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Ein Antrag nach § 43 Abs. 2 Satz 2 DSchG NRW auf Anwendung des Denkmalschutzgesetzes neuer Fassung kann auch noch im Klageverfahren auf Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis gestellt werden.
In die nach § 9 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 DSchG NRW vorzunehmende Abwägung ist gemäß § 2 Satz 2 EEG das Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien gegenüber den Belangen des Denkmalschutzes als regelmäßig vorrangiger Belang einzustellen.
Das in § 2 Satz 1 EEG verankerte überragende öffentliche Interesse an der Errichtung von Einrichtungen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien kann nur ausnahmsweise überwunden werden. Ob ein Ausnahmefall vorliegt, in dem die Belange des Denkmalschutzes überwiegen, beurteilt sich ausgehend von den Gründen der Unterschutzstellung anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls.
Für den Erlass von § 2 Satz 2 EEG fehlte dem Bund nicht die Gesetzgebungskompetenz. Er hat diese nicht dadurch überschritten, dass die Abwägungsdirektive auch für denkmalrechtliche Abwägungsentscheidungen gilt, obgleich die Gesetzgebungskompetenz für das Denkmalrecht den Ländern zusteht.
§ 9 Abs. 3 Satz 2 DSchG NRW rechtfertigt keine von § 2 Satz 2 EEG abweichende Gewichtung von Klimaschutz und erneuerbaren Energien einerseits sowie Denkmalschutz andererseits in der Abwägung nach § 9 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 DSchG NRW.
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 8. Dezember 2021 verpflichtet, der Klägerin die unter dem 7. Oktober 2021 beantragte denkmalrechtliche Erlaubnis für die Errichtung einer Solaranlage auf der südwestlichen Dachfläche des Baudenkmals „X. 00 “ auf dem Grundstück Gemarkung M., Flur 0, Flurstück 849 in L. zu erteilen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis für die Errichtung einer Solaranlage auf der südwestlichen Dachfläche des als Baudenkmal eingetragenen Gebäudes auf ihrem Grundstück Gemarkung M., Flur 0, Flurstück 849 (X. 00).
3Der Ortsteil M. liegt im Südwesten des Stadtgebietes der Beklagten. Das Felsplateau, auf das die Straße X. führt, liegt nördlich bzw. nordöstlich der F.-straße, der Bundesstraße B 62 und einer Bahntrasse innerhalb einer Schleife der Sieg. Auf dem Grundstück der Klägerin steht die am 00. April 2005 als Baudenkmal eingetragene ehemalige „X. schule“, die die Klägerin, nachdem sie das Grundstück im Jahr 2018 von der Beklagten erworben hatte, zu einem Mehrfamilienwohnhaus samt Gemeinschaftsraum umgebaut hat.
4In der Eintragung als Baudenkmal wird das um 1900 errichtete Gebäude wie folgt beschrieben: „Mitten auf dem Grundstück liegender, zweigeschossiger und verputzter Massivbau, auf ebenfalls verputztem Kellersockel. Die Ecken mit Ecklisenen ausgeführt. Zum Schulhof hin hat das Gebäude eine vierachsige Gliederung, wovon die rechte den Eingangsbereich markiert. Der Eingang hat ein spitzbogiges Portal und ist über eine Freitreppe zu erreichen. Diese Eingangsachse ist als Risalit mit eigener, verschieferter Verdachung ausgeführt. Ansonsten schiefergedecktes Walmdach. In Höhe der rechten Achse Dachreiter mit Uhrlaterne und ebenfalls schiefergedecktem Turmhelm.“
5Denkmalwert sei das Gebäude mit seinem äußeren Mauerwerk so wie es durch Dach und Dachreiter zusammengefasst werde. Das Schulhaus sei bedeutend für den Ortsteil M., weil es die Entwicklung des Ortes während der Hochindustrialisierung um 1900 beschreibe und die damit einhergehenden pädagogischen Programme, die nicht zuletzt die Errichtung von Schulgebäuden vorgesehen hätten, damit eine flächendeckende Versorgung für die Schüler im Deutschen Reich zu gewährleisten gewesen sei. Für die Erhaltung und Nutzung der Schule lägen architekturhistorische Gründe vor, da sich die Gestaltung des Gebäudes insbesondere durch seinen Dachreiter an der für das Siegerland typischen Kapellenschule orientiere. In besonderem Maße sprächen für den Denkmalwert aber städtebauliche Gründe, da das Gebäude sich über dem Ort erhebe und erhebliche Aufmerksamkeit auf sich ziehe.
6Zum Zeitpunkt der Eintragung verfügte das vierseitige mit Kunstschiefer eingedeckte Dach auf seiner südwestlichen Fläche über drei kleine Gauben mit Schrägdach. Im Zuge der Umgestaltung zum Wohnhaus wurden diese durch vier größere Flachdachgauben ersetzt. Auf den Dachflächen hat die Klägerin Naturschiefer aufgebracht.
7Die Klägerin beantragte am 7. Oktober 2021 die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis für die Errichtung einer Solaranlage auf der südwestlichen Dachfläche des Baudenkmals. Die insgesamt 20 Solarmodule sollen oberhalb der Gauben angebracht werden, die Bereiche zwischen den Gauben bleiben frei. Sie sind zunächst in zwei sich über die gesamte Dachbreite erstreckenden Reihen (zu neun bzw. acht Modulen) angeordnet, weitere drei Module schließen in dritter Reihe linksbündig an, so dass der Bereich unmittelbar neben dem Dachreiter und der hier angebrachten Uhr frei bleibt. Beantragt sind Module in einer Ausgestaltung im „Full Black“-Design.
8Mit Bescheid vom 8. Dezember 2021 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, das verschieferte Walmdach bilde seine Oberflächenerscheinung aus Struktur und Farbwerten des Naturschiefers sowie der Deckungsart der Dachfläche. Dies zeichne das Erscheinungsbild des Daches aus. Durch die städtebauliche Lage des Gebäudes erhebe es sich über dem Ort und ziehe erhebliche Aufmerksamkeit auf sich. Die Dachflächen seien vom öffentlichen Raum aus mehreren Himmelsrichtungen deutlich einsehbar und von den Hängen der Umgebung zum Teil sogar aus der Vogelperspektive zu sehen. Aufgrund der denkmalrechtlichen Erlaubnis für u. a. den Ausbau des Dachgeschosses, den Einbau von Gauben und Loggien sei das Dach zum Teil neu aufgebaut worden. Die Errichtung einer Solaranlage werde das Dach weiter wesentlich verändern und zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Baudenkmals führen.
9Die Solaranlage wurde zwischenzeitlich errichtet.
10Die Klägerin hat am 6. Januar 2022 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, es stünden schon keine Gründe des Denkmalschutzes entgegen, da sich die Solarmodule aufgrund ihrer Farbe sowie der dezenten schwarzen Einrahmung harmonisch in die neue, von ihr aufgebrachte schwarze Naturschieferdachfläche einfügten. Durch die Anordnung werde weder der maßgebliche denkmalrechtlich geschützte Dachreiter in Gestalt eines Kapellenturms noch die Dachform baulich berührt oder in sonstiger Weise das Erscheinungsbild von Kapellenturm und Dachform maßgeblich beeinträchtigt. Zudem seien die Module lediglich auf einer Dachseite vorgesehen, und zwar auf derjenigen, die am wenigsten von der Öffentlichkeit einsehbar und in Richtung der Industriebebauung im Ortsteil M. ausgerichtet sei. Der Schiefereindeckung des Daches komme für sich betrachtet kein architektonischer Denkmalwert zu, hierzu ergäben sich keine belastbaren Erläuterungen aus dem Eintragungstext der Unterschutzstellung. Der städtebauliche Denkmalwert des Gebäudes werde nicht tangiert, da die Anbringung einer Solaranlage an dessen Lage und seiner Erhebung über dem Ort nichts verändere. Zugunsten eines überwiegenden öffentlichen Interesses verweise sie auf den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts. Auch sollte mit der zum 1. Juni 2022 in Kraft getretenen Änderung des Denkmalschutzgesetzes die Errichtung von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden erleichtert werden.
11Die Klägerin hat beantragt,
12die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 8. Dezember 2021 zu verpflichten, ihr die unter dem 7. Oktober 2021 beantragte denkmalrechtliche Erlaubnis für die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Baudenkmals „X. 00“, 00000 L., unter Anwendung der ab dem 1. Juni 2022 geltenden Fassung des Denkmalschutzgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen zu erteilen.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie hat in Ergänzung ihrer Bescheidbegründung ausgeführt, nicht nur die Nutzung der Kapellenschule, sondern insbesondere ihre Gestaltung durch den Dachreiter und die beleuchtete Uhr machten die architekturhistorische Besonderheit der Kapellenschule aus. In der Denkmalwertbegründung in besonderem Maße hervorgehoben werde auch die Lage, die sich über dem Ort erhebe und erhebliche Aufmerksamkeit auf sich ziehe. Die geplante Solaranlage auf diesem städtebaulich besonders bedeutenden Gebäude, dessen Dach Blickfang bei Tag und bei Nacht sei und es daher besonders wichtig für den Ortsteil M. mache, müsse als besonders beeinträchtigend für das Baudenkmal gewertet werden. Die bereits montierte Solaranlage sei gut sichtbar. Nur aufgrund der guten Einsehbarkeit der Dachfläche sei der Dachreiter an dieser mit einer Uhr ausgestattet worden, was die Bedeutung des Gebäudes für den Ort unterstreiche. Auch leiste die neue, hochwertige Dacheindeckung einen wichtigen Beitrag zum Erscheinungsbild des Gebäudes. Die Schieferdeckung sei historisch überliefert, ortsbildprägend und ortsbildtypisch. Der Eindruck dieses für das Denkmal wichtigen und daher geschützten Daches gehe jedoch durch die Solarmodule verloren. Diese seien zudem ohne Rücksicht auf die besondere Form des Walmdachs oder die Art der Deckung scheinbar wahllos auf dem Dach verteilt. So werde das Dach von den Modulen dominiert.
16Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er hat betont, dass die Materialität der Dachfläche und damit das Erscheinungsbild des Baudenkmals erheblich beeinträchtigt würden. Die Solarmodule bildeten eine ungeordnete, materialfremde sowie additive Ebene auf der verschieferten Dachhaut. Die homogene Dachhaut werde unproportional überladen und von den Solarmodulen dominiert. Der Dachreiter des hohen Walmdaches „versinke“ optisch und könne somit nicht mehr in seiner ursprünglichen Gestalt wahrgenommen werden. Dadurch gingen bedeutende architektonische Bezugspunkte der Dachgestaltung, wie Bauteilanschlüsse und Höhenverhältnisse zwischen Hauptdach und Nebendächern, verloren, die das Erscheinungsbild dieses Daches auszeichneten. Die Oberflächenstruktur der tetragonalen Solarmodule, bestehend aus Materialität, Farbigkeit sowie Glanzgrad, stehe im starken Kontrast zu der diagonal verlegten schuppigen und matten Oberflächenstruktur der denkmalwerten Naturschieferdeckung. Die schwarzen Fremdkörper zäsierten großflächig die unterschiedlichen Farbwerte der nach historischem Vorbild neu gedeckten Dachhaut. Zudem werde die städtebauliche Wirkung wesentlich beeinträchtigt. Die starke Einsehbarkeit des Baudenkmals sei wichtiger Bestandteil der bedeutsamen Ansicht des historischen Ortsteils M.
17Das Verwaltungsgericht hat am 27. Oktober 2022 einen Ortstermin durchgeführt.
18Mit Urteil vom 31. Juli 2023 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Maßgeblich sei § 9 DSchG NRW in der bis zum 31. Mai 2022 geltenden Fassung (DSchG NRW a. F.). Die Klägerin könne nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 DSchG NRW vom 13. April 2022 (DSchG NRW n. F.) die Anwendung des neuen Rechts beantragen, da im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW n. F. das Verwaltungsverfahren schon vor Inkrafttreten des DSchG NRW n. F. durch den ablehnenden Bescheid vom 8. Dezember 2021 abgeschlossen gewesen sei. Die Anspruchsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 2 DSchG NRW a. F. lägen nicht vor. Es stünden Gründe des Denkmalschutzes entgegen. Dach und Dachreiter würden im Eintragungsbescheid besonders erwähnt. Bei den Solarmodulen handele es sich um additiv auf das Dach aufgebrachte Bauteile, die die schuppige Struktur des Schieferdaches großflächig überformten. Die Sichtbarkeit der diagonalen Verlegung der Schieferschuppen werde dadurch ebenso beeinträchtigt wie die der Materialität der Schieferschuppen mit ihrer spaltrauen Oberfläche. Die Module wirkten auf der Dachhaut wie Fremdkörper. Durch Sonneneinstrahlung werde auf den Modulen eine starke Spiegelungswirkung erzeugt. Diese bewirke zudem, dass sich auf den Solarmodulen unterhalb des Dachreiters bei Sonnenlicht deutlich die Silhouette der Uhr spiegele. Die Sichtbarkeit dieser Veränderung des Daches erstrecke sich weithin auf den öffentlichen Raum. Es liege auch kein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne des § 9 Abs. 2 lit. b) DSchG NRW a. F. vor. Das wäre selbst dann der Fall, wenn § 9 DSchG NRW in der ab 1. Juni 2022 geltenden Fassung zugrunde gelegt würde. Wie der Landesgesetzgeber auch im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich betont habe, besitze der Klimaschutz gegenüber anderen Belangen keinen unbedingten Vorrang. Vorliegend könne eine Versorgung des Gebäudes mit Strom auch mit anderen Maßnahmen und umweltfreundlich gewährleistet werden.
19Zur Begründung der auf ihren Antrag zugelassenen Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die bis zum 31. Mai 2022 geltende Fassung des § 9 DSchG NRW zugrunde gelegt. Sie habe auch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich die Anwendung des § 9 Abs. 3 DSchG NRW n. F. beantragt. Eine Entscheidung des Gesetzgebers, dass dieser Antrag nur im noch laufenden Verwaltungsverfahren gestellt werden könne, sei weder dem Wortlaut der Übergangsvorschrift noch der Begründung der Gesetzesänderung zu entnehmen. Zudem sei für den im Wege der Verpflichtungsklage geltend gemachten Anspruch der Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung maßgeblich. Ihr stehe jedoch nach beiden Gesetzesfassungen ein Anspruch zu. Das Verwaltungsgericht habe die heranzuziehenden Gründe der Unterschutzstellung des Gebäudes falsch gewertet und gewichtet. Es habe zu Unrecht in der Materialität der Dacheindeckung den maßgeblichen Denkmalwert gesehen und unter Zugrundelegung dessen eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmalwertes durch die Solaranlage unterstellt. Nach der Begründung der Eintragung werde das denkmalwerte Erscheinungsbild mit der Silhouette des Baukörpers nach seiner Größe und der Ausgestaltung des Daches mit Dachreiter in Gestalt des Turmhelms und der daraus folgenden Erkennbarkeit als regionaltypisches Kapellenschulhaus begründet. Denkmalwert und -prägend sei vorrangig die Dachkontur. Dies bleibe aber auch nach der Aufbringung der Solaranlage erhalten. Dass die Solaranlage aufgrund der exponierten Lage des Gebäudes auch vom öffentlichen Raum aus sichtbar sei, vermöge eine erhebliche Beeinträchtigung gleichermaßen nicht zu begründen. Denn die Charakteristik des Gebäudes als ehemalige Kapellenschule bleibe erkennbar und erhalten. Zudem sei das Dach bereits durch den genehmigten Einbau einer Loggia sowie von Dachgauben in seinem Erscheinungsbild verändert worden. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht § 2 Satz 2 EEG nicht berücksichtigt. Ein Ausnahmefall vom Regelvorrang der erneuerbaren Energien liege nach den vorstehenden Ausführungen nicht vor. Dem Baudenkmal komme auch keine herausragende, denkmalwerte und stadtbildprägende Bedeutung zu. In fast jedem Stadtteil der Beklagten sei eine Kapellenschule unter Denkmalschutz gestellt. Auch sei ihr privates Interesse an der Errichtung der Solaranlage nicht vollständig und sachgerecht berücksichtigt worden.
20Die Klägerin beantragt,
21das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 8. Dezember 2021 zu verpflichten, der Klägerin die unter dem 7. Oktober 2021 beantragte denkmalrechtliche Erlaubnis für die Errichtung einer Solaranlage auf der südwestlichen Dachfläche des Baudenkmals „M. 00“ auf dem Grundstück Gemarkung M., Flur 0, Flurstück 849 in L. zu erteilen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Berufung zurückzuweisen.
24Sie führt hierzu im Wesentlichen aus, aus dem Eintragungstext folge, dass die Schieferoptik ‑ unabhängig von ihrer Materialität ‑ von besonderer Bedeutung für das Dach sei, das seinerseits das Denkmal konstituierend, nämlich zusammenfassend, und damit maßgeblich präge. Auf die erteilte denkmalrechtliche Erlaubnis für die Errichtung von Gauben könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sie diese nicht wie genehmigt umgesetzt habe. So hätten die Dacheinschnitte passend zum Dach verschiefert werden müssen, die Wangen der Loggien seien ‑ anders als genehmigt ‑ weiß gestrichen worden. Es handele sich zudem um ein besonders wertvolles Denkmal, denn die streitgegenständliche ehemalige X. schule sei ab 1868 als Ergänzungsneubau zur ehemaligen Kapellenschule errichtet worden und gelte als Ausgangs- und Mittelpunkt aller heutigen Schulgebäude in der Region. Sie erhebe sich als einzige der Kapellenschulen über den Ort. Zudem bilde sie mit der nebenstehenden Villa „X. 00“ eine Raumdominate.
25Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
26Die Berichterstatterin des Senats hat am 25. September 2024 die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Auf den Inhalt des hierüber gefertigten Protokolls und die gefertigten Lichtbilder wird verwiesen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
28Entscheidungsgründe:
29Die zulässige Berufung hat Erfolg.
30Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. Die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Erteilung der beantragten denkmalrechtlichen Erlaubnis für die Errichtung einer Solaranlage auf der südwestlichen Dachfläche des Baudenkmals „X. 00“ durch Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 DSchG NRW in der ab dem 1. Juni 2022 geltenden Fassung (im Folgenden: DSchG NRW n. F.) einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis.
31I. Anzuwenden ist das Denkmalschutzgesetz in der ab 1. Juni 2022 geltenden Fassung. Dabei kann offen bleiben, ob sich dies aus der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Übergangsregelung des § 43 Abs. 2 Satz 2 DSchG NRW n. F. oder aus dem allgemeinen Grundsatz ergibt, dass bei einer Verpflichtungsklage, wenn sich Gegenteiliges nicht aus dem jeweiligen materiellen Recht ergibt, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2014 ‑ 4 C 33.13 ‑, juris Rn. 18, m. w. N.
33§ 43 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW n. F. bestimmt, dass die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahren nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Verfahren fortzuführen und abzuschließen sind. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 DSchG NRW n. F. kann die Eigentümerin oder der Eigentümer sowie die sonstigen Nutzungsberechtigten eines Denkmals abweichend von Satz 1 jedoch die Anwendung dieses Gesetzes anstelle des zur Zeit der Antragstellung geltenden Rechts beantragen.
34Einen solchen Antrag hat die Klägerin (spätestens) in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellt. Dies war ihr auch noch im anhängigen gerichtlichen Verfahren möglich. § 43 Abs. 2 Satz 2 DSchG NRW n. F. erfasst entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur Anträge, die bis zum Erlass des Bescheides durch die Denkmalbehörde gestellt wurden. „Abgeschlossen“ im Sinne von Satz 1 der Vorschrift ist ein Verfahren erst durch einen bestandskräftigen Bescheid, der hier aufgrund der erhobenen Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch nicht vorlag. Nur ein solches Verständnis entspricht auch der Zielrichtung der Vorschrift, Eigentümern bzw. Nutzungsberechtigten von Baudenkmälern bei entsprechendem Antrag die Inanspruchnahme der denkmalrechtlichen Neuregelungen zu ermöglichen, die die Nutzung ihrer Immobilie vereinfachen sollen (vgl. LT-Drs. 17/16999, S. 2).
35Sodann kann der Senat offen lassen, ob mit dem „zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Verfahren“ (§ 43 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW n. F.) auch eine Übergangsregelung hinsichtlich des anzuwendenden materiellen Rechts getroffen wurde. Bejahendenfalls hätte die Klägerin, wie ausgeführt, rechtzeitig die Anwendung des „geltenden Rechts“ „abweichend von Satz 1“ beantragt. Andernfalls träfe § 43 Abs. 2 DSchG NRW n. F. keine Regelung für den vorliegenden Fall und folgte die Anwendbarkeit von § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW n. F. aus den oben angeführten allgemeinen Grundsätzen für Verpflichtungsklagen.
36II. Die Klägerin hat gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 DSchG NRW n. F. einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis.
37Die nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW n. F. erforderliche Erlaubnis ist nach § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW n. F. zu erteilen, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt.
38Die Voraussetzungen der 2. Alternative dieser Vorschrift sind gegeben. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien als Teil des Klima- und Umweltschutzes und vor dem Hintergrund der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit verlangt ein die Belange des Denkmalschutzes überwiegendes öffentliches Interesse die Errichtung der streitgegenständlichen 20 Solarmodule.
391. Ob sich das betreffende öffentliche Interesse gegenüber den Belangen des Denkmalschutzes als im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 DSchG NRW n. F. „überwiegend“ darstellt und die Maßnahme verlangt, ist im Wege einer Abwägung dieser Belange zu prüfen. Voraussetzung für die Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis ist, dass für die Durchführung der Maßnahme öffentliche Interessen sprechen, die gewichtiger sind als die Belange des Denkmalschutzes.
40Vgl. schon OVG NRW, Urteile vom 21. Dezember 1995 ‑ 10 A 1891/93 ‑, BRS 58 Nr. 227, und vom 18. Mai 1984 ‑ 11 A 1776/83 ‑, BRS 42 Nr. 137.
41a. In die nach § 9 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 DSchG NRW n. F. vorzunehmende Abwägung ist das Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien gegenüber den Belangen des Denkmalschutzes als regelmäßig vorrangiger Belang einzustellen.
42Dies folgt aus § 2 EEG. Danach liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse (Satz 1). Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden (Satz 2). Zu den erneuerbaren Energien zählt auch die solare Strahlungsenergie (§ 3 Nr. 21 lit. c) EEG), wobei im Fall von Solaranlagen jedes Modul eine eigenständige Anlage darstellt (§ 3 Nr. 1 EEG).
43§ 2 EEG enthält Vorgaben für fachgesetzlich vorgesehene Abwägungs- und Ermessensentscheidungen in Bezug auf Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien.
44Vgl. im Einzelnen Schlacke/Wentzien/Römling, NVwZ 2022, 1577 (1578).
45§ 2 Satz 2 EEG ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet und enthält lediglich eine Gewichtungsvorgabe. Einen absoluten oder pauschalen Vorrang der erneuerbaren Energien in dem Sinne, dass sich die Stromversorgung durch erneuerbare Energien zwingend in der Abwägung mit anderen öffentlichen Interessen durchsetzen müsste, begründet die Regelung mithin nicht.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Mai 2023 ‑ 7 A 7.22 ‑, juris Rn. 43.
47Den erneuerbaren Energien kommt nach § 2 Satz 2 EEG in der Abwägung im Rahmen des § 9 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 DSchG NRW n. F. ein regelmäßiges Übergewicht zu. Das in § 2 Satz 1 EEG verankerte überragende öffentliche Interesse an der Errichtung von Einrichtungen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien kann nur ausnahmsweise überwunden werden. Ob ein Ausnahmefall vorliegt, in dem die Belange des Denkmalschutzes überwiegen, beurteilt sich ausgehend von den Gründen der Unterschutzstellung anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls.
48Vgl. auch OVG NRW, Urteile vom 31. Oktober 2023 ‑ 7 D 187/22.AK ‑, juris Rn. 160, und vom 27. Oktober 2022 ‑ 22 D 243/21.AK ‑, juris Rn. 179 f., sowie ‑ zum jeweiligen Landesrecht ‑ OVG Rh.-Pf., Urteil vom 15. August 2024 ‑ 1 A 10604/23.OVG ‑, juris Rn. 46, Bay. VGH, Urteil vom 4. Juli 2024 ‑ 22 A 23.40049 ‑, juris Rn. 125, Sächs. OVG, Urteil vom 21. März 2024 ‑ 1 C 2/24 ‑, juris Rn. 100, OVG S.-A., Beschluss vom 7. März 2024 ‑ 2 M 70/23 ‑, juris Rn. 49, OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 27. Juli 2023 ‑ OVG 3a A 52/23 ‑, juris Rn. 53, und OVG M.-V., Urteil vom 7. Februar 2023 ‑ 5 K 171/22 OVG ‑, juris Rn. 160; vgl. ferner die Gesetzesbegründung BT-Drs. 20/1630, S. 159
49Entscheidungen des Senats, mit denen in der Vergangenheit wegen der Bedeutung des Denkmalschutzes die Erteilung denkmalrechtlicher Erlaubnisse für die Errichtung von Solaranlagen bzw. von Stellplätzen für Elektro-Autos abgelehnt worden waren,
50vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 22. September 2022 ‑ 10 A 2879/21 ‑, juris Rn. 8, vom 8. Januar 2020 ‑ 10 A 921/19 ‑, juris Rn. 5, und vom 27. April 2012 ‑ 10 A 597/11 ‑, juris Rn. 14,
51betrafen eine andere Rechtslage und sind insoweit überholt.
52b. Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf § 2 EEG, mit dem der Bund seiner Verpflichtung zum Klimaschutz aus Art. 20a GG,
53vgl. dazu im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 24. März 2021 ‑ 1 BvR 2656/18 u.a. ‑, juris Rn. 198 ff.,
54nachgekommen ist.
55Für diese Regelung fehlte dem Bund insbesondere nicht die Gesetzgebungskompetenz.
56aa. Der Bundesgesetzgeber hat sich bei dem Erlass des § 2 EEG zutreffend auf Kompetenzen der konkurrierenden Gesetzgebung, konkret Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 (i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG; Recht der Energiewirtschaft, hier der Erzeugung und Verteilung von Energie) und Nr. 24 (Luftreinhaltung) berufen (vgl. BT-Drs. 20/1630, S. 146).
57So auch Schäfer/Antoni/Paintner, ZUR 2022, 393 (394), vgl. zu diesen Gesetzgebungskompetenzen BVerfG, Beschluss vom 23. März 2022 ‑ 1 BvR 1187/17 ‑, juris Rn. 62 ff. bzw. 67.
58In Ausübung dieser Gesetzgebungskompetenz hat er sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor entschieden und ein Bedürfnis gesehen, diesen, unter anderem mit der Regelung in § 2 EEG, (deutlich) zu beschleunigen.
59Vgl. BT-Drs. 20/1630, S. 1.
60bb. Der Bund hat seine Gesetzgebungskompetenz nicht dadurch überschritten, dass § 2 EEG einen Regelvorrang in den „jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen“ vorsieht und damit eine Abwägungsdirektive auch für denkmalrechtliche Abwägungsentscheidungen enthält, obgleich die Gesetzgebungskompetenz für das Denkmalrecht den Ländern zusteht.
61Bei der - zeitlich begrenzten - Gewichtungsvorgabe für die erneuerbaren Energien in § 2 Satz 2 EEG handelt es sich nicht um eine spezifische Regelung des Denkmalrechts, sondern um eine energiewirtschafts- und klimaschutzrechtliche Regelung zum Gewicht des öffentlichen Interesses am beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien. Diese bundesgesetzliche Vorgabe wirkt lediglich von außen auf die ansonsten unberührt gelassenen fachgesetzlichen Regelungen ein, soweit diese eine Abwägungsentscheidung erfordern, und prägt diese vor. Sie betrifft die denkmalschutzrechtliche Abwägungsentscheidung wie jede andere von § 2 Satz 2 EEG erfasste Schutzgüterabwägung. Dies verdeutlicht auch die umfassende Aufzählung in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 20/1630, S. 159).
62Vgl. auch OVG Rh.-Pf., Urteil vom 15. August 2024 ‑ 1 A 10604/23.OVG ‑, juris Rn. 40, OVG S.-A., Beschluss vom 7. März 2024 ‑ 2 M 70/23 ‑, juris Rn. 46, OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 27. Juli 2023 ‑ OVG 3a A 52/23 ‑, juris Rn. 52, und OVG M.-V., Urteil vom 7. Februar 2023 ‑ 5 K 171/22 OVG ‑, juris Rn. 156; Schlacke/Wentzien/Römling, NVwZ 2022, 1577 (1578 f.).
63Anspruchsgrundlage für die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis bleibt § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW n. F. Der bundesgesetzlich vorgegebene grundsätzliche Vorrang der erneuerbaren Energien entbindet nicht von der nach dieser Vorschrift gebotenen Abwägung im Einzelfall.
64Dass bei der danach zu treffenden Abwägungsentscheidung auch der Einsatz erneuerbarer Energien zu berücksichtigen ist, hat überdies bereits der Landesgesetzgeber selbst mit der Regelung in § 9 Abs. 3 Satz 2 DSchG NRW n. F. deutlich gemacht. Nach dieser am 1. Juni 2022 in Kraft getretenen Vorschrift sind bei der Entscheidung über die Erlaubniserteilung insbesondere auch die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit angemessen zu berücksichtigen.
65c. § 9 Abs. 3 Satz 2 DSchG NRW n. F. rechtfertigt keine von § 2 Satz 2 EEG abweichende Gewichtung von Klimaschutz und erneuerbaren Energien einerseits sowie Denkmalschutz andererseits in der Abwägung nach § 9 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 DSchG NRW n. F.
66Die nach dem Wortlaut der Vorschrift gebotene „angemessene“, d. h. der jeweiligen Bedeutung entsprechende Berücksichtigung der Belange des Klimas und des Einsatzes erneuerbarer Energien richtet sich nunmehr nach der später, am 29. Juli 2022 in Kraft getretenen bundesgesetzlichen Vorgabe eines Regelvorrangs der erneuerbaren Energien in § 2 Satz 2 EEG, mit der der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit ausgefüllt werden kann. Die in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 9 Abs. 3 Satz 2 DSchG NRW n. F. geäußerte damalige Absicht des Landesgesetzgebers, hierdurch solle kein Vorrang der dort genannten Belange begründet werden,
67vgl. LT-Drs. 17/16518, S. 51,
68steht dem vom Wortlaut der Vorschrift ausgehenden Verständnis, das der späteren bundesrechtlichen Vorgabe Rechnung trägt, nicht entgegen.
69Selbst wenn man aber davon ausginge, dass nach § 9 Abs. 3 Satz 2 DSchG NRW n. F. kein Vorrang der dort genannten Belange gegenüber denjenigen des Denkmalschutzes angenommen werden darf, so gälte Art. 31 GG (Bundesrecht bricht Landesrecht), weil das Landesgesetz mit dem später erlassenen Bundesgesetz nicht mehr vereinbar wäre.
70So auch Schröer/Kümmel, NVwZ 2023, 30; allgemein BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000 ‑ 3 C 2.00 ‑, juris Rn. 12 f., m. w. N.; dazu, dass § 2 EEG nicht durch Landesrecht beschnitten oder konturiert werden kann, vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2024 ‑ 22 B 727/24.AK ‑, juris Rn. 88.
71d. Art. 18 LVerf NRW rechtfertigt ebenfalls keine andere Betrachtung. Nach dessen Abs. 2 stehen die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Kultur, die Landschaft und Naturdenkmale unter dem Schutz des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände. Diesem Schutzauftrag können die angesprochenen Körperschaften auch unter Beachtung von § 2 Satz 2 EEG gerecht werden.
722. Im vorliegenden Einzelfall ergeben sich aus der Eintragung des Baudenkmals und insbesondere den in der Denkmalwertbegründung niedergelegten Erwägungen keine besonderen Umstände, die ausnahmsweise ein zum Nachteil der erneuerbaren Energien und zugunsten des Denkmalschutzes gehendes Ergebnis der Abwägung nach sich zögen.
73a. Dass die Dachfläche mit den Solarmodulen auf der ehemaligen Burgschule vom öffentlichen Raums aus ‑ aufgrund der Lage des Gebäudes teilweise auch weithin - sichtbar ist, reicht dafür nicht aus. Die Gestaltung und Materialität der Dachfläche, insbesondere die von der Beklagten betonte Schiefereindeckung, war nicht maßgeblich für die Unterschutzstellung. In der Beschreibung des Denkmals im Eintragungstext wird zwar das schiefergedeckte Walmdach erwähnt. Nach der Begründung ist allerdings das Gebäude „mit seinem äußeren Mauerwerk so wie es durch Dach und Dachreiter zusammengefasst wird“ denkmalwert. Die Verschieferung der Dachfläche findet in der Denkmalwertbegründung keine Erwähnung. Besonders hervorgehoben wird im Zusammenhang mit der architekturhistorischen Bedeutung vielmehr nur der Dachreiter und zwar ausdrücklich als Gestaltungsmerkmal der für das Siegerland typischen Kapellenschule. Bei den weiter angeführten städtebaulichen Gründen stellt die Denkmalwertbegründung darauf ab, dass das Gebäude sich über dem Ort erhebe und erhebliche Aufmerksamkeit auf sich ziehe. Die Dachfläche selbst sowie ihre Gestaltung haben danach bei der Unterschutzstellung schon keine Rolle gespielt. Auch in der von der Beklagten zuletzt nochmals herangezogenen Wendung („mit seinem äußeren Mauerwerk so wie es durch Dach und Dachreiter zusammengefasst wird“) liegt der Schwerpunkt auf dem - den Gesamteindruck vom Gebäude dominierenden ‑ Mauerwerk. Für eine besondere Schutzrichtung zugunsten insbesondere der Ausgestaltung der Dachfläche lässt sich ihr nichts entnehmen. Dass die Dachfläche und ihre Ausgestaltung nicht maßgeblich für die Unterschutzstellung waren, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass für den Ausbau des Dachgeschosses mit dem Einbau von Gauben und Loggien unter dem 25. Juni 2020 eine denkmalrechtliche Erlaubnis erteilt worden ist.
74b. In das Erscheinungsbild des Baukörpers als Kapellenschule und die damit verbundene besondere Bedeutung wird durch die Solaranlage schon gar nicht eingegriffen. Diese dominiert auch nicht den Gesamteindruck vom Gebäude. Die Solarmodule im „Full Black“-Design sind im Wesentlichen in zwei gleichmäßigen Reihen auf der Dachfläche angeordnet, und stehen so der „zusammenfassenden“ Wirkung des Daches für das Gebäude nicht entgegen. Die substanzlos aufgestellte Behauptung der Beklagten, die Module seien „scheinbar wahllos auf dem Dach verteilt“, entbehrt einer Grundlage. Von dem besonders hervorgehobenen Dachreiter halten die Solarmodule, hier insbesondere auch die obere, aus drei Modulen bestehende Reihe, Abstand; dies auch zu den Dachrändern. Auch nach den dem Senat vorliegenden Lichtbildern und den Eindrücken aus dem Ortstermin, die die Berichterstatterin dem Senat vermittelt hat, kann keine Rede davon sein, dass der Dachreiter optisch hinter den Solarmodulen versinkt, wie der Beigeladene geltend gemacht hat. Vielmehr ist der Dachreiter in seiner ursprünglichen Gestalt vollumfänglich weiterhin sehr eindrücklich wahrnehmbar, sowohl von dem ehemaligen Schulhof als auch von weiter entfernten Standorten aus. Um die Solarmodule, insbesondere oberhalb zum Dachreiter hin als auch zu den Dachgauben und dem Übergang zum Mauerwerk mit dem ebenfalls besonders hervorgehobenen Risalit, ist das nunmehr mit Naturschiefer eingedeckte Walmdach, bei dem es sich also nicht um historische Bausubstanz handelt, sowohl vom ehemaligen Schulhof als auch von Standorten in der Umgebung aus noch deutlich erkennbar und bleibt in seiner Kontur ablesbar. Auch die Sichtbarkeit der Uhr auf dem Dachreiter wird durch die Solaranlage, ungeachtet der Frage nach dem Einfluss dieser Uhr auf den Denkmalwert des Gebäudes, nicht eingeschränkt. Auf die Sichtbarkeit und Wirkung des Mauerwerks einschließlich des Risalits haben die Solarmodule keinen Einfluss.
75c. Ein Ausnahmefall, in dem der Denkmalschutz das Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien überwiegt, wäre hier aber selbst dann nicht gegeben, wenn man der Auffassung der Beklagten folgte, die Schieferdachfläche sei als auch denkmalwertbegründend anzusehen, weil die verschieferte Ausführung des Daches aus der Denkmalbeschreibung über die Formulierung „so wie es durch Dach und Dachreiter zusammengefasst wird“ in die Denkmalwertbegründung Eingang gefunden hätte. Wenn überhaupt, hätte die verschieferte Dachfläche dann nur einen nachrangigen Einfluss auf den Denkmalwert des Gebäudes und könnte ihr daher nur ergänzende Bedeutung beigemessen werden. Die Denkmalwertbegründung betont, wie dargestellt, vielmehr andere Eigenschaften des Baudenkmals. Auf die Materialität von Naturschiefer, der nach dem inzwischen unstreitigen Vorbringen der Klägerin bei der Eintragung des Baudenkmals nicht vorhanden war, sondern erst nach Erwerb und Umbau aufgebracht worden ist, kann es bei der Eintragung des Baudenkmals denkmalwertbegründend nicht angekommen sein. Die Solarmodule sind, wie bereits ausgeführt, im „Full Black“-Design gehalten und im Wesentlichen in zwei gleichmäßigen Reihen auf der Dachfläche angeordnet. Sie überdecken selbst die betroffene Dachfläche, die nach Südwesten ausgerichtet ist, nur zum Teil. Diese verschieferte Dachfläche ist aus dieser Himmelsrichtung weiterhin, wenn auch nicht mehr im bisherigen Umfang, sichtbar. Die drei weiteren Dachflächen des Gebäudes sind von den Solarmodulen nicht betroffen.
76d. Auf die von den Beteiligten diskutierte Frage, ob das streitgegenständliche Baudenkmal lediglich eine von zahlreichen Kapellenschulen im Siegerland sei oder unter ihnen eine hervorgehobene Stellung einnehme, kommt es schon deshalb nicht an, weil die Dachfläche für die maßgebliche Unterschutzstellung keine bzw. ‑ wenn überhaupt ‑ nur eine nachrangige Rolle gespielt hat.
77e. Zuletzt kann die Klägerin auch nicht darauf verwiesen werden, dass das öffentliche Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien der konkreten Anlage auf dem Dach ihres Gebäudes nicht zwingend bedürfte, sondern dies anderweitig zu verwirklichen wäre. Denn auch insoweit ist die Abwägungsentscheidung des § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW n. F. durch § 2 Satz 2 EEG voreingestellt, als zur Zielerreichung eines flächendeckenden Ausbaus der erneuerbaren Energien der Abwägungsvorrang für die Schutzgüterabwägung für jede einzelne Anlage gilt.
78Vgl. auch BT-Drs. 20/1630, S. 159; OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2024 ‑ 22 B 727/24.AK ‑, juris Rn. 85.
79Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
80Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
81Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.