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Wird die Feststellung öffentlich-rechtlicher Pflichten vor einem drohenden oder während eines schwebenden Bußgeldverfahrens beantragt, so wird in der Sache um den Inhalt von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts gestritten, die den Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten begründen. Gehört die zu beurteilende Frage dem öffentlichen Recht im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO an, so verliert sie ihre diesbezügliche Rechtsnatur nicht dadurch, dass von ihrer Beantwortung auch strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Bewertungen abhängen.
Zur Frage des zur Eintragung in das Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz mitzuteilenden wirtschaftlich Berechtigten im Falle einer GmbH & Co. KG.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 25.2.2022 geändert.
Im Wege einer einstweiligen Anordnung wird festgestellt, dass die Antragstellerin vorläufig bis zur Entscheidung über das Hauptsacheverfahren 9 K 6020/21 (VG Köln) nicht verpflichtet ist, der Bundesanzeiger Verlag GmbH Frau T. N. als mittelbar wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz mitzuteilen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf jeweils 2.500,00 Euro festgesetzt.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat nach Prüfung der gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO dargelegten Gründe Erfolg.
2Der sinngemäß gestellte Antrag,
3im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Antragstellerin vorläufig bis zur Entscheidung über das Hauptsacheverfahren 9 K 6020/21 (VG Köln) nicht verpflichtet ist, der Bundesanzeiger Verlag GmbH Frau T. N. als mittelbar wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister nach dem Geldwäschegesetz mitzuteilen,
4ist zulässig (unten A.) und begründet (unten B.).
5A. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (unten I.), der Antrag gegenüber der Antragsgegnerin statthaft und liegt das für einen hier begehrten vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz erforderliche schutzwürdige Feststellungsinteresse vor (unten II.).
6I. Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Eine in diesem Zusammenhang allein streitige abdrängende Sonderzuweisung ist nicht gegeben. Eine solche Zuweisung geschieht hier insbesondere nicht durch § 62 oder §§ 67 f. OWiG. Wird die Feststellung öffentlich-rechtlicher Pflichten vor einem drohenden oder während eines schwebenden Bußgeldverfahrens beantragt, so wird in der Sache um den Inhalt von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts gestritten, die den Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten begründen. Gehört die zu beurteilende Frage dem öffentlichen Recht im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO an, so verliert sie ihre diesbezügliche Rechtsnatur nicht dadurch, dass von ihrer Beantwortung auch strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Bewertungen abhängen.
7Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.1.1992 – 3 C 50.89 –, BVerwGE 89, 327 = juris, Rn. 27, und vom 7.5.1987 – 3 C 53.85 –, BVerwGE 77, 207 = juris, Rn. 18 ff.
8So liegt es hier. Nach den Angaben der Beteiligten ist die Streitfrage noch nicht einmal Gegenstand eines anhängigen Bußgeldverfahrens.
9II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 123 Abs. 1 VwGO ist gegenüber der Antragsgegnerin statthaft und das für einen hier begehrten vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz erforderliche schutzwürdige Feststellungsinteresse liegt vor.
10Vorläufiger Rechtsschutz ist auch für ein hier in Rede stehendes Feststellungsbegehren im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu gewähren.
11Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1.10.2009 – 2 VR 6.09 –, juris, Rn. 8; OVG NRW, Beschluss vom 10.6.2016 – 4 B 504/16 –, juris, Rn. 13 f., m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 22.6.2017 – 13 B 238/17 –, juris, Rn. 13 f., m. w. N.
12Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage insbesondere die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat (Feststellungsklage). Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Als Bezugspersonen kommen dabei in Betracht der Normgeber, der Normadressat und (als Vollzugsbehörde) der Normanwender. Gegenstand der Feststellungsklage kann nur ein konkretes Rechtsverhältnis sein, es muss also die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig sein.
13Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.8.2007 – 7 C 2.07 –, BVerwGE 129, 199 = juris, Rn. 21 sowie 27, und vom 28.5.2014 – 6 A 1.13 –, BVerwGE 149, 359 = juris, Rn. 20 f.
14Auch bei Normen, aus denen sich unmittelbar Rechte und Pflichten ergeben, können sich normbetroffene Personen und eine die Norm vollziehende Behörde gegenüberstehen, die die Regelungen konkretisiert oder individualisiert und Anordnungen für den Einzelfall aufgrund gesetzlicher Befugnisse trifft. In solchen Fällen muss die Feststellung eines konkreten streitigen Rechtsverhältnisses zwischen Normadressat und Normanwender geklärt werden.
15Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.1.2010 – 8 C 19.09 –, BVerwGE 136, 54 = juris, Rn. 29.
16Ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis in diesem Sinne kann sich insbesondere auch aus der (Wiederholungs-)Gefahr wegen drohender (weiterer) Bußgeldverfahren auf der Grundlage umstrittener öffentlich-rechtlicher Pflichten ergeben.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2021 – 8 C 24.19 –, BVerwGE 174, 296 = juris, Rn. 10.
18Zwar ist der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert. Um den Grundsatz der Gewaltenteilung und das der Verwaltung zugewiesene Handlungsfeld nicht übermäßig und „anlasslos“ zu beeinträchtigen, setzt die den Gerichten übertragene Kontrollfunktion gegen Maßnahmen der Behörden grundsätzlich erst nachgelagert ein. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfordert daher regelmäßig den Erlass einer Maßnahme, der nachfolgend Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete Anordnungen der Verwaltung ist daher grundsätzlich unzulässig. Etwas anderes gilt indes dann, wenn dem Betroffenen ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Behörde tätig werden wird, nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht. Eine derartige Ausnahmekonstellation liegt insbesondere bei drohenden Sanktionen vor, die an verwaltungsrechtliche Vorfragen anknüpfen. Denn es ist nicht zumutbar, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „von der Anklagebank herab“ führen zu müssen. Der Bürger hat dann ein schutzwürdiges Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als sachnähere und „fachspezifischere“ Rechtsschutzform einzuschlagen, wenn ihm wegen verwaltungsrechtlicher Fragen ein Straf- oder Bußgeldverfahren droht. Es ist weder sinnvoll noch zumutbar, dem Bürger in einem derartigen Schwebezustand die Möglichkeit der verbindlichen Klärung streitiger Fragen des öffentlichen Rechts zu verwehren. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Bußgeld- bzw. Strafverfahren nicht bindend ist. Schon der Einfluss, den eine für den Betroffenen günstige Entscheidung auf die Beurteilung des Bußgeld- bzw. Strafverfahrens ausüben kann, rechtfertigt das Feststellungsbegehren.
19Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.6.2016 – 2 C 18.15 –, juris, Rn. 19 f., und vom 13.1.1969 – 1 C 86.64 –, BVerwGE 31, 177 = juris, Rn. 19; BVerfG, Beschluss vom 7.4.2003 – 1 BvR 2129/02 –, juris, Rn. 14; siehe auch: OVG NRW, Beschlüsse vom 4.2.2021 – 4 B 1380/20 –, juris, Rn. 118, m. w. N., und vom 30.6.2022 – 4 B 1864/21 –, Rn. 131.
20Nach diesen Maßstäben besteht zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin bereits ein hinreichend konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Zwischen den Beteiligten besteht ein Meinungsstreit darüber, ob die Antragstellerin eine bestimmte wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen hat oder das Unterlassen dieser Mitteilung als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann. Mit Schreiben vom 13.4.2021 unter dem Betreff, „Anhörung wegen einer Ordnungswidrigkeit (§ 55 OWiG)“ wurde die Antragstellerin zu einer Ordnungswidrigkeit nach § 9 Abs. 1 OWiG i. V. m. §§ 20 Abs. 1 Satz 1 Var. 4, 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 55 lit. d Var. 4 GwG in Form einer leichtfertig verspäteten Mitteilung des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister angehört, weil ihr gesetzlicher Vertreter seiner Eintragungspflicht erst am 29.10.2020 nachgekommen sei. Darüber hinaus erfolgte in dem Schreiben optisch durch die Überschrift, „Ihre Mitteilung an das Transparenzregister“, abgesetzt, die Darlegung der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin zu dem Inhalt der am 29.10.2020 erfolgten Mitteilung. Die Antragsgegnerin führte aus, dass nach ihren Feststellungen die erfolgte Mitteilung der gesetzlichen Vertreter als fiktiv wirtschaftlich Berechtigte nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Nach ihren Nachforschungen gebe es einen tatsächlich (mittelbaren) wirtschaftlich Berechtigten. Die Eintragung sei unverzüglich zu berichtigen. Die Nicht-Berichtigung einer unrichtigen Mitteilung sei eine Ordnungswidrigkeit nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 63 GwG. Nachdem die Antragstellerin unter Darlegung ihrer Beteiligungsverhältnisse mitgeteilt hatte, sie habe keine wirtschaftlich Berechtigten, stellte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 20.5.2021 und 18.8.2021 klar, sie vertrete eine andere Rechtsauffassung, und konkretisierte diese dahingehend, dass aufgrund des beherrschenden Einflusses von Frau T. N. auf die F. N. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden: F. N. GmbH) und deren Stellung als Komplementärin der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG davon ausgegangen werde, dass Frau T. N. mittelbar wirtschaftlich Berechtigte der Antragstellerin sei. Hierdurch hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin eindeutig darüber in Kenntnis gesetzt, dass nach ihrer Auffassung die von der Antragstellerin vorgenommene Mitteilung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und Frau T. N. als mittelbar wirtschaftlich Berechtigte der Antragstellerin in das Transparenzregister einzutragen ist. Sie hat von dieser deshalb eine Berichtigung der Eintragung verlangt. Vor diesem Hintergrund war der Hinweis auf die Ordnungswidrigkeit nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GwG in dem Schreiben vom 13.4.2021 so zu verstehen, dass die Antragsgegnerin für den Fall, dass die Eintragung nicht in dem verlangten Sinne korrigiert werde, berechtigt sei, ein Bußgeldverfahren gegen die Antragstellerin einzuleiten. Die Antragstellerin ist dieser Rechtsauffassung der Antragstellerin mit ihren Schreiben vom 11.5.2021, 9.7.2021 und 7.10.2021 entgegengetreten.
21Angesichts dieser ausschließlich zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin geführten schriftlichen Auseinandersetzung über den Inhalt der unmittelbar durch § 20 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 GwG begründeten verwaltungsrechtlichen Mitteilungspflicht der Antragstellerin zur Eintragung in das Transparenzregister ist für das Vorliegen eines hinreichend konkreten feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses irrelevant, dass nach der im Geldwäschegesetz vorgesehenen Kompetenzaufteilung der Bundesanzeiger Verlag GmbH als registerführender Stelle die Führung des Transparenzregisters und die Überprüfung von Unstimmigkeitsmeldungen obliegt (§ 18 Abs. 2 und 3, § 23a Abs. 3 GwG, § 25 Abs. 1 GwG i. V. m. § 1 Transparenzregisterbeleihungsverordnung vom 27.6.2017, BGBl. I S. 1938) und erst nach Überprüfung der Unstimmigkeitsmeldung durch die Bundesanzeiger Verlag GmbH eine Übergabe an die Antragsgegnerin allein im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 54 bis 66 GwG erfolgt (§ 18 Abs. 3a, § 23a Abs. 4 GwG). Denn die schriftliche Auseinandersetzung zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin betraf inhaltlich einen möglichen Verstoß gegen die verwaltungsrechtliche Mitteilungspflicht der Antragstellerin, für deren Sanktionierung die Antragsgegnerin als Normanwenderin zuständig wäre. Demgegenüber ist für die Beurteilung eines konkretisierten Rechtsverhältnisses zur Antragsgegnerin als Normanwenderin mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht entscheidend, dass gerichtlich angreifbare, nachträgliche behördliche Maßnahmen zur Umsetzung der Vorschriften des Transparenzregisters im Geldwäschegesetz deutlich eingeschränkt sind und gesetzlich insbesondere keine verdachtsunabhängige Überwachung der Einhaltung der Gebote des Geldwäschegesetzes in einem Verwaltungsverfahren außerhalb eines Bußgeldverfahrens durch die Antragsgegnerin selbst vorgesehen ist. Diese von der Antragsgegnerin aufgezeigten Zusammenhänge erfordern gerade im gegebenen Fall zur Klärung der tatsächlich bestehenden Rechtsunsicherheiten zwischen den Beteiligten die Eröffnung vorbeugenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes für die Antragstellerin. Da das Geldwäschegesetz keine verwaltungsrechtlichen Kompetenzen zur Durchsetzung der Eintragungspflicht vorsieht, stellen die von der Antragstellerin erhobene Feststellungsklage sowie die von ihr begehrte einstweilige Anordnung die einzige Möglichkeit dar, fachspezifischen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen.
22Im Streitfall kann der Antragstellerin nach den vorbezeichneten Maßstäben zudem ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Antragsgegnerin tätig werden wird, ebenso wenig zugemutet werden wie sie darauf verwiesen werden darf, sie könne den Schuldvorwurf in einem rechtsstaatlich ausgestalteten Bußgeld- bzw. Strafverfahren überprüfen lassen. Dabei ist unerheblich, dass eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung keine Bindungswirkung für ein Bußgeld- bzw. Strafverfahren entfaltet. Insbesondere hängt die Unzumutbarkeit der Klärung des Inhalts einer verwaltungsrechtlichen Pflicht im Rahmen eines Bußgeld- bzw. Strafverfahren nicht – wie die Antragsgegnerin vorträgt – von der Unzumutbarkeit im Einzelfall ab, wie etwa der Höhe des drohenden Bußgeldes. Sie ergibt sich abstrakt daraus, dass es, wenn – wie hier – eine umstrittene verwaltungsrechtliche Frage für den Ausgang eines Bußgeld- bzw. Strafverfahren relevant ist, es für den Betroffenen schlechthin unzumutbar ist, sich in die Position des „Angeklagten“ zu begeben und die Klärung der verwaltungsrechtlichen Frage den zur Entscheidung im Bußgeld- bzw. Strafverfahren berufenen, bezüglich der verwaltungsrechtlichen Frage aber fachfremden ordentlichen Gerichte zu überlassen. Eine Erklärung, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache und auch nachträglich für den Fall eines Obsiegens in einem Hauptsacheverfahren kein Bußgeldverfahren gegen die Antragstellerin wegen der Nichtmitteilung von Frau T. N. zur Eintragung in das Transparenzregister einzuleiten, die das Feststellungsinteresse entfallen lassen könnte, hat die Antragsgegnerin nicht abgegeben.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.8.2017 – 13 B 762/17 –, juris, Rn. 19 ff.
24B. Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO liegen vor. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Antragstellerin erstrebt mit ihrem Begehren keine nur ausnahmsweise gerechtfertigte Vorwegnahme der Hauptsache (unten I.). Sie hat sowohl ein Anordnungsanspruch (unten II.) als auch einen Anordnungsgrund (unten III.) glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
25I. Die von der Antragstellerin begehrte einstweilige Anordnung nimmt die Hauptsache nicht vollständig vorweg. Eine – nur in Ausnahmefällen zulässige – vollständige Vorwegnahme der Hauptsache läge nur vor, wenn die begehrte vorläufige Entscheidung faktisch keine vorläufige wäre, sondern einer endgültigen gleichkäme. Dies ist nicht der Fall, wenn ‒ wie hier ‒ eine einstweilige Anordnung begehrt wird, die bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder außer Kraft gesetzt werden kann. Die bloße Tatsache, dass die begehrte vorübergehende Anordnung als solche nicht wieder rückgängig gemacht werden kann, macht die vorläufige Regelung nicht zu einer faktisch endgültigen. Sie ist vielmehr, sofern die Voraussetzungen für eine stattgebende Eilentscheidung im Übrigen vorliegen, gerade die typische, vom Gesetzgeber vorgesehene Folge des vorläufigen Rechtsschutzes.
26Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.4.2014 – 2 BvR 1800/13 –, juris, Rn. 14; siehe auch: OVG NRW, Beschluss vom 31.10.2022 – 4 E 611/22 –, juris, Rn. 7.
27II. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie ist nach der im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gebotenen summarischen Prüfung nicht verpflichtet, der Bundesanzeiger Verlag GmbH Frau T. N. als mittelbar wirtschaftlich Berechtigte zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen.
281. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG haben juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften die in § 19 Abs. 1 GwG aufgeführten Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten dieser Vereinigungen einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen.
29Nach § 3 Abs. 1 GwG ist wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person, sonstige Gesellschaft oder eine Rechtsgestaltung im Sinne des Abs. 3 letztlich steht (1.), oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird (2.). Unter anderem für Gesellschaften, die nicht an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 des Wertpapierhandelsgesetzes notiert sind und keinen dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen, bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 2 GwG i. V. m. § 3 Abs. 2 GwG regelbeispielhaft, wer wirtschaftlich Berechtigter ist. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG zählt bei diesen Gesellschaften zu den wirtschaftlich Berechtigten jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält (1.), mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert (2.) oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt (3.). Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 GwG liegt eine mittelbare Kontrolle insbesondere vor, wenn entsprechende Anteile von einer oder mehreren Vereinigungen nach § 20 Abs. 1 GwG gehalten werden, die von einer natürlichen Person kontrolliert werden. Kontrolle liegt nach § 3 Abs. 2 Satz 3 GwG insbesondere vor, wenn die natürliche Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Vereinigung nach § 20 Abs. 1 GwG ausüben kann. Für das Bestehen eines beherrschenden Einflusses gilt § 290 Abs. 2 bis 4 HGB entsprechend.
30Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23.7.2017 (BGBl. I S. 1822), mit dem das Transparenzregister erstmals eingeführt wurde, die vormals in § 1 Abs. 6 GwG a. F. enthaltene Definition des wirtschaftlich Berechtigten in den heutigen § 3 GwG überführt sowie diese um die heutigen Regelungen zur mittelbaren Kontrolle ergänzt. Ziel dieser Regelung war es, die Begriffe der Kontrolle und der mittelbaren Kontrolle näher zu definieren, um verschachtelte Konzernstrukturen künftig besser zu durchdringen. Das Bestehen eines beherrschenden Einflusses auf eine zwischengeschaltete Gesellschaft richtet sich dabei in erster Linie nach § 290 Abs. 2 HGB. Die Absätze 3 und 4 dienen nur der näheren Ausformung der in § 290 Abs. 2 HGB festgelegten Grundsätze.
31Vgl. BT-Drs. 18/11555, S. 1, 108 f.; Figura, in: Herzog/Figura, Geldwäschegesetz, 4. Aufl. 2020, § 3, Rn. 7, 10; Kaetzler, in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, Stand: 30.8.2022, § 3, Rn. 81 ff., 86 ff.
32Die Entscheidung des Gesetzesgebers, ab der zweiten Beteiligungsebene für die Frage der mittelbaren Kontrolle insbesondere auf den im Konzernrecht bereits gesetzlich verankerten und überwiegend an formale Kriterien anknüpfenden Begriff des beherrschenden Einflusses i. S. d. § 290 Abs. 2 HGB entsprechend abzustellen, folgt dem risikobasierten Ansatz der Richtlinie (EU) 2015/849 (Vierte Geldwäscherichtlinie), den der nationale Gesetzgeber mit der Gesetzesänderung ausdrücklich stärken wollte.
33Vgl. BT-Drs. 18/11555, S. 1.
34Die angeführten einfachgesetzlichen Anforderungen für die Beurteilung einer die wirtschaftliche Berechtigung begründenden Kontrolle folgen der Definition des „wirtschaftlichen Eigentümers“ in Art. 3 Nr. 6 der Vierten Geldwäscherichtlinie. Dieser stellt für die Frage, ob eine juristische Person letztlich im direkten oder indirekten Eigentum oder unter Kontrolle einer natürlichen Person steht, auf einen Aktienanteil oder eine Beteiligung von 25 Prozent am Kunden ab. Andere Formen der Kontrolle können danach unter anderem gemäß den Kriterien bestimmt werden, die in Art. 22 Abs. 1 bis 5 der Richtlinie (EU) 2013/34 aufgeführt sind und die in § 290 Abs. 2 bis 4 HGB inhaltlich aufgegriffen sind (vgl. auch § 291 Abs. 2 Nr. 2 und 3 HGB).
352. Ausgehend von den gesetzlich normierten Regelbeispielen ist Frau T. N. nicht wirtschaftlich Berechtigte der Antragstellerin. Sie übt nicht die hierfür erforderliche Kontrolle über die Antragstellerin aus.
36a) Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Gesellschaft i. S. d. § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG in Form einer GmbH & Co. KG. Frau T. N. übt mangels unmittelbarer Beteiligung keine unmittelbare Kontrolle über die Antragstellerin im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG aus.
37Frau T. N. übt über die Antragstellerin auch keine mittelbare Kontrolle nach § 3 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 GwG aus. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus ihren hierfür allein in Betracht kommenden Einflussmöglichkeiten auf die F. N. GmbH sowie auf die weiteren im Verhältnis zur Antragstellerin zwischengeschalteten Gesellschaften, die Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG und die Beteiligungsgesellschaft X. Zeitung mbH. Persönlich haftende Gesellschafterin der Antragstellerin ist die Beteiligungsgesellschaft X. Zeitung mbH, eine ihrer Kommanditisten ist die Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG. Letztere ist wiederum alleinige Gesellschafterin der Beteiligungsgesellschaft X. Zeitung mbH. Persönlich haftende Gesellschafterin der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG, zu deren Kommanditisten Frau T. N. gehört, ist die F. N. GmbH, an der Frau T. N. ihrerseits insgesamt zu 65 Prozent beteiligt ist.
38Der Annahme, Frau T. N. übe über diese Beteiligungen eine mittelbare Kontrolle auf die Antragstellerin aus, steht schon entgegen, dass die F. N. GmbH nicht die hierfür notwendige Kontrolle in Form eines beherrschenden Einflusses entsprechend § 290 Abs. 2 HGB auf die den Einfluss auf die Antragstellerin auf der vorletzten Ebene vermittelnde Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG ausübt. Die in § 290 Abs. 2 HGB vorgesehenen Regelbeispiele für einen beherrschenden Einfluss sind im Verhältnis der F. N. GmbH zu der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG nicht einschlägig.
39Ein beherrschender Einfluss der F. N. GmbH ergibt sich nicht schon aus deren Position als Komplementärin, also persönlich haftende Gesellschafterin, der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG.
40Zwar erfüllt eine Komplementär-GmbH die Voraussetzungen des § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB, wenn die Kommanditgesellschaft nach dem gesetzlichen Normalstatut organisiert ist. In diesem Fall ist die Komplementär-GmbH – unabhängig von der Höhe ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital der GmbH & Co. KG – zur Geschäftsführung und Vertretung der GmbH & Co. KG berechtigt und verpflichtet, während die Kommanditisten von der Führung der Gesellschaft ausgeschlossen sind und zur Vertretung der Gesellschaft nicht ermächtigt sind (§ 114 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 128, 161 Abs. 2, § 164, § 170 HGB). Aufgrund dieser Stellung bestimmt sie die Finanz- und Geschäftspolitik der GmbH & Co. KG und ist daher selbst als das maßgebliche Leitungsorgan anzusehen, das seinerseits durch ihre Geschäftsführer vertreten wird. Der Komplementär-GmbH steht dann sogar ein stärkeres Recht zu als das in § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB genannte Bestellungsrecht. Gleichzeitig ist sie als Komplementärin Gesellschafterin der GmbH & Co. KG i. S. d. § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB.
41Vgl. Mueller-Thuns, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 22. Aufl. 2020, § 7 Rechnungslegung und Publizität, Rn. 7.129; BaFin, Emittentenleitfaden, Modul B, Informationen über bedeutende Stimmrechtsanteile / Notwendige Informationen für die Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren, Stand: 30.10.2018, https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BoersenMaerkte/Emittentenleitfaden/emittentenleitfaden_node.html, S. 20.
42Auch der Gesetzgeber ging bei offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften davon aus, dass bei den vertretungsberechtigten Gesellschaftern wegen ihrer starken gesellschaftsrechtlichen Stellung regelmäßig von der Ausübung der Kontrolle ausgegangen werden könne.
43Vgl. BT-Drs. 18/11555, S. 92.
44Mit der Formulierung „regelmäßig“ wird in der Gesetzesbegründung jedoch zugleich deutlich gemacht, dass dies nicht gelten soll, wenn die grundsätzlich vorgesehene starke gesellschaftsrechtliche Stellung des Komplementärs im Einzelfall nicht besteht und die zumindest im Innenverhältnis eingeschränkten Befugnisse dazu führen, dass die Komplementär-GmbH die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen letztlich gerade nicht kontrolliert, sie also trotz ihrer Befugnisse zur Geschäftsführung nicht durchsetzen kann, wenn sie umstritten sind.
45Vgl. zu derartigen Konstellationen: Mueller-Thuns, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 22. Aufl. 2020, § 7 Rechnungslegung und Publizität, Rn. 7.130 ff., m. w. N.
46So liegt es hier. Aufgrund der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags der F. N. GmbH sowie des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG entspricht die Stellung der F. N. GmbH nicht dem gesetzlichen Regelfall. Stattdessen wird durch sie gerade die auf die gesetzliche Befugnis zur Geschäftsführung gestützte starke Stellung der Komplementär-GmbH derart abgeschwächt, dass ihr keine maßgebliche Leitungsfunktion zukommt. Sie hat keinen beherrschenden Einfluss auf die Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG. Nach den Gesellschaftsverträgen der F. N. GmbH sowie der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG kann die F. N. GmbH ihre Geschäftsführer, denen zugleich die Geschäftsführung der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG obliegt, nicht ohne Zustimmung des Aufsichtsrates der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG bestellen. Auch unterliegen ihre Geschäftsführer bei der Geschäftsführung der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG der Aufsicht durch den Aufsichtsrat der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG und benötigen bei über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehenden Angelegenheiten dessen vorheriger Zustimmung. In der den Aufsichtsrat der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG wählenden Gesellschafterversammlung kommt der F. N. GmbH & Co. KG keine Stimmrechtsmehrheit zu; diese liegt bei den Kommanditisten. Gemäß § 14 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG ist die F. N. GmbH zur Geschäftsführung der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Sie nimmt diese Rechte und Pflichten durch ihre Geschäftsführer wahr. Diese werden gemäß § 11 Abs. 1 lit. a) des Gesellschaftsvertrags der F. N. GmbH zwar durch die ordentliche Gesellschafterversammlung der F. N. GmbH bestellt und abberufen. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 i. V. m. § 11 Abs. 1 lit. b) und c) des Gesellschaftsvertrags der F. N. GmbH bedürfen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, soweit gesetzlich zulässig und es sich nicht um die Genehmigung des Jahresabschlusses sowie Verwendung und Verteilung des Jahresüberschusses handelt, aber der Einwilligung des in § 17 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG bestellten Aufsichtsrats. Lehnt der Aufsichtsrat die Einwilligung – auch bezogen auf Bestellung oder Abberufung der Geschäftsführer – ab, so entscheidet gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags der F. N. GmbH die Gesellschafterversammlung der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG. Holt die F. N. GmbH die in § 12 ihrer Satzung vorgesehene Zustimmung nicht ein oder hält sie sich daran aus anderen Gründen nicht mehr für gebunden, so scheidet sie nach § 5 Abs. 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG als deren persönlich haftende und geschäftsführende Gesellschafterin aus. Nach § 18 Abs. 1 lit. (a) des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG überwacht der Aufsichtsrat die Geschäftsführung durch die F. N. GmbH und entscheidet über die Einwilligung zu allen zustimmungsbedürftigen Beschlüssen der Gesellschafterversammlung der F. N. GmbH. Nach § 18 Abs. 2 lit. (a) des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG bedürfen alle Angelegenheiten, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen und die nicht durch Gesetz oder diesen Gesellschaftsvertrag der Gesellschafterversammlung vorbehalten sind, der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrates. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden gemäß § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG durch ihre Gesellschafterversammlung gewählt. In der Gesellschafterversammlung gewähren gemäß § 19 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG bei Gesellschafterbeschlüssen volle 0,001 Prozent des Gesamtkapitals eine Stimme. Die F. N. GmbH ist nur in Höhe von 109.354,00 Euro, also 0,2140 Prozent (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer I. des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG), an der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG beteiligt, sodass ihr in der Gesellschafterversammlung keine Stimmrechtsmehrheit zukommt. Stattdessen liegt die überwiegende Mehrheit der Stimmrechte bei den Kommanditisten (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer II., § 19 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG), deren Interessen der Aufsichtsrat nach § 18 Abs. 1 lit. (c) des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG zu vertreten hat.
47Da es nach den vorangegangenen Ausführungen schon an einem beherrschenden Einfluss entsprechend § 290 Abs. 2 HGB der F. N. GmbH, der Komplementär-GmbH der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG, die als Kommanditistin sowie mittelbar über die Beteiligungsgesellschaft X. Zeitung mbH an der Antragstellerin beteiligt ist, auf die Kommanditgesellschaft fehlt, ist unerheblich, ob Frau T. N. allein aufgrund ihrer Beteiligungsmehrheit an der F. N. GmbH ein beherrschender Einfluss entsprechend § 290 Abs. 2 HGB auf diese zukommt.
48b) Dass Frau T. N. außerhalb der gesetzlich normierten Regelbeispiele aufgrund anderer Umstände nach der Definition des wirtschaftlich Berechtigten in § 3 Abs. 1 Satz 1 GwG wirtschaftlich Berechtigte der Antragstellerin sein könnte,
49vgl. Kaetzler, in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, Stand: 30.8.2022, § 3 Rn. 35,
50ist nach der im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gebotenen summarischen Prüfung nicht ersichtlich und von der Antragsgegnerin auch nicht dargetan. Insbesondere stellt sich die unmittelbare Beteiligung von Frau T. N. an der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG auch nicht als wesentliche Minderheitsbeteiligung im Verhältnis zu im Übrigen nur deutlich geringeren Beteiligungen anderer Minderheitsgesellschafter dar.
51Vgl. Kaetzler, in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, Stand: 30.8.2022, § 3 Rn. 95; BaFin, Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz, Stand: Oktober 2021, https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/Geldwaeschepraevention/Rechtsquellen/BaFin_Vorgaben/BaFin_Vorgaben_node.html, S. 45.
52Gemäß § 6 Abs. 2 Ziffer II. 1. des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG ist Frau T. N. mit 10.677.702,70 Euro, also 20,8957 Prozent, als Kommanditistin unmittelbar an der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG beteiligt. Rechnet man die Anteile der F. N. GmbH in Höhe von 109.354,00 Euro hinzu, also 0,2140 Prozent (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer I. des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG), beträgt die Beteiligung von Frau T. N. an der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG insgesamt 21,1097 Prozent. Daneben gibt es mit der Z. Druck- und Verlagsgesellschaft mbH jedenfalls einen weiteren Gesellschafter mit einer die Beteiligung von Frau T. N. übersteigenden Beteiligung von 23,0830 Prozent (vgl. § 6 Abs. 2 Ziffer II. 26. des Gesellschaftsvertrags der Verlagsgesellschaft N. GmbH & Co. KG).
53III. Der erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich schließlich aus dem Umstand, dass der Antragstellerin bei Nichterfüllung der von der Antragsgegnerin angenommenen Pflicht zur Eintragung eines wirtschaftlich Berechtigten gemäß § 20 Abs. 1 GwG die Einleitung eines weiteren Bußgeldverfahrens (vgl. § 56 Absatz 1 Satz 1 Nr. 55 lit. d) Var. 1 bis 3, Nr. 63 GwG) droht, dessen Abwarten ihr auch im Fall eines moderaten Bußgelds, gerade nicht zuzumuten ist. Der Antragstellerin kann ebenfalls nicht zugemutet werden, zur Vermeidung eines Bußgeldverfahrens die von der Antragsgegnerin geforderte Mitteilung zur Eintragung zunächst vorzunehmen und nach einer Entscheidung in der Hauptsache gegebenenfalls wieder löschen zu lassen. Zum einen würde damit die Antragstellerin, die keine Rechtsgrundlage für eine entsprechende Mitteilungsverpflichtung erkennen kann, ohne hinreichende sachliche Rechtfertigung zur Aufgabe ihrer Rechtsposition gezwungen. Zum anderen führte die Mitteilung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Sätze 3 und 4 GwG unter anderem zu einem Zugang für alle Mitglieder der Öffentlichkeit zu Namen, Monat und Jahr der Geburt, dem Wohnsitzland, der Staatsangehörigkeit sowie zu Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses von Frau T. N. . Damit würden ‒ auch angesichts der von der Antragsgegnerin benannten engen Voraussetzungen für eine Löschung ‒ zumindest nur schwer revisible Fakten in der Form geschaffen, dass möglicherweise mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Informationen über die wirtschaftliche Berechtigung bezogen auf die Antragstellerin veröffentlicht sind. Dies kann der Antragstellerin umso weniger zugemutet werden, nachdem der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 22.11.2022 (Az. C-37/20 und C-601/20) entschieden hat, dass der durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3 GwG umgesetzte Art. 1 Nr. 15 Buchst. c der Richtlinie (EU) 2018/843 ungültig ist, soweit durch diese Bestimmung Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 lit. c) der Richtlinie (EU) 2015/849, der Vierten Geldwäscherichtlinie, dahin geändert wurde, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer der in ihrem Gebiet eingetragenen Gesellschaften oder anderen juristischen Personen in allen Fällen für alle Mitglieder der Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Regelung verletzte Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zur Achtung des Privat- und Familienlebens und des Schutzes personenbezogener Daten.
54Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
55Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Der hiernach angesetzte Auffangstreitwert ist angesichts der Vorläufigkeit der Entscheidung zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5./1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen, abrufbar unter: https://www.bverwg.de/user/data/media/streitwertkatal og.pdf). Das Begehren hat nur temporären Charakter. Eine Festsetzung des vollen Hauptsachestreitwerts wäre deshalb nicht sach- und interessengerecht.
56Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).