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Besetzung der Stelle der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 34.059,60 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.
3Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, erschüttern die (unter I. dargestellten) tragenden Gründe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (dazu II. 1.). Da sich der erstinstanzliche Beschluss auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (dazu II. 2.), ist das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung auf die Beschwerde hin zu ändern und der (sinngemäße) Antrag des Antragstellers,
4dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Stelle der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,
5abzulehnen.
6I. Zur Begründung der stattgebenden Entscheidung hat das Verwaltungsgericht tragend ausgeführt, der Antragsteller habe einen Anordnungsgrund sowie einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Anordnungsanspruch ergebe sich daraus, dass die zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletze und es jedenfalls möglich erscheine, dass der Antragsteller bei einer rechtsfehlerfreien Wiederholung der Auswahlentscheidung ausgewählt werde.
7Die zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung des Antragsgegners verstoße gegen den Grundsatz der Bestenauslese. Sie beruhe auf einer Überbeurteilung der Beigeladenen, die keine taugliche Entscheidungsgrundlage darstelle, da sie rechtswidrig sei. Der Minister der Justiz des Antragsgegners (Minister) sei für die dienstliche Überbeurteilung der Beigeladenen vom 28. März 2023 nicht zuständig. Insbesondere lasse sich eine Zuständigkeit nicht aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a der Verordnung über richter- und beamtenrechtliche Zuständigkeiten sowie zur Bestimmung der mit Disziplinarbefugnissen ausgestatteten dienstvorgesetzten Stellen im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz (Beamten- und Disziplinarzuständigkeitsverordnung JM – ZustVO JM) herleiten. Eine andere zuständigkeitsbegründende Norm sei nicht ersichtlich.
8Rechtlicher Ausgangspunkt sei § 2 Abs. 1 Nr. 1 LBG NRW. Hiernach sei für die Beigeladene das Ministerium des Innern des Antragsgegners oberste Dienstbehörde, die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBG NRW zugleich auch die dienstvorgesetzte Stelle sei. Diese beurteile die Beigeladene nach § 2 Abs. 4 Halbsatz 1 LBG NRW grundsätzlich auch dienstlich. Allerdings ermächtige § 2 Abs. 3 LBG NRW die oberste Dienstbehörde, für Beamtinnen und Beamte des Landes für Entscheidungen nach § 2 Abs. 4 LBG NRW durch Rechtsverordnung eine andere dienstvorgesetzte Stelle zu bestimmen. Der Antragsgegner berufe sich in diesem Zusammenhang auf § 7 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a ZustVO JM. Danach bleibe dem für Justiz zuständigen Ministerium die weitere dienstliche Beurteilung (Überbeurteilung) aus Anlass der Bewerbung um das Amt der Präsidentin oder des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vorbehalten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm seien erfüllt. Gleichwohl fehle dem Minister die Überbeurteilungskompetenz. Die Kompetenzverlagerungsnorm des § 7 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a ZustVO JM sei nicht einschlägig, weil die ZustVO JM vom Ministerium der Justiz (Ministerium) erlassen worden sei und sich ihr Geltungsbereich auf dessen eigenen Geschäftsbereich beschränke. Dagegen könne das Ministerium nicht durch Rechtsverordnung in die Kompetenzen einer anderen dienstvorgesetzten Stelle eingreifen und diese an sich ziehen. Hierfür fehle eine rechtliche Grundlage. Insbesondere sei § 2 Abs. 3 LBG NRW nicht einschlägig, weil es hier nicht – wozu die Vorschrift allein ermächtige – um die Bestimmung einer anderen dienstvorgesetzten Stelle innerhalb des eigenen Geschäftsbereichs, sondern um eine ressortübergreifende Kompetenzverlagerung gehe.
9Entgegen der Ansicht des Antragsgegners könne die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 3 LBG NRW auch nicht so ausgelegt werden, dass sie die Bestimmung der Zuständigkeit für eine Überbeurteilung, die allein dem internen Zweck der „Übersetzung“ einer aus einem anderen Geschäftsbereich stammenden Beurteilung in das jeweilige interne Beurteilungssystem diene, auch hinsichtlich externer Bewerber zulasse. Einem derartigen Verständnis, wonach als Beamte des Geschäftsbereichs des Ministeriums auch Bedienstete anderer Geschäftsbereiche anzusehen seien, die sich durch ihre Bewerbung dem Besetzungsverfahren des Ministeriums „unterworfen“ hätten, stehe der eindeutige Wortlaut der Verordnungsermächtigung als Grenze jeder Auslegung entgegen. Danach könne (nur) die oberste Dienstbehörde, zu deren Geschäftsbereich die sich bewerbenden Beamten gehörten – hier das Ministerium des Innern –, für Entscheidungen nach § 2 Abs. 4 LBG NRW durch Rechtsverordnung eine andere dienstvorgesetzte Stelle bestimmen und zwar auch nur innerhalb des eigenen Geschäftsbereichs.
10Bei wertender Betrachtung erscheine auch nicht von vornherein unmöglich, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung des Antragsgegners unter Vermeidung des aufgezeigten Fehlers mit seiner Bewerbung Erfolg habe. Ausweislich des Auswahlvermerks habe der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung auch auf die rechtswidrige Überbeurteilung der Beigeladenen gestützt. Wie eine neue – fehlerfreie – Entscheidung des Antragsgegners ausfallen werde, sei nicht mit letzter Sicherheit zu prognostizieren. Es sei allein Sache des Antragsgegners, die Anlassbeurteilungen der Bewerber in geeigneter Weise vergleichbar zu machen. Wie er dies bewerkstellige und zu welchem Ergebnis er bei der Vergleichbarmachung sowie bei der dann zu treffenden Auswahlentscheidung komme, sei gegenwärtig offen. Auch wenn manches dafür sprechen möge, dass eine erneute „Übersetzung“ der Anlassbeurteilung der Beigeladenen in das Regime der Beurteilungs-AV JM sich im Ergebnis nicht von der rechtswidrigen Überbeurteilung unterscheiden und dass sich in der Folge auch das Ergebnis der Auswahlentscheidung nicht ändern werde, sei die Entscheidungsfindung dennoch nicht zwingend vorgezeichnet. Letztlich bestünden Unwägbarkeiten, die einer sicheren Prognose durch das Gericht nicht zugänglich seien. Ferner lasse sich eine erneute – rechtsfehlerfreie – Auswahlentscheidung des Antragsgegners nicht ersetzen durch dessen Erklärung im gerichtlichen Verfahren, er würde ohne Überbeurteilung die Vergleichbarmachung der Anlassbeurteilungen in den Auswahlvermerk verlagern und die streitgegenständliche Auswahlentscheidung dann genauso treffen. Eine derartige Betrachtungsweise sei hypothetisch und könne daher nicht rückwirkend zur Grundlage der Auswahlentscheidung gemacht werden, um den Fehler noch im anhängigen gerichtlichen Verfahren zu heilen. Dies gelte umso mehr, als das Ergebnis der Auswahlentscheidung nach den Anlassbeurteilungen, in denen sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladene ausschließlich Bestnoten bekommen hätten, nicht vorgegeben sei, sondern – wie die Erwägungen zur Ausschärfung zeigten – von zahlreichen Wertungen und Gewichtungen des Antragsgegners abhänge.
11II. Das Beschwerdevorbringen, mit dem sich der Antragsgegner allein gegen die Annahme eines Anordnungsanspruchs gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO wendet, greift durch. Es stellt die verwaltungsgerichtliche Argumentation durchgreifend in Frage (dazu 1.). Die angegriffene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zumindest im Ergebnis richtig (dazu 2.).
121. Die Auswahlentscheidung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht aus den von dem Verwaltungsgericht angeführten Gründen. Die Besetzungsentscheidung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil sie auf einer Überbeurteilung der Beigeladenen beruht, für die dem Minister die erforderliche Überbeurteilungskompetenz fehlte.
13a) Der Antragsgegner macht mit der Beschwerde geltend: Das Ministerium sei berechtigt, die „Übersetzungsleistung“ für Beurteilungen externer Bewerber um das Amt der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in der äußeren Gestalt einer Überbeurteilung vorzunehmen. Die Erstellung von sogenannten Überbeurteilungen werde vom Landesgesetzgeber in § 14 Abs. 3 LRiStaG vorausgesetzt. Sie sei in § 7 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. a ZustVO JM aus Anlass der Bewerbung um dieses Amt ausdrücklich vorgeschrieben und in die Zuständigkeit des Ministeriums gelegt. Unter der damaligen Hausleitung sei entschieden worden, die Übersetzung und Kompatibilität von Beurteilungen externer Bewerber nicht länger erst im Auswahlvermerk vorzunehmen, sondern mithilfe des Instruments der Überbeurteilung in den formalen Rahmen eines Beurteilungsverfahrens zu setzen. Der betroffene externe Bewerber werde so an Übersetzungsleistung und -ergebnis beteiligt. Er erhalte die Möglichkeit, schon an dieser Stelle Einwände zu erheben. Dabei handle es sich bei solchen Überbeurteilungen im Fall externer Bewerber nicht um „echte“ (Über-)Beurteilungen, sondern um ein rein internes Verfahrensinstrument des Ministeriums für die Besetzungsverfahren der in seinem Geschäftsbereich liegenden 14 Stellen der Präsidenten der Obergerichte und Generalstaatsanwälte. Es fehle an dem Willen, eine eigenständige Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung abzugeben und eine eigenständige Bewertung der externen Beurteilung vorzunehmen. Im Ergebnis gehe es nur um die Verortung der Übersetzungsleistung. Ebenso wie es keiner besonderen Ermächtigungsgrundlage für die Vornahme der Übersetzungsleistung im Auswahlvermerk bedürfe, sei eine besondere Ermächtigungsgrundlage nicht erforderlich, um dieselbe Übersetzungsleistung im lediglich formalen Gewand einer Überbeurteilung vorzunehmen.
14Jedenfalls aber lasse sich die „Umplatzierung“ der Übersetzungsleistung für externe Beurteilungen vom bisherigen Ort, dem Auswahlvermerk, an den neuen Ort, die „unechte“ Überbeurteilung, durch Änderung des § 7 Abs. 2 ZustVO JM mit der Ermächtigungsgrundlage des § 2 LBG NRW vereinbaren. Die Wortlautgrenze der Begriffe „Beamte des Landes“ und „Dienstvorgesetzter“ werde nicht überschritten, wenn diese in die Zukunft erweiternd ausgelegt und für die Zwecke eines Besetzungsverfahrens für das Amt eines Beamten des Landes auch externe Bewerber als „Beamte des Landes“ und der zugehörige Dienstvorgesetzte als in diesem Sinne auch „Dienstvorgesetzter“ des externen Bewerbers verstanden würden. In dieses Besetzungsverfahren seien externe Bewerber mit ihrer Bewerbung freiwillig eingetreten und hätten sich damit den für das Besetzungsverfahren geltenden Auswahlverfahrensregularien unterworfen. Das Ministerium schaffe lediglich einen neuen Raum für den rein internen und auf das konkrete Auswahlverfahren begrenzten Schritt der Herstellung der geforderten Vergleichbarkeit der Beurteilungen. Es greife hiermit nicht in die Kompetenzen einer anderen dienstvorgesetzten Stelle ein.
15Selbst wenn man aber eine Kompetenz für eine „unechte“ Überbeurteilung externer Bewerber verneinen wolle, ergäbe sich hieraus keine Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung. Die Überbeurteilung der Beigeladenen diene allein dem Zweck der Vergleichbarmachung ihrer Anlassbeurteilung mit den Beurteilungen der übrigen Bewerber. Die Übersetzungsleistung wäre inhaltsgleich statt in einer Überbeurteilung im Auswahlvermerk platziert worden. Das Ergebnis der Vergleichbarmachung und der Auswahlentscheidung sei vorliegend nicht offen oder hypothetisch, sondern stehe fest, weil das Ministerium die Übersetzungsleistung bereits vorgenommen habe und sich die Grundlagen dieser Übersetzungsleistung nicht verändert hätten. Es seien keine Ansatzpunkte ersichtlich, diese Übersetzungsleistung bei einer Neuvornahme in einem neuen Auswahlvermerk auch inhaltlich zu verändern.
16b) Dieses Vorbringen greift durch.
17aa) Zwar zeigt es nicht auf, dass der Minister zur Erstellung einer (Über)Beurteilung für die Beigeladene befugt ist. Diese Kompetenz folgt insbesondere nicht aus der Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a ZustVO JM, nach der dem für Justiz zuständigen Ministerium die weitere dienstliche Beurteilung (Überbeurteilung) aus Anlass der Bewerbung um das Amt als Präsidentin oder Präsident des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vorbehalten bleibt. Diese Vorschrift kann ihre Grundlage nicht in der insoweit allein in Betracht kommenden Verordnungsermächtigung in § 2 Abs. 3 und 4 Halbsatz 1 LBG NRW finden. Nach § 2 Abs. 4 Halbsatz 1 LBG NRW trifft die dienstvorgesetzte Stelle für Beamte des Landes die beamtenrechtlichen Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihr nachgeordneten Beamten, soweit nicht nach Gesetz oder Verordnung eine andere Stelle zuständig ist. Dienstvorgesetzte Stelle ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBG NRW grundsätzlich die oberste Dienstbehörde. Gemäß § 2 Abs. 3 LBG NRW kann die oberste Dienstbehörde für Entscheidungen nach § 2 Abs. 4 LBG NRW zwar durch Rechtsverordnung eine andere dienstvorgesetzte Stelle bestimmen. § 2 Abs. 4 LBG NRW betrifft jedoch schon dem Wortlaut nach eindeutig nur beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten von der dienstvorgesetzten Stelle nachgeordneten Beamten. Dieser eindeutige Wortlaut der Verordnungsermächtigung kann selbst bei Vorliegen eines entsprechenden Willens des Verordnungsgebers nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass er eine geschäftsbereichs-übergreifende Bestimmung der Beurteilungszuständigkeit gestattet, wenn Bedienstete sich auf eine einem anderen Geschäftsbereich zugeordnete Stelle bewerben. Dem entspricht im Übrigen, dass auch die Eingangsformel der Beamten- und Disziplinarzuständigkeitsverordnung JM den Anwendungsbereich dieser Verordnung auf den „Geschäftsbereich des Justizministeriums“ beschränkt.
18bb) Dass der Minister für die Beigeladene keine weitere dienstliche Beurteilung erstellen, d. h. die Beigeladene nicht (über)beurteilen durfte, ist vorliegend aber ohne Belang. Der Minister hat mit dem der Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 beigefügten Vermerk vom 28. März 2023 seine Kompetenzen im Ergebnis nicht überschritten.
19Er hat sich bei der Abfassung dieses Vermerks zwar dafür entschieden, seine Erwägungen in den Kontext einer Überbeurteilung zu stellen. Diese Entscheidung beruhte – wie auch dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen ist – jedoch auf der Übernahme des Fehlverständnisses vom Wesen einer Überbeurteilung schon des Verordnungsgebers. Dieser ging offenbar davon aus, dass die Herstellung der Vergleichbarkeit von dienstlichen Beurteilungen aus unterschiedlichen Beurteilungssystemen rechtlich ebenfalls als Überbeurteilung qualifiziert werden und diese zu diesem Zweck (dennoch) als ein rein internes Instrument im Besetzungsverfahren genutzt werden könne. Dies ist nicht der Fall, weil dem Institut der Überbeurteilung schon begrifflich eben nur (dienstliche) Beurteilungen und nicht auch andere Auswahlerwägungen unterfallen. Diese fehlerhafte Vorstellung des Ministers ist jedoch unbeachtlich. Der Sache nach hat er mit der „Überbeurteilung“ nämlich entsprechend der Zwecksetzung des Verordnungsgebers und seiner eigenen Zielsetzung keine (weitere) Beurteilung für die Beigeladene erstellt, sondern die für die Auswahlentscheidung (zwingend) erforderliche „Übersetzung“ der auf der Grundlage der Richtlinien des damaligen Ministeriums für Inneres und Kommunales für die dienstliche Beurteilung zur Vorbereitung von Personalmaßnahmen, insbesondere Beförderungsentscheidungen, vom 19. November 2020 (24 – 1.39.51 – 1/09 – v. 19.11.2010), MBl. NRW S. 847, in der Fassung des Runderlasses vom 27. März 2012, MBl. NRW S. 498 (Beurteilungsrichtlinien IM) erstellten Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 in das für die Auswahlentscheidung maßgebliche System der Allgemeinen Verfügung des Justizministeriums über dienstliche Beurteilungen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom 2. Mai 2005 (2000 – Z. 155), JMBl. NRW S. 121, zuletzt geändert durch Allgemeine Verfügung des Justizministeriums vom 4. Juli 2016, JMBl. NRW S. 191, (Beurteilungs-AV JM a. F.), vorgenommen. Für diese den Vergleich der Bewerber ermöglichende Maßstabsangleichung und die daraus resultierenden Auswahlerwägungen ist er indes unzweifelhaft zuständig. Diese Erwägungen finden sich zwar üblicherweise in dem abschließenden Auswahlvermerk. Es steht jedoch im weiten Organisationsermessen des Ministers, ob er sich dieser Übung anschließt oder ob er diese Erwägungen – hier aufgrund der wegen der Formenwahl stärkeren verfahrensrechtlichen Einbindung der Bewerber – ganz oder teilweise aus dem Auswahlvermerk ausgliedert und in einem (dem Auswahlvermerk vorgelagerten) gesonderten Vermerk anstellt.
20Der Vermerk geht inhaltlich auch nicht über solche Erwägungen zu der Maßstabsangleichung und zum Qualifikationsvergleich hinaus, wie sie hinsichtlich der Beigeladenen auch in dem Auswahlvermerk hätten erfolgen können.
21Der Minister hat zunächst für die Maßstabsangleichung der Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 die zutreffenden Regelungen zum Beurteilungssystem seines Ministeriums herangezogen. Sie finden sich noch in der Beurteilungs-AV JM a. F., die anwendbar ist, obwohl sie mit dem Inkrafttreten der ihr nachfolgenden Allgemeinen Verfügung gleicher Bezeichnung vom 15. Dezember 2022 (2000 – Z. 549), JMBl. NRW 2023 S. 53, am 1. Januar 2023 außer Kraft getreten ist. Das ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 13 Satz 2 Halbsatz 1 der Verordnung über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz (Beurteilungsverordnung JM – BeurtVO JM) vom 14. Dezember 2022, GV. NRW. S. 1103. Danach sind dienstliche Beurteilungen, die aus Anlass einer Bewerbung um ein vor dem 1. Januar 2023 ausgeschriebenes Eingangs- oder Beförderungsamt zu erstellen sind, mit der Maßgabe auf der Grundlage der Beurteilungs-AV JM a. F. zu erstellen, dass der späteste Beurteilungsstichtag der 31. Dezember 2022 ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die streitgegenständliche Stelle schon im Justizministerialblatt vom 15. Juni 2021 ausgeschrieben worden ist.
22Der Vermerk des Ministers setzt an mit Ausführungen zum Beurteilungssystem nach den Beurteilungsrichtlinien IM (erste Seite, Absätze 1 und 2) und einem Vergleich der nach diesem Beurteilungssystem bewerteten Leistungs- und Befähigungsmerkmale mit den nach der Beurteilungs-AV JM a. F. zu beurteilenden Kompetenzen (erste Seite, Absatz 3). Diese Ausführungen geben den rechtlichen Rahmen der erforderlichen Übersetzung der auf den Beurteilungsrichtlinien IM beruhenden Beurteilung in das Beurteilungssystem der nordrhein-westfälischen Justiz zutreffend wieder. Der erste Satz des vierten Absatzes der ersten Seite der Überbeurteilung enthält das grundsätzliche Ergebnis dieser „Übersetzung“, nämlich die Feststellung, dass eine Beurteilung des Ministeriums des Innern, in der – wie vorliegend – sämtliche Leistungs- und Befähigungsmerkmale ausnahmslos mit der Höchstnote bewertet worden seien, nach der Beurteilungs-AV JM a. F. der zusammenfassenden Würdigung „hervorragend“ entspreche.
23Auch der folgende Satz rechtfertigt nicht die Annahme, der Minister habe in der Sache eine über den möglichen Inhalt des Auswahlvermerks hinausgehende eigene Beurteilung erstellen wollen. Er lautet zwar:
24„Da keine Veranlassung besteht, von der vorstehenden Beurteilung des Ministers des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen abzuweichen, bewerte ich die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Frau Z. im Amt der Ministerialdirigentin (B 7) im Beurteilungszeitraum mit hervorragend.“
25Diese erkennbar aus dem Bereich des Beurteilungswesens stammende Formulierung ist indes ersichtlich dem oben beschriebenen begrifflichen Fehlverständnis geschuldet. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen materiellen Zwecksetzung des Vermerks wird mit der „Bewertung“ in der Sache nur der zuvor formulierte Grundsatz auf den Einzelfall der Beigeladenen angewandt und das Ergebnis dieser Maßstabsangleichung als auch materiell für die Auswahlentscheidung maßgeblich bestimmt.
26Nichts anderes gilt, soweit der Vermerk den Vorschlag in der Beurteilung des Ministeriums des Innern zur Beförderungseignung der Beigeladenen betrifft. Auch hier beginnen die Ausführungen zur Beförderungseignung mit der grundsätzlichen Einschätzung, dass nach den Beurteilungsrichtlinien IM die Bewertung „Für eine Beförderung besonders geeignet“ den höchsten Grad der Beförderungseignung darstelle und schon deshalb nicht mit dem semantisch ähnlichen Eignungsgrad „besonders gut geeignet“ nach Nr. V. 3 Beurteilungs-AV JM a. F. gleichgesetzt werden könne, sondern – was inzident hieraus folgt – mit dem höchsten Eignungsgrad „hervorragend geeignet“. Die nachfolgenden Ausführungen setzen diese (inzidente) Maßstabsangleichung voraus und enthalten anschließend Erwägungen dazu, ob dieser höchste Eignungsgrad nach Nr. V. 3 Beurteilungs-AV JM a. F., nach der die Eignungsprognose an den Anforderungen an der angestrebten Stelle auszurichten ist, „hier mithin an dem Anforderungsprofil für die Präsidentinnen/Präsidenten der Verwaltungsgerichte und deren Vertreterinnen/Vertreter sowie die Vizepräsidentin/den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts“ gerechtfertigt ist und damit in die weiteren materiellen Auswahlerwägungen einbezogen werden kann. Diese Ausführungen nehmen nicht nur die Tätigkeit der Beigeladenen im Beurteilungszeitraum vom 1. Juni 2020 bis zum 31. August 2022 in den Blick, sondern beziehen Erkenntnisse aus ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit in die Beurteilung ihrer Beförderungseignung ein. So wird im dritten Absatz auf Seite 2 des Vermerks „hinsichtlich der mit dem Amt der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts einhergehenden Rechtsprechungsaufgaben“ berücksichtigt, dass die Beigeladene in der Vergangenheit als Richterin am Oberverwaltungsgericht tätig gewesen sei und sich dort ausweislich ihrer Beurteilung vom 17. August 2009 bewährt habe. Bezüglich der „breit gefächerten und herausgehobenen Rechtskenntnisse“ der Beigeladenen verweist der Vermerk auf die Beurteilung des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. April 2006, die Beurteilungen der Justizministerin bzw. des Justizministers vom 21. Januar 2010 bzw. vom 9. August 2011 sowie das Zeugnis des Kommissariats der deutschen Bischöfe vom 28. Mai 2020. Mit Blick auf die Senatsleitung wird neben der Tätigkeit der Beigeladenen als Ministerialdirigentin im Ministerium des Inneren in dem der Beurteilung vom 10. November 2022 zugrundeliegenden Beurteilungszeitraum auch deren Tätigkeit in der Leitungsfunktion als Ministerialrätin im Ministerium der Justiz gewürdigt. Bei der Bewertung der Beförderungseignung der Beigeladenen in Bezug auf die „mit dem Amt der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts einhergehenden Verwaltungsaufgaben“ wird ebenfalls das gesamte Berufsleben der Beigeladenen in den Blick genommen. Dies ist nicht zu beanstanden.
27Hinsichtlich der abschließenden Feststellung des Ministers:
28„Ihren Grad der Eignung für das Amt der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bewerte ich danach nach den Vorgaben der Beurteilungs-AV JM mit hervorragend geeignet.“
29gelten die oben gemachten Ausführungen. Auch sie ist im Lichte der sachlichen Zwecksetzung des Vermerks zu verstehen.
302. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zumindest im Ergebnis richtig. Vielmehr ist der im Beschwerdeverfahren von dem Antragsteller weitergeführte erstinstanzliche Antrag unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).
31a) Das Vorbringen des Antragstellers dringt nicht durch, es liege eine manipulative Verfahrensgestaltung vor, da die Würdigung des gesamten Verfahrensablaufs eine einseitige Bevorzugung der Bewerbung der Beigeladenen belege, die sich insbesondere in der unzulässigen Einbeziehung der Bewerbung in das Stellenbesetzungsverfahren niedergeschlagen habe. Der Vorwurf, der Antragsgegner habe das Besetzungsverfahrens manipulativ gestaltet, ist haltlos.
32aa) Die Verfahrensgestaltung lässt nicht auf eine einseitige Bevorzugung der Bewerbung der Beigeladenen schließen.
33Es kann offenbleiben, ob der vormalige Minister den Besetzungsvorschlag vom 11. Mai 2022 mit der unter dem 16. Mai 2022 angebrachten Paraphe gebilligt hat; vor diesem Hintergrund bedarf es der von dem Antragsteller angesprochenen Aufklärung durch den Senat zu der Intention des vormaligen Ministers im Nachgang zur Paraphierung nicht. Unterstellt, es habe sich um eine Billigung gehandelt, hätte der (neue) Minister mit dem Vermerk vom 30. Juni 2022 die weitere Ausführung der Verfügung gestoppt. Misst man der Paraphe – wofür Einiges sprechen dürfte – keine billigende Wirkung bei, weil der frühere Minister den Vorgang zu keinem Zeitpunkt mit dem Ziel der Fortführung des Auswahlverfahrens in den Geschäftsgang gegeben hat, hätte der Minister dem Besetzungsverfahren am 30. Juni 2022 und in der Folgezeit lediglich vorübergehend keinen Fortgang gegeben, obwohl mit dem Besetzungsvorschlag vom 11. Mai 2022 ein abschließend von der Abteilung Z gezeichnetes und daher entscheidungsreifes Besetzungsvotum vorlag. In beiden Fällen hätte der Minister die Bearbeitung des Verfahrens zwar tatsächlich verzögert, dieses aber nicht manipulativ gestaltet. In Anbetracht der Gesamtumstände des Gesprächs mit dem Abteilungsleiter Z vom 30. Juni 2022, bei dem der Minister den Vermerk auf dem Besetzungsvotum anbrachte, ist nicht zu beanstanden, dass der Minister den Besetzungsvorschlag nicht umgehend – ohne eigene umfassende Prüfung – selbst gebilligt hat. Es liegt nämlich auf der Hand, dass er sich einen Tag nach seiner Ernennung gerade mit Blick auf sein weites Organisationsermessen – ohne weiteres nachvollziehbar – dafür entscheiden durfte, sich zunächst vorrangig um die Herstellung seiner eigenen Arbeitsfähigkeit und der Arbeitsfähigkeit des Ministeriums zu kümmern und Angelegenheiten, die im Verhältnis zu dieser Aufgabe weniger dringlich waren, zurückzustellen. In dieser Situation und mit Blick darauf, dass die Erfüllung der Amtsgeschäfte der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Wege der Vertretung sichergestellt war, konnte und musste er sich mit der nun von ihm zu verantwortenden Besetzungsentscheidung – ebenfalls auf der Hand liegend – nicht in einer Weise eingehend befassen, wie dies – nicht zuletzt wegen der Bedeutung der in Rede stehenden Stelle – angemessen und erforderlich gewesen wäre. Dass er den Vorgang erst zu einem späteren Zeitpunkt bearbeiten wollte, wird auch nicht dadurch widerlegt, dass er am 30. Juni 2022 keine Frist für eine Wiedervorlage verfügte. Schon die Bedeutung der Auswahlentscheidung für das Spitzenamt der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes bot ersichtlich hinreichende Gewähr dafür, dass der Besetzungsvorschlag nicht aus dem Blickfeld des Ministers und seiner – die Sache ggf. selbständig wieder vorlegenden – Abteilung Z geriet.
34Es ist auch Nichts dafür ersichtlich, dass der Minister den Besetzungsvorschlag deshalb zunächst nicht bearbeitet hätte, um der Beigeladenen noch eine Bewerbung zu ermöglichen. Der Minister hat durchgehend erklärt, dass ihm das Interesse der Beigeladenen an der streitgegenständlichen Stelle am 30. Juni 2022 noch unbekannt gewesen sei. Darüber habe die Beigeladene ihn erst anlässlich ihres Gesprächs am 20. Juli 2022 in Kenntnis gesetzt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vortrag unzutreffend ist und der Minister bereits am 30. Juni 2022 Kenntnis von der Bewerbungsabsicht der Beigeladenen hatte (oder gar noch eine Bewerbung der Beigeladenen veranlassen wollte), sind nicht im Ansatz ersichtlich.
35Auch in der Zeit nach dem 30. Juni 2022 sind manipulative Einwirkungen auf das Besetzungsverfahren zugunsten der Beigeladenen nicht ansatzweise erkennbar. Dies gilt insbesondere für die Entscheidung, die (erst) am 13. September 2022 eingegangene Bewerbung der Beigeladenen in das Auswahlverfahren einzubeziehen (hierzu sogleich), sowie für die abschließende Besetzungsentscheidung. Der Minister hat sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Landtag NRW durchweg erklärt, er habe weder dem Abteilungsleiter Z noch der zuständigen Referatsleiterin Z 4 inhaltliche Vorgaben für diese beiden Entscheidungen gemacht. Vielmehr habe er betont, dass diese allein nach Recht und Gesetz zu erfolgen hätten. Hieran zu zweifeln, besteht kein Anlass. Belastbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine Einflussnahme des Ministers zugunsten der Beigeladenen sind weder den Akten zu entnehmen, noch lassen sie sich aus dem Vortrag des Antragstellers ableiten.
36bb) Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers war der Antragsgegner auch nicht gehindert, die nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingegangene Bewerbung der Beigeladenen vom 13. September 2022 in das Auswahlverfahren einzubeziehen.
37(1) Die in Ausschreibungen gesetzten Bewerbungsfristen sind regelmäßig keine Ausschlussfristen. Sie sollen vielmehr (nur) bewirken, dass der Bewerberkreis bereits zum Stichtag möglichst abschließend feststeht, damit das Stellenbesetzungsverfahren im öffentlichen Interesse fortgesetzt und die Stelle zügig besetzt werden kann. Dementsprechend hindern sie den Dienstherrn nicht, die Suche nach dem am besten geeigneten Bewerber auch nach Ablauf der Bewerbungsfrist fortzusetzen.
38Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2017– 2 VR 2.16 –, juris, Rn. 50, und Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 30; OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2020 – 1 B 1566/19 –, juris, Rn. 26; ebenso Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2. Aufl. 2018, Anhang 1 Rn. 40 f.
39Der Bewerbungsverfahrensanspruch vermittelt einen Anspruch auf verfahrensfehlerfreie Einbeziehung der eigenen Bewerbung in das Verfahren, gibt aber grundsätzlich keinen Schutz vor neuen, weiteren Mitbewerbern im noch laufenden Stellenbesetzungsverfahren. Das Verfahren dient in erster Linie dem öffentlichen Interesse an der Gewinnung des bestgeeigneten Bewerbers für eine offene Stelle. Art. 33 Abs. 2 GG gibt vorbehaltlos und uneingeschränkt vor, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes durch die Vergabe öffentlicher Ämter an die am besten geeigneten Bewerber sicherzustellen.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 30.
41Durch Verfahrensverzögerungen werden für sich genommen die Bewerbungsverfahrensansprüche der Bewerber auch dann nicht verletzt, wenn sie im Nachhinein vermeidbar erscheinen. Der Bewerbungsverfahrensanspruch schützt zwar auch vor manipulativen Verfahrensgestaltungen durch Verzögerung. Es gibt aber keinen Anspruch auf eine zügige Durchführung eines Bewerbungsverfahrens oder auf eine Entscheidung über die Bewerbung zu einem bestimmten Zeitpunkt.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 29, m w. N.
43(2) Gemessen hieran ist die Entscheidung des Antragsgegners, die Bewerbung der Beigeladenen in das Stellenbesetzungsverfahren um das Amt der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen einzubeziehen, nicht ermessensfehlerhaft.
44Den von dem Antragsteller zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung angeführten Entscheidungen,
45vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 31; OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2020 – 1 B 1566/19 –, juris, Rn. 28,
46ist schon nicht zu entnehmen, dass eine nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingegangene Bewerbung abzulehnen wäre, wenn die Einbeziehung zu einer nennenswerten Verzögerung des Besetzungsverfahrens führte, was in der Regel der Fall sei, wenn der durch den sogenannten Auswahlvermerk dokumentierte Leistungsvergleich bereits stattgefunden habe. Der Dienstherr ist nach diesen Entscheidungen berechtigt eine nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingegangene Bewerbung unberücksichtigt zu lassen. Er ist dazu indes nicht verpflichtet.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2020 – 1 B 1566/19 –, juris, Rn. 30.
48Den Ausführungen des Antragsgegners unter Ziffer 2. des Auswahlvermerks vom 2. Mai 2023 ist auch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der Antragsgegner sich seines Ermessens bei der Einbeziehung einer nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingegangenen Bewerbung in ein laufendes Stellenbesetzungsverfahren bewusst war und er die dort zitierten Vorgaben als für seine Entscheidung maßgeblich angesehen hat. Weiterer Erwägungen bedurfte es insoweit nicht. Sonstige Ermessensfehler sind nicht ersichtlich und werden letztlich auch von dem Antragsteller nicht geltend gemacht.
49Anders als der Antragsteller meint, ist die Grenze dieses Ermessens auch nicht schon dort erreicht, wo Rechtspositionen eines anderen Bewerbers unterlaufen werden. Zum einen vermittelt die Auswahl in einem Stellenbesetzungsverfahren dem Ausgewählten nur eine schwache Rechtsstellung. Er hat nicht einmal eine Anwartschaft inne, weil er das Erstarken seiner Rechtsposition zum Vollrecht nicht selbst bewirken kann. Der Dienstherr kann das Verfahren auch noch nach der Auswahlentscheidung rechtmäßig abbrechen.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2020 – 2 C 12.20 –, juris, Rn. 23.
51Zum anderen wäre diese Stellung – sollte mit der Anbringung der Paraphe des vormaligen Ministers der Justiz an den Auswahlvermerk vom 11. Mai 2022 eine Billigung erfolgt sein (vgl. die Ausführungen oben) – nicht bereits durch die Entscheidung betroffen gewesen, die Bewerbung der Beigeladenen in das Verfahren einzubeziehen. Zum Zeitpunkt der Einbeziehung war nach dem Wechsel im Ministeramt der Ausgang des Auswahlverfahrens wieder offen. Dass von vornherein eine Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen beabsichtigt war, ist – wie oben ausgeführt – nicht ersichtlich. Andeutungen des Antragstellers in diese Richtung bleiben ohne belastbare Anhaltspunkte.
52Soweit der Antragsteller unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2020 – 2 C 12.20 –, juris, Rn. 23, nahelegt, der Dienstherr dürfe eine einmal getroffene Auswahlentscheidung nur bei einer nachträglichen Bewerbung eines wesentlich besser geeigneten Interessenten revidieren, dringt er nicht durch. Der Entscheidung ist bereits nicht zu entnehmen, dass die Auswahlentscheidung nur bei einem wesentlichen Vorsprung des neuen Bewerbers geändert werden kann und nicht auch im Fall eines einfachen Vorsprungs. Zum einen bezieht sich die vom Antragsteller herangezogene Formulierung auf die Rechtmäßigkeit des – hier nicht gegebenen – Abbruchs eines Besetzungsverfahrens. Zum anderen spricht für die Berücksichtigung auch eines Bewerbers, der einen nur einfachen Vorsprung zu den bereits vorhandenen Bewerbern aufweist, der Zweck von Art. 33 Abs. 2 GG, sicherzustellen, dass öffentliche Aufgaben von den bestgeeigneten Bediensteten wahrgenommen werden.
53Auch die in Bezug genommene Aussage in der Beurteilung des Antragstellers vom 1. April 2022, der Antragsteller sei die „ideale Besetzung“ für das streitgegenständliche Amt, vermittelt diesem keinen Schutz vor weiteren Bewerbern. Da eine Beurteilung nicht dem Zweck eines Bewerbervergleichs dient, kann dieser Formulierung nicht der Gehalt beigemessen werden, es gebe unabhängig vom Bewerberfeld grundsätzlich keinen besser geeigneten Kandidaten.
54cc) Auch der Umstand, dass der Minister während des Auswahlverfahrens Gespräche mit den Bewerbern geführt hat, ist nicht geeignet, die Annahme einer Manipulation des Bewerbungsverfahrens oder einer Voreingenommenheit des Ministers zu belegen. Derartige informelle Gespräche sind grundsätzlich – wie auch der Antragsteller einräumt – nicht unüblich und haben auch keine abschließende Entscheidung über die Stellenbesetzung zum Gegenstand. Vielmehr geht es regelmäßig lediglich darum, den Bewerbern bloß vorläufige Einschätzungen des Ministers darzulegen, die nicht mit einer Vorfestlegung gleichgesetzt werden können.
55Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2021 – 1 B 1341/21 –, juris, Rn. 28 (betreffend eine Auswahlentscheidung des Amtsvorgängers des Ministers).
56Dass die in Rede stehenden Gespräche einen weitergehenden, auf eine Voreingenommenheit des Ministers oder auf eine unfaire Führung des Auswahlverfahrens hindeutenden Inhalt gehabt haben könnten, ist nicht glaubhaft gemacht.
57Der Minister hat insoweit durchgängig vortragen lassen und im Landtag NRW auch selbst erklärt, dass er in den Gesprächen jeweils lediglich auf das hochkarätige Bewerberfeld verwiesen und um Prüfung durch die Konkurrenten gebeten habe, ob die jeweilige Bewerbung aufrechterhalten werde. Er habe jedoch zu keinem Zeitpunkt einem Konkurrenten gegenüber geäußert, dass es eine (andere) bessere Bewerbung gebe.
58Vgl. etwa Landtag NRW, Plenarprotokoll 18/48 vom 29. November 2023, S. 106, linke Spalte Mitte und rechte Spalte oben, S. 107, rechte Spalte unten, und insbesondere S. 110, linke Spalte oben bis Mitte.
59Diesen Angaben hat der Antragsteller insoweit widersprochen, als er ausführt, der Minister habe anlässlich des Gesprächs erklärt, er wünsche die Beigeladene in dem Amt und der Antragsteller möge verzichten bzw. – an anderer Stelle – der Minister habe ihn gebeten, in seiner Position im Ministerium zu verbleiben und die Bewerbung nicht weiterzuverfolgen. Trotz der gegenläufigen Schilderung des Gesprächs im September 2022 hat der Antragsteller seine Angaben jedoch nicht durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht. Der Einwand, das Gespräch zeige eine Voreingenommenheit des Ministers, da es zu einem Zeitpunkt geführt worden sei, als der Minister noch gar nicht habe wissen können, ob die Beigeladene aufgrund einer noch zu erstellenden Beurteilung überhaupt geeignet sei, bleibt vor diesem Hintergrund ohne Belang.
60Die Annahme des Antragstellers, die Staatskanzlei habe (politischen) Einfluss auf das Besetzungsverfahren genommen, indem der Chef der Staatskanzlei Gespräche mit der Beigeladenen und einem weiteren Mitbewerber geführt habe, bleibt spekulativ. Es ist auch nicht ersichtlich, dass und inwieweit sich diese Gespräche auf das Stellenbesetzungsverfahren und die Auswahlentscheidung ausgewirkt haben.
61dd) Vor diesem Hintergrund dringt der Antragsteller auch mit dem Verweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 5. März 2019 – 12 L 2192/18 –, juris, Rn. 30 f., nicht durch. Danach komme es einem Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens gleich, wenn ein Auswahlverfahren mit einer nachträglich eingegangenen Bewerbung fortgeführt, der Leistungs- und Eignungsvergleich anhand neu zu erstellender dienstlicher Beurteilungen wiederholt und die Zusammensetzung des Bewerberfeldes durch Nachfragen bei den bisherigen Bewerbern, ob sie an ihren Bewerbungen festhielten, neu bestimmt werde. Nach den oben gemachten Ausführungen war weder die „Verzögerung“ einer abschließenden Entscheidung des Ministers noch die Einbeziehung der Bewerbung der Beigeladenen in das laufende, nicht abgebrochene Stellenbesetzungsverfahren zu beanstanden. Ferner war die Fertigung neuer dienstlicher Beurteilungen – anders als in dem von dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschiedenen Fall – nicht aufgrund neuer Maßstäbe für die Erstellung leistungsgerecht abgestufter und untereinander vergleichbarer dienstlicher Beurteilungen erforderlich geworden, sondern allein dem Umstand des Zeitablaufs seit der letzten dienstlichen Beurteilung geschuldet. Zudem wurde das Bewerberfeld gerade nicht durch Nachfragen bei den Bewerbern, ob sie ihre jeweiligen Bewerbungen aufrechterhalten, neu bestimmt.
62b) Es fehlt auch nicht an der Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen.
63aa) Ohne Erfolg macht der Antragsteller insoweit geltend, es liege eine Statusamtsdifferenz vor. Die Beigeladene sei erst im Juni 2022 zur Ministerialdirigentin ernannt worden. Er habe das Amt des Ministerialdirigenten über den gesamten Beurteilungszeitraum ausgeübt und damit über einen längeren Zeitraum als die Beigeladene in diesem Amt Spitzennoten erreicht. Ihre Beurteilung hätte sich mit dem Statusamtsaufstieg während des Beurteilungszeitraums und dem in dieser Zeit überwiegend niedrigeren Statusamt beschäftigten müssen. Zudem sei es durchaus üblich, dass die erste dienstliche Beurteilung in einem neuen, höheren Statusamt in der Gesamtnote niedriger ausfalle als zuvor.
64(1) Vor dem Hintergrund, dass die Beigeladene das Amt einer Ministerialdirigentin im Beurteilungszeitraum fast durchgängig ausgeübt hatte, bedurfte es keiner näheren Ausführungen zu einem Statusamtsaufstieg und einem im Beurteilungszeitraum überwiegend ausgeübten niedrigeren Statusamt.
65Zwar geht der Antragsteller zutreffend von dem Grundsatz aus, dass ein Beamter nach einer Beförderung aus seiner alten Vergleichsgruppe ausscheidet und sich nunmehr mit Inhabern des höheren statusrechtlichen Amtes messen muss, wobei an diese Vergleichsgruppe auch dem höheren Amt entsprechende gesteigerte Erwartungen betreffend Leistung und Befähigung gestellt werden. Ohne eine Leistungssteigerung des beförderten Beamten wird seine Beurteilung im Beförderungsamt daher regelmäßig schlechter ausfallen als im vorangegangenen niedriger bewerteten Amt.
66Vgl. etwa OVG Bremen, Urteil vom 26. März 2018– 2 B 199/17 –, juris, Rn. 20, und Thür. OVG, Beschluss vom 8. April 2011 – 2 EO 192/09 –, juris, Rn. 54, jeweils m. w. N.
67Der Grundsatz ist auch im vorliegenden Fall anwendbar, da die Beigeladene im Beurteilungszeitraum befördert worden ist. Die maßgebliche Beförderung fand allerdings nicht erst am 1. Juni 2022 und damit drei Monate vor Ablauf des Beurteilungszeitraums statt, sondern bereits einen Tag nach dessen Beginn, nämlich am 2. Juni 2020. Mit Wirkung von diesem Tag wurde die Beigeladene nicht nur auf Lebenszeit zur Leitenden Ministerialrätin (Besoldungsgruppe B 4 LBesO NRW) ernannt, sondern gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a LBG NRW gleichzeitig auch unter Berufung in ein weiteres Beamtenverhältnis auf Probe zur Ministerialdirigentin (Besoldungsgruppe B 7 LBesO NRW). Sie übte daher bereits seit dem 2. Juni 2020 das Amt einer Ministerialdirigentin aus. Dass sie insoweit (zunächst, d. h. während der ersten zwei Jahre des Beurteilungszeitraums) Probebeamtin war, ändert nichts an der wirksamen Übertragung dieses Amtes. Durch Berufung in das Probebeamtenverhältnis entsteht ein Doppelbeamtenverhältnis; das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit besteht gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 LBG NRW neben dem Probebeamtenverhältnis fort. Das Beamtenverhältnis auf Probe wird durch eine Ernennung begründet, die durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde vollzogen wird. Das Amt wird auch im Probebeamtenverhältnis bereits verliehen, so dass schon bei Begründung des Probebeamtenverhältnisses eine Beförderung vorliegt, wie sich auch aus § 21 Abs. 7 Satz 2 LBG NRW („Bei jeder Beförderung in ein Amt, das von Buchstabe a bis e erfasst wird, ist erneut eine Probezeit zu leisten“, Hervorhebung durch den Senat) ergibt.
68Vgl. Gunkel, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, 500. EL. Januar 2024, § 21 LBG NRW 2016 Rn. 89, Schrapper/Günther, LBG NRW, 3. Aufl. 2021, § 21 Rn. 4.
69Trotz der Beförderung der Beigeladenen im Beurteilungszeitraum führt der vorgenannte Grundsatz nicht zu gesteigerten Plausibilisierungsanforderungen an die Vergabe der Spitzennote. Dieser Grundsatz ist nicht schematisch anzuwenden. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Maßgeblich ist, ob die Vergabe der Spitzennote trotz Beförderung auf eine außergewöhnliche und damit begründungsbedürftige Leistungssteigerung schließen lässt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zu berücksichtigen ist, dass die Beigeladene bereits am 2. Juni 2020 und damit schon einen Tag nach Beginn des Beurteilungszeitraums befördert worden ist. Sie hat über zwei Jahre und drei Monate, praktisch also im gesamten Beurteilungszeitraum, das ihr zunächst (s. o.) probeweise und sodann auf Lebenszeit übertragene Amt der Ministerialdirigentin ausgeübt und Erfahrungen sammeln können. Auch absolut gesehen kommt diesem Zeitraum ein nicht unerhebliches Gewicht zu, da er sich über mehr als zwei Drittel des maßgeblichen Regelbeurteilungszeitraums (vgl. Nr. 3.1 Beurteilungsrichtlinien IM) erstreckt hat. In Anbetracht dieser Umstände und mit Blick darauf, dass der Werdegang der Beigeladenen diese als Spitzenkraft ausweist, erscheint eine Leistungssteigerung der Beigeladenen nicht so außergewöhnlich, dass mit der Vergabe der Spitzennote eine besondere Pflicht zur Plausibilisierung verbunden wäre.
70(2) Inwieweit dem Antragsteller „formal eine höhere Einordnung“ im Statusamt B 7 zukommen sollte, weil er – anders als die Beigeladene – Dienststellenleiter der Landesvertretung gewesen und Stellvertreter der Staatssekretärin sei, ist nicht ersichtlich.
71bb) Die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen sind auch nicht wegen der unterschiedlich langen Beurteilungszeiträume nicht vergleichbar. Letztlich bemängelt der Antragsteller in diesem Zusammenhang nicht, dass die Beurteilungszeiträume der beiden Beurteilungen voneinander (maßgeblich) abweichen. Er möchte vielmehr zu seinen Gunsten berücksichtigt wissen, dass er über einen wesentlich längeren Zeitraum ein Amt nach Besoldungsgruppe B 7 LBesO NRW ausgeübt und Spitzennoten erreicht hat. Der Werdegang des Antragstellers, insbesondere seine Ernennung zum Ministerialdirigenten im Jahr 2011 auf Probe und im Jahr 2012 auf Lebenszeit, sowie seine in diesem Amt erbrachten hervorragenden Leistungen sind ausweislich der Ausführungen in dem Auswahlvermerk vom 2. Mai 2023 in die Überlegungen des Antragsgegners eingegangen. Inwieweit diese Umstände im Rahmen der Auswahlentscheidung weitergehend hätten berücksichtigt werden müssen, führt der Antragsteller schon nicht aus.
72cc) Die Behauptung des Antragstellers, die Auswahlentscheidung sei deshalb fehlerhaft, weil der Auswahlvermerk die erforderliche Mitberücksichtigung des Zeugnisses des Leiters des Katholischen Büros in Berlin vom 28. Mai 2020 nicht „weiter vertieft“ habe, wird nicht begründet und bleibt daher pauschal.
73c) Der Vortrag des Antragstellers, es bleibe ein „Unbehagen“ angesichts des Umstandes, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung auf das angestrebte Amt im statusrechtlichen Sinne bezogen sei und daher im Grundsatz gerade nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen dürfe, dringt nicht durch. Bereits das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass mit dem Statusamt der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nur ein einziger Dienstposten verbunden ist. Ein Unterschied zwischen einer statusamtsbezogenen und einer dienstpostenbezogenen Eignungsprognose besteht daher nicht.
74d) Ohne Erfolg macht der Antragsteller ferner geltend, dass im Rahmen der inhaltlichen Ausschärfung bestimmte Umstände (allein) bei der Beigeladenen Berücksichtigung gefunden hätten bzw. diesen eine maßgebliche Bedeutung zugemessen worden sei, obschon er ebenfalls entsprechende Umstände vorzuweisen habe.
75Der Antragsteller benennt überwiegend Umstände – wie etwa die Abgabe von Stellungnahmen gegenüber der Bundesregierung oder dem Bundestag, eine Vergrößerung der Abteilung während des Beurteilungszeitraums, Repräsentationsverpflichtungen und die Dauer der Personalverantwortung –, die der Antragsgegner im Auswahlvermerk auch beim Antragsteller angeführt und damit bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat.
76Soweit der Antragsteller explizit auf drei Punkte verweist, bei denen nach seinem Verständnis ein Vorsprung der Beigeladenen attestiert werde (wohl gemeint: Digitalisierung, Personalverwaltung, Prüfertätigkeit), greift er lediglich die konkrete Ausübung des Beurteilungsermessens durch den Antragsgegner an, ohne insoweit einen Beurteilungsfehler aufzuzeigen.
77Die Entscheidung über die Auswahl unter mehreren Bewerbern liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Hierzu gehört es auch, darüber zu entscheiden, welchen der zu Eignung, Befähigung und Leistung zählenden Umständen der Dienstherr bei der Auswahlentscheidung größeres Gewicht beimisst. Bei dieser Ermessensentscheidung handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, der gerichtlich nur beschränkt daraufhin zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat.
78Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. November 2021 – 1 B 1341/21 –, juris, Rn. 65, und vom 9. Mai 2012 – 1 B 214/12 –, juris, Rn. 22 f., m. w. N.
79Gemessen hieran ist die Schwerpunktsetzung des Antragsgegners nicht zu beanstanden. Er hat die Grenzen des ihm eröffneten Beurteilungsspielraums bei seinen Erwägungen im Auswahlvermerk insoweit nicht überschritten.
80Dass dem auf Seiten des Antragstellers berücksichtigten Projekt „Digitaler Neustart“ nicht dasselbe Gewicht zugemessen wird wie der Gesamtsteuerung und Koordinierung der Umsetzung des E-Government-Gesetzes NRW im Ministerium des Innern durch die Beigeladene, ist nicht sachwidrig, sondern vielmehr sachgerecht. Mag der derzeitige Zuständigkeitsbereich des Antragstellers auch nicht vergleichbar auf die Digitalisierung ausgerichtet sein wie die Abteilung der Beigeladenen, so dass es für ihn schwieriger ist, Expertise in Digitalisierungsthemen nachzuweisen, ändert dies nichts an den dokumentierten Verdiensten der Beigeladenen in ihrer jetzigen Funktion im Ministerium des Innern. Warum die Erfahrungen der Beigeladenen anders zu werten sein sollten, weil diese erst in den letzten Jahren gewonnen wurden, ist nicht ersichtlich.
81Entsprechendes gilt hinsichtlich der Bewertung von Größe und Entwicklung der von dem Antragsteller und der Beigeladenen zu verantwortenden Abteilungen. Die mit Blick auf die Zahl der Beschäftigten jeweils verbundene Steigerung der Personalverantwortung ist im Auswahlvermerk berücksichtigt worden. Der Personalverantwortung für eine größere Abteilung, die in der Amtszeit zudem noch maßgeblich gewachsen ist, ein stärkeres Gewicht beizumessen als einer hinsichtlich der Personalstärke kleineren Abteilung, ist nicht zu beanstanden. Mit der Größe einer Abteilung steigen auch die Anforderungen an die Personalführungsqualitäten des Abteilungsleiters. Die Dauer der jeweils wahrgenommenen Personalverantwortung ist ebenfalls in die Überlegungen des Antragsgegners eingeflossen, ohne dass ersichtlich wäre, dass hierbei unzutreffende Erwägungen angestellt wurden.
82Von einem der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten unrichtigen Tatbestand ist auch nicht mit Blick auf die Prüfertätigkeit der Beigeladenen auszugehen. Dies zeigt auch der Einwand des Antragstellers nicht auf, seine Abteilung betreue mit Abstand die größte Zahl von Referendaren und Praktikanten im Ministerium. Sie habe zudem während der Corona-Zeit ein von den Angehörigen seiner Abteilung getragenes Vortragsprogramm initiiert. Es hätte daher nahegelegen, dies in seiner Beurteilung zu erwähnen, wenn das Thema für derart bedeutsam erachtet werde. Dass das Engagement der Abteilung des Antragstellers nicht berücksichtigt wurde, führt nicht zu einer fehlerhaften Auswahlentscheidung, zumal die Einbindung des Antragstellers in dieses Engagement offenbleibt.
83Schließlich lässt die vom Antragsteller in Bezug genommene Aussage im Auswahlvermerk, dass die Beigeladene wichtige Projekte nicht nur anstoßen, sondern während der Länge ihrer Amtszeit auch umsetzen und begleiten könne, nicht auf eine Altersdiskriminierung zu seinen Lasten schließen. Sie diente ersichtlich der Abrundung und dem abschließenden Fazit des zuvor umfassend begründeten Eignungsvorsprungs der Beigeladenen und war nicht auf einen Vergleich der voraussichtlichen Amtsdauern der jeweiligen Bewerber ausgerichtet.
84e) Der Antragsgegner ist auch nicht etwa deshalb von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen, weil er die Stellung der Beigeladenen als stellvertretende Leiterin des Katholischen Büros in Berlin in etwa mit der einer Gruppenleitung oder ständigen Vertretung einer Abteilungsleitung in einer obersten Landesbehörde in Nordrhein-Westfalen gleichgesetzt hat. Er hat mit dieser – im Übrigen auch nur weitgehenden („etwa“) – Gleichsetzung die Grenzen des ihm bei dieser Bewertung eröffnete Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Bei dieser Einordnung ist zu berücksichtigen, dass die Beigeladene als stellvertretende Leiterin des Katholischen Büros in Berlin ausweislich der Aufgabenbeschreibung für Haushalt, Personal und Informationstechnologie gleichermaßen verantwortlich war. Der Umfang dieser Aufgaben lässt eine Einordnung ihrer Tätigkeit oberhalb der einer Referatsleitung in einem Ministerium, die üblicherweise derart weit gefächerte Aufgaben nicht umfasst, jedenfalls nicht als fehlerhaft erscheinen. Sie ist nicht auch nicht mit Blick auf die Ausführungen im Besetzungsvermerk (S. 23) zur Aufgabenverteilung zwischen Minister und Staatssekretär in der Ministerialverwaltung widersprüchlich. Mit dem angesprochenen Vergleich hat der Antragsgegner die Wertigkeit der Leitung bzw. der stellvertretenden Leitung im Kommissariat der deutschen Bischöfe keineswegs mit der Bewertung der Ämter von Ministern bzw. Staatssekretären gleichgesetzt. Er hat insoweit vielmehr – ausdrücklich – nur die Aufgabenverteilung zwischen den beiden Leitungsfunktionen im Kommissariat der deutschen Bischöfe illustriert. Diese entspricht nämlich insoweit derjenigen zwischen Minister und Staatssekretär in einem Ministerium, als die Beigeladene als stellvertretende Leitung regelmäßig und nicht nur vertretungsweise für die gesamten Verwaltungsangelegenheiten des Katholischen Büros in Berlin verantwortlich gewesen ist.
85f) Soweit der Antragsteller ferner noch auf den Inhalt des den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz eines Mitbewerbers betreffenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts Münster vom 28. September 2023 – 5 L 583/23 –, juris, verweist, wird – in Ergänzung zu den zum Teil bereits vorstehend gemachten Ausführungen – auf den Inhalt des dieses Verfahren betreffenden Beschlusses des Senats vom heutigen Tag in der Sache – 1 B 1082/23 –, demnächst veröffentlicht in juris, Bezug genommen.
86Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die etwaigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
87Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GKG. Auszugehen ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG von dem Jahresbetrag der Bezüge, die dem jeweiligen Antragsteller nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (hier: 23. Oktober 2023) bekanntgemachten, für Richter des Landes Nordrhein-Westfalen geltenden Besoldungsrechts fiktiv für das angestrebte Amt im Kalenderjahr der Beschwerdeerhebung zu zahlen sind. Nicht zu berücksichtigen sind dabei die nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 GKG ausgenommenen Besoldungsbestandteile. Der nach diesen Maßgaben zu bestimmende Jahresbetrag ist wegen § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und wegen der im Eilverfahren nur begehrten vorläufigen Sicherung auf ein Viertel zu reduzieren. Der nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnde Jahresbetrag beläuft sich hier angesichts des angestrebten Amtes der Besoldungsgruppe R 8 für das maßgebliche Jahr 2023 auf 136.238,40 Euro (monatlich 11.353,20 Euro Euro). Die Division des o. g. Jahresbetrages mit dem Divisor 4 führt auf den festgesetzten Wert von 34.059,60 Euro.
88Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.