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Die Erlaubnis zum Betrieb einer Hundeschule kann nicht mit der Auflage verbunden werden, den Impfschutz der teilnehmenden Hunde zu kontrollieren.
Das angegriffene Urteil wird geändert.
Die Nebenbestimmung in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2017 in der durch die Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2020 ergänzten Fassung werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
2I.
3Der Beklagte erteilte der Klägerin mit Bescheid vom 7. Juni 2017 die von ihr beantragte Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Ausbilden von Hunden für Dritte und zum gewerbsmäßigen Anleiten der Ausbildung der Hunde durch den Tierhalter nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe f TierSchG. Der Bescheid enthält in Nr. 5 folgende Nebenbestimmung:
4" Alle Hunde, die in einer Gruppe trainiert werden und/oder Einzeltraining auf den gleichen Trainingsflächen erhalten, dürfen nur am Training teilnehmen, wenn durch Vorlage des Impfausweises nachgewiesen wurde, dass sie, die altersbedingte Impffähigkeit vorausgesetzt, über einen wirksamen Impfschutz gegen Tollwut, Staupe, Hepatitis, Leptospirose, Parvovirose und Zwingerhusten verfügen. Das Vorliegen des vorgenannten Impfschutzes ist anhand des Impfausweises vor Beginn des Trainings zu überprüfen und zu dokumentieren."
5Zur Begründung führte der Beklagte unter Hinweis auf die "Leitlinie zur Impfung von Kleintieren" der beim Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (G. -M. -Institut) angesiedelten Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) aus: Aufgrund der Anzahl der Hunde verschiedener Herkunft und der häufigen Kontakte von Hunden in der Gruppe sowie beim Hinterlassen von infektiösem Material (z.B. Sekrete, Exkrete) bei der gemeinsamen Nutzung von gleichen Trainingsflächen bestehe eine erhöhte Gefahr der Übertragung von Infektionskrankheiten. Das Gebot, dass nur Hunde trainiert werden dürften, die regelmäßig gegen die in der Leitlinie vorgesehenen Krankheiten geimpft worden seien, diene dazu, gesundheitlich bedingten Schmerzen, Leiden oder Schäden vorzubeugen.
6Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) mit Bescheid vom 20. November 2017 zurück. Ergänzend führte es aus: Die Lehrfunktion der Klägerin, die auch Unerfahrene bzw. Neulinge in der Hundehaltung unterrichte, erstrecke sich auch auf die Gesundheitsvorsorge. Der Mehraufwand für die Kontrolle des Impfschutzes sei zumutbar, da der Blick in die Impfausweise und eine Dokumentation des Vorliegens der entsprechenden Impfungen nicht weiter ins Gewicht falle.
7Die Klägerin hat dagegen am 11. Dezember 2017 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend gemacht hat:
8Gegenstand der Erlaubnispflicht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe f TierSchG sei die Ausbildung von Hunden bzw. die Anleitung zur Ausbildung von Hunden durch den Halter. Ob und in welchem Umfang ein Hund geimpft werde, liege allein in der rechtlichen und tatsächlichen Verantwortung des Halters. Ein Hundetrainer könne darauf hinwirken, dass ein Hundehalter diese Verantwortung in einer bestimmten Weise wahrnehme. Die Verantwortung für die Gesundheitsfürsorge des Hundes könne aber nicht auf den Hundetrainer abgewälzt werden.
9Zudem widerspreche die angefochtene Auflage dem Stand der Veterinärmedizin, weil sie einen standardisierten Impfschutz für alle Hunde verlange. Nach allgemeiner Meinung und den Leitlinien der StIKo Vet gebe es aber kein Standard-Impfprogramm, das generell für alle Hunde gültig sei. Vielmehr müsse jeweils ein individueller Impfschutz entwickelt werden, der Alter, Gesundheit und Lebensumstände des Hundes berücksichtige. Dementsprechend sind die Empfehlungen in der "Leitlinie zur Impfung von Kleintieren" der StIKo Vet ausdrücklich nicht verbindlich, sondern stellten lediglich eine Entscheidungshilfe für den anwendenden Tierarzt dar. Darüber hinaus habe der Beklagte in die Nebenbestimmung auch Impfungen aufgenommen, die selbst nach den generellen Empfehlungen der StIKo Vet als "Non-Core-Komponenten" eingestuft würden, bei denen eine Impfung nur unter bestimmten Bedingungen empfohlen werde.
10Die Auflage in Nr. 5 des Bescheids vom 7. Juni 2017 sei auch unverhältnismäßig. Insbesondere sei der mit der laufenden Überwachung des Impfstatus verbundene administrative Aufwand beim Betrieb einer Hundeschule unzumutbar.
11In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 15. Mai 2020 hat der Beklagte die Nebenbestimmung in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 dahingehend ergänzt, dass zum Nachweis des Impfschutzes anstelle des Impfausweises auch eine Impfbescheinigung genüge.
12Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
13die Nebenbestimmung in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des LANUV vom 20. November 2017 in der durch die Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2020 ergänzten Fassung aufzuheben.
14Der Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er hat sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide bezogen und ergänzend vorgetragen:
17Die angefochtene Auflage in Nr. 5 des Erlaubnisbescheids vom 7. Juni 2017 diene der Gesundheitsvorsorge und damit dem Tierschutz der am Training teilnehmenden Hunde. Zwar gebe es in Deutschland keine unmittelbare Impfpflicht für Hunde. Zu der nach § 2 Nr. 1 TierSchG vorzunehmenden Pflege gehöre jedoch auch die Gesundheitsfürsorge und -vorsorge; hierzu seien auch Impfungen zu zählen. Die verlangten Impfungen beruhten auf der Leitlinie der StIKo Vet. Die hierin genannten Non-Core-Komponenten wie der Zwingerhusten seien grundsätzlich nicht weniger wichtig als die Core-Komponenten. Der Unterschied bestehe nur darin, dass die Non-Core-Komponenten nicht für jedes Tier zu jeder Zeit gleichbedeutend seien. Die Impfung gegen Zwingerhusten sei aus veterinärmedizinischer Sicht sinnvoll bei Hunden, die zeitweise einer erhöhten Infektionsgefahr unterlägen. Solche Situationen träten auf, wenn ein Hund viel Kontakt zu Artgenossen habe, beispielweise in Welpengruppen, Tierpensionen, Tierheimen oder auf dem Hundeplatz.
18Die Kontrolle des Impfschutzes sei anhand der Impfausweise möglich. Erforderlich sei lediglich, dass ein zugelassener Impfstoff entsprechend den Herstellerangaben durch einen Tierarzt verabreicht worden sei. Dies lasse sich anhand der vorgenommenen Eintragungen erkennen. Im Impfausweis sei das Datum der Impfung und gegebenenfalls auch die Gültigkeitsdauer eingetragen. Die erforderliche Kontrolle der Impfausweise sei für eine sachkundige Person wie die Klägerin nur mit einem geringfügigen Zeitaufwand verbunden. Die Klägerin habe als Hundetrainerin auch eine Vorbildfunktion für die Teilnehmer.
19Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
20Die Auflage in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 diene dem Tierschutz. Vor dem Hintergrund, dass bei einem gruppenweisen Zusammentreffen von Hunden ein erhöhter Infektionsdruck für Tierkrankheiten bestehe, verfolge sie das legitime tierschutzrechtliche Ziel, die in der Hundeschule trainierten Hunde vor einer Ansteckung und vor vermeidbaren Erkrankungen und Leiden zu schützen. Die Anordnung, den Impfschutz der trainierten Hunde gegen die in der Auflage genannten Erkrankungen zu kontrollieren, sei geeignet und erforderlich, um einen Schutz der Tiere vor einer Ansteckung zu gewährleisten. Zwar bestehe in Deutschland keine unmittelbare Impfpflicht für Hunde. Das an den Halter bzw. Betreuer des Tieres gerichtete Pflegegebot des § 2 Nr. 1 TierSchG umfasse im Rahmen der Gesundheitsfürsorge jedoch auch die Gesundheitsprophylaxe durch Impfungen. Notwendige Impfungen könnten auf der Grundlage von § 16a Abs. 1 Satz 2 TierSchG angeordnet werden. Darüber hinaus bestehe bei dem Betrieb einer Hundeschule aufgrund des Trainings einer Vielzahl von Hunden unterschiedlicher Halter auf gemeinsamen Trainingsflächen eine besondere Gefährdungssituation. Der Gesetzgeber könne es als hinnehmbar angesehen haben, dass im Rahmen einer üblichen, meist privaten Hundehaltung mit selten mehr als zwei Hunden keine unmittelbare Impfverpflichtung normiert worden sei. Dies schließe jedoch nicht aus, dass in einer völlig anderen Gesundheitsgefährdungssituation eine andere Risikobewertung Platz greifen könne, weil dann die Infektionsgefahr wesentlich erhöht werde.
21Die "Leitlinie zur Impfung von Kleintieren" der StIKo Vet stelle zwar in erster Linie eine Entscheidungshilfe für den behandelnden Tierarzt dar. Sie betone aber auch die erhöhte Infektionsgefahr und die erhöhte Notwendigkeit einer Impfung gegen die Non-Core-Komponente Zwingerhusten in Situationen mit einer Vielzahl von Kontakten zu anderen Artgenossen. Daher sei davon auszugehen, dass sich in der hier zu beurteilenden besonderen Gefährdungssituation des gemeinsamen Trainings in einer Hundeschule aus § 2 Nr. 1 TierSchG eine Verpflichtung für den Halter oder Betreuer des Hundes ergebe, das Tier gegen die in der Auflage Nr. 5 genannten Krankheiten impfen zu lassen. In Ergänzung zu dieser Verpflichtung des Halters bzw. Betreuers könne der Klägerin auf der Grundlage des § 11 Abs. 2a TierSchG a. F. auferlegt werden, den Impfschutz zu kontrollieren. Auch ihr Rechtskreis sei berührt, weil sie durch den Betrieb ihrer Hundeschule und das hiermit verbundene Zusammentreffen einer Vielzahl von Hunden gemeinsam mit dem Halter bzw. Betreuer, der das Tier dort trainieren lasse, das gefahrerhöhende Moment für das Infektionsrisiko der Tiere schaffe. Auch trage sie im Rahmen des Betriebs ihrer Hundeschule allgemein die Verantwortung dafür, dass die während des Trainings benutzten eigenen Flächen der Hundeschule frei von infektiösem Material seien.
22Die Kontrolle des Impfschutzes sei auch in tatsächlicher Hinsicht möglich und der Klägerin zumutbar. Auf der Grundlage der Leitlinie der StIKo Vet könne von einem wirksamen Impfschutz ausgegangen werden, wenn in den ersten beiden Lebensjahren eine entsprechende Grundimmunisierung durchgeführt und im Hinblick auf die Wiederholungsimpfungen die angegebenen Impfintervalle eingehalten worden seien.
23Die Klägerin habe auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der mit der Kontrolle des Impfschutzes verbundene administrative Aufwand für sie nicht zu bewältigen sei. Der Impfschutz sei bereits vor dem Beginn des Kurses zu kontrollieren, Kopien der Impfdokumente könnten zu der Kundendatei genommen werden.
24Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 20. Juni 2023 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:
25Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Beschluss vom 14. März 2018 (Az. 9 ZB 17.429) zutreffend festgestellt, dass Auflagen der streitgegenständlichen Art zu Erlaubnissen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe f TierSchG rechtswidrig seien. Die aus dem Pflegegebot folgende Impfung von Hunden obliege ausschließlich dem Halter und nicht auch ergänzend dem Hundetrainer, weshalb sie nicht durch eine Auflage zu einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe f TierSchG zu einer Aufgabe des Hundetrainers gemacht werden könne. Der tierschutzrechtliche Pflichtenkreis des Hundetrainers sei auf die Ausbildung bzw. Anleitung der Ausbildung durch den Halter beschränkt. Allein aus dem bestimmungsgemäßen Aufeinandertreffen von Hunden in einer Hundeschule folge kein Vorsorgegebot oder eine Vermeidungspflicht des Betreibers bzw. Verantwortlichen der Hundeschule hinsichtlich Ansteckungen, zu denen es kommen könne, weil die Halter ihre Hunde nicht hätten impfen lassen.
26Die "Leitlinie zur Impfung von Kleintieren" der StIKo Vet enthalte nur unverbindliche Empfehlungen und diene als Entscheidungshilfe für den behandelnden Tierarzt. Sie sei daher nicht geeignet, eine Auflage zu rechtfertigen, die im Ergebnis für alle Hunde unabhängig von ihrer Lebenssituation und ihrem Gesundheitsstatus ein starres Impfprogramm verlange.
27Die Kontrolle des geforderten Impfschutzes sei auch mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Viele Hunde blieben über einen längeren Zeitraum in der Hundeschule und durchliefen unterschiedliche Ausbildungsangebote, sodass auch überwacht werden müsste, ob die erforderlichen Auffrischungsimpfungen vorgenommen worden seien. Die Leitlinien der StIKo Vet überließen zudem bewusst dem behandelnden Tierarzt die Entscheidung, ob und in welchem Umfang er den Empfehlungen der Leitlinien folge oder im Einzelfall von diesen Empfehlungen abweiche. Die Gründe, die einen Tierarzt dazu veranlassten, im Einzelfall von bestimmten Impfempfehlungen abzuweichen, seien dem Impfausweis jedoch nicht zu entnehmen.
28Die Klägerin beantragt sinngemäß,
29das angegriffene Urteil zu ändern und die Nebenbestimmung in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des LANUV vom 20. November 2017 in der durch die Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2020 ergänzten Fassung aufzuheben.
30Der Beklagte beantragt,
31die Berufung zurückzuweisen.
32Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts und trägt ergänzend im Wesentlichen vor:
33Es sei zu berücksichtigen, dass gerade die typische Situation in einer Hundeschule mit dem Zusammentreffen einer Vielzahl von Hunden zu einem - im Vergleich zu einer durchschnittlichen Hundehaltung - deutlich erhöhten Infektionsrisiko und somit einer besonderen Gefährdungssituation führe. Die sei auch erkennbar durch den Betreiber der jeweiligen Hundeschule hervorgerufen und betreffe somit dessen Pflichtenkreis. Es sei daher nicht ersichtlich, aus welchen konkreten Gründen hierauf nicht mit einer Nebenbestimmung wie der streitigen Auflage reagiert werden könne.
34Jedenfalls in der weit überwiegenden Zahl der Fälle lasse sich das Vorhandensein des erforderlichen Impfschutzes mit einem Blick in den Impfausweis feststellen. Soweit dies in wenigen Einzelfällen nicht möglich sei und die Klägerin den - regelmäßig überschaubaren - Aufwand der Kontrolle einer vom Tierhalter vorzulegenden Impfbescheinigung scheue, sei nicht erkennbar, weshalb die daraus resultierende Konsequenz, dass der betreffende Hund dann nicht am Training teilnehmen dürfe, unzulässig sein solle.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
36II.
37Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin durch Beschluss nach § 130a VwGO, weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu mit Schreiben vom 9. Juli 2024 gehört worden (§ 130a Satz 2 i. V. m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
38Die zulässige Berufung ist begründet.
39Die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Nebenbestimmung in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des LANUV vom 20. November 2017 hat Erfolg.
40I. Die Klage ist zulässig.
41Die angefochtene Nebenbestimmung zum Erlaubnisbescheid des Beklagten vom 7. Juni 2017 ist selbständig anfechtbar. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsakts, einschließlich der Auflage, die Anfechtungsklage gegeben. Ob diese zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet.
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2019 - 8 B 10.18 -, juris, Rn. 5, und Urteil vom 17. Oktober 2012 - 4 C 5.11 -, juris, Rn. 5, jeweils m. w. N.
43Vorliegend scheidet die isolierte Aufhebbarkeit der angefochtenen Auflage nicht offenkundig von vornherein aus. Eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe f TierSchG kann nach dem Tierschutzgesetz grundsätzlich auch ohne Nebenbestimmungen erteilt werden.
44II. Die Klage ist auch begründet.
45Die Auflage in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 ist rechtswidrig, verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und ist isoliert aufhebbar.
461. Die Auflage in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 ist rechtswidrig.
47Der Beklagte ist nicht berechtigt, die von der Klägerin beantragte Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe f TierSchG mit einer Auflage zur Kontrolle eines wirksamen Impfschutzes zu verbinden. Die Regelung des § 11 Abs. 2a TierSchG in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) bietet dafür keine tragfähige Rechtsgrundlage.
48Nach § 11 Abs. 2a Satz 1 TierSchG a. F. kann eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 TierSchG, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, unter Befristungen, Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Diese Vorschrift ist nach § 21 Abs. 5 Satz 1 TierSchG weiter anzuwenden, da bislang noch keine Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 TierSchG erlassen wurde. Das Gleiche gilt für die Regelung des § 11 Abs. 2 TierSchG a. F. zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 TierSchG.
49Die Nebenbestimmung muss nach § 11 Abs. 2a Satz 1 TierSchG a. F. zum Schutz der Tiere erforderlich sein, also dem Tierschutz dienen. Damit kommen insbesondere Auflagen in Betracht, welche die Einhaltung der Anforderungen des § 2 TierSchG sicherstellen sollen. Darüber hinaus sind Nebenbestimmungen, insbesondere Auflagen, möglich, welche die Tiere außerhalb des Geltungsbereichs von § 2 TierSchG vor Schmerzen, Leiden oder Schäden schützen sollen. Dasselbe gilt für Nebenbestimmungen, welche die Einhaltung anderer, spezieller tierschutzrechtlicher Gebots- und Verbotsvorschriften sicherstellen sollen. Die Berechtigung zum Erlass derartiger Nebenbestimmungen findet ihre Rechtfertigung darin, dass die erlaubnispflichtige Tätigkeit grundsätzlich mit einer erhöhten Gefahr verbunden ist, dass Belange des Tierschutzes beeinträchtigt werden. Eine Nebenbestimmung, die die Einhaltung der Anforderungen des § 2 TierSchG sicherstellen soll, setzt daher nicht voraus, dass bereits Verstöße gegen die Gebote des § 2 TierSchG festgestellt wurden oder solche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nebenbestimmungen müssen aber stets einen Bezug zur erlaubnispflichtigen Tätigkeit haben, die nach der Wertung des Gesetzgebers besonders gefahrgeneigt ist. Eine Auflage kann der Überprüfung dienen, ob der Erlaubnisinhaber die Erlaubnisvoraussetzungen einhält, darf aber nicht unabhängig davon eingesetzt werden, um die behördliche Aufsicht zu erleichtern.
50Vgl. Nds. OVG, Beschlüsse vom 4. Dezember 2017 - 11 LA 26/17 -, juris, Rn. 9, und vom 12. Juli 2011 - 11 LA 540/09 -, juris, Rn. 15; Bay. VGH, Beschluss vom 19. November 2009 - 9 ZB 07.2282 -, juris, Rn. 4; Lorz/Metzger, Tierschutzgesetz, 7. Aufl., § 11 Rn. 53; Hirt in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, 4. Aufl., § 11 Rn. 35, m. w. N.
51Die angefochtene Auflage in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 steht in keinem Zusammenhang zu den Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchst. f TierSchG und den durch den Betrieb einer Hundeschule oder die Tätigkeit als Hundetrainer begründeten besonderen Gefahren für das Tierwohl.
52Die Erlaubnispflicht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchst. f TierSchG soll nach der Intention des Gesetzgebers sicherstellen, dass Personen, die gewerblich Hunde ausbilden oder die Ausbildung der Hunde durch den Tierhalter anleiten, die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten haben, weil sich Fehler bei der Ausbildung oder Erziehung von Hunden auf das Wohlergehen der Tiere auswirken können.
53Vgl. BT-Drucks. 17/11811, S. 29.
54Zu den allgemeinen Erlaubnisvoraussetzungen zählen nach § 11 Abs. 2 TierSchG a. F. die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten der für die Tätigkeit verantwortlichen Person (Nr. 1), deren Zuverlässigkeit (Nr.2) sowie Anforderungen an die der Tätigkeit dienenden Räume und Einrichtungen (Nr. 3).
55Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt sich daraus auch eine grundsätzliche Verantwortung des Betreibers einer Hundeschule ableiten, dafür zu sorgen, dass die im Rahmen des Trainings benutzten Flächen frei von infektiösem Material sind. Die Gesundheitsvorsorge durch Impfungen obliegt aber dem jeweiligen Halter als Bestandteil des in § 2 Nr. 1 TierSchG enthaltenen Pflegegebots. Allein aus dem bestimmungsgemäßen Aufeinandertreffen von Hunden in einer Hundeschule folgt kein Vorsorgegebot oder eine Vermeidungspflicht des Betreibers bzw. Verantwortlichen der Hundeschule hinsichtlich Ansteckungen, zu denen es kommen kann, weil die Halter ihre Hunde nicht haben impfen lassen.
56So ausdrücklich bereits Bay. VGH, Beschluss vom 14. März 2018 - 9 ZB 17.429 -, juris, Rn. 5.
57Der Betreiber der Hundeschule oder Hundetrainer ist mit Blick auf den Impfschutz der Hunde im ordnungsrechtlichen Sinn weder Verhaltens- noch Zustandsstörer, sondern ein "Nichtstörer", den der Beklagte instrumentalisiert, um zu überwachen, ob die Halter der Hunde ihren jedenfalls nach Auffassung des Beklagten bestehenden tierschutzrechtlichen Pflichten nachkommen; es ist allerdings schon nicht offenkundig, dass es hinsichtlich aller betroffenen Hunde zu den konkreten tierschutzrechtlichen Pflichten der jeweiligen Halter gehören würde, sämtliche in der streitgegenständlichen Auflage genannten Impfungen vornehmen zu lassen. Diese Instrumentalisierung ist nach den oben genannten Maßstäben nicht von § 11 Abs. 2a Satz 1 TierSchG a. F. gedeckt.
58Eine Verantwortung der Klägerin lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass sie die in Rede stehende Gefahr unter dem Gesichtspunkt der Zweckveranlassung maßgeblich mitverursacht hat. Verursacher ist nach allgemeinem Polizei- und Ordnungsrecht derjenige, dessen Verhalten die Gefahr "unmittelbar" herbeiführt, also bei einer wertenden Zurechnung die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschreitet. Personen, die entferntere, nur mittelbare Ursachen für den eingetretenen Erfolg setzen, also nur den Anlass für die unmittelbare Verursachung durch andere geben, sind in diesem Sinn keine Verursacher. Nach der gebotenen wertenden Betrachtungsweise kann allerdings auch ein als "Veranlasser" auftretender Hintermann (mit)verantwortlich sein, wenn dessen Handlung zwar nicht die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschreitet, aber mit der durch den Verursacher unmittelbar herbeigeführten Gefahr oder Störung eine natürliche Einheit bildet, die die Einbeziehung des Hintermanns in die Polizeipflicht rechtfertigt. Eine derartige natürliche Einheit besteht typischerweise beim "Zweckveranlasser" als demjenigen, der die durch den Verursacher bewirkte Polizeiwidrigkeit gezielt auslöst.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. April 2006 - 7 B 30.06 -, juris, Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 2382/10 -, juris, Rn. 45, m. w. N.
60Bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise ist das Verhalten der Klägerin nicht ausschlaggebend für etwaige Infektionsgefahren, die von an den Kursen teilnehmenden Hunden ausgehen. Die unmittelbaren Verursacher der Gefahr, die mit der angefochtenen Auflage abgewendet werden soll, sind die Hundehalter, die ihre Hunde nicht haben impfen lassen. Der Beitrag der Klägerin beschränkt sich darauf, Kurse und Trainingsplätze anzubieten, bei denen viele Hunde zusammentreffen.
61In vergleichbarer Form treffen Hunde aber auch außerhalb der Hundeschule aufeinander. Der regelmäßige Kontakt zu Artgenossen gehört zu den Grundbedürfnissen von Hunden, der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV) grundsätzlich zu ermöglichen ist. Infektionsgefahren aufgrund von Begegnungen mit anderen Hunden oder Kontakt zu deren Ausscheidungen ergeben sich auch bei dem nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TierSchHuV gebotenen Auslauf im Freien. Der Besuch einer Hundeschule mag mit einer etwas stärkeren Infektionsgefahr verbunden sein als ein Spaziergang in einer öffentlichen Parkanlage oder ein Aufenthalt im Wartezimmer beim Tierarzt, da hier gegebenenfalls ein intensiverer Kontakt zu einer größeren Anzahl anderer Hunde besteht. Aber grundsätzlich macht es keinen Unterschied, ob der Halter seinem Hund die erforderlichen Sozialkontakte und Ausläufe im Freien in einer Hundeschule oder anderweitig ermöglicht und ob der Hund in der Hundeschule mit mehreren anderen Hunden gleichzeitig zusammentrifft oder beim Spaziergang mehrere Hunde nacheinander begegnet. Die Klägerin mag also einen kausalen Beitrag für eine Erhöhung der Infektionsgefahr leisten, dieser hat aber keinen spezifischen Bezug zu ihrer Tätigkeit als Hundetrainerin oder dem Zustand der von ihr bereitgestellten Trainingsflächen oder -geräten.
62Die möglichen Infektionsgefahren sind der Klägerin dabei insbesondere deshalb nicht zurechenbar, weil es keine gesetzlich oder verordnungsrechtlich festgelegte allgemeine Impfpflicht für Hunde gibt. Es obliegt dem Halter oder gegebenenfalls dem Betreuer des Hundes, im Einzelfall zu bewerten, welche Impfungen zum Schutz des Tieres erforderlich sind und unter welchen Umständen der Kontakt zu anderen Hunden einzuschränken ist. Insoweit sind gegebenenfalls auch einzelfallbezogene behördliche Anordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG denkbar.
63Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 14. März 2018 - 9 ZB 17.429 -, juris, Rn. 5; VG Aachen, Beschluss vom 2. Mai 2013 - 6 L 23/13 -, juris, Rn. 52; Hirt in Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, 4. Aufl., § 2 TierSchG Rn. 27.
64Es ist nicht mit dieser einzelfallbezogenen Verantwortung des Halters zu vereinbaren und überschreitet das hinter der Erlaubnispflicht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe f TierSchG stehende gesetzgeberische Ziel, wenn auf der Ebene des Erlaubnisverfahrens gleichsam ein generelles Impfgebot eingefordert wird, das normativ nicht vorgesehen ist.
65So ebenfalls bereits Bay. VGH, Beschluss vom 14. März 2018 - 9 ZB 17.429 -, juris, Rn. 4.
66Die Empfehlungen der StIKo Vet, auf die sich der Beklagte beruft, betonen ebenfalls die notwendige Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. So heißt es in der Präambel der aktuellen Fassung der "Leitlinie zur Impfung von Kleintieren" ausdrücklich, dass sie nicht starr und rechtsverbindlich sein solle, sondern lediglich eine Entscheidungshilfe für den anwendenden Tierarzt darstelle. Die regelmäßige Gesundheitsberatung und das Impfgespräch dienten der Ermittlung eines individuellen Impfprogramms. Vor jeder Impfung sei die Impffähigkeit des Einzeltiers durch eine klinische Untersuchung festzustellen. Es seien so viele Tiere wie möglich zu impfen, um die Population insgesamt zu schützen. Das einzelne Tier sei aber nur so häufig wie nötig zu impfen.
67Vgl. StIKo Vet, "Leitlinie zur Impfung von Kleintieren", 5. aktualisierte Aufl., Stand 1. März 2023, S. 8; ähnlich 4. Aufl., Stand 3. März 2017, S. 6.
68Dies bestätigt, dass die Gewährleistung eines wirksamen Impfschutzes nicht zum Pflichtenkreis der Klägerin zählt. Zu der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung ist die Klägerin nicht in der Lage. Aus welchem Grund der behandelnde Tierarzt möglicherweise im Einzelfall bewusst von einer bestimmten Impfung abgesehen hat, lässt sich dem Impfausweis regelmäßig nicht entnehmen und wäre von der Klägerin nur mit unverhältnismäßigem Aufwand festzustellen. Die streitgegenständliche Nebenbestimmung in Nr. 5 des Bescheids des Beklagten vom 7. Juni 2017 begründet zwar keine unmittelbare Impfverpflichtung, sondern verpflichtet die Klägerin nur dazu, Hunde ohne Impfnachweis vom Training auszuschließen. Die fachliche Bewertung der Infektionsgefahren beruht aber ausschließlich auf den Impfempfehlungen der StIKo Vet, die keine Grundlage dafür bieten, den Kontakt zu anderen Hunden auch dann einzuschränken, wenn eine Impfung nach tierärztlicher Beurteilung nicht zu empfehlen ist oder dies nicht abschließend festgestellt werden kann. Der Beklagte hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und aus welchen Gründen unabhängig von den die Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Impfempfehlungen der StIKo Vet weitergehende Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionsgefahren geboten sein könnten.
69Weder die vom Beklagten angeführte "Vorbildfunktion" der Klägerin noch die Beratung der Kursteilnehmer zu Fragen der Gesundheitsfürsorge lassen vor diesem Hintergrund die rechtliche Verantwortung für die Impfung der Hunde auf die Klägerin übergehen. Der Klägerin steht es frei, Hunde ohne Impfnachweis vom Training auszuschließen, um Infektionen zwischen den Hunden möglichst umfassend zu vermeiden. Eine entsprechende rechtliche Verpflichtung kann ihr aber auf der Grundlage von § 11 Abs. 2a Satz 1 TierSchG a. F. nicht auferlegt werden.
702. Da es keine rechtliche Grundlage dafür gibt, die von der Klägerin beantragte Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe f TierSchG mit einer Auflage zur Kontrolle eines wirksamen Impfschutzes zu verbinden und diese Auflage nicht dazu dient, das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen abzusichern, verletzt die angefochtene Nebenbestimmung die Klägerin auch in ihren Rechten und ist isoliert aufhebbar.
71Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
72Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
73Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.