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Hochschulen sind grundsätzlich nicht verpflichtet, beim Erlass von Diplomierungssatzungen eine Möglichkeit zur Nachdiplomierung für sog. Altfälle vorzusehen.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf jeweils 15.000,00 Euro festgesetzt.
Der Berufungszulassungsantrag ist unbegründet. Nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und auch objektiv vorliegt. Der Kläger stützt seinen Antrag auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO. Keiner dieser Gründe liegt vor.
21. Aus der Zulassungsbegründung ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
3Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.
4Vgl. statt vieler BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. April 2020 ‑ 1 BvR 2705/16 ‑ juris Rn. 21, und Beschluss vom 18. Juni 2019 ‑ 1 BvR 587/17 ‑ juris Rn. 32; VerfGH NRW, Beschlüsse vom 13. Oktober 2020 ‑ VerfGH 82/20.VB-2 - juris Rn. 19, und vom 17. Dezember 2019 ‑ VerfGH 56/19.VB-3 ‑ juris Rn. 17 ff., jeweils m. w. N.
5Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe keinen Anspruch auf Verleihung des begehrten Grades "Diplom-Wirtschaftslehrer" gemäß der Ordnung zur Verleihung des Grades Diplom-Wirtschaftslehrerin bzw. Diplom-Wirtschaftslehrer aufgrund einer Staatsprüfung der Fakultäten für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, der Philosophischen Fakultät und der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften (im Folgenden: Ordnung) der Z. vom 12. Januar 2004 in der Fassung der Berichtigung vom 5. Mai 2004. Zum einen habe er nach der Lehramtsprüfungsordnung (LPO) vom 13. Februar 1976 studiert und falle damit aus dem Geltungsbereich der Ordnung heraus, die nach § 1 nur Absolventen eines an der Z. abgeschlossenen Studienganges für das Lehramt der Sekundarstufe II erfasse, die nach der LPO vom 23. August 1994 oder nach der LPO vom 27. März 2003 studiert hätten. Zum anderen habe der Kläger die Frist zur Beantragung einer nachträglichen Verleihung des Diplomgrades gemäß § 4 der Ordnung von zwei Jahren nach deren Inkrafttreten versäumt.
6a) Die gegen diese verwaltungsgerichtliche Wertung erhobene Rüge des Klägers, es fehle bereits an einer ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Ordnung und ihrer Berichtigung mit der Folge ihrer Unanwendbarkeit, greift nicht durch.
7Es bestehen entsprechend der Feststellung des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Urteil keine Zweifel daran, dass die Beklagte die Ordnung vom 12. Januar 2004 und deren Berichtigung vom 5. Mai 2004 ordnungsgemäß entsprechend den Anforderungen des § 2 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz - HG NRW) vom 14. März 2000 (GV. NRW, 190) im Verkündungsblatt der Hochschule bekanntgegeben hat, indem sie diese auf Grundlage von § 77 Abs. 1 ihrer Grundordnung vom 21. März 2002 in ihren Amtlichen Bekanntmachungen im Jahr 2004 Nr. 845 vom 15. Januar (S. 5927-5929) und Nr. 868 vom 11. Mai (S. 6233-6234) abgedruckt und veröffentlicht hat. Das Verwaltungsgericht hat seiner Prüfung zutreffend die im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnung vom 12. Januar 2004 und deren Berichtigung vom 5. Mai 2004 gültige Fassung des § 2 Abs. 4 Satz 2 HG NRW vom 14. März 2000 (GV. NRW, 190) sowie ‑ entgegen dem Vorbringen des Klägers in dem angefochtenen Urteil deutlich so bezeichnet ‑ § 77 Abs. 1 der Grundordnung vom 21. März 2002 zugrunde gelegt. § 2 Abs. 4 Satz 2 HG NRW ist entgegen der Behauptung des Klägers ausreichend bestimmt und sieht keine Bekanntmachungsanordnung vor, wie sie etwa § 2 Abs. 4 BekanntmVO NRW bei der öffentlichen Bekanntmachung von kommunalem Ortsrecht festlegt. Dass § 2 Abs. 4 Satz 2 HG NRW den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Verkündungsvorganges nicht genügen könnte, ergibt sich weder aus dem Zulassungsvorbringen noch ist dies sonst ersichtlich. Insbesondere gewährleisten diese hier maßgeblichen Rechtsnormen, dass die Hochschulordnungen der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können.
8Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Verkündung einer Rechtsnorm: BVerfG, Beschluss vom 22. November 1983 ‑ 2 BvL 25/81 - juris Rn. 36 f.
9Auf keine rechtlichen Bedenken führt entgegen dem Vorbringen des Klägers, dass das Verkündungsblatt der Beklagten nicht als solches benannt ist, sondern den Titel "Amtliche Bekanntmachungen" trägt. In § 77 Abs. 1 der Grundordnung vom 21. März 2002, der die eindeutige Überschrift "Verkündungsblatt" trägt, hat die Beklagte ihre "Amtlichen Bekanntmachungen" ausdrücklich und rechtsfehlerfrei zu ihrem Verkündungsblatt gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 HG NRW bestimmt. Der titelgebende Begriff "Amtliche Bekanntmachungen" zeigt im Übrigen auch aus sich heraus der betroffenen Öffentlichkeit hinreichend deutlich, dass die Funktion dieses Schriftwerks darin liegt, seine Inhalte förmlich zu veröffentlichen. Anders als der Kläger meint, ist in § 77 Abs. 1 Satz 2 der Grundordnung vom 21. März 2002 auch die Erscheinungsweise des Verkündungsblatts der Beklagten "bei Bedarf, mindestens jedoch in jedem dritten Kalendermonat" ausreichend bestimmt und entsprechend den Anforderungen des § 2 Abs. 4 Satz 2 HG NRW festgelegt.
10b) Der Kläger stellt mit seinem Zulassungsvorbringen die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, die Beschränkung des Kreises der Anspruchsberechtigten nach § 1 der Ordnung vom 15. Januar 2004 in der Fassung der Berichtigung vom 5. Mai 2004 sei rechtsfehlerfrei, nicht durchgreifend in Frage.
11aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die sich auch das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil gestützt hat, verpflichtet § 18 Abs. 1 Satz 3 HRG Hochschulen nicht dazu, beim Erlass von Diplomierungssatzungen auf sog. Altfälle Bedacht zu nehmen. Eine aus Art. 12 Abs. 1 GG ableitbare Schutzpflicht des universitären Normgebers in Gestalt einer Verpflichtung zur Anpassung der normativen Ausgestaltung eines Berufsbildes an Veränderungen der Berufswelt ist allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn das Unterbleiben entsprechender Änderungen oder Ergänzungen die Wahl und/oder die Ausübung des Berufs unverhältnismäßig erschweren würde, was gerade bei sog. Altfällen zu verneinen ist. Die Diplomierung künftiger Hochschulabsolventen verändert die Wettbewerbslage zu Lasten jedenfalls vor längerer Zeit Examinierter nicht in greifbarer und erheblicher Weise, weil der Aspekt eines schnelleren und chancenreichen Zugangs zum Arbeitsmarkt kaum noch bedeutsam ist, sondern bei diesen Personen für Personalentscheidungen in erster Linie ihr Alter, ihre Berufs- und Lebenserfahrung und ihr Werdegang ausschlaggebend sind und zudem das frühere Fehlen einer Diplomierung allgemein bekannt ist. Diesbezügliche Änderungen erfolgen daher grundsätzlich ex nunc. Dass der Diplomgrad in der Wirtschaft "sehr gefragt" ist, besagt nicht, dass die Berufsaufnahme durch sein Fehlen spürbar beeinträchtigt wird. Auch der Wunsch nach einem griffigeren Titel genügt nicht, eine Schutzpflicht nach Art. 12 Abs. 1 GG zu begründen. Eine Ungleichbehandlung der Betroffenen insbesondere gegenüber Hochschulabsolventen in anderen Studiengängen, denen satzungsgemäß ein Diplom verliehen wird, ist gemessen an Art. 3 Abs. 1 GG aus diesen Gründen gerechtfertigt.
12Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2002 ‑ 6 C 11.01 - juris Rn. 9 ff., Beschlüsse vom 8. Januar 2015 - 6 B 44.14 - juris Rn. 9, vom 6. März 2013 - 6 B 47.12 - juris Rn. 6 ff.
13bb) Mit seinem Zulassungsvorbringen zeigt der Kläger nicht auf, dass die vorgenannte den Erlass einer Diplomierungssatzung für Juristen betreffende höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 18 Abs. 1 Satz 3 HRG,
14vgl. auf Landesebene die inhaltlich entsprechende Bestimmung des § 96 Abs. 2 HG NRW vom 14. März 2000 (jetzt: § 66 Abs. 2 HG NRW),
15auf den vorliegenden Sachverhalt der Nachdiplomierung von Absolventen der Ersten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen nicht übertragbar wäre. Das vom Kläger behauptete "lebenslange Recht" auf "Unterstützung" von sog. Altfällen durch eine Nachdiplomierung besteht hiernach grundsätzlich nicht. Seine Behauptung, die Nachdiplomierung für Wirtschaftslehrer sei auf dem freien Bildungsmarkt gerade bei der Übernahme von Dozententätigkeiten von großer Bedeutung, bietet keinen zureichenden Anhaltspunkt für eine Verletzung der Berufsfreiheit durch die fehlende Möglichkeit der Nachdiplomierung. Die mit einer Beweisanregung untermauerte Behauptung, bei der Vergabe von zeitlich befristeten Unterrichtsverträgen an Wirtschaftslehrer komme dem Diplomgrad erhebliche Bedeutung zu, vermag eine unverhältnismäßige Erschwernis der Berufsausübung ersichtlich nicht zu begründen. Entsprechendes gilt für die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers zu seiner eigenen Studienlaufbahn und Übernahme freiberuflicher Lehraufträge. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen entgegen der Behauptung des Klägers bei der Urteilsfindung das Grundrecht der Berufsfreiheit mitberücksichtigt.
16cc) Aus den weiterhin in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. Juni 2017 ‑ 6 C 43.16 - juris), des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (gemeint: Urteil vom 11. Januar 2011 ‑ 2 A 287/09 ‑ juris) und des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Urteile vom 7. Juni 2016 ‑ 1 KO 649/14 ‑, vom 13. Dezember 1995 ‑ 1 KO 19/94 ‑, beide juris) folgt nichts Abweichendes. Sie betreffen die mit der vorliegenden nicht vergleichbaren Fallkonstellation einer Anerkennung von in der DDR abgelegten Prüfungen oder erworbenen Befähigungsnachweisen und der Nachdiplomierung nach der selbständigen Anspruchsgrundlage des Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages mit dem Ziel, negative wirtschaftliche und berufliche Folgen des Zusammenbruchs des Staats- und Wirtschaftssystems der ehemaligen DDR für die Berufstätigen zu begrenzen.
17Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Juni 2017 ‑ 6 C 43.16 - juris Rn. 12 und vom 10. Dezember 1997 ‑ 6 C 10.97 - juris Rn. 26.
18Die Ausführungen des Klägers zu einem Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG (NRW) liegen neben der Sache, weil der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2020 nicht bestandskräftig ist.
19dd) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebiete seine Nachdiplomierung, weil es Hochschulen wie die Europa-Universität Flensburg gebe, die ebenso wie das Landes(hochschul)recht in anderen Bundesländern eine Nachdiplomierung vorsähen oder vorgesehen hätten. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes scheidet schon deshalb aus, weil Art. 3 Abs. 1 GG die Träger öffentlicher Gewalt allein in ihrem konkreten Zuständigkeitsbereich bindet.
20Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2013 ‑ 6 B 47.12 - juris Rn. 13.
21c) Die Rüge des Klägers, die in § 4 der Ordnung geregelte zweijährige Frist verstoße gegen höherrangiges Recht (Art. 3 und Art. 12 Abs. 1 GG) und sei keine Ausschlussfrist, bleibt schon deshalb erfolglos, weil der Kläger keine ernstlichen Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der selbständig tragenden Feststellung des Verwaltungsgerichts, er gehöre nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 1 der Ordnung vom 15. Januar 2004 in der Fassung der Berichtigung vom 5. Mai 2004, aufgezeigt hat (s. 1. b)). Stützt die Vorinstanz ‑ wie hier ‑ ihre Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen, kann das Rechtsmittelgericht ein zulassungsbedürftiges Rechtsmittel nur zulassen, wenn der Rechtsmittelführer gegen jede der tragenden Begründungen mindestens einen Zulassungsgrund darlegt und dieser Grund auch objektiv vorliegt.
22St. Rspr. des BVerwG zum Revisionszulassungsrecht, BVerwG, Beschlüsse vom 12. Oktober 2022 ‑ 1 B 53.22 ‑ juris Rn. 6; zum Berufungszulassungsrecht OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Oktober 2023 ‑ 19 A 1762/21 - juris Rn. 14, vom 27. März 2023 ‑ 19 A 407/22.A ‑ juris Rn. 10.
23d) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung kann der Kläger schließlich nicht erfolgreich darauf stützen, dass er erstmals im Zulassungsverfahren mit Schriftsatz vom 14. Januar 2021 die Hilfsanträge,
24"das Urteil des Verwaltungsgerichts Aachen vom 10.12.2021 ‑ 6 K 3132/21 ‑ abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 07.12.2020 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, eine Diplom-Ordnung zu erlassen, welche den Kläger nicht von der Diplomierung ausschließt“,
25und,
26"festzustellen, dass die 1. Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II in den Fachrichtungen Wirtschaftswissenschaften und Englisch als akademischer Ausbildungsstand dem universitären Hochschulgrad ‚Diplom-‘ mindestens gleichwertig ist",
27stellt und hierauf bezogen Zulassungsgründe geltend macht. Das Zulassungsverfahren dient der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung und knüpft an deren Streitgegenstand an. Dementsprechend kann die beabsichtigte Änderung einer Klage im Berufungsverfahren regelmäßig nicht zur Zulassung der Berufung führen, sondern setzt erst deren Zulassung voraus.
28Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Juni 2022 ‑ 1 A 4498/19 ‑ juris Rn. 90, vom 13. Juli 2017 ‑ 6 A 2397/15 ‑ juris Rn. 19, vom 7. August 2013 ‑ 10 A 1970/22 ‑ juris Rn. 7, vom 18. August 2004 ‑ 16 A 594/03 ‑ juris Rn. 6.
292. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor, weil die Rechtssache aus den vorgenannten Gründen keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, die einer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfen.
303. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist bereits nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung setzt die Formulierung einer bestimmten, obergerichtlich und höchstrichterlich nicht geklärten und für die Berufungsentscheidung erheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage bestehen soll.
31Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. September 2023 ‑ 19 A 987/21 ‑ juris Rn. 14, vom 25. August 2021 ‑ 19 A 4062/19 - juris Rn. 22, vom 2. Juli 2021 ‑ 19 A 1113/20 ‑ juris Rn. 32, und vom 6. Januar 2021 ‑ 19 A 4359/19 ‑ juris Rn. 21, jeweils m. w. N.
32a) Mit der von ihm angeführten Frage,
33"ob die in der Urteilsentscheidung zitierte Rechtsprechung auf Absolventen mit Staatsprüfung für das Lehramt vollumfänglich übertragbar ist",
34formuliert der Kläger schon keine hinreichend bestimmte, einer allgemeinen Klärung zugängliche Frage, sondern wendet sich im Gewand der Grundsatzrüge gegen die Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das Verwaltungsgericht im konkreten Einzelfall. Er macht damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend, die wie bereits unter 1. b) ausgeführt in der Sache nicht durchgreifen. Ungeachtet dessen fehlt es an Darlegungen, aus welchen Gründen angesichts der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. 1. b) aa)) weitergehender Klärungsbedarf bestehen soll.
35b) Die weitere als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
36"Ist eine Nachdiplomierung von Personen möglich, die die 1. Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II in den Fachrichtungen Wirtschaftswissenschaften und Englisch bestanden haben, ohne Befristung möglich?",
37führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Auch insoweit zeigt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm formulierten Frage nicht auf. Wie bereits dargestellt, betrifft die vom Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 7. Juni 2016 ‑ 1 KO 649/14 ‑) eine mit der vorliegenden Sachlage nicht vergleichbare Fallkonstellation (s. 1. b) cc)). Im Übrigen gilt das bereits unter 1. b) aa) und 3. a) Ausgeführte.
38c) Hinsichtlich der vom Kläger im Zusammenhang mit seinem erstmals im Zulassungsverfahren angekündigten Hilfsantrags zu 1. (S. 4 und 6 des Schriftsatzes vom 14. Januar 2022) geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung mangelt es neben der Formulierung einer hinreichend bestimmten Frage von vornherein an deren Entscheidungserheblichkeit. Der angekündigte Hilfsantrag war nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung (s. 1. b) d)).
394. Der Kläger beruft sich ferner ohne Erfolg auf den Zulassungsgrund der Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, soweit er eine Abweichung von der Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 7. Juni 2016 ‑ 1 KO 649/14 ‑, juris) und der nachfolgenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. Juni 2017 ‑ 6 C 43.16 -, juris) behauptet. Die Darlegung einer Divergenz setzt voraus, dass der Kläger einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung der übergeordneten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechts- oder Tatsachensatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Behauptet der Kläger hingegen ausschließlich, das Verwaltungsgericht habe einen divergenzfähigen Rechts- oder Tatsachensatz fehlerhaft oder gar nicht angewendet, liegt darin, selbst wenn diese Behauptung zuträfe, lediglich ein Subsumtionsfehler des Verwaltungsgerichts, aber keine Abweichung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.
40Vgl. zu § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO: BVerwG, Beschlüsse vom 16. September 2020 - 8 B 22.20 ‑ juris Rn. 4, vom 8. September 2020 ‑ 1 B 31.20 ‑ juris Rn. 22, und vom 17. Dezember 2019 - 9 B 52.18 ‑ juris Rn. 3; zu § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO und § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG: OVG NRW, Beschlüsse vom 29. September 2023 ‑ 19 A 987/21 ‑ juris Rn. 19, vom 16. August 2022 ‑ 19 A 735/21 - juris Rn. 31, vom 7. Oktober 2021 ‑ 19 A 592/21.A ‑ juris Rn. 23, jeweils m. w. N.
41Die Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts ist in Nordrhein-Westfalen nicht divergenzfähig. Eine Entscheidung „des" Oberverwaltungsgerichts im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nur eine Entscheidung des dem Verwaltungsgericht im Instanzenzug übergeordneten Oberverwaltungsgerichts oder Verwaltungsgerichtshofs.
42Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. September 2017 ‑ 19 A 1798/16 - juris Rn. 15, vom 19. Mai 2016 ‑ 19 A 1512/14 ‑ juris Rn. 10.
43Im Übrigen wird das Zulassungsvorbringen den Darlegungsanforderungen nicht gerecht. Der Kläger benennt bereits keinen abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz aus den von ihm angeführten Urteilen des Thüringer Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts, von dem das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll. Ebenso wenig zeigt er einen dazu im Widerspruch stehenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz in dem angefochtenen Urteil auf. Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe diese Entscheidungen nicht gewürdigt, rügt er lediglich eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall, was nicht Gegenstand des Zulassungsgrunds der Divergenz ist.
445. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen der geltend gemachten Verfahrensmängel zuzulassen.
45a) Ohne Erfolg bleibt die Rüge des Klägers, es liege kein ordnungsgemäßer Tatbestand vor, weil die Ausführungen der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten lediglich rudimentär auf einer halben Seite der angefochtenen Entscheidung dargestellt seien.
46Etwaige Unrichtigkeiten oder Lücken bei der Wiedergabe des tatsächlichen Vorbringens des Klägers können nicht als Verfahrensmangel geltend gemacht werden, sondern nur durch einen fristgebundenen Antrag auf Berichtigung oder Ergänzung des Urteils nach Maßgabe der §§ 119, 120 VwGO. Sie können deswegen auch nicht zur Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels führen.
47Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Dezember 2010 ‑ 4 B 49.10 ‑ juris Rn. 6, vom 9. September 2009 ‑ 4 BN 4.09 ‑ juris Rn. 16; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 196.
48Unabhängig davon hat der Kläger auch keine konkreten entscheidungserheblichen Auslassungen oder unrichtige Schilderungen des Sach- und Streitstands durch das Verwaltungsgericht aufgezeigt.
49b) Erfolglos bleibt ferner der Einwand unzureichender Sachverhaltsaufklärung, weil das Verwaltungsgericht keine Zeugen zur ordnungsgemäßen Bekanntmachung der Ordnung vom 15. Januar 2004 und der Berichtigung vom 5. Mai 2004 vernommen habe, obwohl sich dies aufgedrängt habe.
50Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat und die sich dem Gericht auch nicht aufdrängen musste. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich ohne ausdrücklichen Beweisantrag nur auf, wenn das Gericht nach seinem materiell-rechtlichen Standpunkt Anlass zur weiteren Aufklärung sehen muss, weil die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen.
51Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 2018 ‑ 2 B 57.17 ‑ juris Rn. 18 und 20.
52Der schon im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretene Kläger hat, wie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2021 belegt, keinen diesbezüglichen Beweisantrag gestellt. Dem Verwaltungsgericht musste sich nach dem von ihm vertretenen Rechtsstandpunkt, wonach keine Zweifel daran bestehen, dass die Ordnung vom 15. Januar 2004 und die Berichtigung vom 5. Mai 2004 ordnungsgemäß bekanntgemacht worden sind, keine weitere Sachaufklärung aufdrängen.
53c) Erfolglos bleibt ferner die Rüge des Klägers, er habe mit der erstinstanzlichen Klageerhebung hilfsweise auch beantragt, die Beklagte zu verpflichten, über seinen bei ihr gestellten Antrag neu zu entscheiden, womit sich das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil aber nicht befasst habe. Den im Schriftsatz vom 19. Januar 2021 angekündigten Hilfsantrag auf Neubescheidung hat der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2021 ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht gestellt. Da die schriftsätzlich angekündigten Anträge durch die Antragstellung des anwaltlich vertretenen Klägers erst in der mündlichen Verhandlung (§ 103 Abs. 3 VwGO) ihre endgültige Gestalt erhalten, war es nicht verfahrensfehlerhaft, dass das Verwaltungsgericht hierauf nicht eingegangen ist.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. August 1990 ‑ 7 B 115/90 - juris Rn. 4.
55Unabhängig davon wäre das Verwaltungsgericht auch bei Prüfung eines (als Minus in dem Verpflichtungsantrag enthaltenen) Neubescheidungsantrags nach dem oben unter 1. b) Ausgeführten zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis gekommen.
56d) Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht seiner Pflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken, nicht nachgekommen wäre, weil der Vorsitzende - wie der Kläger geltend macht - ihm weder mit Blick auf die Möglichkeit des Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 VwVfG (NRW) zur Stellung des ursprünglich angekündigten Neubescheidungsantrags geraten habe noch ihm unter Hinweis auf die vorliegende Rechtsprechung als Hilfsantrag eine Normerlassklage nahegelegt habe. Aus der Hinweispflicht des § 86 Abs. 3 VwGO folgt keine Pflicht des Vorsitzenden einem - wie hier - anwaltlich vertretenen Kläger Beratungshilfe zu erteilen und ihm zur Stellung von weiteren Hilfsanträgen zu raten.
57Vgl. BVerwG, Beschlüsse 23. Oktober 2008 ‑ 4 B 30.08 ‑ juris Rn. 14, vom 27. Juni 2007 ‑ 4 B 25.07 ‑, juris Rn. 7, vom 6. Juli 2001 ‑ 4 B 50.01 ‑ juris Rn. 11.
58Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
59Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG und Nr. 18.5 des Streitwertkatalogs 2013 (NWVBl. 2014, Heft 1, Sonderbeilage, S. 8).
60Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 66 Abs. 3 Satz 3, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).