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Allein die Einrichtung Gemeinsamen Lernens rechtfertigt keine Begrenzung der Aufnahmekapazität in den Eingangsklassen an Grundschulen wegen besonderer Lernbedingungen.
Für die Begrenzung der Aufnahmekapazität auf der Grundlage der Ausnahmeregelung des § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW bedarf es stets einer auf die darin genannten Gründe (ausgewogene Klassenbildung innerhalb der Gemeinde, besondere Lernbedingungen, bauliche Gegebenheiten) gestützten und die konkrete Grundschule betreffenden Entscheidung des Schulträgers.
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig in die 1. Klasse der Katholischen Grundschule Z. (O. Straße) in A. aufzunehmen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der Senat entscheidet über die Beschwerde durch die Berichterstatterin, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
3Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig und begründet. Der Senat prüft nach § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO nur die fristgerecht dargelegten Gründe. Diese Gründe gebieten es, dem Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO unter Änderung des angefochtenen Beschlusses stattzugeben. Die Antragstellerin hat die tatsächlichen Voraussetzungen sowohl eines Anordnungsanspruchs (A.) als auch eines Anordnungsgrundes (B.) glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO, §§ 294 Abs. 1, 920 Abs. 2 ZPO).
4A. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr ein Anspruch auf vorläufige Aufnahme in die 1. Klasse der Katholischen Grundschule (KGS) Z., O. Straße, aus der allgemeinen Aufnahmeermächtigung in § 46 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Satz 1 AO-GS zusteht. Der Ablehnungsbescheid der Schulleiterin vom 20. März 2024 ist nach gegenwärtigem Erkenntnisstand rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten.
5Die Aufnahmekapazität der KGS Z. für das Schuljahr 2024/25 ist nicht ausgeschöpft. Die Schulleiterin, das Schulamt und die Beigeladene sind bei ihren Entscheidungen von einer Aufnahmekapazität von 50 Schülerinnen und Schülern (im Folgenden: Schüler) ausgegangen. Tatsächlich beträgt die Aufnahmekapazität 56 Schüler. Mit der Aufnahme der bislang insgesamt 50 Schüler hat die Schulleiterin diese Aufnahmekapazität nicht im Sinn des § 46 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW erschöpft. Dieser Rechtsfehler führt im vorliegenden Fall zu einem Aufnahmeanspruch. Die Antragstellerin wird auf Platz 54 der Anmeldeliste geführt.
6Grundsätzlich errechnet sich die Aufnahmekapazität einer Schule im Sinn des § 46 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW aus der Zahl der Eingangsklassen und den verordnungsrechtlich festgelegten Klassenbildungswerten. Die Zahl der Parallelklassen pro Jahrgang bestimmt der Schulträger in der Regel sowohl jahrgangsübergreifend (Zügigkeit) als auch jahrgangsbezogen als eine für den Schulleiter verbindliche Rahmenfestlegung im Sinn der §§ 46 Abs. 1 Satz 1, 59 Abs. 11 Satz 2 SchulG NRW.
7OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2013 ‑ 19 A 160/12 u. a. ‑, NWVBl. 2013, 448, juris, Rn. 54 f.; Beschlüsse vom 30. November 2016 ‑ 19 B 1066/16 ‑, NWVBl. 2017, 122, juris, Rn. 22, und vom 20. August 2014 ‑ 19 B 961/14 ‑, juris, Rn. 3 m. w. N.; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2017 ‑ 18 K 8151/17 ‑, juris, Rn. 29.
8Für Grundschulen gilt darüber hinaus § 46 Abs. 3 SchulG NRW. Nach dessen Satz 1 hat jedes Kind einen Anspruch auf Aufnahme in die seiner Wohnung nächstgelegene Grundschule der gewünschten Schulart in seiner Gemeinde im Rahmen der vom Schulträger festgelegten Aufnahmekapazität. Für Bekenntnisgrundschulen gilt dieser Anspruch indessen nur mit Einschränkungen, die durch den spezifischen Erziehungsauftrag dieser Schulen bedingt sind und die ihre Grundlage in Art. 12 Abs. 3 Satz 2 Landesverfassung NRW und § 26 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW finden. Im Grundsatz steht nur Kindern des entsprechenden Bekenntnisses ein Anspruch auf Aufnahme in eine Bekenntnisschule zu. Bekenntnisfremde Kinder haben nur ausnahmsweise einen Aufnahmeanspruch, wenn nach der vorrangig zu erfolgenden Aufnahme der formell bekenntnisangehörigen Kinder noch Kapazität vorhanden ist.
9OVG NRW, Beschluss vom 9. September 2016 ‑ 19 A 805/14 ‑, juris, Rn. 19 ff.
10Die Kapazität bestimmt der Schulträger grundsätzlich, indem er die Zahl und die Verteilung der Eingangsklassen auf die Schulen und Teilstandorte festlegt (Satz 2). Er kann die Zahl der in die Eingangsklassen aufzunehmenden Schüler einer Grundschule begrenzen, wenn dies für eine ausgewogene Klassenbildung innerhalb einer Gemeinde erforderlich ist oder besondere Lernbedingungen oder bauliche Gegebenheiten berücksichtigt werden sollen (Satz 3). Die Vorschriften zu den Klassengrößen bleiben unberührt (Satz 4). Die Klassengrößen ergeben sich aus der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 SchulG NRW (VO 2018 zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW) vom 18. März 2005 (GV. NRW. S. 218), hier anzuwenden in der am 8. März 2024 gültigen Fassung der Änderungsverordnung vom 25. Mai 2023 (GV. NRW. S. 298).
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2018 ‑ 19 B 1153/18 ‑, juris, Rn. 5.
12Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 VO 2018 zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW beträgt die Anzahl der zu bildenden Eingangsklassen an einer Grundschule für jahrgangsbezogenen und jahrgangsübergreifenden Unterricht bei einer Schülerzahl von bis zu 29 eine Klasse (Nr. 1), von 30 bis 56 zwei Klassen (Nr. 2) und bei höheren Schülerzahlen entsprechend mehr Klassen (Nrn. 3 bis 6). Bei jeweils bis zu weiteren 25 Schülern ist eine weitere Eingangsklasse zu bilden (Satz 2). Die Zahl der nach den Sätzen 1 und 2 zu bildenden Klassen kann aus pädagogischen, schulorganisatorischen oder baulichen Gründen unterschritten werden (Satz 3).
13Maßgebliche Berechnungsgröße für die Errechnung der Aufnahmekapazität einer Grundschule ist je nach der Anzahl der Eingangsklassen, welche der Schulträger für das betreffende Schuljahr auf sie rechtmäßig verteilt hat, seit dem 1. August 2015 die jeweils einschlägige Schülerzahlobergrenze nach § 6a Abs. 1 Sätze 1 und 2 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW.
14OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 2016 ‑ 19 B 283/16 ‑, juris, Rn. 9; Ministerium für Schule und Weiterbildung (MSW) des Landes NRW, Begründung zum Entwurf der Änderungsverordnung vom 19. Mai 2015 zur VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW, LT-Vorlage 16/2863 vom 22. April 2015, S. 1, 13.
15Nach diesen kapazitätsbestimmenden Maßstäben beträgt die Schülerzahlobergrenze, wenn wie hier zwei Eingangsklassen eingerichtet sind, 56 Schüler (§ 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VO 2018 zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW).
16Die Beigeladene hat die Aufnahmekapazität der KGS Z. für das Schuljahr 2024/2025 auch nicht rechtmäßig auf 50 Schüler begrenzt. Als Grundlage einer solchen Kapazitätsbegrenzung kommt allein die Regelung in § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW in Betracht, die unter den darin normierten drei Gründen die Begrenzung der Zahl der in die Eingangsklassen aufzunehmenden Schüler einer Grundschule ermöglicht. Eine Entscheidung nach § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW hat die Beigeladene indessen nicht getroffen.
17Der Antragsgegner verweist in Bezug auf die Entscheidung, 50 statt 56 Schülerinnen und Schüler in die beiden Eingangsklassen aufzunehmen, auf den Beschluss des Ausschusses für Schule und Weiterbildung vom 22. Januar 2024. Aus der diesbezüglichen Beschlussvorlage 0038/2024 vom 12. Januar 2024 geht unmissverständlich hervor, dass die Beigeladene indessen die Ermessensermächtigung nach § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW weder ausdrücklich noch sinngemäß als Rechtsgrundlage für eine Kapazitätsbestimmung in Bezug auf die KGS Z. herangezogen und sich auch inhaltlich nicht mit ihren tatbestandlichen Voraussetzungen auseinandergesetzt hat. Die Beschlussvorlage befasst sich in ihrer Begründung vielmehr ‑ ausdrücklich auf der Grundlage des § 6a VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW ‑ mit der vom Schulträger vorzunehmenden Festlegung der Anzahl der Eingangsklassen je Grundschule einschließlich der dabei aufzunehmenden Kinder. Zur Begründung führt die Beschlussvorlage weiter aus: „In den städtischen Grundschulen im Gemeinsamen Lernen wird die Zahl der Schüler*innen nach individueller Prüfung unter Berücksichtigung von räumlichen, pädagogischen sowie schulorganisatorischen Aspekten für jede Schule gesondert festgelegt.“ In der Anlage zur Beschlussvorlage wird die Kapazität für sämtliche Grundschulen, in denen, wie in auch in der KGS Z., Gemeinsames Lernen eingerichtet ist, mit 25 Kindern je Eingangsklasse angegeben. Mit der Bezugnahme auf „räumliche, pädagogische sowie schulorganisatorische“ Aspekte greift die Beschlussvorlage nahezu wörtlich die Formulierung des § 6a Abs. 1 Satz 3 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW auf, die allerdings keine rechtliche Grundlage für eine Reduzierung der Schülerzahl in Eingangsklassen an Grundschulen bietet. Diese Regelung ermächtigt (lediglich) zu einer Unterschreitung der nach den Sätzen 1 und 2 zu bildenden Klassen aus pädagogischen, schulorganisatorischen oder baulichen Gründen. Damit ermöglicht sie es etwa dem Schulleiter einer Grundschule, im Rahmen der nachgelagerten Klassenbildung entgegen der Festlegung des Schulträgers die Zahl der zu bildenden Klassen zu unterschreiten.
18Begründung des Entwurfs der Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz für das Schuljahr 2013/2014, Ministerium für Schule und Weiterbildung, LT-Vorlage 16/821, S. 15, Gemeinsame Leitlinien von CDU, SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN für die Gestaltung des Schulsystems in Nordrhein-Westfalen, LT-Vorlage 15/1058, S. 11.
19Dies hat auf die Schülerzahl indessen nur mittelbar Einfluss und führte zudem im Fall der mit der genannten Regelung ermöglichten Unterschreitung der zu bildenden Klassen zu einer ‑ hier von der Beigeladenen offensichtlich gerade nicht beabsichtigten ‑ höheren Schülerzahl je Klasse.
20Die in § 6a Abs. 1 Satz 3 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW genannten Gründe für eine Unterschreitung der Klassenanzahl stimmen weder im Wortlaut noch ihrem Inhalt nach mit den Gründen für eine Schülerzahlbegrenzung in § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW überein. Vor diesem Hintergrund kann in dem Beschluss des Ausschusses für Schule und Weiterbildung der Beigeladenen auch keine sinngemäße Entscheidung auf der Grundlage der letztgenannten Regelung gesehen werden. Soweit der Antragsgegner erstmals im Widerspruchsbescheid vom 8. April 2024 und später in seiner erstinstanzlichen Stellungnahme vom 30. April 2024 sowie in der Beschwerdebegründung auch auf die Regelung des § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW verweist, vermag dies eine Entscheidung des zuständigen Schulträgers nicht zu ersetzen.
21Aber selbst unterstellt, die Beigeladene hätte eine Begrenzung der Schülerzahl in den Eingangsklassen der Grundschulen, namentlich auch der KGS Z., nach § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW treffen wollen, wäre diese rechtswidrig.
22Die Begrenzung der Aufnahmekapazität nach § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW ist zulässig, um innerhalb der Gemeinde ausgewogene Klassen zu bilden oder besondere Lernbedingungen oder bauliche Gegebenheiten zu berücksichtigen. Besondere Lernbedingungen kommen insbesondere in Betracht im Bereich von Schulen, die einen besonderen Schwerpunkt für Integration und Inklusion haben sowie von Grundschulen, die nach den Erkenntnissen der Kommunen in sozialen Brennpunkten liegen.
23Vgl. den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Gesetz zur Sicherung eines qualitativ hochwertigen und wohnungsnahen Grundschulangebots in NRW (8. Schulrechtsänderungsgesetz), LT-Drs. 16/815 vom 4. September 2012, S. 41.
24§ 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW ist daher als Ausnahmevorschrift zu verstehen. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers sind grundsätzlich die Klassengrößen nach § 6a Abs. 1 der Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW einzuhalten. Das verdeutlicht auch § 46 Abs. 3 Satz 4 SchulG NRW, der ausdrücklich bestimmt, dass die Vorschriften zu den Klassengrößen unberührt bleiben. Vor diesem Hintergrund erfordert eine Kapazitätsbegrenzung nach § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW konkrete auf die jeweilige Grundschule bezogene Gründe. „Besondere Lernbedingungen“ im Sinn der Alternative 2 des § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW liegen bei einer mit außergewöhnlichen pädagogischen Herausforderungen verbundenen Ausnahmesituation vor.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. März 2020 ‑ 19 B 1212/19 -, juris, Rn. 19 ff.; VG Münster, Beschlüsse vom 15. August 2013 ‑ 1 L 286/13 -, juris, Rn. 15 ff., und ‑ 1 L 407/13 ‑, juris, Rn. 15 ff.
26Dass eine solche Ausnahmesituation, die einer bezogen auf die einzelne Schule konkreten und individuellen Begründung der „besonderen Lernbedingungen“ bedarf, hier vorliegt, lässt sich den im Verfahren vorgelegten Unterlagen nicht ansatzweise entnehmen.
27In der Begründung der Beschlussvorlage 0038/2024, auf die die Beigeladene sich beruft, wird lediglich allgemein angekündigt, dass in den städtischen Grundschulen im Gemeinsamen Lernen die Schülerzahl nach individueller Prüfung unter Berücksichtigung von räumlichen, pädagogischen sowie schulorganisatorischen Aspekten für jede Schule gesondert festgelegt werde. Abgesehen davon, dass hier die Tatbestandsvoraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 3 VO zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW als maßgeblich angesehen werden, finden sich keine Hinweise darauf, dass eine individuelle Prüfung und gesonderte Festlegung der Schülerzahl für jede Schule Gemeinsamen Lernens in Bezug auf „besondere Lernbedingungen“ stattgefunden hat. Weitergehendes enthält entgegen der von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 4. Juni 2024 vertretenen Auffassung auch nicht die Anlage 1 der Beschlussvorlage. Diese enthält eine tabellarische Aufstellung aller A.‘er Grundschulen, in der u. a. deren Zügigkeit, die Anzahl der jeweiligen Eingangsklassen und die jeweilige Kapazität mit Zahlenwerten angegeben sind. Dabei liegt der Kapazitätsberechnung für die Grundschulen Gemeinsamen Lernens ausnahmslos eine Schülerzahl von 25 je Eingangsklasse zugrunde (für KGS Z.: Anzahl der Eingangsklassen „2“, Kapazität „50“). Eine individuelle Begründung enthält diese Aufstellung weder für die hier verfahrensgegenständliche KGS Z. noch für andere Grundschulen des Gemeinsamen Lernens im Stadtgebiet der Beigeladenen.
28Nichts Abweichendes gilt unter Berücksichtigung der als Anlage 2 des Schriftsatzes der Beigeladenen vom 4. Juni 2024 zur Gerichtsakte gereichten Aufstellung über die Grundschulen des Gemeinsamen Lernens. Diese Abstimmung zwischen Schulaufsicht und Schulträger zum Schuljahr 2022/2023, die mangels wesentlicher Änderungen in der Raumsituation zum Aufnahmeverfahren 2024/2025 zwischen Schulaufsicht und Schulträger mündlich bestätigt worden sei, sei, so das Vorbringen der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren, Basis für die Aufnahmekapazität von 25 Kindern je Klasse gewesen. In deren Rahmen sei jede Grundschule mit einem Angebot Gemeinsamen Lernens im Hinblick auf räumliche, pädagogische oder schulorganisatorische Aspekte betrachtet und die Aufnahmekapazität gemeinsam festgelegt worden. Für die KGS Z. ist darin unter „Räumliche Einschränkungen ja / nein“ vermerkt „ja“ und unter „kurze Beschreibung der Einschränkungen“ „UR sind überwiegend < 60 qm, 3 Diff vorhanden“. Für die anderen Grundschulen mit einem Angebot Gemeinsamen Lernens sind teilweise ebenfalls Einschränkungen hinsichtlich der Raumgrößen und der vorhandenen Differenzierungsräume vermerkt oder auch zur (fehlenden) Barrierefreiheit sowie zu anstehenden Baumaßnahmen. Für einen Teil der Grundschulen werden auch gar keine räumlichen Einschränkungen beschrieben.
29Ungeachtet der Frage, ob und inwieweit eine nachträgliche Ergänzung der in der Beschlussvorlage angeführten Gründe zulässig ist, trägt diese im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Aufstellung einschließlich der genannten Anmerkungen die erforderliche individuelle Begründung zum Vorliegen „besonderer Lernbedingungen“ im Sinne von § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW nicht. Sie beinhaltet schon deswegen keine in Bezug auf den Einzelfall bezogene, plausiblen Gründe, weil sie vollkommen unabhängig von den Eintragungen zu den räumlichen Einschränkungen die Aufnahmekapazität für sämtliche Grundschulen Gemeinsamen Lernens einheitlich auf 25 Schüler je Eingangsklasse reduziert. Dass gerade die ‑ wenn auch differenziert nach Grundschulen angeführten unterschiedlichen räumlichen Einschränkungen ‑ maßgeblich für die Begrenzung der Schülerzahl im Gemeinsamen Lernen gewesen sein sollen, ist bei einer solchen einheitlichen Handhabung in keiner Weise nachvollziehbar.
30Unabhängig davon ist zweifelhaft, inwieweit die von der Beigeladenen angeführten räumlichen Einschränkungen bei der Umsetzung Gemeinsamen Lernens überhaupt zur Begründung einer Begrenzung der Aufnahmekapazität nach § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW wegen besonderer Lernbedingungen herangezogen werden können. Denn das Vorliegen der sächlichen, namentlich räumlichen Ausstattung ist bereits Voraussetzung dafür, dass die Einrichtung Gemeinsamen Lernens an einer Grundschule erfolgen kann.
31Nr. 3.2.4 des Runderlasses des Ministeriums für Schule und Bildung vom 12. März 2021 ‑ 511-6.08.01-162110 ‑, Gemeinsames Lernen in der Grundschule, BASS 13-11.
32Dass allein die Einrichtung Gemeinsamen Lernens keine (generelle) Begrenzung der Aufnahmekapazität in Eingangsklassen an Grundschulen nach § 46 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW wegen besonderer Lernbedingungen rechtfertigt, zeigt sich schließlich in Abgrenzung zu den Voraussetzungen, die § 46 Abs. 4 SchulG NRW im Gemeinsamen Lernen für eine Schülerzahlbegrenzung in der Klasse 5 einer Schule der Sekundarstufe I oder mit Sekundarstufe I aufgestellt. Eine entsprechende, an die Gegebenheiten im Rahmen der Aufnahme an Grundschulen angepasste Regelung für die Berücksichtigung Gemeinsamen Lernens bei der Schülerzahlbegrenzung sieht das Gesetz gerade nicht vor.
33B. Die Antragstellerin hat auch den erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die einstweilige Anordnung ist zur effektiven Durchsetzung der Ansprüche der Antragstellerin erforderlich. Aus dem Grundrecht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz in Art. 19 Abs. 4 GG folgt, dass im Schulaufnahmeverfahren ein Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Aufnahme in eine bestimmte Schule auch dann bestehen kann, wenn eine andere aufnahmebereite Schule derselben Schulform in zumutbarer Entfernung zur Verfügung steht. Insbesondere kann ein wesentlicher Nachteil im Sinne dieser Vorschrift, den der gerichtliche Eilrechtsschutz abwenden soll, auch darin liegen, dass einem Schüler der Besuch der konkreten einzelnen Schule verwehrt bleibt, die dem Elternwunsch entspricht.
34OVG NRW, Beschlüsse vom 27. August 2018 ‑ 19 B 1136/18 ‑, juris, Rn. 9, und vom 30. November 2016, a. a. O., Rn. 6 ff.
35Diese Grundsätze beanspruchen auch im vorliegenden Fall Geltung.
36Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat hat die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus Billigkeit für nicht erstattungsfähig erklärt. Sie hat sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt, weil sie keinen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
37Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Die Bedeutung der Schulaufnahme für die Antragstellerin, auf die es nach § 47, § 52 Abs. 1 GKG für die Streitwertfestsetzung ankommt, bestimmt der Senat in ständiger Ermessenspraxis in Anlehnung an Nr. 1.5 Satz 1 und Nr. 38.4 des Streitwertkatalogs 2013 (NWVBl. 2014, Sonderbeilage Januar, S. 11) im vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit der Hälfte des Auffangwerts nach § 52 Abs. 2 GKG für jedes betroffene schulpflichtige Kind, also 2.500,00 Euro.
38OVG NRW, Beschlüsse vom 31. August 2022 ‑ 19 B 945/22 ‑, NVwZ-RR 2022, 941, juris, Rn. 16, vom 25. August 2022 ‑ 19 B 956/22 ‑, juris, Rn. 17, vom 17. März 2022 ‑ 19 B 56/22 ‑, juris, Rn. 10 jeweils m. w. N.
39Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).