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Besetzung der Stelle der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 34.059,60 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.
3Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, erschüttern die (unter I. dargestellten) tragenden Gründe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (dazu II. 1.). Da sich der erstinstanzliche Beschluss auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (dazu II. 2.), ist das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung auf die Beschwerde hin zu ändern und der (sinngemäße) Antrag des Antragstellers,
4dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Stelle der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden und eine Rechtsschutzfrist von wenigstens weiteren 14 Tagen abgelaufen ist,
5abzulehnen.
6I. Zur Begründung der stattgebenden Entscheidung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch und – vor dem Hintergrund der beabsichtigten Besetzung der ausgeschriebenen Stelle mit der Beigeladenen – auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Anordnungsanspruch ergebe sich daraus, dass die zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletze und es jedenfalls möglich erscheine, dass der Antragsteller bei einer rechtsfehlerfreien Wiederholung der Auswahlentscheidung ausgewählt werde.
7Die Auswahlentscheidung genüge nicht den an sie zu stellenden Anforderungen. Sie leide bereits an einem verfahrensrechtlichen Mangel. Dieser ergebe sich aus der Weisung des Ministers der Justiz des Antragsgegners (im Folgenden: Minister) vom 30. Juni 2022, die Verfügung betreffend den ihm vorgelegten Besetzungsvorschlag nicht weiter auszuführen und damit das Auswahlverfahren zu unterbrechen. Diese Unterbrechung des Auswahlverfahrens verletze den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers. Sie sei manipulativ eingesetzt worden, um eine Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu steuern. Weil die für die Unterbrechung maßgeblichen Erwägungen nicht dokumentiert worden seien, seien die Rechtsschutzmöglichkeiten des Antragstellers jedenfalls in unzumutbarer Weise eingeschränkt worden. Die Garantie effektiven Rechtsschutzes gebiete, das Auswahlverfahren so fortzuführen, als wäre die Unterbrechung nicht erfolgt. Das Stellenbesetzungsverfahren sei daher mit dem im Zeitpunkt der Unterbrechung bestehenden Bewerberkreis fortzuführen, d. h. ohne die Beigeladene, deren Bewerbung erst am 13. September 2022 eingegangen sei. Das Verwaltungsgericht habe davon abgesehen, den Antragsgegner dementsprechend zu verpflichten, weil der Antragsteller keinen entsprechenden Antrag gestellt habe (§ 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 VwGO).
8Soweit die Auswahlentscheidung die Entwicklung der Leistungen der Beigeladenen würdige, fehlten hinreichend aktuelle Regelbeurteilungen für den Zeitraum zwischen den Jahren 2011 und 2020. Dies verstoße gegen den in § 92 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass der dienstliche Werdegang eines Beamten lückenlos durch Regelbeurteilungen abgedeckt sein solle, und in dem vorliegenden Fall eines Konkurrentenstreits letztlich gegen Art. 33 Abs. 2 GG.
9Auch die der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Überbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen seien rechtswidrig. Dem Minister fehle es bereits an der erforderlichen Überbeurteilungskompetenz. Nach den maßgeblichen Regelungen sei das Ministerium der Justiz des Landes NRW (Ministerium) zwar für die Überbeurteilung anlässlich einer Bewerbung um das Amt als Präsidentin/Präsident des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zuständig. Dies gelte jedoch ausschließlich für die Landesbeamten aus dem Geschäftsbereich des Justizministeriums sowie entsprechend für Richter des Landes. Der Antragsteller sei Bundesrichter. Die Beigeladene sei nicht Beamtin des Ministeriums der Justiz, sondern des Ministeriums des Innern des Landes NRW (Ministerium des Innern). Die Überbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen seien auch deshalb rechtswidrig, weil sie bereits auf der Ebene des Beurteilungsverfahrens „zielorientiert“ die zukünftige Auswahlentscheidung gesteuert hätten. Eine anhand der Anzahl der zur Verfügung stehenden Beförderungsstellen vorgenommene „Synchronisierung“ mit der Spitzennote sei jedoch unzulässig. Im Übrigen seien in die Überbeurteilung Erwägungen eingestellt worden, die erst beim Qualifikationsvergleich im Rahmen der Auswahlentscheidung hätten Berücksichtigung finden dürften. Bei der Auswahlentscheidung sei angemessen zu berücksichtigen, wenn ein Bewerber vor dem aktuellen Beurteilungszeitraum Leistungen erbracht und Erfahrungen gesammelt habe, die aufgrund des Beurteilungszeitraums in der aktuellen Beurteilung keine Berücksichtigung gefunden, aber immer noch Aussagekraft für die aktuell zu erstellende Eignungsbewertung hätten. Dementsprechend hätten die von der Beigeladenen vor dem Beurteilungszeitraum (1. Juni 2020 bis 31. August 2022) erbrachten Leistungen erst bei der späteren Auswahlentscheidung, nicht aber im Rahmen der Überbeurteilung berücksichtigt werden dürfen. Unabhängig davon dürfe ein Überbeurteiler von der Beurteilung der nachgeordneten Behörde nur abweichen, wenn er dies im Interesse der Durchsetzung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe für seinen gesamten Dienstbereich als geboten erachte oder wenn er aufgrund eigener Wahrnehmungen und Eindrücke oder indirekter Erkenntnisquellen im Einzelfall selbst zu einer – anderen – Einschätzung des Beamten in der Lage sei. Der Minister habe jedoch keine andere Einschätzung in diesem Sinne vorgenommen, sondern im Wege der Überbeurteilung Grundlagen für den Qualifikationsvergleich der Bewerber im Auswahlverfahren zu schaffen versucht. Der Zweck einer Überbeurteilung liege jedoch darin, einheitliche Beurteilungsmaßstäbe zu gewährleisten, und nicht darin, die durch einen – zumal ressortfremden – Endbeurteiler festgesetzte Eignungsprognose durch (vermeintliche) eigene Erkenntnisse zu plausibilisieren oder anzureichern.
10Ferner sei die für die Auswahlentscheidung herangezogene Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 20. März 2023 rechtswidrig. Diese Beurteilung sei von dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts entsprechend der von dem Antragsgegner geäußerten Bitte anhand der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Antragsgegners erstellt worden. Diese gälten aber ausschließlich für die dienstliche Beurteilung der Richter des Landes Nordrhein-Westfalen.
11Auch die Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 sei rechtswidrig. Sie enthalte bereits kein abschließendes Gesamturteil unter Berücksichtigung sämtlicher drei Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG. Weder die herangezogenen Beurteilungsrichtlinien noch die in ihrer Anwendung ergangene Anlassbeurteilung genügten den Anforderungen an die Bildung des abschließenden Gesamturteils. Offenbleiben könne, ob die Anlassbeurteilung bei korrektem Gesamturteil angesichts der durchweg vergebenen Spitzennoten in den Leistungs- und Befähigungsmerkmalen anders ausgefallen wäre. Dies müsse einer erneuten dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen bzw. einer erneuten Auswahlentscheidung des Antragsgegners vorbehalten bleiben. Die in dieser Anlassbeurteilung vergebene Spitzennote sei zudem nicht plausibel begründet worden. Die Vergabe der Spitzennote in allen Leistungs- und Befähigungsmerkmalen wäre näher zu begründen gewesen, weil die Beigeladene nur drei Monate vor dem Stichtag dieser Anlassbeurteilung zur Ministerialdirigentin (Besoldungsgruppe B 7 LBesO NRW) befördert worden sei. Umstände, die hier ausnahmsweise einen Verzicht auf eine gesonderte Begründung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Der Antragsgegner habe auch auf die substantiierte Rüge des Antragstellers gegen die Beurteilung der Leistungen der Beigeladenen sein Werturteil nicht nachträglich plausibilisiert. Einer gesonderten Begründung bedürfe es im Übrigen auch deshalb, weil mit der vergebenen Spitzennote ein erheblicher Notensprung erfolgt sei. Die Beigeladene habe ihre letzte Beurteilung im Jahr 2011 mit der Spitzennote im Amt einer Ministerialrätin bei einer obersten Landesbehörde (Besoldungsgruppe B 2 LBesO NRW) erhalten. Zwar nicht zwingend zu durchlaufende, aber gleichwohl nachfolgend höhere Statusämter seien die Statusämter der Besoldungsgruppen B 3 bis B 6 LBesO NRW. Dies bedeute, dass zwischen dem Statusamt, das die Beigeladene im Jahr 2011, dem Jahr ihrer letzten dienstlichen Beurteilung, bekleidet habe, und dem aus dem Jahr 2022 vier Statusämter lägen. Da die Anforderungen mit einem höheren Statusamt stiegen, die Beigeladene aber gleichwohl unmittelbar im Anschluss an ihre Beurteilung aus dem Jahr 2011 im Amt einer Ministerialrätin im Jahr 2022 die Spitzennote im Amt der Besoldungsgruppe B 7 LBesO NRW erhalten habe, liege in der Sache ein mehrfacher Notensprung vor. Die Anlassbeurteilung sei ferner deshalb rechtswidrig, weil sie nicht aus einer Regelbeurteilung hergeleitet worden sei. Die Beigeladene sei über rund neun Jahre nicht beurteilt worden. Wegen dieses Verstoßes gegen das Gebot der Lückenlosigkeit sei die Anlassbeurteilung nicht plausibel.
12Die Annahme des Antragsgegners im Auswahlverfahren, der Antragsteller und die Beigeladene seien im Wesentlichen gleich beurteilt worden, sei ebenfalls unzureichend begründet. Dabei könne dahinstehen, ob sich die Annahme eines Qualifikationsgleichstands tatsächlich auch auf die in einer Beurteilung festgesetzte Eignungsprognose für das angestrebte Amt oder nur auf das Gesamturteil hinsichtlich der im innegehabten Statusamt gezeigten Eignung, Leistung und Befähigung beziehen müsse. Jedenfalls habe der Antragsgegner seine Annahme eines Qualifikationsgleichstandes auch auf die in der Anlassbeurteilung der Beigeladenen enthaltene Eignungsprognose bezogen, ohne dies hinreichend zu begründen. Bei der formalen Gegenüberstellung der jeweils erzielten Notenstufen werde der Eignungsprognose für die Beigeladene ohne Begründung ein Gewicht zugesprochen, das ihr im Vergleich zu der für den Antragsteller nicht zukomme. Auf Seite 10 des Auswahlvermerks werde hierzu im Rahmen der Vergleichbarkeit der Spitzennote ausgeführt, dass der Antragsteller und die Beigeladene „für das angestrebte Amt ausweislich ihrer (Über-)Beurteilungen „‘hervorragend’ geeignet“ seien. Auf die Überbeurteilung habe schon deshalb nicht Bezug genommen werden dürfen, weil diese aus Rechtsgründen gegenstandlos sei. Aber auch die ebenfalls in Bezug genommene dienstliche Beurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 könne – jedenfalls ohne weitere Darlegungen seitens des Antragsgegners – einen Vergleich nicht tragen. Selbst wenn der Beurteiler seine Eignungsprognose auf das konkret angestrebte Amt hätte beziehen dürfen, sei der von ihm zugunsten der Beigeladenen vergebene höchste Grad der Beförderungseignung für das angestrebte Amt inhaltsleer. Es bleibe offen, von welchem konkreten Anforderungsprofil der Beurteiler ausgegangen sei. Der Beurteilung lasse sich lediglich entnehmen, dass der Beurteiler hervorragende juristische Fähigkeiten sowie eine breite und fundierte Verwaltungserfahrung für „eine Behördenleitung“ als maßgeblich ansehe. Sowohl mit Blick auf die im Bereich der Justizverwaltung anstehenden Aufgaben als auch hinsichtlich des richterlichen Aufgabenbereichs eines mit der Präsidentenstellung verbundenen Senatsvorsitzes bleibe unklar, welche konkreten Anforderungen der Beurteiler in den Blick genommen habe. Selbst wenn die Annahme einer im wesentlichen gleichen Qualifikation sich ausschließlich auf einen Vergleich der Gesamturteile der Bewerber stützen dürfte, könnte eine hervorragende Eignung der Beigeladenen nicht aus der Anlassbeurteilung vom 10. November 2022 begründet werden. Es sei nicht ersichtlich, dass sich der Antragsgegner die begrenzte Aussagekraft der über die Beigeladene erstellten Eignungsprognose bewusstgemacht habe.
13Darüber hinaus habe der Antragsgegner die von der Beigeladenen im Zeitraum vom 1. August 2011 bis zum 31. Mai 2020 erbrachten Leistungen als Stellvertreterin des Leiters des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – mit einem nicht vertretbar begründeten Gewicht in seine Auswahlentscheidung eingestellt. Dadurch sei er zu einem nicht tragfähig begründeten Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen in Bezug auf die mit der ausgeschriebenen Stelle verbundenen Verwaltungsaufgaben im Bereich der Justiz gelangt. Die Gewichtung sei schon deshalb fehlerhaft, weil der Antragsgegner die rechtliche Aussagekraft des der Beigeladenen ausgestellten Zeugnisses des Prälaten G. vom 28. Mai 2020 unzutreffend eingeordnet habe. Zwar sei die Heranziehung dieses Zeugnisses als weiteres Erkenntnismittel außerhalb der dienstlichen Beurteilungen im Ansatzpunkt nicht zu beanstanden. Es fehle jedoch an einer Würdigung der Unterschiede zwischen einer dienstlichen Beurteilung und einem Zeugnis. Dienstliche Beurteilungen beruhten auf der Anwendung einheitlicher, statusamtsbezogener Maßstäbe, zielten auf das innerdienstliche Fortkommen des Bediensteten im Rahmen eines bestehenden Beamtenverhältnisses ab und seien zentrales Instrument der Klärung von Konkurrenzsituationen. Ein Dienst- oder Arbeitszeugnis hingegen solle dem ausgeschiedenen bzw. ausscheidenden Beamten als Unterlage für eine künftige berufliche Entwicklung dienen und zugleich mögliche künftige Arbeitgeber informieren. Es unterliege allein dem „Wohlwollensgrundsatz“. Die allgemeingültigen Wertmaßstäbe, die an ein Dienstzeugnis im Verhältnis zu einer dienstlichen Beurteilung anzulegen seien, habe sich der Antragsgegner nicht klargemacht. Schon eingangs der Auswahlüberlegungen werde das Zeugnis fälschlich als „Beurteilung“ bezeichnet. Dieses Fehlverständnis liege auch der Bezugnahme des Antragsgegners auf Seite 9 des Auswahlvermerks auf Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zugrunde, die sich lediglich auf (dienstliche) Anlassbeurteilungen beziehe. Ferner werde im Auswahlvermerk aus bestimmten Formulierungen des Zeugnisses vom 28. Mai 2020 der Schluss gezogen, dass die Beigeladene seit insgesamt mehr als 15 Jahren äußerst erfolgreich Personalverantwortung wahrnehme. Dieser Schluss verlasse den Rahmen allgemeingültiger Wertmaßstäbe. Der Antragsgegner habe nicht im Ansatz berücksichtigt, dass die Beigeladene hiervon knapp neun Jahre – und damit die weit überwiegende Zeit der 15 Jahre – im Kommissariat der deutschen Bischöfe verbracht und für diese Zeit nur ein zwar wahrheitsgetreues, aber lediglich dem Wohlwollen des Ausstellers unterliegendes Dienstzeugnis erhalten habe. Entsprechende Überlegungen zur Tätigkeit der Beigeladenen im Kommissariat der deutschen Bischöfe habe der Antragsgegner des Weiteren im Rahmen der Prognose der Eignung der Beigeladenen für Verwaltungsaufgaben, die im angestrebten Amt anfielen, angestellt. Es greife zu kurz, die im Zeitraum der Zuweisung innegehabte Personalverantwortung ohne weiteres als (mit)ausschlaggebend für die Eignungsprognose hinsichtlich der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben in der Justiz zu betrachten. Mit Blick auf das Gebot der Trennung von Staat und Kirchen sowie deren Unabhängigkeit vom Staat bestünden schon im Ansatz Bedenken gegen die Zuweisung von Beamten zu öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften. Dementsprechend sei es äußerst zweifelhaft, ob eine solche Zuweisung überhaupt im dienstlichen oder öffentlichen Interesse liegen könne. Zwar habe der Antragsgegner im vorliegenden Auswahlverfahren die Rechtmäßigkeit der früheren Zuweisungsentscheidung nicht mehr zu überprüfen. Er müsse sich im Rahmen der Würdigung der im Zuweisungszeitraum erbrachten Leistungen aber bewusstmachen, ob und inwieweit die Leistungen (auch) in einem dienstlichen oder öffentlichen Interesse gelegen hätten und ob und inwieweit hieraus Schlüsse für die Eignungsprognose mit Blick auf die (staatliche) Verwaltungstätigkeit in Justizangelegenheiten gezogen werden könnten. An einer Reflexion in Bezug auf die für die Leitung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen erforderliche Eignung fehle es jedoch. Zudem sei der Antragsgegner bei der Gewichtung der von der Beigeladenen im Zuweisungszeitraum erbrachten Leistungen im Auswahlvermerk von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen, indem er die dort bekleidete Position nach Art und Bedeutung der Aufgabe einer Gruppenleitung bzw. ständigen Vertretung einer Abteilungsleitung in einer obersten Landesbehörde in Nordrhein-Westfalen gleichgestellt habe. Darüber hinaus habe er ausgeführt, die Aufgabenverteilung zwischen der Leitung und der stellvertretenden Leitung des Kommissariats der deutschen Bischöfe entspreche der Aufgabenverteilung zwischen einem Minister und einem Staatssekretär in der Ministerialverwaltung. Bereits dies widerspreche sich. Auszugehen sei im Übrigen davon, dass die von der Beigeladenen im Kommissariat der deutschen Bischöfe wahrgenommene Tätigkeit lediglich der einer Referatsleiterin und nicht der einer (stellvertretenden) Abteilungsleiterin entspreche. Der Antragsgegner selbst sei in seinem vor der Zuweisung niedergelegten Vermerk vom 1. Juni 2011 davon ausgegangen, dass der Beigeladenen eine ihrem Statusamt – Ministerialrätin (Besoldungsgruppe B 2 LBesO NRW) – entsprechende Tätigkeit zugewiesen werde. Dies stehe mit den Vorgaben des § 20 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG in Einklang, wonach Beamten mit ihrer Zustimmung vorübergehend ganz oder teilweise eine ihrem Amt entsprechende Tätigkeit u. a. bei einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft im dienstlichen oder öffentlichen Interesse zugewiesen werden könne. Zwar schließe diese Vorschrift nicht die Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit aus. Hierfür spreche hier allerdings nichts Durchgreifendes. Der Personalakte der Beigeladenen lasse sich hierfür nichts entnehmen. Der Antragsgegner selbst sei im Zeitpunkt der Zuweisung trotz der Dotierung der kirchlichen Stelle mit Besoldungsgruppe B 5 BBesO mit Ministerialzulage davon ausgegangen, dass die Position nur mit der einer Referatsleiterin im Ministerium (Besoldungsgruppe B 2 LBesO NRW) vergleichbar sei. Auch habe er nichts Überzeugendes dafür vorgebracht, dass die kirchliche Stelle dennoch mit der Besoldungsgruppe B 5 LBesO NRW zu bewerten sei. Ferner sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass er die Tätigkeit der Beigeladenen im Rahmen seiner organisatorischen Gestaltungsfreiheit nach Besoldungsgruppe B 5 LBesO NRW bewertet hätte. Ungeachtet dessen gehe auch der Auswahlvermerk selbst von einer Position als Gruppenleitung bzw. – bei einzügigen Abteilungen – ständiger Vertretung der Abteilungsleitung aus, was allenfalls eine Bewertung nach Besoldungsgruppe B 4 LBesO NRW hätte rechtfertigen können. Auch für eine solche Bewertung sei allerdings nichts Belastbares vorgetragen worden.
14Der Antragsteller sei bei einer Wiederholung der Auswahlentscheidung auch nicht chancenlos. Sowohl der Ausgang künftiger Beurteilungsverfahren als auch das Ergebnis einer erneuten Eignungsprognose unter Würdigung der von der Beigeladenen erbrachten Leistungen seien nämlich vollständig offen. Auf das Konkurrenzverhältnis zwischen dem Antragsteller und Ministerialdirigent Y. komme es im vorliegenden Verfahren schon deswegen nicht an, weil Letzterer nicht – nachrangig nach der Beigeladenen – für die Besetzung der streitgegenständlichen Stelle ausgewählt worden sei. Der Besetzungsvermerk halte abschließend fest, dass die Beigeladene die insgesamt beste Bewerberin sei, und schlage der Landesregierung dementsprechend auch deren Ernennung vor. Nur insoweit sei auch die Zustimmung des Präsidialrats eingeholt worden. Eine Reihung der beiden hier in Rede stehenden Bewerber, nach der Ministerialdirigent Y. besser qualifiziert sei als der (deswegen ihm gegenüber chancenlose) Antragsteller, sei im Besetzungsvermerk weder ausdrücklich noch auch nur der Sache nach erfolgt. Dem Antragsteller werde gegenüber der Beigeladenen und dieser vor Ministerialdirigent Y. ein Vorsprung im Bereich der Rechtsprechung attestiert. Hinsichtlich der Verwaltungsaufgaben werde ein Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen vor Ministerialdirigent Y. und von diesem vor dem Antragsteller festgestellt. Danach sei nicht erkennbar, dass sich Ministerialdirigent Y. bei wertender Betrachtung des deutlich höheren Gewichts der Verwaltungsaufgaben offensichtlich durchsetzen würde. Es sei zunächst Sache des Antragsgegners, in einem ersten Schritt den Umfang des jeweiligen Vorsprungs im Rechtsprechungsbereich bzw. im Bereich der Verwaltungsaufgaben zu bestimmen. Erst in einem zweiten Schritt seien die jeweils ermittelten „Vorsprünge“ zueinander zu gewichten.
15II. Das Beschwerdevorbringen, mit dem sich der Antragsgegner allein gegen die Annahme eines Anordnungsanspruchs gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO wendet, greift durch. Es stellt sämtliche Teile der – jeweils selbstständig entscheidungstragenden – verwaltungsgerichtlichen Argumentation durchgreifend in Frage (dazu 1.). Die angegriffene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zumindest im Ergebnis richtig (dazu 2.).
161. Die Auswahlentscheidung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht aus den von dem Verwaltungsgericht angeführten Gründen.
17a) Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Antragsgegner habe das Verfahren manipulativ gestaltet, um eine Bewerbung der Beigeladenen zu ermöglichen, trifft ersichtlich nicht zu.
18aa) Der Antragsgegner führt hierzu aus: Zwar dürfe der Dienstherr ein Auswahlverfahren nicht unterbrechen, um eine Auswahlentscheidung gezielt zugunsten eines Bewerbers zu steuern. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liege eine derartige manipulative Verfahrensgestaltung hier aber nicht vor. Das Verfahren sei zu keinem Zeitpunkt zugunsten der Beigeladenen – und selbstverständlich auch nicht zugunsten eines anderen Bewerbers – manipuliert worden. Fehl gehe bereits die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Auswahlverfahren sei unterbrochen oder ausgesetzt worden. Dem von dem Minister auf der Verfügung betreffend die Auswahlentscheidung angebrachten Vermerk „Vfg. nicht weiter ausführen“ vom 30. Juni 2022 könne eine solche Bedeutung nicht beigemessen werden. Diese Verfügung habe keine Billigung seines Amtsvorgängers aufgehoben. Dessen Paraphe vom 16. Mai 2022 sei materiell ohne Wirkung geblieben. Der Vorgang sei zunächst nicht wieder in den Geschäftsgang gelangt, sondern erst am 28. Juli 2022, dem letzten Tag der Amtszeit des vormaligen Ministers, beim Ausräumen von dessen Amtszimmer an den Abteilungsleiter Z herausgegeben worden. Mangels wirksamer Billigung des (früheren) Ministers habe es sich zu diesem Zeitpunkt lediglich um einen Besetzungsvorschlag gehandelt, der weiterhin der Billigung des (neuen) Ministers bedurft habe. Die Verfügung des Ministers vom 30. Juni 2022 habe diese unwirksame Paraphe lediglich „formell aufgehoben“. Eine konstitutive Bedeutung habe die Verfügung vom 30. Juni 2022 daher nicht entfaltet, insbesondere keine Unterbrechung bzw. Aussetzung herbeigeführt. Erst recht könne ihr nicht der Inhalt entnommen werden, durch sie habe der Entwurf des Besetzungsvotums der Abteilung Z vom 11. Mai 2022 dauerhaft verworfen werden sollen. Dies habe sowohl der inneren Haltung des Ministers zu dem Entwurf des Besetzungsvotums in der Besprechung vom 30. Juni 2022 als auch dem äußeren Inhalt dieser Besprechung widersprochen, in der es allein um die Notwendigkeit gegangen sei, dass sich die Hausleitung gründlich mit dem Vorgang befassen müsse. Im Übrigen habe das Ministerium einschließlich der neuen Hausleitung am 30. Juni 2022 keine Kenntnis von möglichen oder gar beabsichtigten weiteren Bewerbungen – der Beigeladenen oder sonstiger Dritter – gehabt. Selbst wenn man die Verfügung des Ministers vom 30. Juni 2022 als Unterbrechung oder Aussetzung ansähe, wäre diese nicht mit dem Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens gleichzusetzen. Vom Amtsantritt des neuen Ministers am 29. Juni 2022 bis zum Eingang der Bewerbung der Beigeladenen am 13. September 2022 sei das Verfahren lediglich de facto nicht betrieben worden, weil die neue Hausleitung wegen der mit Übernahme der Amtsgeschäfte verbundenen Angelegenheiten – wie z. B. dem Aufbau eines Leitungstabs – und anderer Aufgaben – wie z. B. der Vorbereitung eines Notfallmanagements zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Kernaufgaben der Justiz im Fall von Cyberangriffen und Strom- oder Wärmeversorgungsausfällen in dem erwarteten Krisenwinter 2022/23 – in diesem Zeitraum keine Gelegenheit gehabt habe, über eine Billigung des Entwurfs des Auswahlvermerks vom 11. Mai 2022 zu entscheiden. Diesem etwa zweieinhalbmonatigen Nichtbetrieb komme rechtlich keine andere Qualität zu als dem gut sechsmonatigen Nichtbetrieb von Ende Juni 2021, dem Eingang der zunächst letzten Bewerbung, bis Anfang Januar 2022, als die Beurteilungen für die Bewerber angefordert worden seien. Ähnlich liege es ferner bei dem anderthalbmonatigen Nichtbetrieb zwischen dem Eingang des Entwurfs des Auswahlvermerks bei dem damaligen Minister Mitte Mai 2022 und der Herausgabe des Vorgangs an den Abteilungsleiter Z am 28. Juni 2022.
19bb) Dieser Vortrag zeigt überzeugend auf, dass der Vorwurf, der Antragsgegner habe das Besetzungsverfahrens manipulativ gestaltet, haltlos ist. Dabei kann offenbleiben, ob der vormalige Minister den Besetzungsvorschlag vom 11. Mai 2022 mit der unter dem 16. Mai 2022 angebrachten Paraphe gebilligt hat. Unterstellt, es habe sich um eine Billigung gehandelt, hätte der (neue) Minister mit dem Vermerk vom 30. Juni 2022 die weitere Ausführung der Verfügung gestoppt. Misst man der Paraphe – wofür Einiges sprechen dürfte – keine billigende Wirkung bei, weil der frühere Minister den Vorgang zu keinem Zeitpunkt mit dem Ziel der Fortführung des Auswahlverfahrens in den Geschäftsgang gegeben hat, hätte der Minister dem Besetzungsverfahren am 30. Juni 2022 und in der Folgezeit lediglich vorübergehend keinen Fortgang gegeben, obwohl mit dem Besetzungsvorschlag vom 11. Mai 2022 ein abschließend von der Abteilung Z gezeichnetes und daher entscheidungsreifes Besetzungsvotum vorlag. In beiden Fällen hätte der Minister die Bearbeitung des Verfahrens zwar tatsächlich verzögert, dieses aber nicht manipulativ gestaltet. In Anbetracht der Gesamtumstände des Gesprächs mit dem Abteilungsleiter Z vom 30. Juni 2022, bei dem der Minister den Vermerk auf dem Besetzungsvotum anbrachte, ist nicht zu beanstanden, dass der Minister den Besetzungsvorschlag nicht umgehend – ohne eigene umfassende Prüfung – selbst gebilligt hat. Es liegt nämlich auf der Hand, dass er sich einen Tag nach seiner Ernennung gerade mit Blick auf sein weites Organisationsermessen – ohne weiteres nachvollziehbar – dafür entscheiden durfte, sich zunächst vorrangig um die Herstellung seiner eigenen Arbeitsfähigkeit und der Arbeitsfähigkeit des Ministeriums zu kümmern und Angelegenheiten, die im Verhältnis zu dieser Aufgabe weniger dringlich waren, zurückzustellen. In dieser Situation und mit Blick darauf, dass die Erfüllung der Amtsgeschäfte der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Wege der Vertretung sichergestellt war, konnte und musste er sich mit der nun von ihm zu verantwortenden Besetzungsentscheidung – ebenfalls auf der Hand liegend – nicht in einer Weise eingehend befassen, wie dies – nicht zuletzt wegen der Bedeutung der in Rede stehenden Stelle – angemessen und erforderlich gewesen wäre. Dass er den Vorgang erst zu einem späteren Zeitpunkt bearbeiten wollte, wird auch nicht dadurch widerlegt, dass er am 30. Juni 2022 keine Frist für eine Wiedervorlage verfügte. Schon die Bedeutung der Auswahlentscheidung für das Spitzenamt der Verwaltungsgerichtsbarkeit des Landes bot ersichtlich hinreichende Gewähr dafür, dass der Besetzungsvorschlag nicht aus dem Blickfeld des Ministers und seiner – die Sache ggf. selbständig wieder vorlegenden – Abteilung Z geriet.
20Es ist auch Nichts dafür ersichtlich, dass der Minister den Besetzungsvorschlag deshalb zunächst nicht bearbeitet hätte, um der Beigeladenen noch eine Bewerbung zu ermöglichen. Der Minister hat durchgehend erklärt, dass ihm das Interesse der Beigeladenen an der streitgegenständlichen Stelle am 30. Juni 2022 noch unbekannt gewesen sei. Darüber habe die Beigeladene ihn erst anlässlich ihres Gesprächs am 20. Juli 2022 in Kenntnis gesetzt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vortrag unzutreffend ist und der Minister bereits am 30. Juni 2022 Kenntnis von der Bewerbungsabsicht der Beigeladenen hatte (oder gar noch eine Bewerbung der Beigeladenen veranlassen wollte), sind nicht im Ansatz ersichtlich und werden auch vom Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen. Die Ausführungen, mit denen das Verwaltungsgericht annimmt, mutmaßt oder mindestens insinuiert, die angebliche „Unterbrechung“ des Auswahlverfahrens sei deshalb erfolgt, „um die Berücksichtigung einer künftig eigehenden Bewerbung der Beigeladenen zu ermöglichen“,
21vgl. VG Münster, Beschluss vom 28. September 2023 – 5 L 583/23 –, juris, Rn. 81 ff., insb. Rn. 86, 88, 97 und 99,
22haben daher keine tatsächliche Grundlage, sondern sind rein spekulativ.
23Auch in der Zeit nach dem 30. Juni 2022 sind manipulative Einwirkungen auf das Besetzungsverfahren zugunsten der Beigeladenen nicht ansatzweise erkennbar. Dies gilt insbesondere für die Entscheidung, die (erst) am 13. September 2022 eingegangene Bewerbung der Beigeladenen in das Auswahlverfahren einzubeziehen, sowie für die abschließende Besetzungsentscheidung. Der Minister hat sowohl im Beschwerdeverfahren als auch im Landtag NRW durchweg erklärt, er habe weder dem Abteilungsleiter Z noch der zuständigen Referatsleiterin Z 4 inhaltliche Vorgaben für diese beiden Entscheidungen gemacht. Vielmehr habe er betont, dass diese allein nach Recht und Gesetz zu erfolgen hätten. Hieran zu zweifeln, besteht kein Anlass. Belastbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine Einflussnahme des Ministers zugunsten der Beigeladenen sind weder den Akten zu entnehmen, noch lassen sie sich aus dem Vortrag des Antragstellers ableiten. Dass der Minister und die Beigeladene sich wegen ihrer früheren kollegialen, nie ganz abgerissenen Verbindung duzen, reicht hierfür ersichtlich nicht aus, zumal auch der Minister und der Antragsteller sich nach den unbestrittenen Angaben des Ministers duzen.
24Vgl. insoweit auch Landtag NRW, Ausschussprotokoll des Rechtsausschusses, Apr 18/365 vom 5. Oktober 2023, S. 20 Mitte.
25Auch der Umstand, dass der Minister während des Auswahlverfahrens Gespräche mit den Bewerbern geführt hat, ist nicht geeignet, die Annahme einer Manipulation des Bewerbungsverfahrens oder einer Voreingenommenheit des Ministers zu belegen. Derartige informelle Gespräche sind grundsätzlich nicht unüblich und haben auch keine abschließende Entscheidung über die Stellenbesetzung zum Gegenstand. Vielmehr geht es regelmäßig lediglich darum, den Bewerbern bloß vorläufige Einschätzungen des Ministers darzulegen, die nicht mit einer Vorfestlegung gleichgesetzt werden können.
26Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2021 – 1 B 1341/21 –, juris, Rn. 28 (betreffend eine Auswahlentscheidung des Amtsvorgängers des Ministers).
27Dass die in Rede stehenden Gespräche einen weitergehenden, auf eine Voreingenommenheit des Ministers oder auf eine unfaire Führung des Auswahlverfahrens hindeutenden Inhalt gehabt haben könnten, ist gleichfalls nicht im Ansatz erkennbar.
28Der Minister hat insoweit durchgängig vortragen lassen und im Landtag NRW auch selbst erklärt, dass die Initiative zu den Gesprächen nicht von ihm, sondern von der Beigeladenen bzw. dem Antragsteller ausgegangen sei, die für sich hätten werben wollen (sog. „antichambrieren“). Diesen Bitten habe er sich nicht verschlossen. In den Gesprächen habe er aber jeweils lediglich auf das hochkarätige Bewerberfeld verwiesen und um Prüfung durch die Konkurrenten gebeten, ob die jeweilige Bewerbung aufrechterhalten werde. Er habe jedoch zu keinem Zeitpunkt einem Konkurrenten gegenüber geäußert, dass es eine (andere) bessere Bewerbung gebe.
29Vgl. etwa Landtag NRW, Plenarprotokoll 18/48 vom 29. November 2023, S. 106, linke Spalte Mitte und rechte Spalte oben, S. 107, rechte Spalte unten, und insbesondere S. 110, linke Spalte oben bis Mitte; dazu, dass die Beigeladene und der Antragsteller auch mit Gesprächsbitten an den Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien im Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten, L. Z., herangetreten sind, vgl. dessen Angaben vor dem Landtagsplenum, Plenarprotokoll 18/50 vom 1. Dezember 2023, S. 16 f.
30Diesen Angaben hat der Antragsteller insoweit widersprochen, als er in seiner Beschwerdeerwiderung vom 5. Dezember 2023 – erstmals – behauptet, der Minister habe ihn aufgefordert, die Bewerbung zurückzuziehen. In seiner Eidesstattlichen Versicherung vom gleichen Tag hat er allerdings ausdrücklich nicht ausgeschlossen, dass der Minister (lediglich) formuliert habe, er – der Antragsteller – möge seine Bewerbung überdenken. Dies habe er wegen der mit der Eidesstattlichen Versicherung weiter behaupteten Äußerung des Ministers, die Beigeladene habe einen Vorsprung, und einer angedachten Kompensation nur als Aufforderung zur Rücknahme der Bewerbung verstehen können. Es ist insoweit aber (jedenfalls) nicht erkennbar, dass eine solche Äußerung, sollte sie so wie behauptet erfolgt sein, eine vorzeitige, d. h. vor eingehender Prüfung des gesamten Auswahlmaterials erfolgte Festlegung und Befangenheit des Ministers belegen würde. Sie könnte nämlich, was die Annahme eines „Vorsprungs“ angeht, ohne weiteres auf einer zulässigen bloßen Voreinschätzung des Ministers beruhen.
31Mit Blick auf das Vorstehende besteht entgegen der Ansicht des Antragstellers kein tauglicher Ansatzpunkt für die Annahme, der Senat sei insoweit zu einer wie immer gearteten (weiteren) Sachaufklärung im vorliegenden Eilverfahren gehalten.
32b) Die Besetzungsentscheidung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie auf einer Überbeurteilung der Beigeladenen und des Antragstellers beruht, für die dem Minister die erforderliche Überbeurteilungskompetenz fehlte.
33aa) Der Antragsgegner bringt insoweit vor: Dem Ministerium stehe eine Überbeurteilungskompetenz auch betreffend die Bewerber um das Amt der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu, die zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht zu dessen Geschäftsbereich gehörten. Die Erstellung von sogenannten Überbeurteilungen werde von dem Landesgesetzgeber in § 14 Abs. 3 LRiStAG vorausgesetzt. Seit dem 19. Februar 2022 weise § 7 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. a ZustVO JM die Zuständigkeit für Überbeurteilungen aus Anlass der Bewerbung um das Amt der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ausdrücklich dem Ministerium der Justiz zu. In der Begründung der diese Regelung einführenden 7. Änderungsverordnung der Beamten- und Disziplinarzuständigkeitsverordnung JM vom 1. Februar 2022 werde ausgeführt, dass die Zuständigkeit des Ministeriums der Justiz für eine Überbeurteilung anlässlich einer Bewerbung für bedeutende Ämter in der Justiz „zur Herstellung der Vergleichbarkeit der Anlassbeurteilungen aus gegebenenfalls unterschiedlichen Geschäftsbereichen bzw. Bezirken“ aufgenommen werde. Diesen Ämtern sei immanent, dass es auf entsprechende Stellenausschreibungen regelmäßig zu Bewerbungen aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen bzw. Bezirken und zum Teil zu Bewerbungen auch von Bewerberinnen und Bewerbern anderer Dienstherren komme. Hier sei die gebotene Herstellung der Vergleichbarkeit der Beurteilungen besonders virulent. Die damalige Hausleitung des Ministeriums habe entschieden, die Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Beurteilungen nicht erst im Auswahlvermerk herzustellen, sondern im Wege der Überbeurteilung. Durch die für diese Beurteilung geltenden Verfahrensregelungen, insbesondere durch die vorherige Übersendung der Überbeurteilung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme gemäß Nr. VI 2 der Allgemeinen Verfügung des Justizministeriums über dienstliche Beurteilungen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom 2. Mai 2005 (2000 – Z. 155), JMBl. NRW S. 121, zuletzt geändert durch Allgemeine Verfügung des Justizministeriums vom 4. Juli 2016, JMBl. NRW S. 191, (Beurteilungs-AV JM a. F.), werde der betroffene Bewerber unmittelbar an Übersetzungsleistung und -ergebnis beteiligt. Bei diesen Überbeurteilungen handele es sich im Fall von „externen“ Bewerbern um ein rein internes Instrument des Ministeriums für Besetzungsverfahren betreffend die in der Verordnung näher bezeichneten Stellen von Behördenleitungen. Aus der Überbeurteilungskompetenz folge weder eine eigenständige Beurteilungsbefugnis noch die Berechtigung zu Maßnahmen der Dienstaufsicht. Die Überbeurteilung schaffe lediglich einen neuen Raum für die Herstellung der geforderten Vergleichbarkeit der Beurteilungen.
34Gegen dieses Vorgehen seien von Seiten der Präsidenten der Obergerichte und Generalstaatsanwälte im Beteiligungsverfahren vor Erlass der Änderungsverordnung keine Bedenken geäußert worden. Derartige Kritik sei auch zu Recht unterblieben, weil die Regelungen des § 2 Abs. 3 und 4 LBG, die gemäß § 2 Abs. 2 LRiStAG für Richter entsprechend anwendbar seien, einer Überbeurteilung von nicht dem Geschäftsbereich des Ministeriums angehörenden Bewerbern nicht entgegenstünden. Sie seien vielmehr so auszulegen, dass sie Regelungen von Zuständigkeiten für Beamte (und Richter), die (erst) in den Geschäftsbereich des Ministeriums zu wechseln beabsichtigten, zuließen. Hierfür streite zudem § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZustVO JM, der bestimme, welche dienstvorgesetzte Stelle für die Erklärung des Einverständnisses zu einer Versetzung oder Abordnung in den Landesdienst zuständig sei. Auch hier werde gestützt auf § 2 Abs. 3 LBG NRW eine beamtenrechtliche Zuständigkeit für Beamte geregelt, die (erst) in den Geschäftsbereich des Ministeriums wechseln wollten.
35Selbst wenn man eine Überbeurteilungskompetenz des Antragsgegners für den Antragsteller und die Beigeladene verneine, ergäbe sich hieraus nicht die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung. Eine defizitäre dienstliche Beurteilung führe nur dann zu der gerichtlichen Feststellung der Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung, wenn letztere auf der Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilung beruhen könne. Der rein formale Fehler, an welcher Stelle die Übersetzung der Beurteilungen und der Eignungsprognose im Rahmen des Auswahlverfahrens platziert worden sei, habe sich auf die Auswahlentscheidung nicht ausgewirkt. Eine Rechtsverletzung des Antragstellers sei schon deshalb ausgeschlossen, weil seine Überbeurteilung lediglich die vom Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts erstellte Anlassbeurteilung vom 17. März 2023 bestätige. In Bezug auf die Beigeladene ergebe sich nichts Anderes. Deren Anlassbeurteilung habe mit den Beurteilungen der übrigen Bewerber durch eine „Übersetzung“ vergleichbar gemacht werden müssen. Dass die diesem Zweck dienenden Erwägungen (schon) in der Überbeurteilung und nicht (erst) in dem Auswahlvermerk angestellt worden seien, mache die Auswahlentscheidung nicht materiell fehlerhaft. Diese Erwägungen hätten im Auswahlvermerk nämlich den gleichen Inhalt gehabt.
36bb) Dieses Vorbringen greift durch.
37(1) Zwar zeigt es nicht auf, dass der Minister zur Erstellung einer (Über)Beurteilung für die Beigeladene befugt ist. Diese Kompetenz folgt insbesondere nicht aus der Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a ZustVO JM, nach der dem für Justiz zuständigen Ministerium die weitere dienstliche Beurteilung (Überbeurteilung) aus Anlass der Bewerbung um das Amt als Präsidentin oder Präsident des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vorbehalten bleibt. Diese Vorschrift kann ihre Grundlage nicht in der insoweit allein in Betracht kommenden Verordnungsermächtigung in § 2 Abs. 3 und 4 Halbsatz 1 LBG NRW finden. Nach § 2 Abs. 4 Halbsatz 1 LBG NRW trifft die dienstvorgesetzte Stelle für Beamte des Landes die beamtenrechtlichen Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihr nachgeordneten Beamten, soweit nicht nach Gesetz oder Verordnung eine andere Stelle zuständig ist. Dienstvorgesetzte Stelle ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBG NRW grundsätzlich die oberste Dienstbehörde. Gemäß § 2 Abs. 3 LBG NRW kann die oberste Dienstbehörde für Entscheidungen nach § 2 Abs. 4 LBG NRW zwar durch Rechtsverordnung eine andere dienstvorgesetzte Stelle bestimmen. § 2 Abs. 4 LBG NRW betrifft jedoch schon dem Wortlaut nach eindeutig nur beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten von der dienstvorgesetzten Stelle nachgeordneten Beamten. Dieser eindeutige Wortlaut der Verordnungsermächtigung kann selbst bei Vorliegen eines entsprechenden Willens des Verordnungsgebers nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass er eine geschäftsbereichs-übergreifende Bestimmung der Beurteilungszuständigkeit gestattet, wenn Bedienstete sich auf eine einem anderen Geschäftsbereich zugeordnete Stelle bewerben. Dem entspricht im Übrigen, dass auch die Eingangsformel der Beamten- und Disziplinarzuständigkeitsverordnung JM den Anwendungsbereich dieser Verordnung auf den „Geschäftsbereich des Justizministeriums“ beschränkt.
38Etwas Anderes folgt entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZustVO JM. Diese Vorschrift bestimmt die Zuständigkeit für die Erklärung des Einverständnisses zu einer Versetzung oder Abordnung in den Landesdienst. Zum einen kann schon aus Gründen der Normenhierarchie die Reichweite einer Verordnungsermächtigung nicht anhand einer Verordnungsbestimmung ausgelegt werden, die gerade auf der auszulegenden Verordnungsermächtigung beruht. Zum anderen ist die Situation einer Abordnung oder Versetzung in den Landesdienst nicht mit der der Erstellung einer Überbeurteilung über einen geschäftsbereichsfremden Beamten zu vergleichen. Für Abordnung und Versetzung ist schon von Gesetzes wegen das Einverständnis des aufnehmenden Dienstherrn erforderlich, vgl. §§ 14 Abs. 4 Satz 1, 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG, §§ 24 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1, 25 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 LBG NRW. Lediglich die Zuständigkeit für die Erklärung dieses gesetzlich erforderlichen Einverständnisses wird durch § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZustVO JM bestimmt. Eine vergleichbare gesetzliche Bestimmung, die einer aufnehmenden Behörde eine Überbeurteilungskompetenz für nicht ihrem Geschäftsbereich angehörende Beamte zuweist, existiert hingegen wie dargelegt gerade nicht.
39(2) Dass der Minister für die Beigeladene keine weitere dienstliche Beurteilung erstellen, d. h. die Beigeladene nicht (über)beurteilen durfte, ist vorliegend aber ohne Belang. Der Minister hat mit dem der Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 beigefügten Vermerk vom 28. März 2023 seine Kompetenzen im Ergebnis nicht überschritten.
40Er hat sich bei der Abfassung dieses Vermerks zwar dafür entschieden, seine Erwägungen in den Kontext einer Überbeurteilung zu stellen. Diese Entscheidung beruhte – wie auch dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen ist – jedoch auf der Übernahme des Fehlverständnisses vom Wesen einer Überbeurteilung schon des Verordnungsgebers. Dieser ging offenbar davon aus, dass die Herstellung der Vergleichbarkeit von dienstlichen Beurteilungen aus unterschiedlichen Beurteilungssystemen rechtlich ebenfalls als Überbeurteilung qualifiziert werden und diese zu diesem Zweck (dennoch) als ein rein internes Instrument im Besetzungsverfahren genutzt werden könne. Dies ist nicht der Fall, weil dem Institut der Überbeurteilung schon begrifflich eben nur (dienstliche) Beurteilungen und nicht auch andere Auswahlerwägungen unterfallen. Diese fehlerhafte Vorstellung des Ministers ist jedoch unbeachtlich. Der Sache nach hat er mit der „Überbeurteilung“ nämlich entsprechend der Zwecksetzung des Verordnungsgebers und seiner eigenen Zielsetzung keine (weitere) Beurteilung für die Beigeladene erstellt, sondern die für die Auswahlentscheidung (zwingend) erforderliche „Übersetzung“ der auf der Grundlage der Richtlinien des damaligen Ministeriums für Inneres und Kommunales für die dienstliche Beurteilung zur Vorbereitung von Personalmaßnahmen, insbesondere Beförderungsentscheidungen, vom 19. November 2020 (24 – 1.39.51 – 1/09 – v. 19.11.2010), MBl. NRW S. 847, in der Fassung des Runderlasses vom 27. März 2012, MBl. NRW S. 498 (Beurteilungsrichtlinien IM) erstellten Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 in das für die Auswahlentscheidung maßgebliche System der Beurteilungs-AV JM a. F. vorgenommen. Für diese den Vergleich der Bewerber ermöglichende Maßstabsangleichung und die daraus resultierenden Auswahlerwägungen ist er indes unzweifelhaft zuständig. Diese Erwägungen finden sich zwar üblicherweise in dem abschließenden Auswahlvermerk. Es steht jedoch im weiten Organisationsermessen des Ministers, ob er sich dieser Übung anschließt oder ob er diese Erwägungen – hier aufgrund der wegen der Formenwahl stärkeren verfahrensrechtlichen Einbindung der Bewerber – ganz oder teilweise aus dem Auswahlvermerk ausgliedert und in einem (dem Auswahlvermerk vorgelagerten) gesonderten Vermerk anstellt.
41Der Vermerk geht inhaltlich auch nicht über solche Erwägungen zu der Maßstabsangleichung und zum Qualifikationsvergleich hinaus, wie sie hinsichtlich der Beigeladenen auch in dem Auswahlvermerk hätten erfolgen können. Davon geht im Übrigen wohl auch das Verwaltungsgericht aus.
42Der Minister hat zunächst für die Maßstabsangleichung der Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 die zutreffenden Regelungen zum Beurteilungssystem seines Ministeriums herangezogen. Sie finden sich noch in der Allgemeinen Verfügung des Justizministeriums über dienstliche Beurteilungen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom 2. Mai 2005 (2000 – Z. 155), JMBl. NRW S. 121, zuletzt geändert durch Allgemeine Verfügung des Justizministeriums vom 4. Juli 2016, JMBl. NRW S. 191. Diese Allgemeine Verfügung ist anwendbar, obwohl sie mit dem Inkrafttreten der ihr nachfolgenden Allgemeinen Verfügung gleicher Bezeichnung vom 15. Dezember 2022 (2000 – Z. 549), JMBl. NRW 2023 S. 53, am 1. Januar 2023 außer Kraft getreten ist. Das ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 13 Satz 2 Halbsatz 1 der Verordnung über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz (Beurteilungsverordnung JM – BeurtVO JM) vom 14. Dezember 2022, GV. NRW. S. 1103. Danach sind dienstliche Beurteilungen, die aus Anlass einer Bewerbung um ein vor dem 1. Januar 2023 ausgeschriebenes Eingangs- oder Beförderungsamt zu erstellen sind, mit der Maßgabe auf der Grundlage der Beurteilungs-AV JM a. F. zu erstellen, dass der späteste Beurteilungsstichtag der 31. Dezember 2022 ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil die streitgegenständliche Stelle schon im Justizministerialblatt vom 15. Juni 2021 ausgeschrieben worden ist.
43Der Vermerk des Ministers setzt an mit Ausführungen zum Beurteilungssystem nach den Beurteilungsrichtlinien IM (erste Seite, Absätze 1 und 2) und einem Vergleich der nach diesem Beurteilungssystem bewerteten Leistungs- und Befähigungsmerkmale mit den nach der Beurteilungs-AV JM a. F. zu beurteilenden Kompetenzen (erste Seite, Absatz 3). Diese Ausführungen geben den rechtlichen Rahmen der erforderlichen Übersetzung der auf den Beurteilungsrichtlinien IM beruhenden Beurteilung in das Beurteilungssystem der nordrhein-westfälischen Justiz zutreffend wieder. Der erste Satz des vierten Absatzes der ersten Seite der Überbeurteilung enthält das grundsätzliche Ergebnis dieser „Übersetzung“, nämlich die Feststellung, dass eine Beurteilung des Ministeriums des Innern, in der – wie vorliegend – sämtliche Leistungs- und Befähigungsmerkmale ausnahmslos mit der Höchstnote bewertet worden seien, nach der Beurteilungs-AV JM a. F. der zusammenfassenden Würdigung „hervorragend“ entspreche.
44Auch der folgende Satz rechtfertigt nicht die Annahme, der Minister habe in der Sache eine über den möglichen Inhalt des Auswahlvermerks hinausgehende eigene Beurteilung erstellen wollen. Er lautet zwar:
45„Da keine Veranlassung besteht, von der vorstehenden Beurteilung des Ministers des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen abzuweichen, bewerte ich die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Frau D. im Amt der Ministerialdirigentin (B 7) im Beurteilungszeitraum mit hervorragend.“
46Diese erkennbar aus dem Bereich des Beurteilungswesens stammende Formulierung ist indes ersichtlich dem oben beschriebenen begrifflichen Fehlverständnis geschuldet. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen materiellen Zwecksetzung des Vermerks wird mit der „Bewertung“ in der Sache nur der zuvor formulierte Grundsatz auf den Einzelfall der Beigeladenen angewandt und das Ergebnis dieser Maßstabsangleichung als auch materiell für die Auswahlentscheidung maßgeblich bestimmt.
47Nichts anderes gilt, soweit der Vermerk den Vorschlag in der Beurteilung des Ministeriums des Innern zur Beförderungseignung der Beigeladenen betrifft. Auch hier beginnen die Ausführungen zur Beförderungseignung mit der grundsätzlichen Einschätzung, dass nach den Beurteilungsrichtlinien IM die Bewertung „Für eine Beförderung besonders geeignet“ den höchsten Grad der Beförderungseignung darstelle und schon deshalb nicht mit dem semantisch ähnlichen Eignungsgrad „besonders gut geeignet“ nach Nr. V. 3 Beurteilungs-AV JM a. F. gleichgesetzt werden könne, sondern – was inzident hieraus folgt – mit dem höchsten Eignungsgrad „hervorragend geeignet“. Die nachfolgenden Ausführungen setzen diese (inzidente) Maßstabsangleichung voraus und enthalten anschließend Erwägungen dazu, ob dieser höchste Eignungsgrad nach Nr. V. 3 Beurteilungs-AV JM a. F., nach der die Eignungsprognose an den Anforderungen an der angestrebten Stelle auszurichten ist, „hier mithin an dem Anforderungsprofil für die Präsidentinnen/Präsidenten der Verwaltungsgerichte und deren Vertreterinnen/Vertreter sowie die Vizepräsidentin/den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts“ gerechtfertigt ist und damit in die weiteren materiellen Auswahlerwägungen einbezogen werden kann. Diese Ausführungen nehmen nicht nur die Tätigkeit der Beigeladenen im Beurteilungszeitraum vom 1. Juni 2020 bis zum 31. August 2022 in den Blick, sondern beziehen Erkenntnisse aus ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit in die Beurteilung ihrer Beförderungseignung ein. So wird im dritten Absatz auf Seite 2 des Vermerks „hinsichtlich der mit dem Amt der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts einhergehenden Rechtsprechungsaufgaben“ berücksichtigt, dass die Beigeladene in der Vergangenheit als Richterin am Oberverwaltungsgericht tätig gewesen sei und sich dort ausweislich ihrer Beurteilung vom 17. August 2009 bewährt habe. Bezüglich der „breit gefächerten und herausgehobenen Rechtskenntnisse“ der Beigeladenen verweist der Vermerk auf die Beurteilung des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. April 2006, die Beurteilungen der Justizministerin bzw. des Justizministers vom 21. Januar 2010 bzw. vom 9. August 2011 sowie das Zeugnis des Kommissariats der deutschen Bischöfe vom 28. Mai 2020. Mit Blick auf die Senatsleitung wird neben der Tätigkeit der Beigeladenen als Ministerialdirigentin im Ministerium des Inneren in dem der Beurteilung vom 10. November 2022 zugrundeliegenden Beurteilungszeitraum auch deren Tätigkeit in der Leitungsfunktion als Ministerialrätin im Ministerium der Justiz gewürdigt. Bei der Bewertung der Beförderungseignung der Beigeladenen in Bezug auf die „mit dem Amt der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts einhergehenden Verwaltungsaufgaben“ wird ebenfalls das gesamte Berufsleben der Beigeladenen in den Blick genommen.
48Hinsichtlich der abschließenden Feststellung des Ministers:
49„Ihren Grad der Eignung für das Amt der Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bewerte ich danach nach den Vorgaben der Beurteilungs-AV JM mit hervorragend geeignet.“
50gelten die oben gemachten Ausführungen. Auch sie ist im Lichte der sachlichen Zwecksetzung des Vermerks zu verstehen.
51Entsprechendes gilt hinsichtlich der „Überbeurteilung“ des Antragstellers.
52c) Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers ist auch nicht etwa deshalb verletzt, weil die Grundsätze für die Dokumentation der Gründe für den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens auf eine – von dem Verwaltungsgericht hier angenommene – „Unterbrechung“ eines Auswahlverfahrens zu übertragen und vorliegend nicht beachtet worden sind.
53aa) Diesbezüglich führt der Antragsgegner aus, dass selbst dann, wenn in der Verfügung vom 30. Juni 2022 eine Unterbrechung oder Aussetzung des Verfahrens gesehen werden könnte, dies nicht mit einem Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens gleichzusetzen wäre. Im Übrigen seien die Gründe der Verfügung vom 30. Juni 2022 nicht dokumentationspflichtig. Sie seien nämlich evident. Selbst wenn man der Verfügung konstitutiven, weil eine wirksame Billigung des früheren Ministers aufhebenden Charakter beimäße, wäre zu berücksichtigen, dass der Besetzungsvorgang mit der Herbeiführung der Kabinettsentscheidung wesentlicher weiterer Verfahrensschritte bedurft hätte. Die hierfür erforderliche Kabinettsvorlage müsse der amtierende Minister unterzeichnen. Dieser übernehme damit die Verantwortung für die vorgeschlagene Entscheidung und führe nicht lediglich den Willen seines nicht mehr amtierenden Vorgängers aus. Deswegen sei evident, dass der Minister selbst habe entscheiden müssen, ob er die – unterstellte – Entscheidung seines Amtsvorgängers übernehme. Ebenso evident sei, dass sich der amtierende Minister vor einer sofortigen eigenen Entscheidung adäquat mit dem komplexen Vorgang hätte beschäftigen müssen. Hierfür habe schon wegen der Dauer des Verfahrens von bei Vorlage des Besetzungsvermerks bereits knapp 13 Monaten, der fehlenden Billigung des vormaligen Staatssekretärs sowie der verspäteten Herausgabe des paraphierten Besetzungsvermerks durch den damaligen Minister Veranlassung bestanden. Evident sei schließlich, dass auf eine Staatssekretärin und einen Minister unmittelbar nach Amtsantritt eine solche Fülle von Aufgaben – wie beispielsweise die Aufgabe, einen Leitungsstab aufzubauen – zukomme, dass eine sofortige Befassung mit allen wichtigen Angelegenheiten gleichzeitig nicht möglich sei.
54bb) Dieses Vorbringen greift offensichtlich durch. Dabei kann offenbleiben, ob – wie das Verwaltungsgericht annimmt – die Dokumentationspflichten, die beim Abbruch eines Auswahlverfahrens gelten, auf den Fall einer „Unterbrechung“ überhaupt übertragbar sind, obwohl es sich nicht nur bei einem bloßen zwischenzeitlichen „Liegenlassen“ eines Vorgangs wegen der Bearbeitung als prioritär eingeschätzter anderer Aufgaben, sondern auch bei einer solchen „Unterbrechung“ jedenfalls im Grundsatz um ein in das weite Organisationsermessen der Auswahlbehörde fallendes Verhalten handelt. Sinn und Zweck einer solchen Dokumentationspflicht wäre in jedem Fall, den von der Unterbrechung Betroffenen – gegebenenfalls nach Akteneinsicht – Kenntnis der Gründe zu vermitteln, aus denen dem Besetzungsverfahren vorübergehend kein Fortgang gegeben wird, sowie eine gerichtliche Kontrolle zu ermöglichen.
55Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. November 2011 – 2 BvR 1181/11 –, juris, Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 – 2 A 7.09 –, juris, Rn. 28 f., jeweils für die Dokumentation der Gründe eines Abbruchs eines Besetzungsverfahrens.
56Selbst unterstellt, diese für den Fall eines Verfahrensabbruchs geltenden Grundsätze wären auf eine bloße „Unterbrechung“ des Besetzungsverfahrens bzw. auf dessen längeres Nichtbetreiben übertragbar, wäre eine ausdrückliche Dokumentation der Gründe der Verfügung vom 30. Juni 2022 in Anbetracht der vorstehenden Zwecke einer – unterstellten – Dokumentationspflicht nicht erforderlich. Die Gründe sind nämlich evident. Schon aus dem Datum des Vermerks wird ersichtlich, dass der Minister ihn am ersten Tag nach seinem Amtsantritt auf dem Besetzungsvorschlag angebracht hat. Dieser zeitliche Zusammenhang verdeutlicht, wie bereits ausgeführt, ohne weiteres, dass der Minister sich zunächst um (vorrangige) Organisationsentscheidungen kümmern durfte und sich (noch) nicht der vertieften Prüfung der Auswahlentscheidung im vorliegenden komplexen Besetzungsverfahren widmen musste. Eine solche eigene Prüfung war jedoch – auch bei einer unterstellten wirksamen Billigung durch den damaligen Minister – erforderlich. Eine solche Besetzungsentscheidung bedarf bis zu einer Entscheidung der hierfür zuständigen Landesregierung sowie deren Vollzug durch Übergabe der Ernennungsurkunde der (fortdauernden) Billigung des jeweils amtierenden Ministers. Dieser trägt die Verantwortung für sämtliche personalrechtlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Besetzung einer offenen Stelle in seinem Geschäftsbereich, sofern er die Entscheidungszuständigkeit hierüber nicht auf eine nachgeordnete Behörde delegiert hat. Dieser Verantwortung konnte der Minister nur durch eine eigene Prüfung des ihm vorgelegten Besetzungsvorschlags genügen. Dass eine solche Prüfung am ersten Arbeitstag nach Amtsantritt des Ministers nicht abschließend möglich war, liegt auf der Hand.
57d) Mit der Beschwerdebegründung ist ferner durchgreifend dargelegt, dass die dienstliche Beurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 auch im Übrigen an keinem der von dem Verwaltungsgericht angeführten Rechtsfehler leidet, so dass ihre Einstellung in die Auswahlentscheidung den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht verletzt.
58aa) Dies gilt zunächst für die Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Anlassbeurteilung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie angesichts der fehlerhaften Nichtbeurteilung der Beigeladenen im Zeitraum von 2011 bis 2020 nicht aus einer Regelbeurteilung hergeleitet worden und daher nicht plausibel sei.
59(1) Der Antragsgegner trägt hierzu vor: Eine Pflicht zur Regelbeurteilung der Beigeladenen habe auf der Grundlage der in diesem Zeitraum für Beamte geltenden Beurteilungs-AV JM nicht bestanden. Die Beigeladene sei von einer Regelbeurteilung ausgenommen gewesen, weil sie nach ihrer Zuweisung an das Katholische Büro in Berlin ihre Tätigkeit tatsächlich nicht mehr bei dem beurteilenden Dienstherrn, sondern extern erbracht habe. Jedenfalls folge aus dem Fehlen der Regelbeurteilungen keine Rechtswidrigkeit der nachfolgenden Anlassbeurteilung. Anlassbeurteilungen seien nur dann aus Regelbeurteilungen fortzuentwickeln, wenn solche Regelbeurteilungen tatsächlich vorhanden seien. Anderenfalls wäre ein nicht unerheblicher Teil der Landesbeamten von einer weiteren beruflichen Entwicklung abgeschnitten, da für Beamte ab einem Statusamt der Besoldungsgruppe B 4 LBesO NRW sowie ab einem bestimmten Lebensalter keine Regelbeurteilungen mehr zu erstellen seien. Beurteilungslücken seien daher systemimmanent und jedenfalls in den oberen Besoldungsstufen die Regel. Darüber hinaus hätte das Ministerium des Innern auch bei Vorhandensein von Regelbeurteilungen des Ministeriums der Justiz zu den Stichtagen 1. Januar 2013, 1. Januar 2016 und 1. Januar 2019 die Anlassbeurteilung nicht im erforderlichen Umfang aus den Regelbeurteilungen entwickeln können. Aufgrund der unterschiedlichen Tätigkeiten und des Wechsels der Beurteilungszuständigkeit hätte es die Anlassbeurteilung ganz überwiegend auf eigene Eindrücke von der Tätigkeit der Beigeladenen vom 1. Juni 2020 bis zum 31. August 2022 stützen müssen. Im Übrigen habe die Regelbeurteilungslücke auch keinen Einfluss auf die Auswahlentscheidung gehabt, da diese nicht auf die Leistungsentwicklung der Bewerber abstelle.
60(2) Dieses Vorbringen zieht die o. g. Auffassung des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Zweifel. Es trifft zwar zu, dass Anlassbeurteilungen, die regelmäßig einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden, grundsätzlich aus den Regelbeurteilungen zu entwickeln sind und diese lediglich fortentwickeln dürfen. Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung sind die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung des betreffenden Beamten. Die Anlassbeurteilung hat ihren Schwerpunkt darin aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind.
61Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012– 2 VR 5.12 –, juris, Rn. 30.
62Das Gebot, die einzelfallbezogen erstellten Anlassbeurteilungen aus den interindividuell vergleichbaren Regelbeurteilungen fortzuentwickeln, beruht auf deren grundsätzlichem Verhältnis zueinander. Es kann daher nur gelten, soweit überhaupt Regelbeurteilungen vorliegen.
63Vgl. insoweit erneut BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 – 2 VR 5.12 –, juris, Rn. 30 und 34, das von einer Entwicklung „aus den Regelbeurteilungen“ sowie von „der vorherigen Regelbeurteilung“ spricht und damit deutlich macht, von existierenden Regelbeurteilungen auszugehen.
64Dies ist im Fall der Beigeladenen für den Zeitraum von 2011 bis 2020 allerdings nicht der Fall. Ohne dass es darauf ankäme, ob für diesen Zeitraum zu Recht keine Regelbeurteilungen erstellt worden sind, kann diese Regelbeurteilungslücke nicht zur Rechtswidrigkeit der Anlassbeurteilung führen. Diese Lücke kann jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt wegen der inzwischen verstrichenen Zeit nicht mehr in Gänze durch nachträglich erstellte Regelbeurteilungen geschlossen werden.
65Vgl. insoweit auch schon OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2006 – 1 B 2103/05 –, juris, Rn. 33 (zu der Schwierigkeit, den nach einer Regelbeurteilung aus 1994 dokumentierten Leistungsstand in einer ein Jahrzehnt später erstellten Anlassbeurteilung nachzuzeichnen).
66Dies hat zur Folge, dass auch eine dem vorgenannten Entwicklungsgebot genügende Anlassbeurteilung für die Beigeladene nicht mehr erstellt werden kann. Es liegt auf der Hand, dass ein Beamter nicht allein wegen einer (viele Jahre umfassenden) Lücke in seinen Regelbeurteilungen, für die er keine Verantwortung trägt, von jeglicher weiteren beruflichen Entwicklung ausgeschlossen werden kann. Vielmehr sind die Leistungen des Beamten während des Zeitraums einer Beurteilungslücke mithilfe anderer Erkenntnismittel zu ermitteln, z. B. mit vorliegenden Dienstzeugnissen, und im Rahmen der Auswahlentscheidung im Wege des Qualifikationsvergleichs der Bewerber zu würdigen. Für die Zeit ihrer Tätigkeit bei dem Kommissariat der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin – ist der Beigeladenen unter dem 28 Mai 2020 ein Zeugnis ausgestellt worden. Dieses ist im Besetzungsvermerk vom 2. Mai 2023 hinreichend gewürdigt worden, vgl. beispielsweise Seite 9, vierter Absatz, Seite 23, zweiter Absatz, und Seite 24, zweiter Absatz.
67bb) Die Anlassbeurteilung der Beigeladenen ist auch nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil durch sie das Beurteilungs- und das Auswahlverfahren „synchronisiert“ worden wären. Es trifft zwar zu, dass die Anzahl der vergebenen Spitzenbeurteilungen nicht an die Zahl der in einem Beförderungsverfahren zu vergebenden Beförderungsstellen angepasst werden darf. Anderenfalls bestünde zumindest die Gefahr, dass mit einer Beurteilung nicht Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eines Beamten bewertet wird, sondern seine Beurteilungsnote von der Zahl der zu vergebenden Beförderungsstellen abhängt.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2013 – 1 B 133/13 –, juris, Rn. 41 ff.
69Eine solche Konstellation liegt jedoch hier schon deshalb nicht vor, weil alle Bewerber um die eine zu besetzende Stelle in ihren jeweiligen – zudem von unterschiedlichen Behörden herrührenden – Beurteilungen die Spitzennote erhalten haben.
70cc) Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers ist auch nicht deshalb verletzt, weil der Anlassbeurteilung der Beigeladenen eine Gesamtnote unter Einschluss der Befähigungsbeurteilung fehlt. Zwar schließt die Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 nicht mit einer Gesamtbewertung ab, die sowohl die Gesamtnote der Leistungsbeurteilung als auch die Befähigungsbeurteilung umfasst. Vielmehr ist entsprechend Nr. 6.3.2 Beurteilungsrichtlinien IM lediglich eine Gesamtnote aus der Bewertung der Leistungsmerkmale gebildet sowie gemäß Nr. 8 Satz 1 Beurteilungsrichtlinien IM der Grad der Beförderungseignung festgesetzt worden. Diese Festsetzung erfasst nach Nr. 8 Satz 2 Beurteilungsrichtlinien IM neben der Gesamtnote der Leistungsbeurteilung auch die Befähigungsbeurteilung („Gesamtbildes von Leistungs- und Befähigungsbeurteilung“). Auch aus den Bewertungen der einzelnen Befähigungsmerkmale ist keine einheitliche Note gebildet worden.
71Ob auf eine einheitliche Gesamtnote, die alle Elemente der Qualifikationstrias des Art. 33 Abs. 2 GG zusammenfassend bewertet, verzichtet werden kann, bedarf vorliegend aber keiner Entscheidung. Eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers ist insoweit nämlich schon deshalb ausgeschlossen, weil auch die Bildung einer einheitlichen Gesamtnote in der Anlassbeurteilung der Beigeladenen die Chancen des Antragstellers, zum Zuge zu kommen, nicht verbessern würde. Es ist nämlich auch unter Berücksichtigung des dem Beurteiler eröffneten Beurteilungsspielraums ausgeschlossen, dass dies zu einer anderen Gesamtnote als der zuerkannten Spitzennote führen könnte, weil die Beigeladene für sämtliche Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung wie auch der Befähigungsbeurteilung die jeweilige Spitzenbewertung („5 Punkte“ bzw. Ausprägungsgrad „D“) erhalten hat.
72dd) Die Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 ist auch nicht unplausibel.
73(1) Ein Mangel an Plausibilität folgt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht aus dem Umstand, dass die Beigeladene erst zum 1. Juli 2022 (auf Lebenszeit) zur Ministerialdirigentin (Besoldungsgruppe B 7 LBesO NRW) befördert worden ist und schon in ihrer ersten Beurteilung in diesem Amt die bestmögliche Bewertung (Spitzennote) erhalten hat. Zwar geht das Verwaltungsgericht zutreffend von dem Grundsatz aus, dass ein Beamter nach einer Beförderung aus seiner alten Vergleichsgruppe ausscheidet und sich nunmehr mit Inhabern des höheren statusrechtlichen Amtes messen muss, wobei an diese Vergleichsgruppe auch dem höheren Amt entsprechende gesteigerte Erwartungen betreffend Leistung und Befähigung gestellt werden. Ohne eine Leistungssteigerung des beförderten Beamten wird seine Beurteilung im Beförderungsamt daher regelmäßig schlechter ausfallen als im vorangegangenen niedriger bewerteten Amt.
74Vgl. etwa OVG Bremen, Urteil vom 26. März 2018 – 2 B 199/17 –, juris, Rn. 20, und Thür. OVG, Beschluss vom 8. April 2011 – 2 EO 192/09 –, juris, Rn. 54, jeweils m. w. N.
75Der Grundsatz ist auch im vorliegenden Fall anwendbar, da die Beigeladene im Beurteilungszeitraum befördert worden ist. Die maßgebliche Beförderung fand allerdings nicht erst am 1. Juni 2022 und damit drei Monate vor Ablauf des Beurteilungszeitraums statt, sondern bereits einen Tag nach dessen Beginn, nämlich am 2. Juni 2020. Mit Wirkung von diesem Tag wurde die Beigeladene nicht nur auf Lebenszeit zur Leitenden Ministerialrätin (Besoldungsgruppe B 4 LBesO NRW) ernannt, sondern gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a LBG NRW gleichzeitig auch unter Berufung in ein weiteres Beamtenverhältnis auf Probe zur Ministerialdirigentin (Besoldungsgruppe B 7 LBesO NRW). Sie übte daher bereits seit dem 2. Juni 2020 das Amt einer Ministerialdirigentin aus. Dass sie insoweit (zunächst, d. h. während der ersten zwei Jahre des Beurteilungszeitraums) Probebeamtin war, ändert nichts an der wirksamen Übertragung dieses Amtes. Durch Berufung in das Probebeamtenverhältnis entsteht ein Doppelbeamtenverhältnis; das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit besteht gemäß § 21 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 LBG NRW neben dem Probebeamtenverhältnis fort. Das Beamtenverhältnis auf Probe wird durch eine Ernennung begründet, die durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde vollzogen wird. Das Amt wird auch im Probebeamtenverhältnis bereits verliehen, so dass schon bei Begründung des Probebeamtenverhältnisses eine Beförderung vorliegt, wie sich auch aus § 21 Abs. 7 Satz 2 LBG NRW („Bei jeder Beförderung in ein Amt, das von Buchstabe a bis e erfasst wird, ist erneut eine Probezeit zu leisten“, Hervorhebung durch den Senat) ergibt.
76Vgl. Gunkel, in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, 500. EL. Januar 2024, § 21 LBG NRW 2016 Rn. 89, Schrapper/Günther, LBG NRW, 3. Aufl. 2021, § 21 Rn. 4.
77Trotz der Beförderung der Beigeladenen im Beurteilungszeitraum führt der vorgenannte Grundsatz nicht zu gesteigerten Plausibilisierungsanforderungen an die Vergabe der Spitzennote. Dieser Grundsatz ist nicht schematisch anzuwenden. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Maßgeblich ist, ob die Vergabe der Spitzennote trotz Beförderung auf eine außergewöhnliche und damit begründungsbedürftige Leistungssteigerung schließen lässt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zu berücksichtigen ist, dass die Beigeladene bereits am 2. Juni 2020 und damit schon einen Tag nach Beginn des Beurteilungszeitraums befördert worden ist. Sie hat über zwei Jahre und drei Monate, praktisch also im gesamten Beurteilungszeitraum, das ihr zunächst (s. o.) probeweise und sodann auf Lebenszeit übertragene Amt der Ministerialdirigentin ausgeübt und Erfahrungen sammeln können. Auch absolut gesehen kommt diesem Zeitraum ein nicht unerhebliches Gewicht zu, da er sich über mehr als zwei Drittel des maßgeblichen Regelbeurteilungszeitraums (vgl. Nr. 3.1 Beurteilungsrichtlinien IM) erstreckt hat. In Anbetracht dieser Umstände und mit Blick darauf, dass der Werdegang der Beigeladenen diese als Spitzenkraft ausweist, erscheint eine Leistungssteigerung der Beigeladenen nicht so außergewöhnlich, dass mit der Vergabe der Spitzennote eine besondere Pflicht zur Plausibilisierung verbunden wäre.
78(2) Eine Pflicht zur besonderen Begründung der Spitzennote folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Beigeladene die letzte dienstliche Beurteilung im Jahr 2011 im Amt einer Ministerialrätin (Besoldungsgruppe B 2 LBesO NRW) erhalten hat und zwischen diesem Amt und dem Amt der Ministerialdirigentin (Besoldungsgruppe B 7 LBesO NRW) vier, wenn auch nicht zwingend zu durchlaufende Statusämter liegen. Es trifft zwar – wie bereits ausgeführt – zu, dass mit einem Amt einer höheren Besoldungsgruppe auch höhere Anforderungen an Eignung, Leistung und Befähigung einhergehen. Es wäre hier jedoch zu schematisch, allein aus der Zahl der zwischen zwei Ämtern liegenden Beförderungsämter auf die Erhöhung der Anforderungen zu schließen und daraus Anforderungen an eine vertiefte Begründung abzuleiten. Vielmehr sind auch insoweit die Gesamtumstände des Einzelfalls in den Blick zu nehmen. So existieren die Statusämter des Ministerialdirigenten (Besoldungsgruppe B 5 und B 6 LBesO NRW) in der nordrhein-westfälischen Ministerialverwaltung schon nicht. Auch das Amt des Ministerialrats (Besoldungsgruppe B 3 LBesO NRW) kann lediglich bei Leitungen von personell großen oder fachlich bedeutsamen Referaten übertragen werden. In vielen Ministerien wird dieses Amt gar nicht mehr vergeben, ist somit weder zwingend noch regelmäßig zu durchlaufen. Entscheidend aber ist, dass zwischen der Beurteilung aus dem Jahr 2011 und der Beförderung in das Amt der Ministerialdirigentin am 2. Juni 2020 rund neun Jahre liegen, in denen die Beigeladene erhebliche Erfahrungen sammeln und auf diese Weise ihre Qualifikation (weiter) steigern konnte. Auf eine solche Entwicklung lässt auch das Zeugnis des Leiters des Katholischen Büros in Berlin vom 28. Mai 2020 schließen, das gerade diesen Zeitraum betrifft. Die ihr dort zugewiesenen Attribute (z.B. „Frau J. D. […] hat […] die Anliegen der katholischen Kirche in eigener Verantwortung, in absoluter Loyalität mit den deutschen Bischöfen vorgetragen. Wegen ihrer intellektuellen Redlichkeit und Neugierde, ihrer außerordentlichen Sachkompetenz, insbesondere in der Jurisprudenz, und umfassenden Allgemeinbildung war sie […] eine sehr geschätzte Gesprächspartnerin […].“) belegen eine weitere positive Entwicklung. Ferner wird ihr ausdrücklich eine uneingeschränkte Eignung „für höchste Leitungsämter in Staat, Kirche und Gesellschaft“ bescheinigt. In Anbetracht dieser Umstände erscheint die Vergabe der Spitzennote ebenfalls nicht als das Ergebnis einer derart außergewöhnlichen Leistungsentwicklung, dass eine besondere Begründung der Note erforderlich wäre.
79e) Die Auswahlentscheidung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Annahme, der Antragsteller und die Beigeladene sowie der Bewerber Y. seien im Wesentlichen gleich geeignet, u. a. auf der Eignungsprognose der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen vom 10. November 2022 beruht, die das Verwaltungsgericht nicht als tragfähig angesehen hat. Der Eignungsprognose dieser Beurteilung kommt nämlich nicht schon deshalb geringeres Gewicht zu, weil der Beurteiler die Beurteilungsrichtlinien des Ministeriums des Innern anzuwenden hatte und die Eignung für ein außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs angesiedeltes und zudem richterliches Spitzenamt bewertet hat. Es trifft zwar zu, dass gemäß Nr. 8 Satz 2 Beurteilungsrichtlinien IM die Beförderungseignung „im Hinblick auf die Anforderungen des nächsthöheren Amtes“ zu beurteilen ist. Diese Formulierung bezieht sich jedoch ersichtlich auf den Regelfall der Beförderung eines Beamten in ein Beförderungsamt innerhalb seiner Laufbahn auf der Grundlage einer Regelbeurteilung. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass bei einer Anlassbeurteilung für eine Beförderung in ein zudem laufbahnfremdes Amt die Anforderungen dieses Amtes der Beurteilung der Beförderungseignung zugrunde zu legen sind. Es ist auch nicht ernsthaft zweifelhaft, dass der Beurteiler seiner Eignungsprognose die Anforderungen des streitgegenständlichen Amtes zugrunde gelegt hat. Zwar folgt dies noch nicht aus dem recht allgemein gehaltenen Wortlaut („eine Behördenleitung“) der Eignungsbeurteilung. Die Annahme, dass ein Beurteiler sich vor der Abfassung einer Anlassbeurteilung nicht über die Anforderungen des von dem Beamten angestrebten Amtes informiert, ist aber lebensfremd. Diese Anforderungen waren für ihn auch ohne weiteres zugänglich, da sie Gegenstand der Veröffentlichung der Stellenausschreibung auf Seite 231 des Justizministerialblatts NRW 2021 waren, die ihrerseits Bezug nimmt auf die auf Seite 126 des Justizministerialblatts NRW 2005 veröffentlichen Anforderungsprofile der Präsidentinnen oder Präsidenten der Verwaltungsgerichte und deren Vertreterinnen oder Vertreter sowie der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts (Besoldungsgruppe R 2 mit AZ bis R 5 LBesO NRW).
80f) Schließlich hat der Antragsgegner die Leistungen der Beigeladenen als Stellvertreterin des Leiters des Kommissariats der deutschen Bischöfe nicht mit unvertretbarem Gewicht in die inhaltliche Ausschärfung eingestellt.
81aa) Zunächst hat der Antragsgegner die rechtliche Aussagekraft des Zeugnisses des Prälaten G. vom 28. Mai 2020 nicht unzutreffend eingeordnet. Es ist nicht ersichtlich, dass er bei der Würdigung dieses Zeugnisses nicht berücksichtigt hat, dass es sich hierbei nicht um eine dienstliche Beurteilung, sondern lediglich um ein Dienstzeugnis handelt. Es trifft zwar zu, dass er auf Seite 9 des Besetzungsvermerks vom 2. Mai 2023 dieses Zeugnis zu den „vorangegangenen Beurteilungen“ der Beigeladenen gezählt hat. Dies erlaubt aber nicht die fernliegende Annahme, der Antragsgegner sei sich bei der Würdigung des Zeugnisses nicht darüber im Klaren gewesen, dass Zeugnisse anders als dienstliche Beurteilungen vom Wohlwollensgrundsatz geprägt sind. Schon der Umstand, dass der Antragsgegner die Bewertung durch Prälat G. durchgehend als „Zeugnis“ bezeichnet und im Übrigen ausschließlich „Beurteilungen“ ausgeschöpft hat, verdeutlicht, dass er den abweichenden Maßstab der Bewertung im Zeugnis des Prälaten G. nicht aus dem Blick verloren hat. Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Antragsgegner auf Seite 9 des Besetzungsvermerks vom 2. Mai 2023 den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. April 2019 – 6 B 1769/18 –, juris, zitiert hat. Hiermit wollte er erkennbar nur seine Rechtsauffassung untermauern, dass bei zu großer Divergenz der Beurteilungszeiträume weitere Erkenntnismittel betreffend vorangegangene Zeiträume berücksichtigt werden können. Dass dies im Fall des vorgenannten Beschlusses Anlassbeurteilungen und damit förmliche dienstliche Beurteilungen waren, bedeutet ersichtlich nicht, dass der Antragsgegner das vorliegende Zeugnis als dienstliche Beurteilung angesehen hätte.
82Im Übrigen mindert der Umstand, dass dieses Zeugnis nach dem Wohlwollensgrundsatz abgefasst worden ist, dessen Aussagekraft nicht durchgreifend. Zum einen gilt auch für Arbeitszeugnisse der Wahrheitsgrundsatz, d. h. die Wertungen des Zeugnisses müssen nicht nur wohlwollend, sondern auch wahr sein. Sachlich unzutreffende Wertungen können daher nicht mit der Pflicht zur wohlwollenden Beurteilung gerechtfertigt werden. Die ausdrücklich im Zeugnis enthaltene Wertung, die Beigeladene sei zur Übernahme höchster Führungspositionen in Staat, Kirche und Gesellschaft geeignet, kann daher nicht mit dem bloßen Verweis auf den Wohlwollensgrundsatz relativiert werden. Zum anderen ist auch nicht davon auszugehen, dass die positive Bewertung von Eignung, Leistung und Befähigung der Beigeladenen in dem Zeugnis maßgeblich auf den Wohlwollensgrundsatz zurückzuführen sind. Dagegen spricht ein Vergleich dieses Zeugnisses mit den dienstlichen Beurteilungen, die der Beigeladenen vor und nach ihrer Zuweisung an das Kommissariat der deutschen Bischöfe erteilt worden sind. Aus diesen ergibt sich nämlich eine Entwicklung der Beigeladenen, in die sich das vorgenannte Zeugnis ohne weiteres einfügt.
83Ohne Belang sind in diesem Zusammenhang die von dem Verwaltungsgericht geäußerten „erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken“ an der „Zuweisung von Beamten zu öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften“. Selbst wenn die Zuweisung der Beigeladenen rechtswidrig gewesen sein sollte, obwohl § 20 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG eine solche Zuweisung ermöglicht,
84kritisch zu dieser gesetzlichen Regelung etwa Günther, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: Januar 2024, BeamtStG § 20 Rn. 4, und Thomsen, in: Brink-trine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, 31. Edition, Stand: 15. Juli 2023, BeamtStG § 20 Rn. 7.1,
85rechtfertigt dies nicht, ihrem Zeugnis, das eine nach erfolgter Zuweisung tatsächlich erbrachte Dienstleistung würdigt, ein geringeres Gewicht beizumessen oder gar die dortigen Wertungen abzuwerten.
86bb) Der Antragsgegner ist auch nicht etwa deshalb von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen, weil er die Stellung der Beigeladenen als stellvertretende Leiterin des Katholischen Büros in Berlin in etwa mit der einer Gruppenleitung oder ständigen Vertretung einer Abteilungsleitung in einer obersten Landesbehörde in Nordrhein-Westfalen gleichgesetzt hat. Er hat mit dieser – im Übrigen auch nur weitgehenden („etwa“) – Gleichsetzung die Grenzen des ihm bei dieser Bewertung eröffnete Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Bei dieser Einordnung ist zu berücksichtigen, dass die Beigeladene als stellvertretende Leiterin des Katholischen Büros in Berlin ausweislich der Aufgabenbeschreibung für Haushalt, Personal und Informationstechnologie gleichermaßen verantwortlich war. Der Umfang dieser Aufgaben lässt eine Einordnung ihrer Tätigkeit oberhalb der einer Referatsleitung in einem Ministerium, die üblicherweise derart weit gefächerte Aufgaben nicht umfasst, jedenfalls nicht als fehlerhaft erscheinen. Sie ist nicht auch nicht mit Blick auf die Ausführungen im Besetzungsvermerk (S. 23) zur Aufgabenverteilung zwischen Minister und Staatssekretär in der Ministerialverwaltung widersprüchlich. Mit dem angesprochenen Vergleich hat der Antragsgegner die Wertigkeit der Leitung bzw. der stellvertretenden Leitung im Kommissariat der deutschen Bischöfe keineswegs mit der Bewertung der Ämter von Ministern bzw. Staatssekretären gleichgesetzt. Er hat insoweit vielmehr – ausdrücklich – nur die Aufgabenverteilung zwischen den beiden Leitungsfunktionen im Kommissariat der deutschen Bischöfe illustriert. Diese entspricht nämlich insoweit derjenigen zwischen Minister und Staatssekretär in einem Ministerium, als die Beigeladene als stellvertretende Leitung regelmäßig und nicht nur vertretungsweise für die gesamten Verwaltungsangelegenheiten des Katholischen Büros in Berlin verantwortlich gewesen ist.
87Allein der Umstand, dass die Tätigkeit der stellvertretenden Leiterin des Katholischen Büros im Vermerk vom 1. Juni 2011 vor Zuweisung der Beigeladenen noch als gleichwertig mit der Aufgabenstellung einer Referatsleitung in einem Ministerium angesehen worden war, hindert den Antragsgegner nicht, die Stelle anhand der nun vorliegenden Aufgabenbeschreibung im Zeugnis des Prälaten G. eigenständig zu bewerten, was hier rechtsfehlerfrei geschehen ist.
882. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zumindest im Ergebnis richtig. Die Auswahlentscheidung leidet insbesondere nicht an erstinstanzlich zwar vorgetragenen, von dem Verwaltungsgericht aber nicht behandelten „Rechtswidrigkeitsgründen“.
89a) Die Auswahlentscheidung verletzt den Antragsteller zunächst nicht deshalb in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch, weil ihr ein unzulässiges Anforderungsprofil zugrunde gelegt worden ist. Der Antragsteller bringt vor, es gehe nicht an, dass an den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen dieselben Anforderungen gestellt würden, wie an dessen Stellvertreter sowie die Präsidenten oder Vizepräsidenten der Verwaltungsgerichte. Diese Ämter stellten rechtlich wie tatsächlich grundlegend andere Anforderungen, wie sich schon aus der Spanne der unterschiedlichen Besoldungsgruppen dieser Ämter ergebe. Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts führe – anders als ein Präsident eines Verwaltungsgerichts – die Dienstaufsicht über die nachgeordneten Gerichte seines Bezirks. Auch nehme er nicht zuletzt mit Blick auf die Größe des (Gesamt-)Personalkörpers in größerem Umfang Verwaltungsaufgaben war.
90Dieses Vorbringen greift nicht durch. Die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung können vom Dienstherrn in Bezug auf den Aufgabenbereich eines konkreten Amtes durch die Festlegung eines Anforderungsprofils bereits im Vorfeld der Auswahlentscheidung konkretisiert werden. Inwieweit dem Dienstherrn im Rahmen seiner Organisationsgewalt bei der Festlegung des Aufgabenbereichs eines bestimmten Amtes oder eines hierauf bezogenen Anforderungsprofils ein mehr oder weniger großer Einschätzungsspielraum zuzugestehen ist, lässt sich nicht abstrakt formulieren, sondern ist bereichsspezifisch anhand des jeweiligen Fachrechts unter Berücksichtigung grundgesetzlicher Vorgaben näher zu bestimmen. Die Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt durch die Festlegung eines Anforderungsprofils kann wegen der damit verbundenen teilweisen Vorwegnahme der Auswahlentscheidung jedenfalls nur aufgrund sachlicher, dem Grundsatz der Bestenauslese entsprechender Erwägungen erfolgen. In jedem Fall muss das zu vergebende Amt mit seinem gesetzlich vorgegebenen Kern und seinem tatsächlichen Gehalt erfasst werden. Die Einhaltung der der Organisationsgewalt des Dienstherrn gezogenen Schranken unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.
91BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010 – 2 BvR 2435/10 –, juris, Rn. 12 f.; BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 2021 – 2 VR 4.20 –, juris, Rn. 26.
92Nach diesem Maßstab ist das in der Ausschreibung (JMBl. 2021, Seite 231) in Bezug genommene und damit auch für das streitgegenständliche Amt maßgebliche Anforderungsprofil nicht zu beanstanden. Es geht ersichtlich von der Annahme aus, dass für die Ausübung von Leitungsfunktionen in der nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Mindestmaß bestimmte Anforderungen an Sach- und Fachkompetenz sowie Führungs- und Leitungskompetenz erfüllt sein müssen. Daraus folgt aber noch nicht, dass an die Präsidentin/den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts lediglich dieselben Anforderungen gestellt werden, wie an seine Stellvertreterin/seinen Stellvertreter oder gar die Leitungen der Verwaltungsgerichte nebst deren Stellvertretungen. Mit Blick auf die Führungspositionen bei den Verwaltungsgerichten ergeben sich unterschiedliche, abgestufte Anforderungen an die Sach- und Fachkompetenz nämlich schon daraus, dass insoweit auf die Anforderungen verwiesen wird, „die an die Vorsitzenden der Spruchkörper des jeweiligen Gerichts gestellt werden“ (Anlage zur Beurteilungs-AV JM a. F., Teil 3, Ämter nach Besoldungsgruppe R 2 mit AZ bis R 5, zweiter Spiegelstrich). Zudem wird in dieser Anlage in deren „Teil 1: Allgemeines“ im zweiten Absatz des Abschnitts F. ausgeführt, „dass die Anforderungen graduell mit der statusrechtlichen, d. h. besoldungsmäßig höheren Ausweisung der Funktion steigen“. Im nachfolgenden (dritten) Absatz wird ferner ausdrücklich betont, dass dies „erst recht bei den unterschiedlichen Ämtern der Behördenleiterinnen und -leiter Geltung“ beanspruchen müsse; die Anforderungen unterschieden sich graduell mit steigender Bedeutung des Amtes und seiner Verantwortung. Dass diese Steigerung in den Anforderungen lediglich abstrakt umschrieben, nicht aber konkret, ggfs. sogar zahlenmäßig erfasst wird, liegt in der Natur der Anforderungsmerkmale und überschreitet jedenfalls nicht die Grenzen des dem Antragsgegner bei der Abfassung des Anforderungsprofils eröffneten Organisationsermessens. Mit Blick auf das Vorstehende trifft das Vorbringen des Antragstellers, der Text der Beurteilungs-AV JM a. F. lasse die „zusätzlichen, unbenannten Anforderungen“ rechtswidrig offen, nicht zu.
93Das Anforderungsprofil ist auch nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner – wie der Antragsteller meint – der Auswahlentscheidung eine Gewichtung der Verwaltungsaufgaben im Vergleich zur Rechtsprechungstätigkeit von 70 % zu 30 % zugrunde gelegt habe, ohne dies bereits im Anforderungsprofil niederzulegen. Der Antragsgegner hat seine abschließende Qualifikationsentscheidung (Seite 29, zweiter Absatz des Besetzungsvermerks) nicht auf eine zahlenmäßige Gewichtung von Rechtsprechungs- und Verwaltungstätigkeit gestützt. Vielmehr hat er ausgeführt:
94„Den Verwaltungsaufgaben im Amt der Präsidentin/des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist jedoch gegenüber den Rechtsprechungsaufgaben ein deutlich höheres Gewicht zuzumessen.“
95Lediglich diese Gewichtung hat er (unter anderem) damit begründet, dass „nach der langjährigen Praxis des Oberverwaltungsgerichts der Arbeitskraftanteil der Präsidentin/des Präsidenten in der Verwaltung mit 0,7 deren Anteil in der Rechtsprechung von 0,3 weit übertrifft“.
96Unabhängig von dem Vorstehenden wäre der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers auch dann nicht verletzt, wenn das Anforderungsprofil rechtswidrig wäre. Der Antragsteller ist nämlich – wie auch seine Konkurrenten – nicht wegen Nichterfüllung des Anforderungsprofils bereits auf einer ersten Stufe des Auswahlverfahrens ausgeschieden, sondern in den Qualifikationsvergleich einbezogen worden. Die Besetzungsentscheidung beruhte schließlich auf einer Auswertung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber.
97b) Die Auswahlentscheidung ist auch nicht etwa deshalb materiell fehlerhaft, weil der Antragsgegner betreffend die Verwaltungskompetenz des Antragstellers und der Beigeladenen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wäre.
98aa) Der Antragsgegner hat die Verwaltungskompetenz des Antragstellers nicht fehlerhaft erfasst.
99Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt eine solche fehlerhafte Würdigung nicht darin, dass auf Seite 7 des Auswahlvermerks ausgeführt wird, der Antragsteller sei am Bundesverwaltungsgericht in der Zeit von Juni 2016 bis zum 31. Dezember 2022 mit verschiedenen Verwaltungsaufgaben, insbesondere seit dem 1. Januar 2020 mit den Aufgaben des Präsidialrichters betraut gewesen. Diesbezüglich rügt der Antragsteller, er habe nicht nur während des genannten Zeitraums Verwaltungsaufgaben im Bundesverwaltungsgericht wahrgenommen, sondern sowohl schon zuvor als auch bis heute. Mit Ablauf des 31. Dezember 2022 habe er nämlich nur die Position als Präsidialrichters aufgegeben. Schon vor deren Übernahme sei ihm aber die Funktion des Auslandsbeauftragten übertragen worden, die er seither wahrnehme, und seit Januar 2023 sei er zudem stellvertretender Präsidialrichter.
100Auf die Verwaltungstätigkeit des Antragstellers nach dem 31. Dezember 2022 kommt es schon deshalb nicht an, weil Stichtag der maßgeblichen Anlassbeurteilung jener 31. Dezember 2022 war, die Zeit ab dem 1. Januar 2023 für die Auswahlentscheidung somit keine Bedeutung mehr hat.
101Eine fehlerhafte Erfassung der Verwaltungskompetenz des Antragstellers liegt aber auch ansonsten nicht vor. Dass die Tätigkeit als Auslandsbeauftragter in der Auswahlentscheidung nicht eingehender gewürdigt wird, führt nicht auf einen Beurteilungsfehler, sondern hält sich innerhalb der Grenzen des dem Antragsgegner hierbei eröffneten Bewertungsspielraums. Auf Seite 18 des Besetzungsvermerks wird berücksichtigt, dass der Antragsteller seit Juli 2016 die Funktion des Auslandsbeauftragten wahrnahm und als solcher auch Aufgaben betreffend die Europäische Vereinigung der obersten Verwaltungsgerichte (Association of the Councils of State and Supreme Administrative Jurisdictions of the European Union – ACA-Europe) erfüllte. Für die Würdigung der Wahrnehmung dieser Aufgaben ist erkennbar ohne Belang, dass in dem Besetzungsvermerk dem Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts eine Funktion in dieser Vereinigung zugeschrieben wird, während nach – zutreffender – Darstellung des Antragstellers der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts selbst erst Präsident (vom 15. Mai 2018 bis zum 31. Mai 2021) und dann Vizepräsident (1. Juni 2021 bis zum 28. Juni 2023) der ACA-Europe war. Zu Recht macht der Antragsgegner insoweit auch geltend, dass Fremdsprachenkenntnisse für die Auswahlentscheidung keine Rolle gespielt haben. Nicht zu beanstanden ist ferner seine weitere Erwägung, die Vorbereitung, Organisation und Mitwirkung an Fachseminaren und verschiedenen Arbeitsgruppen könnten einen Qualifikationsvorsprung des Antragstellers gegenüber den übrigen Bewerbern nicht begründen, da diese Bewerber vergleichbare Tätigkeiten ausgeübt hätten. Der Vorsprung der Beigeladenen und des Mitbewerbers Y. beruhe auf ihren strategischen-konzeptionellen Leistungen sowie ihren höher zu gewichtenden (Personal-)Leitungsfunktionen.
102Ohne Erfolg rügt der der Antragsteller ferner, seine Tätigkeit als Präsidialrichter sei nicht hinreichend gewürdigt worden, während die Tätigkeiten der Beigeladenen und des Mitbewerbers Y. zu Unrecht als komplexer und vielschichtiger gewertet worden seien. Y. leite die traditionell kleinste Abteilung im Ministerium der Justiz, der lediglich 25 Personen angehörten. Auch würden Personalangelegenheiten nicht in dieser Abteilung, sondern in Abteilung Z bearbeitet. Er hingegen sei Ansprechpartner für die über 200 Bediensteten des Bundesverwaltungsgerichts und für Personalangelegenheiten des höheren Dienstes selbst verantwortlich gewesen. Zudem erwähne der Besetzungsvermerk nicht, dass er auch für die Abstimmungen mit den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes, dem Bundesministerium der Justiz und den Oberverwaltungsgerichten und Verwaltungsgerichtshöfen der Länder zuständig gewesen sei. Ferner seien seine Erfahrungen und Fähigkeiten im Zusammenhang mit der digitalen Arbeitsumgebung falsch erfasst worden. Aufgrund seiner Generalzuständigkeit als Präsidialrichter sei er für Digitalisierungsfragen zuständig gewesen und habe in diesem Zusammenhang komplexe Schnittstellenlösungen zu 16 Bundesländern, 15 Oberverwaltungsgerichten/Verwaltungsgerichtshöfen und zum Bund definiert.
103Dieses Vorbringen zeigt nicht auf, dass der Antragsgegner bei der Würdigung der Tätigkeit des Antragstellers als Präsidialrichter die Grenzen des ihm eröffneten Beurteilungsspielraums überschritten hat, insbesondere nicht, dass er von falschen Tatsachen ausgegangen ist. Die Erfüllung der Aufgaben des Präsidialrichters werden im Besetzungsvermerk auf Seiten 18 f. und 26 f. vertieft gewürdigt. Dort ist nicht nur berücksichtigt worden, dass dem Antragsteller die Personalverwaltung für die Richter, wissenschaftlichen Mitarbeiter und Beamten des höheren Dienstes oblag, sondern ausdrücklich auch, dass der Antragsteller für die Verbindung zu den Oberverwaltungsgerichten, Verwaltungsgerichtshöfen und den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes, dem Bundesverfassungsgericht, dem Gerichtshof der Europäischen Union und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zuständig war (Seite 18 Abs. 2). An dieser Stelle wird ebenfalls ausdrücklich darauf eingegangen, dass der Antragsteller diverse IT-Projekte, wie die Einführung der elektronischen Akte, des elektronischen Rechtsverkehrs und des zentralen Akteneinsichtsservers der Bundesgerichte verwaltungsmäßig begleitet und mitgestaltet habe. Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass eine wesentliche Facette der Tätigkeit des Antragstellers als Präsidialrichter des Bundesverwaltungsgerichts bei der Auswahlentscheidung unberücksichtigt geblieben wäre. Auch gibt es keine Anhaltspunkte, dass der Antragsgegner bei der Bewertung dieser Tätigkeit allgemeingültige Wertungsmaßstäbe außer Acht gelassen haben könnte. Vielmehr setzt der Antragsteller mit seinem Vorbringen der Sache nach lediglich seine eigene Gewichtung seiner Tätigkeit der Bewertung des Antragsgegners entgegen.
104bb) Der Antragsgegner hat auch den beruflichen Werdegang der Beigeladenen nicht fehlerhaft erfasst.
105Das gilt zunächst für die Rüge des Antragstellers, der Antragsgegner habe die richterliche Erfahrung der Beigeladenen unzutreffend gewürdigt, indem er ihre vier Jahre und 11 Monate andauernde richterliche Tätigkeit am Verwaltungsgericht in Köln in Gänze als richterliche Erfahrungszeit berücksichtigt habe, obwohl sie über 1,5 Jahre als Verwaltungsdezernentin nur mit einem Bruchteil ihrer Arbeitskraft richterlich tätig gewesen sei. Dem hat der Antragsgegner unbeanstandet entgegengehalten, dass in der nordrhein-westfälischen Justiz Erfahrungszeiten grundsätzlich auch dann voll berücksichtigt würden, wenn der betroffene Richter in dieser Zeit nicht in vollem Umfang richterlich tätig gewesen sei. Dabei sei unerheblich, ob diese Reduktion auf mit einem Teil der Arbeitskraft erbrachte Verwaltungstätigkeit, Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen oder Mitwirkung in Personalvertretungsgremien zurückzuführen sei. Angesichts dieser Praxis ist daher nur folgerichtig, die Tätigkeit der Beigeladenen am Verwaltungsgericht Köln vollständig als richterliche Erfahrungszeit in Ansatz zu bringen.
106Auch soweit der Antragsteller die Bedeutung der Verwaltungserfahrung der Beigeladenen durch den Vortrag zu relativieren sucht, das Katholische Büro in Berlin bestehe (aktuell) nur aus 19 Mitarbeitern, und die Tätigkeit der Beigeladenen sei, da im Wesentlichen „Lobbyarbeit“, in tatsächlicher Hinsicht weit entfernt von richterlicher Tätigkeit und (Justiz-)Verwaltungstätigkeit gewesen, zeigt er jedenfalls nicht auf, dass der Antragsgegner mit der Berücksichtigung dieser Tätigkeit die Grenzen des ihm eröffneten Beurteilungsspielraums überschritten hätte. Das gilt umso mehr, als der Antragsgegner den Qualifikationsvorsprung der Beigeladenen im Bereich der Eignungsprognose auf Seite 28 des Besetzungsvermerks ganz vorrangig mit ihrer aktuellen Tätigkeit als Abteilungsleiterin im Ministerium des Innern begründet und damit ihrer früheren Tätigkeit für das Katholische Büro in Berlin wie auch ihren sonstigen Vortätigkeiten insoweit nur eine ergänzende Bedeutung beimisst. Dass im Anforderungsprofil Verwaltungserfahrung in der Justiz – genauer: Vorerfahrungen in der Bearbeitung von Verwaltungsangelegenheiten in der Justiz – verlangt wird bzw. werden, steht einer Berücksichtigung anderweitig erworbener Verwaltungserfahrung dann nicht entgegen, wenn der Betreffende – wie hier die Beigeladene – über Verwaltungserfahrung in der Justiz verfügt und damit die Mindestanforderungen des Anforderungsprofils bereits erfüllt.
107Der Antragsgegner hat auch die „Aufbauarbeit“ der Beigeladenen in ihrer derzeitigen Funktion als Leiterin der Abteilung 7 des Ministeriums des Innern nicht fehlerhaft gewürdigt. Der Antragsteller trägt insoweit vor, es sei schon tatsächlich kein „Erfolg“ der Beigeladenen, dass die Abteilung von 60 auf 90 Bedienstete angewachsen sei. Dies sei lediglich ein politischer Erfolg des Ministers oder des Staatssekretärs und bestenfalls des Abteilungsleiters Z des Ministeriums des Innern. Mit diesem Vorbringen verkennt der Antragsteller indes, dass der Antragsgegner nicht die Vergrößerung für sich genommen als Leistung der Beigeladenen gewertet hat. Vielmehr hat er auf Seite 28 des Besetzungsvermerks die Organisations- und Führungstätigkeit der Beigeladenen positiv gewürdigt, an die der Aufwuchs der Abteilung ersichtlich höhere Anforderungen stellte.
108c) Ohne Erfolg rügt der Antragsteller ferner, dass sich der Auswahlvermerk zu dem Aspekt des Anforderungsprofils, dass sich die Bewerber „jedenfalls in der Regel im Beförderungsamt mit einem besonderen fachbezogenen und wissenschaftlichen Engagement bewährt haben müssen“, nicht verhalte, obwohl dieser wesentlich sei. Es liege ein Bewertungsausfall vor, der schon deshalb verständlich sei, weil eine fachbezogene Bewährung bei der Beigeladenen nicht vorliege. Mit diesem Vorbringen übersieht der Antragsteller schon, dass Nr. I. Spiegelstrich 1 des Anforderungsprofils an eine Vorsitzende Richterin/einen Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht, auf das das Anforderungsprofil an die Präsidentinnen/Präsidenten der Verwaltungsgerichte und deren Vertreterinnen/Vertreter sowie an die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts in Nr. I Spiegelstrich 2 Bezug nimmt, fachbezogenes und wissenschaftliches Engagement nicht kumulativ, sondern alternativ verlangt („mit besonderem fachbezogenen oder wissenschaftlichen Engagement“, Hervorhebung nur hier). Auch wird der Beigeladenen im letzten Absatz auf Seite 8 des Auswahlvermerks, wenn auch ohne eingehende Begründung, ein besonderes fachbezogenes Engagement (auch) bezüglich ihrer Tätigkeit als Richterin am Oberverwaltungsgericht und damit in einem Beförderungsamt der Verwaltungsgerichtsbarkeit attestiert. Selbst wenn man dies nicht für die Erfüllung der regelhaften Bewährungsanforderungen ausreichen lassen wollte, machen die Ausführungen in dem angeführten Absatz deutlich, dass der Antragsgegner die Bewährung der Beigeladenen jedenfalls aufgrund „ihrer Beurteilungen und ihres beruflichen Werdegangs“ zumindest in Abweichung von diesen regelhaften Anforderungen festgestellt hat.
109d) Mit seiner Rüge, das Auswahlverfahren sei bereits deshalb rechtswidrig, weil das vorangegangene Besetzungsverfahren rechtswidrig abgebrochen worden sei, kann der Antragsteller hier nicht (mehr) gehört werden.
110Effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gegen den Abbruch eines Auswahlverfahrens kann nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden. Ein solches Rechtsschutzbegehren ist auf eine sofortige Verpflichtung des Dienstherrn gerichtet und kann daher bereits aus strukturellen Gründen nur im Wege des Eilrechtsschutzes verwirklicht werden. Das Erfordernis einer zeitnahen Klärung der Frage, ob das bisherige Auswahlverfahren zu Recht abgebrochen wurde oder fortgesetzt werden muss, folgt auch aus dem Gebot der Rechtssicherheit. Sowohl der Dienstherr als auch die Bewerber brauchen Klarheit darüber, in welchem Auswahlverfahren die Stelle vergeben wird. Der zeitliche Parallellauf mehrerer auf dieselbe Planstelle bezogener Verfahren mit unterschiedlichen Bewerbern würde zu schwierigen Vergabe- und Rückabwicklungsproblemen führen. Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs muss daher geklärt sein, bevor in einem weiteren Auswahlverfahren eine Entscheidung getroffen und das Amt vergeben wird. Stellt ein Bewerber nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Abbruchmitteilung einen Antrag nach § 123 VwGO, darf der Dienstherr darauf vertrauen, dass der Bewerber den Abbruch des Auswahlverfahrens nicht angreift, sondern sein Begehren im Rahmen einer neuen Ausschreibung weiterverfolgt. Nach Ablauf der Monatsfrist ist die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des Abbruchs des Auswahlverfahrens mit einer Hauptsacheklage überprüfen zu lassen, verwirkt.
111Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 2021 – 2 VR 4.20 –, juris, Rn. 29, m. w. N.; ferner OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2022 – 1 B 1729/21 –, juris, Rn. 9 und 11.
112Der danach bestehenden Obliegenheit, mit einem Eilantrag rechtzeitig gegen den für rechtswidrig gehaltenen Abbruch des Besetzungsverfahrens vorzugehen, hat der Antragsteller nicht genügt, weil er seinerzeit keinen solchen Eilantrag gestellt hat. Dies wäre ihm, anders als er geltend macht, möglich gewesen. Das dürfte hier schon deshalb gelten, weil ihm, wie sein Vortrag zeigt, die tatsächlichen Umstände bekannt waren, die nur zu der Abbruchentscheidung geführt haben konnten. Diese beruhte nämlich zum einen auf der Rücknahme der Bewerbung durch den letzten verbliebenen Bewerber, E., am 19. Mai 2021. Zum anderen war der Abbruch auch darauf zurückzuführen, dass der Antragsteller über informelle Kanäle von dieser Bewerbungsrücknahme Kenntnis erlangt und daraufhin bereits am Folgetag begehrt hatte, trotz der zuvor erklärten Rücknahme seiner Bewerbung nun wieder als nunmehr aufgrund der erlangten Insiderkenntnisse bzw. seiner früheren Bewerbung einziger Bewerber erfolgversprechend in das Auswahlverfahren „einzusteigen“. Jedenfalls aber hätte er (nach einer ggf. erfolglosen Bitte um Begründung der Abbruchmitteilung) seinen Eilantrag gerade auch darauf stützen können, es sei (schon) rechtswidrig, dass der Antragsgegner ihm die Abbruchgründe nicht offenbare. Dass schließlich die Neuausschreibung der Stelle bereits am 15. Juni 2021 die Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz gehindert haben könnte, ist weder näher dargelegt noch sonst erkennbar.
113e) Das Auswahlverfahren ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens oder wegen der behaupteten Befangenheit des Ministers verfahrensfehlerhaft. Diesbezüglich trägt der Antragsteller mit Eidesstattlicher Versicherung vor, es habe eine parteipolitische Vorfestlegung gegeben. Er sei im September 2022 von einem Mitglied des Bundestages telefonisch kontaktiert worden. Dieses habe ihm mitgeteilt, „dass man sich in Koalitionskreisen in Düsseldorf wünsche, dass eine Frau OVG-Präsidentin werde“. Dies sei vor allen Dingen ein Wunsch der Grünen. Er, der Antragsteller, solle daher gebeten werden, seine Bewerbung zurückzuziehen.
114Dieses Vorbringen greift auch dann nicht durch, wenn es die behauptete Absprache im politischen Raum gegeben haben sollte. Es bleibt nämlich jeden Beleg dafür schuldig, dass eine solche Absprache das Ergebnis der Auswahlentscheidung beeinflusst hat.
115Es fehlt insoweit schon an tatsächlichen Anhaltspunkten für die Annahme, der Minister selbst oder die die Auswahlentscheidung vorbereitenden Bediensteten des Ministeriums seien an einer derartigen Absprache beteiligt gewesen oder hätten zumindest bei Paraphierung des Auswahlvermerks von der Existenz einer solchen Absprache gewusst. Der Antragsgegner hat sich dahingehend eingelassen, dass etwaige Gespräche des Antragstellers mit dem in Rede stehenden Bundestagsabgeordneten im Ministerium unbekannt seien. Der Minister habe auch nicht seinerseits mit dem Abgeordneten gesprochen. Der Minister selbst hat in der 28. Sitzung (Sondersitzung) des Rechtsausschusses des Landtages am 24. Oktober 2023 erklärt, dass es keine politische Einflussnahme auf die Besetzungsentscheidung gegeben habe, er sich eine solche als Justizminister auch verbeten hätte. Eine „Nebenabrede zum Koalitionsvertrag zu dieser Besetzung“ gebe es nicht.
116Vgl. Ausschussprotokoll 18/385, S. 34 vorletzter Absatz.
117Diese Ausführungen hat der Minister in seiner Stellungnahme in der Sitzung des 50. Sitzung des Landtages am 1. Dezember 2023 wiederholt.
118Vgl. Plenarprotokoll 18/50, S. 10 rechts Spalte unten und S. 11 linke Spalte oben.
119Auch der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei, L. Z., hat in der 48. Sitzung des Landtages am 29. November 2023 auf Befragen bekundet, ihm sei eine solche Nebenabrede nicht bekannt.
120Vgl. Plenarprotokoll 18/48, S. 115 linke Spalte Mitte.
121Von einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts mit Blick auf die von dem Antragsteller erhobenen Einwände einer parteipolitischen Vorfestlegung und einer Befangenheit etwa durch Befragung des Ministers, des Abteilungsleiters Z oder der Beigeladenen durfte der Senat absehen. Für eine solche Aufklärung bestehen, wie der Senat zum Teil schon weiter oben ausgeführt hat, keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte. Das gilt auch in Ansehung des von dem Antragsteller insoweit behaupteten „Beweisnotstands“, weil der Antragsteller sich in seiner Eidesstattlichen Versicherung trotz behaupteter Gespräche mit dem von ihm genannten Bundestagsabgeordneten lediglich vage auf einen Wunsch „in Koalitionskreisen in Düsseldorf“ bezogen hat. Im Übrigen liegen bereits öffentliche Bekundungen des Ministers und des Abteilungsleiters Z im Rechtsausschuss vor, in denen diese in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Ministers und Chefs der Staatskanzlei im Landtag das Vorliegen einer politischen Absprache und Einflussnahme verneint haben.
122Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die etwaigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
123Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i. V m. Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GKG. Auszugehen ist nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG von dem Jahresbetrag der Bezüge, die dem jeweiligen Antragsteller nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (hier: 29. September 2023) bekanntgemachten, für Richter des Landes Nordrhein-Westfalen geltenden Besoldungsrechts fiktiv für das angestrebte Amt im Kalenderjahr der Beschwerdeerhebung zu zahlen sind. Nicht zu berücksichtigen sind dabei die nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 GKG ausgenommenen Besoldungsbestandteile. Der nach diesen Maßgaben zu bestimmende Jahresbetrag ist wegen § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und wegen der im Eilverfahren nur begehrten vorläufigen Sicherung auf ein Viertel zu reduzieren. Der nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnde Jahresbetrag beläuft sich hier angesichts des angestrebten Amtes der Besoldungsgruppe R 8 für das maßgebliche Jahr 2023 auf 136.238,40 Euro (monatlich 11.353,20 Euro). Die Division des o. g. Jahresbetrages mit dem Divisor 4 führt auf den festgesetzten Wert von 34.059,60 Euro.
124Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.