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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 9.000,00 Euro festgesetzt.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet.
2Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts fristgerecht vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und den sinngemäß gestellten Antrag des Antragstellers abzulehnen,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig weiterhin zum Auswahlverfahren für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den mittleren Polizeivollzugsdienst des Bundes zuzulassen, bis über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
4Zur Begründung der stattgebenden Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag sei zulässig. Insbesondere sei das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers durch das Verstreichen des (ursprünglich beabsichtigten) Einstellungstermins 1. September 2024 schon deshalb nicht entfallen, weil die Antragsgegnerin sich für den Fall ihres Unterliegens bereit erklärt habe, den Antragsteller weiter am Auswahlverfahren für die Einstellung zum 1. März 2025 teilnehmen zu lassen.
5Der Antrag sei auch begründet. Der Antragsteller habe sowohl einen Anordnungsanspruch als auch die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht. Er erstrebe zwar eine Vorwegnahme der Hauptsache, weil eine einstweilige Anordnung, mit welcher die Antragsgegnerin verpflichtet werde, ihn vorläufig weiterhin zum Auswahlverfahren für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den mittleren Polizeivollzugsdienst des Bundes zuzulassen, bereits – wenn auch zeitlich begrenzt – die Rechtsposition vermittele, die er in der Hauptsache erreichen könnte. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei im Eilrechtschutzverfahren jedoch ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn das Abwarten der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte und der Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich sei. Diese Voraussetzungen seien erfüllt.
6Wirksamer Rechtsschutz sei im Hinblick auf eine zeitnahe Teilnahme am weiteren Auswahl-/Einstellungsverfahren für den mittleren Polizeivollzugsdienst im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen. Dem Antragsteller drohten bei einem Verweis auf das Klageverfahren unzumutbare Nachteile. Bis zu dessen Abschluss einschließlich etwaiger Rechtsmittelverfahren könnten insgesamt mehrere Jahre vergehen. Der Antragsteller würde dann nicht nur den nunmehr anvisierten Einstellungstermin zum 1. März 2025, sondern gegebenenfalls auch einen nachfolgenden Einstellungstermin nicht wahrnehmen können. Dieser Zeitverlust sei irreversibel, da eine rückwirkende Einstellung zum ursprünglich begehrten Einstellungstermin nicht möglich sei.
7Nach den vorliegenden Erkenntnissen sei auch überwiegend wahrscheinlich, dass die mit Bescheid der Bundespolizeiakademie Personalgewinnung R. (nachfolgend: Bundespolizeiakademie) vom 15. August 2024 erfolgte Ablehnung der Einstellung des Antragstellers in den mittleren Polizeivollzugsdienst des Bundes den Antragsteller in seinem Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung aus Art. 33 Abs. 2 GG (Bewerbungsverfahrensanspruch) verletze. Die Bundespolizeiakademie habe das Einstellungsbegehren des Antragstellers unter Berücksichtigung ihres gerichtlich lediglich eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums mit Erwägungen zurückgewiesen, die einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhielten. Zur Begründung ihrer Entscheidung habe sich die Bundespolizeiakademie auf Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers berufen. Diese Zweifel habe sie auf zwei selbstständig tragende Gründe gestützt. Zum einen habe sie sich darauf berufen, der Antragsteller habe trotz Nachfrage im Verlauf der Bewerbung das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren nicht angegeben. Zum anderen resultierten die Eignungszweifel der Antragsgegnerin aus dem Sachverhalt, der diesem Ermittlungsverfahren zugrunde gelegen habe.
8Diese beiden Gründe seien nicht frei von Beurteilungsfehlern. Dies gelte zunächst soweit sich die Antragsgegnerin darauf berufe, der Antragsteller habe das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Duisburg, Az. 206 Js 47/22, verschwiegen. Zwar sei die Antragsgegnerin grundsätzlich zu Recht davon ausgegangen, dass bereits das Verschweigen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens trotz dahingehender Nachfrage im Bewerbungsverfahren unabhängig vom Gegenstand oder Ausgang dieses Verfahrens geeignet sei, die charakterliche Integrität eines Bewerbers in Zweifel zu stellen. Vorliegend sei der Antragsteller jedoch gemäß § 64 Abs. 1 BZRG berechtigt gewesen, das gegen ihn als Jugendlichen geführte Ermittlungsverfahren zu verschweigen. Nach dieser Vorschrift müsse die betroffene Person Eintragungen in das Erziehungsregister und die ihnen zugrundeliegenden Sachverhalte nicht offenbaren. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Das Ermittlungsverfahren und dessen Einstellung seien gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 7 BZRG in das Erziehungsregister einzutragen gewesen, da das Verfahren mit staatsanwaltschaftlicher Verfügung vom 20. Januar 2022 gemäß § 45 Abs. 1 JGG ohne Mitwirkung des Jugendrichters eingestellt worden sei. Dabei komme es nicht darauf an, ob das Verschweigensrecht der betreffenden Person bewusst gewesen sei oder ob sie irrtümlich davon ausgegangen sei, jede ihr seitens der Antragsgegnerin schriftlich oder mündlich gestellte Frage immer wahrheitsgemäß beantworten zu müssen. Es handele sich um eine spezialgesetzliche Ausnahme, deren Vorliegen allein nach objektiven Tatbestandsvoraussetzungen zu beurteilen sei.
9§ 64 Abs. 1 BZRG gelte – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin – auch für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst. Die Antragsgegnerin habe ausgeführt, an die charakterliche Eignung von Polizeivollzugsbeamten, deren Kernaufgabe die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sei, seien besonders hohe Anforderungen zu stellen. Dies begründe ein höheres öffentliches Interesse daran, jedem Hinweis auf von Bewerbern begangene Straftaten zumindest nachgehen zu können. Dass der Bundesgesetzgeber mit den Bestimmungen der §§ 51, 53 bzw. 64 BZRG trotz des entgegenstehenden öffentlichen Interesses gerade bei angehenden Polizeivollzugsbeamten einen derartig weitgehenden Schutz des Einzelnen vor der Berücksichtigung gegen ihn geführter Ermittlungsverfahren bezweckt habe, sei nicht erkennbar. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, dass auch nichts dafür erkennbar sei, dass der Bundesgesetzgeber in § 64 BZRG eine Ausnahme für die Fälle der Einstellung in den öffentlichen Dienst oder den Polizeivollzugsdienst habe vorsehen wollen und der Antragsteller das Ermittlungsverfahren in Anwendung des § 64 Abs. 2 BZRG habe offenbaren müssen.
10Anders als § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG, der zu dem in § 51 Abs. 1 BZRG geregelten Verwertungsverbot einer getilgten oder zu tilgenden Eintragung über eine Verurteilung ausdrücklich regelt, dass die frühere Tat ausnahmsweise berücksichtigt werden dürfe, wenn die betroffene Person die Einstellung in den öffentlichen Dienst beantrage, falls die Einstellung sonst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde, enthalte § 64 Abs. 2 BZRG keine solche Ausnahmeregelung. Auch habe der Bundesgesetzgeber in § 63 Abs. 4 BZRG betreffend die Verwertung von entfernten Eintragungen im Erziehungsregister ausdrücklich bestimmt, dass die §§ 51, 52 BZRG entsprechend anzuwenden seien. Eine vergleichbare Ausnahme für das Verschweigensrecht des § 64 Abs. 1 BZRG sei jedoch in § 64 Abs. 2 BZRG nicht aufgenommen worden.
11Auch die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 BZRG lägen nicht vor. Die Ausnahme von dem Verschweigensrecht gelte nur für Behörden und Gerichte, denen gemäß § 61 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 bis 6 BZRG Auskunft aus dem Erziehungsregister erteilt werden könne. Zu diesen auskunftsberechtigten Behörden und Gerichten zähle die Bundespolizeiakademie nicht. Sie sei insbesondere keine für waffenrechtliche Erlaubnisse zuständige und damit auskunftsberechtigte Behörde im Sinne von § 61 Abs. 1 Nr. 5 BZRG, weil Polizeivollzugsbeamte bei ihrer dienstlichen Tätigkeit bzw. durch Dienstvorschriften berechtigt seien, eine Waffe zu tragen. Das Waffengesetz und die darin getroffenen Regelungen für die Erteilung von waffenrechtlichen Erlaubnissen seien gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 WaffG für Bedienstete der Polizeien des Bundes und der Länder nicht anwendbar.
12Ungeachtet dessen lägen die Voraussetzungen für die in § 64 Abs. 2 BZRG geregelte Ausnahme von dem Verschweigensrecht des Antragstellers nach § 64 Abs. 1 BZRG auch dann nicht vor, wenn es sich bei der Bundespolizeiakademie um eine solche auskunftsberechtigte Behörde im Sinne des § 61 Abs. 1 Nr. 5 BZRG handeln würde. Weder habe die Antragsgegnerin dargelegt, noch sei aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich, dass sie den Antragsteller über seine – unterstellte – Offenbarungspflicht belehrt hätte.
13Der Umstand, dass der Antragsteller nicht verpflichtet gewesen sei, die Eintragung in das Erziehungsregister zu offenbaren und der Bundespolizeiakademie kein Recht auf Auskunft aus dem Erziehungsregister zugestanden habe, hindere die Antragsgegnerin jedoch nicht, dem Antragsteller den dem Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Sachverhalt und übrige Erkenntnisse aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft als solche vorzuhalten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Antragsteller nicht über die fehlende Offenbarungspflicht belehrt worden sei, da eine solche Belehrungspflicht nach § 64 Abs. 2 BZRG vorliegend schon nicht bestanden habe. Diese Belehrung betreffe lediglich die Einschränkung der Rechte des Betroffenen aus § 64 Abs. 1 BZRG. Vorliegend sei aber weder eine derartige Konstellation noch eine vergleichbare Interessenlage gegeben. Die Bundespolizeiakademie sei keine auskunftsberechtigte Behörde im Sinne von § 64 Abs. 2 BZRG. Auch habe sie die Erkenntnisse zu dem gegen den Antragsteller geführten Ermittlungsverfahren nicht durch eine Mitteilung der Eintragung im Erziehungsregister durch das Bundesamt für Justiz erlangt, sondern durch eine Mitteilung des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfung. Der Antragsteller habe sich am 22. Januar 2024 mit der Erhebung, Verarbeitung, insbesondere der Übermittlung seiner bei den Verfassungsschutzbehörden und der zuständigen Polizeibehörde gespeicherten Daten an die Antragsgegnerin und deren Nutzung zwecks Prüfung seiner sicherheitsrechtlichen Eignung, einverstanden erklärt. Darüber hinaus habe er ausdrücklich eingewilligt, dass die Bundespolizeiakademie im Rahmen dieser Prüfung Einsicht in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Duisburg nahm. Es bestehe auch kein Verwertungsverbot gemäß § 63 Abs. 4 i. V. m. §§ 51, 52 BZRG, da der Antragsteller sein 24. Lebensjahr noch nicht vollendet habe und die Eintragung im Erziehungsregister deshalb gemäß § 63 Abs. 1 BZRG noch nicht zu entfernen sei. Es begegne auch keinen rechtlichen Bedenken, für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst besonders hohe Anforderungen an die gesetzestreue und charakterliche Eignung eines Bewerbers zu stellen und deshalb aus Sachverhalten mit strafrechtlicher Relevanz unabhängig von ihrer Sanktionierung auch bei einmaligem Fehlverhalten Zweifel an der charakterlichen Eignung herzuleiten.
14Die Antragsgegnerin halte dem Antragsteller in ihrer Ablehnungsentscheidung den Sachverhalt, der dem Ermittlungsverfahren zugrunde gelegen habe, aber deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtsfehlerhaft als Begründung für ihre Zweifel an seiner charakterlichen Eignung entgegen, weil sie hierbei ihrer Verpflichtung zu einer tragfähigen Ermittlung der tatsächlichen Umstände, aus denen sie ihre Zweifel maßgeblich ableitete, nicht nachgekommen sei. Dem Ablehnungsbescheid sei schon nicht eindeutig nachvollziehbar zu entnehmen, welchen Sachverhalt die Antragsgegnerin als festgestellt annehme und auf welche konkreten Erwägungen sie ihre Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers stütze. Insbesondere fehlten Erwägungen dazu, dass der Antragsteller die ihm vorgeworfene Tat im Alter von 17 Jahren begangen haben solle. Derartige Erwägungen fänden sich auch nicht in dem Anhörungsschreiben vom 9. September 2024 zu dem Widerspruch des Antragstellers vom 28. August 2024 gegen die Ablehnung seiner Bewerbung. Dort werde vielmehr im Gegenteil ausgeführt, dass die Bundespolizeiakademie ihre Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers „ausschließlich“ mit dem Verschweigen des Ermittlungsverfahrens begründe und davon absehe, eine ausführliche inhaltliche Würdigung des Sachverhalts vorzunehmen, weil bereits das Verschweigen an sich rechtfertige, seine Bewerbung abzulehnen.
15II. Das hiergegen erhobene Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin greift nicht durch.
161. Die (mit)entscheidungstragende Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Antragsgegnerin begründe ihre Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers in rechtswidriger Weise mit dem dem Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Sachverhalt, greift die Antragsgegnerin ausdrücklich nicht an. Sie erklärt vielmehr, Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers leite sie nunmehr einzig aus dem Verschweigen des Ermittlungsverfahrens ab, wie sie bereits erstinstanzlich vorgetragen habe. Dass sie die Eignungszweifel ursprünglich auch mit dem Sachverhalt, der dem Ermittlungsverfahren zugrunde gelegen habe, begründet habe, sei damit nicht länger Verfahrensgegenstand.
172. Soweit die Antragsgegnerin die Begründungserwägung des Verwaltungsgerichts angreift, Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers folgten nicht aus dem Verschweigen des Ermittlungsverfahrens, überzeugt das Beschwerdevorbringen nicht.
18a) Dies gilt zunächst soweit die Antragsgegnerin ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft, der Antragsteller könne sich nicht auf das Verschweigensrecht aus § 64 Abs. 1 BZRG berufen und ausführt: Der Anwendungsbereich des Bundeszentralregistergesetzes sei schon nicht eröffnet. Sie habe nicht aufgrund einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister bzw. dem Erziehungsregister durch das Bundesamt für Justiz Kenntnis von dem gegen den Antragsteller geführten Ermittlungsverfahren erlangt, sondern durch eine Abfrage beim vorliegend zuständigen Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (LKA NRW). Dies sei gängige Verwaltungspraxis, die bis zum (früheren) Bundesgrenzschutz zurückreiche und auf einem Beschluss des Arbeitskreises II der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Bundesländer am 6./7. September 1988 beruhe. Beim LKA NRW würden die polizeilichen Datenbanken wie INPOL oder die Vorgangsdatenverwaltung abgefragt und das Ergebnis sodann als Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch – übermittelt. Rechtliche Grundlage hierfür bilde die Norm aus dem jeweiligen Bundesland zur Datenübermittlung im innerstaatlichen Bereich. Dies sei im vorliegenden Fall § 27 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und b PolG NRW. Diese Vorschrift berechtige die Polizei, personenbezogene Daten an andere als die in § 27 Abs. 1 PolG NRW genannten Behörden und sonstige öffentliche Stellen zu übermitteln, soweit dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben oder zur Abwehr einer Gefahr durch die empfangende Stelle erforderlich sei. Zu den Aufgaben der Antragsgegnerin gehöre vor allem die Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten und damit die Einstellung von Anwärtern. Die Ausbildung solle keinen Bewerbern zuteilwerden, die nicht über die erforderliche Geeignetheit verfügten, um sicherzustellen, dass das Wissen und die Vorgehensweise der Polizei polizeiintern blieben und nicht von Außenstehenden zu ihrem Vorteil genutzt werden könnten. Es sei daher im Rahmen des § 27 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und b PolG NRW hervorzuheben, dass die Antragsgegnerin sich im Einstellungsverfahren ein umfassendes Bild von den Bewerbern machen müsse. Dies erhalte sie nur bei wahrheitsgemäßer Angabe von polizeilichen, staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Verfahren, da sie dann nach einer entsprechenden Einwilligung des Bewerbers durch eine Polizeiauskunft zumindest auf ein Bundesland beschränkt überprüfen könne, dass der Bewerber wahrheitsgemäße und vollständige Angaben über die gegen ihn geführten Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren gemacht habe. Dass die Antragsgegnerin auf der Grundlage dieser Polizeiauskunft sodann die charakterliche Eignung des Bewerbers überprüfe, basiere auf ihrer Organisationsgewalt und dem Grundsatz der Bestenauslese im Rahmen des Bewerbungsprozesses.
19Dieses Vorbringen zieht die Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller im Rahmen der Prüfung seiner charakterlichen Eignung nicht vorhalten kann, dass dieser trotz einer entsprechenden Frage das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren nicht offenbart hat, weil der Antragsteller berechtigt war, dieses zu verschweigen. Der Antragsteller war auch unter Würdigung des Beschwerdevorbringens nicht verpflichtet, der Antragsgegnerin dieses Ermittlungsverfahren zu offenbaren. Dies folgt aus § 64 Abs. 1 BZRG, der nicht nur gestattet, Eintragungen in das Erziehungsregister und die ihnen zugrundeliegenden Sachverhalte nicht zu offenbaren, sondern auch dahingehende Fragen – wie in vorliegendem Fall – sachlich unrichtig zu beantworten.
20Vgl. Tolzmann, BZRG, 5. Aufl. 2015, § 64 Rn. 4.
21Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Verschweigensrechts gemäß § 64 Abs. 1 BZRG vorliegen, stellt die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung nicht in Abrede. Ihre Annahme, der Anwendungsbereich des Bundeszentralregistergesetzes und damit auch des § 64 Abs. 1 BZRG sei schon nicht eröffnet, weil sie ihre Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren nicht durch eine Auskunft aus dem Erziehungsregister auf der Grundlage des Bundeszentralregistergesetzes, sondern durch eine Mitteilung des LKA NRW erlangt habe, geht fehl. Dass das Ermittlungsverfahren der Antragsgegnerin nicht aus dem Erziehungsregister, sondern auf anderem Wege bekannt geworden ist, ist für das Bestehen des Verschweigensrechts unerheblich. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut von § 64 Abs. 1 BZRG, der gerade nicht verlangt, dass eine Auskunft aus dem Erziehungsregister erteilt werden soll, sondern bezogen auf die Eintragung in das Erziehungsregister und den ihr zugrundeliegenden Sachverhalt ein unbeschränktes und unbedingtes Verschweigensrecht gewährt.
22Für dieses Verständnis des § 64 Abs. 1 BZRG sprechen auch Sinn und Zweck der Regelungen zum Erziehungsregister. Sie tragen dem Ziel des Jugendstrafrechts, das auf Erziehung, soziale Integration, Verhaltenskontrolle und die Zurückdrängung sozialschädlicher Verhaltensweisen gerichtet ist, auf dem Gebiet des Registerrechts Rechnung, indem sie verhindern, dass Jugendliche durch die angeordneten Maßnahmen mehr als notwendig stigmatisiert werden. Die Regelungen zum Inhalt des Erziehungsregisters, zur Auskunftsberechtigung sowie zur Offenbarungspflicht der Betroffenen sind daher erheblich enger als entsprechende Regelungen für das Bundeszentralregister selbst.
23Vgl. Tolzmann, BZRG, 5. Aufl. 2015, § 59 Rn. 4 und 8.
24Mit diesem Zweck von § 64 Abs. 1 BZRG ist eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass ein Verschweigensrecht des Betroffenen nur dann besteht, wenn die Behörde durch eine Auskunft aus dem Erziehungsregister Kenntnis von einem Ermittlungsverfahren erhält oder erhalten will, nicht vereinbar. Für das Recht des Betroffenen, eine von § 64 Abs. 1 BZRG erfasste Frage nicht oder falsch beantworten zu dürfen, kann es nicht darauf ankommen, ob die Behörde später über eine Registerauskunft oder auf anderem Wege von einer Eintragung bzw. dem ihr zugrundeliegenden Sachverhalt erfährt.
25Kommt es danach für das Bestehen des Verschweigensrechts nicht darauf an, auf welchem Weg die Behörde dennoch Kenntnis von dem Ermittlungsverfahren erhalten hat, steht entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin der Anwendbarkeit des Bundeszentralregistergesetzes auch nicht entgegen, dass der Umfang einer Polizeiauskunft durch das LKA NRW inhaltlich hinter dem einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister bzw. Erziehungsregister zurückbleibt.
26b) Gegen das Verschweigensrecht des Antragstellers vermag sich die Antragsgegnerin auch nicht auf § 27 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a und b PolG NRW zu berufen. Nach diesen Vorschriften kann die Polizei an andere Behörden als Polizeibehörden und sonstige öffentliche Stellen personenbezogene Daten übermitteln, soweit dies (Buchst. a) zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben oder (Buchst. b) zur Abwehr einer Gefahr durch die empfangende Stelle erforderlich ist. § 27 PolG NRW bildet jedoch lediglich die Rechtsgrundlage für die Informationsweitergabe von dem LKA NRW an die Bundespolizeiakademie. Er trifft hingegen keine Regelung zu der Frage, ob der von einer Eintragung im Erziehungsregister Betroffene abweichend von § 64 Abs. 1 BZRG verpflichtet ist, diesbezügliche Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Aus diesem Grund verfängt auch das Vorbringen der Antragsgegnerin nicht, nach allgemeinen Datenschutzgrundsätzen sei die Erhebung und Verwertung personenbezogener Daten gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO zulässig, wenn diese – wie im Fall des Antragstellers – freiwillig erfolge.
27c) Das Vorbringen der Antragsgegnerin, dass sie eingestellte Ermittlungsverfahren ihrer Beurteilung der charakterlichen Eignung zugrundelegen dürfe, ihr dabei ein „originärer Bewertungsmaßstab“ zukomme, sie daher auf vollständige Angaben vertrauen und bereits bei berechtigten Zweifeln an der charakterlichen Eignung die Einstellung ablehnen dürfe, trifft zwar zu. Es geht aber an der Frage vorbei, ob der Antragsteller deshalb charakterlich ungeeignet ist, weil er das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahrens verschwiegen hat. Die Antragsgegnerin begründet ihre Zweifel an der Eignung des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren – wie oben ausge-führt – ausdrücklich nur (noch) mit dieser falschen Angabe, nicht aber mit dem Sachverhalt, der dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegt. Dem entsprechend fehlt es auch an entsprechendem Beschwerdevorbringen. Ob dieser Sachverhalt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts allein geeignet wäre, die Zweifel der Antragsgegnerin zu tragen, ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren daher nicht entscheidungserheblich.
28III. Einer Entscheidung über die beantragte einstweilige Aussetzung der Vollziehung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts bedarf es angesichts der vorstehenden Entscheidung über die Beschwerde der Antragsgegnerin nicht mehr.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
30Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG. Auszugehen ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GKG von der Hälfte des Jahresbetrages der Bezüge, die dem jeweiligen Antragsteller nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (hier: 27. November 2024) bekanntgemachten, für Beamte des Bundes geltenden Besoldungsrechts fiktiv für das angestrebte Amt im Kalenderjahr der Beschwerdeerhebung zu zahlen sind. Nicht zu berücksichtigen sind dabei die nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 GKG ausgenommenen Besoldungsbestandteile. Der hälftige Jahresbetrag der Bezüge ist auch im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Eilrechtsschutzverfahrens nicht weiter zu reduzieren, da dieses auf eine weitgehende Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist. Der nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnde Jahresbetrag beläuft sich hier angesichts der angestrebten Aufnahme in das Beamtenverhältnis auf Widerruf im mittleren Polizeivollzugsdienst des Bundes auf 17.348,38 Euro (Anwärtergrundbetrag für Januar und Februar jeweils 1.307,34 Euro, für die übrigen Monate jeweils 1.473,37 Euro). Die Division des o. g. Jahresbetrages mit dem Divisor 2 führt auf einen Wert von 8.674,19 Euro, der in die im Tenor festgesetzte Streitwertstufe fällt.
31Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.