Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Ein etwaiger Verstoß des Haushaltsplans einer Gemeinde gegen das Gebot der wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Führung der Haushaltswirtschaft aus § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW F. 2004 führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B.
Die Haushaltsführung einer Gemeinde verstößt erst dann gegen das Gebot der wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Führung der Haushaltswirtschaft aus § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW F. 2004, wenn sie in keiner Weise mehr vertretbar ist.
Die Steuerbelastung muss für die Steuerpflichtigen bei generalisierender Betrachtung, das heißt in der Regel, noch zumutbar sein. Eine Steuer ist nicht bereits dann verfassungswidrig, wenn sie nur einzelne Steuerpflichtige unzumutbar belastet. In solchen Einzelfällen muss der unzumutbaren Belastung mit Billigkeitsmaßnahmen, also einer niedrigeren Steuerfestsetzung (§ 163 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. AO) oder einem Erlass (§ 227 AO), entgegengewirkt werden.
Im Ausgangspunkt liefern die Regelungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs einen brauchbaren Maßstab zur Bestimmung dessen, was steuerrechtlich zumutbar ist.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 107,77 € festgesetzt.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. Juli 2024 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Festsetzung der Grundsteuer B im Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Januar 2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. April 2024 zu Recht abgelehnt. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), greifen nicht durch.
2Die Antragstellerin wendet gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu Unrecht ein, die Festsetzung der Grundsteuer B im Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Januar 2024 sei rechtswidrig, weil die Bestimmung des Hebesatzes auf 1.100 v. H. für das Haushaltsjahr 2024 in § 6 Nr. 1.2 der Haushaltssatzung der Antragsgegnerin für die Haushaltsjahre 2023/2024 - Haushaltssatzung 2023/2024 - unwirksam sei, weil die Haushaltssatzung gegen das Gebot der wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Führung der Haushaltswirtschaft aus § 75 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen in der bis zum 30. Dezember 2023 geltenden Fassung - GO NRW F. 2004 - (nunmehr § 75 Abs. 1 Satz 3 GO NRW) verstoße. Die Antragsgegnerin habe nicht plausibel dargelegt, dass unter anderem durch den Einbruch bei der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer ein Haushaltsloch aufgetreten sei. In dem geplanten Neubau des städtischen Gymnasiums für 91 Mio. Euro liege ein wirtschaftlich in keinem Fall mehr vertretbarer Verbrauch öffentlicher Mittel.
3Dieses Vorbringen greift nicht durch. Zunächst einmal würde ein Verstoß des in § 1 der Haushaltssatzung 2023/2024 geregelten Haushaltsplans der Antragsgegnerin für das Haushaltsjahr 2024 auf der Ausgabenseite gegen das Gebot der wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Führung der Haushaltswirtschaft aus § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW F. 2004 nicht auf eine Nichtigkeit des in § 6 Nr. 1.2 der Haushaltssatzung 2023/2024 der Antragsgegnerin bestimmten Hebesatzes für die Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2024 führen.
4Ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, hängt davon ab, ob - erstens - die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-) Regelung des Lebenssachverhalts belässt und - zweitens - hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann.
5Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2012 - 9 B 80.11 -, NVwZ-RR 2012, 368 (369), Rdnr. 11.
6Beides ist hier der Fall. Auch bei Nichtigkeit einzelner Bestimmungen des Haushaltsplans der Antragsgegnerin für das Haushaltsjahr 2024 in § 1 ihrer Haushaltssatzung 2023/2024 wäre - wie noch darzulegen sein wird - die Festsetzung des Hebesatzes der Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2024 auf 1.100 v. H. sinnvoll und mit höherrangigem Recht vereinbar. Es kann auch für den Fall der Nichtigkeit einzelner Bestimmungen des Haushaltsplans der Antragsgegnerin für das Haushaltsjahr 2024 hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Rates der Antragsgegnerin angenommen werden, es auch in diesem Fall jedenfalls bis zu einer Neuregelung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2024 bei der Festsetzung des Hebesatzes für das Haushaltsjahr 2024 auf 1.100 v. H. zu belassen, denn sonst stünde die Antragsgegnerin bis zu einer Neuregelung ohne jede Einnahme aus der Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2024 da.
7Ein etwaiger Verstoß des Haushaltsplans der Antragsgegnerin für das Haushaltsjahr 2024 auf der Ausgabenseite gegen § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW F. 2004 würde aber auch materiell-rechtlich nicht auf die Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2024 auf 1.100 v. H. in § 6 Nr. 1.2 der Haushaltssatzung 2023/2024 der Antragsgegnerin führen. Denn es besteht kein rechtlicher Zusammenhang zwischen dem Gebot der wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Führung der Haushaltswirtschaft in § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW F. 2004 und der Bestimmung des Hebesatzes der Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2024 in § 6 Nr. 1.2 der Haushaltssatzung 2023/2024 der Antragsgegnerin. Der rechtliche Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben des Haushalts wird vielmehr durch § 75 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GO NRW hergestellt. Nach diesen Vorschriften muss der Haushalt in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein. Er ist ausgeglichen, wenn der Gesamtbetrag der Erträge die Höhe des Gesamtbetrags der Aufwendungen erreicht oder übersteigt. Dies bedeutet, dass der Haushalt jeder Gemeinde in jedem Haushaltsjahr nach Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein muss, und zwar auch dann, wenn die Ausgaben nicht dem Gebot der wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Führung der Haushaltswirtschaft entsprechen sollten. Außerdem besteht auch deshalb kein rechtlicher Zusammenhang zwischen einzelnen Ausgaben im Haushaltsplan der Antragsgegnerin auf der einen Seite und der Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B auf der anderen Seite, weil Steuern ganz allgemein der Einnahmeerzielung dienen und daher einzelne Ausgaben in einem Haushaltsplan nicht einer bestimmten Steuer zugeordnet sind und auch nicht zugeordnet werden können.
8Im Ergebnis ebenso: Bay. VGH, Beschluss vom 11. Februar 1976 - Nr. 243 IV 74 -, KStZ 1976, 150 (154).
9Die Anfechtung eines kommunalen Steuerbescheids ist daher kein geeignetes Mittel, die betreffende Gemeinde zu einer wirtschaftlicheren und sparsameren Haushaltsführung zu zwingen. Hierfür haben die Steuerpflichtigen nur zwei Möglichkeiten: Sie können sich entweder an die Kommunalaufsicht wenden mit der Bitte, gegen eine - aus ihrer Sicht - unwirtschaftliche oder verschwenderische Haushaltsführung der Gemeinde einzuschreiten.
10Vgl. hierzu etwa OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 1990 - 15 A 1099/87 -, NVwZ-RR 1991, 509 f.
11Oder sie können, sofern sie wahlberechtigte Bürger der betreffenden Gemeinde sind, bei der nächsten Kommunalwahl einen anderen Rat wählen, von dem sie sich eine wirtschaftlichere und sparsamere Haushaltswirtschaft versprechen.
12Abgesehen davon verstoßen der geplante Neubau eines Schulgebäudes für die Gesamtschule, der Bau einer Mensa und einer 3-fach-Mehrzweckhalle im Schulzentrum Nord für ca. 91 Mio. Euro nach summarischer Prüfung nicht gegen das Gebot einer wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Führung der Haushaltswirtschaft im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW F. 2004. Es ist mit Blick auf das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes - GG - nicht die Aufgabe der Verwaltungsgerichte, die Haushaltsführung der Gemeinden in allen Einzelheiten nachzuprüfen, sondern lediglich auf die Einhaltung alleräußerster Grenzen zu achten. Daher verstößt die Haushaltsführung einer Gemeinde erst dann gegen das Gebot der wirtschaftlichen, effizienten und sparsamen Führung der Haushaltswirtschaft aus § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW F. 2004, wenn sie in keiner Weise mehr vertretbar ist.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 1990 - 15 A 1099/87 -, NVwZ-RR 1991, 509 = juris, Rdnr. 11.
14Dafür ist hier nichts ersichtlich. Nach der plausiblen Prognose der Antragsgegnerin wird die Zahl der Einwohner in X. in den kommenden Jahren auf 42.000 und damit einhergehend auch die Zahl der Schüler im Sekundarbereich stark ansteigen. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Schulneubau auch in der gegenwärtigen Haushaltssituation der Antragsgegnerin wirtschaftlich vernünftig, selbst wenn dieser mit hohen Investitionskosten verbunden ist, zumal schon jetzt ein Teil der Schüler in Mietcontainern untergebracht sein soll. Denn zum einen sind der Antragsgegnerin bereits Planungskosten entstanden und ist sie mit Blick auf den geplanten Neubau Verpflichtungen eingegangen, die im Falle der Einstellung des Neubaus verloren wären (vgl. das Haushaltssicherungskonzept der Antragsgegnerin, S. 6 und 10 f.). Zum anderen steht nicht zu erwarten, dass die Baukosten in den kommenden Jahren sinken werden, sondern sie werden sich aller Erfahrung nach eher erhöhen.
15Die Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B auf 1.100 v. H. für das Haushaltsjahr 2024 in § 6 Nr. 1.2 der Haushaltssatzung 2023/2024 der Antragsgegnerin verstößt auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Nach dieser Vorschrift werden das Eigentum und das Erbrecht gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Aus ihr folgt ein Verbot übermäßiger Steuerbelastung. Die Steuerbelastung muss für die Steuerpflichtigen bei generalisierender Betrachtung, das heißt in der Regel, noch angemessen und zumutbar sein.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. April 2023 - 14 A 929/19 -, KStZ 2024, 27 (28) = juris, Rdnr. 8 ff. m.w.N.
17Nicht mehr angemessen in diesem Sinne wäre etwa eine Hebesatzerhöhung und die daraus resultierende Steuer(mehr)belastung für die Steuerpflichtigen, wenn die Gemeinde ihrer nicht bedürfte. Dies wäre dann der Fall, wenn der Haushalt auch ohne Hebesatzerhöhung bereits ausgeglichen wäre und die Mehreinnahmen aus der Hebesatzerhöhung zu einer jedes vernünftige Maß übersteigenden Erhöhung der Rücklagen führen würden. Denn selbstverständlich dürfen (und sollen) die Gemeinden in wirtschaftlich guten Zeiten Haushaltsüberschüsse erwirtschaften und hieraus Rücklagen für wirtschaftlich schlechtere Zeiten bilden. Hierfür dürften sie auch die Hebesätze der Realsteuern erhöhen. Die verfassungsrechtliche Grenze der Unangemessenheit bzw. Unzumutbarkeit würde in diesem Fall erst überschritten, wenn die Gemeinde bereits über genügende Rücklagen verfügen würde und eine weitere Rücklagenbildung nicht mehr vernünftig begründet werden könnte.
18Ähnlich Hess. VGH, Beschluss vom 5. August 2014 - 5 B 1100/14 -, KStZ 2014, 218 (220) = juris, Rdnr. 10; Bay. VGH, Beschluss vom 23. April 2013 - 4 ZB 12.2144 -, juris, Rdnr. 14: wenn die Mehreinnahmen lediglich der gemeindlichen Kapitalbildung dienen würden.
19Eine solche Situation liegt hier nicht vor. Das Vorbringen der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe nicht plausibel dargelegt, dass unter anderem durch den Einbruch bei der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer ein Haushaltsloch aufgetreten sei, ist abwegig. Die Antragsgegnerin hat im Vorbericht zu ihrem Haushaltsplan für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 plausibel dargelegt, dass trotz der Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B auf 1.100 v. H. für das Haushaltsjahr 2024 ein Haushaltsdefizit von mehr als 6 Mio. Euro zu erwarten sei und die Ausgleichsrücklage voraussichtlich im Haushaltsjahr 2023 aufgebraucht sein werde (Vorbericht S. 34 f.). Auch die hierfür unter anderem benannte Ursache eines unterproportionalen Gewerbesteueraufkommens ist plausibel. Es ist allgemeinkundig, dass sich Deutschland in einer wirtschaftlichen Rezession befindet und daher die Prognosen für das Steueraufkommen von Bund, Ländern und Gemeinden ständig nach unten korrigiert werden (siehe nur www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Finanzpolitik/2024/ 05/2024-05-16-ergebnisse-der-166-steuerschaetzung/html).
20Die Antragstellerin macht ferner zu Unrecht geltend, die Antragsgegnerin hätte bereits bei der Erstellung der Satzung deren einzelfallspezifische Auswirkungen berücksichtigen müssen und die Erhöhung des Hebesatzes führe zu einer erdrosselnden Wirkung der Grundsteuer B. Wie bereits dargelegt, muss die Steuerbelastung für die Steuerpflichtigen bei generalisierender Betrachtung, das heißt in der Regel, noch angemessen und zumutbar sein. Eine Steuer ist nicht bereits dann verfassungswidrig, wenn sie nur einzelne Steuerpflichtige unzumutbar belastet. In solchen Einzelfällen muss der unzumutbaren Belastung mit Billigkeitsmaßnahmen, also einer niedrigeren Steuerfestsetzung (§ 163 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. der Abgabenordnung - AO -) oder einem Erlass (§ 227 AO), entgegengewirkt werden.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. April 2023 - 14 A 929/19 -, KStZ 2024, 27 (28) = juris, Rdnr. 10.
22Daher musste die Antragsgegnerin vor Erlass der Steuersatzung auch keine Einzelfallbetrachtung anstellen. Dies ist bei schätzungsweise mehr als 10.000 Steuerpflichtigen der Grundsteuer B im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin auch nicht möglich. Dafür, dass die Grundsteuer B der Antragsgegnerin in einer über Einzelfälle hinausgehenden Anzahl von Fällen zu einer unzumutbaren Steuerbelastung führt, hat die Antragstellerin nichts Substantiiertes dargelegt.
23Die Antragstellerin legt im Übrigen bereits nicht schlüssig dar, dass die Grundsteuer B sie unzumutbar belastet.
24Im Ausgangspunkt liefern die Regelungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches - SGB XII - einen brauchbaren Maßstab zur Bestimmung dessen, was steuerrechtlich zumutbar ist. So muss etwa dem der Einkommensteuer unterworfenen Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld von seinem Erworbenen so viel verbleiben, als er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und desjenigen seiner Familie bedarf („einkommensteuerrechtliches Existenzminimum“). Dieses ist anhand der Maßstäbe der Sozialhilfe zu ermitteln.
25Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. September 1992 - 2 BvL 5, 8, 14/91 -, BVerfGE 87, 153 (169 ff.) = juris, Rdnr. 64 ff.
26Der Senat ist allerdings der Meinung, dass Steuerpflichtige der Grundsteuer B durch die Besteuerung auch nicht auf Sozialhilfeniveau herabgedrückt werden dürfen, sondern ihnen von ihrem Einkommen und Vermögen jedenfalls etwas mehr verbleiben muss als Sozialhilfeempfängern. Anderenfalls läge im Ergebnis eine sachlich nicht mehr begründbare Gleichbehandlung ungleicher Personengruppen und Sachverhalte vor, nämlich von Leistungsträgern (Steuerzahlern) mit den Empfängern von Staatsleistungen.
27Ausgehend von diesen Maßstäben hat die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde nicht dargetan, dass die Grundsteuer B sie unzumutbar belastet. Sie bezog bis zum 30. Juni 2024 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 1.161,28 € monatlich, seit dem 1. Juli 2024 in Höhe von 1.214,40 € monatlich. Der Regelbedarf für Erwachsene, die mit einem Ehegatten in einer Wohnung zusammenleben (Regelbedarfsstufe 2), beträgt nach der Anlage (zu § 28) zum SGB XII seit dem 1. Januar 2024 506,- €. Die Belastung der Antragstellerin mit der Grundsteuer B beträgt nur 35,92 € pro Monat (431,09 € : 12). Angaben zu weiteren Aufwendungen für die Eigentumswohnung M. Straße 00 hat die Antragstellerin nicht gemacht, ebenso nicht zu ihren Wasserverbrauchs- und Heizkosten. Ferner ist aufgrund ihrer Angaben nicht ersichtlich, dass bei ihr ein Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII zu berücksichtigen wäre. Dieser ist nur bei Personen zu berücksichtigen, bei denen die Feststellung des Merkzeichens G (gehbehindert) vorliegt. Angaben zu ihren (weiteren) Vermögensverhältnissen hat die Antragstellerin ebenfalls nicht gemacht. Auch diese wären bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Höhe der Grundsteuer B für sie zu berücksichtigen. Schließlich wären im vorliegenden Fall bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Höhe der Grundsteuer B für die Antragstellerin auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihres Ehemannes zu berücksichtigen. Da dieser zusammen mit der Antragstellerin in deren Eigentumswohnung M. Straße 00 in X. wohnt, kann von der Antragstellerin ihm gegenüber erwartet werden, dass er sich auch an den Lasten dieser Eigentumswohnung und damit auch an der Aufbringung der Grundsteuer B beteiligt. Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ihres Ehemannes hat die Antragstellerin ebenfalls nicht gemacht.
28Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG legt die Antragstellerin nicht schlüssig dar. Der Hebesatz der Grundsteuer B in Höhe von 1.100 v. H. ist für alle Steuerpflichtigen der Grundsteuer B im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin gleich. Eine willkürliche Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen der Grundsteuer B liegt daher entgegen der Meinung der Antragstellerin nicht vor. Es liegt aber auch keine willkürliche Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen der Grundsteuer B im Verhältnis zu anderen Steuerpflichtigen vor. Allerdings hat die Antragsgegnerin die Hebesätze für die Grundsteuer A und die Gewerbesteuer nicht in gleichem Maße angehoben wie den Hebesatz der Grundsteuer B. Hierfür dürfte es indes vernünftige Gründe geben. Es ist allgemeinkundig, dass die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft bereits hoch mit Abgaben und anderen Auflagen belastet sind (siehe den Streit um die Besteuerung des Agrardiesels zu Beginn dieses Jahres). Ferner befindet sich Deutschland, wie ausgeführt, in einer wirtschaftlichen Rezession. Es ist daher nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin in dieser Situation die Steuern für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und die Gewerbebetriebe nicht in gleichem Maße steigern möchte wie die Grundsteuer B.
29Die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Satz 3, 2. Alt. VwGO liegen nach alledem ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll die Aussetzung bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigte Härte zur Folge hätte. Eine solche ist nur anzunehmen, wenn die Zahlung dem Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zufügen würde, der auch durch eine spätere Rückzahlung nicht wieder ausgeglichen werden könnte, etwa wenn die Zahlung bei natürlichen Personen deren wirtschaftliche Existenz gefährden würde.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2019 - 14 B 1759/18 -, juris, Rdnr. 19.
31Dies ist hier nach dem oben Ausgeführten nicht anzunehmen. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die Antragsgegnerin die Vollziehung eines Steuerbescheids im Falle der wirtschaftlichen Existenzgefährdung des Steuerpflichtigen tatsächlich nach § 80 Abs. 4 Satz 3, 2. Alt. VwGO aussetzen müsste und den Steuerpflichtigen nicht auf die bloße Möglichkeit einer Stundung oder des Erlasses der Steuer verweisen dürfte.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.
34Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).