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Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3I. Der der Sache nach geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) führt nicht zur Zulassung der Berufung.
4„Ernstliche Zweifel“ i. S. d. Gesetzes sind gegeben, wenn die Richtigkeit des angefochtenen Urteils einer weiteren Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist.
5Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2002 - 7 AV 1.02 -, Buchholz 310 § 124b VwGO Nr. 1, S. 2 f. = juris, Rn. 7.
6Der Zulassungsantrag zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils auf. Das Verwaltungsgericht hat die Klage sowohl hinsichtlich des Verpflichtungsantrags des Klägers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Nutzung eines PKW-Anhängers für politische Werbung als auch hinsichtlich der Anfechtung der Ordnungsverfügung der Beklagten vom 6. Oktober 2020 zu Recht abgewiesen.
71. Der Senat kann offenlassen, ob das Verwaltungsgericht den (schriftsätzlich auf die Aufhebung des Bescheides begrenzten) Klageantrag zu 1. zu Unrecht so ausgelegt hat, dass der Kläger im Wege der Verpflichtungsklage die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Nutzung des PKW-Anhängers nur für die Kommunalwahl 2020 begehrt und er daher nach Durchführung der Wahl insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis mehr hat.
82. Denn auch bei einer Auslegung des Klageantrags zu 1. dergestalt, dass der Kläger eine Sondernutzungserlaubnis für die Nutzung des Anhängers auch für die Zeit nach der Kommunalwahl 2020 begehrt, wäre die Klage insoweit unzulässig, weil der Kläger einen entsprechenden Antrag im Verwaltungsverfahren nicht gestellt hat.
9Vgl. zu dem Erfordernis eines vorherigen Antrags im Rahmen der Verpflichtungsklage OVG NRW, Urteil vom 29. Juni 2009 - 12 A 1638/07 -, juris, Rn. 49 m. w. N.
10In dem Antrag an die Beklagte vom 9. September 2020, den der Kläger mit E-Mail vom 10. September 2020 lediglich hinsichtlich des Banner-Motivs modifiziert hat, schreibt der Kläger, dass er einen „Werbeanhänger für die Kommunalwahl“ nutzt und er darum bittet, „dieses zu genehmigen“. Da der Kläger ebenfalls darauf hinweist, „dass die Zeit drängt“, er um eine „Entscheidung noch heute“ bittet, und er sich als „Direktkandidat der AfD im Wahlbezirk 21 G. “, „Spitzenkandidat für die Wahl zur Bezirksvertretung C. H. “ und „Kandidat auf der AfD-Reserveliste für die Wahl zum Rat der Stadt C1. “ bezeichnet, ergibt sich, dass sich sein Antrag auf die zu dieser Zeit kurz bevorstehende Kommunalwahl am 13. September 2020 bezieht. Aus dem Antrag geht hingegen nicht hervor, dass der Kläger den Anhänger auch nach der Kommunalwahl 2020 für eine andere Wahl - die im Zulassungsantrag genannten Wahlen liegen inzwischen ohnehin alle bis auf die Kommunalwahl 2025 in der Vergangenheit - verwenden möchte.
11Selbst wenn man der E-Mail des Klägers vom 18. September 2020 mit der darin enthaltenen Aussage „Der Presse entnehme ich: nach der Wahl ist vor der Wahl“ eine Erweiterung seines Antrags auf die Nutzung des Anhängers auch nach der Kommunalwahl 2020 beimisst, so ist der Antrag jedenfalls nicht hinreichend bestimmt. Damit die Behörde die Prüfung eines Antrags auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vornehmen kann, muss der Antragsteller sie insbesondere über Ort, zeitliche Dauer und Umfang seines Vorhabens in Kenntnis setzen.
12OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2014 – 11 A 2250/12 –, juris, Rn. 23.
13Das ist hinsichtlich der zeitlichen Dauer einer Sondernutzung auch insofern relevant als die unbegrenzte Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ohnehin nicht möglich ist, § 18 Abs. 2 Satz 1 StrWG NRW. Der Antrag benennt aber - neben der im Zeitpunkt der Antragstellung bevorstehenden und inzwischen durchgeführten Kommunalwahl 2020 - keine (weitere) Zeitspanne der beabsichtigten Nutzung.
143. Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass der Zulassungsantrag auch mit dem sinngemäß geltend gemachten Einwand des Klägers nicht zum Erfolg führen würde, die Beklagte habe ihr Ermessen nicht oder hinsichtlich des Rechts des Klägers auf Meinungsfreiheit oder des Parteienprivilegs in Art. 21 GG zumindest nicht sachgemäß ausgeübt.
15Der vom Kläger verwendete PKW-Anhänger dient - was auch der Zulassungsantrag nicht in Frage stellt - nach seinem Umbau faktisch nicht (mehr) dem Transport, sondern allein der (Wahl-)Werbung, und stellt somit eine Sondernutzung dar.
16Vgl. zu einer Einstufung als mobile Werbeanlage bei einem konstruktionsbedingt nicht als Transportmittel eingesetzten PKW-Anhänger OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 2019 - 11 A 2430/18 -, juris, Rn. 19.
17Die Sondernutzungserlaubnis wird auf Grund einer Ermessensentscheidung erteilt (vgl. § 18 Abs. 2 StrWG NRW). Das der Behörde eingeräumte Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen, insbesondere des Gebots der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), auszuüben (§ 40 VwVfG NRW). Die gerichtliche Kontrolle der Ermessensentscheidung beschränkt sich auf die Einhaltung dieses rechtlichen Rahmens (§ 114 Satz 1 VwGO). Dabei sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässig nachgeschobene Ermessenserwägungen im Sinne von § 114 Satz 2 VwGO vom Gericht zu berücksichtigen.
18Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung setzt zunächst voraus, dass der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt werden. Für die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung genügt es grundsätzlich, wenn bei einer auf mehrere Gründe gestützten Ermessensentscheidung nur einer der herangezogenen Gründe sie trägt, es sei denn, dass nach dem Ermessen der Behörde nur alle Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollen.
19Vgl. hierzu etwa OVG NRW, Urteil vom 7. April 2017 - 11 A 2068/14 -, NVwZ-RR 2017, 855 (857) = juris, Rn. 48 ff., m. w. N.
20Entsprechend dem Zweck des § 18 Abs. 2 StrWG NRW hat sich die behördliche Ermessensausübung an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen können insbesondere zählen ein einwandfreier Straßenzustand (Schutz des Straßengrunds und des Zubehörs), die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) oder Belange des Straßen- und Stadtbilds, d. h. baugestalterische oder städtebauliche Vorstellungen mit Bezug zur Straße (Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraums, Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbilds und Ähnliches).
21Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. April 2017 - 11 A 2068/14 -, NVwZ-RR 2017, 855 (857) = juris, Rn. 54, m. w. N.
22Der Zulassungsantrag zeigt Ermessensfehler nach diesem Maßstab nicht auf. Aus dem streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 22. September 2020 geht zunächst hervor, dass die Beklagte überhaupt Ermessen ausgeübt hat. Denn der Bescheid legt die Ermessenserwägungen der Beklagten dar. Die Beklagte hat die Ablehnung auch auf einen tragfähigen straßenbezogenen Grund, nämlich die Beeinträchtigung der Sicherheit des Verkehrs, gestützt.
23Ein Ermessensfehler folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte das Recht des Klägers, als Kandidat für die Kommunalwahl Wahlwerbung zu betreiben, falsch gewichtet hat. Dem Ermessen im Rahmen einer Wahlkampfwerbung sind in der Wahlkampfphase - also jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem jeweiligen Wahlkampftermin - aus verfassungsrechtlichen Gründen zwar enge Grenzen gezogen. Denn es muss sichergestellt sein, dass die zur Wahl stehenden Parteien und Kandidaten angemessene und wirksame Wahlwerbemöglichkeiten haben.
24Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 11 A 2020/12 -, juris, Rn. 9; Beschluss vom 6. Mai 2010 ‑ 11 B 563/10 -, juris, Rn. 8; OVG MV, Beschluss vom 24. August 2011 - 1 M 127/11 -, juris, Rn. 13; OVG Saarl., Beschluss vom 2. Juni 2009 - 1 B 347/09 -, juris, Rn. 3.
25Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Die Gemeinde ist berechtigt, z. B. die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken und auch bestimmte Standorte - etwa aus Gründen der Verkehrssicherung - auszunehmen. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist.
26OVG MV, Beschluss vom 24. August 2011 - 1 M 127/11 -, juris, Rn. 16, m. w. N.
27Auch nach diesem Maßstab ist ein Ermessensfehler nicht dargelegt. Der Antrag des Klägers ist schon nicht auf eine bestimmte Wahlkampfphase - nach dem Zulassungsvorbringen nicht einmal auf eine bestimmte Wahl - beschränkt. Darüber hinaus legt die Zulassungsbegründung nicht ansatzweise dar, warum für den Kläger zur Selbstdarstellung neben der von der Beklagten zugelassenen Möglichkeit des Aufhängens von Plakaten im öffentlichen Straßenraum gerade die Verwendung eines mobilen PKW-Anhängers trotz der ausweislich der in dem Verwaltungsvorgang befindlichen Lichtbilder des Anhängers erkennbar großen Ablenkungsgefahr durch andere Verkehrsteilnehmer notwendig und angemessen ist.
28Schließlich ist ein Ermessensfehler auch nicht deshalb dargelegt, weil der CDU-Kandidat für die Wahl zum Oberbürgermeister der Beklagten ein mit Wahlwerbung bedrucktes Fahrzeug im Wahlkampf zur Kommunalwahl 2020 im Gebiet der Beklagten verwendet hat. Unabhängig von Frage, ob es sich dabei überhaupt ebenfalls um eine Sondernutzung handelt oder ob das verwendete Fahrzeug seine Eigenschaft als Transportmittel trotz der Werbung weiterhin erfüllt,
29vgl. zum Maßstab der Beurteilung einer Sondernutzung durch Verwendung eines mit Werbung bedruckten Fahrzeugs: OVG NRW, Beschluss vom 2. Dezember 2019 - 11 A 2430/18 - juris, Rn. 10,
30gewährt Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 - 6 C 5.04 -, juris, Rn. 25.
32Hinzu kommt, dass die Zulassungsbegründung nicht darlegt - und auch sonst nicht ersichtlich ist -, dass die Beklagte vor der E-Mail des Klägers vom 25. September 2020 Kenntnis von dem Fahrzeug des CDU-Kandidaten hatte. Die Beklagte hat auf die Mitteilung des Klägers vorgetragen, auch in diesem Fall keine Sondernutzungserlaubnis erteilt zu haben und dem Kläger geantwortet, dass sie in vergleichbaren Fällen bei Kenntnis ebenso einschreiten bzw. keine Erlaubnis erteilen werde.
334. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2. begründet der Zulassungsantrag ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Die Zulassungsbegründung zeigt insbesondere nicht ansatzweise auf, woraus sich das vom Verwaltungsgericht verneinte Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers angesichts der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angekündigten Umstellung der Verwaltungspraxis der Beklagten hinsichtlich des Adressaten einer etwaigen Aufforderung zum Entfernen von Wahlplakaten und ggf. einer entsprechenden Ordnungsverfügung ergeben soll.
34II. Die Berufung ist auch nicht wegen eines sinngemäß gerügten Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen. Insbesondere ist ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) mit dem Vortrag, die Beklagte habe die Verwaltungsvorgänge nur unvollständig vorgelegt, nicht dargelegt.
35Eine Aufklärungsrüge ist nur dann erfolgreich, wenn sie schlüssig aufzeigt, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung hätte sehen müssen. Dazu muss ferner dargelegt werden, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können.
36Vgl. BVerwG, Beschluss 21. Mai 2014 - 6 B 24.14 -,
37juris, Rn. 11.
38Die hiernach erforderlichen Darlegungen enthält der Zulassungsantrag nicht, sodass eine Verfahrensrüge schon deshalb ins Leere ginge.
39III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
40Das Urteil des Verwaltungsgerichts in nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
41Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
42Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).