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Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 8.9.2022 verpflichtet, der Klägerin den unter dem 20.1.2021 beantragten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid betreffend die Errichtung einer Windenergieanlage des Typs Vestas V162-6.0 (Nabenhöhe 169 m, Gesamthöhe 250 m) auf den Flurstücken 13 und 14 der Flur 00 der Gemarkung N. zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf dem Gebiet der Beigeladenen südwestlich des Ortsteils N..
3Etwa 1.000 m westlich des geplanten Standorts (Gemarkung N., Flur 00, Flurstücke 13 und 14) liegt die in Nord-Süd-Richtung verlaufende Bundesautobahn 02, etwa 800 m in südwestlicher Richtung befindet sich eine 380 kV-Hochspannungsleitung, ca. 1.500 m östlich liegt das Schloss N., das unter dem 9.9.1994 als Baudenkmal Nr. 01 in der Denkmalliste der Beigeladenen eingetragen wurde. Etwa 500 m vom geplanten Anlagenstandort aus in nordwestlicher Richtung befindet sich ein Bauernhaus mit der postalischen Anschrift D.-straße 0 (Gemarkung N., Flur 00, Flurstück 16), das unter dem 22.12.1995 als Baudenkmal Nr. 03 in der Denkmalliste der Beigeladenen eingetragen wurde. Etwa 1.000 m in südwestlicher Richtung des von der Klägerin geplanten Standorts ist eine weitere Windenergieanlage mit einer Gesamthöhe von ca. 230 m geplant, die bereits genehmigt ist. Nördlich des geplanten Standorts der Anlage der Klägerin befinden sich zwei Anlagen mit einer Gesamthöhe von ca. 240 m in einer Entfernung von etwa 2.300 m bzw. 2.600 m in Betrieb.
4Der geplante Standort liegt innerhalb des Bereichs des Landschaftsschutzgebiets „Nr. 04 N. A.“, das durch die Ordnungsbehördliche Verordnung zur Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten in der Gebietskulisse der Städte Y. und T. sowie in Teilen von F.-C., W., U. und Z. im Bereich des Kreises Q. vom 8.11.2012, geändert durch Ordnungsbehördliche Verordnung vom 23.3.2017, ausgewiesen wurde.
5Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen aus dem Jahr 2009 stellt für den Vorhabenstandort eine Fläche für die Landwirtschaft dar. Er enthält an anderer Stelle des Gemeindegebiets Ausweisungen von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen. Der Plan wurde am 18.3.2009 vom Rat der Beigeladenen beschlossen und am 19.6.2009 durch die Bezirksregierung K. genehmigt. In dem am 25.6.2009 durch den damaligen Bürgermeister unterzeichneten Bekanntmachungstext heißt es:
6„Genehmigung des Flächennutzungsplans der Stadt Y.
7Der Rat der Stadt Y. hat in seiner Sitzung am 18.03.2009 gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) [...] den Flächennutzungsplan der Stadt Y. festgestellt und mit der dazugehörenden Begründung beschlossen.
8Der räumliche Geltungsbereich der Flächennutzung erstreckt sich über das gesamte Stadtgebiet.“
9Nachfolgend ist der Text der Genehmigungsverfügung und der Bekanntmachungsanordnung wiedergegeben. Letztere enthält u. a. Hinweise auf die Möglichkeit der Einsichtnahme sowie darauf, dass verschiedene Mängel unbeachtlich werden, wenn sie nicht innerhalb näher bezeichneter Fristen gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind. Die Bekanntmachung dieser Genehmigung erfolgte am 26.6.2009 im Amtsblatt der Beigeladenen.
10Die mit dem Flächennutzungsplan aus dem Jahr 2009 ausgewiesenen Konzentrationszonen stimmen mit denen überein, die erstmals durch die 32. Änderung des Flächennutzungsplans im Jahr 1999 dargestellt worden waren. Die 32. Änderung war am 24.3.1999 vom Rat der Beigeladenen beschlossen und am 28.6.1999 durch die Bezirksregierung K. genehmigt worden. In dem am 2.6.1999 durch den damaligen Ersten Beigeordneten in Vertretung des Bürgermeisters unterzeichneten Bekanntmachungstext heißt es:
11„Der Rat der Stadt Y. hat in seiner Sitzung am 24.03.1999 die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) [...] aufgestellte 32. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Y. (Konzentrationszonen für Windenergieanlagen) festgestellt und den dazugehörenden Erläuterungsbericht beschlossen.
12Lage der Änderungsbereiche:
13Die 32. Flächennutzungsplanänderung umfaßt vier Planbereiche:
14 B./P. (ca. 50 ha),
15 V./G. (ca. 10 ha),
16 M./R. (ca. 10 ha) und
17 S./X. (ca. 25 ha).
18Der räumliche Geltungsbereich der vier Teilbereiche der Flächennutzungsplanänderung ist in den abgedruckten Übersichtsplänen dargestellt.“
19Nachfolgend ist der Text der Genehmigungsverfügung und der Bekanntmachungsanordnung wiedergegeben. Letztere enthält u. a. Hinweise auf die Möglichkeit der Einsichtnahme sowie darauf, dass verschiedene Mängel unbeachtlich werden, wenn sie nicht innerhalb näher bezeichneter Fristen gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind. Die Bekanntmachung dieser Genehmigung erfolgte am 9.7.1999 im Amtsblatt Nr. 15 der Beigeladenen.
20Am 13.6.2018 beschloss der Rat der Beigeladenen die 7. Änderung des Flächennutzungsplans „Sachlicher Teilflächennutzungsplan Windenergie“. Die Bezirksregierung K. versagte mit Verfügung vom 13.11.2018 die Genehmigung dieses Plans.
21Die Klägerin beantragte unter dem 20.1.2021 bei dem Beklagten die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids für eine Windenergieanlage des Typs Vestas V162-6.0 mit einer Nabenhöhe von 169 m, einem Rotordurchmesser von 162 m und einer Leistung von 6,0 MW auf dem Grundstück Gemarkung N., Flur 00, Flurstücke 13 und 14. Der Vorbescheid sollte sich ausweislich der Antragsunterlagen auf Bauplanungsrecht und Festsetzungen des Landschaftsschutzes beziehen, wobei auf Informationen in einem erläuternden Begleittext verwiesen wurde; in der Kurzbeschreibung wurde zum Umfang der zu prüfenden Belange ausgeführt, es solle darauf abgestellt werden,
22„ob folgende Punkte aus § 35 Abs. 3 BauGB dem Vorhaben entgegenstehen:
23§ 35 Abs. 3 Punkt 1: Darstellung des Flächennutzungsplans,
24§ 35 Abs. 3 Punkt 2: Darstellung des Landschaftsplans oder sonstiger Pläne“.
25Ausdrücklich nicht geprüft werden sollten danach weitere in § 35 Abs. 3 BauGB benannte Belange, darunter die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes, der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswerts oder des Orts- und Landschaftsbilds.
26Im Zuge der Behördenbeteiligung äußerte sich die Beigeladene mit Schreiben vom 11.5.2021 im Wesentlichen wie folgt: In planungsrechtlicher Hinsicht befinde sich der beantragte Standort im Außenbereich sowie im Landschaftsschutzgebiet Nr. 11. Der Flächennutzungsplan stelle für den Standort „Fläche für die Landwirtschaft“ dar, der Standort liege jedoch nicht in einer von vier für das Stadtgebiet ausgewiesenen Windkraftkonzentrationszonen. Er liege auch nicht in einem Bereich, den die 7. Änderung des Flächennutzungsplans aus dem Jahr 2018, deren Genehmigung allerdings durch die Bezirksregierung K. versagt worden sei, als konzentrationsfähig angesehen habe. Zudem stünden der Errichtung der Windenergieanlage öffentliche Belange des Denkmalschutzes entgegen, da von ihr erhebliche Beeinträchtigungen für den Sicht- und Funktionsbereich der Schlossanlage N. sowie der historischen Kulturlandschaft ausgingen.
27Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe teilte mit E-Mail vom 28.4.2021 mit, es bestünden aus Sicht der Baudenkmalpflege Bedenken. Die geplante Anlage beeinträchtige das Erscheinungsbild des Baudenkmals Schloss N. und sei deshalb nach § 9 DSchG NRW erlaubnispflichtig. Weil das Maß der Beeinträchtigung erheblich sei, könne eine Zustimmung nicht in Aussicht gestellt werden. Schloss N. sei eine große, symmetrisch geplante barocke Schlossanlage von eindrucksvollen Baukörpern der Haupt- und Vorburg und mit souveräner und weit ins Land wirkender Gestaltung; die kilometerlangen Alleen und Waldschneisen gehörten zu den wesentlichen Schutzgegenständen des Denkmalwerts. Die geplante Windenergieanlage mit einer Gesamthöhe von etwa 250 m überrage den von Sicht- und Wegeachsen westlich am Schloss angebundenen Wald und sei unmittelbar zusammen mit dem Baudenkmal sichtbar. Aufgrund ihrer Höhe und wegen der sich drehenden Rotoren greife die geplante Anlage gravierend in die Beziehungen des Baudenkmals zu seinem Umfeld ein. Zudem beeinträchtige die Anlage auch das Erscheinungsbild des ebenfalls denkmalgeschützten Bauernhauses D.-straße 0.
28Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 8.9.2022 den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids ab und stellte fest, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlichen Belangen des Denkmalschutzes gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB sei nicht erfüllt. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Der geplante Standort liege nicht innerhalb einer Windenergiekonzentrationszone der Beigeladenen. Deshalb sei die planungsrechtliche Zulässigkeit als ein kritischer Aspekt für die Vollgenehmigung der Anlage anzusehen. Durch die Errichtung und den Betrieb der beantragten Windenergieanlage würden Eigenart und Schönheit der Landschaft so negativ beeinflusst, dass kulturelle Gegebenheiten und eine bewusste Wahrnehmung der Schlossanlage N. in den Hintergrund rückten. Eine Windenergieanlage mit 250 m Gesamthöhe passe sich offensichtlich nicht in die leicht wellige Landschaft der Umgebung ein, sondern stelle einen Fremdkörper dar, der nicht nur im unmittelbaren Nahbereich, sondern im Umkreis mehrerer Kilometer auf das historische und harmonische Kulturlandschaftsbild einwirke. Der Raum um den geplanten Standort sei bislang frei von relevanten Vorbelastungen, insbesondere seien keinerlei vertikale technische Strukturen vorhanden, die den Dimensionen der beantragten Anlage vergleichbar wären. Die Windenergieanlage entspreche einem technischen Element, welches das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Schlosses N. und die kontemplative Wahrnehmung der Schlossanlage nebst Ländereien massiv störe. Es könne von einer technischen Überformung gesprochen werden, die durch die Drehbewegung des Rotors noch gesteigert werde, denn die geplante Anlage solle in der direkten Sichtachse zum Haupthaus des Schlosses liegen. Wirksame Sichtverschattungen, die diese Wirkungen mindern könnten, seien bei einem Bauwerk dieser Höhe nicht gegeben. Die Errichtung der Anlage würde zu einer erstmaligen technischen Überprägung führen, die einer qualifizierten Beeinträchtigung im Sinne einer „Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes“ gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entspreche. Eine Verunstaltung sei gegeben, da das Vorhaben selbst hässlich sei, das ästhetische Empfinden verletze und sich nicht in die Kulturlandschaft einpasse, sondern als Fremdkörper empfunden werde. Zudem sei eine Präzedenzwirkung und schließlich eine vollständige Aushöhlung des Denkmalschutzes in diesem Bereich zu befürchten. Das Vorhaben sei also in seiner Umgebung grob unangemessen und werde von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden.
29Die Klägerin bestätigte mit Empfangsbekenntnis vom 20.9.2022, den Bescheid erhalten zu haben.
30Sie hat am 20.10.2022 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:
31Sie habe einen Anspruch auf die Erteilung des begehrten Vorbescheids, da die von ihr zur Entscheidung gestellten Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB nicht entgegenstünden und auch im Rahmen einer vorläufigen Gesamtprognose keine Gesichtspunkte ersichtlich seien, die der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung voraussichtlich entgegenstünden.
32Der Bescheid vom 8.9.2022 setze sich nicht mit den von ihr zur Entscheidung gestellten Fragestellungen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB auseinander.
33Eine Prüfung des Denkmalschutzes im Rahmen von § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BauGB habe sie gemäß der mit den Antragsunterlagen eingereichten Kurzbeschreibung nicht gewünscht. Zudem stünden Belange des Denkmalschutzes der Errichtung und dem Betrieb der beantragten Windenergieanlage voraussichtlich nicht entgegen. Insoweit sei § 2 EEG vom Beklagten zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Aus der Norm ergebe sich, dass auch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens und im Hinblick auf den Denkmalschutz die überragende Bedeutung der Windenergie Berücksichtigung finden müsse. Die geplante Anlage solle in einem Abstand von ca. 1.500 m zum Schloss N. errichtet werden. Dieser immense Abstand des etwa 6-fachen der Gesamthöhe verdeutliche, dass die Anlage gerade nicht „in der engeren Umgebung“ des Schlosses N. als Baudenkmal gemäß § 9 Abs. 2 DSchG NRW errichtet werden solle.
34Ergänzend sei zu berücksichtigen, dass bereits drei Windenergieanlagen in L. und Y.-N. stünden, die vom Schloss N. aus sichtbar seien und damit eine maßgebliche Vorbelastung darstellten. Zudem existierten immissionsschutzrechtliche Genehmigungen bzw. positive immissionsschutzrechtliche Vorbescheide für zehn weitere Windenergieanlagen innerhalb von zwei bis fünf Kilometern um das Schloss N.. Es sei daher davon auszugehen, dass in naher Zukunft auch diese erhebliche Anlagenzahl gemeinsam mit der streitgegenständlichen Windenergieanlage sichtbar sein werde.
35Jedenfalls sei die Erlaubnis zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstünden oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlange. Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen lägen im überragenden öffentlichen Interesse, welches im Rahmen abwägender Entscheidungen nur in Ausnahmefällen überwunden werden können. Vorliegend verlange dieses überragende öffentliche Interesse die Maßnahme. Insoweit sei auch auf das Windenergieflächenbedarfsgesetz hinzuweisen, welches das Land Nordrhein-Westfalen verpflichte, bis zum 31.12.2027 1,1 % und bis zum 31.12.2032 insgesamt 1,8 % der Landesfläche für Windenergieanlagen bereitzustellen.
36Ein atypischer Ausnahmefall, in dem das regelmäßige Übergewicht der erneuerbaren Energien überwunden werden könne, liege nicht vor. Zwar werde die Anlage hinter dem Schloss sichtbar sein, wenn man sich über die Schlossallee auf die Gebäude zu bewege, mit zunehmender Annäherung verschwinde die Anlage jedoch hinter den Gebäuden. Der Wechsel der Durchblicke zwischen Gebäuden mit barocken Turmhelmen und in die offene Landschaft werde gerade nicht beeinträchtigt.
37Insoweit verweise sie auf die von ihr vorgelegte Visualisierung für den Standort Wasserschloss N. der X. vom 12.7.2023 bzw. vom 29.9.2023, welche die Wirkungen der geplanten Anlage auf der Grundlage zahlreicher Fotopunkte, die gemeinsam mit dem LWL ausgewählt worden seien, verdeutliche.
38Zudem werde die Anlage nur vorübergehend betrieben, mit ihrem Rückbau entfielen sämtliche Beeinträchtigungen. Die Umgebung sei schon heute durch zahlreiche Windenergieanlagen, eine Stromtrasse sowie eine Autobahn vorbelastet. Auch an anderer Stelle in Nordrhein-Westfalen seien Windenergieanlagen in etwa 1.600 bis 1.800 m Abstand zu einem unter Denkmalschutz stehenden Schloss genehmigt worden. Standortalternativen seien zu Lasten des Vorhabenträgers nicht zu berücksichtigen.
39Soweit sich der Bescheid auf eine Beeinträchtigung der „historischen Kulturlandschaft“ beziehe, sei nicht erkennbar, inwieweit dies zur Unzulässigkeit der Anlage führe. Eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB sei schon deshalb nicht erkennbar, weil der Standort des Vorhabens gerade nicht innerhalb des Kulturlandschaftsbereichs (KLB) Nr. 000 „Schloss N./H.“, sondern ca. 300 m westlich davon liege. Zudem werde in dieser Kulturlandschaft bereits seit 500 Jahren Energie erzeugt. Im Umkreis des Schlosses lägen drei Wassermühlen und eine Windmühle. Unabhängig davon sei auch in diesem Zusammenhang das überragende öffentliche Interesse an der Realisierung der beantragten Windenergieanlage in Rechnung zu stellen. Der Standort sei zudem durch die im Westen verlaufende Autobahn und eine im Südwesten gelegene 380 kV-Trasse vorbelastet.
40Auch hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung des Bauernhauses D.-straße 0 könnten dem Vorhaben Belange des Denkmalschutzes nicht entgegengehalten werden. Unabhängig davon, ob eine Beeinträchtigung durch die Windenergieanlage überhaupt vorliege, sei das überwiegende öffentliche Interesse an der Realisierung des Vorhabens zu berücksichtigen. Zudem befinde sich in knapp 100 m Entfernung von dem Bauernhaus in Richtung der geplanten Windenergieanlage ein Eichenbestand, der die Sicht des Hauses auf die Anlage weitgehend verdecke.
41Auch von einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbilds gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB könne aus diesen Gründen nicht die Rede sein.
42Selbst die Lage in einem Landschaftsschutzgebiet sei ab dem 1.2.2023 kein Hinderungsgrund für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mehr. Entsprechendes müsse erst recht im nicht förmlich unter Landschaftsschutz stehenden Außenbereich gelten.
43Mit ihrem Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids habe sie ausdrücklich darum gebeten, die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen im Zusammenhang mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen aus dem Jahr 2009 zu prüfen. Dazu enthalte der angefochtene Bescheid keine Aussage.
44Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen aus dem Jahr 2009 sei unwirksam und könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden.
45Er leide zunächst an einer fehlerhaften Schlussbekanntmachung. Diese enthalte zwar die Aussage, dass sich der räumliche Geltungsbereich der Flächennutzung über das gesamte Stadtgebiet erstrecke. Es werde aber an keiner Stelle darauf hingewiesen, dass dem Flächennutzungsplan verbindliche Rechtsnormqualität insoweit zukomme, als er Konzentrationszonen für Windenergieanlagen mit gleichzeitiger Regelausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB festlege. Aus der Schlussbekanntmachung werde noch nicht einmal deutlich, dass der Flächennutzungsplan 2009 überhaupt Darstellungen zur Windenergienutzung enthalte.
46Zudem leide der Plan an einem Fehler im Abwägungsergebnis, da er der Windenergienutzung keinen substanziellen Raum verschaffe. Davon gehe auch der Beklagte aus, da er in den letzten Jahren mehrere immissionsschutzrechtliche Bescheide erlassen habe, in denen er einen solchen Fehler im Abwägungsergebnis des Plans annehme.
47Gegenstand des Vorbescheidsantrags sei ferner die Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB, dabei gehe es insbesondere um die Lage des Vorhabens im Landschaftsschutzgebiet N. A. (LSG0000-0000). Der angefochtene Bescheid enthalte dazu keine Ausführungen. Die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten habe in ihrer Stellungnahme vom 17.3.2021 mitgeteilt, aus naturschutzrechtlicher Sicht sprächen keine grundsätzlichen Gründe gegen die Errichtung im Landschaftsschutzgebiet, wenn im Genehmigungsverfahren eine hinreichende Begründung für die erforderliche Befreiung von den Verboten der Landschaftsschutzverordnung vorgebracht werden könne. Zudem ergebe sich aus § 26 Abs. 3 BNatSchG, dass eine Befreiung von dem Bauverbot ab dem 1.2.2023 nicht mehr erforderlich sei. Schließlich sei noch einmal darauf hinzuweisen, dass eine maßgebliche infrastrukturelle Vorbelastung durch die Autobahn und eine 380-kV-Trasse bestehe und der Außenbereich der Beigeladenen flächendeckend unter Landschaftsschutz stehe; vor diesem Hintergrund habe der Beklagte auch in mehreren anderen Verfahren Befreiungen von landschaftsschutzrechtlichen Bauverboten erteilt. Das beantragte Vorhaben stehe daher auch mit § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB im Einklang.
48Im Übrigen stünden dem Vorhaben im Rahmen einer vorläufigen Gesamtprognose keine unüberwindlichen öffentlichen Belange entgegen.
49Aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.3.2021 ergebe sich, dass diese „keine unlösbaren Probleme“ in artenschutzrechtlicher Sicht erwarte. Ferner sei auf § 45b Abs. 1 bis 6 BNatSchG hinzuweisen, der deutliche Erleichterungen im Vergleich zur früheren Rechtslage enthalte, zudem sähen § 45b Abs. 8 und 9 BNatSchG vereinfachte Möglichkeiten der Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme vor.
50Auch ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot in Form einer optisch bedrängenden Wirkung sei nicht zu erwarten. Dies ergebe sich aus § 249 Abs. 10 BauGB.
51Die Klägerin beantragt,
52den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 8.9.2022 zu verpflichten, ihr gemäß Antrag vom 20.1.2021 einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage vom Typ Vestas V162-6.0, Nabenhöhe 169 m, Gesamthöhe 250 m, Rotordurchmesser 162 m, mit einer Leistung von 6.000 kW auf dem Grundstück Gemarkung N., Flur 00, Flurstücke 13 und 14 gemäß § 9 BImSchG zu erteilen.
53Der Beklagte beantragt,
54die Klage abzuweisen.
55Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:
56Die Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG umfasse auch die denkmalschutzrechtliche Genehmigung. Im Vorbescheidsverfahren würden überschlägig alle Genehmigungsvoraussetzungen geprüft, dies habe vorliegend zu dem Ergebnis geführt, dass das Vorhaben mit dem Denkmalschutz gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht vereinbar sei, deshalb sei der Vorbescheidsantrag abgelehnt worden.
57Es seien fachliche Expertisen der Beigeladenen, des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe sowie des Regionalverbands Ruhr eingeholt worden, deren Beurteilungen die notwendige Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte aufwiesen und deren Bedenken berechtigt seien. Aus ihnen gehe hervor, dass die Beziehung des Schlosses N. zu seiner Umgebung von entscheidender Bedeutung sei und die geplante Windenergieanlage das Schloss gleichsam übertönen würde. Der Gesamteindruck des Denkmals würde durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage empfindlich gestört, diese Beeinträchtigung wäre deutlich wahrnehmbar. Auch nach erneuter Prüfung durch den LWL habe dieser mit Stellungnahme vom 3.2.2023 kein anderes Ergebnis feststellen können. Nicht nur ein sachverständiger Betrachter, sondern auch ein Besucher der Schloss- und Parkanlage würde die durch das Vorhaben entstehende Veränderung als belastend empfinden. Die Windenergieanlage stünde in der direkten Sichtachse vom einzig ausgebauten Weg, der Schlossallee, über die Besucher zum Schloss gelangen könnten. Sie lasse daher die gebotene Achtung gegenüber den durch Schloss N. verkörperten Werten vermissen und werde einen unästhetischen Kontrast schaffen. Die repräsentative Blickbeziehung ausgehend von der Erschließung des Anwesens über die Schlossallee auf das Baudenkmal sei von zentraler Bedeutung für die räumliche Ausgestaltung und Topographie. Sie habe eine landschaftsprägende Wirkung, die besonders zu berücksichtigen sei und massiv für die Beibehaltung des bisherigen Zustands spreche. Der Abstand der geplanten Anlage zum Schloss N. von etwa 1.500 m schließe einen denkmalrechtlichen Konflikt nicht aus, da die Anlage und das Baudenkmal in direktem Zusammenhang gesehen werden könnten und die Beziehungen von Baudenkmal und Umfeld weit über 1.500 m hinaus reichten. Der deutliche Gegensatz von Windenergieanlage und Baudenkmal widerspreche der Erwartungshaltung des Betrachters und belaste die Wahrnehmung des Denkmals so sehr, dass es in seinem Zeugniswert betroffen werde. Dies verdeutliche auch eine im Rahmen der Aufstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplans der Beigeladenen erstellte Visualisierung, die schon bei einer kleineren Anlage mit einer Nabenhöhe von 119 m statt 169 m die Auswirkungen erkennen lasse. Die Rotorspitze der von der Klägerin geplanten Anlage werde bei senkrechter Ausrichtung maximal 3 bis 5 Meter durch das Dach von Schloss N. verdeckt. Die bestehenden und übrigen geplanten Windenergieanlagen im Umkreis des Schlosses lägen in einer Entfernung von 2,8 bis 6,0 km und nicht in der direkten Sichtachse ausgehend von dem einzigen ausgebauten Weg für Besucher zum Schloss. Diese Anlagen seien allenfalls beim seltenen Betreten einer Rasenfläche südlich des Schlosses wahrnehmbar, wobei die Sicht durch das Schloss selbst sowie den anschließenden Wald weitgehend verdeckt werde. Lediglich die Anlage E. liege ebenfalls in der genannten Sichtachse, allerdings sei sie kleiner (Nabenhöhe 150 m, Rotordurchmesser 158 m und Gesamthöhe 229 m) und befinde sich in einer Entfernung von 2,5 km.
58Anders als nach dem sonst üblichen Verständnis von Vorbelastung führe diese im Denkmalrecht nicht zu einer Verminderung der Schutzwürdigkeit, denn die Summationswirkung der bereits vorhandenen Anlagen verstärke die Beeinträchtigung. Blicke man von der Schlossallee auf das Schloss, seien am südlichen Rand des Sehfelds bereits die Bewegungen der zukünftigen Anlage E. wahrzunehmen. Die Errichtung der Anlage der Klägerin im zentralen Sichtbereich führte dazu, dass das gesamte historische und harmonische Kulturlandschaftsbild übertönt werde. Nur durch den Wegfall der Anlage der Klägerin werde ein angemessener Sichtkorridor und damit verbunden der Denkmalwert des Schlosses erhalten.
59Nichts anderes ergebe sich aus der Autobahn A 02 und der im Südwesten verlaufenden 380 kV-Stromtrasse. Diese Vorbelastungen seien für den Betrachter von der Schlossallee aus nicht ersichtlich und könnten daher nicht die Schutzbedürftigkeit der Landschaft herabsetzen.
60Die geplante Windenergieanlage werde auch das Erscheinungsbild des nordwestlich gelegenen, denkmalgeschützten Bauernhauses unter der Adresse D.-straße 0 beeinträchtigen, so dass die Errichtung der Anlage auch deshalb nach § 9 Abs. 2 DSchG NRW erlaubnispflichtig sei. Es sei zu erwarten, dass das im 18. Jahrhundert errichtete und im 19. Jahrhundert behutsam erweiterte Bauernhaus im Zusammenhang mit der geplanten Anlage gesehen werden könne, dies könne nur mit Hilfe entsprechender Visualisierungen beurteilt werden.
61Zwischen der Anhörung zur beabsichtigten Ablehnung am 27.5.2021 und dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids seien von der Klägerin verschiedene Änderungen vorgeschlagen worden, z. B. eine Standortverschiebung der Anlage, deren Beurteilung zu einem positiven Ergebnis geführt habe. Einen neuen Vorbescheidsantrag habe die Klägerin jedoch nicht gestellt. Den Zielen des Klimaschutzes könne ebenso mit einer Verwirklichung des Vorhabens an einem anderen Standort gedient werden. Der Anteil der Fläche der Beigeladenen, der bereits jetzt für die Windenergie zur Verfügung stehe, betrage mehr als 1,8 %, so dass bereits jetzt viel Raum geschaffen werde und keine Verhinderungshaltung bestehe.
62In die Beurteilung sei insbesondere einbezogen worden, dass die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen im überragenden öffentlichen Interesse lägen und eine deutliche höhere Gewichtung gegenüber dem Denkmal- oder Landschaftsschutz erhalten hätten. Dennoch sei eine Ablehnung unumgänglich gewesen. Auch weiterhin solle der Belang der Windenergienutzung in Ausnahmefällen durch den Belang des Denkmalschutzes überwunden werden können, ein solcher Fall liege vor.
63Die Windenergieanlage beeinträchtige aus den dargestellten Gründen auch den Kulturlandschaftsbereich Nr. 000 „Schloss N./H.“, auch wenn sie ca. 300 m westlich davon liege.
64Die Frage der Wirksamkeit des Flächennutzungsplans der Beigeladenen aus dem Jahr 2009 sei nicht entscheidungserheblich gewesen. Der Rat der Beigeladenen habe einen Aufstellungsbeschluss für einen sachlichen Teilflächennutzungsplan Windenergie (zugleich 7. Änderung des Flächennutzungsplans) gefasst, der Anlagenstandort befinde sich nicht innerhalb der darin vorgesehenen Konzentrationszonen.
65Ob eine naturschutzrechtliche Befreiung von den Verboten der Landschaftsschutzverordnung erteilt werden könne oder ob die Lage innerhalb eines Landschaftsschutzgebiets nach der neuen Rechtslage kein Hinderungsgrund mehr sei, sei ebenfalls nicht entscheidend für die Ablehnung des Vorbescheidsantrags gewesen.
66Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie ist dem Klagevorbringen in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten.
67Die Berichterstatterin des Senats hat die Örtlichkeit mit den Beteiligten am 14.8.2023 in Augenschein genommen.
68Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen immissionsschutzrechtlichen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie der beigezogenen denkmalrechtlichen Akten der Beigeladenen und der Aufstellungsvorgänge zu den vorgenannten Flächennutzungsplänen der Beigeladenen verwiesen.
69Entscheidungsgründe:
70Die Klage ist zulässig und begründet. Die Ablehnung des begehrten Vorbescheids durch den Bescheid des Beklagten vom 8.9.2022 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Erteilung des unter dem 20.1.2021 beantragten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids.
71Gemäß § 9 Abs. 1 BImSchG soll auf Antrag durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids besteht.
72Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids (dazu I.). Die von ihr formulierten Fragen sind zulässiger Gegenstand eines Vorbescheids (dazu II.). Die im Antrag vom 20.1.2021 abgefragten Genehmigungsvoraussetzungen liegen vor (dazu III.). Dem Vorhaben stehen die vom Beklagten herangezogenen Belange des Denkmalschutzes (dazu IV.) sowie weitere angesprochene Belange (dazu V.) nicht entgegen. Die für die Erteilung eines Vorbescheids erforderliche vorläufige positive Gesamtbewertung fällt auch im Übrigen zugunsten der Klägerin aus (dazu VI.).
73I. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse daran, dass gemäß ihrem Antrag das Entgegenstehen von Darstellungen eines Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans bzw. eines förmlichen Landschaftsschutzes im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens durch einen Vorbescheid geklärt wird. Dessen Bindungswirkung ist geeignet, ihr Investitionsrisiko zu verringern.
74Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21.4.2020 - 8 A 311/19 -, NWVBl 2020, 383 = juris.
75II. Die Klägerin durfte die Frage zum Gegenstand eines Vorbescheids machen, ob die Darstellungen des Flächennutzungsplans oder des Landschaftsplans bzw. eines förmlichen Landschaftsschutzes der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit ihres Vorhabens entgegenstehen.
76Ein Vorbescheid kann zu jeder für die Genehmigung relevanten Frage ergehen, die im Vorgriff auf sie rechtlich und tatsächlich geklärt werden kann, insbesondere zu bauplanungsrechtlichen Fragen. Dies schließt umgekehrt für den Antragsteller auch das Recht ein, einzelne für die Genehmigung relevante Fragen aus der Prüfung auszuklammern.
77III. Die im Antrag vom 20.1.2021 ausdrücklich abgefragten Genehmigungsvoraussetzungen liegen vor. Dem Vorhaben stehen weder die Flächennutzungsplanung der Beigeladenen (dazu 1.) noch eine Landschaftsplandarstellung bzw. die Lage im Landschaftsschutzgebiet „N. A.“ (dazu 2.) entgegen.
781. Dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Vorhaben der Klägerin steht die Flächennutzungsplanung der Beigeladenen nicht entgegen. Dies gilt sowohl für die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB durch die Ausweisung von Konzentrationszonen an anderer Stelle des Gemeindegebiets (dazu a)) als auch für den öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB (dazu b)).
79Der Senat versteht den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Vorbescheids dahingehend, dass nicht nur der ausdrücklich benannte Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB, sondern auch die Ausschlusswirkung der Konzentrationszonenplanung der Beigeladenen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB abgefragt werden sollte. Dies ergibt sich insbesondere aus der unmittelbar auf die „zu prüfenden Belange“ folgenden „Beschreibung der planungsrechtlichen Situation“ in den Antragsunterlagen, wonach der bestehende Flächennutzungsplan keine räumliche Steuerungswirkung entfalten könne.
80a) Dem Vorhaben der Klägerin steht nicht gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie an anderen Stellen des Gemeindegebiets der Beigeladenen entgegen.
81§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bestimmt unter anderem für Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, dass ihnen in der Regel auch dann öffentliche Belange entgegenstehen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.
82Eine solche Ausweisung mit Ausschlusswirkung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB liegt jedoch nicht vor.
83Sie ergibt sich nicht aus der durch den Rat der Beigeladenen im Jahr 2018 beschlossenen 7. Änderung des Flächennutzungsplans. Diese Änderung ist nicht in Kraft getreten, da die Bezirksregierung K. die erforderliche Genehmigung des Plans mit Verfügung vom 13.11.2018 versagt hat.
84Eine Ausweisung von Konzentrationszonen mit Wirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ergibt sich auch nicht aus dem am 18.3.2009 durch den Rat der Beigeladenen beschlossenen Flächennutzungsplan. Er ist jedenfalls insoweit unwirksam, als mit ihm die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden sollen, denn er genügt nicht den insoweit zu stellenden Anforderungen an die Bekanntmachung der Genehmigung eines Flächennutzungsplans, der auf eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB angelegt ist.
85Nach § 6 Abs. 1 BauGB bedarf der Flächennutzungsplan der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 BauGB ist die Erteilung der Genehmigung eines Flächennutzungsplans ortsüblich bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung wird der Flächennutzungsplan wirksam, § 6 Abs. 5 Satz 2 BauGB.
86Für die Bekanntmachung von Flächennutzungsplänen, die eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzielen sollen, gilt der Grundsatz, dass die Bekanntmachung der Genehmigung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 BauGB geeignet sein muss, auf die angestrebte, den gesamten Außenbereich betreffende Wirkung des Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hinzuweisen.
87Vgl. dazu grundlegend OVG NRW, Urteil vom 6.12.2017 - 7 D 100/15.NE -, juris, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 29.10.2020 - 4 CN 2.19 -, BauR 2021, 652 = juris, sowie auch OVG NRW, Beschluss vom 11.8.2022 - 22 A 1492/20 -, juris, mit umfassenden Nachweisen.
88Diesen Anforderungen wird die Bekanntmachung des am 18.3.2009 beschlossenen Flächennutzungsplans vom 26.6.2009 nicht gerecht. Sie lässt nicht erkennen, dass es um eine Planung geht, die für den gesamten Außenbereich der Beigeladenen eine Ausschlusswirkung für die Nutzung von Windenergie erzielen soll. Die Formulierung „Der räumliche Geltungsbereich der Flächennutzung erstreckt sich über das gesamte Stadtgebiet.“ weist nicht auf eine damit beabsichtigte Ausschlusswirkung im übrigen Gemeindegebiet hin.
89Auch die 32. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen aus dem Jahr 1999 enthält keine wirksame Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie. Die Bekanntmachung dieser Planänderung vom 9.7.1999 genügt den dargestellten Anforderungen ebenfalls nicht. Auch sie verdeutlicht nicht, dass die Festsetzung der vier Konzentrationszonen im übrigen Gemeindegebiet eine Ausschlusswirkung entfalten soll. Die Formulierung, die Planänderung umfasse „vier Planbereiche“, deren räumlicher Geltungsbereich in den abgedruckten Übersichtsplänen dargestellt sei, lässt dies nicht erkennen. Ebenso wenig vermag nach der vorstehend zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.10.2020 die Verwendung des Ausdrucks „Konzentrationszonen für Windenergieanlagen“ in der Bekanntmachung eine solche Hinweiswirkung zu begründen.
90b) Die Darstellung einer Fläche für die Landwirtschaft im Flächennutzungsplan der Beigeladenen aus dem Jahr 2009 steht im vorliegenden Einzelfall nicht im Widerspruch zum Vorhaben der Klägerin (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB).
91Die Darstellung von Flächen für die Landwirtschaft in einem Flächennutzungsplan enthält im allgemeinen keine qualifizierte Standortzuweisung, sondern weist dem Außenbereich nur die ihm ohnehin zukommende Funktion zu, der Land- und Forstwirtschaft und damit zugleich der allgemeinen Erholung zu dienen.
92Vgl. BVerwG, Urteil vom 6.10.1989 - 4 C 28.86 -, NVwZ 1991, 161 = juris; OVG NRW, Urteil vom 16.5.2023 - 7 D 423/21.AK -, BauR 2023, 1353 = juris.
93Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall mit der Darstellung einer Fläche für die Landwirtschaft eine darüber hinausgehende planerische Intention verbunden gewesen sein könnte, sind weder aufgezeigt noch aus den beigezogenen Aufstellungsvorgängen ersichtlich.
942. Dem Vorhaben der Klägerin kann auch nicht die Lage im Landschaftsschutzgebiet „N. A.“ entgegengehalten werden.
95Der Senat geht mit Blick auf die Antragsfassung und deren Erläuterung sowie die weitere Begründung davon aus, dass die Klägerin ihren Antrag insoweit nicht auf den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB beschränken, sondern den Standort im Landschaftsschutzgebiet unter allen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB in Betracht kommenden Belangen zur Prüfung stellen wollte.
96Aus diesem Standort ergibt sich zunächst kein Widerspruch zu Darstellungen eines Landschaftsplans oder eines sonstigen Plans im Sinne der ausdrücklich durch die Klägerin abgefragten Genehmigungsvoraussetzung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB.
97Der Vorhabenstandort liegt nach dem Inhalt der Akten und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung außerhalb der im Gebiet des Beklagten geltenden Landschaftspläne. Sonstige Pläne, zu denen das Vorhaben im Widerspruch stehen könnte, sind weder von den Beteiligten aufgezeigt noch aus vorliegenden Akten ersichtlich.
98Das Vorhaben beeinträchtigt durch seine Lage im Landschaftsschutzgebiet „N. A.“ auch keine Belange des Naturschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB.
99Dies ergibt sich schon aus § 26 Abs. 3 BNatSchG in der Fassung des 4. Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 20.7.2022 (BGBl. I S. 1362). Danach sind in einem Landschaftsschutzgebiet die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen sowie der zugehörigen Nebenanlagen nicht verboten, wenn sich der Standort der Windenergieanlagen in einem Windenergiegebiet nach § 2 Nr. 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20.7.2022 - WindBG - befindet (§ 26 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG n. F.); für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens bedarf es insoweit keiner Ausnahme oder Befreiung (§ 26 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG n. F.). Bis gemäß § 5 WindBG festgestellt wurde, dass das jeweilige Land den Flächenbeitragswert nach Anlage 1 Spalte 2 oder der jeweilige regionale oder kommunale Planungsträger ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel erreicht hat, gilt Satz 1 auch außerhalb von für die Windenergienutzung ausgewiesenen Gebieten im gesamten Landschaftsschutzgebiet entsprechend (§ 26 Abs. 3 Satz 4 BNatSchG n. F). Da bisher keine Feststellung gemäß § 5 WindBG vorliegt, dass das Land Nordrhein-Westfalen den Flächenbeitragswert nach Anlage 1 Spalte 2 WindBG oder der jeweilige regionale oder kommunale Planungsträger ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel erreicht hat, bedarf es auch für das Vorhaben der Klägerin keiner naturschutzrechtlichen Befreiung mehr.
100Die Ausnahmevorschrift des § 26 Abs. 3 Satz 5 BNatSchG greift nicht ein, der Standort liegt weder in einem Natura 2000-Gebiet oder einer Stätte, die nach Artikel 11 des Übereinkommens vom 16.11.1972 zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. 1977 II S. 213, 215) in die Liste des Erbes der Welt aufgenommen wurde.
101Dieses Ergebnis bestätigt auch die Stellungnahme des Fachdienstes Umwelt des Beklagten vom 17.3.2021, wonach aus naturschutzrechtlicher Sicht keine grundsätzlichen Gründe gegen die Errichtung einer Windenergieanlage im Landschaftsschutzgebiet Nr. 11 sprächen, wenn im Genehmigungsverfahren eine hinreichende Begründung für die erforderliche Befreiung vorgebracht werden könne.
102IV. Die im Bescheid des Beklagten vom 8.9.2022 als tragender Ablehnungsgrund herangezogenen Belange des Denkmalschutzes (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) stehen dem Vorhaben der Klägerin ebenfalls nicht entgegen.
103Diese Belange sind vom Senat vorliegend - ungeachtet der Fassung des Vorbescheidsantrags - im Hinblick auf das für einen Vorbescheid notwendige positive vorläufige Gesamturteil in den Blick zu nehmen.
104Die Erteilung eines Vorbescheids nach § 9 Abs. 1 BImSchG setzt voraus, dass die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können.
105Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Belange des Denkmalschutzes erfüllt.
106Die Belange des Denkmalschutzes werden grundsätzlich durch das Landesrecht konkretisiert. Nur grobe Verstöße sind unabhängig davon zu prüfen.
107Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.6.2014 - 4 B 47.13 -, juris.
108Nach der Regelung des § 9 Abs. 2 DSchG NRW in der Fassung vom 13.4.2022 bedarf der Erlaubnis der unteren Denkmalbehörde, wer in der engeren Umgebung von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf das Erscheinungsbild des Denkmals auswirken kann. Dies entspricht im Wesentlichen der früheren Fassung des § 9 Abs. 1 b) DSchG NRW, wonach die Erlaubnispflicht bestand, wenn durch die Maßnahme das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wurde. Nach § 9 Abs. 3 DSchG NRW ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt (ebenso § 9 Abs. 2 a. F.). Nach § 9 Abs. 4 DSchG NRW (ebenso § 9 Abs. 3 a. F.) haben die zuständigen Behörden die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend dem Denkmalschutzgesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen, wenn eine erlaubnispflichtige Maßnahme nach anderen gesetzlichen Bestimmungen eine Genehmigung erfordert. Die Erlaubnis kann auch gesondert beantragt werden. Im Rahmen der von der Klägerin angestrebten (Voll-)Genehmigung wäre vorliegend nach § 13 BImSchG eine ggf. erforderliche und zu erteilende denkmalrechtliche Erlaubnis von der Konzentrationswirkung erfasst.
109Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschluss vom 12.2.2013 - 8 A 96/12 -, juris.
110Vorliegend stehen die Regelungen des DSchG NRW nach dem Inhalt der Akten und unter Würdigung des Beteiligtenvorbringens dem Vorhaben der Klägerin weder mit Blick auf das Bauernhaus mit der Anschrift D.-straße 0 (dazu 1.) noch mit Blick auf das Schloss N. (dazu 2.) entgegen.
1111. Hinsichtlich des Bauernhauses D.-straße 0 besteht bereits kein Genehmigungserfordernis nach § 9 Abs. 2 DSchG NRW.
112Die Anlage der Klägerin befindet sich schon nicht in der engeren Umgebung des Bauernhauses im Sinne von § 9 Abs. 2 DSchG NRW.
113Wie weit die engere Umgebung eines Baudenkmals räumlich reicht, lässt sich nicht allgemeingültig bestimmen. Regelmäßig werden die einem Denkmal unmittelbar angrenzenden Grundstücke erfasst sein. Andererseits bedeutet „engere“ Umgebung nicht „angrenzend“, so dass der Bereich darüber hinausgehen kann. Wo genau die Grenze zwischen der „engeren“ und „weiteren“ Umgebung eines Baudenkmals verläuft, hängt letztlich von den konkreten Umständen des Einzelfalles, namentlich den örtlichen Gegebenheiten ab. Maßgeblich ist dabei, auf welchen Bereich das Denkmal ausstrahlt und welchen es seinerseits prägt und beeinflusst. Geschützt sind demnach auch und gerade die Wirkung des Denkmals in seiner Umgebung und die optischen Bezüge zwischen Denkmal und Umgebung. Zu solchen Sichtbezügen zählen die Blickfelder des Nah- und Fernbereichs, die der städtebaulichen Präsentation dienen. Danach gehören jedenfalls solche Objekte zur engeren Umgebung, die an einem Standort, von dem aus man wesentliche Teile des Denkmals wahrnimmt, zusammen mit dem Denkmal in den Blick kommen.
114Vgl. VG Köln, Urteil vom 9.5.2019 - 4 K 3147/18 -, juris, m. w. N.; Davydov, in Davydov/Hönes/Otten/ Ringbeck, DSchG NRW, 5. Aufl., § 9 Rn. 19 ff. m. w. N.
115Davon ausgehend erscheint bereits zweifelhaft, ob das Vorhaben der Klägerin in der engeren Umgebung des Bauernhauses D.-straße 0 liegt. Zwischen dem in den Blick genommenen Standort der Windenergieanlage und dem Bauernhaus liegt eine Entfernung von ca. 500 m.
116Die Anlage der Klägerin kann sich aber jedenfalls nicht auf das Erscheinungsbild des Baudenkmals auswirken.
117Als Erscheinungsbild eines Denkmals ist nach § 9 Abs. 2 DSchG NRW der von außen sichtbare Teil des Denkmals geschützt, an dem jedenfalls der sachkundige Betrachter den Denkmalwert, der dem Denkmal innewohnt, abzulesen vermag; das Erscheinungsbild ist von Vorhaben in der engeren Umgebung des Denkmals nur dann betroffen, wenn die Beziehung des Denkmals zu seiner engeren Umgebung für den Denkmalwert von Bedeutung ist. Zur Ermittlung des Denkmalwertes im Einzelfall ist in erster Linie auf die Eintragung in der Denkmalliste und die ihr beigefügte Begründung abzustellen.
118Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.3.2023 - 4 VR 4.22 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 16.5.2023 - 7 D 423/21.AK -, BauR 2023, 1353 = juris, Beschluss vom 30.8.2022 - 7 B 925/22 -, juris, und Urteil vom 8.3.2012 - 10 A 2037/11 -, BauR 2012, 1781 = juris.
119Eine mögliche Auswirkung auf den Denkmalwert besteht mit Blick auf den danach maßgeblichen Inhalt der Eintragung des Bauernhauses in der Denkmalliste nicht. Die Beschreibung seiner charakteristischen Merkmale lautet:
120„Fachwerkbauernhaus mit geschlämmter Backsteinausfachung. Satteldach mit Betonsteineindeckung, das Dach auf der Nordwestseite tiefer heruntergezogen wegen einer Kübbung auf der gesamten Länge. [...].“
121Weiter heißt es:
122„Bei dem Gebäude handelt es sich, den Konstruktions- und Gefügemerkmalen zufolge, um einen im 18. Jahrh. errichteten Dreiständerbau, bei dem, wohl im 19. Jahrh., die Kübbung erneuert wurde und im 19. Jahrh. ein zweigeschossiger Wohnteil angebaut wurde.
123Das Gebäude ist bedeutend für die Stadt Y., insbesondere für den Ortsteil N., weil es einen Beleg bildet für die Wohn-, Arbeits- und Produktionsverhältnisse im 18. und 19. Jahrhundert im landwirtschaftlichen Bereich. Sowohl im Äußeren als auch im Inneren wird das Wohnen und Arbeiten unter einem Dach dokumentiert. [...]
124Für die Erhaltung und Nutzung liegen wissenschaftliche, baugeschichtliche Gründe vor. Die Konstruktions- und Gefügemerkmale geben Aufschluß über das Bau- und Handwerkerwesen in dieser Gegend. Es wurde hier ein Haus gebaut, in dem Einflüsse aus dem Münsterland mit denen aus dem Vest Q. verbunden wurden. [...] Das Haus ist ein hervorragendes Beispiel für das Zusammenbringen zweier Konstruktionsweisen.
125Zusammen mit den anderen Fachwerkhäusern aus der Zeit im Stadtgebiet Y. zeigt es die Vielfältigkeit der Bauernhausbauweise in diesem Gebiet.“
126Daraus lässt sich kein irgendwie gearteter Umgebungsschutz ableiten. Anhaltspunkte dafür, dass der Denkmalwert des Bauernhauses sich zumindest auch aus der Beziehung zu seiner Umgebung begründet, sind dieser Eintragung nicht zu entnehmen.
127Abgesehen davon lägen aus den vorstehenden Gründen zudem auch die Voraussetzungen für eine Erteilung der Erlaubnis nach § 9 Abs. 3 DSchG NRW vor. Ohne einen denkmalrechtlichen Umgebungsschutz könnte dem Vorhaben der Klägerin eine etwa erforderliche Genehmigung nach dem DSchG NRW hier nicht versagt bzw. deshalb kein Versagungsgrund nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG entgegengehalten werden.
1282. Hinsichtlich des Schlosses N. steht dem Vorhaben ebenfalls der Belang des Denkmalschutzes nicht entgegen, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 3 DSchG NRW.
129Das Vorhaben der Klägerin bedarf mit Blick auf das Schloss nach § 9 Abs. 2 DSchG NRW einer Erlaubnis. Es befindet sich in der engeren Umgebung des Schlosses und kann sich auf dessen denkmalwertes Erscheinungsbild auswirken.
130Die Anlage der Klägerin befindet sich nach dem dargelegten Maßstab in der engeren Umgebung des Schlosses. Sie wird von Standorten, von denen aus wesentliche Teile des Schlosses wahrnehmbar sind, zusammen mit diesem in den Blick kommen, diese Blickachsen sind auch für den Denkmalwert des Schlosses von Bedeutung.
131Die von der Klägerin vorgelegten Visualisierungen (insbesondere von den Fotopunkten 5 und 6) verdeutlichen, dass die Schlossanlage aus östlicher, nordöstlicher und südöstlicher Blickrichtung jeweils gemeinsam mit dem Vorhaben wahrgenommen werden wird. Dem steht auch die vergleichsweise große Entfernung von ca. 1.500 m zwischen Vorhabenstandort und Schloss nicht entgegen. Die nähere Umgebung ist im Wesentlichen frei von Bebauung, so dass sich einerseits die Schlossanlage als exponiert und prägend für ihr Umfeld darstellt und andererseits die von der Klägerin geplante Windenergieanlage aus verschiedenen Perspektiven und Entfernungen gemeinsam mit dem Schloss wahrgenommen werden wird. Dementsprechend definieren auch die „nachrichtlichen Angaben“ der Eintragung in die Denkmalliste vom 9.9.1994 die das Schloss umgebende „offene [...] ‚münsterländische‛“ Landschaft als engere Umgebung des Schlosses.
132Die Errichtung der Windenergieanlage kann sich auch auf das Erscheinungsbild des Baudenkmals auswirken. Der Denkmalwert des Schlosses N. umfasst nicht nur die zugehörigen Gebäude als solche, sondern - jedenfalls in Teilen - auch ihre Beziehung zur Umgebung. Dies ergibt sich aus der Eintragung in die Denkmalliste und der ihr beigefügten Begründung. Auf die vom Beklagten ebenfalls in Bezug genommene Liste zur Haager Konvention, ein Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler oder die Beschreibung des Schlosses im Internet kommt es dagegen nicht an.
133Die Beschreibung der charakteristischen Merkmale des Schlosses gemäß der Eintragung vom 9.9.1994 lautet:
134„[...]
135Das Baudenkmal Schloss N. besteht aus folgenden Teilen und ist auf dem Kartenausschnitt 1 rot gekennzeichnet:
136a) Herrenhaus, Hauptbauphase 17. Jahrhundert mit älterem Kern, Umbauten von Schlaun, gute Innenausstattung, Kapellenturm 1851 erneuert.
137b) Vorburg, 17./18. Jahrhundert, Nordflügel 1887 abgebrannt.
138c) Zwei Vorgebäude mit kleinem Nebengebäude, 1. Hälfte 19. Jahrhundert, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Flügelbauten erweitert.
139d) Vorwerk, 18. Jahrhundert (Gebäude nördlich und südlich an der O. Straße mit zwei Nebengebäuden, diese ohne rückwärtige Anbauten).
140e) Ehemaliges Rentmeisterhaus, 19. Jahrhundert.
141f) Gewächshaus, 2. Hälfte 19. Jahrhundert (nur seitliche Risalite und südliche Glaswand).
142g) Gärtnerhaus, neubarock.
143h) Vier Brückenanlagen, 18. Jahrhundert.
144[...]
145i) Gartenfiguren (Freiplastiken) 18. Jahrhundert.“
146[...]
147k) Portal mit Gitter zum Nutzparterre, 18. Jahrhundert, angeblich 1935 erneuert.
148l) Wirtschafts- und Gartenflächen, Gräften und Teiche mit Einfassungen, auch Natursteinmauer mit Torpfeilern zum Ökonomiehof an der O. Straße und von der I.-straße aus (hier teilweise mit nicht denkmalwertem Gebäude überbaut). I.-straße an der Zufahrt zur Vorburg.
149m) Sicht- und Wegeachsen vom Gartenprospekt nach Westen.
150n) Dreistrahlige Sicht- und Wegeachse nach Osten jenseits der O. Straße.
151[...].“
152Unter „Nachrichtliche Angaben“ ist ausgeführt:
153„Für den Charakter von Schloß N., das im 19. Jahrhundert arrondiert wurde (Umgestaltung des Barockgartens in einen landschaftlichen, Anlage des Nutzgartenparterres) ist die Einbettung in die offene, von Wäldern gesäumte und mit Baumgruppen geschönte ‚münsterländische‛ Landschaft von tragender Bedeutung. Das Verhältnis zwischen offen gehaltenen Wiesenflächen und raumbegrenzenden Waldrändern hat sich in dem durch Karten belegbaren Zeitraum von 1804 bis heute nur unwesentlich verändert. Einzelne, gezielt gepflanzte Baumgruppen beleben auf den Wiesenflächen das Bild. In dieser gepflegten Landschaft liegt ein Wegeachsensystem des 18. Jahrhunderts, dessen mit dem Schloßkomplex in direkter Beziehung stehende Achsen unter Punkt m) und n) als denkmalwert benannt sind. Diese Landschaft wird im Sinne des § 9(1)b DSchG als ‚engere Umgebung‛ des Denkmals Schloß N. definiert. Gleiches gilt auch für die Alleebepflanzung der O. Straße. Nebenachsen gelten als ‚erhaltenswert‛.“
154Dem ist zu entnehmen, dass der Beziehung des Schlosses zu seiner Umgebung, insbesondere zu den in diesem Zusammenhang genannten Garten- und Landschaftsbestandteilen, eine wesentliche Bedeutung für den Denkmalwert zukommt.
155Auf dieses denkmalrechtlich geschützte Erscheinungsbild kann sich das Vorhaben der Klägerin (nachteilig) auswirken. Es wird gemeinsam mit dem Schloss und den denkmalwerten Bestandteilen wahrgenommen werden und insbesondere aufgrund der Höhe und Rotorbewegung einen deutlichen Gegensatz zu der „offene[n], von Wäldern gesäumte[n] und mit Baumgruppen geschönte[n] ‚münsterländische[n]‛ Landschaft“ bilden.
156Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf die danach erforderliche denkmalrechtliche Erlaubnis. Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt; bei der Entscheidung sind nach § 9 Abs. 3 Satz 2 DSchG NRW insbesondere auch die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit angemessen zu berücksichtigen.
157Diese Voraussetzungen liegen vor. Ein überwiegendes öffentliches Interesse verlangt die Verwirklichung des Vorhabens der Klägerin (§ 9 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. DSchG NRW).
158Im Rahmen der danach erforderlichen Interessenabwägung ist die gesetzliche Wertung des § 2 EEG in der zum 29.7.2022 in Kraft getretenen Fassung vom 20.7.2022 (BGBl. I S. 1237) zu berücksichtigen.
159Vgl. allgemein OVG NRW, Urteil vom 27.10.2022 - 22 D 243/21.AK -, juris, sowie Beschluss vom 4.8.2022 - 22 A 488/20 - juris; im Zusammenhang mit Denkmalschutz zudem OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7.2.2023 - 5 K 171/22 OVG -, NVwZ 2023, 105 = juris.
160Gemäß § 2 Satz 1 EEG liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, dazu gehören gemäß der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 1 EEG auch Windenergieanlagen, sowie der dazugehörigen Nebenanlagen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Nach Satz 2 der Vorschrift sollen, bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Dazu gehört insbesondere die nachvollziehende Abwägung im planungsrechtlichen Außenbereich, wenn keine Ausschlussplanung erfolgt ist, auch mit Blick auf die Belange des Landschaftsbilds und des Denkmalschutzes.
161Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für das Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiterer Maßnahmen im Stromsektor, BT-Drs. 20/1630, S. 159.
162§ 2 Satz 2 EEG ist dabei als sog. Sollbestimmung dahingehend zu verstehen, dass sich in den einzelnen Schutzgüterabwägungen ein regelmäßiges Übergewicht der Erneuerbaren Energien in dem Sinne ergibt, dass das überragende öffentliche Interesse an der Errichtung von Windenergieanlagen sowie das öffentliche Sicherheitsinteresse nur in atypischen Ausnahmefällen überwunden werden kann, die fachlich anhand der besonderen Umstände der jeweiligen Situation zu begründen wären. Danach stellt sich das überragende öffentliche Interesse an der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen im vorliegenden konkreten Einzelfall als ein vorhabenbezogen überwiegendes öffentliches Interesse dar, das die Maßnahme als unabweisbar erscheinen lässt bzw. gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW verlangt. Unterstützt wird dies durch das kohärente öffentliche Sicherheitsinteresse.
163Vgl. etwa auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.7.2023 - OVG 3a A 52/23 -, juris (zu § 9 Abs. 2 BbgDSchG); OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7.2.2023 - 5 K 171/22 OVG -, NVwZ 2023, 105 = juris (zu § 7 Abs. 3 DSchG MV).
164Im vorliegenden Einzelfall sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die ausnahmsweise ein zum Nachteil der erneuerbaren Energien gehendes Ergebnis der Abwägung nach sich zögen. Dies ergibt sich aus der Auswertung der beigezogenen Akten und den Eindrücken der Berichterstatterin, die sie bei der Ortsbesichtigung gewonnen und dem Senat in der Beratung vermittelt hat.
165Errichtung und Betrieb der Windenergieanlage werden nicht in die Bausubstanz des Schlosses eingreifen.
166Ebenso wenig wird die geplante Anlage unmittelbar eine der geschützten charakteristischen Sicht- und Wegeachsen erheblich beeinträchtigen, da sie weder auf ihnen noch in ihrer Verlängerung errichtet werden wird. Sie wird auch die Wahrnehmung der geschützten Achsen nicht unzumutbar beeinträchtigen. Hinsichtlich der geschützten Sicht- und Wegeachse vom Gartenprospekt nach Westen wird die Anlage ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Visualisierungen nur in geringem Umfang wahrnehmbar sein, wie insbesondere die Ansichten von den Fotopunkten 7, 8 und 9 zeigen. Nichts anderes ergibt sich aus der rot blinkenden Hinderniskennzeichnung oder der roten Tagkennzeichnung der Anlage. Die Tagkennzeichnung wird aufgrund der Höhe der westlich des Schlosses gelegenen Bäume auf der geschützten Sicht- und Wegeachse nicht zu erkennen sein. Die blinkende Hinderniskennzeichnung wird im Wesentlichen in der Dämmerung bzw. bei Dunkelheit sichtbar sein, also zu einer Zeit, in der die Wahrnehmung des Schlosses und seiner Umgebung eingeschränkt ist.
167Auch im Hinblick auf die weiteren geschützten Elemente des Baudenkmals erreichen die voraussichtlichen Auswirkungen des Vorhabens der Klägerin nicht ein Ausmaß, das entgegen der Wertung des § 2 EEG ausnahmsweise ein Zurücktreten des Interesses an seiner Errichtung und seinem Betrieb erfordern würde.
168Die für die Symmetrie der Schlossanlage bedeutsame Sicht auf der Mittelachse von Osten nach Westen auch durch die Schlosseinfahrt und Tordurchfahrt wird hindurch uneingeschränkt wahrnehmbar bleiben.
169Die Windenergieanlage wird aus Blickrichtung von Osten auf das Hauptgebäude des Schlosses trotz ihrer Höhe und der Drehbewegung des Rotors voraussichtlich nicht überlagernd wirken. Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie die Größe der Schlossanlage, der schon aufgrund der Anzahl der umfassten Gebäude und der insgesamt eingenommenen Fläche eine für die Umgebung maßgeblich prägende Wirkung zukommt. Daneben wird der von der Klägerin geplanten Anlage trotz ihrer Gesamthöhe von ca. 250 m keine derart raumgreifende Wirkung zukommen, dass die Schlossanlage dahinter zurückträte. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten Visualisierungen und wird bestätigt durch die Eindrücke der Berichterstatterin aus dem Ortstermin, die sie dem Senat in der Beratung vermittelt hat. Eine „zwingend negative“ Prägung, wie der Beklagte sie annimmt, liegt nicht vor.
170Durch die Errichtung und den Betrieb der streitgegenständlichen Windenergieanlage wird auch die Einbettung des Schlosses N. in die „münsterländische“ Landschaft nicht berührt. Das insoweit der Eintragung in die Denkmalliste zu entnehmende Bild der Umgebung des Schlosses als einer Landschaft mit offen gehaltenen Wiesenflächen, raumbegrenzenden Waldrändern und einzelnen, gezielt gepflanzten Baumgruppen mit einem Wegeachsensystem wird in seiner Substanz nicht angetastet und bleibt auch in seiner Wirkung im Wesentlichen unbeeinträchtigt. Der Wechsel zwischen Wiesen- und Waldflächen bleibt ebenso wahrnehmbar wie die um das Schloss angelegten Sicht- und Wegeachsen. Das Hinzutreten einer Windenergieanlage am Rand dieser Umgebung führt nicht zu der von der Beigeladenen befürchteten „Verfälschung“ des historischen Landschaftsbilds. Dagegen sprechen sowohl die dargestellte fehlende Überlagerung des Schlosses durch die geplante Windenergieanlage als auch der Umstand, dass schon jetzt in der Umgebung weitere Windenergieanlagen betrieben und gemeinsam mit dem Schloss wahrgenommen werden. Diese sichtbare „Vorbelastung“ der Umgebung durch die zwei bestehenden Anlagen im Nordwesten, zu denen eine weitere genehmigte Anlage im Südwesten des Schlosses hinzutreten wird, verdeutlicht, dass die Landschaft schon jetzt nicht mehr dem Zustand des 18. Jahrhunderts entspricht, ohne dass dies dem Schloss die prägende Wirkung oder seinen Denkmalwert nähme. Dass ‑ wie der Beklagte vorträgt - nur durch den Wegfall des Vorhabens der Klägerin ein angemessener Sichtkorridor und damit verbunden der Denkmalwert des Schlosses erhalten werden könne, ist nicht ersichtlich. Eine die Beeinträchtigung des Baudenkmals verstärkende Summationswirkung kann dem Vorhaben mit Blick auf die bestehenden Anlagen - anders als vom Beklagten geltend gemacht - zur Überzeugung des Senats nicht entgegengehalten werden.
171Dementsprechend liegt auch nicht die vom Beklagten angenommene Störung des „barocken Herrschaftsanspruchs“ vor. Ein solcher, über die geschützten Wege- und Sichtachsen hinausgehender Umgebungsschutz, der auch in weiterer Entfernung gelten könnte, ist der Eintragung vom 9.9.1994 nicht zu entnehmen.
172Nichts anderes ergibt sich ferner aus der vom Beklagten angeführten Empfindlichkeit der Schlossanlage gegenüber einer „Technisierung“ der Umgebung, denn insoweit gibt § 2 EEG ein überwiegendes Interesse an eben dieser Technisierung vor.
173Ein atypischer Ausnahmefall, der es gebietet, von der Wertung des § 2 EEG vorliegend abzuweichen, ergibt sich auch nicht daraus, dass für die Anlage der Klägerin möglicherweise auch alternative Standorte in Betracht gekommen wären. Zum einen ist eine solche Alternativenprüfung weder in § 9 Abs. 3 DSchG NRW noch in § 2 EEG vorgesehen, sondern vielmehr auf der Ebene der Fachplanung angesiedelt, zum anderen wird die Möglichkeit alternativer Standorte häufig gegeben sein und vermag auch deshalb keinen atypischen Fall zu begründen.
174Vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 7.2.2023 - 5 K 171/22 OVG -, NVwZ 2023, 105 = juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.7.2023 - OVG 3a A 52/23 -, juris.
175Gleiches gilt für die vom Beklagten befürchtete negative Vorbildwirkung.
176Eine Erweiterung des Denkmalschutzes in die Umgebung hinein folgt schließlich nicht aus der im Bescheid vom 8.9.2022 in Bezug genommenen Lage des Schlosses im Kulturlandschaftsbereich 000 (Schloss N. / H.), die sich aus dem Fachbeitrag Kulturlandschaft zum - in Aufstellung befindlichen - Regionalplan Ruhr aus dem Jahr 2014 ergibt. Derartige Fachbeiträge sind bei der Erarbeitung von Raumordnungsplänen zu berücksichtigen (vgl. § 12 Abs. 2 Landesplanungsgesetz NRW), in denen die Grundsätze der Raumordnung, darunter auch die Erhaltung und Entwicklung von Kulturlandschaften (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 ROG) zu konkretisieren sind (vgl. § 2 Abs. 1 ROG). Auf der Ebene der Vorhabenzulassung sind die Grundsätze der Raumordnung bei Entscheidungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen zu berücksichtigen (vgl. § 4 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 1 ROG), aber nur nach Maßgabe der für diese Entscheidung geltenden Vorschriften.
177Vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 22.3.2023 - 4 VR 4.22 -, = juris.
178V. Dem Vorhaben der Klägerin stehen ferner nicht die vom Beklagten angesprochenen - vom Senat hinsichtlich des erforderlichen positiven vorläufigen Gesamturteils in den Blick zu nehmenden - Belange des Schutzes des Landschaftsbilds und der natürlichen Eigenschaft der Landschaft gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen.
1791. Es führt nicht zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes im Sinne dieser Bestimmung.
180Eine Verunstaltung in diesem Sinne ist nur in Fällen anzunehmen, in denen durch die Errichtung eines Vorhabens der landschaftliche Gesamteindruck erheblich gestört wird. Eine bloße Änderung reicht nicht aus, da die Vorschrift das Landschaftsbild nicht vor Veränderung, sondern nur vor Verunstaltung schützt. Eine erhebliche Störung liegt vielmehr erst dann vor, wenn das Vorhaben dem Landschaftsbild in ästhetischer Weise grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Speziell im Hinblick auf Windenergieanlagen kann dies angesichts ihrer Privilegierung im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nur im Ausnahmefall angenommen werden; die technische Neuartigkeit einer Anlage und die dadurch bedingte optische Gewöhnungsbedürftigkeit reichen hierzu ebenso wenig aus wie der Umstand, dass Windenergieanlagen angesichts ihrer Größe markant in Erscheinung treten. Insgesamt kommt eine Verunstaltung durch eine Windenergieanlage insoweit regelmäßig nur dann in Betracht, wenn eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder ein besonders grober Eingriff in das Landschaftsbild vorliegt.
181Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.3.2023- 1 C 10345/21.OVG -, ZNER 2023, 331 = juris, m. w. N.
182Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die weitere Umgebung des streitgegenständlichen Vorhabens ist durch die bereits bestehenden und genehmigten Windenergieanlagen sowie die sonstigen infrastrukturellen Einrichtungen durch die Autobahn im Westen und eine Stromleitung im Südwesten in technischer Hinsicht vorbelastet. Die unmittelbare Umgebung ist im Wesentlichen durch das Baudenkmal Schloss N. geprägt, insoweit ist das Hinzutreten der streitgegenständlichen Anlage aus den dargelegten Gründen jedoch nicht zu beanstanden. Hinzu kommt auch hier die Wertung des § 2 EEG.
183Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.5.2023 - 7 D 423/21.AK -, BauR 2023, 1353 = juris.
184Auch insoweit ergibt sich aus den dargelegten Gründen aus der Lage des Vorhabens in der Nähe zum Kulturlandschaftsbereich 117 (Schloss N. / H.) nichts anderes.
1852. Aus den gleichen Gründen steht die Erhaltung der natürlichen Eigenart der Landschaft bzw. ihres Erholungswerts im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegen.
186Zweck dieses öffentlichen Belangs ist die Wahrung der natürlichen Eigenart der Landschaft, um eine wesensfremde Bebauung des Außenbereichs zu verhindern. Die natürliche Eigenart der Landschaft wird geprägt von der naturgegebenen Art der Bodennutzung, einschließlich von Eigentümlichkeiten der Bodenformation und ihrer Bewachsung. Dieser Belang verfolgt den Zweck, dass der Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit erhalten bleibt. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Aus diesem Grund sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die der Landschaft wesensfremd sind oder die der Allgemeinheit Möglichkeiten der Erholung entziehen. Nicht jede Außenbereichsnutzung führt zur Beeinträchtigung der Erholungsfunktion. Notwendig ist eine spezielle Beeinträchtigung der Erholungseignung der Landschaft. Sind Teile des Außenbereichs nicht mehr als Erholungsraum für die Allgemeinheit geeignet, scheidet insoweit eine Beeinträchtigung dieses öffentlichen Belangs aus.
187Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.5.2023 - 7 D 423/21.AK -, BauR 2023, 1353 = juris, m. w. N.
188Jedenfalls unter Berücksichtigung der vorstehend aufgezeigten Bedeutung des § 2 EEG in der seit Juli 2022 geltenden Fassung ist ein Entgegenstehen dieses Belangs aus den dargelegten Gründen - auch unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens von Landschaft und denkmalgeschütztem Schloss - nicht zu erkennen.
189VI. Die für die Erteilung eines Vorbescheides erforderliche positive Gesamtbeurteilung liegt auch mit Blick auf die weiteren von Amts wegen zu prüfenden Aspekte vor.
190Über die angesprochenen Genehmigungsvoraussetzungen hinaus sind keine Aspekte vorgetragen oder aus den vorliegenden Akten ersichtlich, aus denen sich hier relevante Hindernisse für das Vorhaben der Klägerin ergeben könnten.
191Dies gilt auch mit Blick auf den Artenschutz. Insoweit hat der Fachdienst Umwelt des Beklagten mit Stellungnahme vom 17.3.2021 mitgeteilt, es werde möglicherweise Konflikte mit planungsrelevanten Arten geben, jedoch seien aufgrund der bisher vorliegenden Daten keine unlösbaren Probleme zu erwarten. Dies bestätigt die von der Klägerin eingereichte Artenschutzrechtliche Vorrecherche vom 17.3.2014, auch unter Berücksichtigung ihres Alters.
192Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO; da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), sie kann aber auch keine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten verlangen, sondern muss diese selbst tragen.
193Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
194Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.