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Erfolglose Berufung eines ehemaligen Kommissaranwärters, dessen Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe das beklagte Land abgelehnt hat.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Der am 6. Dezember 1989 geborene Kläger begehrt seine Einstellung in den Polizeivollzugsdienst (Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt) als Beamter auf Probe beim beklagten Land. Er wurde am 1. September 2010 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Kommissaranwärter ernannt und war beim Polizeipräsidium C. eingesetzt. Im März 2013 legte der Kläger ein Schriftstück vor, in dem ihm bescheinigt wurde, im Januar 2012 einen 3000-Meter-Lauf in 12:55 Minuten erfolgreich absolviert zu haben. Nach Befragung des als Schwimmmeister beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten NRW (LAFP) beschäftigten Herrn S. , dessen Unterschrift auf der Bescheinigung zu erkennen war, und des darin benannten weiteren Prüfers, PHK L. , erstattete das Polizeipräsidium Strafanzeige wegen des Verdachts der Urkundenfälschung und teilte dem Kläger mit, es sei beabsichtigt, ihn wegen erheblicher Zweifel an seiner charakterlichen Eignung aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen. Mit Bescheid vom 18. Mai 2013 entließ das Polizeipräsidium den Kläger wegen charakterlicher Ungeeignetheit mit Ablauf des 31. Mai 2013 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Vor dem Amtsgericht H. wurde der Kläger Mitte März 2014 vom Vorwurf der Urkundenfälschung freigesprochen.
3Die gegen die Entlassungsverfügung erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht erstinstanzlich ab. In der Berufungsverhandlung (6 A 1961/14) schlossen die Beteiligten am 8. September 2016 den folgenden Vergleich:
4"1. Das beklagte Land hebt die Entlassungsverfügung vom 18. Mai 2013 auf und gibt dem Kläger damit die Gelegenheit, seine Ausbildung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst fortzusetzen und die noch ausstehenden Modulprüfungen an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW abzulegen.
5Der Kläger wird unter Anerkennung der bisher erbrachten Studienleistungen in den bestehenden Einstellungsjahrgang 2014 eingegliedert. Es sind keine Leistungen der Fachtheorie mit Ausnahme der Bachelorarbeit/ Kolloquium zu erbringen. Die Bachelorarbeit wie das Kolloquium werden regulär mit dem Einstellungsjahr 2014 erbracht. Es gelten die diesbezüglichen Regelungen (Einstellungsjahrgang 2014). Der Kläger hat anstelle eines 3000-m-Laufs als Laufleistung den sog. Coopertest (12 Minuten-Lauf, Mindeststrecke 2.600 m) abzulegen, und zwar bis spätestens zum 28. September 2016. Der Kläger erhält 6 Prüfungsversuche, durchzuführen beim LAFP in T. , und zwar am 12. September, 15. September, 19. September, 22. September, 26. September und 28. September 2016. Für den Fall, dass der Kläger aus Krankheitsgründen, die durch polizeiärztliches Gutachten nachzuweisen sind, außerstande sein sollte, sich bis zum 28. September 2016 der geforderten Laufprüfung zu unterziehen, wird der Kläger seine weitere Ausbildung im Rahmen des Einstellungsjahrganges 2015 fortführen. In diesem Falle gelten die Regelungen für den Einstellungsjahrgang 2015.
62. Der Kläger verzichtet auf eventuelle Ersatzansprüche, die im Zusammenhang mit dem streitigen Entlassungsbescheid stehen, ferner auf die Nachentrichtung der Besoldung für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis 14. August 2016.
73. Das beklagte Land wird sich dafür einsetzen, dass die Ausbildung des Klägers unverzüglich mit dem 12. September 2016 wieder aufgenommen wird. Es wird ferner das in seinen Möglichkeiten Stehende dafür tun, dass der noch zu erbringende praktische Teil der Polizeiausbildung bei der Polizeiwache H. durchgeführt wird.
84. Über die Kosten des Rechtsstreits soll der Senat in entsprechender Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO entscheiden."
9Aufgrund dieses Vergleichs konnte der Kläger seine Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst fortsetzen und schloss diese erfolgreich ab.
10Nachdem ihm in einem Personalgespräch am 31. Juli 2017 mitgeteilt worden war, dass man ihn für eine Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe nach Abschluss seiner Ausbildung für charakterlich ungeeignet halte, beantragte der Kläger seine Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Diesen Antrag lehnte das beklagte Land mit Bescheid vom 25. August 2017 mit der Begründung ab, der Kläger erfülle nicht die Anforderung der charakterlichen Eignung. Zur Begründung verwies das beklagte Land auf vier Sachverhalte, die seine Persönlichkeit in besonders treffender Weise charakterisieren und exemplarisch - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - seine charakterliche Ungeeignetheit belegen sollten.
11Zu Sachverhalt 1 führte das beklagte Land aus, der Kläger habe Widerspruch gegen die Bewertung einer praktischen Prüfung vom 17. Januar 2012 mit der Begründung eingelegt, die Prüfer seien während der Prüfung sehr unaufmerksam gewesen, hätten sich unterhalten, gelacht und gekitzelt. Diese Darstellung sei im Rahmen des Widerspruchverfahrens widerlegt worden, sodass die Vermutung naheliege, der Kläger habe aus Unzufriedenheit über seine Note die Prüfer durch eine falsche Sachverhaltsdarstellung in Misskredit bringen wollen.
12Hinsichtlich des Sachverhalts 2 machte das beklagte Land geltend, der Kläger habe am 4. März 2013 in der Klasse 12/05 eine Unterschriftenliste über die Unterstützung seiner Kandidatur für die Wahlen zur Jugend- und Auszubildendenvertretung der GdP vorgelegt, hierzu jedoch angegeben, er benötige die Unterschriften, um weiterhin eine Klausurvorbereitung durchführen zu können.
13Sachverhalt 3 schilderte das beklagte Land wie folgt: Der Kläger habe heimlich eine Tonaufzeichnung von einem Gespräch mit dem Schwimmmeister des LAFP erstellt und so das notwendige gegenseitige Vertrauen von Kollegen im Polizeivollzugsdienst erschüttert. Dieses Verhalten erfülle den Straftatbestand des § 201 StGB. Die Straftat sei nur aus dem Grunde nicht weiter verfolgt worden, weil ein Strafantrag nicht rechtzeitig gestellt worden sei.
14Zu Sachverhalt 4 führte das beklagte Land aus, der Kläger habe sich einer vom Dienstherrn am 6. Februar 2017 für den 13. Februar 2017 angeordneten amtsärztlichen Untersuchung, die aufgrund eines - angeblichen - Dienstunfalls des Klägers und der sich daran anschließenden Prüfung seiner Dienstfähigkeit durchzuführen gewesen sei, aus privaten Gründen entziehen wollen. Der Versuch, private über dienstliche Interessen stellen zu wollen, begründe ebenfalls die charakterliche Ungeeignetheit des Klägers. Im Rahmen des Dienstunfallverfahrens habe der Kläger darüber hinaus Dinge anders als in der Vergangenheit dargestellt und damit erhebliche Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit begründet.
15Zudem habe die Kreispolizeibehörde H. dem LAFP mitgeteilt, seitens der in der Polizeiwache H. diensttuenden Beamten bestünden Bedenken, dass Konflikte mit dem Kläger von Anfang an programmiert und selbst durch intensive Arbeit der Führungskräfte nicht zu lösen seien. In einer Gesamtschau aller Umstände sei daher die persönliche und charakterliche Ungeeignetheit des Klägers festzustellen.
16Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 25. September 2017 Klage erhoben und beantragt, das beklagte Land unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids zu verpflichten, ihn als Beamten auf Probe in den gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen, hilfsweise, das beklagte Land zu verpflichten, über seinen Antrag auf Einstellung als Beamter auf Probe in den gehobenen Polizeivollzugsdienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
17Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. Dezember 2019 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die den Sachverhalten 1 und 2 zugrunde gelegten Sachverhaltselemente seien zwar nicht mehr aufklärbar. Es könne jedoch dahinstehen, ob die in den Sachverhalten 1 und 2 bezeichneten Geschehnisse als taugliche Grundlage für die Nichtübernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe hätten herangezogen werden können. Denn es sei bereits aufgrund der in Sachverhalt 3 geschilderten - unstreitigen - Ereignisse nicht zu beanstanden, dass das beklagte Land von der charakterlichen Ungeeignetheit des Klägers ausgegangen sei. Dass der Kläger heimlich eine Tonbandaufzeichnung von einem Gespräch mit dem Schwimmmeister des LAFP erstellt habe, stelle für sich genommen bereits einen so gravierenden Vertrauensbruch des Klägers im Verhältnis zu seinem Dienstherrn dar, dass der Schluss, dem Kläger fehle es an Loyalität und damit an seiner charakterlichen Eignung für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst, nicht zu beanstanden sei. Das teilweise Wegfallen einzelner (mit)tragender Erwägungen - hier der Sachverhalte 1 und 2 - führe nicht zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Entscheidung. Das beklagte Land habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass die angestellte Prognoseentscheidung auch unter Nichtberücksichtigung der Sachverhalte 1 und 2 allein wegen der in Sachverhalt 3 geschilderten Ereignisse nicht zugunsten des Klägers ausgefallen wäre. Dem Kläger sei es weder mit dem Einwand, er habe keine andere Wahl gehabt, als die Tonaufzeichnung zu erstellen und sein Verhalten sei im strafrechtlichen Sinne gerechtfertigt bzw. entschuldigt, noch mit dem Hinweis, der betroffene Schwimmmeister sei mit einem Abspielen der Aufzeichnung im Rahmen des Strafverfahrens einverstanden gewesen, gelungen, die Zweifel an seiner charakterlichen Eignung zu zerstreuen. Der Berücksichtigung des Sachverhalts 3 stehe der Vergleich vom 8. September 2016 nicht entgegen. Diesem sei nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, dass sich das beklagte Land dazu verpflichtet hätte, die bereits vor der Entlassungsverfügung vom 18. Mai 2013 bzw. vor dem Vergleichsschluss gelegenen Sachverhalte zukünftig nicht mehr zu berücksichtigen. Das beklagte Land verhalte sich auch nicht treuwidrig. Gerade weil ihm die Tatsachengrundlage bekannt gewesen sei, habe es den Kläger im Mai 2013 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen. Dem Vergleichstext könne kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass das beklagte Land die Verhaltensweisen des Klägers nachträglich gebilligt haben könnte. Da bereits die in Sachverhalt 3 geschilderten Erwägungen nach Überzeugung des Gerichts sowie aus Sicht des beklagten Landes für eine Nichteinstellung des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe tragend seien, komme es auf eine abschließende Bewertung der in Sachverhalt 4 geschilderten Umstände nicht mehr entscheidungserheblich an.
18Mit Beschluss vom 26. August 2020 hat der Senat die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zugelassen. Zu deren Begründung hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, die vom beklagten Land herangezogenen Sachverhalte 1 bis 4 trügen die Ablehnung seines Antrags auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht. Das beklagte Land handele treuwidrig, wenn es die Nichtübernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe mit Tatsachen begründe, die bereits bei seiner Neueinstellung nach dem Vergleichsschluss vorgelegen hätten. Konsequenterweise hätte sonst zu diesem Zeitpunkt der Vergleich nicht abgeschlossen werden bzw. er nicht wieder ernannt werden dürfen. Aus dem Bescheid selbst gehe nicht hervor, dass jeder einzelne der dort bezeichneten Sachverhalte für sich genommen bereits Zweifel an seiner charakterlichen Eignung begründe. Vielmehr werde auf eine Gesamtschau abgestellt. Die von dem Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung abgegebene Klarstellung sei nicht aus eigenem Antrieb erfolgt; es sei schon fraglich, ob er hierzu überhaupt befugt gewesen sei. Außerdem komme es für die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheids nicht auf nachträglich eingetretene Umstände an. Jedenfalls sei nicht bekundet worden, ob auch bei Hinwegdenken des Sachverhalts 4 die Entscheidung gleich ausgefallen wäre. Hierzu sei darauf hinzuweisen, dass er lediglich von der im Terminschreiben angebotenen Möglichkeit Gebrauch habe machen wollen, aus dringenden Gründen den Termin zur amtsärztlichen Untersuchung zu verschieben. Da er den Termin letztlich wahrgenommen habe, treffe der Vorwurf, er habe einen Untersuchungstermin abgesagt und damit seine privaten über die dienstlichen Interessen gestellt, nicht zu. Auch der Vorhalt, er habe in der Dienstunfallangelegenheit Dinge anders als in der Vergangenheit dargestellt, sei unzutreffend. Der Gutachter habe offensichtlich seine Äußerungen falsch aufgenommen. Direkt nach Vorlage des ersten Gutachtens habe er seinen damaligen Bevollmächtigten darüber informiert, dass die Darstellungen falsch seien. In der Folgezeit sei dann auch darauf hingewiesen worden. Weiterhin ergäben sich auch aus den Ausführungen der Kreispolizeibehörde H. keine Zweifel an seiner charakterlichen Eignung, da ihm nichts Konkretes vorgeworfen werde. Vielmehr sei in dem Schreiben auch die Aussage enthalten, er sei nett aufgetreten und habe gute dienstliche Leistungen erbracht. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass er auch in H. mit Kollegen ohne Probleme in fachlicher und persönlicher Hinsicht zusammengearbeitet habe. Auch Sachverhalt 3 trage die Prognoseentscheidung nicht. Es sei zwar richtig, dass er die Tonaufnahme heimlich gefertigt habe. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass er hierzu durch das dienstpflichtwidrige und rechtswidrige Verhalten seines Vorgesetzten T1. veranlasst worden sei. Dieser habe zuvor angekündigt, er werde dafür sorgen, dass sich niemand an den Lauf erinnern werde. Zudem liege der Sachverhalt inzwischen mehrere Jahre zurück und sein charakterlicher Reifeprozess sei damals noch nicht abgeschlossen gewesen.
19Das beklagte Land habe ihm schließlich durch diverse Aussagen im Zusammenhang mit Informationen über den Beruf und die Ausbildung des Polizeivollzugsbeamten die Übernahme in das Beamtenverhältnis bei erfolgreicher Prüfung "garantiert".
20Der Kläger hat beantragt,
21das angefochtene Urteil zu ändern und das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums C. vom 25. August 2017 zu verpflichten, ihn als Beamten auf Probe in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen einzustellen,
22hilfsweise,
23das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums C. vom 25. August 2017 zu verpflichten, über seinen Antrag auf Einstellung als Beamter auf Probe in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
24Das beklagte Land hat beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Es hat ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vortrag ausgeführt, die charakterliche Nichteignung des Klägers ergebe sich ausschlaggebend aus Zweifeln an seiner Aufrichtigkeit. Ungewöhnlich viele Mitarbeiter hätten zum Kläger keine Vertrauensbeziehung aufbauen können, manche hätten sich sogar von ihm getäuscht gefühlt. Das Vertrauensverhältnis unter Kollegen, gegenüber Bürgern und Gerichten sei aber bei der Beurteilung der charakterlichen Eignung eines Polizeivollzugsbeamten von besonderer Bedeutung. Dem Kläger seien in dem Personalgespräch am 31. Juli 2017 beispielhaft vier Vorgänge erläutert und anschließend in dem streitgegenständlichen Bescheid aufgeführt worden, um zu verdeutlichen, welche Verhaltensweisen ursächlich dafür gewesen seien, dass unabhängig voneinander Mitarbeiter aller in seinen Vorbereitungsdienst involvierten Behörden Zweifel an seiner charakterlichen Eignung geäußert hätten, was für die Ablehnung der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ausschlaggebend gewesen sei.
27Unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu dienstlichen Beurteilungen hat das beklagte Land darauf verwiesen, dass es sich bei den vier Sachverhalten um die Konkretisierung eines Werturteils handele, damit dieses keine formelhafte Behauptung bleibe, sondern für den Beamten einsichtig und für außenstehende Dritte nachvollziehbar werde. Bloße Zweifel an diesen Sachverhalten führten deshalb nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids; hierfür müsse vielmehr definitiv feststehen, dass sich ein zur Veranschaulichung angeführter Sachverhalt nicht wie dargestellt ereignet habe. Außerdem könne der Wegfall eines Sachverhalts, der lediglich ein Werturteil (mit-)veranschauliche, nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids führen. Der Einstellungsbewerber trage die materielle Beweislast für die erforderliche Eignung.
28Der Kläger habe nicht - auch nicht aufgrund des Vergleichs vom 8. September 2016 - darauf vertrauen können, nur aus bislang nicht bekannten Eignungsmängeln nicht in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen zu werden. Ihm habe durch den Vergleich die Möglichkeit gegeben werden sollen, den Vorbereitungsdienst zu beenden, ohne durch die Vorgänge belastet zu werden, die Gegenstand des Gerichtsverfahrens gewesen seien. Für eine weitergehende Folge des Vergleichs im Sinne eines "Verbrauchs" hätte es einer ausdrücklichen Vereinbarung bedurft. Die vom beklagten Land ausgebildeten Polizeivollzugsbeamten würden nicht nur für den eigenen Bedarf ausgebildet bzw. nur dort beschäftigt. Der Kläger könne sich nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes bei der Bundespolizei und für den Polizeivollzugsdienst der 15 anderen Bundesländer bewerben.
29Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2021, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das beklagte Land in tatsächlicher Hinsicht zu den Sachverhalten 1 und 2, zum Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Dienstunfallangelegenheit (Sachverhalt 4) und zu weiteren Verhaltensweisen des Klägers nach Beendigung des Vorbereitungsdienstes weiter vorgetragen. Der Kläger habe bezüglich des Geschehens am Unfalltag unterschiedliche, nicht miteinander in Einklang zu bringende Schilderungen abgegeben. In den Jahren 2019 und 2020 habe er ferner in zwei - vom beklagten Land näher erläuterten, indes vom Kläger bestrittenen bzw. als gerechtfertigt angesehenen - Fällen gegenüber Privatpersonen behauptet, er sei "Beamter" bzw. "bei der Polizei tätig".
30Der Senat hat mit Urteil vom 25. August 2021 das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert und das beklagte Land unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Übernahme in das Probebeamtenverhältnis stehe dem Kläger nicht zu. Mit dem auf Neubescheidung seines Einstellungsantrags gerichteten Hilfsantrag habe die Klage aber Erfolg. Der Bescheid vom 25. August 2017 erweise sich jedenfalls als materiell rechtswidrig. Maßgeblich sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, weil das Gericht auf die Überprüfung der zu jenem Zeitpunkt vom Dienstherrn getroffenen Beurteilung beschränkt sei. Die vom beklagten Land im Verfahren vorgetragenen Umstände aus der Zeit nach dem 25. August 2017 seien deshalb nicht zu berücksichtigen. Die Prognoseentscheidung des Polizeipräsidiums C. über die charakterliche Eignung des Klägers sei zu beanstanden. Sie habe nicht auf solche Geschehnisse gestützt werden dürfen, die sich vor dem Vergleichsschluss am 8. September 2016 ereignet hätten und dem beklagten Land bekannt gewesen seien. Dies betreffe die Sachverhalte 1, 2 und 3. Auch wenn der Vergleich eine ausdrückliche Vereinbarung darüber, dass die zeitlich vor der Entlassungsverfügung liegenden Ereignisse nicht mehr in Bezug auf die Beurteilung der charakterlichen Eignung des Klägers bei einer erneuten Entlassungs- oder Nichtübernahmeentscheidung herangezogen werden sollten, nicht enthalte, sei durch den Vergleich ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Denn das beklagte Land habe nicht ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass es sich vorbehalte, die charakterliche Nichteignung des Klägers auf die der Entlassungsverfügung vom 18. Mai 2013 zugrunde liegenden Sachverhalte oder die bereits zu diesem Zeitpunkt bekannten Sachverhalte 1 bis 3 zu stützen. Der Sachverhalt 4, das Bemühen des Klägers, einen polizeiärztlichen Untersuchungstermin zu verschieben, lasse unter Heranziehung allgemein gültiger Wertmaßstäbe tragfähige Rückschlüsse auf das Fehlen der charakterlichen Eignung nicht zu. Der weitere Hinweis, Mitarbeiter der Leitung der Ausbildung sowie die in die Ausbildung eingebundenen Mitarbeiter des Landesamts und der Kreispolizeibehörde hätten übereinstimmend erhebliche Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers geäußert, beziehe sich wiederum auf Geschehnisse aus der Zeit vor dem Vergleichsschluss und bleibe darüber hinaus pauschal und inhaltsleer. Ob die vom beklagten Land noch angeführten, nach seiner Darstellung voneinander abweichenden Angaben des Klägers zur Verursachung der Knieverletzung Eignungszweifel zu begründen geeignet seien, könne offenbleiben. Dieser Umstand bedürfe näherer Aufklärung, ändere aber jedenfalls nichts an der materiellen Rechtswidrigkeit des Bescheids.
31Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des beklagten Landes hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Senats durch Beschluss vom 7. April 2022 - 2 B 48.21 - aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Urteil des Senats beruhe hinsichtlich des "Sachverhalt 4" auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Der Senat habe den gravierenden Teil der Vorwürfe - "unterschiedliche Darstellung eines Geschehens im Rahmen eines Dienstunfallverfahrens" - weder aufgeklärt noch rechtlich gewürdigt, sondern lediglich eine Einschätzung angedeutet. Ferner habe sich das beklagte Land zur Begründung der fehlenden charakterlichen Eignung des Klägers auch auf die Ereignisse stützen dürfen, die sich vor dem Vergleichsschluss ereignet hätten und ihm bekannt gewesen seien (Sachverhalte 1, 2 und 3 des Bescheids vom 25. August 2017). Ausgehend vom Anlass des gerichtlichen Verfahrens und nach seinem Wortlaut beschränke sich der Vergleich ersichtlich auf das Beamtenverhältnis auf Widerruf. Dem Kläger habe entsprechend § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG die Möglichkeit eröffnet werden sollen, den Vorbereitungsdienst erfolgreich zu beenden. Bedeutung für andere, später anstehende Entscheidungen über die - auch charakterliche - Eignung des Klägers in dem Sinne, dass bestimmte Verhaltensweisen des Klägers oder Geschehnisse diesem nicht mehr entgegengehalten werden könnten, hätte dem Vergleich nur beigemessen werden können, wenn sich in seinem Wortlaut entsprechende Hinweise finden ließen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Zu beanstanden sei auch die Auffassung des Senats, dass die vom Dienstherrn getroffene Entscheidung über die charakterliche Eignung insgesamt nicht mehr von hinreichenden Erwägungen gestützt und daher fehlerhaft sei, wenn bereits eine die Prognoseentscheidung (mit)tragende Erwägung entfalle, und etwas anderes nur dann gelte, wenn die Behörde zum Ausdruck gebracht habe, dass bereits eine einzelne Erwägung tragend sein solle. Denn nach der Vorstellung des beklagten Landes habe es sich lediglich um Sachverhalte gehandelt, die exemplarisch die persönliche und charakterliche Ungeeignetheit des Klägers belegen sollten. Der Verweis auf die Bedeutung als bloßes Beispiel verdeutliche die Vorstellung des beklagten Landes, dem insoweit ein Beurteilungsspielraum zukomme, dass die Schlussfolgerung der charakterlichen Ungeeignetheit des Klägers keinesfalls nur dann gelten solle, wenn jeder dieser vier Lebenssachverhalte tatsächlich zutreffe und damit gerade aus der Gesamtheit der vier Lebenssachverhalte resultiere.
32Im fortgesetzten Berufungsverfahren trägt der Kläger ergänzend vor, das beklagte Land habe ihm durch die Mitteilung vom 19. Juli 2017, nach Bestehen der II. Fachprüfung sei beabsichtigt, ihn aus dienstlichen Gründen zur Kreispolizeibehörde H. zu versetzen, eine Einstellungszusage erteilt. In der mündlichen Verhandlung zur Entlassungsverfügung sei ausführlich besprochen worden, dass ihm ein "unbelasteter Neuanfang" ermöglicht werden solle. Dieser Umstand sei dem Vergleich zugrunde gelegt worden und daher Inhalt des Vergleichs geworden. Bei der Einlegung des Widerspruchs gegen die Bewertung der praktischen Prüfung habe er keinen unzutreffenden Sachverhalt geschildert. Er habe auch keine falschen Angaben zu dem Zweck der Unterschriftensammlung gemacht bzw. insoweit einen falschen Eindruck erweckt. Bei der Anfertigung des Mitschnitts des Gesprächs mit dem Schwimmmeister habe er sich wegen der Drohung seines Vorgesetzten in einer Art Notwehrsituation befunden, weshalb man ihm sein Verhalten strafrechtlich nicht vorwerfen und es auch bei der Beurteilung seiner charakterlichen Eignung nicht berücksichtigen könne. Zum Vorwurf, er habe im Dienstunfallverfahren Dinge anders dargestellt als in der Vergangenheit, sei zu ergänzen, dass er tatsächlich einen Schlag von innen gegen das rechte Knie erhalten habe. Seine Angaben in der ursprünglichen Unfallmeldung, beim Zubodenbringen habe sein Knie geknackt, sei nicht unzutreffend. Es erschließe sich nicht, weshalb der Gutachter Dr. P. angegeben habe, er - der Kläger - habe geäußert, am rechten außenseitig rückwärtigen Kniegelenk getroffen worden zu sein. Der Gutachter habe auch diverse andere Dinge unzutreffend dargestellt. Dass er tatsächlich einen Schlag von innen gegen das Knie bekommen habe, ergebe sich aus den medizinischen Unterlagen. Dort habe auch der Bluterguss bestanden.
33Der Kläger beantragt,
34das angefochtene Urteil zu ändern und das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums C. vom 25. August 2017 zu verpflichten, ihn als Beamten auf Probe in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen einzustellen,
35hilfsweise,
36das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums C. vom 25. August 2017 zu verpflichten, über seinen Antrag auf Einstellung als Beamter auf Probe in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
37Das beklagte Land beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen,
39und trägt ergänzend vor, das Bundesverwaltungsgericht habe klargestellt, dass dem Vergleich Bedeutung für später anstehende Entscheidungen nur beigemessen werden könne, wenn sich in seinem Wortlaut Anhaltspunkte dafür finden ließen, was aber nicht der Fall sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe auch entschieden, dass vorliegend das Entfallen einer der die Ablehnungsentscheidung tragenden Erwägungen nicht zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung insgesamt führe. Die unbewiesenen Behauptungen des Klägers zu den Hintergründen der heimlichen Aufzeichnung des Gesprächs mit dem Schwimmmeister änderten nicht den aus seinem Verhalten folgenden Eindruck eines Menschen, dem es an der nötigen Aufrichtigkeit, Loyalität und inneren Bereitschaft fehle, die verfassungsrechtlichen (Freiheits-)Rechte seiner Mitbürger zu wahren und rechtsstaatliche Regeln einzuhalten. Die unterschiedlichen Darstellungen des Klägers zum Unfallhergang ergäben sich aus den Gerichtsakten zum Dienstunfallverfahren und seien auch in dem Beschluss des 3. Senats über den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung festgestellt worden.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakten zu den Verfahren 6 A 1961/14, 6 B 486/18, 3 A 425/17 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe:
42Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist unbegründet. Dem Kläger steht weder der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe zu (A.), noch der mit dem Hilfsantrag verfolgte Anspruch darauf, dass das beklagte Land über seinen Antrag auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet (B.).
43A. Dem Kläger steht der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht zu.
44Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche
45- im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für alle Geschlechter -
46nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Weder diese Vorschrift noch die zu ihrer Konkretisierung ergangenen einfachgesetzlichen Vorschriften gewähren einen unbedingten Einstellungsanspruch. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt dem Bewerber vielmehr ein grundrechtsgleiches Recht darauf, dass über seinen Antrag auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nur nach Maßgabe seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wird. Die vom Dienstherrn vorzunehmende Beurteilung der für den Polizeivollzugsdienst erforderlichen charakterlichen Eignung ist dabei ein Akt wertender Erkenntnis. Sie ist als solche vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat.
47Ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, BVerfGE 108, 282 = juris Rn. 33 ff.; BVerwG, Urteile vom 30. Januar 2003 - 2 A 1.02 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 55 S. 7 = juris Rn. 11, und vom 20. Oktober 1983 - 2 C 11.82 -, BVerwGE 68, 109 = juris Rn. 13.
48Ein Ernennungsanspruch kommt nur in Frage, wenn die Ernennung rechtswirksam zugesichert worden ist (I.) oder sich aus Art. 3 Abs. 1 bzw. Art. 33 Abs. 2 GG eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt (II.). Beides ist hier nicht gegeben.
49I. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf eine Zusicherung im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW, also eine Zusage der zuständigen Behörde, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen, berufen.
50Eine derartige Erklärung, die nach § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW der Schriftform bedarf und welche die verbindliche Selbstverpflichtung enthält, den Kläger nach Bestehen der II. Fachprüfung in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, hat das beklagte Land nicht abgegeben. Maßgeblich ist insoweit der objektive Erklärungswert der in Betracht kommenden behördlichen Erklärung, der in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln ist. Dafür ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bloße Auskünfte, Hinweise oder sonstige behördliche Erklärungen, bei denen die Verwaltung eine Maßnahme ohne Bindungswillen in Aussicht stellt, können nicht als Zusicherung gewertet werden. Auch das bloße Wecken von Erwartungen in Bezug auf ein künftiges Verhalten der Behörde reicht für eine Zusicherung nicht aus, selbst wenn berechtigtes Vertrauen geschaffen wird.
51Vgl. zu § 38 VwVfG BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2006 - 5 C 10.05 -, BVerwGE 126, 33 = juris Rn. 36; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 38 Rn. 21 ff.
52Hiernach liegt eine Zusicherung nicht vor. Die in diesem Zusammenhang vom Kläger ins Feld geführte Werbung des beklagten Landes für das Studium des gehobenen Polizeivollzugsdienstes im Internet mit der Aussage "Deine Übernahme nach der Ausbildung ist garantiert",
53siehe unter https://www.genau-mein-fall.de/das-bieten-wir.html, zuletzt abgerufen am 7. Juni 2023,
54stellt schon deshalb keine Zusicherung im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW dar, weil es sich nicht um eine von der für den Kläger (damals) zuständigen Behörde - dem Polizeipräsidium C. - ihm gegenüber abgegebene Erklärung handelt, sondern um eine der Personalgewinnung dienende Information mit werbendem Charakter und offenem Adressatenkreis. Darüber hinaus lässt sich der plakativen Erklärung zwar entnehmen, dass eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in Betracht kommt und in der Regel auch erfolgt. Bei objektiver Würdigung dieser Erklärung konnte der Kläger indessen nicht von einem Rechtsbindungswillen des Erklärenden dahin ausgehen, dass jeder Anwärter ungeachtet des Vorliegens gesetzlicher Voraussetzungen bzw. Hinderungsgründe in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden würde.
55Eine Zusicherung der Einstellung ergibt sich auch nicht aus dem an den Kläger gerichteten Schreiben des Polizeipräsidiums C. vom 19. Juli 2017. Darin heißt es, "Nach Bestehen der II. Fachprüfung ist es geplant[,] Sie aus dienstlichen Gründen vom/von der 400 - PP C. zum/zur 405 - KPB H. zu versetzen". In der Betreffzeile des Schreibens wird Bezug genommen auf das Polizeinachersatz- und Versetzungsverfahren 2017 (PNV 2017) und die Verwendung der Fachhochschulabsolventinnen/-absolventen in der Laufbahngruppe 2.1 nach Bestehen der II. Fachprüfung. Zudem findet sich in dem Schreiben der Hinweis, für Kommissaranwärter/Innen könne sich die Planung bis zum Abschluss des PNV 2017 noch ändern, entsprechende Änderungsmitteilungen bzw. die Anhörungen nach § 25 LBG erfolgten nach Abschluss des Verfahrens durch die Ausbildungsleitungen. Erklärungswert kommt der Mitteilung ausschließlich im Hinblick auf die geplante örtliche Verwendung des Klägers für den Fall des Bestehens der II. Fachprüfung zu, die allerdings noch unter Vorbehalt stand. Auch diesem Schreiben lässt sich bei objektiver Würdigung nach dem Empfängerhorizont schon keine Erklärung des Inhalts und damit erst recht kein Rechtsbindungswille des Dienstherrn dahin entnehmen, der Kläger werde ungeachtet des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzung der charakterlichen Eignung in ein Probebeamtenverhältnis übernommen werden.
56II. Es liegen keine besonderen Umstände vor, die das Ermessen des beklagten Landes dergestalt eingeschränkt hätten, dass nur noch eine dem Kläger günstige Entscheidung hätte ergehen können. Im Gegenteil hat das beklagte Land die Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis zu Recht abgelehnt (dazu B.) und zwischenzeitlich Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung sowie andere, nach Erlass des angegriffenen Bescheids aufgetretene Umstände vorgetragen, die - sollten die Vorwürfe in tatsächlicher Hinsicht wie dargestellt zutreffen - durchaus geeignet erscheinen, (weitere) durchgreifende Zweifel hinsichtlich der charakterlichen Eignung des Klägers für den Polizeivollzugsdienst zu begründen.
57B. Der vom Kläger gestellte Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Er kann nicht beanspruchen, dass das beklagte Land über seinen Antrag auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet. Denn die Ablehnung seines Antrags durch den Bescheid des Polizeipräsidiums C. in der Ursprungsfassung vom 25. August 2017 (I.) ist formell (II.) und materiell (III.) rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO.
58I. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist der Ablehnungsbescheid in seiner Ursprungsfassung vom 25. August 2017, mit dem die charakterliche Eignung des Klägers verneint wird.
591. Eine Änderung des Bescheids ist nicht vorgenommen worden. Dies ist zunächst nicht durch die Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren geschehen. Diese haben auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts lediglich erklärt, es hätte sich an der Prognoseentscheidung nichts geändert, wenn die Sachverhalte 1 und 2 außer Acht gelassen worden wären. Eine tatsächlich den Bescheid abändernde Erklärung ist nicht abgegeben worden. Darauf, dass insoweit auch die Beteiligungsrechte der Personalvertretung und der Gleichstellungsbeauftragten nicht gewahrt wären, muss daher nicht weiter eingegangen werden. Auch in der Folge ist der Bescheid nicht geändert worden; insbesondere hat das beklagte Land auf die entsprechende ausdrückliche Anfrage des Senats vom 30. September 2020 nicht reagiert.
602. Es kann dahinstehen, ob der Vortrag des beklagten Landes im Schriftsatz vom 19. Juli 2021 zu weiteren Ereignissen in den Jahren 2019 und 2020, die nach Auffassung des beklagten Landes die charakterliche Nichteignung des Klägers widerspiegeln, und die Ausführungen im Schriftsatz vom 7. Juni 2021 zur körperlichen Nichteignung des Klägers mit Blick auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung -
61vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Februar 1990 - 2 C 13.87 -, NVwZ-RR 1990, 619 = juris Rn. 25, und vom 27. November 1980 - 2 C 38.79 -, BVerwGE 61, 176 = juris Rn. 41; Sächs. OVG, Beschluss vom 7. November 2018 - 2 B 390/18 -, juris Rn. 9.
62- nach den Grundsätzen über ein "Nachschieben" von Gründen berücksichtigt werden können. Auf diese Aspekte kommt es nicht entscheidungserheblich an, weil sich der Ablehnungsbescheid des beklagten Landes bereits aus den nachfolgend dargestellten Gründen als rechtmäßig erweist. Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägers, zum Beweis der Tatsache, dass er gesundheitlich geeignet für den Polizeivollzugsdienst ist, insbesondere, dass es sich bei der Variante der Kniescheiben des Klägers vom Typ Wilsberg III um eine Normvariante handelt, die keinerlei Krankheitswert und keinerlei Beeinträchtigung beinhaltet, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, konnte der Senat daher mangels Entscheidungserheblichkeit ablehnen. Das beklagte Land hat bereits die charakterliche Eignung des Klägers rechtsfehlerfrei verneint.
63II. Der die Übernahme des Klägers in ein Beamtenverhältnis auf Probe ablehnende Bescheid vom 25. August 2017 ist formell rechtmäßig.
641. Das Polizeipräsidium C. hat als zum damaligen Zeitpunkt zuständige Behörde über den Antrag des Klägers entschieden, vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung über beamten- und disziplinarrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des für Inneres zuständigen Ministeriums in der Fassung vom 18. November 2015. Danach ist, sofern in dieser Verordnung nichts Abweichendes geregelt ist, die für beamtenrechtliche Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihr nachgeordneten Beamten zuständige dienstvorgesetzte Stelle im Sinne des § 2 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 LBG NRW vom 21. April 2009 (GV. NRW. S. 224) in der jeweils geltenden Fassung die Leiterin oder der Leiter der Behörde oder Einrichtung, bei der die Beamtin oder der Beamte beschäftigt ist (Stammdienststelle). Dies war zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses das Polizeipräsidium C. , weil der Kläger seinerzeit dort (noch) beschäftigt war.
652. Die erforderliche Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten liegt vor. Bei der Entscheidung über die Einstellung bzw. die Übernahme eines (vormals) im Beamtenverhältnis auf Widerruf beschäftigten Bewerbers handelt es sich um eine der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegende personelle Maßnahme i.S.v. § 17 Abs. 1 LGG NRW, und zwar auch dann, wenn - wie hier - eine Negativentscheidung getroffen wird.
66Vgl. hierzu ausführlich OVG NRW, Beschluss vom 23. Oktober 2017 - 6 A 766/16 -, NVwZ-RR 2018, 403 (nur Leitsatz) = juris Rn. 17 ff. m. w. N.
67Ihre Beteiligung an der hier inmitten stehenden Personalmaßnahme hat die Gleichstellungsbeauftragte durch die Mitzeichnung auf dem an den Personalrat gerichteten Schreiben vom 9. August 2017 bestätigt. Dafür, dass diese Beteiligung den Anforderungen des § 18 Abs. 1 und 2 LGG NRW nicht genügt haben könnte, besteht angesichts der in dem Anschreiben enthaltenen umfassenden Sachverhaltsdarstellung und der Tatsache, dass die Mitzeichnung bereits am 7. August 2017 und damit mehr als zwei Wochen vor Erlass des Bescheids erfolgt ist, kein Anhaltspunkt.
683. Die Ablehnung des Antrags des Klägers auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe bedurfte nicht der Zustimmung des Hauptpersonalrats.
69Einen Mitbestimmungstatbestand "Ablehnung der Einstellung" bzw. "Ablehnung der Übernahme in ein Beamtenverhältnis" sieht das LPVG weder in der im August 2017 noch in der aktuell geltenden Fassung vor. Ohnehin kann Gegenstand der Mitbestimmung nach der Rechtsprechung regelmäßig nur eine beabsichtigte "Maßnahme" sein und erfüllt die Ablehnung oder Unterlassung einer beantragten Veränderung des bestehenden Rechtsstandes diese Voraussetzungen nicht.
70Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. August 1983 ‑ 6 P 9.81 -, PersV 1985, 248 = juris Rn. 11 und vom 4. August 2015 - 5 PB 18.14 -, juris Rn. 4, m. w. N.; Cecior/Lechtermann/Klein, Personalvertretungsrecht NRW, Stand April 2022, § 66 LPVG Rn. 30 m. w. N.; Gerhold in: Lorenzen/Gerhold/ Schlatmann u.a., Bundespersonalvertretungsgesetz, Stand Februar 2022, § 70, 2. Voraussetzungen der Mitbestimmung (Absatz 1) Rn. 23.
71Das LPVG kennt dementsprechend keine "Automatik" derart, dass die Aufhebung oder Versagung einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme im Zweifel ebenfalls mitbestimmungspflichtig ist. Der Landesgesetzgeber hat vielmehr bei der Formulierung einer Reihe von Mitbestimmungstatbeständen - etwa § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 LPVG ("Einführung, Ausgestaltung und Aufhebung der gleitenden Arbeitszeit"), § 72 Abs. 2 Nrn. 1 ("Gewährung und Versagung von ...") und 2 LPVG ("Zuweisung und Kündigung von ...") sowie § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 LPVG ("Bestellung und Abberufung von ...") - den Fall der Aufhebung oder Versagung einer bestimmten Maßnahme ausdrücklich mit geregelt. Die Frage, ob auch die Aufhebung oder Versagung einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme ihrerseits mitbestimmungspflichtig ist, kann daher (in der Regel) nur aufgrund positiver Anhaltspunkte im Rahmen der Auslegung des jeweils thematisch einschlägigen Mitbestimmungstatbestandes entschieden werden.
72Vgl. zur vollständigen Aufhebung von Auswahlrichtlinien i. S. d. § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 15 LPVG OVG NRW, Beschluss vom 25. August 2006 - 1 A 5003/04.PVL -, Schütz BeamtR ES/D IV 1 Nr. 170 = juris Rn. 28.
73Als einschlägiger Mitbestimmungstatbestand kommt vorliegend allein § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG in Betracht. Indes fällt die Ablehnung der Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe auch nicht unter den Begriff der "Einstellung" im Sinne dieser Norm.
74Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 ‑ 6 E 811/12 -, juris Rn. 21 sowie Hoffmann, A. in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht - Kommentar, Stand Juli 2020, § 14 LBG Rn. 3; siehe auch OVG Nds., Beschluss vom 24. Januar 2020 - 17 LP 1/19 -, ZfPR online Nr. 5, 5 = juris Rn. 45 (zu § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG).
75Nach dem Wortlaut des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG ist die Mitbestimmung des Personalrats nur bei einer "Einstellung" vorgesehen, die - im Falle der Einstellung eines (zukünftigen) Beamten - als Ernennung unter Begründung eines Beamtenverhältnisses definiert wird.
76Vgl. Cecior/Lechtermann/Klein, Personalvertretungsrecht NRW, Stand Dezember 2022, § 72 LPVG Rn. 33.
77Eine solche Ernennung unter Begründung eines Beamtenverhältnisses erfolgt aber gerade nicht, wenn - wie hier - die Übernahme in ein Beamtenverhältnis abgelehnt wird.
78Anhaltspunkte dafür, dass auch die Ablehnung der Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe mitbestimmungspflichtig ist, lassen sich auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelung des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG nicht feststellen. Dieser spricht vielmehr ebenfalls dafür, dass nur die (positiv) beabsichtigte Übernahme in ein Beamtenverhältnis die Mitbestimmung des Personalrats auslöst, nicht hingegen die Ablehnung der Übernahme. Der Mitbestimmungstatbestand dient dem kollektiven Schutz der in der Dienststelle bereits tätigen Beschäftigten und ihrer hierbei zu berücksichtigenden Interessen.
79Vgl. Cecior/Lechtermann/Klein, a. a. O., § 72 LPVG Rn. 25.
80Aufgabe des Personalrats ist es, bei der Einstellung von Bewerbern im Interesse der Gesamtbelegschaft darüber zu wachen, dass qualifiziertes Personal eingestellt wird, das den gestellten Anforderungen gerecht werden kann, um dadurch etwaige Belastungen der übrigen Belegschaft zu verhindern.
81Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Oktober 2017 - 6 A 766/16 -, a. a. O. Rn. 29.
82Diese Interessen sind aber nicht bzw. jedenfalls in deutlich geringerem Maß berührt, wenn eine Einstellung - wie hier - abgelehnt wird.
83Die Zustimmung des Personalrats zu der Entscheidung des beklagten Landes, den Kläger nicht in ein Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, war nach alledem nicht erforderlich. Der Umstand, dass das beklagte Land den Personalrat gleichwohl - vorsorglich - beteiligt hat, führt jedoch nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung. Der Personalrat ist im Übrigen (zu Recht) davon ausgegangen, dass ein Mitbestimmungsrecht nicht besteht, und hat daher auch keinen Beschluss zu der Ablehnungsentscheidung des beklagten Landes gefasst.
84III. Der Bescheid des Polizeipräsidiums C. vom 25. August 2017 ist auch materiell rechtmäßig.
85Der einzelne Bewerber hat einen aus Art. 33 Abs. 2 GG hergeleiteten Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die beantragte Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, die als Ernennung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG den diesbezüglich geltenden allgemeinen Kriterien unterliegt. § 9 BeamtStG und ihm folgend § 3 Abs. 1 Nr. 2 LVOPol nennen insoweit unter anderem das schon in Art. 33 Abs. 2 GG enthaltene Eignungserfordernis. Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung der Eignung des Bewerbers umfasst neben der fachlichen und gesundheitlichen auch die charakterliche Eignung als Unterfall der persönlichen Eignung. Hierfür ist die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Beamte der von ihm etwa zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird. Dies verlangt eine wertende Würdigung aller Aspekte sowohl des dienstlichen als auch außerdienstlichen Verhaltens des Beamten, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen.
86Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juli 2016 - 2 B 17.16 -, NVwZ-RR 2016, 831 = juris Rn. 26, und vom 25. November 2015 - 2 B 38.15 -, juris Rn. 9.
87Dabei kommt die Ablehnung der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht nur und erst dann in Betracht, wenn der Dienstherr festgestellt hat, dass der Bewerber die erforderliche charakterliche Eignung nicht besitzt. Vielmehr genügen insoweit schon berechtigte Zweifel.
88Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 ‑ 2 BvL 13/73 -, BVerfGE 39, 334 = juris Rn. 49; BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1981 - 2 C 48.78 -, BVerwGE 62, 267 = juris Rn. 20; OVG NRW, Beschlüsse vom 2. November 2016 - 6 B 1172/16 -, juris Rn. 9, und vom 2. Dezember 2016 - 1 B 1194/16 -, juris Rn. 15.
89Auch wenn es sich bei der Entscheidung über die charakterliche (Nicht-) Eignung durch den Dienstherrn - wie bei einer dienstlichen Beurteilung - um ein (zusammenfassendes) Werturteil handelt, müssen die Zweifel - auch zur Wahrung des durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten effektiven Rechtsschutzes - auf hinreichend gesicherten tatsächlichen Feststellungen und Erkenntnissen basieren.
90Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. September 2017 - 6 B 977/17 -, juris Rn. 8, und vom 4. Dezember 2008 - 6 B 1520/08 -, ZBR 2010, 134 = juris Rn. 6; Masuch, Der charakterlose Polizist, DÖV 2018, 697 (702).
91Das Werturteil ist als Akt wertender Erkenntnis des Dienstherrn vom Gericht nur beschränkt daraufhin zu überprüfen, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat.
92Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2003 - 2 A 1.02 -, a. a. O., Rn. 11; OVG NRW, Beschlüsse vom 21. November 2014 - 6 A 76/14 -, juris Rn. 9, und vom 20. Januar 2011 - 6 A 1527/10 -, juris Rn. 9.
93Ausgehend von diesem Maßstab und unter Berücksichtigung der sich aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. April 2022 ergebenden Vorgaben ist die Prognoseentscheidung des Polizeipräsidiums C. über die charakterliche Nichteignung des Klägers nicht zu beanstanden.
941. Die Annahme des beklagten Landes, der Kläger sei für den Polizeivollzugsdienst charakterlich nicht geeignet, findet eine tragfähige Grundlage in den als Sachverhalt 3 und 4 dargestellten Ereignissen des heimlichen Anfertigens einer Tonaufnahme (dazu a) und der unterschiedlichen Darstellung eines Geschehens im Rahmen eines Dienstunfallverfahrens (dazu b).
95a) Zur Begründung seiner Annahme, der Kläger sei für den gehobenen Polizeivollzugsdienst charakterlich nicht geeignet, verweist das beklagte Land als Sachverhalt 3 auf den Vorwurf, der Kläger habe heimlich Tonaufzeichnungen eines Gesprächs mit dem beim LAFP beschäftigten Schwimmmeister S. erstellt und so das notwendige gegenseitige Vertrauen von Kollegen im Polizeivollzugsdienst erschüttert. Insoweit ist in tatsächlicher Hinsicht unstreitig, dass der Kläger ein zwischen ihm und dem Schwimmmeister geführtes Gespräch aufgezeichnet hat, ohne seinen Gesprächspartner auf die Aufzeichnung hinzuweisen. Hierzu hat der Kläger im Rahmen des gegen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf geführten Verfahrens (4 K 2137/13, nachfolgend 6 A 1961/14) angegeben, er habe die Bescheinigung über den 3000-Meter-Lauf am 18. März 2013 von dem Schwimmmeister erhalten. Im Anschluss daran habe sein Vorgesetzter PHK T1. ihm gegenüber geäußert, er werde dafür sorgen, dass sich die Prüfer nicht an den Lauf erinnern würden. Deshalb habe er sich noch einmal zu dem Schwimmmeister begeben und das mit diesem geführte Gespräch aufgezeichnet, um ein "Beweismittel" dafür in den Händen zu halten, dass es tatsächlich eine Bescheinigung gebe, die den 3000-Meter-Lauf bestätige. Er habe wegen der Äußerungen seines Vorgesetzten befürchtet, dass eine solche Bescheinigung "verschwinden" könnte.
96Der Verwertung des Vorwurfs der heimlichen Anfertigung der Tonaufnahme steht nicht entgegen, dass sich das Geschehen bereits vor dem Vergleichsschluss am 8. September 2016 im Verfahren 6 A 1961/14 ereignet hat und dem beklagten Land auch vorher bekannt war. Insoweit hat der Senat die rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde zu legen, § 144 Abs. 6 VwGO. Die Bindungswirkung des § 144 Abs. 6 VwGO umfasst die für die Aufhebungsentscheidung kausal ausschlaggebenden Gründe. Sie gilt auch für zurückverweisende Beschlüsse nach § 133 Abs. 6 VwGO, wenn auch bei der Bestimmung der Reichweite der Bindungswirkung des Beschlusses nach § 133 Abs. 6 VwGO dessen beschränkter Gegenstand zu berücksichtigen ist.
97Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 2013 - 2 B 76.12 -, Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 80 = juris Rn. 9 f., und vom 14. Juli 2020 - 2 B 23.20 -, juris Rn. 11.
98Hier hat das Bundesverwaltungsgericht im zurückverweisenden Beschluss vom 7. April 2022 - 2 B 48.21 -, Rn. 24, ausgeführt, der Vergleich beschränke sich ausgehend vom Anlass des gerichtlichen Verfahrens 6 A 1961/14 und nach seinem Wortlaut auf das Beamtenverhältnis auf Widerruf und habe dem Kläger entsprechend § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG die Möglichkeit eröffnen sollen, den Vorbereitungsdienst erfolgreich zu beenden. Bedeutung für andere, später anstehende Entscheidungen über die - auch charakterliche - Eignung des Klägers in dem Sinne, dass bestimmte Verhaltensweisen des Klägers oder Geschehnisse diesem nicht mehr entgegengehalten werden können, könnte dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleich nur beigemessen werden, wenn sich in seinem Wortlaut entsprechende Hinweise finden ließen. Dies sei aber nicht der Fall.
99Diese Erwägungen waren mit ausschlaggebend für die Aufhebung des Senatsurteils vom 25. August 2021, weil sie auf den vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Verfahrensfehler eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz führten. Der in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellte Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass nach den Vorgesprächen der Vergleichsabschluss am 8. September 2016 im Verfahren 6 A 1961/14 nur so zu verstehen war, dass dem Kläger ein "unbelasteter Neuanfang" ermöglicht werden sollte und auch aus diesem Grunde vereinbart wurde, dass er nochmals ein vollständiges Jahr der Ausbildung absolviert, die damals zuständigen Berufsrichter des 6. Senats zeugenschaftlich zu vernehmen, war vor diesem Hintergrund mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen. Denn nach der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts kommt es auf das Verständnis der Vorgespräche zu dem Vergleichsschluss nicht an. Die rechtliche Bewertung des Vergleichs durch das Bundesverwaltungsgericht lässt keinen Raum für eine Berücksichtigung von Umständen - wie das Verständnis des Vergleichs nach den dazu geführten Vorgesprächen -, die sich im Wortlaut des Vergleichs nicht niedergeschlagen haben. Insofern kann diesbezüglich auch ein Fall der nachträglichen entscheidungserheblichen Änderung der Sach- und Rechtslage,
100vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2020 ‑ 2 B 23.20 -, a. a. O. Rn. 9,
101nicht vorliegen.
102Die Aufzeichnung des Gesprächs erfüllt (zumindest) den Straftatbestand des § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB - Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt. Diese Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor. Das allein zwischen dem Kläger und dem Schwimmmeister in dem Schwimmbad geführte Gespräch war weder für einen nach Zahl und Individualität unbestimmten noch für einen bestimmten, aber innerlich unverbundenen Personenkreis ohne weiteres wahrnehmbar und somit nicht öffentlich.
103Vgl. zur Definition des Tatbestandsmerkmals "nichtöffentlich" Schönke/T1. /Eisele, 30. Aufl. 2019, StGB § 201 Rn. 6, 13.
104Dieses Gespräch hat der Kläger vorsätzlich auf einen Tonträger aufgezeichnet. Er handelte hierbei auch rechtswidrig und schuldhaft. Die Aufnahme erfolgte heimlich, ohne das Wissen des Schwimmmeisters und ohne dessen Einverständnis und damit unbefugt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Zustimmung des Schwimmmeisters zum Abspielen der Aufnahme im Rahmen der Hauptverhandlung zum Vorwurf der Urkundenfälschung vor dem Amtsgericht H. im März 2014 zu keiner anderen Bewertung führt. Denn die erst nach Vollendung der Tat erklärte Zustimmung zum Abspielen der Aufnahme ist weder mit einem tatbestandsausschließenden Einverständnis noch einer rechtfertigenden Einwilligung in die Tathandlung des Anfertigens der Aufnahme gleichzusetzen.
105Der Einwand des Klägers, sein Verhalten sei wegen der (angeblichen) Drohung seines Vorgesetzten PHK T1. im strafrechtlichen Sinne gerechtfertigt bzw. jedenfalls entschuldigt, verfängt ebenfalls nicht. Sein diesbezügliches Vorbringen ist bereits in keiner Weise belegt und nicht glaubhaft. Unter welchen Umständen PHK T1. dem Kläger - so dessen Vortrag im Schriftsatz vom 21. Oktober 2014 im Verfahren 6 A 1961/14 - noch am 18. März 2013 und zwar im (knappen) Zeitraum zwischen Erlangung der Bescheinigung und Anfertigung der Tonaufnahme gedroht haben soll, er werde dafür sorgen, dass sich niemand an den Lauf erinnert, ist nicht dargetan. Vor allem aber ist auch im vorliegenden Verfahren nicht nachvollziehbar geworden, aus welchen Gründen PHK T1. dem Kläger gegenüber eine derart ablehnende Haltung entwickelt haben sollte, dass er sich selbst in die Gefahr erheblicher dienstrechtlicher Schwierigkeiten zu bringen bereit war, indem er zu fraglos dienstpflichtwidrigen und potentiell disziplinarisch relevanten Maßnahmen gegriffen hat bzw. greifen wollte, die die Anstiftung weiterer Personen - wie die angeblichen Prüfer - zu ihrerseits dienstpflichtwidrigen Handlungen erfordert hätte. Die Angabe, im Elternhaus des Klägers sei es zu Polizeieinsätzen gekommen, reicht hierfür nicht aus. Selbst bei Wahrunterstellung der diesbezüglichen Angaben des Klägers scheidet indessen sowohl eine Rechtfertigung als auch eine Entschuldigung seiner Handlung aus.
106Mit seinem Vorbringen, er habe die Tonaufnahme nur angefertigt, um wegen der (angeblichen) Drohung seines Vorgesetzten über ein "Beweismittel" für die Existenz der Bescheinigung über den 3000-Meter-Lauf zu verfügen, macht der Kläger sinngemäß eine sogenannte "Beweisnot" geltend, die auf die Anwendung der Rechtsfolgen eines rechtfertigenden Notstands gemäß § 34 StGB zielt. Nach § 34 Satz 1 StGB handelt nicht rechtswidrig, wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Nach § 34 Satz 2 StGB gilt dies jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden. Zwar ist eine Rechtfertigung nach den Grundsätzen des § 34 StGB etwa beim heimlichen Fixieren eines Gesprächs durch einen Gesprächspartner zur Führung eines sonst nicht möglichen Beweises grundsätzlich in Betracht zu ziehen. Im Rahmen der erforderlichen umfassenden Abwägung der widerstreitenden Interessen ist dabei insbesondere der Grad der Vertraulichkeit des Gesprächs, der Lebensbereich, dem dieses zugeordnet ist, und das von Art und Bedeutung des zu beweisenden Umstands abhängige Gewicht des Beweisinteresses zu berücksichtigen.
107Vgl. Schönke/T1. /Eisele, 30. Aufl. 2019, StGB § 201 Rn. 31b, mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung; Hilgendorf in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl. 2023, juris § 201 Rn. 58 ff.
108Auch im Falle einer sogenannten Beweisnot müssen allerdings die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 34 StGB im Einzelnen vorliegen. Dies war hier nicht der Fall.
109Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob im Zeitpunkt der Anfertigung der Aufnahme überhaupt eine gegenwärtige Gefahr für ein rechtlich geschütztes Interesse des Klägers vorlag. Dies erscheint insoweit zweifelhaft, als sich eine Beweisnot (auch nach der Darstellung des Klägers) erst dann realisiert hätte, wenn sein Vorgesetzter PHK T1. seine (angebliche) Drohung in die Tat umgesetzt und damit auch Erfolg gehabt hätte. Hierzu hätte es ihm gelingen müssen, gleich zwei Bedienstete des beklagten Landes, nämlich den bei der Laufabnahme (angeblich) anwesenden Schwimmmeister S. und PHK L. , zu einer vorsätzlich wahrheitswidrigen Aussage gegenüber ihrem Dienstherrn zu veranlassen.
110Die (vermeintliche) Gefahr war jedenfalls anders abwendbar. Die Notstandshandlung muss zur Abwendung der Gefahr geeignet sein und unter mehreren Alternativen, die mit unterschiedlicher Eingriffsintensität verbunden sind, das relativ mildeste Mittel darstellen.
111Vgl. MüKoStGB/Erb, 4. Aufl. 2020, StGB § 34 Rn. 104; Hilgendorf in: Leipziger Kommentar, 13. Aufl. 2023, a. a. O., § 201 Rn. 61 m. w. N.
112Dies war hier im Hinblick auf die Aufzeichnung des Gesprächs mit dem Schwimmmeister S. nicht der Fall. Eine den Tatbestand des § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllende Aufzeichnung des gesprochenen Worts beeinträchtigt die betroffene Person in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, dem Schutzgut der Strafnorm des § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
113Vgl. Schönke/T1. /Eisele, 30. Aufl. 2019, StGB § 201 Rn. 2.
114Ungeachtet der Frage, von welcher Intensität die Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Herrn S. im vorliegenden Fall mit Blick auf die Umstände der Aufzeichnung und den Inhalt des Gesprächs war, standen dem Kläger weitere, gleichermaßen geeignete Mittel zur Durchsetzung seiner Interessen zur Verfügung, die nicht mit einer Beeinträchtigung der Rechtsgüter anderer verbunden gewesen wären. Ihm stand bereits - ein nach seiner Behauptung echter und inhaltlich zutreffender - schriftlicher Nachweis über die nach seinen Angaben erbrachte Laufleistung in Form der Bescheinigung des Herrn S. zur Verfügung, den er beim Prüfungsamt vorlegen konnte und - allerdings nur als notariell beglaubigte Kopie - auch vorgelegt hat. Die von ihm geäußerte Sorge, die Bescheinigung könnte "verschwinden", konnte sich damit schon deshalb nicht realisieren, weil der Kläger das Original in eigener Hand behalten hatte. Zur Abwendung der Gefahr, dass Herr S. im Nachhinein (nach Darstellung des Klägers bewusst wahrheitswidrig) bestreiten würde, den Lauf tatsächlich abgenommen und die Bescheinigung ausgestellt zu haben, kam eine Reihe anderer Möglichkeiten als die heimliche Aufnahme des Gesprächs in Betracht. So hätte der Kläger einen Zeugen bitten können, dem Gespräch mit dem Schwimmmeister beizuwohnen, anstatt dieses heimlich aufzuzeichnen. Es wäre darüber hinaus möglich gewesen, den in der Bescheinigung benannten weiteren Prüfer, PHK L. , ebenfalls zeitnah - gegebenenfalls gleichermaßen im Beisein eines Zeugen - um die Ausstellung einer Bescheinigung über die Absolvierung des Laufs zu ersuchen. Ferner hätte der Kläger sowohl den Schwimmmeister S. als auch PHK L. bitten können, ein Gespräch mit ihnen aufzeichnen zu dürfen.
115Schließlich geht auch die im Rahmen des § 34 StGB vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Klägers aus. Es kann keine Rede davon sein, dass angesichts der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren das geschützte Interesse des Klägers das beeinträchtigte Interesse des Herrn S. wesentlich überwiegt. Das Gegenteil ist der Fall. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass es für den Kläger im Zeitpunkt der Erstellung der Tonaufnahme - die nach seiner Schilderung an dem Tag erfolgte, an dem er auch die Bescheinigung von Herrn S. erhalten haben will, - zunächst darum ging, den Nachweis über die angeblich bereits erbrachte Laufleistung gegenüber dem Prüfungsamt führen zu können. Wäre dieser Nachweis nicht gelungen, hätte er den 3000-Meter-Lauf auch später (nochmals) absolvieren dürfen. Die Gefahr, aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf wegen des endgültigen Nichtbestehens einer Prüfung bzw. einer endgültig nicht erbrachten Prüfungsleistung auszuscheiden, bestand daher zu diesem Zeitpunkt nicht. Im Hinblick auf die Gefahr, bei etwaig wegen der (angeblichen) Drohung seines Vorgesetzten aufkommenden Zweifeln an der Echtheit der Bescheinigung strafrechtlichen und dienstrechtlichen Nachteilen ausgesetzt zu sein, ist auf die vorstehenden Erwägungen zu den dem Kläger zur Verfügung stehenden Alternativmaßnahmen Bezug zu nehmen, sodass auch insoweit das Interesse des Klägers gegenüber dem durch seine Handlung beeinträchtigten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Schwimmmeisters zurückzustehen hatte.
116Eine Rechtfertigung nach § 32 StGB kommt unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ebenfalls nicht in Betracht. Nach § 32 Abs. 1 StGB handelt nicht rechtswidrig, wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist. Gemäß § 32 Abs. 2 StGB ist Notwehr die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. Eine nach § 32 StGB gerechtfertigte Verteidigung muss sich zunächst stets gegen Rechtsgüter des Angreifers richten.
117Vgl. MüKoStGB/Erb, 4. Aufl. 2020, StGB § 32 Rn. 122.
118Im Zeitpunkt der Erstellung der Tonaufnahme lag indessen ein gegenwärtiger Angriff des von der Aufzeichnung betroffenen Schwimmmeisters nicht vor. Darüber hinaus fehlte es mit Blick auf die dem Kläger zur Verfügung stehenden, zur Abwendung der befürchteten Beweisnot gleichermaßen geeigneten Alternativmaßnahmen an der Erforderlichkeit seiner Handlung.
119Ein Rückgriff auf die Rechtsfolgen des entschuldigenden Notstands (§ 35 Abs. 1 StGB) ist ebenfalls nicht möglich. Eine gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit des Klägers bestand nicht.
120Die Tatsache, dass der Kläger wegen seines Verhaltens - wohl mangels Strafantrags - nicht angeklagt und verurteilt worden ist, steht der Berücksichtigung zur Begründung der charakterlichen Nichteignung für den Polizeivollzugsdienst weder entgegen, noch mindert sie dessen Unwertgehalt. Das beklagte Land darf bei einer Einstellung die Fähigkeit und innere Bereitschaft eines Bewerbers verlangen, die dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen, insbesondere die Freiheitsrechte der Bürger zu wahren und rechtsstaatliche Regeln einzuhalten.
121Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 -, BVerfGE 92, 140 = juris Rn. 44.
122Für die Einstellung in den Polizeidienst sind hohe Anforderungen an die Gesetzestreue zu stellen, denn die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gehört zu den Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes. Verstöße in diesem Bereich sind grundsätzlich geeignet, Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers zu begründen. Dies umfasst auch Verstöße, die ‑ wie hier - nicht zu einer Verurteilung geführt haben.
123Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28. November 2019 - 1 B 372/19 -, DÖV 2020, 531 (nur Leitsatz) = juris Rn. 33 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. März 2018 - OVG 4 S 19.18 -, NVwZ-RR 2018, 863 = juris Rn. 6.
124Die Einhaltung der Rechtsordnung, zu deren Schutz die Polizei bestellt ist, ist nach alledem eine der grundlegenden Anforderungen an jeden Polizeivollzugsbeamten. Das Verhalten des Klägers zeigt, dass er es hiermit nicht hinreichend genau nimmt, wenn es seinem eigenen Vorteil dient. Insoweit ist die Annahme des beklagten Landes, dem Kläger fehle es an den erforderlichen charakterlichen Voraussetzungen für den Polizeivollzugsdienst, nicht zu beanstanden.
125Hinzu tritt, dass der Kläger durch die heimliche Aufzeichnung des Gesprächs mit dem Schwimmmeister gegen die in § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG ausdrücklich normierte Dienstpflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen hat. Das Verwaltungsgericht hat insoweit bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass hierin ein gravierender Vertrauensbruch zu Lasten des Schwimmmeisters des LAFP als Bedienstetem des beklagten Landes zu erblicken ist und der Kläger ein Verhalten gezeigt hat, das in ganz erheblichem Maße unkollegial und illoyal ist. Sein Verhalten erhellt, dass er bereit ist, im Zweifel seine eigenen Interessen über die seiner Kollegen und seines Dienstherrn zu stellen, und verdeutlicht, dass es ihm an der für den Polizeivollzugsdienst unerlässlichen Verlässlichkeit und Aufrichtigkeit gegenüber den Kollegen und dem Dienstherrn fehlt.
126Die vom Kläger angeführten "besonderen Umstände", die zur Anfertigung der Tonaufnahme geführt hätten und die zu berücksichtigen seien, führen auch in diesem Zusammenhang nicht zu einer anderen Bewertung. Selbst wenn man das Vorbringen des Klägers zu den Hintergründen der Aufnahme des Gesprächs, namentlich die angebliche Drohung des Vorgesetzten PHK T1. , als zutreffend zugrunde legte, erschiene das Verhalten des Klägers nicht in einem grundlegend anderen Licht. Denn von einem charakterlich geeigneten Polizeivollzugsbeamten muss auch - bzw. gerade - in dienstlichen und persönlichen Konfliktsituationen erwartet werden können, dass er verlässlich, aufrichtig und loyal handelt und nicht unter Ausnutzung eines gegenseitigen Vertrauens auf unlautere und sogar strafrechtlich relevante Mittel zurückgreift, um seine eigenen Interessen durchzusetzen, insbesondere wenn ihm - wie hier - gleichermaßen geeignete, unbedenkliche Handlungsalternativen zur Verfügung stehen.
127Anders als der Kläger meint, führt der Umstand, dass die Erstellung der Aufnahme bereits mehrere Jahre zurückliegt, nicht dazu, dass der Vorfall bei der Beurteilung der charakterlichen Eignung des Klägers außer Betracht bleiben oder ihm jedenfalls ein geringeres Gewicht beigemessen werden müsste. Zum einen ist daran zu erinnern, dass sich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung vom 25. August 2017 nach der damals geltenden Sach- und Rechtslage richtet und insofern (nur) von einem Zeitablauf von etwa vier Jahren seit der Erstellung der Tonaufnahme im März 2013 auszugehen ist. Darüber hinaus handelte es sich nicht etwa um einen singulären Fehltritt. Vielmehr treten die in seinem Verhalten bei der heimlichen Erstellung der Tonaufnahme zum Ausdruck kommenden Charaktereigenschaften (zumindest) auch in seinem Gebaren im Zusammenhang mit dem Dienstunfallverfahren hervor (dazu sogleich), das sich bis in das Jahr 2017 erstreckte.
128b) Der vom beklagten Land als Teil des Sachverhalt 4 erhobene Vorwurf, der Kläger habe im Rahmen eines Dienstunfallverfahrens hinsichtlich des Geschehens deutlich voneinander abweichende Darstellungen gegeben, trägt das Nichteignungsurteil des beklagten Landes ebenfalls.
129In tatsächlicher Hinsicht ist insoweit von Folgendem auszugehen: Der Kläger erlitt am 4. September 2012 im Rahmen eines Einsatztrainings eine Kniescheibenverrenkung und beantragte im Folgenden die Anerkennung als Dienstunfall. In seiner Unfallmitteilung vom 22. Oktober 2012 gab er an, er sei von einer Kollegin bei der Übung von der Seite festgenommen worden. Er habe ganz normal gestanden und auf die Festnahme gewartet, die Kollegin sei herangetreten und habe ihn zu Boden gebracht. Beim Zubodenbringen habe auf einmal sein Knie geknackt; er habe sofort starke Schmerzen gehabt. Auf Veranlassung des polizeiärztlichen Dienstes erstellte Dr. med P. unter dem 12. April 2013 ein orthopädisches Fachgutachten, in dem es zum Unfallhergang heißt, der Kläger sei von der Kollegin versehentlich am rechten außenseitig rückwärtigen Kniegelenk getroffen worden. Es findet sich zudem die Feststellung, es habe eine äußere Einwirkung in Form eines Tritts von rechts hinten gegen die rechte Knie-Außenseite des Klägers gegeben. Im Anschluss an die Angaben zum Unfallhergang heißt es in dem Gutachten (dort S. 32): "Diktiert im Beisein d. Beamt., auf Befragen kein weiteres Vorbringen." In der Begründung seines Widerspruchs gegen die ablehnende Entscheidung zur Anerkennung als Dienstunfall gab der Kläger an, der Sachverhalt sei in dem Gutachten des Dr. med P. teilweise falsch dargestellt worden. Entgegen der dortigen Darstellung sei er nicht getreten worden. Er sei "einzig" durch die bei der Übung der Festnahme durch die Kollegin eingebrachte Hebelwirkung durch Drücken zu Boden gebracht worden. Die Übung sei schlichtweg falsch durchgeführt worden. In der Klagebegründung vom 20. Dezember 2013 schloss der Kläger erneut kategorisch aus, getreten worden zu sein ("Tatsächlich ist der Kläger zu keinem Zeitpunkt 'getreten worden'."), und bekräftigte, durch die Hebelbewegung zu Fall gekommen zu sein. Er gab zudem an, er sei am Schuh der Kollegin hängengeblieben, wodurch sich sein Knie verdreht habe. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 19. August 2013 wies Dr. med. P. im Hinblick auf die verschiedenen Unfallschilderungen (Hängenbleiben mit dem Fuß und Verdrehen des Kniegelenks; Festnahme mit Zubodenbringen ohne weitere Schilderung des Bewegungsablaufs; Tritt durch die festnehmende Kollegin gegen das rechte Bein des Klägers auf Höhe des rückwärtigen außenseitigen Kniegelenks) darauf hin, dass alle drei Bewegungsabläufe aus funktioneller und biomechanischer Sicht nicht geeignet seien, ursächlich eine unfallbedingte Kniescheibenverrenkung hervorzurufen. Er führte ferner aus, dass eine Kniescheibenverrenkung bei einem Tritt gegen das außenseitige rechte Bein nur hätte ausgelöst werden können, wenn eine weitergehende schwere valgisierende Verletzung im Bereich des rechten Kniegelenks vorgelegen hätte, was bedeute, dass zumindest der gesamte innenseitige Kapselbandapparat des Kniegelenks hätte zerrissen sein müssen oder eine schwere Fraktur des knienahen Oberschenkels oder Unterschenkels hätte vorliegen müssen. Eine solche Verletzung wäre nicht zu übersehen gewesen und habe beim Kläger nicht vorgelegen. Im Vordergrund stehe unzweifelhaft eine anlagebedingte Fehlstellung der Kniescheiben im Sinne einer Kniescheiben- und Kniescheibengleitlagerdysplasie mit permanenter unvollständiger Verrenkungsstellung beider Kniescheiben. Das Verwaltungsgericht wies die Klage unter Verwertung des Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme des Dr. med. P. mit der Begründung ab, es sei nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass die Kniescheibenverrenkung im Sinne des Dienstunfallrechts ursächlich auf die Einwirkung von Kräften zurückzuführen sei, denen der Kläger im Rahmen des Einsatztrainings am 4. September 2012 ausgesetzt gewesen sei. Zur Begründung seines hiergegen erhobenen Antrags auf Zulassung der Berufung trug der Kläger mit Schriftsatz vom 20. März 2017 vor, das Gutachten des Dr. med. P. gehe von falschen Sachverhaltsannahmen aus. Tatsächlich sei es so gewesen, dass er "einen festen Schlag gegen das rechte Knie von innen und nicht wie geplant von hinten erhalten" habe. Gleichzeitig habe die die Festnahmetechnik ausführende Kollegin ihm auch noch auf den rechten Fuß getreten und diesen so fixiert. Er sei auch sehr wohl zu Boden gefallen. Zugleich legte der Kläger ein in seinem Auftrag erstelltes Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. med. N. vom 25. Februar 2017 vor, in dem es zum Unfallhergang ebenfalls heißt, der Kläger habe angegeben, einen festen Schlag gegen das rechte Knie von innen und nicht wie geplant von hinten bekommen zu haben. Der Gutachter führte weiter aus, dass in dem Gutachten des Dr. med. P. ein völlig anderer Bewegungsablauf dokumentiert worden sei, als der Kläger ihn jetzt geschildert habe. Den Ausführungen des Gutachters Dr. med. P. könne er sich unter Berücksichtigung der jetzt vom Kläger gemachten Aussagen nicht anschließen und ihm scheine der ursächliche Zusammenhang zum Unfallereignis aus medizinischer Sicht gegeben.
130Der im Berufungsverfahren erhobene Einwand des Klägers, ihm werde zu Unrecht vorgeworfen, in der Dienstunfallangelegenheit Dinge anders als in der Vergangenheit dargestellt zu haben, er habe nie geäußert, an der Außenseite des Knies getroffen worden zu sein und die ganze Zeit über angegeben, dass er an der innenseitigen Knieseite getroffen wurde, entbehrt mit Blick auf die vorstehend dargestellten, aktenkundigen Angaben des Klägers im Rahmen des Dienstunfallverfahrens jedweder Grundlage. Mit Blick darauf, dass der Gutachter ausdrücklich festgehalten hat, die Angaben zum Unfallhergang seien im Beisein des Klägers diktiert worden und dieser habe auch auf Befragen nichts weiter vorzubringen gehabt, ist bereits nicht anzunehmen, dass der Unfallhergang im Gutachten des Dr. med. P. unzutreffend wiedergegeben ist; auszugehen ist vielmehr davon, dass der Kläger Dr. med. P. gegenüber einen Tritt gegen die rechte Außenseite seines Knies behauptet hat. Selbst wenn man aber im Hinblick auf den in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwand des Klägers, er habe nicht verstanden, was der Gutachter diktiert habe und dessen Ausführungen auch nicht autorisiert, zu seinen Gunsten Gegenteiliges zugrunde legen wollte, verbleibt es bei der Widersprüchlichkeit seiner vorgerichtlichen und erstinstanzichen Angaben einerseits und seines Vortrags im Rahmen des Verfahrens auf Zulassung der Berufung andererseits. Denn die (dann) ursprüngliche Schilderung, er sei "einzig" durch eine Hebelwirkung zu Boden gedrückt und zu Fall gekommen, sowie sein ausdrückliches und wiederholtes Bestreiten, einen Tritt habe es nicht gegeben, ist mit seinem Vorbringen im Zulassungsverfahren, er habe einen festen Schlag gegen die Innenseite des Knies erhalten, nicht in Einklang zu bringen.
131Den Versuch einer Auflösung des Widerspruchs hat der Kläger nur insoweit unternommen, als er in der mündlichen Verhandlung den Bewegungsablauf der Übung vorgeführt und hierzu angegeben hat, die dargestellte Bewegung des Beins des festnehmenden Beamten gegen das Bein des Festzunehmenden könne als Hebelwirkung, Stoß oder Schlag bezeichnet werden. Damit dringt er jedoch nicht durch. Es trifft schon objektiv in semantischer Hinsicht nicht zu, dass eine Hebelwirkung einem Stoß oder Schlag gleichzusetzen ist, weil eine "Hebelwirkung" eine Kraftübertragung bei der Anwendung eines Hebels meint, während der Begriff "Stoß" eine (gezielte) schnelle Bewegung beschreibt, die in heftigem Anprall auf jemanden oder etwas trifft, und unter "Schlag" (im vorliegenden Zusammenhang) das durch eine heftige, schnelle, ausholende Bewegung herbeigeführte Auftreffen auf etwas oder Treffen von jemandem zu verstehen ist.
132Vgl. hierzu die Einträge zu "Hebelwirkung", "Stoß" und "Schlag" in Duden, Deutsches Unversalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, S. 806, 1523, 1689.
133Sofern der Kläger gleichwohl mit dem Begriff der "Hebelwirkung" zum Ausdruck bringen wollte, einen festen Schlag gegen die Innenseite seines Knie erhalten zu haben - was fernliegend erscheint -, erschließt sich nicht ansatzweise, warum er dies nicht schon im erstinstanzlichen Verfahren klargestellt hat. Anlass hierzu hätte es in vielerlei Hinsicht gegeben, insbesondere aber im Hinblick auf die Darstellung des Geschehens in dem Gutachten des Dr. med. P. , das von einem Tritt gegen die rückwärtige Außenseite des Knies ausgeht. Stattdessen hat sich der Kläger darauf beschränkt, zu bestreiten, dass es einen "Tritt" gegeben habe und bekräftigt, dass er durch eine "Hebelwirkung" zu Fall gekommen sei. Es wäre - träfen die Angaben des Klägers tatsächlich zu - zu erwarten gewesen, dass er auch die nach seiner Auffassung im Gutachten falsch wiedergegebene Zielrichtung des Tritts bzw. Schlags korrigiert, was nicht geschehen ist. Nur hingewiesen sei ferner darauf, dass unklar ist, wie die Kollegin, die nach seiner Darstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von hinten an den Kläger herangetreten sein und ihm mit ihrem Bein bzw. Knie einen "Schlag" von innen gegen sein Knie versetzt haben soll, dabei gleichzeitig dessen Fuß fixiert haben soll.
134Auch sonst fehlt es an einer tragfähigen Erklärung für die widersprüchlichen Darstellungen des Unfallhergangs. Auf ein vermeintliches Missverständnis zwischen dem Gutachter Dr. med. P. und dem Kläger lässt sich die Diskrepanz der vorgerichtlichen und erstinstanzlichen Angaben einerseits und der Darstellung im Rahmen des Verfahrens auf Zulassung der Berufung andererseits nicht zurückführen, weil es sich jeweils um eigene Angaben des Klägers handelt. Sie erklärt sich ebensowenig durch eine etwaige ungenaue Erinnerung an den tatsächlichen Geschehensablauf, weil der Kläger beide Versionen des Unfallhergangs jeweils mit nachdrücklicher Vehemenz vorgetragen und mögliche andere Abläufe kategorisch ausgeschlossen hat.
135Gegen die Annahme des beklagten Landes, die unterschiedliche Darstellung des Unfallgeschehens begründe erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers, ist nichts zu erinnern. Seine unauflöslich widersprüchlichen Angaben sind nur dadurch zu erklären, dass er den tatsächlichen Geschehensablauf nicht durchgängig wahrheitsgemäß wiedergegeben hat. Hieraus folgen schon für sich genommen erhebliche Zweifel an seiner charakterlichen Eignung, weil von einem Polizeivollzugsbeamten erwartet werden kann und muss, dass seine Angaben insbesondere gegenüber seinem Dienstherrn jederzeit wahrheitsgemäß und verlässlich sind. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger auch hier auf seinen eigenen Vorteil bedacht und bereit war, diesen zu Lasten seines Dienstherrn durch unlautere Mittel durchzusetzen. Es liegt auf der Hand, dass der Kläger seine Angaben zum Unfallhergang nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens an die dort gewonnenen (medizinischen) Erkenntnisse - insbesondere an die Erwägungen des Dr. med. P. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 19. August 2013 über eine mögliche Ursächlichkeit des Unfallgeschehens für die Kniescheibenverrenkung bei Vorliegen einer schweren innenseitigen Verletzung des Kniegelenks - angepasst hat, um seine Aussichten auf die von ihm begehrte Anerkennung des Geschehens als Dienstunfall zu verbessern. Dass sein angepasster Vortrag jedenfalls grundsätzlich geeignet war, die ablehnende erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen, zeigt sich bereits daran, dass das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten des Dr. med. N. unter Zugrundelegung seiner Schilderung eines festen Schlags gegen die Innenseite seines Knies zu einer ihm günstigen Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen Unfallgeschehen und der erlittenen Knieverletzung gekommen ist.
136Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen war der Antrag des Klägers, zum Beweis der Tatsache, dass er im Rahmen des Dienstunfalls vom 4. September 2012 tatsächlich einen Schlag von innen gegen das rechte Knie erhalten hat, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen, das die Behandlungsunterlagen des Klägers diesbezüglich auswertet, mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen. Die unter Beweis gestellte Tatsache ist rechtlich unerheblich. Der dem Kläger vom beklagten Land gemachte Vorwurf geht dahin, er habe den Unfallhergang im Verlauf des Verfahrens um die Anerkennung als Dienstunfall unterschiedlich dargestellt und so erhebliche Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit begründet. Maßgeblich ist demnach, ob der Vorwurf der inkonsistenten Darstellung des Unfallhergangs zutrifft und ob sich hieraus Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers ergeben, was hier zu bejahen ist. Unerheblich ist demgegenüber, ob die mit dem Beweisantrag behauptete Darstellung des Unfallgeschehens tatsächlich zutrifft.
1372. Ergeben sich nach den vorstehenden Erwägungen durchgreifende Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers bereits aus der heimlichen Anfertigung einer Tonaufnahme des Schwimmmeisters des LAFP und der unterschiedlichen Darstellung des Geschehens im Rahmen des Dienstunfallverfahrens, bedarf es weder einer weiteren Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der übrigen in dem Bescheid vom 25. August 2017 geschilderten Ereignisse (Sachverhalte 1 und 2; Vorwurf des Versuchs, den Termin zur amtsärztlichen Untersuchung zu verschieben; Bedenken der bei Polizeiwache H. diensttuenden Beamten bezüglich des Klägers), noch der Entscheidung, ob sich daraus ebenfalls Zweifel an der charakterlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst ergeben. Selbst wenn diese die Entscheidung des beklagten Landes (mit)tragenden Erwägungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen entfielen, bliebe hiervon die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung nach der auch insoweit zugrunde zu legenden Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts unberührt. Denn die in dem Bescheid vom 25. August 2017 beschriebenen Sachverhalte sollen ausweislich der Begründung der Ablehnungsentscheidung lediglich exemplarisch die persönliche und charakterliche Ungeeignetheit des Klägers belegen. Der Verweis auf die Bedeutung als bloßes Beispiel verdeutlicht die Vorstellung des beklagten Landes, dem insoweit ein Beurteilungsspielraum zukommt, dass die Schlussfolgerung der charakterlichen Ungeeignetheit des Klägers keinesfalls nur dann gelten soll, wenn jeder dieser vier Lebenssachverhalte tatsächlich zutrifft, mithin gerade aus ihrer Gesamtheit resultiert. Vor diesem Hintergrund war auch der weitere Antrag des Klägers, zum Beweis der Tatsache, dass seine Darstellung, die seinerzeitigen Prüfer KOKin T2. sowie KOK G. seien während der Prüfung sehr unaufmerksam gewesen, hätten sich unterhalten, gelacht und sich gekitzelt, zutreffend ist, die damalige Auszubildende T3. zu vernehmen, ungeachtet der Frage seiner hinreichenden Bestimmtheit wegen der fehlenden Entscheidungserheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsache abzulehnen. Auf die unter Beweis gestellte Tatsache kommt es für die Entscheidung nicht an, weil nach den vorstehenden Erwägungen unerheblich ist, ob der dem Kläger mit dem (wohl gemeinten) Sachverhalt 1 gemachte Vorwurf einer unzutreffenden Sachverhaltsdarstellung im Rahmen des Prüfungswiderspruchs tatsächlich zutrifft. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist - wie erwähnt - ferner unerheblich, ob das beklagte Land die Ablehnung der Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe zusätzlich auf die im Schriftsatz vom Schriftsatz vom 19. Juli 2021 ferner geschilderten Umstände stützen konnte.
138C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.
139D. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht vorliegen.