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Der angegriffene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird insgesamt abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen, mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, welche dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, soweit er ihr einstweilen die Beförderung des Beigeladenen, des erstinstanzlichen Beigeladenen zu 2., untersagt, ist begründet.
3Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, fristgerecht vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und den sinngemäß gestellten Antrag des Antragstellers abzulehnen,
4der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Beigeladenen im Rahmen der Beförderungsrunde 2017/2018 (Beförderungsliste Z.) in ein Amt der Besoldungsgruppe A 8 BBesO zu befördern, bis über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entschieden worden ist.
5I. Zur Begründung der in Bezug auf den Beigeladenen stattgebenden Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller habe sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Letzterer folge daraus, dass die der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung zugrunde gelegte aktuelle dienstliche Beurteilung des Antragstellers sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand als fehlerhaft erweise (dazu 1.) und der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung im Verhältnis zu dem Beigeladenen auch nicht chancenlos sei (dazu 2.).
61. Die Beurteilung des Antragstellers sei fehlerhaft, da die Begründung des Gesamturteils in Anbetracht der unterschiedlichen Bewertungsskalen, die der Bewertung der Einzelmerkmale einerseits und der Gesamtnote andererseits zugrunde lägen, sowie des in Relation zu seinem Statusamt höherwertigen Einsatzes des Antragstellers nicht hinreichend plausibel sei. Die Bildung der Gesamtnote aus den Noten der Einzelmerkmale sei nicht hinreichend individuell begründet. Dies ergebe sich vor allem aus einem Vergleich mit den entsprechenden Begründungserwägungen in den dienstlichen Beurteilungen des Beigeladenen. So werde in der Beurteilung des Beigeladenen ausgeführt, dass dieser „in einigen Merkmalen hervorzuhebende Leistungen erzielt“ habe. An einem solchen differenzierten Begründungssatz, der inhaltlich auf die jeweiligen erläuternden Angaben zu den einzelnen Merkmalen Bezug nehme, fehle es in der Beurteilung des Antragstellers. Eine solche individuelle und differenzierte Begründung liege auch nicht in der Passage, in der mit Blick auf die Höherwertigkeit der Tätigkeit des Antragstellers ausgeführt werde, dass diese bei einem Teil der aufgeführten Einzelkriterien zu einer Verbesserung der Note geführt habe; in den übrigen Einzelkriterien „eine Verbesserung jedoch im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht geboten“ gewesen sei. Es bleibe völlig offen, aus welchen Gründen sich die Höherwertigkeit des Einsatzes lediglich auf einen Teil der Einzelmerkmale ausgewirkt haben soll. Die Beurteiler hätten lediglich darauf hingewiesen, dass die Höherwertigkeit des Einsatzes des Antragstellers berücksichtigt worden sei. Auch mit dem Verweis auf einen Vergleich mit denjenigen Beamten, die vergleichbar höherwertig eingesetzt sind und eine bessere Leistungseinschätzung ihrer Führungskräfte bekommen hätten, werde nicht hinreichend dargelegt, warum im Vergleich zu den Ergebnissen der anderen Beamten eine bessere Bewertung des Antragstellers nicht möglich gewesen sei. Defizite des Antragstellers im Vergleich zu anderen Beamten würden nicht benannt. Der vorgenannte Vergleich umschreibe lediglich, dass Personen auf vergleichbar höherwertigen Dienstposten grundsätzlich bessere (Leistungs-) Bewertungen und auch bessere Endnoten bekommen könnten. Damit stellten die Beurteiler jedoch nur das Ergebnis einer (vergleichenden) Beurteilung dar, ohne aber die konkreten Auswirkungen insbesondere der höherwertigen Tätigkeit des Antragstellers auf seine Gesamtbeurteilung plausibel zu erläutern. Auch gehe daraus nicht hervor, wie sich die „vergleichbar höherwertig“ eingesetzten Beamten hätten konkret von dem Antragsteller abheben können. Schließlich bleibe der Bezugspunkt des vorstehenden Vergleichs – höherwertiger im Vergleich zu ihrem jeweiligen Statusamt oder höherwertiger im Vergleich zum Antragsteller – unklar.
72. Der Antragsteller sei bei einer erneuten Auswahlentscheidung gegenüber dem Beigeladenen auch nicht chancenlos. Es sei nicht ausgeschlossen, dass er bei einer Neubeurteilung im Vergleich zu dem Beigeladenen eine bessere Gesamtnote als bisher erhalten und die erneute Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten ausfallen werde. Ein uneinholbarer Leistungsvorsprung des Beigeladenen folge nicht allein aus dem Grad der Höherwertigkeit des innegehabten Dienstpostens, da er im gesamten Beurteilungszeitraum – anders als der Antragsteller – auf einem mit der Besoldungsgruppe A 8 BBesO bewerteten Dienstposten und damit im Vergleich zum Antragsteller um eine Stufe niedriger höherwertig eingesetzt gewesen sei. Auch aus den Leistungseinschätzungen der unmittelbaren Führungskräfte ergebe sich kein Leistungsvorsprung des Beigeladenen. Zwar sei er in den Stellungnahmen seiner unmittelbaren Führungskräfte in den Einzelmerkmalen sechs Mal mit „Sehr gut“ (Stellungnahme vom 22. März 2022) sowie drei Mal mit „Sehr gut“ und drei Mal mit „Gut“ (Stellungnahme vom 13. Oktober 2022) beurteilt worden. Der Antragsteller habe von seinen unmittelbaren Führungskräften sechs Mal die Note „Sehr gut“ (Stellungnahme vom 13. April 2022), sechs Mal die Note „Rundum Zufriedenstellend“ (Stellungnahme vom 31. Mai 2022), sechs Mal die Note „Gut“ (Stellungnahme vom 24. Oktober 2022) sowie vier Mal die Note „Sehr gut“ und zwei Mal die Note „Gut“ (Stellungnahme vom 16. November 2022) erhalten. Die verbalen Umschreibungen in den Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte zeigten ein uneinheitliches Leistungsbild. So überwögen in den Stellungnahmen betreffend den Beigeladenen verbale Umschreibungen, die eine sehr gute Leistung nahelegten, jedoch fänden sich dort auch Umschreibungen, die auf eine herausragende Leistung in bestimmten Bereichen schließen ließen. In den Stellungnahmen betreffend den Antragsteller vom 13. April 2022, vom 24. Oktober 2022 und vom 16. November 2022, die zusammenbetrachtet einen fünfmonatigen Beurteilungszeitraum abdeckten, überwögen verbale Umschreibungen, die auf eine sehr gute bis gute Leistung schließen ließen, vereinzelt seien verbale Umschreibungen enthalten, die auf eine hervorragende Leistung schließen ließen. Demgegenüber fänden sich in der – vom Antragsteller aufgrund behaupteter Voreingenommenheit der Beurteilerin ausdrücklich angegriffenen – Stellungnahme der Führungskraft M. vom 31. Mai 2022, die einen Beurteilungszeitraum vom 19 Monaten umfasse, verbale Umschreibungen, die auf eine rundum zufriedenstellende Leistung schließen ließen. Dies deute nach Aktenlage hingegen nicht auf einen derart deutlichen Leistungsvorsprung des Beigeladenen hin, der den Antragsteller als chancenlos erscheinen lasse. Der Beigeladene sei im Vergleich zum Antragsteller um eine Stufe weniger höherwertig eingesetzt gewesen. Im Rahmen der Beurteilung der Beförderungschancen bei einer neuen Auswahlentscheidung sei der Wertigkeit der Dienstposten, auf denen die Beteiligten eingesetzt gewesen seien, eine größere Bedeutung zuzumessen als dies früher in der Rechtsprechung geschehen sei. Damit solle stärker der maßgeblichen Annahme Rechnung getragen werden, dass mit einem höheren Statusamt die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben verbunden sei, die im Allgemeinen gegenüber einem niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen beinhielten und mit einem größeren Maß an Verantwortung verbunden seien. Eine auf einem höherwertigen Dienstposten erzielte Note lasse auf eine bessere Leistung schließen als die identische Note, die auf einem niedriger bewerteten Dienstposten erzielt worden sei. Es erscheine daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass dem Antragsteller bei einer Neubeurteilung unter Berücksichtigung seiner im Vergleich zum Beigeladenen höherwertigen Tätigkeit zumindest die gleiche Gesamtnote zuerkannt werde und die erneute Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten ausfalle. Auch im Hinblick auf die Vor- und Vorvorbeurteilungen, die im Rahmen des Leistungsvergleichs vorrangig vor Hilfskriterien zu berücksichtigen seien, ergebe sich kein deutlicher Leistungsvorsprung des Beigeladenen. Vielmehr seien der Antragsteller und der Beigeladene sowohl im Gesamturteil als auch in den Einzelmerkmalen der beiden vorherigen Beurteilungen gleich beurteilt worden. Zudem sei der Antragsteller auch in diesen Beurteilungszeiträumen – anders als der Beigeladene – nicht einfach, sondern zweifach höherwertig eingesetzt gewesen.
8II. Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus: Die Beurteilung des Antragstellers leide nicht an einem Begründungsmangel. Ihre textliche Begründung trage die Gesamtnote „Gut“ mit dem Ausprägungsgrad „+“. Bei einer unvoreingenommenen Gesamtschau der textlichen Begründung gelange man insbesondere nicht zu dem Eindruck, dass diese ein besseres Leistungsbild zeichnen solle. Auch sei der höherwertige Einsatz des Antragstellers während des Beurteilungszeitraums hinreichend berücksichtigt worden. Die Beurteiler hätten die eingegangenen Stellungnahmen auch unter dem Blickwinkel gewürdigt, dass der Antragsteller im gesamten Beurteilungszeitraum um zwei Besoldungsgruppen höherwertig, nämlich auf einem mit der Besoldungsgruppe A 9 BBesO bewerteten Arbeitsposten, eingesetzt worden sei. Sowohl die Begründungen der Einzelmerkmale als auch die des Gesamtergebnisses verhielten sich explizit zur Höherwertigkeit der von dem Antragsteller ausgeübten Tätigkeit. Aus dem Umstand, dass er in der Stellungnahme seiner Führungskraft M. über den Zeitraum von 19 Monaten in den einzelnen Kompetenzbereichen sechsmal lediglich mit der Einzelnote „Rundum Zufriedenstellend“ eingeschätzt worden sei und das Gesamtergebnis der Beurteilung dennoch auf die Note „Gut“, zudem mit dem Ausprägungsgrad „+“, laute, werde deutlich, dass die Höherwertigkeit der Tätigkeit sehr wohl bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilung berücksichtigt worden sei. Damit sei in den Blick genommen worden, dass mit dem Arbeitsposten die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben verbunden gewesen sei, als sie dem Statusamt des Antragstellers entsprächen.
9Zudem sei der Antragsteller gegenüber dem Beigeladenen offensichtlich chancenlos. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Beigeladene habe keinen uneinholbaren Leistungsvorsprung gegenüber dem Antragsteller, sei fehlerhaft. Es erscheine vielmehr ausgeschlossen, dass der Antragsteller, der in der Stellungnahme seiner Führungskraft M. über einen Zeitraum von 19 Monaten – und damit über den weit überwiegenden Teil des Beurteilungszeitraums – in allen Einzelmerkmalen lediglich mit der Note „Rundum Zufriedenstellend“ beurteilt worden sei, unter Berücksichtigung der Höherwertigkeit der von ihm ausgeübten Tätigkeit eine Verbesserung der Gesamtnote von „Gut, +“ auf „Sehr gut, ++“ erreichen könne. Für den Antragsteller lägen insgesamt vier Stellungnahmen vor: Die Führungskraft W. habe den Antragsteller in allen Einzelmerkmalen mit „Sehr gut“ beurteilt. Diese Stellungnahme decke allerdings lediglich einen Zeitraum von einem Monat ab. Für die darauffolgenden 19 Monate habe die Führungskraft M. den Antragsteller in allen sechs Einzelmerkmale mit „Rundum Zufriedenstellend“ bewertet. Im Folgemonat sei der Antragsteller von der Führungskraft A. durchweg mit „Gut“ beurteilt worden. In den letzten drei Monaten des Beurteilungszeitraums habe der Antragsteller schließlich von seiner Führungskraft H. in vier Einzelmerkmalen die Note „Sehr gut“ und in zwei Einzelmerkmalen die Note „Gut“ erhalten. Demgegenüber sei der Beigeladene, der (lediglich) eine Besoldungsgruppe höherwertig als sein Statusamt eingesetzt worden sei, in den Stellungnahmen seiner unmittelbaren Führungskräfte wesentlich besser beurteilt worden. Über einen Zeitraum von 20 Monaten habe die Führungskraft X. ihn durchgehend mit der Note „Sehr gut“ beurteilt. In den letzten vier Monaten des Beurteilungszeitraums sei der Antragsteller durch die Führungskraft U. in drei Einzelmerkmalen mit „Sehr gut“ und in drei Einzelmerkmalen mit „Gut“ bewertet worden. Der Grad der Höherwertigkeit der wahrgenommenen Tätigkeit des Antragstellers und des Beigeladenen unterscheide sich lediglich um eine Besoldungsgruppe. Dieser Unterschied rechtfertige nicht, dass die deutlich schlechteren Noten aus den Stellungnahmen des Antragstellers zu einem gleich guten oder gar besseren Gesamtergebnis in der Beurteilung führten. Auch die von den Führungskräften in ihren Stellungnahmen gewählten Formulierungen ließen kein anderes Ergebnis zu. Vor diesem Hintergrund erscheine ausgeschlossen, dass der Antragsteller eine Verbesserung der Gesamtnote um vier Ausprägungsgrade erreichen könne, um überhaupt mit dem Beigeladenen gleichziehen zu können. Selbst bei einer Gesamtnote „Sehr gut, ++“ wäre der Antragsteller gleichwohl chancenlos. In einem solchen Fall wären als nächste Auswahlschritte die Vor- und sodann die Vorvorbeurteilung heranzuziehen. In beiden Beurteilungen seien der Antragsteller und der Beigeladene gleich beurteilt worden. Daher wäre in einem weiteren Auswahlschritt auf das Hilfskriterium „Datum letzte Beförderung“ abzustellen. Dadurch käme der Beigeladene zum Zug, da er bereits am 1. Februar 1992 zuletzt befördert worden sei, der Antragsteller erst am 1. Juli 1994.
10III. Dieses Vorbringen greift im Ergebnis durch. Dabei kann offenbleiben, ob die der Auswahlentscheidung zugrundeliegende dienstliche Beurteilung des Antragstellers rechtswidrig ist. Der Antragsteller ist jedenfalls auch bei einer erneuten Auswahlentscheidung auf der Grundlage einer neuen Beurteilung chancenlos.
11Ein im Auswahlverfahren unterlegener Bewerber kann im Falle einer fehlerbehafteten, sein subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzenden Auswahlentscheidung nur unter der weiteren Voraussetzung eine – mittels einer einstweiligen Anordnung sicherungsfähige – erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn er glaubhaft macht oder sich in Würdigung unstreitiger Sachumstände ergibt, dass seine Aussichten, in einem zweiten, rechtmäßigen Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl nicht nur theoretisch möglich erscheint. Daran fehlt es, wenn die gebotene wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls klar erkennbar ergibt, dass der Rechtsschutzsuchende auch im Fall einer nach den Maßstäben der Bestenauslese fehlerfrei vorgenommenen Auswahlentscheidung im Verhältnis zu den Mitbewerbern chancenlos sein wird.
12Vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 24. September 2002 – 2 BvR 857/02 –, juris, Rn. 13 f., und vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, juris, Rn. 19 f.; ferner etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Oktober 2018 – 1 B 666/18 –, juris, Rn. 32 f., vom 7. Januar 2021 – 1 B 994/20 –, juris, Rn. 11 f., und vom 9. März 2021 – 1 B 1703/20 –, juris, Rn. 17 f., vom 29. Juli 2021 – 1 B 1072/21 –, juris, Rn. 10 und vom 17. September 2024 – 1 B 382/24 –, demnächst in juris.
13Nach diesem Maßstab ist der Antragsteller chancenlos. Es erscheint ausgeschlossen, dass er bei einer Wiederholung der Auswahlentscheidung zum Zuge kommen wird.
141. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der Antragsteller bei einer Neubeurteilung um vier Ausprägungsgrade besser beurteilt und im Ergebnis mit der Gesamtnote „Sehr gut“ mit dem Ausprägungsgrad „++“ bewertet werden wird, wie sie der Beigeladene erhalten hat. Diese Note ergibt sich vorliegend nicht schon aus dem Umstand, dass der Antragsteller im Vergleich zu seinem Statusamt um zwei Besoldungsgruppen höher eingesetzt gewesen ist, während der Beigeladene im Beurteilungszeitraum Aufgaben wahrgenommen hat, die lediglich eine Besoldungsgruppe höher als sein Statusamt eingestuft waren. Nach der nicht zu beanstandenden Beurteilungspraxis der Antragsgegnerin steuern insbesondere zwei Parameter die Vergabe des Gesamturteils: Dies sind neben dem Grad der Höherwertigkeit des Arbeitspostens die Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte. Ein Beamter geht trotz schlechterer Stellungnahmen seiner unmittelbaren Führungskräfte einem in geringerem Umfang höherwertig oder nur amtsangemessen eingesetzten Beamten, der seinerseits von seinen unmittelbaren Führungskräften besser bewertet worden ist, nicht schon regelmäßig allein aufgrund der Wertigkeit des Arbeitspostens vor. Vielmehr ist in einem solchen Fall zu prüfen, ob – auch wenn dem Grad der Höherwertigkeit des Arbeitspostens besonderes Gewicht beizumessen ist – der höhere Schwierigkeitsgrad der wahrgenommenen Aufgaben geeignet ist, die schlechtere Bewertung in den Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte zu relativieren. Dies ist hier angesichts der Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte des Antragstellers und des Beigeladenen offensichtlich nicht der Fall.
15Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der Beigeladene von seiner unmittelbaren Führungskraft X. in dessen Stellungnahme vom 22. März 2022 durchweg mit der Spitzennote „Sehr gut“ bewertet worden ist. Darüber hinaus enthalten die Erläuterungen zu den Einzelmerkmalen Formulierungen, die eine Tendenz zur nächsthöheren Notenstufe ausweisen: So wird in den Erläuterungen zum Einzelmerkmal „Arbeitsergebnisse“ die „großartige Sorgfalt und höchste Präzision“ des Beigeladenen hervorgehoben. Seine Problemlösungsfähigkeiten werden als „ausgezeichnet“ beurteilt. Zum Merkmal „Praktische Arbeitsweise“ hält Herr X. fest, der Antragsteller plane seine Arbeitsschritte „stets mit beeindruckender Sorgfalt“. Die für das Einzelmerkmal „Allgemeine Befähigung“ vergebene Note „Sehr gut“ wird u.a. mit der „ausgezeichneten Auffassungsgabe“ und der „ausgezeichneten Urteilsfähigkeit“ des Antragstellers begründet. Zum Merkmal „Fachliche Kompetenz“ attestiert Herr X. dem Beigeladenen „herausragende fachliche Fähigkeiten“, ein „sehr umfassendes Fachwissen“ und „ausgezeichnete vertriebliche Kenntnisse“. Zwar fällt die Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft U. vom 13. Oktober 2022, der den Beigeladenen in drei Einzelmerkmalen mit „Sehr gut“ und in drei Einzelmerkmalen mit „Gut“ bewertet hat, gegenüber der vorgenannten Stellungnahme der Führungskraft X. ab. Die Stellungnahme des Herrn U. bezieht sich allerdings lediglich auf vier Monate des Beurteilungszeitraums, die – wenngleich sie an dessen besonders bedeutsamem Ende liegen – insgesamt das Gewicht der Stellungnahme des Herrn X., die sich auf 20 Monate des insgesamt 24-monatigen Beurteilungszeitraums bezieht, nicht aufzuwiegen vermögen.
16Demgegenüber fallen die Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte des Antragstellers in einer Gesamtschau erheblich schlechter aus. Zwar ist er von den Führungskräften W. und A. durchweg mit „Sehr gut“ bzw. „Gut“ und von der Führungskraft H. in vier Einzelmerkmalen mit „Sehr gut“ und zwei Einzelmerkmalen mit „Gut“ beurteilt worden. Auch enthalten die Stellungnahmen der Führungskräfte W. und H. in ihren Erläuterungen teils Tendenzen zur nächsthöheren Note als die vergebene Einzelnote auszudrücken vermag. Die Stellungnahmen der Führungskräfte W. und A. beziehen sich jedoch lediglich auf jeweils einen Monat, die Stellungnahme des Herrn H. auf drei Monate. Den weit überwiegenden Teil des Beurteilungszeitraums deckt die Stellungnahme der Führungskraft M. ab, die sich auf den Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 30. April 2022 bezieht. Dieser Stellungnahme kommt schon wegen der Länge des in den Blick genommenen Zeitraums ein wesentlich größeres Gewicht zu als den Stellungnahmen der Führungskräfte W., A. und H.. Frau M. hat den Antragsteller in sämtlichen Einzelmerkmalen lediglich mit der Note „Rundum Zufriedenstellend“ bewertet. Darüber hinaus finden sich in den Erläuterungen zu den Einzelnoten in dieser Stellungnahme Anhaltspunkte, dass Leistung und Befähigung des Antragstellers nicht einmal eine Tendenz zur nächsthöheren (Einzel-)Note „Gut“ aufweisen. Beispielsweise hat Frau M. in ihrer Erläuterung zum Einzelmerkmal „Arbeitsergebnisse“ ausgeführt:
17„(…) Herr N. übt leichte immer wiederkehrende Aufgaben zufriedenstellend aus. Es gelingt ihm in aller Regel, sich in neue Aufgabenstellungen einzuarbeiten. (…)“
18Mit der Formulierung im ersten Satz dieses Zitats werden schwerere Aufgaben und solche, die nur vereinzelt oder gar erstmals anfallen, von der Bewertung als „zufriedenstellend“ ausgenommen. Mit der Einschränkung „in aller Regel“ im zweiten Satz wird angedeutet, dass es dem Antragsteller teilweise nicht gelingt, sich in neue Aufgabenstellungen einzuarbeiten.
19Weiter wird zum Einzelmerkmal „Praktische Arbeitsweise“ ausgeführt:
20„(…) Herr N. handelt grundsätzlich eigenständig im Rahmen seiner Befugnisse. (…)“
21Die Einschränkung „grundsätzlich“ lässt darauf schließen, dass der Antragsteller teilweise nicht hinreichend eigenständig arbeitet, obwohl er hierzu befugt wäre.
22Mit dem dahingehenden – vorstehend nur exemplarisch erläuterten – Inhalt sticht die Stellungnahme von Frau M. nicht nur negativ aus den übrigen Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte des Antragstellers hervor, sondern hebt sich in negativer Hinsicht auch deutlich von den Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte des Beigeladenen ab. Die Diskrepanz zu den Stellungnahmen der unmittelbaren Führungskräfte des Beigeladenen erreicht ein Ausmaß, das auch der im Vergleich zum Beigeladenen um eine Besoldungsgruppe höherwertige Einsatz des Antragstellers nicht ausgleichen kann.
23Die Stellungnahme von Frau M. ist im Rahmen der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers auch zu berücksichtigen. Vor allem hat dieser nicht glaubhaft gemacht, dass Frau M. – wie er im Beschwerdeverfahren nochmals wiederholt – ihm gegenüber befangen gewesen sei. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit Bezug genommen auf die zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts (Seite 15 Abs. 2 bis Seite 18 Abs. 3 des Beschlussabdrucks). Diesen hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nichts von Substanz entgegengesetzt. Insbesondere hat er weiterhin keine eidesstattliche Versicherung über die angebliche Aussage von Frau M. in der Besprechung vom 14. Januar 2022 vorgelegt. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung diesbezüglich war deshalb auch nicht von Amts wegen geboten. Die angebliche Aussage ist in dem Protokoll des Herrn E. S. nicht enthalten, der an der Besprechung als Betriebsratsmitglied teilgenommen hat. Dies wäre jedoch zu erwarten gewesen, da Herr S. sonstige wesentliche Aussagen von Frau M. („T.“) ebenso dezidiert wiedergegeben hat wie den Umstand, dass der Antragsteller das Gespräch abgebrochen hat.
242. Unabhängig von Vorstehendem wäre der Antragsteller auch chancenlos, wenn man zu seinen Gunsten unterstellte, er bekäme im Rahmen einer Neubeurteilung die Gesamtnote „Sehr gut“ mit dem Ausprägungsgrad „++“. Zwar zöge der Antragsteller in der aktuellen dienstlichen Beurteilung unter diesen Umständen mit dem Beigeladenen gleich. In diesem Fall käme es gemäß Ziffer 4 Buchst. a Spiegelstrich 4 der Beförderungsrichtlinien für die bei der J. R. AG beschäftigten Beamtinnen und Beamten vom 1. September 2014 (Beförderungsrichtlinien) auf die vorherige dienstliche Beurteilung an. Für den Beurteilungszeitraum vom 1. September 2018 bis zum 31. August 2020 sind sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene in sämtlichen Einzelmerkmalen mit der Note „Sehr gut“ und in der Gesamtnote mit „Sehr gut“ mit dem Ausprägungsgrad „++“ beurteilt worden, sodass auch in der Vorbeurteilung zwischen Antragsteller und Beigeladenem Gleichstand besteht. Bevor sodann – wie in Ziffer 4 Buchst. b der Beförderungsrichtlinien vorgesehen – auf das leistungsfremde Kriterium des Zeitpunkts der letzten Beförderung abgestellt werden könnte, wären sodann die Vorvorbeurteilungen in den Blick zu nehmen.
25Zur vorrangigen Berücksichtigung der Vorvorbeurteilungen vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2024 – 1 B 520/24 –, juris, Rn. 45, m. w. N.
26In diesen Beurteilungen für den Beurteilungszeitraum vom 1. September 2016 bis zum 31. August 2018 sind sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene in den Einzelmerkmalen jeweils dreimal mit der Note „Sehr gut“ und dreimal mit der Note „Gut“ sowie der Gesamtnote „Gut“ mit dem Ausprägungsgrad „++“ bewertet worden. Wegen dieses erneuten Gleichstandes käme es nunmehr gemäß Ziffer 4 Buchst. b der Beförderungsrichtlinien auf den Zeitpunkt der letzten Beförderung an. Hiernach ginge der Beigeladene dem Antragsteller vor, da dem Beigeladenen bereits zum 1. Februar 1992 das Amt eines Technischen Fernmeldeobersekretärs übertragen worden ist, während der Antragsteller dieses Amt erst seit dem 1. Juli 1994 bekleidet.
273. Der hilfsweise wörtlich gestellte Antrag,
28„die aufschiebende Wirkung der Widersprüche vom 17.08. und 31.10.2023 im Rahmen eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen und keine Ernennungsurkunden zur Beförderung A 8 herauszugeben“,
29bleibt mit Blick auf den Beigeladenen ohne Erfolg. Es erscheint schon fraglich, ob eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche vom 17. August 2023 (gegen die dienstliche Beurteilung vom 2. Juni 2023) und vom 31. Oktober 2023 (gegen die Mitteilung der Auswahlentscheidung vom 19. Oktober 2023) überhaupt geeignet und somit statthaft ist, das weiter verfolgte Rechtsschutzziel, die Beförderung des Beigeladenen zu verhindern, zu erreichen. Jedenfalls wäre ein solcher Antrag unbegründet, da der Antragsteller – wie ausgeführt – auch bei Wiederholung der Auswahlentscheidung keine Aussicht hat, ausgewählt werden.
30Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Dieser hat weder erstinstanzlich noch im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt und ist damit selbst kein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
31Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i. V m. Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GKG. Auszugehen ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG von dem Jahresbetrag der Bezüge, die dem jeweiligen Antragsteller nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (hier: 28. Juni 2024) bekanntgemachten, für Beamtinnen und Beamte der Postnachfolgeunternehmen geltenden Besoldungsrechts unter Zugrundelegung der jeweiligen Erfahrungsstufe fiktiv für das angestrebte Amt im Kalenderjahr der Beschwerdeerhebung zu zahlen sind. Nicht zu berücksichtigen sind dabei die nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 GKG ausgenommenen Besoldungsbestandteile. Der nach diesen Maßgaben zu bestimmende Jahresbetrag ist wegen § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und wegen der im Eilverfahren nur begehrten vorläufigen Sicherung auf ein Viertel zu reduzieren. Der nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnde Jahresbetrag beläuft sich hier angesichts des angestrebten Amtes der Besoldungsgruppe A 8 BBesO und bei Zugrundelegung der Erfahrungsstufe 8 für das maßgebliche Jahr 2024 auf 44.631,32 Euro (Januar und Februar 2024 jeweils 3.401,46 Euro, für die übrigen Monate jeweils 3.782,84 Euro). Die Division des o. g. Jahresbetrages mit dem Divisor 4 führt auf einen Betrag von 11.157,83 Euro, der in die festgesetzte Streitwertstufe fällt.
32Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.