Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der zulässige Antrag ist unbegründet.
3Der Kläger bezeichnet mit seinem Schriftsatz vom 20. Juli 2023 keinen der in § 124 Abs. 2 VwGO benannten Zulassungsgründe. Soweit sich sein Vorbringen sinngemäß (allein) dem Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuordnen lässt, ergeben sich hieraus keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
4Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art, die er mit seinem Antrag angreifen will, bezeichnen und mit schlüssigen Gegenargumenten infrage stellen. Daran fehlt es hier.
5Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers gegen die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 23. September 2022 abgewiesen. Mit dieser ist dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000 Euro untersagt worden, das Gebäude auf dem Grundstück Gemarkung H., Flur …, Flurstück … (S.-----straße …) zu Beherbergungszwecken zu nutzen, was auch die Räumung von den derzeit dort untergebrachten Personen umfasse. Zudem ist dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung der Wiederherstellung der Räumung und Versiegelung untersagt worden, den im Dachgeschoss des Gebäudes direkt hinter der Wand des Treppenhauses befindlichen Raum zu Aufenthaltszwecken zu nutzen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid sei wirksam. Ein Zustellungsmangel liege nicht vor, nicht zuletzt wäre ein solcher geheilt worden. Die Untersagung der Nutzung des Gebäudes zu Beherbergungszwecken sei rechtmäßig. Sie sei hinreichend bestimmt. Für ihren Erlass genüge grundsätzlich die hier gegebene formelle Illegalität. Die Nutzung und damit auch die (Überlassung zur) Vermietung von einzelnen Zimmern in der im Bescheid dargelegten Form sei nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt, sondern stelle eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar. Der Kläger sei richtiger Adressat, da er als Grundstückseigentümer Zustandsstörer sei. Auch unter Ermessensgesichtspunkten sei es vorliegend nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Kläger und nicht eine eventuelle Hauptmieterin oder die jeweils untergebrachten Personen als Handlungsstörer in Anspruch genommen habe. Die das Dachgeschoss betreffende weitere Nutzungsuntersagung sei ebenfalls rechtmäßig. Dies gelte auch für die Androhung von Zwangsmitteln.
6Der Kläger stellt die Richtigkeit dieser Erwägungen nicht schlüssig in Frage.
71. Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich nicht, dass die Ordnungsverfügung entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht wirksam geworden ist.
8Das Verwaltungsgericht hat selbstständig tragend darauf abgestellt, dass ein (von ihm verneinter) Zustellungsmangel nach § 8 LZG NRW dadurch geheilt worden wäre, dass dem Kläger die Ordnungsverfügung nachweislich zugegangen sei, da er bereits am 7. Oktober 2022 fristgerecht Klage gegen diese erhoben habe. Sein Einwand, die Klage beweise nicht, dass eine ordnungsgemäße Zustellung versucht worden sei, geht an dieser Argumentation vorbei. Dass ihm die Ordnungsverfügung nicht (tatsächlich) zugegangen ist, macht der Kläger nicht geltend. Auf die Frage, ob ein Zustellungsmangel vorliegt, sowie die vom Kläger dazu vorgebrachten Erwägungen kommt es damit nicht mehr an.
92. Der Kläger setzt der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Nutzung und damit auch die (Überlassung zur) Vermietung von einzelnen Zimmern in der im streitgegenständlichen Bescheid näher dargelegten Form sei formell illegal, da sie nicht von einer nach § 60 Abs. 1 BauO NRW 2018 erforderlichen Baugenehmigung gedeckt sei, nichts Tragfähiges entgegen.
10a. Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Nutzungsänderung von der genehmigten Wohnnutzung zu einer Beherbergung stellt der Kläger nicht schlüssig in Frage.
11aa. Er hat den Maßstab, den das Verwaltungsgerichts seiner Abgrenzung zwischen Wohnnutzung und Beherbergung zugrunde gelegt hat und der der Senatsrechtsprechung entspricht,
12vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2007 - 10 A 1219/06 -, juris Rn. 9,
13nicht substantiiert in Zweifel gezogen.
14Seine pauschale These, Mietverträge, die hier mit allen Bewohnern geschlossen worden seien, schlössen die Annahme einer Beherbergung (stets) aus, trifft in ihrer Allgemeinheit so nicht zu. Dies lässt sich auch der von ihm genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 8. Mai 1989 - 4 B 78.89 -, juris = NVwZ 1989, 1060), in der es, anders als hier, um die mietweise Überlassung von selbständigen Wohnungen ging, nicht entnehmen.
15bb. Auch die Einwände gegen die Subsumtion des Verwaltungsgerichts bleiben ohne Erfolg.
16Das Verwaltungsgericht hat ausführlich die Umstände dargelegt, die gegen eine Wohnnutzung in dem Gebäude sprechen. Dabei ist es auf die konkrete Form der Nutzung des Gebäudes eingegangen, wie sie sich nach den durch die Beklagte u. a. vor Ort getroffenen und im Bescheid genannten Feststellungen dargestellt hat. Der Kläger hat sich in seiner Zulassungsbegründung mit einem großen Teil der vom Verwaltungsgericht zur Begründung herangezogenen Tatsachen, wie die spartanische Einrichtung und den hohen Belegungsgrad der Räume sowie das Fehlen privater Rückzugsräume, nicht (substantiiert) auseinandergesetzt.
17Den vom Verwaltungsgericht angeführten Umstand des häufigen Bewohnerwechsels bestätigt der Kläger mit seinem Vorbringen, die aus dem östlichen Balkan stammenden Beschäftigen beabsichtigten zwar länger zum Arbeiten in den Niederlanden zu bleiben, wechselten aber untereinander die Wohnungen. Er legt auch nicht offen, was sich aus seiner Behauptung, die gegen eine Beherbergung sprechenden Tatsachen seien nicht genannt worden, eine Beherbergung sei begrifflich nicht klar umrissen, ergeben soll. Seinem Einwand, die Vermietung eines Wohnhauses an mehrere Mieter und Untermieter stelle keine Nutzungsänderung dar, weil die Baugenehmigung die zulässige Anzahl an Mietvertragsabschlüssen nicht festlege, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Prüfung des Einzelfalls. Die Erwägung des Verwaltungsgerichts, die konkret dargestellten Nutzungsverhältnisse stünden der Annahme einer Wohnnutzung nach hierzulande mittlerweile üblichen Wohnstandards entgegen, stellt der Kläger mit seiner nicht fallbezogenen bloßen Behauptung, „angesichts der heutigen Wohnungsnot wohl nicht“, nicht schlüssig in Frage.
18Dem Einwand des Klägers, es liege ein „Mietmischvertrag“ vor, der die Annahme einer Beherbergung ausschließe, fehlt es bereits an Substanz. Der Kläger legt nicht näher dar, warum der Umstand, dass die Miete der Untermieter von der S. an die Hauptmieterin gezahlt werde, eine andere rechtliche Bewertung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung rechtfertigen sollte. Im Übrigen fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, dass die Vertragsgestaltung einen der Annahme von Wohnnutzung entgegenstehenden häufigen Wechsel der Nutzung und kurze Nutzungsdauern tatsächlich nicht verhindere.
19Der Kritik des Klägers, eine Beherbergung liege nicht vor, weil der Hauptmieter verpflichtet sei, die Wohnungen nur an Beschäftigte der genannten Firma zu vermieten, fehlt es bereits an einer für eine Darlegung erforderlichen Begründung, warum dies der Annahme des Verwaltungsgerichts, die derzeitige Nutzung sei nicht von der Genehmigung zur Wohnnutzung gedeckt, entgegenstehen sollte.
20Weshalb der von ihm vorgetragene Umstand, dass die Beschäftigten kostenlos zu ihrer Arbeitsstelle gebracht und von dort wieder abgeholt würden, für seine Annahme, es handele sich um eine Wohnnutzung, sprechen soll, legt der Kläger nicht dar.
21Die erneute Bezugnahme des Klägers auf das landesrechtliche Wohnraumstärkungsgesetz führt nicht weiter. Wie bereits im Eilbeschwerdebeschluss des Senats vom 5. Oktober 2021 - 10 B 1230/21 -, juris, ausgeführt, beantwortet dieses die Frage, ob mit der Vermietung bzw. Überlassung von Zimmern an Zeit- oder Leiharbeitern hier noch die genehmigte Wohnnutzung gegeben ist, nicht.
22Was aus seinem Einwand, das Verwaltungsgericht gehe zunächst von einer Beherbergung aus, stelle dies dann aber mit der Erklärung wieder in Frage, es sei möglich, dass die Räume nur zur Beherbergung zur Verfügung gestellt würden, folgen soll, legt der Kläger nicht näher dar.
23Da der Kläger die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Nutzungsänderung von der genehmigten Wohnnutzung zu einer Beherbergung nicht schlüssig in Frage gestellt hat, kommt es auf seine Ausführungen zur Zulässigkeit von Einzelzimmervermietungen nicht an.
24b. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, es bestehe die Möglichkeit, dass die Zulässigkeit der derzeit stattfindenden Nutzung nach den Bauvorschriften anders zu beurteilen sei als die genehmigte Nutzung, greift der Kläger nicht mit Erfolg an. Sein Vorbringen zu den aktuellen Nutzern des Gebäudes ‑ Beschäftigte einer Firma, die „arm und sehr sparsam“ seien und die überdies täglich von und zur Arbeitsstelle gebracht würden ‑ geht an der Annahme des Verwaltungsgerichts vorbei, bei der hier streitgegenständlichen Nutzungsänderung in einen Beherbergungsbetrieb bestehe die Möglichkeit einer anderen Beurteilung in bauordnungsrechtlicher Hinsicht.
25Eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung liegt schon dann vor, wenn die neue Nutzung weitergehenden Anforderungen (hier: an die erforderlichen Stellplätze) unterworfen sein kann. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Nutzung nach der Änderung der Zweckbestimmung tatsächlich anders zu beurteilen ist als die genehmigte Nutzung. Die Erkenntnis, dass sich die Zweckänderung genehmigungsrechtlich nicht auswirkt, kann nur das Ergebnis der Prüfung eines Baugenehmigungsverfahrens sein, macht ein solches aber nicht etwa von vornherein überflüssig.
26Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Dezember 2019 ‑ 10 B 1487/19 -, juris Rn. 7, und vom 27. Februar 2018 - 10 A 2288/16 -, juris Rn. 6 f.
27Dieser auch vom Verwaltungsgericht zitierten Senatsrechtsprechung setzt das Zulassungsvorbringen auch mit dem Hinweis nichts entgegen, dass eine Verordnung nach § 48 Abs. 2 (in der Fassung vom 21. Juli 2018) fehle.
283. Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei als Grundstückseigentümer Zustandsstörer nach § 18 Abs. 1 Satz 1 OBG NRW.
29Der auf entsprechendes Vorbringen des Klägers eingehenden Erwägung des Verwaltungsgerichts, die Ordnungspflicht sei von subjektiven Handlungselementen wie Vorsatz, Fahrlässigkeit und Verschulden unabhängig, setzt die Zulassungsbegrün-dung nichts von Substanz entgegen. Seine allgemeinen Ausführungen zu „ungefährlichen“ Grundstücken lassen bereits den erforderlichen Fallbezug vermissen. Der Einwand des Klägers, aufgrund der Formulierung „geht…aus“ in § 18 Abs. 1 Satz 1 OBG NRW werde überwiegend auf die Verursachung der Gefahr abgestellt, die er nicht gesetzt habe, trifft nicht zu. Anknüpfungspunkt des § 18 Abs. 1 Satz 1 OBG NRW ist das Eigentum an einer Sache. Schließlich hilft seine Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 18. Dezember 2020 - V ZR 193/19 -, juris Rn. 15), nach der der vermietende Eigentümer nicht als Zustandsstörer i. S. v. § 1004 BGB hafte, wenn der Schaden allein auf das fahrlässige oder vorsätzliche Handeln des Mieters zurückzuführen sei, nicht weiter. Diese betrifft eine gänzlich andere (zivilrechtliche) Norm. Der Kläger legt auch nicht ansatzweise dar, dass die Erwägungen des Bundesgerichtshofs zum verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch auf die Frage der gefahrenabwehrrechtlichen Zustandsverantwortlichkeit nach § 18 Abs. 1 Satz 1 OBG NRW übertragbar wären. Dafür reicht seine pauschale Behauptung, die Begriffe unterschieden sich nicht, ersichtlich nicht aus.
304. Mit seinem Zulassungsvorbringen zeigt der Kläger auch nicht auf, dass die Störerauswahl, anders als vom Verwaltungsgericht angenommen, ermessensfehlerhaft erfolgt ist.
31Hinsichtlich der Inanspruchnahme der W. GmbH bzw. der I. als Hauptmieterin hat das Verwaltungsgericht selbständig tragend angenommen, es sei ungeachtet der vertraglichen Ausgestaltung und der vereinbarten Mindestvertragslaufzeiten der angeblichen Hauptmietverträge letztendlich stets der Kläger, der darüber entscheide, von wem und unter welchen Rahmenbedingungen das Gebäude genutzt werde. Dem setzt das Zulassungsvorbringen nichts Substanzielles entgegen. Auf die - vom Kläger verneinte - Frage, ob er seine Heranziehung als Ordnungspflichtiger vermeiden wollte, kommt es für die vom Verwaltungsgericht angenommene tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme des Klägers nicht an. Damit ist auch nicht entscheidend, ob der Kläger die Untermieter gekannt hat oder sich darüber bei der Hauptmieterin hätte erkundigen müssen.
32Schließlich führt die nicht weiter substantiierte Kritik des Klägers, die Beklagte habe „kein Ermessen hinsichtlich der Störerauswahl ausgeübt und insbesondere nicht in der Ordnungsverfügung beschieden“, nicht auf ernstliche Zweifel. Auch insoweit setzt er sich mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, hier in Bezug auf die Begründung der Störerauswahl im Bescheid, nicht auseinander.
335. Das Vorbringen des Klägers gegen die Zwangsgeldandrohung bleibt ohne Erfolg. Seine Behauptung, es fehle die Angabe der Ermächtigungsgrundlage sowie jede Begründung, trifft nicht zu. Der Einwand des Klägers, es sei kein Ermessen hinsichtlich der Höhe des Zwangsgeldes ausgeübt worden, die Erklärung, dass bei anderen Objekten niedrigere Zwangsgeldandrohungen erfolglos gewesen seien, stelle keine Ermessensausübung dar, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat seine Annahme, die angefochtene Ordnungsverfügung enthalte auch Erwägungen zur angedrohten Zwangsgeldhöhe, unter anderem damit begründet, dass die Beklagte diese für erforderlich halte, um ihrer Forderung nach einer Nutzungseinstellung Nachdruck zu verleihen. Damit setzt sich das Zulassungsvorbringen schon nicht auseinander.
34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
35Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
36Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).