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1. Die dreijährige Frist in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, binnen derer eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung wegen Nichtbetriebs der Anlage erlischt, kann gemäß § 18 Abs. 3 BImSchG auch dann verlängert werden, wenn die Anlage durch einen Brand vollständig zerstört worden ist
2. § 18 Abs. 3 BImSchG setzt voraus, dass der Verlängerungsantrag des Anlagenbetreibers bei der Genehmigungsbehörde eingeht, bevor die erteilte Genehmigung nach § 18 Abs. 1 BImSchG erloschen ist.
3. Eine Anlage wird i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erst dann nicht mehr betrieben, wenn im Rahmen der Genehmigung keinerlei Betriebshandlungen mehr vorgenommen werden, der Betrieb also vollständig eingestellt wird (wie BVerwG, Urteil vom 25.8.2005 - 7 C 25.04 -).
4. Ein nicht genehmigungskonformer Betrieb oder ein Betrieb von für sich genommen nicht genehmigungsbedürftigen Teilen einer Anlage können das Erlöschen der Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht verhindern.
5. Das Risiko der Nichterweislichkeit des behaupteten Betriebs trägt der Anlagenbetreiber, in dessen Sphäre die insoweit maßgeblichen tatsächlichen Umstände liegen.
6. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG enthält die Befugnis der Behörde zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts.
Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Verlängerung der Geltungsdauer einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
3Unter dem 7. September 2010 erteilte die Bezirksregierung B. (im Folgenden: „die Bezirksregierung“) dem Kläger zu 2) auf Grundlage von § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) eine Genehmigung „zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Lagerung von giftigen Stoffen und Zubereitungen (Kaliummethylatlösung/Methoxid) als Einsatzstoff zur Herstellung von Fettsäuremethylester (Biodieselanlage X)“ auf dessen Grundstück in der C.-straße X, XXXXX X. . Von der Genehmigung umfasst waren sowohl die Herstellung von Fettsäuremethylester (umgangssprachlich: „Biodiesel“) als auch die - auf 46.000 l bzw. 45,678 t begrenzte - Lagerung des für die Herstellung benötigten Stoffes Methoxid. Die Durchsatzleistung hinsichtlich aller Einsatzstoffe - insbesondere neue, gebrauchte oder überlagerte Fette und Öle als Abfälle - wurde auf 9,95 t pro Werktag begrenzt. Die Anlage wurde errichtet und in Betrieb genommen. Ihre wirtschaftliche Nutzung erfolgte auf Grundlage eines Nutzungsvertrags mit dem Kläger zu 2) im Namen der Klägerin zu 1).
4Mit Bescheid vom 28. Februar 2011 wurde die Liste der zugelassenen Einsatzstoffe um Material tierischen Ursprungs erweitert. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 genehmigte die Bezirksregierung die Änderung der Anlage durch die Errichtung und den Betrieb eines Holzgas-Blockheizkraftwerks (BHKW), bestehend aus einem BHKW-Modul mit drei gasbetriebenen Ottomotoren mit einer Feuerungswärmeleistung von 3 x 104 kW, einem Holzgaserzeuger mit einer Holzgasproduktion von 220 m³/h, einer Gas-Nassreinigungsanlage sowie einer Schubbodenanlage mit Schneckenförderer. Mit Bescheid vom 17. August 2012, der wie die vorstehend genannten Bescheide an den Kläger zu 2) gerichtet war, genehmigte die Bezirksregierung unter anderem die Errichtung und den Betrieb eines weiteren Holzgas-Blockheizkraftwerks mit den identischen Leistungskennzahlen wie das bereits genehmigte. Des Weiteren wurde die zulässige „Durchsatzleistung an Abfällen“ auf 11,4 t pro Tag erhöht. Die Vermarktung der mit den neu errichteten Anlagenteilen produzierten Erzeugnisse (vor allem Strom und Wärme) unternahm der Kläger zu 2) als Einzelkaufmann unter der Firma „Holzverstromungsanlage X.“. Außerdem vertrieb er die im Produktionsprozess entstehenden Holzvergasungsrückstände als „Pflanzenkohle“. Hinsichtlich der Einhaltung der bei diesem Produktionsprozess zu beachtenden Vorgaben, insbesondere des Arbeitsschutzes, und der Zulässigkeit des Vertriebs bestand zwischen den Beteiligten gerichtlich und außergerichtlich Streit.
5Der Aufbau der Anlage wurde - ohne hierfür eine behördliche Genehmigung einzuholen - in der Folgezeit geändert: Zum einen wurden die bisherigen BHKW-Module durch ein Holzgas-Blockheizkraftwerk mit Generator (Diesel/Gas-Hybridmotor mit einer Feuerungswärmeleistung von 460 kW) ersetzt. Zum anderen wurden anstelle der genehmigten Gas-Nassreinigungsanlage zur Holzgasreinigung Zyklone (Fliehkraftabscheider) sowie Tanks für die Gaswäsche installiert. Diese reinigten das Holzgas nicht mehr - wie die Anlage bisher - mit Biodiesel, sondern mit Wasser. Der Kläger zu 2) beantragte am 2. April 2015 die nachträgliche Genehmigung der vorgenommenen Änderungen. Mit an den Kläger zu 2) gerichtetem Bescheid vom 7. Mai 2015 ließ die Bezirksregierung gemäß § 8a BImSchG den vorzeitigen Beginn der Änderung zu. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns umfasste die Errichtung eines neuen Holzgas-BHKW als Ersatz für die bisher betriebenen zwei BHKW-Module, die Änderung der Holzgasreinigung durch die Errichtung von Fliehkraftabscheidern und Gaswäschern, die Veränderung der Biodieselproduktion durch Rückbau und Umstellung von Produktions- und Lagerbehältern und durch verfahrenstechnische Veränderung des Produktionsprozesses sowie die Erprobung der Betriebstüchtigkeit.
6Die vorgenannte Änderung der BHKW-Anlage, der Holzgasreinigung sowie des Produktionsverfahrens genehmigte die Bezirksregierung mit an den Kläger zu 2) gerichtetem Bescheid vom 1. September 2015 abschließend. Dieser umfasste auch eine Reduzierung der zugelassenen Lagermenge von Methoxid auf 22,839 t. Der Kläger zu 2) holte den ausgefertigten Bescheid am 2. September 2015 bei der Bezirksregierung ab. Hintergrund der Änderung des Produktionsverfahrens war laut Angabe des Klägers zu 2) im Genehmigungsantrag eine Verschärfung der Qualitätsanforderungen für Biodiesel. Aus diesem Grund sollte in Zukunft mit der Anlage kein Biodiesel für den Endverbraucher, sondern nur noch ein Biodieselvorprodukt hergestellt und zur Weiterveredelung an andere Unternehmer verkauft werden.
7Mit E-Mail vom 3. September 2015 teilte der Kläger zu 2) der Bezirksregierung Folgendes mit: „Unter Bezugnahme auf den Änderungsgenehmigungsbescheid der Bezirksregierung B. vom 2. September 2015 teile ich Ihnen mit, dass von den bisher genehmigten Änderungen an der Biodieselanlage, das Holzgas-BHKW mit seinen dazugehörigen Nebeneinrichtungen, wie der Holzgaserzeugung usw., ab dem 3. September 2015 seinen Betrieb aufnehmen wird. Bedingt durch noch anstehende Optimierungsarbeiten und Einstellarbeiten an dieser Anlage kann es jedoch noch zu Unterbrechungen dieses Betriebes kommen. Sobald die weiteren genehmigten Änderungen an der Biodieselanlage umgesetzt und ihren Betrieb aufnehmen, werde ich Ihnen dies mitteilen.“
8Am 8. September 2015 führte die Bezirksregierung ‑ Dezernat 56 (Arbeitsschutz) ‑ eine Besichtigung der Anlage durch, um die von ihr zuvor am 3. August 2015 verfügte Untersagung der Beschäftigung von Arbeitnehmern im Bereich der Holzverstromungsanlage zu überwachen.
9Am 9. September 2015 wurde die gesamte Anlage durch einen Brand zerstört.
10Unter dem 26. April 2017 erteilte der Kreis I. dem Kläger zu 2) eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Pultdachhalle als Ersatzbau für die durch den Brand zerstörten drei Hallen. Nach deren Nebenbestimmung Nr. 8 sind „die Aufstellung und der Betrieb der Biodieselanlage mit Nebeneinrichtung einer Holzverstromungsanlage“ nicht Gegenstand der Genehmigung.
11Mit Schreiben vom 14. Mai 2018 beantragte der Kläger zu 2) beim Kreis I. die Erteilung einer Baugenehmigung für den „Wiederaufbau der Biodiesel- und Holzgasanlage gemäß Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung B. vom 01.09.2015“. Die im Baugenehmigungsverfahren beteiligte Bezirksregierung teilte dem Kreis I. mit Schreiben vom 1. Juni 2018 mit, dass u. a. die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 1. September 2015 zwischenzeitlich erloschen und für die Wiedererrichtung der Anlage daher zwingend eine Neugenehmigung nach § 4 BImSchG erforderlich sei, in welcher gegebenenfalls die Baugenehmigung gebündelt mit erteilt werde. Das Baugenehmigungsverfahren wurde daraufhin bis heute nicht fortgeführt.
12Mit am 29. Juni 2018 bei der Bezirksregierung eingegangenem Schreiben vom 28. Juni 2018 - ergänzt durch Schreiben vom 4. Juli 2018 - beantragte die Prozessbevollmächtigte der Kläger bei der Bezirksregierung „im Hinblick auf die Genehmigungsbescheide zum Betrieb der Biodiesel- und Holzverstromungsanlage […] gem. § 18 Abs. 3 BImSchG, die Geltungsdauer der Genehmigungen um ein Jahr zu verlängern.“ In wessen Namen dieser Antrag gestellt werden sollte, ergibt sich aus dem Schreiben nicht ausdrücklich.
13Mit Bescheid vom 27. Juli 2018 stellte die Bezirksregierung zunächst fest, dass sämtliche für den Betrieb der Anlage zur Herstellung und Lagerung von Biodiesel und der Holvergasungs- und Blockheizkraftwerk-Anlage auf dem Grundstück des Klägers zu 2) erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erloschen seien; ein nur baurechtlich genehmigungsbedürftiger Weiterbetrieb bestehender Anlagenteile in einer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Betriebsweise bleibe davon unberührt (Tenor Nr. 1). Sodann lehnte sie den „Antrag auf Fristverlängerung nach § 18 Abs. 3 BImSchG für den Genehmigungsbescheid vom 01.09.2015“ ab (Tenor Nr. 2). Die Bezirksregierung ging nach der Eingangsformulierung in dem Bescheid davon aus, dass der Verlängerungsantrag im Namen beider Kläger gestellt worden sei. Zu Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Kläger zu 2) sowie drei seiner Mitarbeiter im Rahmen einer Inspektion am 13. Juli 2015 angegeben hätten, dass in der Anlage zum damaligen Zeitpunkt schon seit ca. zwei Jahren kein Biodiesel mehr hergestellt worden sei. Sie befinde sich zum Zeitpunkt der Entscheidung also seit mehr als drei Jahren i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG außer Betrieb. Die im Antragsverfahren vorgelegten Unterlagen könnten das Gegenteil nicht belegen. Ein Betrieb der Biodieselherstellung sei allenfalls bis März 2015 nachgewiesen. Dass die Holzvergasungsanlage länger betrieben worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis, da es auf den Betrieb von Nebeneinrichtungen - als welche die Holzvergasungsanlage hier zu werten sei - nicht ankomme, zumal der Betrieb vor Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 1. September 2015 illegal erfolgt sei. Der Zulassung des vorzeitigen Beginns mit Bescheid vom 7. Mai 2015 komme keine Legalisierungswirkung zu. Wegen des Erlöschens der Genehmigung komme eine Fristverlängerung nach § 18 Abs. 3 BImSchG nicht mehr in Betracht. Der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm und der Ausübung des von ihr eröffneten behördlichen Ermessens bedürfe es folglich nicht mehr.
14Am 10. August 2018 haben die Kläger gegen den vorgenannten Bescheid Klage beim Verwaltungsgericht Minden erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
15Zur Begründung ihrer Klage haben die Kläger erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen: Der Verlängerungsantrag sei rechtzeitig vor Ablauf der Dreijahresfrist nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG gestellt worden. Die Anlage - einschließlich der Biodieselanlage - sei bis zum Tag des Brandes in Betrieb gewesen. Die in dem Vermerk der Bezirksregierung über den Umweltinspektionstermin am 13. Juli 2015 wiedergegebenen Erklärungen der Mitarbeiter des Betriebes, wonach der Betrieb der Biodieselanlage seit mehr als zwei Jahren ruhe, hätten diese ausweislich der eidesstattlichen Versicherungen vom 15. August 2015 nicht abgegeben. Der Betrieb der Biodieselanlage sei auch keineswegs illegal gewesen; die ohne vorherige Genehmigung erfolgte Änderung habe nur eine Nebenanlage betroffen und sei durch den Bescheid vom 7. Mai 2015 legalisiert worden. Die Behauptung der Bezirksregierung, das angelieferte Altspeiseöl sei nicht zum Betrieb der Biodieselanlage genutzt worden, stütze sich nur auf Vermutungen. Die Klägerin zu 1) als Betreiberin der Biodieselanlage habe noch am 8. September 2015 4.500 kg Rapsmethylester an die Holzverstromungsanlage X. verkauft. Bei Erteilung der Änderungsgenehmigung habe die Bezirksregierung auch nicht darauf hingewiesen, dass ihrer Auffassung nach die zuvor erteilten Genehmigungen spätestens im Sommer 2016 und damit auch die Änderungsgenehmigung hinfällig geworden seien. Vielmehr habe die Bezirksregierung in der Änderungsgenehmigung vom 1. September 2015 bestimmt, dass diese erst erlösche, wenn innerhalb von drei Jahren nach der Bestandskraft des Bescheides nicht mit dem Betrieb der geänderten Anlage begonnen werde. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 BImSchG seien erfüllt. Es bestehe ein wichtiger Grund für die Fristverlängerung, weil die für den Wiederaufbau erforderlichen Genehmigungen noch ausstünden. Auch sei der Schutzzweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nicht gefährdet. Bau(planungs)rechtliche Bedenken bestünden nach Einschätzung der Baugenehmigungsbehörde, die die Baugenehmigung für die neue Pultdachhalle in Kenntnis der geplanten Nutzung erteilt habe, nicht. Mit Blick darauf, dass die Kläger derzeit an dem Betrieb der Anlage gehindert seien, und unter Berücksichtigung der bislang getätigten Investitionen sei das Ermessen zu ihren Gunsten reduziert.
16Die Kläger haben schriftsätzlich beantragt,
17den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juli 2018 zu verpflichten, den Klägern auf ihren Antrag vom 28. Juni/4. Juli 2018 die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen vom 7. September 2010, 28. Februar 2011, 14. Dezember 2011, 17. August 2012 und 1. September 2015 um ein Jahr zu verlängern.
18Der Beklagte hat unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung des angefochtenen Bescheids beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Nach Durchführung eines Erörterungstermins im Klageverfahren am 23. Januar 2019 hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag mit Beschluss vom 24. Januar 2019 ‑ 11 L 1020/18 - abgelehnt.
21Die Klage hat das Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 30. September 2019 abgewiesen. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage hat es dahinstehen lassen, ob die Klägerin zu 1), da keine der erteilten Genehmigungen ihr gegenüber ergangen sei, klagebefugt sei. Ebenso könne dahingestellt bleiben, ob für den geltend gemachten Verlängerungsantrag noch ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Verlängert werden könne durch einen Antrag nach § 18 Abs. 3 BImSchG nicht - wie im Klageantrag formuliert - die Geltungsdauer der Genehmigungen, sondern nur die Dreijahresfrist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Würde diese Frist - entsprechend dem gestellten Antrag - (nur) um ein Jahr verlängert, wäre dies ohne Nutzen, da seit dem Brand am 9. September 2015 zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mehr als vier Jahre vergangen seien. Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Den Klägern stehe aus § 18 Abs. 3 BImSchG kein Anspruch auf Verlängerung der Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu. Die Kläger hätten den Verlängerungsantrag nach Ablauf der Dreijahresfrist gestellt. Hinsichtlich des Betriebs i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sei allein auf die Biodieselanlage abzustellen. Bei dem BHKW und der Holzgasanlage habe es sich zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Biodieselanlage nicht um selbständig genehmigungsbedürftige Anlagen, sondern um Nebenanlagen i. S. d. § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV gehandelt. Bei der Frage, ob von einer Genehmigung (noch) Gebrauch gemacht werde, sei auf den genehmigten Betrieb der Anlage abzustellen. Unerlaubte Änderungen bzw. Fortführungen des Betriebes seien nicht geeignet, den Eintritt der Wirkungen des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu verhindern. Vorliegend spreche wegen der Aussagen des Klägers zu 2) bzw. seiner Mitarbeiter während der Betriebsbesichtigung am 13. Juli 2015, welche durch einen Vermerk der Bezirksregierung über einen Ortstermin am 4. April 2013 bestätigt würden, schon einiges dafür, dass die Biodieselproduktion bereits Mitte 2013 eingestellt worden und damit die Genehmigung vom 7. September 2010 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 1. September 2015 bereits Mitte 2016 erloschen sei. Dies könne jedoch dahingestellt bleiben, weil zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls eine Einstellung des Betriebes der Biodieselanlage spätestens zum Zeitpunkt der Aufnahme des beantragten Änderungsbetriebes im Mai 2015 erfolgt und damit ein Erlöschen der Genehmigungen vor Stellung des Verlängerungsantrages vom 28. Juni 2018 eingetreten sei. Wie sich aus den Antragsunterlagen für die Zulassung des vorzeitigen Beginns ergebe und vom Kläger im Antrag vom 4. Juli 2018 auch ausdrücklich bestätigt werde, sei die Herstellung des Biodiesels zum Zwecke der Verwendung als Reinigungsflüssigkeit in der Gas-Nassreinigungsanlage spätestens mit der Zulassung des vorzeitigen Beginns am 7. Mai 2015 eingestellt worden. Unabhängig davon lägen aber auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verlängerung der in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG genannten Frist nicht vor. Ein wichtiger Grund i. S. d. § 18 Abs. 3 BImSchG bestehe nicht. Vielmehr sei der Ablauf der Dreijahresfrist wesentlich darauf zurückzuführen, dass der Kläger zu 2) zunächst eine Wiederaufnahme des Betriebes unter veränderten Umständen geplant und sich erst kurz vor Ablauf der Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entschlossen habe, den Betrieb auf der Grundlage der Genehmigung vom 1. September 2015 wegen absehbarer Probleme im Rahmen einer Neuerteilung weiterzuführen zu wollen. Darüber hinaus gefährde eine Fristverlängerung den Zweck des Gesetzes. Dem Vorhaben stünden nach derzeitigem Stand abfall- und bauplanungsrechtliche Hindernisse entgegen. Ungeachtet dessen wäre das der Bezirksregierung zustehende Ermessen nicht im Sinne einer stattgebenden Entscheidung auf Null reduziert. Die Klageerwiderung vom 5. September 2018 enthalte insoweit hilfsweise eine Ermessensentscheidung der Bezirksregierung, die Ermessensfehler nicht erkennen lasse.
22Zur Begründung ihrer vom Senat wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Die Klage sei zulässig, insbesondere bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Es sei offensichtlich keine Verlängerung lediglich bis zum 9. September 2019 beantragt worden. Dieses Datum sei in dem Antrag schon nicht ausdrücklich benannt worden. Vielmehr sei dem gesamten Prozessstoff eindeutig zu entnehmen, dass sich das Klagebegehren der Verlängerung auf den Zeitraum ab dem Entscheidungszeitpunkt durch das Gericht beziehe. Die Klage sei auch begründet. Im Zeitpunkt der Antragstellung sei die Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG noch nicht abgelaufen gewesen. Die Biodieselanlage sei noch Anfang September 2015 und am Tag des Brandes betrieben worden. Der beim Brand ebenfalls zerstörte Methoxidtank sei bis dahin befüllt gewesen. Soweit das Verwaltungsgericht von einer Betriebseinstellung im Jahr 2013 ausgehe, beziehe es sich lediglich auf interne Vermerke der Bezirksregierung, die sie substantiiert bestritten hätten (durch eidesstattliche Versicherungen, Zertifizierungen durch die E. zuletzt im Dezember 2014, Biodiesellieferung an einen Kunden im April 2015), ohne dass dies Eingang in das Urteil gefunden hätte. Doch selbst wenn die Biodieselproduktion bereits Mitte 2013 eingestellt worden wäre, wäre die Genehmigung nicht Mitte 2016 erloschen. Denn mit Erlass des - von ihnen auch ins Werk gesetzten - Änderungsbescheides vom 1. September 2015 habe der Dreijahreszeitraum erneut zu laufen begonnen. Soweit das Verwaltungsgericht auf eine Betriebseinstellung im Mai 2015 abstelle, würdige es den Prozessstoff weder schlüssig noch nachvollziehbar. Sie - die Kläger - hätten im erstinstanzlichen Verfahren mehrere Nachweise für den Betrieb der Anlage bis zum Brandereignis vorgelegt (Gutachten nach EEG 2014 des Dipl. Agr. Ing. L., eidesstattliche Versicherungen, Wärmelieferungsvertrag nebst Rechnungen für die Jahre 2014 und 2015, Lieferscheine über Anlieferung von Altfetten zwischen Februar und August 2015, Arbeitsverträge mit dem Herrn H., Rechnung und Lieferschein zu Verkauf von Biodiesel vom 8. September 2015). Diese habe das Verwaltungsgericht teilweise weder aufgeführt noch gewürdigt. Teilweise habe das Gericht Mutmaßungen der Bezirksregierung übernommen, ohne diese zu hinterfragen. Gegen eine frühzeitige Einstellung des Betriebs spreche ferner die Rechnung vom 17. April 2014 über die Lieferung von 500 kg Kaliumhydroxid, das für die Biodieselherstellung benötigt worden sei. Auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen seien erfüllt. Es bestehe ein wichtiger Grund im Sinne des § 18 Abs. 3 BImSchG. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die Wiederinbetriebnahme der Anlage innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren seit dem Brandereignis nicht realisierbar gewesen sei, zumal die Bezirksregierung das Verfahren erheblich verzögere. Es stünden etwa noch bau- und wasserrechtliche Zulassungen aus. Richtig sei zwar, dass der Kläger zu 2) im Rahmen der Wiedererrichtung der Anlage verschiedene Änderungen vorzunehmen geplant habe. Dies sei jedoch in enger Abstimmung mit der Bezirksregierung erfolgt. Diese habe nie auf die Möglichkeit des Erlöschens der Genehmigungen hingewiesen und verhalte sich treuwidrig, wenn sie dies nun tue. Ferner sei auch der Schutzzweck des Gesetzes durch eine Fristverlängerung nicht gefährdet. Die von der Bezirksregierung erstinstanzlich vorgebrachten Bedenken gegen die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Wiedererrichtung griffen zum einen nicht durch, zum anderen sei das Bauplanungsrecht vorliegend ohnehin nicht zu prüfen. Im Rahmen eines Verlängerungsantrags nach § 18 Abs. 3 BImSchG komme es nur auf immissionsschutzrechtliche Schutzgüter an. Außerdem sei diese Thematik bereits Gegenstand des beim Kreis I. noch anhängigen Baugenehmigungsverfahrens für die Wiedererrichtung der Anlage. Auch über die offenen abfallrechtlichen Fragen sei in einem nachfolgenden Verfahren zu entscheiden. Für die Holzvergasungsanlage sei keine Vorprüfung nach dem UVPG durchzuführen. Letztlich sei das Urteil des Verwaltungsgerichts auch hinsichtlich der Ausführungen zur Ausübung des Ermessens durch die Bezirksregierung fehlerhaft. Es sei bereits äußerst zweifelhaft, ob die Bezirksregierung das Nichtvorliegen der übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen ergänzend in der Klageerwiderung habe begründen dürfen. Jedenfalls aber dürften die im Rahmen der Klageerwiderung nachgeschobenen Ausführungen zum Ermessen nicht berücksichtigt werden, da es sich hierbei nicht um die nachträgliche Ergänzung von Ermessenserwägungen, sondern um die erstmalige Ausübung des Ermessens handele. Unabhängig hiervon liege der Sache nach ‑ vor allem wegen der durch sie getätigten Investitionen ‑ eine Ermessensreduzierung auf Null vor.
23Die Kläger beantragen,
24das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 30. September 2019 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung B. vom 27. Juli 2018 zu verpflichten, die Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG hinsichtlich der Genehmigung vom 7. September 2010 in der Fassung der Änderungsgenehmigungen vom 28. Februar 2011, vom 14. Dezember 2011, vom 17. August 2012 und vom 1. September 2015 bis zu dem Zeitpunkt ein Jahr nach Rechtskraft des Urteils zu verlängern,
25hilfsweise,
26das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 30. September 2019 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung B. vom 27. Juli 2018 zu verpflichten, über ihren Antrag vom 28. Juni 2018 auf Verlängerung der Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG hinsichtlich der Genehmigung vom 7. September 2010 in der Fassung der Änderungsgenehmigungen vom 28. Februar 2011, vom 14. Dezember 2011, vom 17. August 2012 und vom 1. September 2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
27Der Beklagte beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Zur Begründung trägt er im Wesentlichen wie folgt vor: Die Klage sei nicht (mehr) zulässig. Da die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen spätestens drei Jahre nach dem Brandereignis, also im September 2018, erloschen seien, sei der Zeitraum der begehrten Verlängerung um ein Jahr bereits im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens abgelaufen. Unabhängig hiervon sei die Klage unbegründet. Der Verlängerungsantrag sei nicht rechtzeitig gestellt worden, da die Anlage bei Antragstellung mehr als drei Jahre außer Betrieb gewesen sei. Hierbei komme es auf den Betrieb der Holzvergasungs- und BHKW-Anlage von vornherein nicht an, da diese bis zum Erlass der Änderungsgenehmigung vom 1. September 2015 illegal errichtet und betrieben worden seien. Hinsichtlich der Herstellung von Biodiesel hätten der Kläger zu 2) und dessen Mitarbeiter im Rahmen der Inspektion vom 13. Juli 2015 eindeutig angegeben, dass diese bereits im Jahr 2013 eingestellt worden sei; gleiches gelte für den Besprechungstermin am 4. April 2013. Weitere, jeweils näher bezeichnete Indizien sprächen ebenfalls gegen einen Betrieb. Die Behauptung der Kläger, die Anlage zur Herstellung von Biodiesel sei in der Zeit vor dem Brand wiederholt zeitweilig betrieben worden, werde weiterhin bestritten. Hieran änderten auch die von den Klägern vorgelegten Belege nichts. In einer Situation, in der nach Aktenlage bestimmte Umstände möglicherweise für einen Betrieb der Anlage bis zu dem Brand und damit für eine Rechtzeitigkeit des Antrags nach § 18 Abs. 3 BImSchG sprechen könnten, gleichzeitig jedoch hinreichend konkrete und plausible Indizien gegen einen solchen Anlagenbetrieb vorhanden seien, sei der den Klägern obliegende Beweis eines entsprechend andauernden Anlagenbetriebs im Ergebnis nicht gelungen. Der Erlass des Bescheides vom 1. September 2015 habe die in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG genannte Frist nicht unterbrochen. Die behördlicherseits in dieser Änderungsgenehmigung bestimmte Befristung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und die gesetzliche Frist nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG gälten unabhängig voneinander und nebeneinander. Erstere gelte für Fälle, in denen eine Genehmigung nicht ausgenutzt werde, letztere hingegen für den Fall einer dauerhaften Außerbetriebnahme der betreffenden Anlagen. Trete der Fall des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu einem Zeitpunkt ein, zu dem die Frist nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG in einer der betroffenen Genehmigungen noch nicht abgelaufen sei, würden die betreffenden Genehmigungen gleichwohl aufgrund des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erlöschen. Ein für die beantragte Fristverlängerung erforderlicher wichtiger Grund im Sinne des § 18 Abs. 3 BImSchG liege nicht vor. Besondere Umstände, aufgrund derer eine Wiederaufnahme des Anlagenbetriebs innerhalb der gesetzlichen Frist nicht oder nur mit erheblichen Nachteilen möglich gewesen sei beziehungsweise die eine Wiedererrichtung und ‑inbetriebnahme aus von den Klägern nicht zu vertretenden Gründen verhindert hätten, seien nicht ersichtlich. Die Kläger hätten ihre zerstörten Anlagen auf der Grundlage der vorhandenen Genehmigungen noch im Jahr 2015 oder in den Jahren 2016 oder 2017 genehmigungskonform wiedererrichten und in Betrieb nehmen können. Das Verstreichen der Dreijahresfrist resultiere im Ergebnis vor allem aus ihren unterschiedlichen und variierenden Planungen eines veränderten Wiederaufbaus. Verzögerungen der sonstigen Genehmigungsverfahren seien ihm - dem Beklagten - nicht anzulasten, da der Kläger zu 2) insbesondere hinsichtlich der erforderlichen wasserrechtlichen Erlaubnis vorgeschlagene Maßnahmen der Niederschlagswasserbehandlung nicht akzeptiert habe. Darüber hinaus wäre durch eine Fristverlängerung der Gesetzeszweck gefährdet. Es sei bereits fraglich, ob im Rahmen einer Entscheidung nach § 18 Abs. 3 BImSchG nach den Regelungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zumindest eine erneute Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht erforderlich wäre. Jedenfalls aber sei die Anlage in bauplanungsrechtlicher Sicht nicht zulässig. Der Berücksichtigung dieses Umstandes stehe die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 21. Januar 2021 - 7 C 9.19 - nicht entgegen. Vor diesem Hintergrund scheitere eine Verlängerung ebenso an der offenen Frage, ob die seitens des Klägers zu 2) wiederholt erklärte und offenbar eine wesentliche wirtschaftliche Grundlage des gesamten Anlagenbetriebs bildende Zielsetzung, die im Falle eines Wiederaufbaus der Holzvergasungsanlage darin entstehenden Holzvergasungsrückstände als „Produkt“ zu verkaufen oder als Abfall durch Verkauf einer stofflichen Verwertung zuzuführen, mit den diesbezüglichen abfall-, chemikalien- und ggf. düngemittelrechtlichen Anforderungen zu vereinbaren wäre. Auch der fehlende Nachweis über die Einhaltung der brandschutzrechtlichen Vorgaben stehe einer Verlängerung entgegen. Letztlich scheitere ein Verlängerungsanspruch der Kläger am bestehenden Ermessensspielraum. In diesem Rahmen sprächen der illegale Betrieb der Holvergasungs- und BHKW-Anlage, die rechtswidrige Vermarktung der Holzvergasungsrückstände, arbeitsschutzrechtliche Missstände, Zweifel hinsichtlich einer zukünftigen ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung der Holzvergasungsrückstände sowie die in der Vergangenheit durch den Kläger zu 2) erfolgte Verweigerung gegenüber behördlichen Betretungsrechten gegen eine Verlängerungsentscheidung.
30Der Senat hat zu der Frage, ob und in welchem Umfang die Biodieselanlage vor ihrer Zerstörung am 9. September 2015 betrieben worden ist, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I. E., N. D., U. H., T. F. und B. Y. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen auf die hiesigen Gerichtsakten, die Akte des beim Verwaltungsgericht Minden in dieser Sache geführten Eilverfahrens - 11 L 1020/18 -, auf die beigezogenen Ermittlungsakten - 23 UJs 707/15A - und - 20 Js 270/15 V A - der Staatsanwaltschaft G. sowie auf die von der Bezirksregierung - ohne den nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung teilweise in Verlust geratenen Inhalt der Überwachungsakte - vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
31Entscheidungsgründe:
32Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 6. September 2023, aber vor Verkündung des Urteils am 7. September 2023 eingegangene Schriftsatz der Kläger vom 7. September 2023 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung von Amts wegen oder auf einen in dem Schriftsatz sinngemäß zu sehenden Antrag wieder zu eröffnen.
33Nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO kann das Gericht die Wiedereröffnung beschließen, nachdem der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen erklärt hat.
34Einer Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter bedurfte es, anders als in dem hier nicht vorliegenden Fall eines nach § 283 ZPO i. V. m. § 173 VwGO gewährten Schriftsatznachlasses, nicht.
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2008 - 8 B 24.08 -, juris Rn. 3.
36Ebenso wenig bedurfte es dazu eines formell gesonderten und vor der Verkündung des Urteils bekanntzugebenden Beschlusses.
37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14, 2 PKH 1.14 -, juris Rn. 29; BFH, Beschluss vom 28. Februar 1996 - II R 61/95 -, juris Rn. 16 ff.
38Die Wiedereröffnung steht grundsätzlich im Ermessen des Tatsachengerichts. Eine Pflicht zur Wiedereröffnung besteht ausnahmsweise dann, wenn nur auf diese Weise das Recht auf rechtliches Gehör gewahrt werden kann oder nur so die Pflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO erfüllt werden kann, den Sachverhalt umfassend aufzuklären.
39Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14, 2 PKH 1.14 -, juris Rn. 28, m. w. N.
40Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die mit dem Schriftsatz vom 7. September 2023 übersandten Unterlagen und die hierzu vom Kläger zu 2) abgegebenen Erläuterungen betreffen Umstände, zu denen die Kläger nicht zuletzt in der mündlichen Verhandlung ausführlich Gelegenheit hatten vorzutragen. In der mündlichen Verhandlung haben sich weder aufgrund des Vortrags des Beklagten noch durch die Beweisaufnahme oder aufgrund von Hinweisen des Gerichts insoweit neue, für die Kläger bislang so nicht absehbare rechtliche oder tatsächliche Aspekte ergeben. Die ergänzend eingereichten Unterlagen betreffen letztlich nicht entscheidungserhebliche Teilaspekte und können weder zu einer anderen Bewertung des Sachverhalts durch das erkennende Gericht führen noch geben sie Anlass zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung. Es war folglich auch nicht erforderlich, dem Beklagten die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den nachgereichten Unterlagen einzuräumen.
41Die zulässige Berufung der Kläger führt nicht zu einer Änderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Minden. Die Klage ist zwar zulässig (A.), aber unbegründet (B.).
42A. Die vom Verwaltungsgericht hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage geäußerten, aber nicht zur Grundlage seines Urteils gemachten Zweifel bestehen nicht.
43I. Die Berufungsanträge sind - wie auch schon der im erstinstanzlichen, ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteil vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Klageantrag, den die Kläger präzisieren - hinsichtlich der Nr. 1 des Tenors des Bescheides der Bezirksregierung vom 27. Juli 2018 als isolierte Anfechtungsklage und hinsichtlich der Nr. 2 als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage aufzufassen. Die in Nr. 1 enthaltene Feststellung, dass sämtliche für den Betrieb der Anlage erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erloschen seien, bedarf für einen Erfolg der Verpflichtungsklage der ausdrücklichen Aufhebung. Andernfalls stünde die Feststellung zu einer etwaig zu erteilenden Fristverlängerung in unauflöslichem logischen Widerspruch. Da die Kläger eine Verpflichtung des Beklagten zur Fristverlängerung bzw. zur Neubescheidung jeweils ausdrücklich unter Aufhebung des gesamten Bescheides vom 27. Juli 2018 beantragen, lässt sich dieses Begehren den Anträgen zwanglos entnehmen.
44II. Auch hinsichtlich der Klägerin zu 1) besteht die nach § 42 Abs. 2 VwGO für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen erforderliche Klagebefugnis. Nach dieser Vorschrift ist die Klage - soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dabei ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Kläger Tatsachen vorträgt, die es denkbar und notwendig erscheinen lassen, dass er in einer eigenen rechtlichen Position beeinträchtigt ist.
45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2010 - 5 B 21.09, 5 PKH 16.09 -, juris Rn. 9 m. w. N.
46Diese Voraussetzungen liegen hier auch für die Klägerin zu 1) vor, weil es auf der Grundlage ihres Vorbringens möglich erscheint, dass sie zusammen mit dem Kläger zu 2) als Anlagenbetreiberin anzusehen ist, und weil sie als Anlagenbetreiberin berechtigt gewesen ist, die streitgegenständliche Fristverlängerung für sich zu beantragen.
47Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass die Klägerin zu 1) nicht Adressatin der für die Anlage erteilten Genehmigungen war. Bei immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen handelt es sich um an die Anlage selbst gebundene Sachkonzessionen.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1998 - 7 C 38.97 -, juris Rn. 11.
49Das Bundes-Immissionsschutzgesetz legt die Verantwortung für die Einhaltung der umweltrechtlichen Vorgaben dementsprechend dem jeweiligen Anlagenbetreiber auf, der nicht (mehr) notwendig mit der Person identisch sein muss, an die die Genehmigungsurkunde adressiert worden ist. Daher ist es folgerichtig, auch die Antragsberechtigung im Rahmen des § 18 Abs. 3 BImSchG dem Anlagenbetreiber zuzusprechen.
50Betreiber einer Anlage ist diejenige natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung, die die Anlage in ihrem Namen, auf ihre Rechnung und in eigener Verantwortung führt, d. h. wer unter Berücksichtigung sämtlicher konkreter rechtlicher, wirtschaftlicher und tatsächlicher Gegebenheiten bestimmenden Einfluss auf die Einrichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage ausübt. Regelmäßig richtet sich die Möglichkeit des bestimmenden Einflusses nach den privatrechtlichen Verhältnissen an der Anlage, also danach, wer nach den zu Grunde liegenden Verhältnissen weisungsfrei und selbständig entscheiden kann. Eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse orientiert sich daran, wer berechtigt ist, aus der Anlage wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen und wer das wirtschaftliche Risiko trägt. Betreiber ist danach bei rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise derjenige, dem die Entscheidung über die für die Erfüllung umweltrechtlicher Pflichten relevanten Umstände obliegt. Betreiber in diesem Sinne kann auch eine Personenmehrheit sein.
51Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2014 - 2 A 1434/13 u. a. -, juris Rn. 78 ff., und vom 16. März 2016 - 8 A 1576/14 -, juris Rn. 46 f., sowie Beschlüsse vom 31. März 2021 - 8 B 1160/20 -, juris Rn. 9 f., und vom 27. November 2008 - 8 B 1476/08 -, juris Rn. 16 ff., jeweils m. w. N.
52Ausgehend hiervon erscheint es auf der Grundlage des klägerischen Vorbringens denkbar, dass vorliegend - wovon ersichtlich auch die Bezirksregierung ausgeht - beide Kläger gemeinsam als Anlagenbetreiber anzusehen und als solche auch gemeinsam berechtigt gewesen sind, die streitgegenständliche Fristverlängerung für sich zu beantragen. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, dass beide Kläger die Anlage im immissionsschutzrechtlichen Sinne gemeinsam betrieben hätten, insbesondere deshalb, weil der Kläger zu 2) der Klägerin zu 1) - nur - die Biodieselanlage vertraglich zur Nutzung überlassen habe. Diese rechtliche Wertung erscheint zumindest nicht ausgeschlossen. Die Kläger haben unwidersprochen vorgetragen, dass die wirtschaftliche Nutzung der eigentlichen Biodieselanlage durch die Klägerin zu 1), die Nutzung der jeweils mit denselben Rechtsakten genehmigten Holzverstromungsanlage aber durch den Kläger zu 2) unter der Firma „Holzverstromungsanlage X.“ erfolgte. Dies wird schon durch die zur Akte gereichten, von der Klägerin zu 1) bzw. der „Holzverstromungsanlage X.“ jeweils ausgestellten bzw. an diese adressierten Rechnungen und sonstigen Dokumente (z. B. DEKRA-Bescheinigungen für die Klägerin zu 1), Arbeitsverträge zwischen der Klägerin zu 1) und Frau K. bzw. dem Zeugen H.) deutlich. Zudem spricht der vom Kläger zu 2) erstmals in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erwähnte Nutzungsvertrag über die Überlassung der Biodieselanlage für eine wirtschaftlich getrennte Behandlung der beiden Einheiten. Auf der anderen Seite dürfte aber schon wegen der prozesstechnischen Verbindung der Biodiesel- und der Holzverstromungsanlage, die ersterer die für die Produktion notwendige Wärme liefern sollte, aber auch wegen des Umstands, dass der Kläger zu 2) der Geschäftsführer der Klägerin zu 1) ist, ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis im eingangs genannten Sinne bestehen, das für eine gemeinschaftliche Betreiberstellung hinsichtlich der Gesamtanlage spricht.
53Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass die Klägerin zu 1) das Verpflichtungsbegehren mit ihrer Erklärung im erstinstanzlichen Erörterungstermin, die Verlängerungen sollten dem Kläger zu 2) erteilt werden, nicht zurückgenommen hat. Abgesehen davon, dass diese Erklärung nicht förmlich protokolliert und von den Prozessbevollmächtigten der Kläger genehmigt worden ist, deutet die ergänzende Erklärung, die Klägerin zu 1) sei aus Gründen anwaltlicher Vorsicht in den Antrag hereingenommen worden, weil diese in der Vergangenheit teilweise als Betreiberin aufgetreten sei, vor dem Hintergrund, dass das Verwaltungsgericht auch keine dem widersprechenden Hinweise gegeben hat, darauf, dass die Klägerin zu 1) das Verfahren vorsorglich weiterführen wollte. Folgerichtig ist auch das Verwaltungsgericht in seinem Urteil davon ausgegangen, dass beide Kläger das Verpflichtungsbegehren weiterbetreiben wollten.
54III. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ist nicht durch den seit der Antragstellung im Juni 2018 verstrichenen Zeitraum zwischenzeitlich entfallen. Der Antrag der Kläger vom 28. Juni 2018, „die Geltungsdauer der Genehmigungen um ein Jahr zu verlängern“, war und ist bei interessengerechter Auslegung hinreichend deutlich dahingehend zu verstehen, dass es diesen darauf ankommt, ein weiteres volles Jahr zur Verfügung zu haben, um rechtssicher die administrativen und technischen Vorbereitungen treffen zu können, die für die Wiederinbetriebnahme der Anlage erforderlich sind. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus den Ausführungen auf den Seiten 7 und 8 des vorgenannten Antrags. Dort heißt es sinngemäß, die Kläger benötigten weitere Zeit, vor allem um die bereits angestoßenen, aber noch nicht zum Abschluss gebrachten Verwaltungsverfahren zu Ende zu bringen. Eine Auslegung, die die beantragte Jahresfrist auf den Zeitpunkt der Antragstellung bezöge, würde diesem Ziel nicht gerecht. Sie zwänge die Kläger faktisch dazu, schon vor der Bescheidung des Verlängerungsantrags die von ihnen für notwendig gehaltenen Schritte in Richtung einer Wiedererrichtung zu ergreifen, um den so verstandenen Zeitraum auszunutzen. Es ist nicht ersichtlich und sogar lebensfremd, dass die Kläger gewillt gewesen sein könnten, das Risiko auf sich zu nehmen, dass das Verwaltungs- sowie das sich etwaig anschließende Gerichtsverfahren die Dauer eines Jahres übersteigen und somit beträchtliche Investitionen fruchtlos bleiben. Mit diesen Erwägungen war auch der erstinstanzlich in der Klageschrift vom 10. August 2018 angekündigte Klageantrag nach § 88 VwGO einer entsprechenden - und auch nach dem Verzicht der Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Blick auf § 86 Abs. 3 VwGO gebotenen - Auslegung zugänglich. Den Berufungsantrag haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung in diesem Sinne klarstellend formuliert.
55B. Die Klage ist unbegründet. Hinsichtlich der begehrten Fristverlängerung, die gegenüber der in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids tenorierten Feststellung logisch vorrangig und deshalb zuerst zu prüfen ist, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des als Anspruchsgrundlage sowohl für den Haupt-, als auch für den Hilfsantrag allein in Betracht kommenden § 18 Abs. 3 BImSchG nicht vor (I.). Auch die Feststellung der Bezirksregierung, die Anlagengenehmigung sei erloschen, ist nicht zu beanstanden (II.).
56I. Nach § 18 Abs. 3 BImSchG kann die Genehmigungsbehörde auf Antrag die Fristen nach § 18 Abs. 1 BImSchG aus wichtigem Grund verlängern, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird.
571. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass die Anlage durch einen Brand vollständig zerstört worden ist. Schon aus der Wertung des § 16 Abs. 5 BImSchG, wonach es einer Genehmigung nicht bedarf, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen, folgt, dass die Zerstörung nicht zu einem Erlöschen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung führt.
58Vgl. hierzu allgemein Kahle, NVwZ 2011, 1159; gegen ein Erlöschen im Falle der Anlagenzerstörung: Appel, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 18 Rn. 19; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Juni 2023, § 4 BImSchG Rn. 66; Ennuschat, in: Kotulla, BImSchG, Stand: Januar 2022, § 18 Rn. 51; Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 18 Rn. 15; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Juni 2023, § 18 BImSchG Rn. 7; Wirths, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 18 Rn. 85.
59Die in der Kommentarliteratur zum Teil vertretene einschränkende Auffassung, dass dies in Bezug auf Anlagen, die unter die IVU-Richtlinie fallen bzw. UVP-pflichtig sind, aus Gründen des Unionsrechts nicht gelten könne,
60in diesem Sinne differenzierend: Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Juni 2023, § 18 BImSchG Rn. 9; für ein Erlöschen Schack, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Stand: Juli 2023, § 18 BImSchG Rn. 3,
61ist zweifelhaft. Eine solchermaßen nach dem jeweiligen Regelungsregime differenzierende Auslegung wirft nach Auffassung des Senats durchgreifende Bedenken in Bezug auf die Bestimmtheit des Erlöschenstatbestands auf. Eine Auslegung des Inhalts, dass wegen der in gewissen Fällen unionsrechtlich gebotenen erneuten Entscheidung über die Zulassung einer zerstörten Anlage - abweichend von dem bisherigen Normverständnis - auch bei anderen Anlagen, die nicht unter die genannten Regelungen des Unionsrechts fallen, ein Erlöschen der Genehmigung anzunehmen sein sollte, erscheint ohne eine klare gesetzliche Regelung ebenfalls problematisch. Letztlich kommt es darauf hier aber aus den nachfolgend unter 2. dargelegten Gründen nicht entscheidend an.
622. Dem Erfolg von Haupt- und Hilfsantrag steht jedenfalls entgegen, dass der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht die Überzeugung (vgl. § 108 Abs. 1 VwGO) gewonnen hat, dass der Verlängerungsantrag rechtzeitig gestellt worden ist. Dies geht zu Lasten der Kläger, die den geltend gemachten Anspruch auf den behaupteten Betrieb der Anlage stützen und in deren Sphäre die insoweit maßgeblichen tatsächlichen Umstände liegen.
63a) § 18 Abs. 3 BImSchG setzt voraus, dass der Verlängerungsantrag des Anlagenbetreibers bei der Genehmigungsbehörde eingeht, bevor die erteilte Genehmigung nach § 18 Abs. 1 BImSchG erloschen ist.
64Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2005 - 7 C 25.04 -, juris Rn. 15; Appel, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 18 Rn. 20; Schack, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Stand: Juli 2023, § 18 BImSchG Rn. 14; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Juni 2023, § 18 BImSchG Rn. 29; Wirths, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 18 Rn. 70.
65aa) Für den hier allein in Frage kommenden Fall des Erlöschens wegen dreijährigen Nichtbetriebs der Anlage nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ist daher der Zeitraum von drei Jahren nach der letzten (genehmigten) Betriebshandlung für eine rechtzeitige Antragstellung maßgeblich. Eine rückwirkende Verlängerung auf einen erst nachträglich gestellten Antrag kommt schon aus Gründen der Rechtsklarheit nicht in Betracht.
66Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2005 - 7 C 25.04 -, juris Rn. 15; Schl.-H. OVG, Beschluss vom 3. Mai 2023 - 5 MR 1/23 -, juris Rn. 7; Thür. OVG, Urteil vom 17. Juni 2015 - 1 KO 369/14 -, juris Rn. 62.
67Zudem fehlt es an einer dies zulassenden Norm. § 31 Abs. 7 Satz 2 VwVfG NRW findet nur auf behördlich gesetzte Fristen Anwendung. § 18 Abs. 3 BImSchG ist dieser Vorschrift gegenüber zudem spezieller und somit vorrangig anzuwenden.
68Vgl. Thür. OVG, Urteil vom 17. Juni 2015 - 1 KO 369/14 -, juris Rn. 62; Ennuschat, in: Kotulla, BImSchG, Stand: Januar 2022, § 18 Rn. 57; Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 18 Rn. 16; Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Juni 2023, § 18 BImSchG Rn. 33.
69Entgegen der Auffassung der Kläger bestimmt sich der maßgebliche Antragszeitraum hier nicht nach der Regelung in Nebenbestimmung A) des Änderungsbescheides vom 1. September 2015, wonach die Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erlischt, wenn nicht innerhalb von drei Jahren nach der Bestandskraft des Bescheides mit dem Betrieb der geänderten Anlage begonnen worden ist. Die Kläger meinen, da die Änderungsgenehmigung vom 1. September 2015 mit den vorangegangenen Genehmigungen verschmolzen sei, gelte deren Nebenbestimmung A) auch für die früheren Genehmigungen und habe sich der Antragszeitraum hierdurch bis Anfang Oktober 2018 unabhängig davon verlängert, ob die Anlage gemäß ihrem bis dahin oder im September 2015 genehmigten Zustand betrieben worden sei. Dem ist nicht zu folgen. Die von der Bezirksregierung in der Änderungsgenehmigung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gesetzte Frist führt nicht zu einer Modifikation der in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG geregelten gesetzlichen Frist.
70Wegen ihres begrenzten Regelungsgehalts bringt eine Änderungsgenehmigung regelmäßig weder die ursprüngliche Genehmigung als solche zum Erlöschen, noch führt sie unmittelbar zu deren Änderung. Es handelt sich zunächst um eine parallele Genehmigung, die den Betreiber berechtigt, aber nicht verpflichtet, das Vorhaben entsprechend der erteilten Änderungsgenehmigung zu realisieren. Die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verschmilzt vielmehr beispielsweise dann mit der Ursprungsgenehmigung, wenn der Betreiber sie umgesetzt hat.
71Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Juli 2023 ‑ 8 B 734/23.AK ‑, juris Rn. 31 f., und vom 9. Juni 2022 - 8 B 407/22 -, juris Rn. 17, jeweils m. w. N.
72Letzteres ist indes nur so lange möglich, wie die Ursprungsgenehmigung noch Bestand hat. Andernfalls ginge die vom Anlagenbetreiber beabsichtigte Verschmelzung von Ursprungs- und Änderungsgenehmigung ins Leere. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Änderungsgenehmigung den ursprünglichen Bescheid in der Regel ‑ und so auch vorliegend ‑ nicht vollständig ersetzt. Nur bei Fortbestand der Ursprungsgenehmigung könnten sich auch Nebenbestimmungen einer Änderungsgenehmigung auf die Ursprungsgenehmigung beziehen. Die Ansicht der Kläger, wegen Nebenbestimmung A) in der Genehmigung vom 1. September 2015 komme es für das Erlöschen auch der vorangegangenen Genehmigungen während einer Dauer von drei Jahren nicht auf den Betrieb der Anlage an, liefe der Sache nach darauf hinaus, die gesetzliche Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, die auch für die bis dahin erteilten Genehmigungen gilt, durch eine Fristsetzung gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auszuhebeln. Dass die Bezirksregierung dies konkludent geregelt hätte, ist schon nicht ersichtlich, zumal dies dem Wortlaut von § 18 Abs. 1 BImSchG widerspräche, wonach die Genehmigung entweder nach Nr. 1 oder nach Nr. 2 erlöschen kann. Bei Zulassung einer solchermaßen „verspäteten“ Umsetzung nach mehr als dreijährigem Nichtbetrieb einer Anlage entstünde ferner hinsichtlich der von der Änderungsgenehmigung nicht betroffenen Anlagenteile eine Regelungslücke, die zur partiellen Illegalität der Anlage führte. Zudem käme die Rechtsauffassung der Kläger faktisch der Zulassung einer rückwirkenden Fristverlängerung trotz verspätet gestellten Antrags gleich, die von der Rechtsordnung aus den vorstehend genannten Gründen nicht zugelassen wird.
73bb) Eine Anlage wird i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erst dann nicht mehr betrieben, wenn im Rahmen der Genehmigung keinerlei Betriebshandlungen mehr vorgenommen werden, der Betrieb also vollständig eingestellt wird.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2005 - 7 C 25.04 -, juris Rn. 13.
75Maßgeblich ist insofern die zum fraglichen Zeitpunkt bestehende Genehmigungssituation. Dies bedeutet zum einen, dass ein nicht genehmigungskonformer Betrieb das Erlöschen der Genehmigung nicht verhindern kann.
76Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 12. Juli 2011 - 12 LA 184/09 -, juris Rn. 9; Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 18 Rn. 12; Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Juni 2023, § 18 BImSchG Rn. 26.
77Zum anderen kann ein lediglich begrenztes Ausnutzen der Genehmigung das Erlöschen je nach Einzelfall (gegebenenfalls zumindest teilweise) verhindern. Jedenfalls dann, wenn sich eine Genehmigung nach § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV auf mehrere Teile oder Nebeneinrichtungen erstreckt, die je gesondert genehmigungsbedürftig wären, kommt ein Fortbestehen der Genehmigung hinsichtlich einzelner dieser noch betriebenen Anlagenbestandteile in Betracht. Der Betrieb von für sich genommen nicht genehmigungsbedürftigen Teilen verhindert ein Erlöschen jedoch nicht.
78Vgl. Appel, in: Appel/Ohms/Saurer, BImSchG, 2021, § 18 Rn. 14; Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Juni 2023, § 18 BImSchG Rn. 28; Schack, in: Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Stand: Juli 2023, § 18 BImSchG Rn. 12; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Juni 2023, § 18 BImSchG Rn. 26a; Wirths, in: Führ, GK-BImSchG, 2. Aufl. 2019, § 18 Rn. 54; in Bezug auf § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV auch: Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 18 Rn. 11; zur Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebeneinrichtungen vgl. auch Sächs. OVG, Urteil vom 13. November 2019 - 4 A 671/16 -, juris Rn. 35.
79cc) Sowohl die Ursprungsgenehmigung vom 7. September 2010 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 17. August 2012 als auch die Änderungsgenehmigung vom 1. September 2015 umfassten zwei Teile oder Nebeneinrichtungen i. S. d. § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV, die je gesondert genehmigungspflichtig waren:
80- der Methoxidtank als Anlage, die der Lagerung von 10 Tonnen bis weniger als 200 Tonnen von sehr giftigen, giftigen, brandfördernden oder explosionsgefährlichen Stoffen oder Zubereitungen dient, nach Nr. 9.35 Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV in der Fassung der Verordnung vom 24. Juli 1985 (BGBl. I S. 1586), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) bzw. Nr. 9.3.2 des Anhangs 1 i. V. m. Nr. 30 des Anhangs 2 der 4. BImSchV in der Fassung der Verordnung vom 2. Mai 2013 (BGBl. I S. 973), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. April 2015 (BGBl. I S. 670),
81sowie - infolge der Erhöhung der Durchsatzleistung an Abfällen zur Produktion von Fettsäuremethylester auf 11,4 t, die mit Bescheid vom 17. August 2012 genehmigt wurde -
82- die eigentliche Biodieselanlage nach Nr. 8.8 Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV in der Fassung der Verordnung vom 24. Juli 1985 (BGBl. I S. 1586), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) (Anlagen zur chemischen Behandlung, insbesondere zur chemischen Emulsionsspaltung, Fällung, Flockung, Neutralisation oder Oxidation, von nicht gefährlichen Abfällen, auf die die Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Anwendung finden, mit einer Durchsatzleistung von 10 Tonnen bis weniger als 50 Tonnen Einsatzstoffen je Tag).
83An dieser Genehmigungsbedürftigkeit hat sich durch die späteren Fassungen der 4. BImSchV nichts geändert.
84Das BHKW und der Holzgaserzeuger als weitere von der zuletzt erteilten Änderungsgenehmigung vom 1. September 2015 umfasste Betriebseinheiten unterfielen für sich genommen dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvorbehalt nicht. Der Beklagte (S. 4 des streitgegenständlichen Bescheides vom 27. Juli 2018; anders im Schriftsatz vom 10. Mai 2023 nach Hinweis des Senats) und das Verwaltungsgericht (S. 24 des Urteilsabdrucks) haben das BHKW zwar Nr. 1.4.2.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV (in der Fassung der Verordnung vom 2. Mai 2013 (BGBl. I S. 973), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. April 2015 (BGBl. I S. 670)) zugeordnet. Nr. 1.4 bezieht sich aber auf Verbrennungsmotoranlagen oder Gasturbinenanlagen zum Antrieb von Arbeitsmaschinen. Verbrennungsmotoranlagen und Gasturbinen zur Erzeugung von u. a. Strom und Prozesswärme durch Einsatz von gasförmigen Brennstoffen unterfallen demgegenüber Nr. 1.2.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV in der genannten Fassung. Diese sind und waren in der gesamten Zeit seit der erstmaligen Genehmigung erst ab einer Feuerungswärmeleistung von 1 MW immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig. Gegenstand des Bescheides vom 1. September 2015 ist ein BHKW mit einer Feuerungswärmeleistung von 460 kW. Der Holzgaserzeuger erreicht den von Nr. 1.14.3.2 für derartige Anlagen vorgesehenen unteren Grenzwert eines Energieäquivalents von 1 MW unstreitig ebenfalls nicht.
85b) Nach Durchführung der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung konnte der Senat nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Methoxidtank oder die Biodieselanlage innerhalb des nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG maßgeblichen Zeitraums (dazu unter aa) genehmigungskonform (dazu unter bb) oder überhaupt (dazu unter cc) betrieben worden sind. Dies geht zu Lasten der Kläger, die insofern das Risiko der Nichterweislichkeit des behaupteten Betriebs tragen.
86In diesem Sinne auch Thür. OVG, Urteil vom 17. Juni 2015 - 1 KO 369/14 -, juris Rn. 62.
87aa) Maßgeblicher Zeitraum, in dem ein Betrieb der Anlage das Erlöschen der Genehmigung gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG verhindert haben kann, ist vorliegend derjenige vom 2. bis einschließlich 9. September 2015. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
88Der dreijährige Zeitraum gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG begann nach § 31 Abs. 1 VwVfG NRW i. V. m. den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 29. Juni 2015, weil der Verlängerungsantrag der Kläger am 29. Juni 2018 bei der Bezirksregierung eingegangen ist. Hierauf hat der Senat die Beteiligten in der Verfügung vom 1. September 2023 hingewiesen. Ein Betrieb der Anlage vor dem 2. September 2015 ist allerdings nicht relevant, weil die nach dem damals vorhandenen Anlagenaufbau nur möglichen Betriebsabläufe nicht als Regelbetrieb genehmigt waren, worauf der Senat die Beteiligten mit Verfügung vom 26. April 2023 hingewiesen hat. Die durch Bescheid vom 17. August 2012 als Nebeneinrichtungen genehmigten Holzgas-Blockheizkraftwerke waren unstreitig bereits vor dem 29. Juni 2015 durch andere Modelle ersetzt worden; ein darauf aufbauender Anlagenbetrieb war daher zunächst illegal. Hieran änderte auch der Umstand nichts, dass die Bezirksregierung dem Kläger zu 2) mit Bescheid vom 7. Mai 2015 gemäß § 8a BImSchG den vorzeitigen Beginn der Änderung gestattet hatte. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns erfasste ausdrücklich allein die Errichtung des neuen BHKW, von Fliehkraftabscheidern und Gaswäschern, den Rückbau und die Umstellung von Produktions- und Lagerbehältern, die verfahrenstechnische Veränderung des Produktionsprozesses sowie die Erprobung der Betriebstüchtigkeit. Ein (Regel‑)Betrieb der Anlage war hiervon gerade nicht umfasst, sondern wurde erst durch Bescheid vom 1. September 2015 genehmigt, den der Kläger zu 2) am 2. September 2015 erhielt. Die Möglichkeit eines Betriebs der Anlage endete mit deren Zerstörung durch den Brand am 9. September 2015.
89bb) Der Senat ist zunächst nicht davon überzeugt, dass die Biodieselanlage zwischen dem 2. und 9. September 2015 genehmigungskonform betrieben worden ist. Ausgehend von dem - hier als zutreffend unterstellten - eigenen Vortrag des Klägers zu 2) in der mündlichen Verhandlung zu der Art und Weise, wie er das für die Biodieselproduktion zwingend notwendige Methoxid „immer schon“ hergestellt hat, war der Betrieb weder hinsichtlich des Methoxidtanks noch mit Blick auf die Biodieselanlage selbst jemals genehmigungskonform.
90Es bedarf hier keiner Klärung, ob ein legaler Betrieb der Anlage vorausgesetzt hat, dass die Änderungsgenehmigung vom 1. September 2015 vollständig umgesetzt, also auch der Rückbau an der Biodieselanlage durchgeführt wurde, oder ob auch eine rechtmäßige Biodieselproduktion unter Verwendung der „alten“ Biodieselanlage sowie der „neuen“ Nebeneinrichtungen in Betracht gekommen wäre.
91Ebenso kann hier offenbleiben, ob sich der Methoxidtank überhaupt an der genehmigten Stelle außerhalb der Halle unter dem Vordach an der nordwestlichen Hallenseite befunden hat, woran sich der Zeuge H. als regelmäßig auf dem Betriebsgelände anwesender Arbeitnehmer nicht erinnern konnte, und ob sich die Genehmigungsfrage für den Fall, dass die Lagerung von Methoxid abweichend von der Genehmigung innerhalb der Halle, mithin in der Nähe zu sonstigen Lagertanks und Betriebseinheiten, erfolgt ist, neu gestellt hat, so dass die darin zu sehende Änderung genehmigungsbedürftig oder zumindest anzeigebedürftig gewesen wäre.
92In jedem Fall war das vom Kläger zu 2) geschilderte Produktionsverfahren von der Genehmigung nicht gedeckt.
93Genehmigt ist ein Lagertank für Methoxid, das durch Tankwagen verwendungsfertig für die Biodieselanlage angeliefert wird (so die Abschnitte 1.1 und 1.3 der Erläuterungen zur Verfahrensübersicht der Biodieselanlage X. vom 2. April 2015, die nach Abschnitt II. der Genehmigung vom 1. September 2015 i. V. m. Abschnitt IX Anlage 1 Register‑Nr. 4.2 Bestandteil der Genehmigung sind). Weiter genehmigt ist die Verwendung von Methoxid im Reaktorbehälter der Biodieselanlage.
94In Bezug auf die Biodieselproduktion besteht eine Abweichung von der Genehmigungslage aufgrund des Umstands, dass der Kläger zu 2) kein fertiges Methoxid verwendet, sondern - nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung „immer schon“ - Methanol und Kaliumhydroxid in bedarfsentsprechenden Chargen gemischt hat. Diese Vorgehensweise hat der Kläger zu 2) auch mit Schriftsatz vom 1. September 2023 beschrieben. Er hat sich nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung den Methoxidtank als solchen genehmigen lassen, um gegebenenfalls auch mal fertiges Methoxid annehmen zu können; wirtschaftlich sei dies aber nicht sinnvoll gewesen. In dem genehmigten Methoxidtank sei dementsprechend kein fertiges Methoxid gewesen, sondern Methanol. In dem für die Lagerung von Methoxid genehmigten Tank hätten sich zum Zeitpunkt des Brandes „Restbestände“ an Methanol in einer Größenordnung von vielleicht 5.000 oder 7.000 Litern befunden.
95Die vom Kläger zu 2) geschilderte Anmischung von Methoxid auf dem Anlagengelände weicht von der genehmigten Betriebsweise sowohl für den Methoxidtank als auch für die Biodieselanlage ab. Es handelt sich dabei nicht um eine bloß marginale Änderung, die für die Frage der Legalität des Anlagenbetriebs bedeutungslos wäre. Denn die Einsatzstoffe für das Mischen von Methoxid ‑ Methanol und Kaliumhydroxid ‑ sind ebenfalls nicht ungefährlich, müssen zum Zwecke des Anmischens auf dem Anlagengelände gelagert werden, und beim Mischen der Stoffe können Gefahren entstehen, die nicht nur, aber zumindest auch aus Sicht des Arbeitsschutzes spezielle Festsetzungen in einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erfordern, hier aber fehlen. Der Zeuge Y., der nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung bei der Bezirksregierung im Bereich des Arbeitsschutzes (Anlagen‑ und Betriebstechnik) beschäftigt ist, hat nachvollziehbar erläutert, dass das Heranschaffen von Methanol in IBCs mit einem Sicherheitsrisiko verbunden sei, weil Methanol gefährlich sei und gefährliche Dämpfe entweichen könnten; aus Sicht des Arbeitsschutzes bedürfe es gekennzeichneter Leitungen und fester Tanks. Die Lagerung und der Umgang mit Kaliumhydroxid sind ebenfalls nicht ungefährlich: Ausweislich des Sicherheitsdatenblattes der von den Klägern mit Schriftsatz vom 1. September 2023 übersandten Rechnung aus April 2014 über die Lieferung von 20 Säcken mit jeweils 25 kg Kaliumhydroxid ist der Stoff an einem gut belüfteten Ort mit alkalisicherem Boden in geeigneten Behältern aus Polyethylen trocken und dicht geschlossen aufzubewahren; verunreinigte Flächen werden äußerst rutschig; Staubbildung ist zu vermeiden und der Staub darf nicht eingeatmet werden; es sind Schutzhandschuhe und ‑kleidung sowie Augen‑ und Gesichtsschutz zu tragen; Kaliumhydroxid verursacht schwere Ätzungen der Haut sowie schwere Augenschäden; zur Entsorgung sind Inhalt und Behälter einer anerkannten Abfallentsorgungsanlage zuzuführen; durch Reaktion mit Metallen wird Wasserstoff abgegeben, dann besteht ein Explosionsrisiko; im Brandfall sind ein umgebungsluftunabhängiges Atemschutzgerät sowie ein Vollschutzanzug zu tragen, kontaminiertes Löschwasser darf nicht in die Kanalisation gelangen. Auch wenn nicht gesagt sein mag, dass die Vorgehensweise des Klägers zu 2) nicht genehmigungsfähig wäre, ist allerdings Fakt, dass die Kläger eine entsprechende Zulassung nicht besaßen. Dass die Änderung von der genehmigten Betriebsweise nach § 15 BImSchG bei der Behörde angezeigt worden wäre, machen die Kläger selbst nicht geltend.
96Die Abweichung führt dazu, dass sowohl der Methoxidtank als auch die Biodieselanlage nicht genehmigungskonform betrieben wurden. Für den bereits für sich genommen genehmigungsbedürftigen Methoxidtank liegt dies auf der Hand, weil in ihm kein Methoxid, sondern Methanol gelagert wurde. Durch die nicht genehmigte Herstellung von Methoxid wird aber auch die damit erfolgende Biodieselproduktion illegal. Methoxid ist ein unverzichtbarer Einsatzstoff für die hier ebenfalls immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Produktion von Biodiesel, und der Methoxidtank ist der Sache nach ein Anlagenteil innerhalb der Biodieselanlage, der im Hinblick auf die Produktionsabläufe von dieser nicht trennbar ist (so auch die Kläger im Schriftsatz vom 25. August 2023, dort S. 3 f.). Ebenso wie es den Klägern nach der Genehmigungslage beispielsweise nicht freigestellt ist, auf welche Weise der Reaktorbehälter der Biodieselanlage erwärmt wird, ist es für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Biodieselanlage auch relevant, auf welche Weise Methoxid angeliefert sowie, wo und wie es in der Anlage gelagert wird. Denn durch die Einsatzstoffe für Methoxid (Methanol und Kaliumhydroxid) können sich jeweils Wechselwirkungen mit anderen Anlagenbestandteilen oder Betriebsabläufen im Hinblick auf Anlagensicherheit, Arbeitsschutz, Brandschutz o. ä. ergeben, die durch Nebenbestimmungen der Genehmigung geregelt werden müssen, um die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten.
97cc) Unabhängig davon hat die Klage auch deshalb keinen Erfolg, weil der Senat nach einer Gesamtwürdigung der von den Klägern angeführten Belege für einen Anlagenbetrieb, der Angaben des Klägers zu 2) in der mündlichen Verhandlung, der Zeugenaussagen sowie aller Umstände des Einzelfalls, wie sie sich aus den vorliegenden Akten ergeben, nicht davon überzeugt ist, dass die Biodieselanlage zwischen dem 2. und 9. September 2015 überhaupt betrieben worden ist.
98Der Kläger zu 2) hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe unmittelbar nach Erhalt der Änderungsgenehmigung am 2. September 2015 zunächst die Holzverstromungsanlage und „im Anschluss“ die Biodieselanlage in Betrieb genommen. Diese Darstellung passt zu seinem Vorbringen, die Biodieselanlage, für die man heißes Wasser und Strom benötige, hätte zwar ohne die Holzverstromungsanlage betrieben werden können, dies wäre aber nicht wirtschaftlich gewesen und sei demnach auch nicht erfolgt. Während es keinen vernünftigen Zweifel daran geben kann, dass der Kläger zu 2) die Holzverstromungsanlage tatsächlich wie behauptet in Betrieb genommen hat ‑ ohne die Inbetriebnahme wäre es nicht zu dem Brand gekommen -, ist der Senat nicht mit hinreichender Sicherheit davon überzeugt, dass dies auch für die Biodieselanlage nebst Methoxidtank gilt. Die Beteiligten haben im Laufe des vorliegenden Verfahrens zahlreiche Anhaltspunkte für und gegen eine Betriebsaufnahme vorgebracht, ohne dass hierunter ein eindeutiger Nachweis für die jeweilige Behauptung zu finden gewesen wäre. Auch die weiteren vom Senat beigezogenen Akten und die in der mündlichen Verhandlung durchgeführte Beweisaufnahme führten nicht zur Aufklärung des Sachverhalts. In Bezug auf den hier maßgeblichen Zeitraum haben sich im Verfahren keine konkreten Hinweise auf erfolgversprechende weitere Aufklärungsansätze ergeben und sind auch von den Klägern - das gilt im Übrigen auch für den nach Schluss der mündlichen Verhandlung nachgereichten Schriftsatz - nicht aufgezeigt worden. Der Umstand, dass die Bezirksregierung nicht mehr in der Lage war, die vollständige Überwachungsakte des für Immissionsschutz zuständigen Dezernats vorzulegen, sondern insofern im Wesentlichen nur noch über die in der Handakte des Sitzungsvertreters vorhandenen und im vorliegenden Verfahren vorgelegten Vermerke und sonstigen Unterlagen verfügt, führt hier nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Maßgeblich ist, dass der behauptete Betrieb (auch) der Biodieselanlage in die Sphäre der Kläger fällt. Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich aus den fehlenden Teilen des Verwaltungsvorgangs Erkenntnisse ergeben hätten, die den Sachvortrag der Kläger stützen könnten, haben sich nicht ergeben.
99Zur Klarstellung sei festgehalten, dass der Senat nicht bezweifelt, dass die Kläger die Absicht hatten, die Biodieselanlage wieder in Betrieb zu nehmen. Nur ist für die Verhinderung des Erlöschens der Genehmigung die bloße Betriebsabsicht nicht ausreichend.
100(1) Hinsichtlich des Methoxidtanks - für dessen Nutzung eine genehmigungskonforme Befüllung schon ausreichend wäre - hat der Kläger zu 2) mit eidesstattlicher Versicherung vom 25. August 2022 erklärt, dass die für die Lagerung von Methoxid genehmigten Tanks bis zum Brandereignis für den genehmigten Zweck genutzt worden seien. Ohne Methoxid wären die vorzunehmenden Produktionsschritte für Biodiesel nicht zu vollziehen gewesen. Diese Erklärung ist jedenfalls interpretationsoffen. Dass die Tanks tatsächlich mit Methoxid gefüllt waren, versichert der Kläger zu 2) zumindest nicht ausdrücklich. Mit dem „genehmigten Zweck“ mag auch der Zweck der Anlage, Biodiesel zu produzieren, gemeint sein. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger zu 2) angegeben, das Methoxid jeweils nach Bedarf in kleinen Chargen hergestellt zu haben, indem er sackweise Kaliumhydroxid mit Methanol gemischt habe, das in den für die Lagerung von Methoxid genehmigten Tanks aufbewahrt worden sei. In diesen hätten sich zum Zeitpunkt des Brandes „Restbestände“ an Methanol in einer Größenordnung von 5.000 bis 7.000 Litern befunden. Für eine solche Nutzung liegt kein hinreichender Nachweis vor. Die Kläger haben trotz des in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweises des Senats keinen Kaufbeleg für Methoxid bzw. Methanol vorgelegt. Da die Anlage nach den Äußerungen des Klägers zu 2) in der mündlichen Verhandlung über keine Methanol-Rückgewinnung verfügte, wird aber der regelmäßige Ankauf von Methanol erforderlich gewesen sein. Warum hierfür keine Belege mehr existieren, erschließt sich nicht, zumal sich das Büro für die Verwaltung der Anlage und somit auch die hierüber zu führenden Unterlagen nicht in der vom Brand zerstörten Halle, sondern im Wohnhaus des Klägers zu 2) befunden haben. Soweit der Kläger zu 2) in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, einzelne Unterlagen seien auch in der Halle gelagert worden, erklärt dies nicht, warum kein einziger - auch älterer - Nachweis für den Erwerb von Methanol vorgelegt werden konnte.
101Zweifel an der Nutzung des Methoxidtanks bestehen ferner deshalb, weil der Zeuge H. in seiner Befragung erklärt hat, in der Halle habe sich vor dem Brandereignis ein IBC mit der Aufschrift „Methanol“ befunden. Der Zeuge Y. und die Zeugin F. konnten dies zwar nicht bestätigen. Die Existenz eines solchen Behältnisses hat zumindest die Zeugin F. aber auch nicht ausgeschlossen; der Kläger zu 2) hat sie nicht bestritten. Vor diesem Hintergrund erscheint es zumindest plausibel, dass der Kläger zu 2) Methanol für die Herstellung von Biodiesel zwar vorgehalten hat, aber eben nicht in dem von der Genehmigung umfassten Tank.
102Die Aussage des Zeugen E. er könne sich nicht daran erinnern, aber auch nicht ausschließen, dass ihn bei der Brandbekämpfung jemand auf das Vorhandensein eines mit Methanol gefüllten Tanks hingewiesen habe, ist im vorliegenden Zusammenhang unergiebig. Der Zeuge D. konnte dazu gar keine Angaben machen.
103(2) Hinsichtlich der eigentlichen Biodieselanlage hat der Kläger zu 2) zwar in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 15. August 2018 angegeben, auch noch Anfang September, einschließlich des 9. September 2015, sei die Biodieselanlage betrieben und das im August 2015 angelieferte Öl zu Rohester verarbeitet worden. Jedoch liefert vor allem seine E-Mail an die Bezirksregierung vom 3. September 2015 ein starkes Indiz gegen eine tatsächliche Betriebsaufnahme. Darin teilt der Kläger zu 2) zunächst mit, „dass von den bisher genehmigten Änderungen an der Biodieselanlage, das Holzgas-BHKW mit seinen dazugehörigen Nebeneinrichtungen, wie der Holzgaserzeugung usw., ab dem 3. September 2015 seinen Betrieb aufnehmen wird“. Anschließend heißt es u. a.: „Sobald die weiteren genehmigten Änderungen an der Biodieselanlage umgesetzt [sind] und ihren Betrieb aufnehmen, werde ich Ihnen dies mitteilen“. Diese E-Mail dürfte dahingehend zu verstehen sein, dass das Holzgas-BHKW mit der Holzgaserzeugung ab dem 3. September 2015 in Betrieb genommen wurde, die Biodieselanlage dagegen den Betrieb erst zu einem späteren Zeitpunkt, nach Abschluss der dazu genehmigten Umbaumaßnahmen aufnehmen sollte. Hierzu passt wiederum die Aussage in der vorstehend genannten eidesstattlichen Versicherung des Klägers zu 2) vom 15. August 2018, in der dieser ebenfalls angegeben hat, einen Umbau der Biodieselanlage, wie er mit Bescheid vom 1. September 2015 genehmigt worden sei, nicht vorgenommen zu haben. Er habe lediglich die „Änderungen an der Nebeneinrichtung zur Erzeugung von Prozesswärme durchgeführt, also die Fliehkraftabscheider […] errichtet und in Betrieb genommen (Holzvergasungsanlage)“ sowie den Gas- durch einen Zündstrahlmotor im Blockheizkraftwerk ersetzt. Dass der Kläger zu 2) in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, sich diese Formulierung in seiner eidesstattlichen Versicherung heute nicht mehr recht erklären zu können, stellt den damals an Eides Statt versicherten Inhalt schon mit Blick auf den seitdem vergangenen Zeitraum nicht durchgreifend in Frage. Die genannte E-Mail vom 3. September 2015 nimmt der Kläger zu 2) auch in seinem an das Landgericht G. im von ihm geführten Amtshaftungsverfahren - 3 O 342/16 - gerichteten Schriftsatz vom 20. Januar 2017 (dort S. 37), der sich in den beigezogenen und zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Akten der Staatsanwaltschaft G. - 20 Js 270/15 - befindet, in Bezug. Er führt sie als Beleg für die Behauptung an, dass Tätigkeiten für die Klägerin zu 1) im Zeitraum von Juli 2015 bis März 2016 (so S. 26 des ebenfalls im Amtshaftungsverfahren und in der staatsanwaltschaftlichen Akte enthaltenen Schriftsatzes des Klägers zu 2) vom 13. September 2016) nicht erforderlich gewesen seien, sodass die bei dieser beschäftigten Arbeitnehmer keine anderen als die bei der Holzverstromungsanlage zusätzlich angefallenen Arbeiten erfüllt haben könnten. Weiter spricht gegen - jedenfalls aber nicht für - die Betriebsaufnahme, dass der in der mündlichen Verhandlung auszugsweise verlesene Einsatzbericht der Feuerwehr mit dem Hinweis eingeleitet wird, in dem Betrieb sei bis vor einiger Zeit Biodiesel hergestellt worden; momentan würden dort Hackschnitzel verstromt. Letztlich hat die Zeugin F. in ihrem Vermerk über die Besichtigung der Anlage am 8. September 2015 festgehalten, die Holzvergasungsanlage sei in Betrieb gewesen, in der Nebenhalle würden allerdings lediglich Altfette von Verunreinigungen befreit.
104Eindeutige Beweise gegen einen Betrieb stellen die vorgenannten Punkte indes nicht dar. Hinsichtlich des Feuerwehrberichts ließ sich nicht aufklären, wer die angeführte Aussage auf welcher Faktengrundlage in den Bericht aufgenommen hat. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 2) die Feuerwehrleute am Brandtag entsprechend informiert hat. Denkbar ist vielmehr auch, dass der Verfasser die Aussage als „ortsbekannt“ seiner Schilderung vorangestellt hat - wofür die Aussage des Zeugen E. spricht, es sei allgemein bekannt gewesen, dass auf dem Betriebsgelände eine Biodieselanlage sei. Als solche widerspricht die Formulierung nicht zwingend den Angaben des Klägers zu 2). Dass die Biodieselproduktion in der Vergangenheit ausgesetzt worden war, bestreitet dieser nicht. Es ist auch denkbar, dass es sich im Ort noch nicht herumgesprochen haben mag, wenn der Kläger zu 2) die Biodieselproduktion wenige Tage vor dem Brand wieder aufgenommen haben sollte. Soweit die E-Mail vom 3. September 2015 und die eidesstattliche Versicherung des Klägers zu 2) die Aussage enthalten, dass die Biodieselanlage noch nicht zurückgebaut worden sei und als solche ihren Betrieb noch nicht aufgenommen habe, schließt dies nicht aus, dass die Anlage mit der vor Wirksamwerden der Änderungsgenehmigung vom 1. September 2015 genehmigten Konfiguration - allerdings ohne eine Veredelung des Rohesters durchzuführen - verwendet worden ist. Die Formulierung in der Berufungsbegründung vom 29. August 2022, die Kläger hätten „die mit der Änderungsgenehmigung vom 01.09.2015 genehmigten Änderungen tatsächlich ins Werk gesetzt […] und damit von der Änderungsgenehmigung Gebrauch gemacht“, mag in diesem Sinne zu verstehen sein. Der Aussage, dass keine Arbeitnehmer der Klägerin zu 1) an der Biodieselanlage beschäftigt worden seien, könnte mit der vom Zeugen H. getätigten Aussage in Übereinstimmung gebracht werden, dass der Kläger zu 2) die Anlage allein betreiben konnte, wenngleich sich schon die Frage stellt, warum die Klägerin zu 1) dann überhaupt auch technische Arbeitnehmer beschäftigt hat. Der Vermerk der Zeugin F., dem sich ausdrückliche Aussagen über den Nichtbetrieb der Biodieselanlage nicht entnehmen lassen, ist bereits deshalb nur eingeschränkt belastbar, weil er dem Kläger zu 2) nicht zeitnah zu Kenntnis gegeben worden ist, sodass dieser Unstimmigkeiten hätte aufklären können. Zum anderen haben sowohl die Zeugin F. als auch ihr Kollege, der ebenfalls für das Dezernat Arbeitsschutz tätige Zeuge Y., in der Vernehmung angegeben, die für die Biodieselproduktion vorgesehene Halle während der Betriebsbesichtigung nicht betreten zu haben. Soweit der Zeuge Y. angegeben hat, dass er durch ein Fenster in die Halle hineingesehen habe, hat er letztlich klargestellt, dass er jedenfalls nur einen Teil der Halle habe einsehen können.
105Auf der anderen Seite bestehen für die tatsächliche Aufnahme des Anlagenbetriebs ebenfalls lediglich Indizien, die den Senat für sich genommen nicht hinreichend von einer Betriebsaufnahme überzeugen. Soweit die Kläger auf das Zertifikat der E. nach der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung und anderen Vorschriften vom 30. Dezember 2014 verweisen, mit dem bescheinigt wird, dass u. a. die Veresterungsanlage die maßgeblichen Anforderungen einhält, mag dies für die Absicht, weiterhin Biodiesel herstellen zu wollen, sprechen. Wie ausgeführt, reicht die bloße Absicht aber nicht aus, um ein Erlöschen der Genehmigung zu verhindern.
106Soweit die Kläger Belege über die Lieferung von Biodiesel vorgelegt haben, weisen sie hiermit einen Betriebsbeginn im fraglichen Zeitraum ebenfalls nicht nach. Der vorgelegte Nachhaltigkeitsnachweis für eine Lieferung von 24,99 t Biodiesel an die F. GbR stammt vom 21. April 2015, die mit Schriftsatz vom 7. September 2023 nachgereichten Rechnungen über drei Lieferungen an die S. Energie GmbH aus U. stammen aus März 2015 und gaben - wie oben ausgeführt - keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Sämtliche Lieferungen, die durch diese Schriftstücke belegt werden sollen, erfolgten somit vor dem hier maßgeblichen Zeitraum. Dies gilt zwar nicht für die von der Klägerin zu 1) ausgestellte und an die Holzverstromungsanlage X. adressierte Rechnung vom 8. September 2015 nebst dem dazugehörigen Lieferschein vom selben Datum hinsichtlich einer Lieferung von 4,5 t Rapsmethylester. Allerdings misst der Senat diesen im behördlichen Verfahren noch nicht vorgelegten Dokumenten - unabhängig davon, dass das Datum der Lieferung eines Produkts nicht zwingend etwas über das Datum seiner Herstellung aussagt - keinen maßgeblichen Beweiswert zu. Der Beklagte bemängelt zu Recht, dass an ihrer Ausstellung allein die Kläger beteiligt sind, sodass ein notwendiger objektiver Anknüpfungspunkt fehlt.
107Das von den Klägern vorgelegte „Gutachten nach EEG 2014“ von Dipl. Agr. Ing. L. vom 26. Januar 2016 hat für sich genommen für die hier entscheidende Frage ebenfalls keinen Beweiswert, weil es eine Wärmelieferung von der Holzverstromungs- an die Biodieselanlage nicht selbst belegt, sondern lediglich vom Kläger zu 2) festgestellte Werte wiedergibt. Die Liefermenge ergibt sich jedoch auch aus einer - von dem Beklagten nicht angezweifelten - Rechnung der Holzverstromungsanlage an die Klägerin zu 1) vom 31. Dezember 2015, die die Menge gesondert nach Monaten aufführt. Demnach ist im September 2015 eine Wärmemenge in Höhe von 17,53 MWh an die Biodieselanlage geflossen. Zwar ist eine Wärmezufuhr für die Herstellung von Biodiesel erforderlich. Ihr Nachweis allein reicht ohne den Beleg aller notwendigen Produktionsfaktoren aber noch nicht aus, um auch von einer Produktion auszugehen. Dies gilt nicht zuletzt mit Blick auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Wärme für die Tanks, und damit für die bloße Erhaltung der Fließfähigkeit von Altfetten, oder für den eigentlichen Biodiesel-Reaktor verwendet wurde.
108Als weiteren Produktionsfaktor haben die Kläger die Abnahme von Altfetten im Zeitraum von Januar bis August 2015 durch die Vorlage zahlreicher Rechnungen nachgewiesen. Dies zwingt aber zum einen deshalb nicht dazu, von einer Produktionsaufnahme auszugehen, weil die Kläger nach eigenen Angaben und unwidersprochen mit den Altfetten auch Handel betrieben haben, und zum anderen, weil die Herstellung von Biodiesel neben den Fetten und der Wärme vor allem Methoxid bzw. Methanol erfordert, für dessen Vorhandensein im hier maßgeblichen Zeitraum, wie ausgeführt, keine hinreichenden Hinweise bestehen. Die von den Klägern mit Schriftsatz vom 1. September 2023 vorgelegte Rechnung über den Kauf von 500 kg Kaliumhydroxid am 17. April 2014 reicht als Nachweis für eine Produktion von Rohester (insbesondere) ab dem 2. September 2015 aus den in der Verfügung des Berichterstatters vom 1. September 2023 genannten Gründen (Verbrauch dieser Menge bei einer Vollauslastung der Anlage binnen sechs Werktagen) nicht aus, zumal der Kläger zu 2) in der mündlichen Verhandlung betont hat, dass eine Rückgewinnung des eingesetzten Methanols in der Anlage nicht erfolgt sei.
109Dass der im Blockheizkraftwerk eingesetzte Zündstrahlmotor auf die Verwendung von Biodiesel angewiesen war, und dass es betriebswirtschaftlich sinnvoll sein mag, diesen nicht zuzukaufen, sondern selbst zu produzieren, belegt einen Betrieb gleichfalls nicht, da der Betrieb auch mit zugekauftem Kraftstoff oder Restbeständen als Alternative in Betracht kommt und die Verwendung des Eigenprodukts damit nicht zwingend ist. Zumindest für die hier in Rede stehende Phase der Betriebsaufnahme scheint sie sogar ausgeschlossen: Die Biodieselanlage war nach den insoweit nachvollziehbaren Schilderungen des Klägers zu 2) in der mündlichen Verhandlung zum Betrieb auf die Zufuhr von Wärme aus dem Blockheizkraftwerk angewiesen, weshalb der Kläger zu 2) letzteres auch vor Inbetriebnahme der Biodieselanlage in Gang gesetzt haben will. Da das Blockheizkraftwerk aber - wiederum nach eigenem Vortrag des Klägers zu 2) - ohne (Bio‑)Diesel nicht funktioniert hätte, müssen auf dem Betriebsgelände Restbestände oder Kraftstoffe aus anderen Quellen vorhanden gewesen sein. Soweit der Zeuge H. in der mündlichen Verhandlung die betriebstechnischen Verhältnisse genau gegenteilig in dem Sinne geschildet hat, dass das Blockheizkraftwerk ohne einen Betrieb der Biodieselanlage nicht hätte gestartet werden können, setzt er sich in Widerspruch zu den Aussagen des Klägers zu 2), der nach Angaben des Zeugen im Gegensatz zu ihm die erforderliche Sachkunde für den Betrieb der Biodieselanlage besaß. Unabhängig hiervon überzeugen die Angaben den Senat auch deshalb nicht, weil selbstproduzierter Biodiesel hinsichtlich des Blockheizkraftwerks sehr leicht durch einen anderen Kraftstoff ersetzt werden kann. Die Biodieselanlage während der „Anlaufphase“ mit Wärme aus einer anderen Quelle - etwa der Heizungsanlage des Wohnhauses - zu versorgen, wäre demgegenüber ungleich aufwändiger, zumal für einen solchen Tausch keine tatsächlichen Anhaltspunkte bestehen und der Kläger zu 2) in der mündlichen Verhandlung sogar - was dem Senat plausibel erscheint - angegeben hat, die Biodiesel- sei ohne die Holzverstromungsanlage nicht betrieben worden.
110Soweit die Kläger in der Berufungsbegründung vom 29. August 2022 (dort S. 40) vorgebracht haben, es sei nicht erklärlich, warum der Zeuge H. von der Klägerin zu 1) für die Wartung, Instandhaltung, Reinigung und Pflege der Holzverstromungs- und der Biodieselanlage angestellt worden sein sollte, wenn letztere nicht in Betrieb gegangen wäre, ist dies zunächst ein Argument, welches primär die Absicht der Kläger untermauern soll, wieder in die Biodieselproduktion einzusteigen, die vom Senat nicht bezweifelt wird. Darüber hinaus hat der Zeuge H. in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe lediglich im Bereich der Holzverstromungsanlage gearbeitet. Für die Biodieselanlage habe er erst später angelernt werden sollen; dazu sei es aber dann wegen des Brandes nicht mehr gekommen.
111Auch aus den übrigen Erkenntnissen aus der Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung kann der Senat weder hinreichend sicher auf einen Betrieb noch auf einen Nichtbetrieb der Biodieselanlage innerhalb des hier fraglichen Zeitraums schließen. Soweit der Zeuge E. angegeben hat, bei der während des Brandes aus der Halle ausgelaufenen Flüssigkeit könne es sich um Biodiesel gehandelt haben, ist dies zunächst nur eine Vermutung, die zwar durch das Sanierungs- und Entsorgungskonzept des Sachverständigenbüros Dr. U. vom 29. September 2015 gestützt wird. Das Gutachten (dort S. 5) geht allerdings davon aus, dass der hohe Anteil organischer Verbindungen auf der Brandstelle zum Teil von Biokraftstoffen, aber auch von Pflanzenölen herrühre. Auch die Zeugin F. hat angegeben, Behälter mit alten Fetten in der Halle gesehen zu haben. Darüber hinaus sagt das Vorhandensein von Biodiesel in der Halle nichts darüber aus, wann dieser hergestellt worden ist. Dass es nach Aussage des Zeugen E. im für die Produktion von Biodiesel vorgesehenen Hallenbereich eine Rauchgasdurchzündung gegeben hat, belegt nach dessen weiteren Angaben nicht mehr als das Vorhandensein brennbarer Stoffe.
112Soweit der Zeuge H. angegeben hat, die Biodieselanlage sei am Tag vor dem Brand in Betrieb gewesen, hält der Senat dies für nicht hinreichend belastbar. Der Zeuge stützt seine Aussage im Wesentlichen darauf, dass er das Blinken von LEDs auf dem dazugehörigen Display gesehen sowie eine Pumpe gehört habe; außerdem habe die Anlage gelegentlich „gepiept“. Gleichzeitig hat er angegeben, über keine hinreichende Erfahrung mit der Biodieselanlage verfügt zu haben und dass letztere allein im Verantwortungsbereich des Klägers zu 2) gelegen habe. Dieser wiederum hat in seiner E-Mail vom 3. September 2015 der Bezirksregierung mitgeteilt, auf der Anlage liefen noch Optimierungs- und Einstellarbeiten. Dies mag es mit sich bringen, dass die Biodieselanlage „eingeschaltet“ war. Ein allein maßgeblicher Produktionsbetrieb ist hierdurch aber noch nicht nachgewiesen, zumal der Zeuge auch den Grund für das Piepen der Anlage nicht angeben konnte. Das Geräusch einer Pumpe kann auch in Zusammenhang mit der bloßen Reinigung von Altfetten stehen, ohne dass darin ein Betrieb der Biodieselanlage zu sehen wäre.
113In gleichem Maße für nicht belastbar hält der Senat die Aussage des Zeugen Y., in der Halle sei überhaupt keine für die Produktion von Biodiesel erforderliche Anlage vorhanden gewesen. Sie basiert - wie der Zeuge selbst zugeben musste - auf einem Blick durch ein Fenster des betroffenen Hallenbereichs, das jedoch keine Sicht auf die gesamte Halle ermöglichte.
114Letztlich sieht sich der Senat auch nach einer abschließenden Gesamtbetrachtung aller vorstehenden Gesichtspunkte nicht in der Lage, einen Anlagenbetrieb im Zeitraum vom 2. bis 9. September 2015 mit hinreichender Sicherheit anzunehmen. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten sind nicht ersichtlich und auch von den Klägern nicht benannt worden.
115Ausgehend davon, dass ein genehmigungskonformer Betrieb der Anlage vor dem Brand nicht feststellbar ist, ist der Tatbestand des § 18 Abs. 3 BImSchG nicht erfüllt, ohne dass es auf die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 3 BImSchG ankommt. Für eine Ermessensentscheidung des Beklagten zugunsten der Kläger war demgemäß kein Raum.
116II. Die gegen die Nr. 1 des Tenors des angegriffenen Bescheides vom 27. Juli 2018 gerichtete Anfechtungsklage der Kläger bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
117Die Bezirksregierung durfte in Nr. 1 des Tenors des Bescheides vom 27. Juli 2018 förmlich feststellen, dass die für die Anlage erteilten Genehmigungen nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erloschen sind. Diese Vorschrift enthält die Befugnis der Behörde zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts. Zwar beschränkt sich der Wortlaut der Norm auf die Regelung, dass eine (immissionsschutzrechtliche) Genehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber einen Verwaltungsakt zur Konkretisierung dieser Bestimmung für den Einzelfall nicht zulassen wollte. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine solche Befugnis nicht notwendigerweise ausdrücklich geregelt sein muss. Vielmehr reicht es aus, dass sie sich dem Gesetz durch Auslegung entnehmen lässt. Eine solche - konkludente - Ermächtigung enthält § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Mit Blick auf den Zweck dieser Vorschrift, Klarheit über die nach Nichtbetrieb der Anlage bestehenden Pflichten des Anlagenbetreibers zu schaffen, liegt auf der Hand, dass das Normprogramm nur erfüllbar ist, wenn es der zuständigen Behörde auch erlaubt ist, die Regelung auf den Einzelfall umzusetzen; denn das mit dem Erlöschen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verbundene Ende der Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG begründet regelmäßig das Bedürfnis, den Bescheid - insbesondere hinsichtlich der erteilten Auflagen - der neuen Rechtslage, d. h. dem für die Anlage nunmehr geltenden Rechtsregime, anzupassen.
118Vgl. zu § 18 Abs. 2 BImSchG: BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 7 C 9.02 -, juris Rn. 10.
119Dem steht hier nicht entgegen, dass die Kläger das Erlöschen der Genehmigung für den Fall der Erfolglosigkeit ihres Verlängerungsantrags nie in Abrede gestellt haben. Die vorstehenden Ausführungen schließen die Befugnis der Behörde ein, das Erlöschen der Genehmigung auch ohne das Bestehen von insoweit grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten von Amts wegen festzustellen. Dass die Bezirksregierung die Frage des Erlöschens der Genehmigung im angefochtenen Bescheid vom 27. Juli 2018 gleichsam vor die Klammer gezogen und den eigentlichen Verlängerungsantrag nur sehr kurz unter Bezugnahme hierauf beschieden hat, mag der von den Klägern durch ihre Antragstellung vorgezeichneten Prüfungsreihenfolge nicht entsprechen, ist aber rechtlich gesehen unschädlich.
120Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
121Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
122Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.