Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Erteilung einer Genehmigung zum Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes auf seinem Grundstück Gemarkung E. , G01, G02 (M.-straße).
3Das seit Ende der 1980er Jahre unbewohnte Gebäude wurde am 15. November 1988 als Baudenkmal in die Denkmalliste der Beklagten eingetragen. In der Begründung wird unter anderem ausgeführt, das zweistöckige Fachwerktraufenhaus sei vermutlich um 1700 als Gartenhaus erbaut worden, Innenausbau und gartenseitige Fassadenverbretterung stammten aus dem 2. Drittel des 19. Jahrhunderts. Es sei eines der ganz seltenen Beispiele eines innerstädtischen größeren Gartenhauses und an seiner Erhaltung und Nutzung bestehe aus wissenschaftlichen (hier: sozial- und typengeschichtlichen) Gründen ein öffentliches Interesse.
4Im März 2010 stellte die seinerzeitige Eigentümerin des Grundstücks, die Mutter des Klägers, einen Antrag auf Abbruch des Baudenkmals. Auf der Grundlage von Untersuchungen zur Bau-, Nutzungs- und Sozialgeschichte des Gebäudes kam ein Gutachten des Beigeladenen vom 3. Januar 2011 zu dem Ergebnis, das Gebäude sei als Versammlungsgebäude der G. Juden im Jahr 1633 errichtet worden. Es habe sodann über mehr als 100 Jahre als Betsaal/Synagoge gedient, bis es 1742 aufgrund der zwischenzeitlich angewachsenen G. Judenschaft durch einen größeren Betsaal an anderer Stelle ersetzt worden sei. Zur weiteren Klärung der Baugeschichte seien Proben aus dem Kerngerüst entnommen und einer dendrochronologischen Untersuchung unterzogen worden. Das hierzu eingeholte Gutachten vom 9. Dezember 2010 habe bei fünf Proben bestätigt, dass das Holz für den Bau im Herbst 1632 gefällt worden sei, so dass von einer Errichtung des Gebäudes im Jahre 1633 auszugehen sei.
5Mit Bescheid vom 10. Oktober 2011 teilte die Beklagte der seinerzeitigen Eigentümerin mit, dass die Denkmalwertbegründung entsprechend erweitert werde. Das 1633 als jüdischer Betsaal errichtete Bauwerk sei bedeutend für die Geschichte der Menschen in E. . An der Erhaltung und Nutzung bestehe aus wissenschaftlichen, insbesondere ortshistorischen Gründen ein öffentliches Interesse. Außer den bauhistorischen Erhaltungsgründen seien sozialgeschichtliche Gründe anzuführen. Das Zweifamilienhaus einfachen Zuschnitts sei mit seinem ungewöhnlich vollständig mit vielen Details der Innengestaltung überlieferten Ausbau bedeutsam für die Sozialgeschichte der Residenzstadt E. im 19. Jahrhundert. Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Minden mit rechtskräftigem Urteil vom 19. Februar 2015 ‑ 9 K 2598/11 - ab.
6Im März 2018 griff der Kläger, seit 2015 Eigentümer des Grundstücks, den 2010 gestellten und wegen des vorgenannten Verfahrens zeitweilig ruhenden Antrag auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung wieder auf.
7Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 7. August 2018 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Kläger die Unzumutbarkeit der Erhaltung nicht nachgewiesen habe. Zwar erscheine die Sanierung des Baudenkmals nach der von dem Kläger eingereichten Wirtschaftlichkeitsrechnung und Kostenschätzung unwirtschaftlich. Allerdings entspreche diese nicht den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen. Außerdem habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt dargelegt, inwiefern er sich ernsthaft um die Veräußerung des streitgegenständlichen Baudenkmals bemüht habe. Sie, die Beklagte, sei auch weiterhin grundsätzlich an einem Erwerb des Objekts interessiert.
8Hiergegen hat der Kläger am 10. September 2018 beim Verwaltungsgericht Minden Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, eine Sanierung des Gebäudes wäre praktisch ein Neubau. Erforderlich wären ein vollständiger Abbau und dann eine Rekonstruktion unter Verwendung neuer Baumaterialien. Ferner sei die Erhaltung des Gebäudes nach der bereits vor Jahren eingereichten Berechnung wirtschaftlich nicht zumutbar. Ein Verkauf des Grundstücks komme nicht in Betracht, da es sich um alten Familienbesitz handele. Das streitgegenständliche Grundstück bilde als G02 mit den G03 und G04 ein Gesamtensemble. Die Veräußerung hätte einen infrastrukturellen Wertverlust zur Folge, der nicht durch einen realistischen Verkaufspreis zu kompensieren sei. Zudem wolle die Beklagte in dem Denkmal eine Begegnungsstätte errichten, was unzumutbare Auswirkungen auf seine Wohnverhältnisse und seine anwaltliche Tätigkeit auf dem Nachbargrundstück hätte. Ferner würden die Grundstücke unter anderem als Parkfläche benötigt. Auch sei es nicht hinnehmbar, dass die Beklagte als Erwerbsinteressentin auftrete, weil dann die Behörde, die den streitgegenständlichen Bescheid erlassen habe, ihn quasi dazu zwinge, das Gebäude an sie selbst zu veräußern. Dies komme einer Enteignung gleich.
9Der Kläger hat beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 7. August 2018 zu verpflichten, ihm die Baugenehmigung für den Abbruch des Gebäudes auf dem Grundstück M.-straße in 00000 E. einschließlich der beantragten denkmalrechtlichen Erlaubnis nach § 9 DSchG NRW zu erteilen.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie hat ergänzend zum angefochtenen Bescheid vorgetragen, sie habe Interesse an dem Erwerb des Denkmals an Ort und Stelle zu einem angemessenen Kaufpreis. Zur konkreten Bezifferung eines Angebotes sei es erforderlich, zunächst den Verkehrswert des Objektes zu ermitteln. Sie sei bereit, die Kosten für das Gutachten zu tragen, wenn der Kläger zu ernsthaften Verhandlungen bereit sei, damit nicht unnötige Kosten für ein Gutachten aufgewendet würden.
14Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
15Das Verwaltungsgericht hat am 28. Juli 2021 einen Ortstermin durchgeführt.
16In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nach Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die Neuregelung in § 62 Abs. 3 BauO NRW 2018 erklärt, er begehre eine Baugenehmigung für den Abriss.
17Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 18. Mai 2022 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung zum Abbruch des Gebäudes, weil das Vorhaben gegen Vorschriften des Denkmalrechts verstoße. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 2 DSchG NRW (a. F.) lägen nicht vor. Die Erhaltung des Denkmals sei möglich. Angesichts des während der gerichtlichen Ortsbesichtigung dokumentierten Zustandes sei es nicht ausgeschlossen, dass das Baudenkmal nur durch eine vollständige Sanierung der Gebäudehülle, die einer Neuerrichtung gleichkomme, wieder in einen Zustand versetzt werden könne, der eine Nutzung erlaube. Dies gelte jedoch nur für die „Hülle“ des innerstädtischen Gartenhauses, nicht hingegen für den „Kern“, der eine Nutzung als jüdisches Bethaus bereits im 17. Jahrhundert belege. Der Kernbau sei in wesentlichen Teilen noch erhalten und erfülle bestimmte bauliche Besonderheiten, die für einen Betsaal bzw. eine Synagoge charakteristisch seien. Bei den mit einer Erhaltung verbundenen baulichen Veränderungen an dem Gebäude sei nicht zugleich von einer Ersetzung der für die Denkmalwertbegründung als jüdisches Bethaus zentralen Bauteile auszugehen, so dass jedenfalls insoweit kein „aliud“ entstehe. Dies gelte auch, wenn Bauteile des Kernbaus ersetzt werden müssten. Ob dem Kläger die Erhaltung des Denkmals wirtschaftlich unzumutbar sei, könne offen bleiben. Er könne sich darauf jedenfalls nicht berufen, weil er die Unverkäuflichkeit des Grundstücks nicht nachgewiesen habe. Ferner habe die Beklagte dem Kläger mehrfach ausdrücklich angeboten, das Baudenkmal zu erwerben. Der Kläger habe die Gesprächsangebote jedoch nicht angenommen, sondern den Verkauf ausdrücklich abgelehnt, ohne dass die insoweit von ihm vorgebrachten Einwände beachtlich seien.
18Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger vor: Der historische Sachverhalt um das Denkmal sei im damaligen Klageverfahren gegen die Erweiterung der Denkmalwertbegründung unzureichend aufgeklärt worden, weshalb das nunmehr durch das Verwaltungsgericht hätte nachgeholt werden müssen. Aus dem Contributionsregister von 1678 sowie dem Catastrum von 1736 ergebe sich, dass das Denkmal keineswegs im Jahr 1633 errichtet worden sein könne. Diese Unterlagen habe das Verwaltungsgericht nicht beigezogen. Die von ihm herausgeforderten Bohrkerne seien bis heute nicht an ihn übergeben worden, so dass er sie nicht wissenschaftlich nachuntersuchen könne. Das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit und der Unmöglichkeit, einen Sanierungskredit zu bekommen, nicht gewürdigt und damit auch außer Acht gelassen, dass ein theoretischer Erwerber vor demselben Problem stünde. Ein Käufer, der das Gebäude sowie die ungefähr 450.000 Euro Sanierungskosten eigenfinanzieren könne, sei praktisch nicht zu finden. Die Beklagte komme als Käuferin auch deshalb nicht in Betracht, weil sie die Mittel ebenfalls nicht habe; die zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel dürften nach den allgemeinen Haushaltsgrundsätzen nur wirtschaftlich, effizient und sparsam ausgegeben werden.
19Der Kläger beantragt,
20das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung ihres Bescheids vom 7. August 2018 die Baugenehmigung für den Abbruch des Gebäudes auf dem Grundstück M.-straße in E. , einschließlich der beantragten denkmalrechtlichen Erlaubnis nach § 9 DSchG NRW, zu erteilen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Zur Begründung trägt sie vor: Der Denkmalwert des Baudenkmals ergebe sich aus dem bestandskräftigen Eintragungsbescheid vom 15. November 1988 und der auf der Grundlage des bestandskräftigen Bescheids vom 10. Oktober 2011 eingetragenen erweiterten Denkmalwertbegründung. Die Feststellungswirkung der Eintragung sei bindend. Unabhängig davon sei die Denkmalwerterweiterung auch inhaltlich nicht zu beanstanden, wie sich auch aus der ergänzenden Stellungnahme des Beigeladenen vom 7. Februar 2024 ergebe. Das Gebäude sei weder rettungslos abgängig noch verlange es bauliche Sanierungsmaßnahmen, nach deren Verwirklichung der Dokumentationswert entfalle. Das Gebäude habe seine historische Identität als Baudenkmal, d. h. seinen Aussage- und Dokumentationswert als älteste substantiell erhaltene Hofsynagoge Nordwestdeutsch-lands, nicht verloren. Entscheidend für die Denkmalaussage „jüdisches Bethaus“ sei der konstruktiv erhaltene Erstverband mit seinen eine Nutzung als Synagoge dokumentierenden Teilen des Gebäudes im Erdgeschoss, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe. Der Versuch, ein unabhängiges Sachverständigenbüro mit einer Bestandsaufnahme und einer Schadenkartierung zu beauftragen, sei an der fehlenden Mitwirkung des Klägers gescheitert. Die Erhaltung des Baudenkmals sei dem Kläger auch zumutbar. Es sei bereits fraglich, ob sich der darlegungs- und beweispflichtige Kläger ernsthaft um eine wirtschaftlich tragfähige Projektentwicklung seines Baudenkmals bemüht habe. Einen Nachweis der Unverkäuflichkeit habe er nicht geführt. Sie sei auch weiterhin bereit, das Denkmal zu einem angemessenen Kaufpreis zu erwerben, um es einem öffentlichen Zweck zuzuführen. Bei der konkreten Bemessung des Kaufpreises könnten eventuelle Wertverluste, die auf Seiten des Klägers durch die Herauslösung eines Teils des Grundstückensembles entstünden, berücksichtigt werden. Auch sei grundsätzlich ein Erhalt der vorhandenen Parkplätze auf dem Grundstück durch rechtliche Sicherung zugunsten des Klägers denkbar. Auf ein Affektionsinteresse könne der Kläger sich nicht berufen, weil er das Bauwerk beseitigen wolle. Das private Eigentümerinteresse, den Grundbesitz in seiner Gesamtheit zu behalten und kein Fremdeigentum mit einer denkmalrechtlich geschützten jüdischen Hinterhofsynagoge in unmittelbarer Nähe seiner Grundstücke hinnehmen zu müssen, müsse hinter das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Baudenkmals zurücktreten.
24Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er macht geltend, der bestandskräftigen Eintragung komme nach der Senatsrechtsprechung Tatbestandswirkung zu. Ergänzend beziehe er sich auf seine fachamtlichen Einschätzungen vom 15. Sep-tember 2023 und vom 7. Februar 2024. Der Nachweis der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der weiteren Erhaltung als Denkmal sei nicht entsprechend den Maßstäben der Rechtsprechung erbracht worden. Insbesondere fehle es an einer auf einer nachvollziehbaren Schadenskartierung beruhenden und einem jeden-falls nicht völlig fernliegenden Nutzungskonzept ausgerichteten Wirtschaftlich-keitsdarstellung.
25In der Berufungsverhandlung hat die Beklagte den Bescheid vom 7. August 2018 dahingehend ergänzt, dass sie dem Kläger die Übernahme des Baudenkmals durch Übertragung des Eigentums an einer noch näher zu bestimmenden Teilfläche des Grundstücks Gemarkung E. , G01, G02, mit dem aufstehenden Gebäude M.-straße zum Verkehrswert anbietet.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die zulässige Berufung (dazu A.) hat keinen Erfolg (dazu B.).
29A. Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht begründet worden.
30Gemäß § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO ist die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 11. Januar 2023 innerhalb der am 16. Januar 2023 endenden Monatsfrist seine Berufung hinreichend begründet, auch wenn er dort lediglich auf die Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung Bezug nimmt.
31Das gesetzliche Erfordernis der Einreichung eines Schriftsatzes zur Berufungsbegründung kann grundsätzlich auch eine auf die erfolgreiche Begründung des Zulassungsantrags verweisende Begründung erfüllen, wenn damit hinreichend zum Ausdruck gebracht wird, dass und weshalb das erstinstanzliche Urteil weiterhin angefochten wird.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. März 2004 - 4 C 6.03 ‑, juris Rn. 21 f., sowie Beschlüsse vom 29. November 2021 - 2 B 14.21 -, juris Rn. 6 f., und vom 2. Oktober 2003 - 1 B 33.03 -, juris Rn. 2, m. w. N.
33Dem wird der Schriftsatz vom 11. Januar 2023, der auf die Begründung des Zulassungsantrags Bezug nimmt und den Willen erkennen lässt, das zugelassene Berufungsverfahren fortzuführen, im Hinblick auf den konkreten Inhalt dieser Begründung gerecht. In der Zulassungsbegründung vom 1. August 2022 bringt der Kläger insbesondere mit seinem Vortrag zum Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hinreichend zum Ausdruck, weshalb er das erstinstanzliche Urteil anficht.
34B. Die Berufung ist aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.
35Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung zum Abbruch des als Baudenkmal in die Denkmalliste der Beklagten eingetragenen Gebäudes auf seinem Grundstück M.-straße, § 113 Abs. 5 VwGO.
36Dem vom Kläger zur Genehmigung gestellten Vorhaben stehen im Sinne von § 74 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW 2018 öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen.
37Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 3 DSchG NRW, die auch im baurechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 9 Abs. 4 Satz 1 DSchG NRW - ungeachtet der Formulierung „in angemessener Weise zu berücksichtigen“ - regelmäßig vollumfänglich zu prüfen und strikt anzuwenden sind,
38vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 2. März 2018 ‑ 10 A 1404/16 -, juris Rn. 33 f., und vom 13. September 2013 - 10 A 1069/12 -, juris Rn. 26 f., jeweils m. w. N.,
39liegen nicht vor.
40Dabei ist das Denkmalschutzgesetz in seiner seit dem 1. Juni 2022 geltenden Fassung zugrunde zu legen. Dies ergibt sich hier schon daraus, dass der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung begehrt, die er nur beanspruchen kann, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Ein gesondertes Verfahren gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 DSchG NRW auf Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis hat er nicht eingeleitet (vgl. insoweit die Übergangsvorschrift des § 43 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW). Lediglich im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens, das mit dem Antrag vom 11. März 2010 auf Erteilung einer Genehmigung zum Abbruch bei der unteren Bauaufsichtsbehörde eingeleitet wurde, erstrebt er die Prüfung der denkmalrechtlichen Erlaubnisvorschriften.
41Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW bedarf der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde, wer ein Baudenkmal oder einen Teil eines Baudenkmals beseitigen, verändern, an einen anderen Ort verbringen oder dessen bisherige Nutzung ändern will. Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder - was hier nicht der Fall ist - ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt.
42I. Bei dem streitgegenständlichen Gebäude handelt es sich um ein Baudenkmal. Dies ergibt sich aus der bestandskräftigen Eintragung in die Denkmalliste der Beklagten vom 15. November 1988 nebst erweiterter Begründung vom 10. Okto-ber 2011. Die dagegen erhobene Klage wurde vom Verwaltungsgericht Minden mit rechtskräftigem Urteil vom 19. Februar 2015 - 9 K 2598/11 - abgewiesen.
43Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 und 2 DSchG NRW für die Eintragung in die Denkmalliste im vorliegenden Verfahren nicht (inzident) erneut zu prüfen. Die Eintragung als Baudenkmal ist für die Denkmaleigenschaft konstitutiv. Mit der Eintragung als dinglicher Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung wird die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache als Baudenkmal verbindlich festgestellt. Dies gilt ausweislich von Satz 1 des § 23 Abs. 1 DSchG NRW im Unterschied zu Satz 2 auch für die seit dem 1. Juni 2022 geltende Neufassung des Gesetzes. Anknüpfungspunkt für die Erlaubnispflicht nach § 9 Abs. 1 DSchG NRW ist deshalb allein der rechtliche Status des Objekts als Denkmal, d. h. seine Eintragung in die Denkmalliste.
44Das System des Denkmalschutzes in Nordrhein-Westfalen ist - auch in der seit dem 1. Juni 2022 geltenden Fassung des Denkmalschutzgesetzes - zweistufig ausgestaltet. Es ist zu trennen zwischen der konstitutiven Begründung des Denkmalschutzes durch die Eintragung, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 und 2 DSchG NRW gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW erfolgen muss, und den Wirkungen des Denkmalschutzes. Steht mit der Eintragung der rechtliche Status fest, geht es auf der zweiten Stufe um Entscheidungen über die Erhaltung, Veränderung, Nutzung oder Beseitigung des Denkmals, bei denen auch sichergestellt werden kann, dass das Eigentumsrecht des Eigentümers durch die Unterschutzstellung nicht unverhältnismäßig belastet wird.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. Oktober 2021 - 10 A 3620/210 -, juris Rn. 53, sowie Beschluss vom 24. April 2023 - 10 A 490/22 -, juris Rn. 9 ff. m. w. N.
46Damit kommt es auf das umfassende Vorbringen des Klägers dazu, es habe sich gar nicht um ein jüdisches Gebetshaus gehandelt, die denkmalfachlichen Einschätzungen seien bloße Vermutungen und die daran angeknüpfte Denkmalwertbegründung nicht haltbar, nicht an. Die von dem Kläger aufgegriffenen Aspekte sind solche des rechtskräftig abgeschlossenen Eintragungsverfahrens. Dementsprechend bedurfte es mangels Erheblichkeit auch keiner weiteren Sachaufklärung zur Geschichte des Gebäudes, etwa durch die vom Kläger angeregte Anhörung des Sachverständigen, der das dendrochronologische Gutachten vom 9. Dezember 2010 erstellt hat.
47II. Der Beseitigung stehen Belange des Denkmalschutzes entgegen.
481. Belange des Denkmalschutzes im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW stehen nach der Senatsrechtsprechung einem Vorhaben nach § 9 Abs. 1 DSchG NRW entgegen, wenn es Belange des Denkmalschutzes mehr als nur geringfügig beeinträchtigt und die Versagung der Erlaubnis zu den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Auswirkungen und privaten Betroffenheiten nicht außer Verhältnis steht.
49Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2. März 2018 - 10 A 1404/16 -, juris Rn. 37, und vom 4. Dezember 1991 - 7 A 1113/90 -, juris Rn. 5 ff. (zu § 9 Abs. 2 lit. a DSchG NRW a. F., der den Begriff „Gründe des Denkmalschutzes“ verwendete).
50Geht es um die Beseitigung einer in die Denkmalliste eingetragenen baulichen Anlage, stehen Belange des Denkmalschutzes entgegen, wenn die Erhaltung des Denkmals möglich und dem Eigentümer nicht aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen unzumutbar ist oder die Unzumutbarkeit auf andere Weise ausgeglichen wird.
51Wenn die Erteilung einer Abbrucherlaubnis beansprucht wird, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die vollständige Beseitigung eines eingetragenen Baudenkmals kann angesichts des damit verbundenen unwiederbringlichen Verlustes seiner Aussagekraft für erinnerungswürdige Aspekte vergangener Zeiten nur dann gerechtfertigt sein, wenn die Verweigerung der Erlaubnis sich als unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkung darstellt.
52Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2. März 2018 - 10 A 1404/16 -, juris Rn. 40, vom 13. September 2013 - 10 A 1069/12 -, juris Rn. 30, und vom 4. Mai 2009 - 10 A 699/07 -, juris Rn. 28; Davydov, in: Davydov/Hönes/Ringbeck/Stellhorn, Denkmalschutzgesetz NRW, Kommentar, 7. Auflage 2024, § 9 Rn. 10; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 -, juris Rn. 85; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2002 - 4 B 4.02 -, juris Rn. 8.
53Mit der unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und von nichtwirtschaftlichen Interessen des Denkmaleigentümers zu vollziehenden Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste (§ 23 DSchG NRW) unterliegt der Eigentümer des Denkmals erheblichen Einschränkungen. Er hat das Denkmal im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten (§ 7 DSchG NRW), ist Einschränkungen bei der Nutzung unterworfen (§ 8 DSchG NRW) und unterliegt einem Veränderungs- und Beseitigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt (§ 9 DSchG NRW). Diese Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse sind durch das öffentliche Interesse an der Erhaltung geschützter Denkmäler im Regelfall als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums anzusehen. Solange die genannten gesetzlichen Pflichten oder behördliche Maßnahmen auf der Grundlage des Denkmalschutzgesetzes die Grenze der wirtschaftlichen oder ideellen Unzumutbarkeit der Denkmalerhaltung nicht überschreiten, sind sie ‑ dies gilt auch für das Beseitigungsverbot - bei Einhaltung der übrigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen verhältnismäßig.
54Vgl. OVG NRW, Urteile vom 4. Mai 2009 - 10 A 699/07 -, juris Rn. 29, und vom 20. März 2009 ‑ 10 A 1406/08 -, juris Rn. 49; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 -, juris Rn. 83 f.
55Ist allerdings die Erhaltung des Denkmals als Ziel und rechtfertigender Grund für die denkmalrechtlichen Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse nicht mehr möglich oder führen notwendige Erhaltungsarbeiten dazu, dass die Identität des Denkmals und damit seine Denkmalaussage beseitigt werden, entfällt auch die Grundlage für das Beseitigungsverbot. Denn die über eine - auch umfassende - Restaurierung eines Denkmals hinausgehende Umwandlung eines nicht mehr erhaltungsfähigen Originals in eine Kopie des Originals ist von den Zielen des nordrhein-westfälischen Denkmalrechts nicht erfasst und vermag deshalb die mit der Fortdauer der Unterschutzstellung verbundenen Eigentumseinschränkungen nicht zu rechtfertigen.
56Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2. März 2018 - 10 A 1404/16 -, juris Rn. 43, und vom 4. Mai 2009 - 10 A 699/07 -, juris Rn. 29.
57In gleicher Weise ist die Eigentumsbeschränkung unverhältnismäßig, wenn das Beseitigungsverbot dem Eigentümer aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann und diese Unzumutbarkeit nicht auf andere Weise, etwa durch eine Entschädigung oder die Übernahme des Denkmals (§§ 34, 32 DSchG NRW), ausgeglichen werden kann.
58Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2. März 2018 - 10 A 1404/16 -, juris Rn. 40, und vom 13. September 2013 - 10 A 1069/12 -, juris Rn. 30.
59Ob bei der danach im Rahmen des § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW regelmäßig erforderlichen - und gerichtlich voll überprüfbaren - Abwägung die Belange des Denkmalschutzes die gegenläufigen privaten Interessen überwiegen, ist eine Frage des Einzelfalls.
60Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2. März 2018 - 10 A 1404/16 -, juris Rn. 40, und vom 13. September 2013 - 10 A 1069/12 -, juris Rn. 30 und 33; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2002 ‑ 4 B 4.02 -, juris Rn. 8 f.
612. Hiervon ausgehend stehen der Beseitigung Belange des Denkmalschutzes entgegen. Dieses Baudenkmal ist erhaltungsfähig, insbesondere führen notwendige Erhaltungsmaßnahmen nicht dazu, dass seine Identität verloren ginge (dazu a.). Die Erhaltung ist dem Kläger auch nicht aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen unzumutbar (dazu b.). Eine - unterstellte - wirtschaftliche Unzumutbarkeit wird zudem durch die im angefochtenen Bescheid angebotene Übernahme des Denkmals nach § 32 DSchG NRW ausgeglichen (dazu c.).
62a. Die Erhaltung des Baudenkmals ist noch möglich. Es ist nicht davon auszugehen, dass erhaltensnotwendige Bauarbeiten dazu führen, dass die Identität des Denkmals und damit seine Denkmalaussage beseitigt werden.
63Ob die erforderlichen Erhaltungsarbeiten die Denkmalaussage eines Objekts bewahren oder ob die Eingriffe in das Denkmal so weit gehen, dass die Denkmalaussage verloren geht, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Wege wertender Betrachtung zu prüfen. Ein Denkmal hat nicht auf Dauer seine ursprüngliche Identität verloren, wenn es nach der Durchführung erhaltensnotwendiger Renovierungsarbeiten mit seinem historischen Dokumentationswert und mit den die Denkmaleigenschaft begründenden Merkmalen im Wesentlichen noch vorhanden ist und die ihm zugedachte Funktion, Aussagen über bestimmte Vorgänge oder Zustände geschichtlicher Art zu dokumentieren, noch erfüllen kann. Ein Auswechseln und Ergänzen von einzelnen Materialteilen, das den Gesamteindruck der Sache und die Erkennbarkeit der Aussage unberührt lässt, ist für die Bewertung der Denkmaleigenschaft unerheblich. Für die Frage, wann die historische Identität eines Baudenkmals entfällt, kommt es nicht auf eine schematische, an Zahlenwerten orientierte Betrachtungsweise an. Erforderlich ist vielmehr eine qualitative Betrachtung, die die Gründe der Unterschutzstellung und alle Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt.
64Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juli 2024 - 10 A 1487/22 -, juris Rn. 71, vom 12. September 2006 - 10 A 1541/05 -, juris Rn. 59, und vom 26. August 2008 - 10 A 3250/07 -, juris Rn. 48, sowie Beschluss vom 31. Mai 2012 - 2 A 931/11 ‑, juris Rn. 15 ff.
65Hiervon ausgehend ist das Baudenkmal erhaltungsfähig und der Verlust des historischen Dokumentationswertes durch notwendige Erhaltungsarbeiten nicht zu erwarten.
66Nach der Denkmaleintragung kommt dem Baudenkmal hier in zweierlei Hinsicht Bedeutung zu: Zunächst handelt es sich um ein 1633 als jüdischer Betsaal des Typs der freistehenden Hofsynagoge errichtetes und als solches 110 Jahre genutztes Gebäude, das die Geschichte dieses Bautyps bezeugt und für dessen Erhaltung bauhistorische Gründe sprechen. Hinzu kommt eine weitere Bedeutungsebene. Es wird auf die spätere Nutzungs- und Umbaugeschichte des Gebäudes zu einem Wohnhaus einfachen Zuschnitts mit seinem ungewöhnlich vollständig überlieferten Innenausbau verwiesen, die für die Sozialgeschichte der Residenzstadt E. bedeutsam sei.
67Ausgehend von diesen Gründen für die Unterschutzstellung des Denkmals ist der Senat nach den ihm vorliegenden Erkenntnismaterialien davon überzeugt, dass diese Identität des Denkmals und damit seine (zweifache) Denkmalaussage durch die notwendigen Erhaltungsarbeiten nicht untergeht. Der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Differenzierung zwischen „Hülle“ und „Kern“ des Baudenkmals folgt der Senat nicht. Es ist davon auszugehen, dass ein Auswechseln und Ergänzen von Gebäudeteilen den Gesamteindruck unberührt lässt und das Objekt weiterhin die ihm in zweifacher Hinsicht zugedachte Funktion, Aussagen über bestimmte Vorgänge oder Zustände geschichtlicher Art zu dokumentieren, erfüllen kann.
68Dies ergibt sich aus den Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen des Beigeladenen vom 3. Januar 2011, vom 30. August 2011, vom 20. Juli 2012, vom 30. Juli 2014 und vom 15. September 2023.
69Stellungnahmen der in besonderem Maße fachkundigen Denkmalfachämter dienen der Beratung und Unterstützung der Denkmalbehörden (§ 22 Abs. 1 DSchG NRW) und der Gerichte. Auch wenn diesen Stellungnahmen in Ermangelung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren Bindungswirkung zukommt, ist den Denkmalfachämtern die Rolle unparteilicher, fachlich weisungsungebundener Gutachter zugewiesen, von denen sachkundige Stellungnahmen zur Schutzwürdigkeit von Baudenkmälern erwartet werden können.
70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juli 2024 - 10 A 1487/22 -, juris Rn. 63, sowie Beschlüsse vom 3. März 2021 - 10 A 2137/20 -, juris Rn. 6 f., m. w. N., und vom 24. Juli 2017 - 10 B 193/17 -, juris Rn. 5.
71Die genannten fachlichen Stellungnahmen des Beigeladenen sind nachvollziehbar und die dortigen Einschätzungen im Einzelnen begründet.
72Nach dem Gutachten vom 3. Januar 2011, dem auch eine Ortsbesichtigung zugrunde lag, ist das Gebäude im Kern bis heute in wesentlichen Teilen erhalten und weist in seiner baulichen Erscheinung noch immer auf eine ursprüngliche Nutzung als Betsaal/Synagoge hin (S. 15, 21 ff.). Auch sind Bauteile in ihrer Erstverwendung noch als Kerngerüst erhalten (S. 17 ff.). Dies gilt für beide seitlichen Giebelfronten sowie für die Hölzer im Erdgeschoss inklusive eines Teils der darauf ruhenden Geschossbalkendecke, die noch im konstruktiven Fachwerkverband von 1633 erhalten sind (Seite 18 ff., sowie Stellungnahme vom 20. Juli 2012, S. 2 und 3, Stellungnahme vom 30. Juli 2014, S. 2). Die noch im Verband befindlichen Hölzer des Kerngerüsts lassen nach den ergänzenden Stellungnahmen des Beigeladenen Rückschlüsse auf Erschließung und Durchfensterung sowie innere räumliche Strukturen zu (Stellungnahme vom 30. August 2011, S. 2; Stellungnahme vom 30. Juli 2014, S. 3 und 15). Dies gilt also ungeachtet des Umstands, dass das Gebäude um 1850 weitreichend verändert und zu einem zweigeschossigen Mietshaus umgebaut wurde. Das Zweifamilienhaus wiederum ist in den kommenden Jahrzehnten baulich nur in kleineren Details verändert worden (Gutachten vom 3. Januar 2011, S. 29). Nach der fachlichen Einschätzung des Beigeladenen vom 20. Juli 2012 ist das Gebäude nicht ruinös, sondern konstruktiv erhaltungsfähig und -würdig; eine Wiederherstellung sei ohne weitgehenden Austausch der Substanz möglich (S. 2).
73Substantiierte Einwände gegen diese sachkundigen Stellungnahmen zur Erhaltung und Erhaltungsfähigkeit des Baudenkmals ergeben sich auch aus dem klägerischen Vorbringen nicht.
74Es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass sich seit diesen fachlichen Einschätzungen der Zustand grundlegend verschlechtert hätte. Nach den dem Gericht vorliegenden, bei den Akten befindlichen Lichtbildern unterschiedlicher Jahre (etwa aus den Jahren 2010, 2012, 2016 und vom erstinstanzlichen Ortstermin im Juli 2021) stellt sich das Gebäude innen und außen weitgehend unverändert dar. Gegenteiliges hat auch der Kläger nicht mitgeteilt, sondern vielmehr ‑ etwa im Schreiben vom 1. März 2018 an die Beklagte und zuletzt noch einmal in der mündlichen Verhandlung - betont, der Zustand habe sich in den letzten Jahren im Wesentlichen nicht geändert.
75Im erstinstanzlichen Ortstermin am 28. Juli 2021 hat sich ausweislich des Protokolls sowie der dort gefertigten Lichtbilder ergeben, dass es zwei Jahre zuvor einen Wasserrohrbruch in oder vor der äußeren Wand zur Rückseite (Nordseite) gegeben hatte, sich ferner dort ein (kleineres) Loch in der Wand befindet - deren Ursache zwischen den Beteiligten streitig ist - und zur Süd-/Ostseite hin ein Spalt im Dach sichtbar ist. Dabei handelt es sich zur Überzeugung des Senats nach dem vorliegenden Fotomaterial und unter Berücksichtigung der denkmalfachlichen Einschätzungen zum Erhaltungszustand aber eher um kleinere Schäden. Insbesondere sind ansonsten auf den Lichtbildern keine Öffnungen im Dach oder in der Fassade erkennbar, durch die das Gebäudeinnere der Witterung ausgesetzt gewesen wäre oder weiterhin Feuchtigkeit eindringen könnte. Fehlende Fensterscheiben waren teilweise durch Verbretterungen ersetzt worden. Neben vereinzelten feuchten Stellen an den Wänden sind größere Feuchtigkeitsschäden im Gebäude, Schimmelbefall oder Ähnliches nicht erkennbar und selbst vom Kläger nicht vorgetragen worden. Teile des Gebäudes werden als Abstell- und Lagerraum genutzt, unter anderem befinden sich dort, wie schon auf Lichtbildern aus dem Jahr 2010 ersichtlich, mehrere Regale mit ‑ offensichtlich unversehrten - Büchern.
76Seitdem sind nach dem Foto in dem zuletzt vom Kläger eingereichten Presseartikel offenbar die Verbretterungen vor den Fenstern abgenommen und durch Fensterscheiben oder durchsichtige Folien/ Planen ersetzt worden. Auch hat noch im November 2023 in dem Gebäude eine Veranstaltung („Halloween-Party“) stattgefunden. In der Berufungsverhandlung hat der Kläger zwar erneut pauschal behauptet, es handele sich um eine Ruine. Konkrete Schäden hat er hingegen auch hier nicht vorgetragen, sondern im Gegenteil betont, er habe die nötigen Sanierungsarbeiten immer durchgeführt und es gebe keinen Sanierungsstau.
77All dies zugrunde gelegt, bestand keine Veranlassung für den Senat, die Frage der Erhaltungsfähigkeit des Denkmals weiter aufzuklären, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung mit seinem Hinweis auf die Amtsaufklärungspflicht angeregt hat.
78Dass sich das Gebäude aufgrund des jahrzehntelangen Leerstands - unstreitig - baulich in keinem guten Zustand befindet und erhebliche Erhaltungsmaßnahmen erforderlich sind, rechtfertigt nicht die Annahme, diese führten dazu, dass seine Identität verloren ginge und es sich lediglich um eine Kopie des Originals handele. Vielmehr ist nach den vorstehenden Ausführungen davon auszugehen, dass das Denkmal ohne identitätsverändernden Austausch der Substanz erhalten werden kann und sich die ursprüngliche Nutzung als Betsaal sowie die spätere als Wohnhaus weiterhin an vorhandener Altsubstanz ablesen ließen.
79Bei Fachwerkbauten gilt nach der Senatsrechtsprechung zudem in besonderem Maße, dass ein Denkmal „durch die Zeit geht“, weil ein derartiges Gebäude wegen der verwandten Baustoffe auf den fortwährenden Austausch abgängiger Bestandteile angelegt ist.
80Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. März 2018 - 10 A 1404/16 -, juris Rn. 46.
81Die Beklagte hat überdies zutreffend darauf verwiesen, dass das Gebäude seine historische Identität als Baudenkmal nicht nur aufgrund des historischen Kerngerüstes erhalten hat, sondern ferner sein äußeres Erscheinungsbild und sein Standort im zurückliegenden Bereich des Grundstücks den historischen Aussage- und Dokumentationswert zu vermitteln geeignet sind.
82b. Die Erhaltung des Denkmals ist dem Kläger auch nicht unzumutbar.
83aa. Dabei muss der Senat der Frage nicht nachgehen, ob der Kläger durch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung nachgewiesen hat, dass ihm die weitere Erhaltung mit Blick auf die Kosten der erforderlichen baulichen Maßnahmen wirtschaftlich unzumutbar ist.
84Es fehlt jedenfalls deshalb an der Unzumutbarkeit der Denkmalerhaltung, weil der Kläger die Unverkäuflichkeit des Denkmals nicht nachgewiesen hat.
85Vermag der Eigentümer des Denkmals keine ernsthaften Bemühungen zur Veräußerung des Baudenkmals zu einem angemessenen Preis nachzuweisen, kann er sich nicht darauf berufen, dass ihm dessen Erhaltung oder Nutzung nicht zumutbar sei und damit die Privatnützigkeit des Baudenkmals nicht mehr gewährleistet wäre. Die Unverkäuflichkeit des Denkmals zu einem angemessenen Preis ist entweder durch eine an Tatsachen orientierte fachliche Stellungnahme oder in sonstiger geeigneter Form zu belegen. Dies ist erforderlich, um der Denkmalbehörde die Feststellung zu ermöglichen, ob das Denkmal tatsächlich unverkäuflich ist oder ob seine Veräußerung allein an den nicht angemessenen Preisvorstellungen des Eigentümers gescheitert ist, der letztlich auf die lukrativere Verwendung des Grundstücks ohne das Denkmal spekuliert. Bei der Bewertung der Angemessenheit der Preisvorstellungen sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
86Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2. März 2018 - 10 A 1404/16 -, juris Rn. 65 und 70 ff., vom 13. Sep-tember 2013 - 10 A 1069/12 -, juris Rn. 45 ff., und vom 4. Mai 2009 - 10 A 699/07 -, juris Rn. 46; Davydov, in: Davydov/Hönes/Ringbeck/ Stellhorn, Denkmalschutzgesetz NRW, Kommen-tar, 7. Auflage 2024, § 9 Rn. 73 ff.; Martin, NVwZ 2014, 24 (26); zur Darlegungs- und Beweislast auch BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2016 - 4 B 12.16 -, juris Rn. 7.
87Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Prüfung der Veräußerungsmöglichkeit nicht auf Investitionsobjekte beschränkt. Fehlende Verkaufsbemühungen stehen grundsätzlich der Berufung auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Denkmalerhaltung entgegen, wenn der Eigentümer das Denkmal aus wirtschaftlichen Gründen beseitigen will. An einer die Beseitigung rechtfertigenden unverhältnismäßigen Eigentumsbeschränkung fehlt es immer dann, wenn die Unzumutbarkeit der Erhaltung auf andere Weise ausgeglichen werden kann, etwa durch die Möglichkeit der Veräußerung. Jeder Eigentümer, der mit der geplanten Änderung oder Beseitigung des Denkmals vorrangig wirtschaftliche Absichten verfolgt, muss grundsätzlich nachweisen, dass er sich erfolglos um die Veräußerung des Denkmals zu einem angemessenen Preis bemüht hat. Denn ein über die wirtschaftlichen Belange hinausgehendes schützenswertes Affektionsinteresse des Eigentümers an einer von den Anforderungen des Denkmalschutzes unbelasteten Nutzung des Grundstücks ist bei einer im Vordergrund stehenden wirtschaftlichen Nutzungsabsicht regelmäßig nicht anzunehmen.
88Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. September 2013 ‑ 10 A 1069/12 -, juris Rn. 48; Martin, NVwZ 2014, 24 (26).
89Hiervon ausgehend kann der Kläger sich nicht auf eine die Unzumutbarkeit der Erhaltung begründende Unverkäuflichkeit berufen. Er hat, wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, keine hinreichenden Verkaufsbemühungen nachgewiesen. Im Berufungsverfahren hat er - ohne Vorlage von Belegen - lediglich pauschal darauf verwiesen, ein Käufer, der die hohen erforderlichen Sanierungskosten aufbringen könne, sei praktisch nicht zu finden. Ferner hat er mehrfach ausdrücklich erklärt, zuletzt im Schriftsatz vom 13. September 2024, er sei zum Verkauf des Grundstücks nicht bereit, die Option sei „absolut indiskutabel“. Insbesondere hat er sich erklärtermaßen geweigert, das Denkmal zu einem angemessenen Preis an die Beklagte zu verkaufen, die zur Bewahrung des kulturellen Erbes der Stadt ernsthaft am Kauf interessiert ist und diesen wiederholt und über Jahre angeboten hat.
90Bereits im Anhörungsschreiben vom 9. Mai 2018 zur beabsichtigten Ablehnung des Abbruchantrags wies die Beklagte auf die grundsätzliche Bereitschaft hin, das Baudenkmal zu erwerben. Auf den Vorschlag des Verwaltungsgerichts zu den Modalitäten im Ortstermin am 28. Juli 2021 hat der Kläger sich nicht wie angekündigt geäußert. Auf die Erneuerung des Verkaufsangebots durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. März 2022 hat der Kläger lediglich erwidert, die Beklagte werde „aus rein prozessualen Gründen ersucht, unverzüglich und konkret zu beziffern, welchen Kaufpreis sie für das Denkmal zu zahlen bereit wäre.“ Die Beklagte hat hierzu mitgeteilt, zur konkreten Bezifferung müsse der Verkehrswert ermittelt werden. Sie sei auch bereit, die Kosten eines entsprechenden Gutachtens zu tragen, aber nur dann, wenn der Kläger grundsätzlich zu ernsthaften Verhandlungen bereit sei. Hierzu hat der Kläger erwidert, ein Verkauf sei keine Alternative, weil dies keine Nutzung, sondern der Untergang des Eigentums sei. In der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ihr Erwerbsinteresse erneuert, der Kläger hingegen erneut erklärt, er wolle das Grundstück nicht verkaufen. Im Berufungsverfahren hat er mitgeteilt, wenn er sein Denkmal unter gar keinen Umständen an die Stadt E. verkaufen wolle, „kann er das nicht nur mit den persönlichen Animositäten, die auf dem jahrelangen Streit um das Denkmal gewachsen sind, begründen, sondern er will seine geliebte Heimatstadt auch vor ihren Politikern und vor ihrer Verwaltung schützen.“
91Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte nicht zur Zahlung eines angemessenen Kaufpreises bereit war und ist, sind nicht ersichtlich. Sie hat vielmehr angeboten, zusätzlich zum - per Gutachten zu ermittelnden - Verkehrswert noch einen Aufschlag wegen des kulturhistorischen Wertes zu zahlen. Ferner hat sie erklärt, bei der konkreten Bemessung des Kaufpreises könnten eventuelle Wertverluste, die auf Seiten des Klägers durch die Herauslösung eines Teils des Grundstückensembles entstünden, berücksichtigt werden.
92Das Kaufangebot ist entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb außer Betracht zu lassen, weil es von der Beklagten ausgeht, die zugleich die Erteilung der Abbruchgenehmigung versagt hat. Wie schon die Vorschriften über das gemeindliche Vorkaufsrecht (§ 31 Abs. 1 DSchG NRW) und die Übernahme von Denkmälern (§ 32 DSchG NRW) zeigen, sieht das Gesetz vielmehr ausdrücklich den Erwerb durch die Gemeinde vor, um so die dauernde Erhaltung von Denkmälern zu ermöglichen. Die Beklagte im öffentlichen Interesse vor finanziellen Risiken zu schützen, ist im Übrigen nicht Aufgabe des Klägers als Denkmaleigentümer.
93Der Kläger kann auch nicht geltend machen, dies komme letztlich einer Enteignung gleich. Verpflichtet, sein Eigentum aus der Hand zu geben, ist er nicht. Die tatsächlich bestehende Möglichkeit eines Verkaufs begründet lediglich die Verhältnismäßigkeit des Beseitigungsverbots und des damit verbundenen Eigen-tumseingriffs. Zugleich dient es den Zielen des Denkmalschutzes, von dem Abriss eines Gebäudes abzusehen, wenn ein Erwerber - etwa aufgrund anderer wirtschaftlicher Einschätzungen, höherer Risikobereitschaft oder auch eines besonderen Affektionsinteresses - bereit ist, auch bei negativer Wirtschaftlichkeitsberechnung ein Denkmal zu erhalten.
94Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2016 - 4 B 12.16 -, juris Rn. 8 ff.; zur Abgrenzung von der Enteignung auch BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 -, juris Rn. 74.
95bb. Das Beseitigungsverbot verletzt den Kläger auch nicht aus anderen Gründen in seinem Eigentumsgrundrecht.
96Die Erhaltung eines Baudenkmals kann im Einzelfall aus anderen Gründen unzumutbar sein, wenn der Eigentümer ein über wirtschaftliche Belange hinausgehendes schützenswertes Interesse an einer durch Anforderungen des Denkmalschutzes unbelasteten Nutzung des Grundstücks hat.
97Vgl. OVG NRW, Urteile vom 2. März 2018 - 10 A 1404/16 -, juris Rn. 65, und vom 4. Mai 2009 - 10 A 699/07 -, juris Rn. 46.
98Ein solches Interesse, das die Beseitigung rechtfertigte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Dafür genügt der vom Kläger angeführte Eigentumserwerb von einem Familienmitglied allein nicht. Das geltend gemachte Interesse an der Erhaltung seines Grundstückensembles und an der Schaffung von Parkraum - „E. ist reich an Denkmälern und sehr arm an Parkplätzen“ - ist letztlich rein wirtschaftlicher Natur. Sollte der Kläger damit auch noch andere Interessen verfolgen, muss das Interesse, an der Stelle des Gebäudes zwei bis drei Parkplätze zu schaffen, gegenüber den Belangen des Denkmalschutzes zurückstehen. Im Übrigen hat die Beklagte ihm angeboten, durch Grundstücksteilung oder dingliche Sicherung die schon vorhandenen Stellplätze auf dem Grundstück zu erhalten.
99c. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Denkmalerhaltung durch den Kläger unterstellt, kann er die Beseitigungserlaubnis auch deshalb nicht beanspruchen, weil die Unzumutbarkeit anderweitig ausgeglichen und so die Verhältnismäßigkeit des Eigentumseingriffs hergestellt wird.
100Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 20. März 2009 ‑ 10 A 1406/08 -, juris Rn. 52 ff.; Guckelberger, NVwZ 2016, 17 (21); Martin, NVwZ 2014, 24 (28); siehe auch BVerfG, Urteil vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 -, juris Rn. 88 ff., sowie Beschluss vom 15. September 2011 - 1 BvR 2232/10 -, juris Rn. 38 ff.
101Die Beklagte hat dem Kläger nunmehr förmlich die Übernahme gemäß § 32 DSchG NRW angeboten. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Ablehnungsbescheid vom 7. August 2018 dahingehend ergänzt, dass sie ihm einen Anspruch auf Übernahme nach § 32 DSchG NRW einräumt.
102Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
103Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
104Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.