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Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Antragstellerin ‑ ein Rohstoffunternehmen, das u. a. Kies abbaut ‑ wendet sich gegen den Bebauungsplan „A. 00“ in der Ortschaft X. (im Folgenden: Bebauungsplan). Sie ist die Eigentümerin des teilweise von dem Bebauungsplan erfassten Grundstücks Gemarkung X., Flur 0, Flurstück 449.
3Der Ortsteil X. liegt überwiegend nordöstlich der L 000 (R.-straße). Das ca. 7,68 ha große Plangebiet befindet sich südwestlich der R.-straße und der hier verlaufenden Stadtbahntrasse. Es liegt nördlich von an der L 001 (K.-straße) gelegenen Wohnbebauung. Östlich und westlich dieser Wohnbebauung liegen landwirtschaftlich genutzte Flächen, die im Westen bis an den nach Nordwesten führenden Mittelweg heranreichen. Die Bestandsflächen des Mittelwegs stehen im Eigentum der Antragsgegnerin. Dieser soll über ca. 225 m auch als Erschließungsstraße des Plangebietes ausgebaut werden. Das im Eigentum der Antragstellerin stehende Flurstück 449 grenzt westlich an den (vorhandenen) Mittelweg an. Es ist wie alle weiteren anschließenden Grundstücke der Antragstellerin unbebaut, u. a. hier grub die Antragstellerin früher Kies ab. Nordwestlich des Plangebietes liegen weitere ehemalige Auskiesungsflächen der Antragstellerin sowie das Naturschutzgebiet „N. See“.
4Der Rat fasste am 7. Mai 2015 den Beschluss, den Bebauungsplan für die Ausweisung eines neuen Wohngebietes aufzustellen. Im Frühjahr 2016 fanden die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung wie auch die vorgezogene Behördenbeteiligung statt. Ende des Jahres 2018 wurde der seinerzeitige Planentwurf erstmals öffentlich ausgelegt und die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange beteiligt. In seiner Sitzung am 26. September 2019 beschloss der Rat Änderungen der Planzeichnung, der textlichen Festsetzungen sowie der Planbegründung. Die erneute öffentliche Auslegung fand daraufhin vom 14. November bis zum 13. Dezember 2019 statt. Parallel dazu fand erneut die Beteiligung von Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange statt.
5Mit Schreiben vom 12. Dezember 2019 wandte sich die Antragstellerin gegen die beabsichtigte Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche, die einen Randstreifen in einer Breite von nahezu durchgängig ca. 5 m ihres Flurstücks 449 in Anspruch nehme. Sie halte es nicht für zulässig, notwendige öffentliche Grünflächen auf den Grundstücken unbeteiligter Dritter ohne deren Zustimmung festzusetzen. Ihr bringe der Bebauungsplan keine Vorteile, Grundstücke im Wohngebiet stünden nicht in ihrem Eigentum. Die Ansiedlung von Wohnbebauung in der Nähe ihres Abgrabungsbetriebs berge eher Konfliktpotential.
6Nachdem angesichts der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der internen Ämter weiterer Änderungsbedarf festgestellt worden war, gab die Antragsgegnerin dem Rhein-Sieg-Kreis, dem LVR - Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, dem NABU, dem BUND, dem Landschaftsschutzverein D. e. V. und dem Projektträger unter dem 17. Februar 2020 nochmals Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu den geänderten Teilen bis zum 9. März 2020. Klarstellungen bzw. Änderungen betrafen die textlichen Festsetzungen und die Begründung sowie den Umweltbericht. Es waren ein Nachtrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan erarbeitet und das Artenschutzgutachten ergänzt worden. Inhaltlich fand die größte Änderung im Rahmen der Ausgleichsbilanzierung statt. Eine erneute allgemeine öffentliche Auslegung erfolgte nicht.
7Am 14. Mai 2020 beschloss der Rat den Bebauungsplan als Satzung, die im Amtsblatt vom 21. August 2020 öffentlich bekanntgemacht wurde.
8Der Bebauungsplan weist allgemeine Wohngebiete, eine Gemeinbedarfsfläche für eine Kindertagesstätte und Erschließungsflächen aus. Die Haupterschließung des Plangebiets erfolgt über den Mittelweg, von dem aus eine Anschlussstraße nach Osten vorgesehen ist. Dafür ist im Bebauungsplan eine Straßenverkehrsfläche festgesetzt, die auf einem ca. 1,50 m breiten Streifen auf dem nordöstlichen Randbereich des Flurstücks 449 der Antragstellerin gelegen ist. Südwestlich daran angrenzend und damit ebenfalls auf dem Grundstück der Antragstellerin gelegen setzt der Bebauungsplan eine bis zu 5 m breite öffentliche Grünfläche fest. Auf dieser ist nach der Markierung „M 1“ auf der Planurkunde i. V. m. Nr. 8.5.1 der textlichen Festsetzungen Straßenbegleitgrün mit Gehölzbestand anzulegen.
9Nach der Planbegründung soll mit der Ausweisung der geplanten Wohnbauflächen den Zielen des Flächennutzungsplans zur zukünftigen Wohnbauflächenentwicklung anteilig Rechnung getragen werden. Weitere größere Wohnbauflächen seien in der Ortslage X. nicht vorhanden.
10Die Antragstellerin hat am 29. Juli 2021 den Normenkontrollantrag gestellt.
11Mit E-Mail-Schreiben von Sonntag, dem 22. August 2021, hat sie gegenüber der Antragsgegnerin verschiedene formelle und materielle Fehler gerügt. Der Bebauungsplan sei nach der erneuten Offenlage nochmals geändert, aber nur eine beschränkte Beteiligung durchgeführt worden. Unter anderem wegen der Änderungen des Umweltberichts sei jedoch eine erneute Beteiligung der allgemeinen Öffentlichkeit geboten gewesen. Weiter werde ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB a. F. gerügt, weil die Formulierung „Während der Auslegungsfrist können Stellungnahmen schriftlich oder zur Niederschrift vorgebracht werden.“ schon nicht erkennen lasse, ob mit schriftlicher Abgabe auch oder nur eine Übersendung per Post oder Telefax möglich sein solle. Zudem enthalte § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB a. F. keine Einschränkung bezüglich einer mündlichen Abgabe oder einer solchen per E-Mail. § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB sei verletzt, weil die Erschließungsstraße im Bebauungsplan festgesetzt worden sei, obwohl der Flächennutzungsplan diese Flächen als Grünfläche bzw. Fläche für die Landwirtschaft darstelle. Bei der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche auf ihrem Grundstück seien ihre Belange als Eigentümerin bzw. als dort ansässiger Auskiesungsbetrieb gegenüber der Bedeutung des „Grünen C“ nicht abwägungsgerecht berücksichtigt worden.
12Zur Begründung ihres Normenkontrollantrags hat die Antragstellerin ihre bisherigen Rügen vertieft und ergänzend vorgetragen. So seien durch die nach der erneuten Offenlage erfolgten Änderungen die Grundzüge der Planung berührt gewesen, weil es dem planerischen Willen entsprochen habe, dass die Eingriffe in Natur und Landschaft hauptsächlich innerhalb des Plangebiets ausgeglichen werden sollten, aber mit den Änderungen eine deutliche Ausweitung der externen Ausgleichsflächen erfolgt sei. Die gerügten Mängel seien auch nicht unbeachtlich.
13Die Antragstellerin beantragt,
14den Bebauungsplan „A. 00“ in der Ortschaft X. der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.
15Die Antragsgegnerin beantragt,
16den Antrag abzulehnen.
17Sie trägt zur Begründung vor, der Antrag sei bereits unzulässig geworden. Nachdem ca. 95 % der baulichen Anlagen auf der Grundlage bestandskräftiger Baugenehmigungen fertiggestellt seien, fehle der Antragstellerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Mit ihren Verfahrensrügen dringe die Antragstellerin nicht durch. Die nur beschränkte erneute Beteiligung entspreche den Vorgaben des § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB a. F. Zudem wären etwaige Mängel unbeachtlich. Die Beteiligungsrechte möglicher Betroffener würden durch den Zusatz, dass Stellungnahmen „schriftlich oder zur Niederschrift“ der Verwaltung vorgebracht werden könnten, nicht unzulässig eingeschränkt. Dem Entwicklungsgebot sei ebenfalls genügt. Die Antragstellerin übersehe, dass nach der Grundstruktur des § 5 Abs. 2 BauGB a. F. bloße Erschließungsstraßen ohne überörtliche Funktion nicht dargestellt würden. Ein etwaiger Verstoß wäre jedenfalls unbeachtlich. Auch sei dem Abwägungsgebot entsprochen worden, die Anforderungen an eine fremdnützige Überplanung von Privateigentum habe sie beachtet.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Aufstellungsvorgänge Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe:
20Der Antrag hat keinen Erfolg.
21A. Der Antrag ist zulässig.
22I. Als Eigentümerin eines teilweise vom Bebauungsplan erfassten Grundstücks, der für diesen Teilbereich eine bis zu 5 m breite öffentliche Grünfläche und daran anschließend eine ca. 1,50 m breite Straßenverkehrsfläche festsetzt, ist die Antragstellerin in ihrer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtstellung betroffen und damit antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
23II. Für den Antrag fehlt ihr entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
24Bei bestehender Antragsbefugnis ist regelmäßig das erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben. Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses soll nur verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2022 - 4 CN 3.21 -, juris Rn. 18, und Beschluss vom 28. Juni 2023 - 4 BN 27.22 -, juris Rn. 6; OVG NRW, Urteile vom 29. September 2023 - 10 D 320/21.NE -, juris Rn. 35, vom 9. Juni 2022 - 7 D 49/17.NE -, juris Rn. 30, und vom 9. September 2019 - 10 D 82/17.NE -, juris Rn. 19.
26Daran gemessen besteht für den Antrag ein Rechtsschutzbedürfnis.
27Auf die von der Antragsgegnerin thematisierte Frage, ob die nach dem Bebauungsplan mögliche Errichtung von Wohnhäusern und einer Kindertagesstätte bereits auf der Grundlage bestandskräftiger Baugenehmigungen vollständig erfolgt ist, kommt es nicht an. Die Antragstellerin kann ihre Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Angriff auf den Bebauungsplan schon deshalb verbessern, weil dessen Festsetzungen auf ihrem Grundstück noch nicht umgesetzt sind.
28B. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
29I. Der Bebauungsplan weist keine beachtlichen formellen Fehler auf.
30Auf einen beachtlichen formellen Fehler führt weder die von der Antragstellerin in Zweifel gezogene Formulierung der Bekanntmachung im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs im Amtsblatt vom 7. November 2018 (dazu 1.) noch, dass die Antragsgegnerin im Frühjahr 2020 lediglich eine beschränkte Beteiligung durchgeführt hat (dazu 2.).
311. Mit der Formulierung in der Auslegungsbekanntmachung „Während der Auslegungsfrist können Stellungnahmen schriftlich oder zur Niederschrift vorgebracht werden.“ hat die Antragsgegnerin nicht gegen Vorgaben des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB in der Fassung vom 3. November 2017 (BauGB a. F.) verstoßen. Im Hinblick auf die öffentliche Auslegung bestimmt diese Vorschrift, dass Ort und Dauer der Auslegung mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen sind, u. a. verbunden mit dem Hinweis darauf, dass Stellungnahmen während der Auslegungsfrist abgegeben werden können.
32Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
33vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2021 ‑ 4 BN 50.20 ‑, juris Rn. 4,
34der der Senat unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung,
35OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 2019 - 10 D 23/17.NE -, juris Rn. 65,
36folgt, ist der von der Antragsgegnerin verwendete Zusatz unschädlich. „Schriftlich“ meint in diesem Zusammenhang, dass die Stellungnahme textlich festgehalten sein und insoweit in eine Form gebracht werden muss, durch die sie dauerhaft dokumentiert wird und aktenkundig ist, so dass auf sie im Laufe des Verfahrens ohne Schwierigkeiten zurückgegriffen werden kann. In welcher Weise die Stellungnahme „verschriftlicht“ und anschließend an den Empfänger übermittelt wird ‑ ob als Brief, als Telefax oder als E-Mail ‑, ist damit nicht einschränkend festgelegt.
372. Mit den zu § 4a Abs. 3 BauGB a. F. geltend gemachten Rügen zeigt die Antragstellerin keinen beachtlichen formellen Fehler auf. Die Antragsgegnerin hat rechtsfehlerfrei auf die ihr nach § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB a. F. eröffnete Möglichkeit einer nur beschränkten Beteiligung zurückgegriffen, als sie ohne erneute (allgemeine) öffentliche Auslegung mit Schreiben vom 17. Februar 2020 nur einzelnen Trägern öffentlicher Belange sowie dem Projektträger Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu Änderungen eingeräumt hat.
38a. Nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB a. F. ist der Entwurf eines Bauleitplans erneut auszulegen und sind die Stellungnahmen erneut einzuholen, wenn er nach dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB oder § 4 Abs. 2 BauGB geändert oder ergänzt wird.
39Die Pflicht zu einer erneuten Auslegung besteht nur, wenn der Entwurf des Bauleitplans ‑ hier des Bebauungsplans ‑ mit den seinen normativen Inhalt ausmachenden zeichnerischen und textlichen Festsetzungen geändert oder ergänzt wird. Nicht zum Entwurf des Bebauungsplans zählt der Umweltbericht als Bestandteil der Planbegründung. Im Grundsatz löst jede Änderung oder Ergänzung des Entwurfs die Pflicht zur Wiederholung der Auslegung aus. Hat eine nach öffentlicher Auslegung vorgenommene Ergänzung einer Festsetzung hingegen lediglich klarstellende Bedeutung, besteht kein Anlass zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung oder einer erneuten Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange, denn inhaltlich ändert sich am Planentwurf nichts.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 2017 - 4 CN 1.16 -, juris Rn. 15, und Beschluss vom 3. Januar 2020 ‑ 4 BN 25.19 ‑, juris Rn. 6 f., m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 6. Mai 2014 - 2 D 14/13.NE -, juris Rn. 116 f., m. w. N.
41Werden durch die Änderung oder Ergänzung des Entwurfs des Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt, kann nach § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB a. F. die Einholung der Stellungnahmen auf die von der Änderung oder Ergänzung betroffene Öffentlichkeit sowie die berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange beschränkt werden.
42Die Grundzüge der Planung sind nicht berührt, wenn die Änderung oder Ergänzung (hier: des Entwurfs) des Bebauungsplans das der bisherigen Planung zugrundeliegende Leitbild nicht verändert, wenn also der planerische Grundgedanke erhalten bleibt. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht. Ob eine Abweichung in diesem Sinne von minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden planerischen Willen der Gemeinde.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 ‑ 4 C 16.07 ‑, juris Rn. 21, und Beschluss vom 15. März 2000 ‑ 4 B 18.00 ‑, juris Rn. 4, m. w. N. (jeweils zu § 13 BauGB).
44b. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die hier erfolgte beschränkte Beteiligung nach § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB a. F. rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen überhaupt solche im Sinne des Satzes 1 der Vorschrift sind, berühren sie nach ihrem materiell-rechtlichen Regelungsgehalt und unter Berücksichtigung des Planungswillens des Rates nicht die Grundzüge der Planung.
45aa. Die bloß klarstellende Streichung eines einzelnen Wortes in den textlichen Festsetzungen zur maximalen Gebäudehöhe (textliche Festsetzung Nr. 2.3) stellt ‑ für sich betrachtet ‑ schon keine Änderung des Planentwurfs im Sinne von § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB a. F. dar. Eine in den Hinweisen vorgenommene Ergänzung (Punkt 9) zu insekten- und fledermausfreundlichen Lampentypen und Leuchtmitteln im öffentlichen Raum betrifft nicht den normativen Inhalt des Entwurfs des Bebauungsplans. Eine Pflicht zur erneuten Auslegung lösen auch die Änderungen und Ergänzungen des Umweltberichts nicht aus, da dieser, wie ausgeführt, lediglich Teil der Planbegründung ist.
46bb. Durch die Aufnahme einer „Festsetzung mit bedingender Wirkung“ zum Bodendenkmalschutz im Bereich einer archäologischen Verdachtsfläche entlang der an das Plangebiet angrenzenden Bahnlinie (textliche Festsetzung Nr. 13) werden die Grundzüge der Planung nicht berührt. Sie erschöpft sich in der bloßen Wiedergabe denkmalschutzgesetzlicher Vorgaben.
47cc. Auch durch die Änderung der textlichen Festsetzung Nr. 11 „Zuordnungsfestsetzung Eingriff-Ausgleich / Externe Kompensation“ ‑ unter Einfügung eines Lageplans (Anhang 3) ‑ werden die Grundzüge der Planung nicht berührt.
48Die Ausweitung von ‑ schon vor der Änderung in Anspruch genommenen ‑ externen Ausgleichsflächen unmittelbar nördlich des Plangebietes von 4,05 ha auf 6,46 ha geht auf den Umstand zurück, dass die bisherige Ausgleichsbilanzierung auf der Grundlage des Entwurfs eines Rekultivierungsbescheids erstellt worden war. Demgegenüber ging die zuletzt überarbeitete Ausgleichsbilanzierung von dem tatsächlichen Ist-Zustand aus („reale Vegetation“). Hierdurch fiel das Kompensationsdefizit größer aus (152.082 anstatt 90.626 Biotopwerte).
49Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt sich den Aufstellungsvorgängen schon nicht entnehmen, dass es für den Rat wesentlich war, dass die Ausgleichsflächen hauptsächlich im Plangebiet selbst liegen. Vielmehr war ihm sehr früh bewusst, dass externe Ausgleichsflächen erforderlich sein würden. Schon in der Begründung zur Offenlage ist, ohne dass dem eine negative Wertung entnommen werden könnte, der Sachstand festgehalten, dass der Eingriff in Natur und Landschaft nicht vollständig innerhalb des Plangebietes ausgeglichen werden könne. Ein besonderes Interesse des Rates, der die Schaffung eines neuen Wohngebietes wünschte, an der Lage der Ausgleichsflächen, die lediglich der Kompensation des durch die eigentliche Planung hervorgerufenen Eingriffs dienten, kann angesichts dieser Umstände nicht erkannt werden. Dem von der Antragstellerin herangezogenen Dokument aus den Aufstellungsvorgängen lassen sich gegenteilige Anhaltspunkte ebenfalls nicht entnehmen: Hierbei handelt es sich um den „Anhang Pflanzschemata“ zu den textlichen Festsetzungen zum Stand 18. Februar 2020 (Bl. 899 der Aufstellungsvorgänge).
50c. Die beschränkte Beteiligung nach § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB a. F. ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht wegen der Änderung des Umweltberichts ‑ in Bezug auf die Ausgleichsbilanzierung sowie die CEF-Maßnahmen - unionsrechtswidrig.
51Es kann offen bleiben, ob die Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (SUP-RL), nach deren Art. 6 Abs. 1 und 2 der nach Art. 5 erstellte Umweltbericht u. a. der Öffentlichkeit zugänglich zu machen ist, auf den streitgegenständlichen Bebauungsplan Anwendung findet, und ob § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB a. F. eine unionsrechtskonforme Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung darstellt, die Art. 6 Abs. 4 und 5 SUP-RL den Mitgliedsstaaten überlässt.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB a. F. erfordert die in Art. 6 Abs. 1 und 2 SUP-RL geregelte Öffentlichkeitsbeteiligung jedenfalls dann keine erneute Auslegung der Planunterlagen, wenn der geänderte Umweltbericht lediglich eine Neubewertung bereits vorhandener Sachinformationen enthält. In diesem Fall ist der Zweck der Sachverstandspartizipation bereits durch die erstmalige Auslegung erfüllt, weil die interessierte Öffentlichkeit in deren Rahmen Gelegenheit hatte, sich zu den entscheidungserheblichen Umwelttatsachen zu äußern und die von ihr für relevant gehaltenen weiteren Stellungnahmen, Informationen, Analysen und Bewertungen zur Vorbereitung der gemeindlichen Planungsentscheidung einzubringen. Unionsrecht verpflichtet nicht dazu, die Gelegenheit, sich zum Entwurf eines Bauleitplans und zum Umweltbericht zu äußern, mehrfach einzuräumen.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 2017 ‑ 4 CN 1.16 ‑, juris Rn. 19.
54Daraus folgt, dass bei einem geänderten Umweltbericht, der lediglich eine Neubewertung bereits vorhandener Sachinformationen enthält, auch eine beschränkte Beteiligung nach § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB a. F. unionsrechtlich unbedenklich ist.
55So liegt der Fall hier. Die durch die Planungen hervorgerufenen Betroffenheiten im Plangebiet ‑ die zu kompensierenden Eingriffe als solche ‑ blieben unverändert. Die Antragsgegnerin hat sich ‑ auf der Grundlage eines teilweise überarbeiteten Artenschutzgutachtens sowie eines teilweise überarbeiteten landschaftspflegerischen Fachbeitrags ‑ lediglich dazu entschlossen, die Ausgleichsbilanzierung sowie einzelne funktionserhaltende Maßnahmen zu ändern.
56Die Ausgleichsbilanzierung sollte nicht mehr auf der Grundlage des Entwurfs eines Rekultivierungsbescheides durchgeführt, sondern ihr die tatsächliche Vegetation im Plangebiet zugrunde gelegt werden. Diese vorhandene Vegetation auf der ehemaligen Auskiesungsfläche war aber bereits zuvor beschrieben worden und daher bekannt. Auch das dem Umweltbericht in seiner vorherigen Fassung zugrundeliegende artenschutzrechtliche Gutachten hatte diesen Bereich wie auch die Flächen der nunmehr erweiterten externen Ausgleichsmaßnahmen bereits betrachtet. Die überarbeitete Ausgleichsbilanzierung geht somit nicht auf neue Umweltinformationen zurück, sondern bewertete diese lediglich neu, was zu einer Ausweitung der externen Ausgleichsflächen führte.
57Die Änderung bei den CEF-Maßnahmen geht ebenfalls nicht auf neue Umwelt-informationen zurück. Die Ergänzung um die CEF-Maßnahme 1b beruht auf der bereits beschriebenen geänderten Biotopwertberechnung. Die Anpassung der Maßnahme CEF 4 betrifft lediglich die Zahl und Art der zu schaffenden Gewässer und geht überdies auf die frühere Anregung des Rhein-Sieg-Kreises zurück.
58d. Die Antragsgegnerin hat die Einholung der Stellungnahmen nach § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB a. F. in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die von der Änderung betroffene Öffentlichkeit sowie die berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange beschränkt, indem sie neben dem Projektträger als Eigentümer der Flächen dem Rhein-Sieg-Kreis, dem LVR - Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, dem NABU, dem BUND und dem Landschaftsschutzverein D. e.V. nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme gab. Zu umweltbezogenen Fragestellungen hatte sich schon auf die Offenlage des Planentwurfs niemand aus dem Kreis der allgemeinen Öffentlichkeit geäußert.
59II. Der Bebauungsplan weist auch keine beachtlichen materiellen Mängel auf.
601. Er ist in seiner Grundkonzeption im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich.
61Was nach § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Die erforderliche Planrechtfertigung ist gegeben, wenn der Bebauungsplan nach seinem Inhalt auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung ausgerichtet und nach der planerischen Konzeption der zur Planung berufenen Gemeinde als Mittel hierfür erforderlich ist. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind demgegenüber in aller Regel nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Unzulässig ist auch ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen vollzugsunfähig ist oder der auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung bietet. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt.
62Vgl. hierzu insgesamt: BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2015 - 4 CN 4.14 -, juris Rn. 10, und vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, juris Rn. 9, Beschluss vom 25. Juli 2017 - 4 BN 2.17 -, juris Rn. 3; OVG NRW, Urteile vom 20. September 2024 - 10 D 183/22.NE -, juris Rn. 52, vom 6. Mai 2014 - 2 D 14/13.NE -, juris Rn. 153, und vom 25. Januar 2010 - 7 D 97/09.NE -, juris Rn. 41.
63a. Danach fehlt es dem Bebauungsplan nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit. Ihm liegt ausweislich der Planbegründung (S. 10 f.) eine von städtebaulich legitimen Zielen getragene positive Planungskonzeption zugrunde. Er soll die planungsrechtliche Grundlage für neue Wohnbauflächen (allgemeine Wohngebiete) für voraussichtlich ca. 170 Wohneinheiten schaffen (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz BauGB).
64b. Der Bebauungsplan ist überdies nicht aufgrund unüberwindlicher Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (dazu aa.) oder gegen Vorschriften zum Biotopschutz (dazu bb.) vollzugsunfähig.
65aa. Wegen der nur mittelbaren Bedeutung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände für die Bauleitplanung bedarf es im Aufstellungsverfahren lediglich einer Abschätzung durch den Plangeber, ob der Verwirklichung der Planung artenschutzrechtliche Verbotstatbestände als unüberwindliche Vollzugshindernisse entgegenstehen werden.
66Vgl. OVG NRW, Urteile vom 29. September 2023 ‑ 10 D 320/21.NE ‑, juris Rn. 57, vom 1. April 2022 ‑ 10 D 3/20.NE ‑, juris Rn. 40, und vom 29. Juni 2021 ‑ 2 D 66/19.NE ‑, juris Rn. 157.
67Diese Abschätzung ist hier erfolgt und nicht zu beanstanden. Die eingeholte Artenschutzprüfung des Y. Büros für Faunistik (Ergänzende Artenschutzprüfung zum Bebauungsplan Nr. 00, Stand 17. Februar 2020) widmet sich umfassend artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen und kommt zu dem plausiblen Ergebnis, dass die Umsetzung des Bebauungsplans möglich sei, ohne dass artenschutzrechtliche Betroffenheiten eintreten, wenn die angeführten Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen sowie die dargestellten funktionserhaltenden Maßnahmen durchgeführt würden. Das Vorhaben sei aus Sicht des Artenschutzes als zulässig einzustufen.
68Die Artenschutzprüfung geht dabei von nachvollziehbaren tatsächlichen Befunden aus. Sie hat auf die im Jahr 2018 erhobenen Daten (Artenschutzprüfung S.) zurückgegriffen und diese im Jahr 2019 durch wiederholte fachkundige Begehungen verifiziert. Es ist plausibel dargetan, dass mit den Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen eine über das übliche Lebensrisiko hinausgehende Gefahr einer Tötung oder Verletzung von Individuen sowie erhebliche Störungen von Arten verhindert werden. Betrachtet wurden neben den Brut- und Aufzuchtzeiten der nachgewiesenen planungsrelevanten Vogelarten insbesondere auch der Schutz jagender Fledermausarten, nachdem ein Vorkommen von Fledermausquartieren aufgrund der dortigen Biotopausstattung als sehr unwahrscheinlich bewertet wurde, der Kreuz- und der Wechselkröte sowie der ‑ nur nördlich des Plangebietes vorgefundenen ‑ Zauneidechse. Die funktionserhaltenden Maßnahmen dienen nachvollziehbar der Kompensation des Lebensraumverlustes dieser Tierarten. Hierzu werden Offen- bzw. Halboffenlandbereiche qualifiziert aufgewertet bzw. im Bereich der benachbarten Teilflächen neue Kleinstrukturen geschaffen, die nach der gutachterlichen Betrachtung sowohl zur Reproduktion als auch als Land- und Überwinterungslebensraum geeignet sind.
69bb. Mit der Umsetzung des Bebauungsplans ist auch kein unüberwindlicher Verstoß gegen Vorschriften zum Biotopschutz zu erwarten, der seine Vollzugsunfähigkeit zur Folge hätte.
70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. April 2022 ‑ 10 D 3/20.NE ‑, juris Rn. 52 ff.
71Insoweit begegnet die Planung keinen rechtlichen Bedenken. Das nur mit einer kleineren Teilfläche innerhalb des Plangebietes liegende gesetzlich geschützte Biotop im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG bleibt mit seiner größeren, nördlichen Teilfläche von der Planung unberührt. Es ist im Aufstellungsverfahren nachvollziehbar dargelegt worden, dass die Verlagerung des betroffenen südlichen Teils nach Norden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG erfüllt. Hierzu werden Kleingewässer im Umfang von insgesamt 2.150 m² im Verbund mit den nördlich liegenden Wasserflächen geschaffen, deren Ausgestaltung näher umschrieben wird.
722. Der Bebauungsplan ist gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung angepasst.
73„Anpassen“ bedeutet dabei, dass raumplanerische Zielfestlegungen in der Bauleitplanung je nach dem Grad ihrer Aussageschärfe konkretisiert, aber nicht im Wege der Abwägung überwunden werden können. Insoweit setzen sie der gemeindlichen Bauleitplanung einen verbindlichen Rahmen.
74Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. August 2016 ‑ 4 BN 10.16 -, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 16. Mai 2024 - 10 D 236/21.NE -, juris Rn. 105.
75Dagegen erschöpft sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen dienen. Sie sind im Wege der Abwägung überwindbar.
76Vgl. BVerwG, Urteile vom 4. April 2012 - 4 C 8.09, u. a. -, juris Rn. 298, und vom 18. September 2003 - 4 CN 20.02 -, juris Rn. 26; OVG NRW, Urteil vom 16. Mai 2024 - 10 D 236/21.NE -, juris Rn. 107.
77Nach diesen Maßgaben ist hier kein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB zu erkennen. Insbesondere verstößt der Bebauungsplan, dessen Plangebiet nicht innerhalb, sondern nur unmittelbar angrenzend an einen ausgewiesenen Allgemeinen Siedlungsbereich (ASB) liegt, nicht gegen die als „Ziel“ 1 formulierte Vorgabe des Regionalplans für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Bonn/Rhein-Sieg, aus dem Jahr 2004, dass sich die Siedlungsentwicklung der Gemeinden auf den Flächen vollziehen soll, die im Regionalplan als Siedlungsbereiche dargestellt sind. Denn im Falle der - etwa in der Vorbemerkung 4 näher konkretisierten - Erforderlichkeit, von der vorliegend nach den Ausführungen des Rates zur Verfügbarkeit von Siedlungsflächen auszugehen ist, ermöglicht der Regionalplan eine Inanspruchnahme von Freiraum.
783. Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen das Entwicklungsgebot aus § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB.
79Bebauungspläne sind nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB aus dem Flächennutzungsplan in der Weise „zu entwickeln“, dass durch ihre Festsetzungen die zugrundeliegenden Darstellungen des Flächennutzungsplans mit seiner geringen Detailschärfe konkreter ausgestaltet und damit zugleich verdeutlicht werden. Dieser Vorgang der Konkretisierung schließt nicht aus, dass die in einem Bebauungsplan zu treffenden Festsetzungen von den vorgegebenen Darstellungen des Flächennutzungsplans abweichen. Derartige Abweichungen sind jedoch nur zulässig, wenn sie sich aus dem Übergang in eine konkretere Planungsstufe rechtfertigen und die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans unberührt lassen. Welche Abweichung vom Flächennutzungsplan den Grad eines unzulässigen Widerspruchs erreicht, kann nicht generell, sondern nur angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden. In der Regel gehört zu der vom Bebauungsplan einzuhaltenden Grundkonzeption des Flächennutzungsplans die Zuordnung der einzelnen Bauflächen zueinander und zu den von Bebauung freizuhaltenden Gebieten.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1999 ‑ 4 CN 6.98 ‑, juris Rn. 16, sowie Beschlüsse vom 7. März 2007 ‑ 4 BN 1.07 ‑, juris Rn. 7, und vom 11. Februar 2004 ‑ 4 BN 1.04 ‑, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteile vom 16. Mai 2024 ‑ 10 D 236/21.NE ‑, juris Rn. 111, vom 8. Dezember 2023 ‑ 10 D 275/21.NE ‑, juris Rn. 68, und vom 18. März 2011 ‑ 7 D 29/10.NE ‑, juris Rn. 55.
81Gemessen daran verstoßen die Festsetzungen nicht gegen das Entwicklungsgebot.
82Das Plangebiet ist, soweit allgemeine Wohngebiete festgesetzt sind, im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche dargestellt.
83Mit dem Einwand, dem Entwicklungsgebot sei nicht entsprochen worden, weil im Bereich der Anschlussstraße und des Mittelwegs keine Erschließungsstraße im Flächennutzungsplan dargestellt sei, dringt die Antragstellerin nicht durch. Dargestellt sind im Flächennutzungsplan ‑ entsprechend § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauGB in der Fassung vom 31. Juli 2009 ‑ allein die örtlichen und überörtlichen Hauptverkehrsstraßen. In X. sind dies die K.-straße Straße und die R.-straße. Eine Bedeutung als örtliche Hauptverkehrsstraße von entsprechendem Gewicht kommt dem geplanten Mittelweg als Anbindung des Baugebietes an die K.-straße Straße ersichtlich nicht zu.
84Auf einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot führt nach den vorstehenden Grundsätzen auch nicht, dass der Bereich des Mittelwegs nebst dem auf dem Grundstück der Antragstellerin festgesetzten Fußgänger- und Radweg im Flächennutzungsplan als Grünfläche (Nordosten) bzw. als Fläche für die Landwirtschaft (Südwesten) dargestellt ist. Vielmehr handelt es sich um eine zulässige Konkretisierung des Flächennutzungsplans, dessen Grundkonzeption gewahrt bleibt. Die für diese Verbindungen in Anspruch genommenen Flächen an der Grenze der beiden Darstellungen zueinander sind gering, die umfangreichen Flächendarstellungen und damit auch die Zuordnung der einzelnen Flächen zueinander bleiben im Übrigen unangetastet.
854. Der Bebauungsplan beruht nicht auf beachtlichen Fehlern bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung.
86Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) und stellt inhaltlich Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Es ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.
87Vgl. OVG NRW, Urteile vom 27. Mai 2024 - 10 D 78/22.NE -, juris Rn. 38, und vom 29. September 2023 - 10 D 320/21.NE -, juris Rn. 92 f., m. w. N.
88Gegen diese Abwägungsgrundsätze hat der Rat der Antragsgegnerin nicht in beachtlicher Weise verstoßen. Dies gilt auch für die Belange der Antragstellerin als Eigentümerin des Flurstücks 449 (dazu a.) und als Auskiesungsunternehmen in der Umgebung des Plangebietes (dazu b.).
89a. Ein beachtlicher Abwägungsfehler liegt weder in Bezug auf die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche (dazu aa.) noch in Bezug auf die Festsetzung einer Verkehrsfläche (dazu bb.) auf dem Flurstück 449 vor.
90aa. Ein beachtlicher Fehler des Abwägungsvorgangs hinsichtlich der Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche auf einer Breite von bis zu 5 m auf dem Flurstück 449, wie ihn die Antragstellerin mit ihrem Rügeschreiben vom 22. August 2021 in Bezug auf ihr Eigentum geltend gemacht hat, ist nicht gegeben.
91Das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Eigentumsrecht gehört in hervorgehobener Weise zu den bei der Bauleitplanung zu berücksichtigenden privaten Belangen. Es schützt nicht nur die Substanz des Eigentums, sondern erfordert auch die Beachtung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes, wenn die Ausübung des Eigentumsrechts eingeschränkt werden soll. Die städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen.
92Vgl. im Einzelnen BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2013 ‑ 4 BN 1.13 ‑, juris Rn. 17, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 14. April 2022 ‑ 10 D 17/20.NE ‑, juris Rn. 40, m. w. N.
93Es ist den Aufstellungsvorgängen (noch) zu entnehmen, dass sich der Rat auf die unter dem 12. Dezember 2019 vorgebrachten Einwände der Antragstellerin, dass ihr Grundstück nicht mit einer öffentlichen Grünfläche überplant werden dürfe und sie überdies selbst von dem Bebauungsplan nicht profitieren werde, mit ihrem Eigentümerinteresse befasst und dieses mit dem nötigen Gewicht in die Abwägung eingestellt hat.
94Der Rat hat erkannt, dass die ehemalige Auskiesungsfläche im Eigentum der Antragstellerin steht, und auch die konkreten Bemühungen um einen Tausch oder Ankauf der Fläche berücksichtigt. Dem Eigentümerinteresse der Antragstellerin, das eine bis zu 5 m breite Teilfläche am Rand der ehemaligen Auskiesungsflächen betrifft, hat der Rat das öffentliche Interesse, die den sogenannten „Link“ begleitende Baumreihe nach dem Freiraumkonzept des „Grünen C“ umzusetzen, entgegengestellt und diesem als überwiegendem Gemeinwohlbelang den Vorzug gegeben. Das „Grüne C“ soll als interkommunal abgestimmtes Freiraumkonzept mehrerer Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis sowie der Stadt Bonn eine Verbindung zwischen dem Naturpark Siebengebirge und dem Naturpark Rheinland über den Rhein hinweg schaffen, mit dem Ziel, die Freiräume der Region zum Zweck der Naherholung, des Naturschutzes und der Landwirtschaft langfristig zu sichern, zu verknüpfen und zu entwickeln. Der sogenannte „Link“ dient der Verbindung („Verlinkung“) der einzelnen Landschaftsräume des „Grünen C“ und verläuft im streitgegenständlichen Bereich des Mittelwegs, wobei lediglich der Bereich westlich des Mittelwegs zum „Grünen C“ gehört. Der „Link“ soll sich durch eine neue Baumreihe (hier auf dem Grundstück der Antragstellerin) in der Landschaft weithin sichtbar abzeichnen und nicht nur Weg, sondern auch Orientierungshilfe und Informationsträger sein (Projektdossier „Grünes C“, S. 32). Die Route des „Link“ wurde mit allen Beteiligten des Freiraumkonzeptes entwickelt (a. a. O., S. 44).
95Dass der Rat diesem Freiraumkonzept eine gegenüber den Eigentümerinteressen der Antragstellerin zu hohe Bedeutung zugemessen hätte, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht erkennbar. Insbesondere kamen mildere, die Antragstellerin als Eigentümerin weniger belastende, zur Zweckerreichung der - auch räumlich konkretisierten - Absprachen im Rahmen des „Grünen C“ (annähernd) gleich geeignete Mittel nicht in Betracht. Den Aufstellungsvorgängen lässt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht entnehmen, dass sich der Rat an die Vorgaben des „Grünen C“ - mit der Folge eines Abwägungsausfalls - gebunden gefühlt hätte. In der Planbegründung (S. 10) heißt es lediglich, dass die Vorgaben des „Grünen C“ zur Anpflanzung typischer Bäume im weiteren Verfahren „berücksichtigt“ werden müssen. In den vom Ratsbeschluss umfassten Abwägungen zu den Einwendungen der Antragstellerin im Aufstellungsverfahren wird ausgeführt, mit der Festsetzung des Grünstreifens würden die Vorgaben des „Grünen C“ berücksichtigt. Das gefundene Abwägungsergebnis steht ferner nicht außer Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange.
96bb. Ein beachtlicher Fehler liegt auch nicht im Hinblick auf die Festsetzung einer Straßenverkehrs(teil-)fläche vor.
97Ein etwaiger Fehler im Abwägungsvorgang ist jedenfalls nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden. Unbeachtlich wird nach dieser Vorschrift ein nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB a. F. beachtlicher Mangel im Abwägungsvorgang, wenn er nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung, hier des Bebauungsplans, schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden ist.
98Dabei verlangt § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB Substantiierung und Konkretisierung. Der Gemeinde soll durch die Darlegung die Prüfung ermöglicht werden, ob Anlass besteht, in eine Fehlerbehebung einzutreten (sogenannte „Anstoßfunktion“ der Rüge). Darüber hinaus wird durch die schriftliche Darlegung der Kreis der präkludierten Rügen bestimmt. Das schließt eine nur pauschale Rüge aus.
99Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Januar 2021 ‑ 4 CN 7.19 ‑, juris Rn. 25, und vom 27. August 2020 ‑ 4 CN 4.19 ‑, juris Rn. 29; OVG NRW, Urteil vom 1. April 2022 - 10 D 3/20.NE -, juris Rn. 79.
100Bei der Rüge von Mängeln im Abwägungsvorgang ist es erforderlich, dass die Belange, in deren Behandlung im Plan der Rügende einen Abwägungsfehler erblickt, mit ihrem Tatsachengehalt konkret und substantiiert dargelegt werden
101Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. September 2019 ‑ 4 BN 17.19 ‑, juris Rn. 7.
102Eine diesen Anforderungen genügende rechtzeitige Mängelrüge fehlt. In ihrer Rügeschrift vom 22. August 2021 kritisiert die Antragstellerin zwar die Inanspruchnahme einer in ihrem Eigentum stehenden Fläche, dies jedoch nur im Zusammenhang mit der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche und angesichts der Umsetzung des „Grünen C“. Schon im Aufstellungsverfahren hatte sich die Antragstellerin ‑ mit Schreiben vom 12. Dezember 2019 ‑ lediglich gegen die 5 m breite Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche gewandt. Bezug genommen auf die weitergehende Überplanung ihres Grundstücks mit einer Straßenverkehrsfläche hat die Antragstellerin erst deutlich nach Ablauf der Jahresfrist mit Schriftsatz vom 25. Juli 2023.
103Die Antragsgegnerin hat auch ihrer Hinweispflicht nach § 215 Abs. 2 BauGB Genüge getan. Gemäß dieser Bestimmung ist bei Inkrafttreten der Satzung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen. Dem ist die Antragsgegnerin in der öffentlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses nachgekommen, ohne dass die Formulierung des Hinweises zu beanstanden wäre.
104Es liegt auch kein Mangel im Abwägungsergebnis vor.
105Anders als Mängel im Abwägungsvorgang (vgl. §§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2, 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB) ist ein Mangel im Abwägungsergebnis stets beachtlich; er führt unabhängig vom Vorliegen weiterer Mängel der Abwägung zur (Teil-)Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Ein solcher Fehler ist dann anzunehmen, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägungsentscheidung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht, mithin die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten würden.
106Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2015 ‑ 4 CN 4.14 ‑, juris Rn. 15, m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 16. Mai 2024 ‑ 10 D 236/21.NE ‑, juris Rn. 117, m. w. N.
107Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Die Entscheidung, die im Eigentum der Antragstellerin stehende, bis zu 1,50 m breite Teilfläche zugunsten des im öffentlichen Interesse stehenden, verkehrssicheren Ausbaus des Mittelwegs unter Schaffung eines separaten Rad- und Fußgängerweges zu überplanen, ist nicht unvertretbar.
108b. Auch das behauptete Konfliktpotential mit dem Kiesabbau und die gewerblichen Interessen der Antragstellerin hat der Rat in seiner Abwägung zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Beschlussfassung über den Bebauungsplan (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB a. F.) betrachtet und in einer Weise berücksichtigt, die keine Abwägungsfehler erkennen lässt. Der Rat hat in seiner Auseinandersetzung mit den Einwänden in der Stellungnahme der Antragstellerin nachvollziehbar darauf abgestellt, dass die Abgrabung ursprünglich bis zum Jahr 2005 hätte beendet sein sollen und nach erneuten Genehmigungen die Abgrabung im Jahr 2020 und die Herrichtung im Jahr 2021 abgeschlossen würden. Auf dem betroffenen Flurstück 449 sollte die Abgrabung und Wiederverfüllung bereits bis zum 31. Dezember 2019 erfolgt sein. Damit sei, so der Rat, ersichtlich, dass die Besiedlung des Plangebietes nach Beendigung der Auskiesung erfolgen würde.
109Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
110Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
111Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.