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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn einer der in § 78 Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 AsylG genannten Zulassungsgründe den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt wird und vorliegt. Darlegen in diesem Sinn bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
4Zu den Darlegungsanforderungen nach der inhaltsgleichen Regelung des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2020 - 19 A 4548/18 ‑, juris, Rn. 2; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 186, 194.
5Daran fehlt es hier. Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen.
6Grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte und in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Für die Darlegung dieser Voraussetzungen bedarf es neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit der Rechts- oder Tatsachenfrage sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.
7BVerwG, Beschluss vom 28. März 2022 ‑ 1 B 9.22 ‑, juris, Rn. 21 ff. (zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO); OVG NRW, Beschlüsse vom 4. November 2022 ‑ 19 A 2155/22.A ‑, juris, Rn. 5, vom 19. September 2022 ‑ 19 A 1798/22.A ‑, juris, Rn. 5, vom 14. Juni 2022 ‑ 19 A 657/22.A ‑, AuAS 2022, 150, juris, Rn. 3, vom 18. Mai 2022 ‑ 19 A 532/22.A ‑, juris, Rn. 6, und vom 9. Februar 2022 ‑ 19 A 544/21.A ‑, juris, Rn. 24, jeweils m. w. N.
8Eine auf tatsächliche Verhältnisse gestützte Grundsatzrüge erfordert die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung von bestimmten begründeten Informationen, Auskünften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
9Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. April 2020 ‑ 19 A 3476/18.A ‑, juris, Rn. 7, vom 12. März 2020 ‑ 19 A 4739/19.A ‑, juris, Rn. 27, jeweils m. w. N.
10Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht. Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam die Fragen,
111. Kann eine 4-köpfige Familie in Benin City oder Lagos das Existenzminimum aus eigener Erwerbstätigkeit sicherstellen, wenn keine oder nur geringe berufliche Qualifikationen des Arbeitnehmers vorliegen?
122. Welche monatlichen Kosten muss eine solche 4‑köpfige Familie für Unterkunft, Nahrung, Schule und Gesundheitsversorgung im Monat in Benin oder Lagos erwirtschaften?
13Die Fragen bedürfen keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Die Klägerin verweist zur Begründung auf die schwierigen, ihrer Ansicht nach letztlich auch nicht eindeutig geklärten Bedingungen für Rückkehrer sowie die Unsicherheit, ihre wirtschaftliche Existenz in Nigeria hinreichend zu sichern. Die allgemeine wirtschaftliche und soziale Situation, auf die Rückkehrer in Nigeria treffen, ist indessen nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie in der Rechtsprechung des beschließenden Senats ‑ soweit sie einer einzelfallübergreifenden Beurteilung zugänglich ist ‑ umfassend geklärt ist.
14Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. Juni 2021 ‑ 19 A 4386/19.A ‑, juris, Rn. 59 ff., und vom 18. Mai 2021 ‑ 19 A 4604/19.A ‑, juris, Rn. 61 ff.
15Einer weiteren Klärung der dort getroffenen generalisierenden Tatsachenfeststellungen bedarf es nicht. Der Senat hat hierbei im Übrigen ausdrücklich festgestellt, dass für die Frage etwa der Möglichkeit der Existenzsicherung jeweils die individuellen Umstände zu berücksichtigen sind, wobei Bildung, berufliche Fähigkeiten, die familiäre und psychologische Situation, der ökonomische Status und etwaige Kontakte in Nigeria von Bedeutung sein können.
16Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. Juni 2021 ‑ 19 A 4386/19.A ‑, und vom 18. Mai 2021 ‑ 19 A 4604/19.A ‑, juris, jeweils Rn. 67.
17Ob diese Voraussetzungen im konkreten Fall bei der Prüfung etwa der Möglichkeit und Zumutbarkeit internen Schutzes (§ 3e AsylG) im Rahmen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes, oder auch bei der Prüfung von Abschiebungsverboten vorliegen, ist eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall.
18Dass sich an den der o. g. Senatsrechtsprechung zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnissen etwas für die asylrechtliche Bewertung Relevantes geändert hat, zeigt die Klägerin nicht auf. Der von der Klägerin angeführte Bericht des niederländischen Außenministeriums vom Januar 2023, wonach „einige Familien auch mit den vom IOM gewährten Rückkehrhilfen letztlich die Miete nicht mehr zahlen konnten und ihnen Obdachlosigkeit droht“ (5.4, S. 81), sie nur mit der Unterstützung ihrer Familien „überleben“ konnten und 40 % der Rückkehrer nach einer Überprüfung des IOM auf familiäre Unterstützung angewiesen wären, geben nichts hinreichend Konkretes dafür her, dass es entgegen den Erkenntnissen und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts einer gesunden und arbeitsfähigen Frau, die zudem über eine neunjährige Schulbildung verfügt, gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, der in Nigeria bereits einen Beruf ausgeübt hatte, generell nicht möglich ist, bei einer Rückkehr nach Nigeria für sich und ihre minderjährigen Töchter den Lebensunterhalt sicherzustellen.
19Soweit die Klägerin weiter vorträgt, es sei noch zu berücksichtigen, dass eine ihrer Töchter wegen psychosozialen Förderbedarfs auf unabsehbare Zeit besonderer, einer Erwerbstätigkeit entgegenstehender Betreuung bedürfe, wendet sie sich letztlich gegen die vermeintlich fehlerhafte Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts, was nicht Gegenstand der Grundsatzrüge ist.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.
21Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).