreten Ausgestaltungen der Windenergieanlagen, der Wohnbebauung und der Topografie in der Umgebung der Anlage oder des Wohngrundstücks. Bei Windenergieanlagen variieren insbesondere die Nabenhöhe, die Rotorgröße und die Rotorstellung in Abhängigkeit von der Windrichtung. Ein Wohngrundstück kann durch vorhandene Windenergieanlagen oder sonstige optisch deutlich wahrnehmbare Hochbauten (Kraftwerke, Hochspannungsleitungen u. ä.) in verschiedener Zahl und Entfernung umgeben sein. Bei Wohnhäusern können die Ausrichtung der Fenster von Wohnräumen, die Lage von Terrassen und etwaige Sichtschutzeffekte etwa durch Vegetation (Einzelbäume, Baumgruppen, Waldbestand) oder bauliche Anlagen variieren. Da die geschilderte und dem Gesetzgeber bekannte Vielseitigkeit tatsächlicher Umstände auch Fälle erfasst, in denen Windenergieanlagen Wohnnutzungen optisch dominieren, kann eine solche Wirkung nach dem Willen des Gesetzgebers nur in atypischen Konstellationen als unzumutbar optisch bedrängend zu bewerten sein.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juni 2023 ‑ 8 B 230/23.AK -, NWVBl. 2023, 432 = juris Rn. 33 f., unter Bezugnahme auf OVG NRW, Urteil vom 24. Februar 2023 - 7 D 316/21.AK -, BauR 2023, 1093 = juris Rn. 164 ff.
47Dies wäre etwa denkbar, wenn im konkreten Fall vom Gesetzgeber nicht erkennbare Umstände eine Rolle spielen oder wenn alle relevanten Umstände gleichzeitig und einseitig eine deshalb besondere Belastung eines Wohngebäudes begründen. Jedenfalls die Tatsache, dass der Abstand zwischen einer Windenergieanlage und einer zulässigen baulichen Nutzung zu Wohnzwecken nur knapp mehr als das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage beträgt, begründet nach dem insofern eindeutigen Wortlaut des § 249 Abs. 10 BauGB keine Ausnahme von der gesetzlichen Regel, dass eine optisch bedrängende Wirkung nicht vorliegt.
48Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Oktober 2024 ‑ 8 D 2/22.AK -, juris Leitsatz 3 und Rn. 69.
49Gründe für die Verfassungswidrigkeit des § 249 Abs. 10 BauGB mit seinem Regel-Ausnahme-Verhältnis sieht der Senat im Einklang mit der Rechtsprechung des 7. und 8. Senats des erkennenden Gerichts weiterhin nicht.
50Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. November 2024 ‑ 22 D 227/23.AK -, juris Rn. 125 f., vom 19. März 2024 ‑ 22 D 147/23.AK -, UWP 2024, 145 = juris Rn. 128, und vom 12. Januar 2024 ‑ 22 D 102/23.AK -, juris Rn. 166.
512. Dies zugrunde gelegt, scheidet eine Rechtsverletzung des Klägers wegen einer optisch bedrängenden Wirkung des genehmigten Vorhabens hier aus.
52Die 200 m hohe WEA 5 steht zum südöstlich gelegenen Wohnhaus des Klägers in einem Abstand von circa 447 m, also deutlich mehr als dem Zweifachen der Gesamthöhe (Quotient aus Abstand und Gesamthöhe: 2,235). Sie genügt damit den Anforderungen des § 249 Abs. 10 BauGB für den Regelfall.
53Anhaltspunkte für das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls im Sinne von § 249 Abs. 10 BauGB liegen nicht vor.
54Hiergegen spricht bereits schon für sich genommen ausschlaggebend die Lage des Einzelwohnhauses des Klägers in Alleinlage im Außenbereich. Der Außenbereich dient nicht dem Wohnen und eine für sich genommen gebietsfremde reine Wohnnutzung kann keine besonderen unabweisbaren Rücksichtnahmeinteressen für sich in Anspruch nehmen.
55Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. September 2018 ‑ 2 A 669/17 -, BauR 2019, 473 = juris Rn. 113.
56Solche im Außenbereich zulässigerweise ausgeübten Wohnnutzungen müssen vielmehr damit rechnen, dass sich in ihrer Nachbarschaft privilegierte Nutzungen wie insbesondere die hier in Rede stehende, allgemein nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierte Windenergieanlage ansiedeln. Dem Interesse an der Verwirklichung privilegierter Vorhaben ist dann regelmäßig Vorrang vor den Interessen einer Wohnbebauung im Außenbereich einzuräumen.
57Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. September 2017 - 4 B 26.17 -, ZfBR 2018, 73 = juris Rn. 6.
58Unbeschadet dessen liegen hier aber auch in der Sache keine durchgreifenden Anhaltspunkte für einen atypischen Sachverhalt vor. Soweit der Kläger umfangreiche Ausführungen zu den am Vorhabenstandort vorherrschenden Windverhältnissen und der damit einhergehenden Rotorstellung der Anlage macht, kommt es darauf schon deshalb nicht an, weil die bloße Sichtbarkeit einer Anlage im Abstand von mehr als der zweifachen Anlagenhöhe einen atypischen Fall ‑ wie ausgeführt - gerade nicht begründet. Ungeachtet dessen ist auch nicht ersichtlich, dass die vom Wohnhaus des Klägers aus gesehen nordwestlich gelegene Anlage dauerhaft mit der vollen Rotorfläche sichtbar sein würde. Der Kläger trägt insoweit mit Schriftsätzen vom 25. Oktober 2024 (dort Seite 6) und vom 19. November 2024 (dort Seite 3) selbst vor, der Wind wehe „aus Süd-West und insbesondere Süd am häufigsten“, wobei die „maximale Rotorauslenkung“ bei „einer Windrichtung von SSO (157°)“ erreicht werde.
59Ebenso wenig können die aus Sicht des Klägers auf seinem Grundstück fehlenden Sichtschutzmöglichkeiten - etwa durch Vegetation - danach für sich genommen einen Ausnahmefall begründen. Zusätzlich ist insoweit festzuhalten, dass nach den im Rahmen des Ortstermins vom 5. November 2024 gewonnenen Eindrücken der konkreten örtlichen Gegebenheiten, die der Berichterstatter dem Senat anhand der angefertigten Fotos vermittelt hat, schon nicht erkennbar ist, warum nicht zumindest eine Abmilderung der Sichtbarkeit der Anlage durch Bepflanzung - etwa mit den von der Beigeladenen benannten und den Inhalt eines Schuldversprechens bildenden Riesen-Lebensbäumen aber auch mit Laubbäumen - möglich sein sollte. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang unter Berufung auf das vor Inkrafttreten des § 249 Abs. 10 BauGB ergangene Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichts vom 4. Mai 2022 - 8 D 311/21.AK -, juris, eine Unzumutbarkeit solcher Maßnahmen geltend macht, geht das von vornherein an den hiesigen Grundstücksverhältnissen vorbei. Während in der vom 8. Senat zu beurteilenden Konstellation (höhere) Bepflanzungen nahezu unmittelbar am Rande der Terrasse (mit entsprechenden Sicht- und Lichtverschattungen) erforderlich gewesen wären, kann hier Vergleichbares in den großzügigen Grundstücksverhältnissen nicht festgestellt werden - noch jenseits der Frage, ob die seinerzeitige Konstellation eine Atypik nach heutiger Rechtslage begründen könnte, was zumindest nicht auf der Hand liegt.
60Auch die allgemeine Wohnsituation des Klägers bietet keine Anhaltspunkte für eine Ausnahme von der Regelvermutung des § 249 Abs. 10 BauGB. Das im Ortstermin vom 5. November 2024 in Augenschein genommene Grundstück ist großzügig angelegt. Es verfügt an der Südwestseite des Wohnhauses über einen naturnahen Ruhebereich. Auch eröffnen mehrere Fenster an dieser Hausseite ‑ insbesondere auch im Wohnzimmer im ersten Obergeschoss - einen (ungestörten) Blick nach draußen. Die Nordwestseite des Hauses mit dem Fensterbereich der Küche und angrenzender Terrassenfläche sowie einem Wohnzimmerfenster im ersten Obergeschoss, die überhaupt eine Sicht auf die Anlage grundsätzlich ermöglicht, ist zudem in ihrer Hauptblickrichtung nicht auf die WEA 5 ausgerichtet, sondern es besteht - wie der Kläger selbst ausführt - ein „Versatz von ca. 25°“. Dies stellen auch die umfangreichen Berechnungen des Klägers nicht in Frage, vgl. Seiten 7 bis 9 der Anlage zum Schriftsatz vom 19. November 2024. Dass die Windenergieanlage unter bestimmten Blickwinkeln von der (Wohn-)Küche im Erdgeschoss und einem Wohnzimmer im ersten Obergeschoss wahrzunehmen sein wird, ist angesichts dessen jedenfalls kein atypischer Sachverhalt, der hier zur Annahme einer Rücksichtslosigkeit führen könnte.
61Vgl. auch insoweit die grundlegend andere Sachverhaltsgestaltung in OVG NRW, Urteil vom 4. Mai 2022 - 8 D 311/21.AK -, BauR 2023, 70 = juris Rn. 55 ff., 61.
62Schließlich begründet auch die topografische Lage der genehmigten Anlage keinen atypischen Sonderfall. Der Umstand, dass der Standort der WEA 5 nach den eigenen Angaben des Klägers rund 34 m tiefer als sein Wohnhaus liegt, spricht vielmehr gerade für einen ihm zumutbaren (Regel-)Fall. Denn die Anlage erscheint damit in ihrer absoluten Höhe aus Sicht des klägerischen Wohnhauses entsprechend niedriger als 200 m (der nach § 249 Abs. 10 BauGB zu errechnende Quotient wäre mit circa 2,69 entsprechend größer). Dem kann der Kläger auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Rotor bei derartigen Verhältnissen perspektivisch größer erscheine. Denn das Verhältnis, in dem Rotorradius und Nabenhöhe zu der Gesamthöhe einer Anlage beitragen, ist für das Eingreifen der Regelvermutung des § 249 Abs. 10 BauGB nicht relevant. Dies macht insbesondere Satz 2 der Vorschrift deutlich, wonach sich der Gesetzgeber bei seinem pauschalierenden, an der Gesamthöhe und dem Abstand zur Wohnnutzung orientierenden Ansatz vor Augen geführt hat, dass sich die Gesamthöhe einer Anlage aus der Nabenhöhe zuzüglich des Radius des Rotors zusammensetzt.
63Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass nach den vorstehenden Ausführungen sowie den im Ortstermin vom 5. November 2024 gewonnenen und dem Senat vermittelten Eindrücken auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ‑ wie bereits das Verwaltungsgericht Arnsberg auch unter Würdigung der im hiesigen Verfahren vom Kläger entsprechend geltend gemachten Einwände überzeugend mit seinem Gerichtsbescheid vom 24. Februar 2022 (Az.: 4 K 281/20) dargelegt hat - eine optisch bedrängende Wirkung zulasten des Klägers ausgeschieden wäre.
64Vgl. dazu zusammenfassend OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 2022 - 22 D 363/21.AK -, BauR 2023, 614 = juris Rn. 111 ff.
65Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind aus Gründen der Billigkeit erstattungsfähig, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich damit selbst einem prozessualen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
66Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
67Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO; Zulassungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.