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Nicht enteignungsrechtlich Betroffene können keine umfassende gerichtliche Überprüfung eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 35 Abs. 2 KrWG auf seine objektive Rechtmäßigkeit beanspruchen, sondern nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen.
Verfahrensfehler im Sinne von § 4 UmwRG sind allein Verstöße gegen Rechtsvorschriften, die die äußere Ordnung des Verfahrens, d. h. den Verfahrensablauf als solchen betreffen. Nicht zum äußeren Verfahrensgang in diesem Sinne gehört dagegen der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willensbildung und Entscheidungsfindung der Behörde, der sich regelmäßig auf der Grundlage von Fachgutachten vollzieht.
Die Planrechtfertigung eines Vorhabens unterliegt jedenfalls im Grundsatz auch der gerichtlichen Kontrolle, wenn sich ein nicht enteignungsrechtlich Betroffener gegen vorhabenbedingte Beeinträchtigungen zur Wehr setzt.
Für die Feststellung eines planrechtfertigenden Bedarfs einer Deponieerweiterung und/oder -erhöhung ist von Bedeutung, dass die Abfallentsorgung vorausschauend mindestens für die nächsten zehn Jahre gewährleistet sein soll.
Bei den nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 KrWG i. V. m. § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 KrWG zu berücksichtigenden Belangen des Naturschutzes oder der Landschaftspflege wie dem Schutz des Landschaftsbildes handelt es sich um ausschließlich öffentliche Belange.
Die in § 3 Abs. 1 DepV i. V. m. Anhang 1 DepV geregelten Anforderungen an den Standort, die geologische Barriere und die Basis- und Oberflächenabdichtungssysteme einer Deponie und ihrer Standsicherheit sind zwar unmittelbare zwingende Zulassungsvoraussetzungen für die Planfeststellung gemäß § 35 Abs. 2 KrWG, sind jedoch nicht für sich genommen drittschützend. Der Einzelne kann sich auf diese Bestimmungen allenfalls dann berufen, wenn er eigene schutzwürdige Rechtspositionen im Hinblick auf das Grundwasser oder den Boden anführen kann.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der notwendig Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Münster vom 15. September 2021 zur Erweiterung und Erhöhung der Zentraldeponie X. (im Folgenden: ZDX) für die Ablagerung von Abfällen der Deponieklassen (im Folgenden: DK) I, II und III. Die Kläger zu 1. bis 3. sind Eigentümer und Bewohner von Grundstücken, die nordwestlich der ZDX an der Straße "F. " in H. gelegen sind. Der Kläger zu 4. bewohnt das Grundstück der Klägerin zu 3.
3Die bestehende ZDX wurde mit Planfeststellungsbeschluss vom 6. Dezember 1989 genehmigt. Zuvor erfolgte ihr Betrieb auf der Grundlage einer wasserrechtlichen und einer baurechtlichen Genehmigung der Stadt H. aus dem Jahr 1968. Nach dem Inkrafttreten des Abfallgesetzes im Jahr 1972 wurde der Weiterbetrieb bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 6. Dezember 1989 durch verschiedene Entscheidungen nach § 7a dieses Abfallgesetzes geregelt. Die Zulassung des Weiterbetriebs der ZDX über den 15. Juli 2009 hinaus erfolgte mit der Plangenehmigung vom 30. Juni 2008. Betrieben wird die ZDX von der Beigeladenen. Deponiert werden dort hausmüllähnliche Gewerbeabfälle, Boden, Bauschutt und gefährliche Abfälle im Sinne von § 48 KrWG.
4Die 1989 planfestgestellte Fläche der ZDX umfasst 113 ha, von denen 85 ha auf die Ablagerungsbereiche entfallen. Etwa 100 ha der Gesamtfläche befinden sich auf dem Gebiet der Stadt H. und etwa 13 ha auf dem Gebiet der Stadt C. Im Norden wird die Fläche der ZDX durch die Straße "F. ", im Osten durch die in Nord-Süd-Richtung verlaufende "A.-straße ", im Süden durch den in Ost-West-Richtung verlaufenden Fluss "B. " und im Westen durch den dort im Wesentlichen in Nord-Süd-Richtung verlaufenden I.-Bach begrenzt.
5Die ZDX verfügt über zwei Ablagerungsbereiche, den sogenannten H‑Bereich (DK II) und den sogenannten S-Bereich (DK III). Der H-Bereich besteht aus dem HAlt‑Bereich und den neuen Abschnitten H II bis H V (HNeu-Bereich). Die Ablagerung von Abfällen zur Beseitigung endete im HAlt-Bereich am 31. Dezember 2002. Der HAlt-Bereich verfügt nur zum Teil über eine Basisabdichtung. Der HNeu‑Bereich bestehend aus den Schüttfeldern SF 9 bis SF 16 verfügt ebenso wie der S-Bereich (Schüttfelder SF 1 bis SF 8) über Basisabdichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik. Die Trennung der H-Bereiche vom S-Bereich wird durch Zwischenabdichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik gewährleistet. Die bereits bis auf Endhöhe geschütteten Flanken im H- und S‑Bereich wurden mit kontrollierbaren Oberflächenabdichtungen versehen. Auf einer Fläche von ca. 35 ha wurde bereits die Rekultivierungsschicht aufgebracht. Sukzessive erfolgte in den fertiggestellten Bereichen die Umsetzung der Rekultivierungsplanung. Über eine geotechnische Barriere verfügen lediglich Teile des HNeu-Bereichs und des S-Bereichs.
6Neben den beiden Ablagerungsbereichen gibt es auf der ZDX verschiedene Nebeneinrichtungen, unter anderem ein Blockheizkraftwerk zur Verwertung der anfallenden Deponiegase und eine Abwasserbehandlungsanlage. Außerdem befindet sich auf dem Gelände der ZDX ein Notfall- und Revisionslager (Revisionszwischenlager) für die zeitweise Lagerung von unvorbehandelten Siedlungs- und Gewerbeabfällen von bis zu einem Jahr.
7Seit 1991 ist der Standort der ZDX entsprechend dem Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 1989 von drei Seiten durch eine im Mittel in einer Tiefe von 14 m in den Boden eingebaute, vertikale Dichtwand und eine Reihe von Sümpfungsbrunnen innerhalb des Dichtwandtroges gesichert, um die im Bereich der Deponie vorhandenen und anfallenden Wässer zu fassen. Allein im nordöstlichen Bereich der ZDX ist die Dichtwand nicht geschlossen.
8Mit Schreiben vom 28. November 2018 beantragte die Beigeladene bei der Bezirksregierung Münster die Planfeststellung der Erhöhung und Erweiterung der ZDX.
9Die beantragte Erweiterung soll im Norden des Standortes erfolgen. Auf einer Fläche von 14,6 ha sollen ca. 1,9 Mio. m³ DK II-Abfälle deponiert werden. Die dortige Deponiefläche wird mit einer Basisabdichtung und einer geotechnischen Barriere gemäß der Deponieverordnung ausgestattet. Der westliche und südliche Erweiterungsbereich lehnt auf einer Fläche von ca. 6,6 ha an den bestehenden Abfallkörper (HAlt-Bereich) an. Für die Anlehnung erfolgt ein Umbau der bereits vorhandenen Oberflächenabdichtung des H‑Bereichs bzw. ein Neubau von Zwischenabdichtungen. Dieser Bereich wird nach Abschluss mit einer Oberflächenabdichtung für DK II-Abfälle gemäß der Deponieverordnung versehen.
10Die beantragte Deponieerhöhung ist im Zentrum der ZDX vorgesehen. Sie umfasst eine Fläche von 47,1 ha. Der derzeit genehmigte Hochpunkt der Deponie wird maximal um 10 m auf 138 m NHN erhöht. Dort soll auf dem H-Bereich - es handelt sich um Flächen des HAlt- und des HNeu-Bereichs - ein neuer Abschnitt für DK I-Abfälle mit einem Volumen von etwa 1,2 Mio. m³ entstehen. Außerdem soll durch Erhöhung der ZDX das Deponievolumen im vorhandenen DK III-Bereich (S-Bereich) um 1,5 Mio. m³ gesteigert werden. Die Trennung des DK I- und des und DK III-Bereichs erfolgt über Zwischenabdichtungen, die ebenfalls zu erhöhen sind. Der DK I-Bereich wird an der Basis mit einer multifunktionalen Abdichtung ausgestattet, die als Oberflächenabdichtung für den vorhandenen H-Bereich und als Basisabdichtung für den neuen DK I-Bereich fungiert. Die Oberflächenabdichtung des DK I-Bereichs erfolgt gemäß der Deponieverordnung für die Deponieklasse DK II. Außerdem wird im Nordbereich eine Dichtwand errichtet, die an die vorhandene vertikale Schlitzwand anschließt und die bestehende Lücke schließt.
11Die Bezirksregierung gab den Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme. Ferner lagen die Planunterlagen nach vorangegangener öffentlicher Bekanntmachung vom 21. Januar bis zum 20. Februar 2019 bei den Städten H. , C. und D. und der Bezirksregierung zur Einsichtnahme aus. Außerdem waren die Planunterlagen im Internet zugänglich. Die Kläger erhoben über eine Bürgerinitiative verschiedene Einwendungen. Nach Durchführung eines ersten Erörterungstermins wurden die Planunterlagen nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung erneut bei den genannten Städten und der Bezirksregierung vom 3. September bis zum 4. Oktober 2019 öffentlich ausgelegt und anschließend wurde ein weiterer Erörterungstermin durchgeführt.
12Auf Antrag der Beigeladenen vom 24. April 2020 ließ die Bezirksregierung Münster mit Bescheid vom 7. Januar 2021 den vorzeitigen Beginn für die im Antrag beschriebenen, vorbereitenden Maßnahmen zur Erweiterung und Erhöhung der ZDX gemäß § 37 KrWG zu.
13Mit Planfeststellungsbeschluss vom 15. September 2021 stellte die Bezirksregierung den Plan unter Anordnung von Nebenbestimmungen fest. Neben der beantragten Erweiterung und Erhöhung der ZDX umfasste dies unter anderem auch die Zulassung der Verlängerung der Lagerzeit im Revisionszwischenlager (Notfall- und Revisionslager) auf maximal zwei Jahre. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Planfeststellungsbeschluss Bezug genommen.
14Der Planfeststellungsbeschluss wurde am 1. Oktober 2021 im Amtsblatt der Bezirksregierung öffentlich bekannt gemacht. Entsprechend der Bekanntmachung lag der Planfeststellungsbeschluss vom 4. bis zum 18. Oktober 2021 bei den genannten Städten und der Bezirksregierung zur Einsichtnahme aus und konnte in dieser Zeit außerdem auf der Homepage der Bezirksregierung eingesehen werden.
15Die Kläger haben am 17. November 2021 Klage erhoben.
16Sie tragen zur Begründung vor:
17Der Planfeststellungsbeschluss weise erhebliche Ermittlungs- und Prüfungsdefizite auf, die ihn rechtswidrig machten und sie in ihren Rechten, namentlich in ihrem Anspruch auf gerechte Abwägung, verletzten. Die Auswirkungen des Vorhabens seien nicht abschließend geprüft worden. Insbesondere sei nur unzureichend untersucht worden, ob und in welchem Ausmaß Allgemeinwohlbelange durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage beeinträchtigt würden. Auch die verfügten Nebenbestimmungen seien nicht geeignet, eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhindern. Grundlegende Maßgaben für die Vorhabenzulassung wie die Nebenbestimmungen III.2.6.2 und III.2.6.3 seien verfügt worden, ohne zuvor die Lösbarkeit wesentlicher Probleme geprüft zu haben. Auch die berücksichtigten Gutachten wiesen erhebliche Defizite bzw. ungeklärte Aspekte auf, die einer ordnungsgemäßen Abwägung entgegenstünden. Es lägen offensichtliche Abwägungsfehler vor. Die Basisabdichtung und die Standfestigkeitsprüfungen seien unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Anlagenerweiterung auf einem ehemaligen Bergwerk stattfinde, ungeklärt. Das Grubenwasserhaltungskonzept der E. Aktiengesellschaft sei nicht berücksichtigt und das Oberbergamt nicht beteiligt worden. Es sei ungeklärt, ob die Abwehr von Gefahren für das Wohl der Allgemeinheit gesichert sei.
18Es bestehe kein Bedarf für die Erweiterung der ZDX. Hinsichtlich der DK I‑Abfälle werde versucht, mit veralteten Analysen und Feststellungen einen Bedarf für die Erweiterung der ZDX nachzuweisen. Der von der Beigeladenen behauptete Bedarf sei nicht nachvollziehbar und entspreche weder der Erkenntnislage des Landes Nordrhein-Westfalen noch derjenigen des Regionalverbandes Ruhr.
19Der Standort für die Erweiterung sei in jeder Hinsicht, insbesondere aufgrund der fehlenden Basisabdichtung, der unmittelbar angrenzenden Wohnbebauung und der topographischen Gegebenheiten ungeeignet. Die Vorgaben der Deponieverordnung für die sicherheitstechnischen Anforderungen für eine Deponie seien nicht erfüllt. Hinsichtlich der Basisabdichtung ergebe sich dies bereits aus dem Planfeststellungsbeschluss von 1989. Spätestens im Jahr 2009 hätte die Deponie stillgelegt werden müssen. Gegen die Standortwahl spreche ferner, dass auch Bereiche der beiden alten Schächte der ehemaligen Schachtanlage "G. " überschüttet werden sollten. Die Folgen dessen seien ungeklärt.
20Aus entsprechenden Gründen bestehe ebenso wenig ein Bedarf an DK II‑Deponien. Der Planfeststellungsbeschluss basiere insofern auf falschen Annahmen.
21Auch die befristete Waldumwandlung sei unbegründet. Bestehe eine zumutbare Alternative, sei nach "Nr. 2 Punkt 7-1 des Regionalplans Ruhr" eine Inanspruchnahme des Waldbereichs ausgeschlossen.
22Außerdem widerspreche der Planfeststellungsbeschluss "Kapitel 8 Punkt 3" des Landesentwicklungsplans.
23Auch für DK III-Abfälle bestehe kein Deponiebedarf. Es sei unzutreffend, dass es insofern keine Bedarfsanalysen gebe. Dies werde durch die Mitteilung des Umweltministeriums an den Vorsitzenden des Umweltausschlusses des Landtags NRW vom 6. April 2016 (Az.: IV-3), den abfallwirtschaftlichen Fachbeitrag des Landesamts für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) vom 24. August 2017 und die Begründung zum Regionalplan Ruhr, Anlage 5 zur Drucksache Nr. 13/1092, Entwurf - Stand April 2018, S. 191 ff. belegt.
24Für eine Verlängerung der Lagerzeit im Revisionslager bestehe ebenfalls kein Bedarf. Außerdem sei eine Verlängerung der Zwischenlagerzeit rechtswidrig, weil das Brandkonzept mangelhaft sei.
25Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, weil im "GfA-Bericht 61838-013 B01 - IMMISSIONSMESSUNG - Immissionsmessungen im Umfeld der Deponie X. Abschlussbericht" der H. GfA GmbH vom 7. September 2017 (im Folgenden: Abschlussbericht Immissionsmessung) darauf verzichtet worden sei, die Elemente Quecksilber, Zinn und Thallium zu untersuchen. Zumindest habe der Parameter Quecksilber untersucht werden müssen.
26Der Beklagte habe die Auswirkung des mit der Erweiterung der ZDX verbundenen Verkehrs unterschätzt. Die Feststellungen im "Verkehrsgutachten für die Erweiterung und Erhöhung der Zentraldeponie X. (ZDX) - Schlussbericht" der J. GmbH vom Juni 2018 (im Folgenden: Verkehrsgutachten), dass die geplante Erweiterung und Erhöhung der ZDX ab dem Jahr 2020 ohne nennenswerte Auswirkungen bleiben werde, seien fehlerhaft. Tatsächlich habe die Erweiterung und Erhöhung der ZDX ganz erhebliche, nennenswerte Auswirkungen auf den Verkehr. Es komme zu einer ganz erheblichen Mehrbelastung, die für die Anwohner wegen der Abgase, des aufgewirbelten Staubs, der weiteren Kontaminationen und des verdichteten Verkehrsaufkommens unzumutbar seien. Die Lebensqualität der Anwohner der K. Straße sei dadurch bereits jetzt stark eingeschränkt. Auffällig seien auch die hohen Krankheits- und Krebsstatistiken rund um die Deponie, die infolge der Erweiterung sich weiter verschlechterten. Das Gutachten sei im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht verwertbar. Die Berechnungen des Verkehrsgutachtens enthielten systematische Fehler. Ein solches Gutachten könne nicht ernsthaft als Prognose für die Verkehrsbelastung fungieren und ebenso wenig zu den aus den verkehrlichen Auswirkungen resultierenden Umwelteinwirkungen wie Lärmbelästigungen und Schadstoffemissionen herangezogen werden.
27Es würden die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt sowie Tiere und Pflanzen gefährdet. Insbesondere würden schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen und Lärm herbeigeführt, die zu Allgemeinwohlunverträglichkeit des Vorhabens führten.
28Das Gutachten "Geplante Erweiterung und Erhöhung der Zentraldeponie X. in H. - Landschaftspflegerischer Begleitplan" der weluga Umweltplanung L. & Partner aus September 2018 (im Folgenden: Landschaftspflegerischer Begleitplan) und die durch die T. GmbH in 2018 erstellte "Visualisierung der Zentraldeponie X. in C. mit der genehmigten und geplanten Deponieerweiterung" (Anhang 5 des Landschaftspflegerischen Begleitplans) seien fehlerhaft, sollten über die "Verschandelung" der Landschaft hinwegtäuschen und seien deshalb wie auch die darauf aufbauenden Gutachten nicht in die Bewertung einzubeziehen.
29Ferner bedrohe die Erweiterung der ZDX das Grundwasser und kontaminiere den Boden. Der Standort sei aus Gründen des Gewässerschutzes und insbesondere wegen der Besonderheiten und Wechselwirkungen des Bergbaus ungeeignet und die geotechnischen Barrieren seien trotz der den Standort umgebenden Schlitzwände nicht geeignet, den Gewässerschutz zu gewährleisten. Tatsächlich hätten Teile der Deponie keine Basis- und Zwischenabdichtung und kämen für eine solche auch nicht mehr in Frage. Eine entscheidende Voraussetzung für die Eignung des Standorts nach dem "LANUV-Arbeitsblatt 13/2015 1.2 Geologische Barriere" sei nicht erfüllt. Es existiere überhaupt keine Basisabdichtung, ein Verbund zweier Barrieren komme nicht zustande und das Sickerwasser ströme lateral in beide Grundwasserleiter. Der als geologische Barriere dienende Untergrund weise nicht die für eine Deponie gemäß Nr. 1.2 Anhang 1 DepV erforderliche Qualität auf. Darüber hinaus sei die den Standort umgebende Schlitzwand nicht als Gewässerschutz geeignet. Es existiere eine hydraulische Verbindung zwischen dem ersten und zweiten Grundwasserleiter, sodass ein Schadstoffaustausch zwischen beiden stattfinde. Es bestehe eine Gefahr für eine weitere Kontaminierung des Grundwassers. Die Folgen des Anstiegs des Grubenwassers seien nicht, jedenfalls nicht ausreichend berücksichtigt worden. Dieser habe eine Veränderung der hydrogeologischen Verhältnisse zur Folge und es komme aufgrund der Belastungen durch den Bergbau zu physikalisch-chemischen Wechselwirkungen, die irreversible Kontaminationen des Grundwassers zur Folge hätten. Die Folgen der unzureichenden, teilweise auch fehlenden Basisabdichtung seien trotz des vorliegenden Gutachtens nicht hydrogeologisch, statistisch, chemisch-physikalisch und bergbautechnisch aufgeklärt.
30Die Standsicherheit des Vorhabens sei nicht gewährleistet. Das zugrunde gelegte Gutachten beruhe auf fehlerhaften Annahmen. Die Risiken seien nicht ermittelt worden. Im Gutachten seien Kennwerte angenommen worden, die den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprächen. Die Schachtschutzbereiche der Schächte 7 und 8 führten zu einem unkalkulierbaren Risiko. Es bestünden Gefahren für die Umwelt und das Risiko der Grundwasserverunreinigung. Weder die Basis- noch die Seitenabdichtungen könnten aufgrund des Gutachtens belastbar nachvollzogen werden. Für das sogenannte Steifenmodul lägen den Berechnungen unzutreffende, erfundene Kennwerte zugrunde. Dies habe zur Folge, dass auch weitere hierauf gestützte Gutachten fehlerhaft seien.
31Den Anforderungen an die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei zudem nicht genügt worden, weil verfahrensfehlerhaft teilweise auf unzutreffenden Annahmen beruhende Gutachten ausgelegt worden seien. Auf die tatsächlichen Risiken sei nicht, jedenfalls nicht hinreichend aufmerksam gemacht worden. Ohne ergiebige, neutrale und zutreffende Gutachten sei die Anstoßwirkung nicht gegeben. Die Umweltauswirkungen des Vorhabens seien wegen erheblicher Mängel der Umweltverträglichkeitsprüfung und der zugrunde gelegten Gutachten gegenüber der Öffentlichkeit so verzerrt dargestellt worden, dass die ausgelegten Unterlagen keine Anstoßwirkung hätten entfalten können.
32Die Kläger beantragen,
33den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Münster vom 15. September 2021 aufzuheben,
34hilfsweise,
35festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
36Der Beklagte beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Er tritt dem Klagevorbringen im Einzelnen entgegen und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor:
39Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss sei rechtmäßig und verletze die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für eine gerichtliche Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder nach § 4 Abs. 1 UmwRG lägen nicht vor. Die Einwendungen der Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss verfingen nicht. Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht zu beanstanden. Die Planrechtfertigung könnten die Kläger als nicht unmittelbar Betroffene nicht rügen, jedenfalls sei die Planrechtfertigung gegeben. Versagungsgründe lägen nicht vor. Der Planfeststellungsbeschluss sei nicht zulasten der Kläger abwägungsfehlerhaft.
40Die Beigeladene beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Sie tritt der Klage im Einzelnen entgegen und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor:
43Die Kläger könnten sich schon aus Rechtsgründen nicht auf die von ihnen gegen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses geltend gemachten Einwände stützen, weil eine Verletzung ihrer subjektiven Rechte weder dargelegt noch sonst ersichtlich sei. Dies gelte auch im Hinblick auf die geltend gemachten Mängel der Umweltverträglichkeitsprüfung. Abgesehen davon sei die Umweltverträglichkeitsprüfung ordnungsgemäß durchgeführt worden, weise jedenfalls keine relevanten Verfahrensfehler auf. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben sei gegeben. Das Vorhaben habe nachweislich keine erheblichen Auswirkungen auf die Schutzgüter im Sinne von § 15 Abs. 2 KrWG. Der Planfeststellungsbeschluss weise keine Abwägungsfehler zulasten der Kläger auf.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
45E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
46Die Klage hat keinen Erfolg.
47A. Zulässigkeit
48Sie ist zulässig. Insbesondere können die Kläger im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, durch den Planfeststellungsbeschluss in ihren Rechten verletzt zu sein. Auf der Grundlage ihres Vorbringens ist es nicht offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass der Planfeststellungsbeschluss ihrem Anspruch auf fehlerfreie Abwägung ihrer von dem Vorhaben betroffenen Rechte und Belange nicht genügt.
49Die Kläger sind Eigentümer bzw. Nutzer von zu Wohnzwecken bebauten Grundstücken, die zwar nicht unmittelbar an das Vorhabengelände angrenzen, sich aber in dessen näher gelegenen Nachbarschaft befinden. Es ist nicht von vornherein und nicht nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass diese Grundstücke von nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens wie etwa Lärm- oder Schadstoffimmissionen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG betroffen werden.
50B. Begründetheit
51Die Klage ist nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem formellen oder materiellen Rechtsfehler, den die Kläger rügen können und der zu seiner Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führt.
52I. Kein Vollüberprüfungsanspruch der Kläger
53Die Kläger haben keinen Anspruch auf vollständige gerichtliche Überprüfung des auf § 35 Abs. 2 KrWG gestützten Planfeststellungsbeschlusses.
54Einen solchen Vollüberprüfungsanspruch haben vorbehaltlich der Ursächlichkeit des jeweils in Rede stehenden Fehlers für die Eigentumsbetroffenheit wegen Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG diejenigen, die von einem Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen werden.
55Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2022 - 20 D 43/18.AK -, n. v., m. w. N.
56Zu diesem Personenkreis gehören die Kläger nicht. Der Planfeststellungsbeschluss entfaltet ihnen gegenüber keine enteignungsrechtliche Vorwirkung. Die im Planfeststellungsbeschluss festgelegte Vorhabenfläche umfasst keine Grundstücke, die im Eigentum der Kläger stehen oder an welchen diesen sonstige Rechte zustehen.
57Werden danach Grundstücke, die im Eigentum der Kläger stehen bzw. von ihnen genutzt werden, für das Vorhaben nicht in Anspruch genommen und kommt dem Planfeststellungsbeschluss deshalb keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zu, können die Kläger als von der Planung allenfalls mittelbar Betroffene keine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit beanspruchen. Sie können vielmehr nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Planung und Abwägung verlangen.
58Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2022 - 20 D 43/18.AK -, n. v., m. w. N.
59Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.
60Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2022 - 20 D 43/18.AK -, n. v., m. w. N.
61In Ermangelung eines Vollüberprüfungsanspruchs können die Kläger insbesondere nicht mit Erfolg rügen, bei der Planung seien Belange des Landschafts-, des Arten- oder des Naturschutzes nicht angemessen berücksichtigt worden.
62Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2022 - 20 D 43/18.AK -, n. v., m. w. N.
63II. Formelle Rechtmäßigkeit
64Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem Verfahrensfehler, den die Kläger rügen können und der zur Aufhebung oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit dieser Teile des Planfeststellungsbeschlusses führt. Die Kläger können dies weder gemäß § 4 Abs. 1 bis 1b UmwRG noch gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangen.
651. Kein Anspruch auf Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen eines Verfahrensfehlers im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG
66Die Kläger können weder die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit aufgrund eines Verfahrensfehlers im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG verlangen.
67a) Anwendbarkeit des Umweltrechtsbehelfsgesetzes
68Für die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss gilt das Umweltrechtsbehelfsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017 (BGBl. I S. 3290).
69In sachlicher Hinsicht ergibt sich dies aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Danach ist das Umweltrechtsbehelfsgesetz unter anderem auf Rechtsbehelfe gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Abs. 2 KrWG anzuwenden. Der vorliegende Planfeststellungsbeschluss ist auf der Grundlage dieser Bestimmung erlassen worden. Angesichts dessen kann dahingestellt bleiben, ob er sachlich zudem aus weiteren Gründen den Regelungen des Umweltrechtsbehelfsgesetzes unterfällt.
70In zeitlicher Hinsicht ergibt sich die Geltung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes für den Planfeststellungsbeschluss aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG.
71b) Kein Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG
72Da im Planfeststellungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt worden ist, ist als Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1UmwRG allenfalls ein solcher im Sinne der Nr. 3 dieser Vorschrift in Erwägung zu ziehen. Diese erfasst andere Verfahrensfehler, die nach Art und Schwere mit den in Nrn. 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar sind und der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen haben.
73Auch ein solcher Verfahrensfehler liegt indes nicht vor.
74aa) Keine fehlerhafte UVP im Hinblick auf vorhabenbedingte Auswirkungen durch Quecksilber, Zinn und Thallium
75Die Kläger machen geltend, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, weil die Beeinträchtigungen und Gefahren für die Schutzgüter Menschen (Gesundheit und Wohlbefinden), Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt, Boden, Wasser (Oberflächenwasser und Grundwasser), die Luft, Klima, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen im Hinblick auf die "Elemente" Quecksilber, Zinn und Thallium nicht untersucht worden seien.
76Es kann dahinstehen, ob dieses geltend gemachte Ermittlungsdefizit ‑ dessen Vorliegen unterstellt ‑ überhaupt einen Verfahrensfehler darstellen kann oder ob es allein materiell-rechtliche Vorgaben der Planfeststellung berührt.
77Vgl. zur Differenzierung zwischen einerseits Verfahrensfehlern im Sinne von § 4 UmwRG als Verstößen gegen Rechtsvorschriften, die die äußere Ordnung des Verfahrens, d. h. den Verfahrensablauf als solchen betreffen, und andererseits Mängeln, die den durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerten Prozess der Willensbildung und Entscheidungsfindung betreffen: BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2017 - 7 A 6.17. u. a. -, juris, Rn. 18 ff., und vom 28. November 2017 - 7 A 17.12 -, juris, Rn. 29 f.; OVG NRW, Urteil vom 11. September 2018 - 20 D 79/17.AK -, juris, Rn. 160 ff.
78Jedenfalls scheidet ein Verfahrensfehler in dieser Hinsicht deshalb aus, weil sich die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung insofern nicht als defizitär darstellt.
79Zutreffend liegt dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde, dass das Planvorhaben gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 KrWG und § 9 Abs. 2 UVPG in der maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Planfeststellung gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 18. März 2021 (BGBl. I S. 540) - UVPG - i. V. m. Anlage 1 Nrn. 12.1 und 12.2.1 der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt.
80Der Beklagte hat die Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der Planfeststellung unter Nr. VI des Planfeststellungsbeschlusses unter Berücksichtigung der von der Beigeladenen vorgelegten Antragsunterlage "UVP-Bericht gemäß § 16 UVPG" aus Oktober 2018 (Umweltverträglichkeitsuntersuchung - UVU -) einschließlich der dazu herangezogenen, ebenfalls von der Beigeladenen als Antragsunterlagen vorgelegten Fachgutachten vorgenommen. Diese Umweltverträglichkeitsprüfung lässt das von den Klägern monierte Ermittlungsdefizit nicht erkennen.
81Die Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz ist ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit bestimmter öffentlicher wie privater Vorhaben dienen (§ 4 UVPG). Sie umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens, Plans oder Programms auf die Schutzgüter (§ 3 Satz 1 UVPG), d. h. auf Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UVPG), Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UVPG), auf Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UVPG), auf kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 UVPG) sowie auf die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UVPG). Auf der Grundlage vom Vorhabenträger vorzulegender Unterlagen und behördlicher Stellungnahmen sowie von Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit erarbeitet die zuständige Behörde eine zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens, der Merkmale des Vorhabens und des Standorts, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden sollen, sowie der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden sollen, einschließlich der Ersatzmaßnahmen bei Eingriffen in Natur und Landschaft (§ 24 Abs. 1 UVPG).
82Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist allerdings kein Suchverfahren, in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären. Vielmehr zielt die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die Erfassung der Hauptauswirkungen respektive der erheblichen Umweltauswirkungen des betreffenden Vorhabens.
83Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2016 - 20 B 710/16.AK -, juris, Rn. 37 ff., m. w. N.
84Die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der Fassung der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 (UVP-Richtlinie) bezweckt, dass die Genehmigung für öffentliche und private Projekte, bei denen mit "erheblichen" Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, erst nach einer Prüfung der möglichen "erheblichen" Umweltauswirkungen dieser Projekte erteilt wird (Erwägungsgrund 7). Nach Art. 3 Abs. 1 UVP-Richtlinie identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls die unmittelbaren und mittelbaren "erheblichen" Auswirkungen eines Projekts auf die näher bezeichneten Schutzgüter. Der Projektträger hat einen Bericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung vorzulegen, der unter anderem eine Beschreibung der möglichen "erheblichen" Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt und eine Beschreibung der Aspekte des Projekts und/oder der Maßnahmen enthält, mit denen mögliche "erhebliche" nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden, verhindert oder verringert und, wenn möglich, ausgeglichen werden sollen (Art. 5 Abs. 1 Buchstabe b und c UVP-Richtlinie). Damit geht die Verpflichtung des Vorhabenträgers nach § 16 Abs. 1 Satz 1 UVPG einher, einen Bericht zu den voraussichtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens (UVP-Bericht) vorzulegen, der unter anderem Beschreibungen der Merkmale des Vorhabens und des Standorts, mit denen das Auftreten "erheblicher" nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens ausgeschlossen, vermindert oder ausgeglichen werden soll § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UVPG), und der zu erwartenden "erheblichen" nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UVPG), enthält.
85Die Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswirkungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung bezieht sich vor diesem Hintergrund und mit Blick darauf, dass diese Teil der behördlichen Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Sinne von § 24 VwVfG NRW ist, allein auf die für die behördliche Zulassung des jeweiligen Vorhabens relevanten, d. h. erheblichen Umweltauswirkungen. Dabei unterliegt die Erfassung der entscheidungserheblichen Umweltauswirkungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und findet hierin auch seine Grenzen. Dies gilt für Art und Umfang der Ermittlungen sowie für die Auswahl ihrer Mittel.
86Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2016 - 20 B 710/16.AK -, juris, Rn. 42 ff., m. w. N.
87Das erforderliche Maß an Ermittlungstiefe bemisst sich nach den Umständen des Einzelfalls. Bei komplexeren Sachverhalten kann sich die Planfeststellungsbehörde mit vergleichsweise groben Erkenntnissen begnügen, insbesondere wenn feststeht, dass der fragliche Belang gegenüber anderen zurückzutreten hat.
88Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2016 - 20 B 710/16.AK -, juris, Rn. 46 f., m. w. N.
89Dies gilt erst recht, wenn keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für erhebliche Umweltauswirkungen bestehen oder sich solche auch ohne weitergehende Feststellungen ausschließen lassen.
90Für die Beurteilung, ob Luftschadstoffe schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, § 36 Abs. 1 Nr. 4 KrWG bzw. § 22 BImSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG und damit erheblich im vorstehenden Sinne sind, ist auf die Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz ‑ hier in der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung - (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft -) zurückzugreifen, deren Immissionswerte die Zumutbarkeitsgrenze kennzeichnen, bei deren Überschreitung der Planbetroffene nach § 36 Abs. 1 Nr. 4 KrWG Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen verlangen kann.
91Vgl. Mann in Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 4. Aufl., § 36 Rn. 40 f., m. w. N.
92Soweit die TA Luft keine Maßstäbe enthält, ist die erforderliche Beurteilung anhand sonstiger Erkenntnisgrundlagen vorzunehmen. Als solche kommt insbesondere der Bericht des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) "Bewertung von Schadstoffen, für die keine Immissionswerte festgelegt sind - Orientierungswerte für die Sonderfallprüfung und für die Anlagenüberwachung sowie Zielwerte für die langfristige Luftreinhalteplanung unter besonderer Berücksichtigung der Beurteilung krebserzeugender Luftschadstoffe" vom 21. September 2004 (LAI‑Bericht 2004) in Betracht.
93Ausgehend von dem Vorstehenden stellt sich die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung entgegen der Darstellung der Kläger im Hinblick auf vorhabenbedingte Immissionen der Luftschadstoffe Quecksilber, Zinn und Thallium nicht als unzureichend bzw. defizitär dar.
94(1) Quecksilber
95Dies gilt zunächst für Quecksilber.
96Es trifft zwar zu, dass neben den Schadstoffen Zinn (Sn) und Thallium (Tl) auch der Schadstoff Quecksilber (Hg) in dem Abschlussbericht Immissionsmessung der Eurofins GfA GmbH vom 7. September 2017 (Abschlussbericht Immissionsmessung) nicht betrachtet worden ist. Der Verzicht auf entsprechende Feststellungen ist in dem Abschlussbericht Immissionsmessung indes nachvollziehbar damit begründet worden, dass die fraglichen Elemente "in der Praxis staubgebunden nicht in relevanten Konzentrationen gefunden werden und keine Hinweise für eine relevante Emission dieser Stoffe vorliegen". Dies ist mit entsprechender Begründung übereinstimmend von dem Beklagten, der Beigeladenen, dem LANUV und dem Gutachter am 29. September 2015 festgestellt worden.
97Bestätigt findet sich diese Einschätzung in der Stellungnahme des LANUV mit E‑Mail vom 21. August 2019. Darin hat es zum Planfeststellungsverfahren ausgeführt, dass in der Umgebungsluft auch emittentennah nur Quecksilberkonzentrationen zu messen sind, die auch langfristig nicht toxisch sind, der Zielwert des LAI von 50 ng/m³ für das Jahresmittel der Quecksilberkonzentration - gemeint ist ersichtlich der gesundheitsbezogene Orientierungswert nach Nr. 5.2.3.1 des LAI-Berichts 2004 - europaweit eingehalten und auch "der TA Luft Immissionswert zur Quecksilberdeposition" von 1 μg/(m²*d) - gemeint ist ersichtlich der einschlägige Immissionswert für Schafstoffdepositionen gemäß Nr. 4.5.1 TA Luft - in Deutschland deutlich eingehalten wird.
98Belegt hat das LANUV diese Angaben durch weitere zum Planfeststellungsverfahren gereichte Unterlagen. Laut dem vorgelegten Kurzbericht zu Messungen der Quecksilberkonzentration in Deutschland und Europa sind die Quecksilberkonzentrationen europaweit sehr homogen, beträgt diese in Deutschland emittentenfern 1 bis 2 ng/m³, werden in der Umgebung von Emittenten kurzfristig Werte bis zu 10 ng/m³ gemessen und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der "LAI Zielwert" von 50 ng/m³ für das Jahresmittel in Deutschland auch emittentennah nicht überschritten wird. Laut Darstellung der Ergebnisse und Auswertung des Messprogramms des LANUV zur Quecksilberdeposition von April 2012 bis April 2013 ist die Quecksilberdeposition auch in Nordrhein-Westfalen räumlich homogen ‑ sie betrug im Messzeitraum durchschnittlich "0,031 μg/(m²*d)" oder "11,3 g/(km²*a)" ‑, stimmen diese Ergebnisse demnach "gut mit anderen Messungen aus Deutschland überein" und bestätigen im Wesentlichen die Literaturdaten zu anderen Messprogrammen und Prognosen. Zusammenfassend gelangt das LANUV in dieser Unterlage zu dem plausiblen Schluss, dass lokale Emissionen von Quecksilber sich nur in geringem Ausmaß auf die Quecksilberdeposition auswirken, sie im Vergleich zur Deposition partikelgebundener Stoffe räumlich sehr homogen ist und sich folglich die Quecksilberemissionen der nordrhein-westfälischen Kraftwerke und anderer Anlagen in die Luft nicht wesentlich auf den Eintrag von Quecksilber in den Boden und Gewässer in Nordrhein-Westfalen auswirken.
99Zeigen die Kläger bereits nach dem Vorstehenden mit der Nichtberücksichtigung des Staubinhaltsstoffs Quecksilber im Abschlussbericht Immissionsmessung keine Defizite der Umweltverträglichkeitsprüfung auf, gilt dies erst recht deshalb, weil der Abschlussbericht Immissionsmessung lediglich Feststellungen zur Immissionsvorbelastung im Umfeld des Planvorhabens zum Gegenstand hatte, weitere Feststellungen zu den Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG hingegen in der Immissionsprognose für Staub und Staubinhaltsstoffe der N. GmbH vom 6. Juni 2018 (Staubimmissionsprognose) getroffen worden sind, diese sowohl Feststellungen zur Vorbelastung des Umfeldes des Planvorhabens durch den Staubinhaltsstoff Quecksilber als auch Feststellungen zu den entsprechenden Auswirkungen des Planvorhabens umfasst und auf der Grundlage dessen überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass hinsichtlich der mit dem Vorhaben verbundenen Quecksilberemissionen bzw. -immissionen der Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit, vor erheblichen Belästigungen oder Nachteilen und der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch die Deposition sichergestellt ist.
100In der Staubimmissionsprognose ist hinsichtlich des Schutzes vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staubdepositionen festgestellt worden, dass die ermittelten Immissions-Jahres-Zusatzbelastungen für die Schadstoffdeposition von Quecksilber mit bis zu 0,07 µg/(m³*d) den Immissionswert nach Nr. 4.5.1 TA Luft von 1 µg/(m³*d) deutlich unterschreiten (vgl. S. 59 der Staubimmissionsprognose, Tabelle 23). Da die festgestellten Zusatzbelastungen durch Quecksilber die Irrelevanzschwelle nach Nr. 4.5.2 TA Luft überschreiten, ist in der Staubimmissionsprognose zudem die künftig zu erwartende Gesamtbelastung ermittelt worden, die mit gerundet weniger als 0,1 µg/(m³*d) deutlich unter dem maßgeblichen Immissionswert nach Nr. 4.5.1 TA Luft von 1 µg/(m³*d) liegt. Dabei sind als Vorbelastung schlüssig die aufgrund aktuellerer Messungen im Bereich des nördlichen Rands des Ruhrgebietes im Übergang zum südlichen Münsterland gemessenen Quecksilber-Depositionswerte in der Größenordnung von 0,06 μg/(m³*d) zugrunde gelegt worden (vgl. Staubimmissionsprognose Nr. 4.4.1.2, S. 65 und Nr. 4.4.2.1, S. 67)..
101Soweit die TA Luft bezogen auf Quecksilber keine Immissionswerte vorsieht - das ist insbesondere hinsichtlich des Schutzes der menschlichen Gesundheit, Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen der Fall - sind in der Staubimmissionsprognose zu den vorhabenbedingten Quecksilberimmissionen zur Beurteilung ihrer Erheblichkeit weitere Feststellungen getroffen worden. Demnach liegt die festgestellte Immissions-Jahres-Zusatzbelastung von bis zu 0,010 ng/m³ deutlich unterhalb des im LAI-Bericht 2004 unter Nr. 5.2.3.1, Tabelle 10, vorgesehenen Orientierungswerts für eine Sonderfallprüfung von 50 ng/m³ als anerkanntem Wirkungs- bzw. Risikoschwellenwert für krebserregende Stoffe, was - wie in der Staubimmissionsprognose festgestellt - einem Anteil der ermittelten Zusatzbelastung am Beurteilungswert (Orientierungswert) von weniger als 1 % entspricht (vgl. Staubimmissionsprognose Nr. 4.3.3.2, S. 60 f.). Vor diesem Hintergrund ist auch die weitere Feststellung in der Staubimmissionsprognose nachvollziehbar und plausibel, dass die Schadstoffe, für die in der TA Luft keine Immissionswerte genannt sind bzw. ein weiterer Beurteilungswert vorliegt, überwiegend nur einen geringen Immissionsbeitrag im Bereich der Beurteilungspunkte leisten und die Gegenüberstellung der ermittelten Immissions-Jahres-Zusatzbelastung mit den Wirkungsschwellenwerten bzw. Risikoschwellenwerten für krebserzeugende Stoffe zeigt, dass deren prozentualer Anteil an den Schwellenwerten für die betrachteten Schadstoffe deutlich unter der hier nach Nr. 5.2.3.3 des LAI-Berichts 2004 heranzuziehenden Irrelevanzgrenze von 3,0 %‑ liegt.
102Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die vorstehenden Feststellungen der Staubimmissionsprognose zu den vorhabenbedingten Quecksilberimmissionen unzureichend wären oder in sonstiger Hinsicht den Anforderungen zur Beurteilung ihrer Erheblichkeit im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 2, § 36 Abs. 1 Nr. 4 KrWG bzw. § 22 BImSchG i. V. m. § 3 BImSchG nicht gerecht werden, sind weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich.
103Auch aus dem Gebot gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a Ziff. iv i. V. m. Art. 16 Abs. 8 Satz 1 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmen-Richtlinie - WRRL -), die Verschmutzung durch prioritäre Stoffe schrittweise zu reduzieren und die Einleitungen, Emissionen und Verluste prioritärer gefährlicher Stoffe, zu denen auch Quecksilber zählt (Art. 2 Nr. 30 WRRL i. V. m. Anhang X Nr. 21), zu beenden oder schrittweise einzustellen (sog. Phasing-Out-Verpflichtung), folgt nichts anderes. Diese Verpflichtung ist derzeit nicht in einer vollziehbaren Weise konkretisiert, sodass zwingende Vorgaben zur schrittweisen Verringerung nicht bestehen und die subsidiäre Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Ergreifung eigener Maßnahmen nach Art. 16 Abs. 8 Satz 2 WRRL mangels Unbedingtheit und hinreichender Bestimmtheit im Verwaltungsverfahren nicht unmittelbar anwendbar ist.
104Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Februar 2021 - 9 A 8.20 -, juris, Rn. 85, und vom 2. November 2017 ‑ 7 C 25.15 -, juris, Rn. 52 ff.
105(2) Thallium
106Im Hinblick auf vorhabenbedingte Immissionen von Thallium gelten vorstehende Ausführungen entsprechend. Jedenfalls in der Staubimmissionsprognose sind diesbezüglich Feststellungen getroffen worden. Danach sind die ermittelten jährlichen Immissionszusatzbelastungen nicht erheblich. Die festgestellte jährliche Immissionszusatzbelastung von bis zu 0,031 µg/(m³*d) liegt deutlich unter dem gemäß Nr. 4.5.1 TA Luft für den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Schadstoffdepositionen geltenden Immissionswert von 2 µg/(m³*d) und geht ebenso wenig über die Irrelevanzschwelle nach Nr. 4.5.2 TA Luft von 5 % hinaus (vgl. Staubimmissionsprognose Nr. 4.3.3.1, Tabelle 23, S. 59 f.). Die bis zu 0,006 ng/m³ festgestellte jährliche Zusatzbelastung liegt deutlich unterhalb des Wirkungsschwellen- bzw. Risikoschwellenwertes von 280 ng/m³, der unter Bezugnahme auf die "Aktualisierte Fortschreibung der Basisdaten Toxikologie für umweltrelevante Stoffe zur Gefahrenbeurteilung bei Altlasten, Zusammenfassung der Endberichte, Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe (FoBiG), 1995, Im Auftrag des Umweltbundesamtes, Forschungsbericht 103 40 113, September 1995" zugrunde gelegt worden ist. Außerdem geht er mit einem Anteil von weniger als 0,1 % ebenso deutlich nicht über die unter Berücksichtigung des LAI‑Berichts 2004 in Anlehnung an Nr. 4.2.2 TA Luft herangezogene Irrelevanzschwelle von 3 % hinaus (vgl. Staubimmissionsprognose Nr. 4.3.3.2, Tabelle 24, S. 60 f.). Konkrete Einwendungen machen die Kläger insofern nicht geltend.
107(3) Zinn
108Hinsichtlich vorhabenbedingter Immissionen von Zinn zeigen die Kläger schon keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür auf, dass das Vorhaben mit solchen Auswirkungen verbunden ist. Darüber hinaus machen sie auch insofern keine konkreteren Einwendungen geltend.
109bb) Keine fehlerhafte Umweltverträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die Auswirkungen vorhabenbedingten Straßenverkehrs
110Einen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG zeigen die Kläger nicht mit ihrem Einwand auf, dass das Verkehrsgutachten der AVISO GmbH vom Juni 2018 wegen "offensichtlicher Fehler" "im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung" nicht verwertbar sei.
111(1) Einwand betrifft nicht Verwaltungsverfahren
112Der Einwand führt nicht auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG. Er berührt nicht das Verwaltungsverfahren, sondern Vorgaben der materiell-rechtlichen Willens- und Entscheidungsfindung über die Vorhabenzulassung.
113Verfahrensfehler im Sinne von § 4 UmwRG sind allein Verstöße gegen Rechtsvorschriften, die die äußere Ordnung des Verfahrens, d. h. den Verfahrensablauf als solchen betreffen. Nicht zum äußeren Verfahrensgang in diesem Sinne gehört dagegen der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willensbildung und Entscheidungsfindung, der sich - namentlich im Fachplanungsrecht - regelmäßig auf der Grundlage von Fachgutachten vollzieht.
114Vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2017 ‑ 7 A 6.17 u. a. -, juris, Rn. 18 ff., und vom 28. November 2017 - 7 A 17.12 -, juris, Rn. 29 f.; OVG NRW, Urteil vom 11. September 2018 ‑ 20 D 79/17.AK -, juris, Rn. 160 ff.
115Wie ausgeführt, umfasst die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens, Plans oder Programms auf die Schutzgüter (§ 3 Satz 1 UVPG). Sie strukturiert das Verfahren im Vorfeld der Sachentscheidung durch die Phasen der Informationsgewinnung und der Informationsverarbeitung und vollzieht sich in verschiedenen Verfahrensschritten (z. B. Unterrichtung, Beteiligung, zusammenfassende Darstellung, begründete Bewertung, Bekanntmachung; vgl. Teil 2, Abschnitt 2 UVPG), die ordnungsgemäß durchgeführt werden müssen. Dazu gehört mit Blick auf das zentrale gesetzgeberische Anliegen einer frühzeitigen und effektiven Öffentlichkeitsbeteiligung, dass die ausgelegten Unterlagen die nach § 16 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 UVPG erforderliche Anstoßwirkung entfalten.
116Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2017 ‑ 7 A 6.17 u. a. -, juris.
117Von den einzelnen Verfahrensschritten und ihrer Durchführung zu unterscheiden sind die Anforderungen an ihre inhaltliche Ausgestaltung, die vor allem in § 16, § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 3 UVPG ihren Niederschlag finden. Sie werden von den materiell-rechtlichen Maßstäben der im jeweiligen Einzelfall einschlägigen Fachgesetze geprägt, für deren Prüfung die Umweltverträglichkeitsprüfung durch Zusammenstellung und Aufbereitung des umweltbezogenen Tatsachenmaterials den Rahmen und die Grundlage bildet. Diese besondere Funktion der Umweltverträglichkeitsprüfung findet auch in § 3 Satz 2 UVPG ihren Ausdruck. Danach dient die Umweltverträglichkeitsprüfung einer wirksamen Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze. Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz liefert mithin - ebenso wie die UVP-Richtlinie - keine eigenständigen materiellen Prüf- und Bewertungsmaßstäbe dafür, welcher Rang den Umweltbelangen im Rahmen der Zulassungsentscheidung zukommt. Das bestätigt auch die Regelung zur Berücksichtigungspflicht in § 25 Abs. 1 und 2 UVPG die mit dem Verweis auf die geltenden Gesetze klarstellt, dass es mangels eigenständiger materiell-rechtlicher Vorgaben im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz auf die fachrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen ankommt. Ein weiterer Beleg für die Verknüpfung der inhaltlichen Ausgestaltung einzelner Verfahrensschritte der Umweltverträglichkeitsprüfung mit den fachrechtlichen Prüfungsmaßstäben sind z. B. die auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung und die FFH‑Verträglichkeitsprüfung bezogenen Vorschriften in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 UVPG.
118Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2017 ‑ 7 A 6.17 u. a. -, juris.
119In Anbetracht dessen führt der Einwand der Kläger, das Verkehrsgutachten sei fehlerhaft, nicht auf einen Verfahrensfehler. Er betrifft der Sache nach nicht den Gang des Verwaltungsverfahrens, sondern die nach materiell-rechtlichen Vorgaben vorzunehmende Willensbildung und Entscheidungsfindung. Indem die Kläger sich gegen das Verkehrsgutachten wenden und dazu im Wesentlichen anführen, diesem lägen fehlerhafte Messungen, Berechnungen und Feststellungen zugrunde und insbesondere seien die Feststellungen "falsch", dass die geplante Erweiterung und Erhöhung der ZDX ohne nennenswerte Auswirkungen bleiben werde, wenden sie sich gegen die Tragfähigkeit der im Verkehrsgutachten getroffenen Aussagen und Feststellungen.
120Das berührt zwar auch die Vorschrift des § 16 Abs. 5 Satz 1 UVPG, wonach der UVP-Bericht den gegenwärtigen Wissensstand und gegenwärtige Prüfmethoden berücksichtigen muss. Ob indes das Verkehrsgutachten den Anforderungen an den gegenwärtigen Wissensstand und die gegenwärtigen Prüfungsmethoden gerecht wird, betrifft nach der aufgezeigten Regelungssystematik des Umweltverträglichkeitsgesetzes einerseits und der einschlägigen Fachplanungsgesetze andererseits nicht den Gang des Verwaltungsverfahrens als solchen, sondern beurteilt sich nach Maßgabe der jeweiligen materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen - hier unter anderem nach den Bestimmungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.
121(2) Jedenfalls Verkehrsgutachten nicht defizitär
122Unbeschadet des Vorstehenden scheidet eine Fehlerhaftigkeit der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund von Defiziten des Verkehrsgutachtens auch deshalb aus, weil die Kläger weder tragfähige Anhaltspunkte für solche Defizite dartun noch ansonsten solche Defizite ersichtlich sind. Vielmehr erweist sich das Verkehrsgutachten in Bezug auf den vorhabenbedingten Straßenverkehr und dessen weitere Auswirkungen als hinreichend aussagekräftig und tragfähig. Zur Begründung wird auf die weiteren Ausführungen Bezug genommen, die hierzu nachfolgend im Rahmen der Erörterung der materiellen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses gemacht werden.
123cc) Keine fehlerhafte Umweltverträglichkeitsprüfung im Hinblick auf das Schutzgut "Landschaft" bzw. auf das "Landschaftsbild"
124Ein Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG ergibt sich ebenso wenig aus dem auch im Umweltverträglichkeitsprüfung geltend gemachten Einwand der Kläger, der Landschaftspflegerische Begleitplan der Z. Umweltplanung L. , & Partner aus September 2018 und dessen Anhang 5 seien fehlerhaft, sollten über die "Verschandelung" der Landschaft hinwegtäuschen und seien deshalb wie auch die darauf aufbauenden Gutachten nicht in die Bewertung einzubeziehen.
125Dieser Einwand führt nicht auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG. Er betrifft der Sache nach nicht den Gang des Verwaltungsverfahrens, sondern die nach materiell-rechtlichen Vorgaben vorzunehmende Willensbildung und Entscheidungsfindung. Indem die Kläger sich gegen den Landschaftspflegerischen Begleitplan und insbesondere dessen Anhang 5 wenden und dazu im Wesentlichen anführen, diese "Gutachten" wiesen teils schwerwiegende, näher beschriebene Auffälligkeiten auf, die sie unbrauchbar machten, wenden sie sich gegen die Tragfähigkeit der darin getroffenen Aussagen und Feststellungen.
126Das berührt zwar auch die Vorschrift des § 16 Abs. 5 Satz 1 UVPG, wonach der UVP-Bericht den gegenwärtigen Wissensstand und gegenwärtige Prüfmethoden berücksichtigen muss. Ob indes der Landschaftspflegerische Begleitplan und insbesondere dessen Anhang 5 den Anforderungen an den gegenwärtigen Wissensstand und die gegenwärtigen Prüfungsmethoden gerecht wird, betrifft nach der zuvor aufgezeigten Regelungssystematik des Umweltverträglichkeitsgesetzes einerseits und der einschlägigen Fachplanungsgesetze andererseits nicht den Gang des Verwaltungsverfahrens als solchen, sondern beurteilt sich nach Maßgabe der jeweiligen materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen - hier unter anderem nach den Bestimmungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und im Hinblick auf den in Rede stehenden Landschaftsschutz zudem nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG) sowie nach dem Gesetz zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen (Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG NRW).
127dd) Keine fehlerhafte Umweltverträglichkeitsprüfung wegen der geltend gemachten Unzulänglichkeiten des Hydrologischen Gutachtens
128Auch soweit die Kläger im Hinblick auf die Umweltverträglichkeitsprüfung anführen, das insofern herangezogene "Hydrologische Gutachten" der BFUB Gesellschaft für Umweltberatung und Projektmanagement mbH vom August 2018 (Hydrologisches Gutachten) sei unzulänglich, ergibt sich hieraus kein Verfahrensmangel. Dieser Einwand berührt ebenfalls nicht den Gang des Verwaltungsverfahrens, sondern die behördliche Willensbildung und Entscheidungsfindung über den gestellten Planfeststellungsantrag nach materiell-rechtlichen Vorgaben des Fachplanungsrechts.
129ee) Keine fehlerhafte Umweltverträglichkeitsprüfung wegen geltend gemachter Unzulänglichkeiten des Standsicherheitsnachweises
130Ebenso wenig folgt ein Verfahrensmangel aus dem auch im Hinblick auf die Umweltverträglichkeitsprüfung geltend gemachten Einwand der Kläger, der gutachterliche "Nachweis zu den Setzungen und Verformungen sowie zur Standsicherheit der geplanten Erweiterung und Erhöhung der Zentraldeponie X. , H. " der O. Ingenieure Beratungsgesellschaft mbH von Juli 2018 (Standsicherheitsnachweis) sei unzulänglich. Auch dieser Einwand betrifft der Sache nach nicht den Gang des Verwaltungsverfahrens, sondern die behördliche Willensbildung und Entscheidungsfindung über die Zulassung des Planvorhabens nach materiell-rechtlichen Vorgaben des Fachplanungsrechts.
131ff) Kein Verstoß gegen verfahrensrechtliche Bekanntmachungsvorgaben
132Die Kläger zeigen nichts Durchgreifendes für einen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG mit ihrem Vorbringen auf, es sei verfahrensfehlerhaft, dass teilweise auf unzutreffenden Annahmen beruhende Gutachten ausgelegt und auf die tatsächlichen Risiken nicht bzw. nicht hinreichend aufmerksam gemacht worden sei.
133Damit machen die Kläger ersichtlich weder einen Verstoß gegen die nach § 38 Abs. 1 Satz 1 KrWG i. V. m. § 73 Abs. 5 VwVfG/VwVfG NRW vorgeschriebene ortsübliche Bekanntmachung des Plans noch einen Verstoß gegen § 19 Abs. 1 UVPG geltend, wonach die Öffentlichkeit bei der Bekanntmachung zu Beginn des Beteiligungsverfahrens über das Planvorhaben und bestimmte weitere Umstände zu unterrichten ist.
134Vielmehr bezieht sich ihr Vortrag zum einen auf die Verpflichtung nach § 38 Abs. 1 Satz 1 KrWG i. V. m. § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG/VwVfG NRW, den Plan zur Einsicht auszulegen, und zum anderen auf die Verpflichtung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UVPG, im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zumindest den UVP‑Bericht (Nr. 1) und die das Vorhaben betreffenden entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorgelegen haben (Nr. 2), zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen.
135Ein Verstoß gegen diese Verfahrensbestimmungen ergibt sich aus dem Vorbringen der Kläger vorliegend jedoch nicht.
136Nach § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG/VwVfG NRW müssen nicht alle Unterlagen, die möglicherweise zur umfassenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind, ausgelegt werden, sondern nur solche, die - aus der Sicht der potentiell Betroffenen - erforderlich sind, um das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen. Ob Gutachten dazugehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 -, juris, Rn. 30, m. w. N.
138Aus den ausgelegten Unterlagen müssen sich die abwägungserheblichen Belange mit einer Deutlichkeit ergeben, die es erlaubt, ihre Bedeutung für die Planung und die Betroffenheit Dritter angemessen zu erkennen. Den Dritten soll die Beurteilung ermöglicht werden, ob und in welchem Umfang sie von den Umwelteinwirkungen des Vorhabens betroffen werden können und mit welcher Wahrscheinlichkeit dies der Fall ist.
139Vgl. Lieber in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., § 73 Rn. 110 ff., m. w. N.
140Die mit der Anstoßwirkung ausgelegter Unterlagen bezweckte Ermöglichung einer Mitwirkung der Öffentlichkeit am Verfahren und damit einer Beteiligung am Entscheidungsprozess ist jedoch nicht dadurch bedingt, dass sämtliche potentiell entscheidungserheblichen Auswirkungen des Vorhabens in den ausgelegten Unterlagen im Detail richtig dargestellt werden.
141Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. September 2018 ‑ 20 D 79/17.AK -, juris, Rn. 148.
142Für die Verpflichtung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UVPG, neben dem UVP-Bericht die das Planvorhaben betreffenden entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen auszulegen, gilt nichts entscheidend anderes.
143Den vorstehenden Anforderungen an die Auslegung von Plan und Planunterlagen hat die zuständige Behörde genügt.
144Öffentlich ausgelegt worden sind sämtliche mit dem Planfeststellungsantrag von der Beigeladenen eingereichten Antragsunterlagen. Dazu gehörten unter anderem auch die Unterlagen, gegen deren Inhalt die Kläger im vorliegenden Klageverfahren nach den vorstehenden Darlegungen Einwendungen erhoben haben, namentlich die Umweltverträglichkeitsuntersuchung als dem UVP-Bericht im Sinne von § 16 UVPG, die Staubimmissionsprognose (Kapitel 14.2 der Antragsunterlagen), der Abschlussbericht Immissionsmessung (Kapitel 14.2.1 der Antragsunterlagen), das Verkehrsgutachten (Kapitel 14.7 der Antragsunterlagen), der Landschaftspflegerische Begleitplan einschließlich dessen Anhang 5 (Kapitel 14.9 der Antragsunterlagen), das Hydrologische Gutachten (Kapitel 14.8 der Antragsunterlagen) und der Standsicherheitsnachweis (Kapitel 14.12.1 der Antragsunterlagen). Außerdem ausgelegt wurde insbesondere auch der Bedarfsnachweis von November 2018 (Zentraldeponie X. in H. - Erweiterung und Erhöhung der vorhandenen Deponie zur Schaffung von zusätzlichen Volumina für Abfälle der Deponieklassen I, II und III - Bedarfsnachweis; Kapitel 2 der Antragsunterlagen).
145Den ausgelegten Unterlagen kam eine ausreichende Anstoßwirkung im aufgezeigten Sinne zu. Sie boten potentiell Betroffenen hinreichenden Anlass, Einwendungen gegen das Planvorhaben zu erheben. Dem stehen die von den Klägern nunmehr geltend gemachten Einwände gegen die Aussagekraft und Tragfähigkeit der ausgelegten Unterlagen nicht entgegen.
146Zum einen treffen diese Rügen größtenteils bereits nicht zu. Insbesondere die Staubimmissionsprognose, der Abschlussbericht Immissionsmessung und das Verkehrsgutachten erweisen sich im Hinblick auf die von den Klägern geltend gemachten Mängel weder als unzulänglich noch in sonstiger Hinsicht als nicht aussagekräftig oder nicht tragfähig. Auf die Ausführungen zur entsprechenden Aussagekraft und Tragfähigkeit des Verkehrsgutachtens nachfolgend im Rahmen der Erörterung der materiellen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wird verwiesen.
147Zum anderen ließen die ausgelegten Unterlagen ungeachtet der von den Kläger geltend gemachten Mängel jedenfalls insgesamt die mit dem Planvorhaben verbundenen (Umwelt‑)Auswirkungen und insbesondere auch die vorhabenbedingten Auswirkungen in einem Maße erkennen, die für potentiell Betroffen hinreichende Veranlassung bot, diesbezügliche Einwendungen im Planfeststellungsverfahren geltend zu machen. Gerade auch die von den Klägern inhaltlich kritisierten Unterlagen gaben jedenfalls Aufschluss darüber, dass das Planvorhaben mit Schadstoff- und Lärmimmissionen - insbesondere infolge des vorhabenbedingten Straßenverkehrs - verbunden ist und Auswirkungen auf die Landschaft bzw. auf das Landschaftsbild hat. Ebenso hatten die ausgelegten Unterlagen eingehende Prüfungen der Standsicherheit der Deponie nach Verwirklichung des Vorhabens sowie dessen Auswirkungen auf das Grundwasser und auf das Schutzgut Boden zum Gegenstand. Anhand dessen ließen sich die (Umwelt‑) Auswirkungen des Planvorhabens jedenfalls hinreichend abschätzen. Bestätigt findet sich dies durch die im Verfahren erhobenen zahlreichen Einwendungen gegen das Planvorhaben. Diese betrafen - wie ausgeführt ‑ gerade auch die nunmehr von den Klägern monierten Auswirkungen des Planvorhabens. Damit geht es einher, dass die Kläger in ihrer Klagebegründung fast ausschließlich Einwendungen aufgegriffen haben, die bereits im Verwaltungsverfahren geltend gemacht worden sind. Mit Ausnahme der gegen den Setzungsnachweis angemeldeten Bedenken entsprechen den aufgezeigten Einwendungen der Kläger im Wesentlichen bereits die im Planfeststellungsverfahren geltend gemachten Einwendungen vom 13. Februar 2019, vom 10. März 2019, vom 12. März 2019 und vom 15. Oktober 2019.
148gg) Jedenfalls Aufhebungsanspruch wegen etwaiger Fehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG ausgeschlossen gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG
149Aber auch unbeschadet des Vorstehenden kommt eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder eine Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit wegen eines Verfahrensfehlers im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG im Hinblick auf die von den Klägern gegen die Umweltverträglichkeitsprüfung vorstehend erhobenen Einwände - aa) bis ff) - nicht in Betracht.
150Die Kläger können sich als natürliche Personen im Sinne von § 61 Nr. 1 VwGO zwar nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG auf § 4 Abs. 1 bis 2 UmwRG berufen. Sie können aber nach § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG wegen eines anderen Verfahrensfehlers im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG - der hier, wie ausgeführt, allein als ein Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG in Betracht zu ziehen ist - die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangen, wenn der Verfahrensfehler ihnen die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat. Eine Verkürzung von Verfahrensrechten Dritter kann für einen derartigen Verfahrensbeteiligten keinen Anspruch auf Aufhebung der Entscheidung begründen.
151Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. September 2018 ‑ 20 D 79/17.AK -, juris, Rn. 74 ff.
152Die Voraussetzungen, unter denen die Kläger nach § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen können, sind nicht erfüllt.
153Die von den Klägern vorstehend geltend gemachten Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung haben sich jedenfalls nicht nachteilig auf ihre eigene Möglichkeit zur gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess ausgewirkt. Die Kläger konnten sich ungeachtet dessen am Planfeststellungsverfahren beteiligen. Dies wird letztlich durch die zahlreichen, von insgesamt 1.086 Personen im Verfahren erhobenen Einwendungen belegt. Mit Ausnahme der von den Klägern gegen den Setzungsnachweis angemeldeten Bedenken entsprechen - wie ausgeführt - ihre aufgezeigten nunmehrigen Einwendungen im Klageverfahren im Wesentlichen bereits im Planfeststellungsverfahren geltend gemachten Einwendungen. Im Übrigen haben die Kläger auch von der Möglichkeit zur Beteiligung am Verfahren geltend gemacht, indem sie im Verwaltungsverfahren tatsächlich Einwendungen erhoben haben.
154hh) Kein Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG wegen angeführter entsprechender Geltung der materiellen Einwände
155Ein Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG erschließt sich mangels näherer Substantiierung ebenso wenig aus dem Vorbringen der Kläger, ihre "materiellen" Einwände gälten "auch für die Rüge der Verfahrensfehlerhaftigkeit". Darüber hinaus genügt die Klagebegründung insofern offensichtlich nicht den Anforderungen nach § 6 Satz 1 UmwRG.
156ii) Kein Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG wegen pauschaler Bezugnahme auf sämtliche außergerichtlichen Einwendungen, dortigen Vortrag nebst allen Beweisantritten
157Auch aus der pauschalen und damit unsubstantiierten Bezugnahme der Kläger auf sämtliche außergerichtlichen Einwendungen, dortigen Vortrag nebst allen Beweisantritten ergibt sich ein Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG nicht. Dieses Vorbringen genügt offensichtlich nicht den Anforderungen an die Klagebegründung nach § 6 Satz 1 UmwRG.
1582. Kein Anspruch auf Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen sonstiger Verfahrensfehler nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO
159Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem sonstigen Verfahrensfehler, den die Kläger rügen können und der zur Aufhebung oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO führt.
160a) Beteiligung der Bergbehörde
161Zu keinem Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führt der Einwand der Kläger, die zuständige Bergbehörde sei im Planfeststellungsverfahren nicht beteiligt worden. Dieser Einwand greift nicht durch.
162Zum einen können sich die Kläger schon nicht darauf berufen, dass die zuständige Bergbehörde entgegen § 73 Abs. 2 VwVfG/VwVfG NRW nicht beteiligt worden sei. Insofern sind weder Belange noch Rechte der Kläger berührt.
163Zum anderen ist die zuständige Bergbehörde - namentlich die Bezirksregierung Arnsberg (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Verordnungsermächtigungen auf dem Gebiet des Bergrechts vom 2. März 2010 in der bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Fassung - GV. NRW. S. 163 -) ‑ beteiligt worden. Dies ergibt sich aus VII.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses (S. 119). Dort ist unter anderem festgehalten, dass die Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6, als Träger öffentlicher Belange (TÖB) beteiligt worden ist. Nach VII.2.3 des Planfeststellungsbeschlusses (S. 124) hat die Bezirksregierung Arnsberg, Abteilung 6 - Bergbau und Energie - Dezernat 51 -, drei Stellungnahmen zum Planfeststellungsverfahren abgegeben.
164b) Kein sonstiger Verfahrensfehler im Hinblick auf die Feststellungen der Umweltverträglichkeitsprüfung zu den Luftschadstoffen Quecksilber, Thallium und Zinn
165Wie in Bezug auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG ausgeführt, ist die Umweltverträglichkeitsprüfung entgegen der Darstellung der Kläger im Hinblick auf die Feststellungen zu den Luftschadstoffen Quecksilber, Thallium und Zinn weder defizitär noch ansonsten unzulänglich. Auch ein Verfahrensfehler im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1a bis 1b UmwRG ist in dieser Hinsicht daher ausgeschlossen.
166c) Kein sonstiger Verfahrensfehler im Hinblick auf die Feststellungen zu den Auswirkungen vorhabenbedingten Straßenverkehrs
167Wie in Bezug auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG ausgeführt, berühren die von den Klägern gegen die Feststellungen des Verkehrsgutachtens geltend gemachten Einwendungen nicht den Gang des Verwaltungsverfahrens, sondern die nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des Fachplanungsrechts vorzunehmende Willensbildung und Entscheidungsfindung der Behörde. Auch ein Verfahrensfehler im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1a bis 1b UmwRG ist in dieser Hinsicht daher ausgeschlossen. Hinzutritt, dass - wie ausgeführt - die gegen das Verkehrsgutachten bzw. dessen Feststellungen geltend gemachten Einwendungen der Kläger nicht durchgreifen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen nachfolgend im Rahmen der Erörterung der materiellen Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wird verwiesen.
168d) Kein sonstiger Verfahrensfehler im Hinblick auf die Feststellungen zu dem Schutzgut Landschaft bzw. zum Landschaftsbild
169Die von den Klägern gegen die Feststellungen in Bezug auf das Schutzgut Landschaft bzw. Landschaftsbild geltend gemachten Einwendungen betreffen - wie zuvor ausgeführt - ebenso wenig den Gang des Verwaltungsverfahrens, sondern die nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des Fachplanungsrechts vorzunehmende Willensbildung und Entscheidungsfindung der Behörde. Auch ein Verfahrensfehler im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1a bis 1b UmwRG ist in dieser Hinsicht daher ausgeschlossen.
170e) Kein sonstiger Verfahrensfehler wegen der geltend gemachten Unzulänglichkeiten des Hydrologischen Gutachtens
171Wie in Bezug auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG ausgeführt, berühren die von den Klägern gegen das Hydrologische Gutachten bzw. dessen Feststellungen geltend gemachten Einwendungen nicht den Gang des Verwaltungsverfahrens, sondern ebenfalls ausschließlich die nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des Fachplanungsrechts vorzunehmende Willensbildung und Entscheidungsfindung der Behörde. Auch ein Verfahrensfehler im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1a bis 1b UmwRG ist in dieser Hinsicht daher ausgeschlossen.
172f) Kein Verfahrensfehler wegen der geltend gemachten Unzulänglichkeiten des Standsicherheitsnachweises
173Auch hinsichtlich der geltend gemachten Unzulänglichkeiten ist ein sonstiger Verfahrensfehler im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1a bis 1b UmwRG ausgeschlossen, weil - wie in Bezug auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG ausgeführt - dieser Einwand nicht den Gang des Verwaltungsverfahrens, sondern die nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des Fachplanungsrechts vorzunehmende Willensbildung und Entscheidungsfindung der Behörde betrifft.
174g) Kein sonstiger Verfahrensfehler wegen des geltend gemachten Verstoßes gegen die Bekanntmachungsvorgaben
175Auf einen sonstigen Verfahrensmangel im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bzw. § 4 Abs. 1a UmwRG führt ebenso wenig das Vorbringen der Kläger, es sei verfahrensfehlerhaft, dass teilweise auf unzutreffenden Annahmen beruhende Gutachten ausgelegt und auf die tatsächlichen Risiken nicht bzw. nicht hinreichend aufmerksam gemacht worden sei. Wie zuvor im Rahmen der Erörterung eines Verfahrensfehlers im Sinne von § 4 Abs. 1 UmwRG ausgeführt, hat der Beklagte den Anforderungen an die Auslegung von Plan und Planunterlagen nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UVPG und § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG/VwVfG NRW genügt. Damit ist in dieser Hinsicht auch ein sonstiger Verfahrensfehler im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1a bis 1b UmwRG ausgeschlossen.
176h) Kein sonstiger Verfahrensfehler wegen angeführter entsprechender Geltung der materiellen Einwände
177Ein sonstiger Verfahrensfehler im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1a bis 1b UmwRG erschließt sich mangels näherer Substantiierung ebenso wenig aus dem Vorbringen der Kläger, ihre "materiellen" Einwände gälten "auch für die Rüge der Verfahrensfehlerhaftigkeit". Auch insoweit ist den Anforderungen an die Klagebegründung nach § 6 Satz 1 UmwRG ersichtlich nicht genügt.
178i) Kein sonstiger Verfahrensfehler wegen pauschaler Bezugnahme auf sämtliche außergerichtlichen Einwendungen, dortigen Vortrag nebst allen Beweisantritten
179Ebenso wenig ergibt sich aus der pauschalen Bezugnahme der Kläger auf sämtliche außergerichtlichen Einwendungen, dortigen Vortrag nebst allen Beweisantritten ein sonstiger Verfahrensfehler im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 4 Abs. 1a bis 1b UmwRG. Dieses Vorbringen genügt im Übrigen offensichtlich nicht den Anforderungen an die Klagebegründung nach § 6 Satz 1 UmwRG.
180III. Materielle Rechtmäßigkeit
181Der Planfeststellungsbeschluss weist keinen materiellen Mangel auf, den die Kläger rügen können und der zur Aufhebung oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO führen würde.
1821. Planrechtfertigung
183Zwar unterliegt die Planrechtfertigung jedenfalls im Grundsatz auch der gerichtlichen Kontrolle, wenn sich - wie hier die Kläger ‑ ein nicht enteignungsrechtlich Betroffener gegen Beeinträchtigungen durch das Vorhaben, insbesondere Immissionen, zur Wehr setzt. Auch ein solcher Kläger kann grundsätzlich geltend machen, dass für das beabsichtigte Vorhaben - gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes - kein Bedarf streitet.
184Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, juris, Rn. 48.
185Das planfestgestellte Vorhaben ist jedoch planerisch gerechtfertigt.
186Bei einer Planfeststellung auf der Grundlage von Fachplanungsgesetzen - wie hier dem Kreislaufwirtschaftsgesetz - ist die Planrechtfertigung gegeben, wenn für das Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Gesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Erforderlich im Sinne der Planrechtfertigung ist ein Vorhaben, wenn es zur Erreichung der gesetzlichen Zielsetzungen vernünftigerweise geboten ist.
187Vgl. OVG NRW, Urteile vom 11. September 2018 ‑ 20 D 79/17.AK ‑, juris, Rn. 205, m. w. N., und vom 14. Februar 2012 - 20 D 85/09.AK -, juris, Rn. 39, m. w. N.
188Das Kriterium der Planrechtfertigung ist der planerischen Abwägung vorgelagert. Es unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Prüfung.
189Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. September 2018 ‑ 20 D 79/17.AK ‑, juris, Rn. 203, m. w. N.
190a) Zielkonformität des Planvorhabens
191Die durch das Vorhaben bewirkte und mit ihm bezweckte Schaffung der Ablagerungsmöglichkeit für DK I-, DK II- und DK III-Abfälle steht im Einklang mit den Zielen der Kreislaufwirtschaft (§ 1 KrWG).
192Die Beseitigung von Abfällen durch Deponierung in zweckentsprechend ausgestatteten Anlagen gehört unter Berücksichtigung der Rangfolge bei der Bewirtschaftung der Abfälle (§ 6 KrWG) zu den gesetzlich anerkannten Maßnahmen der Kreislaufwirtschaft. Deponien werden nach ihrer Zweckbestimmung für die Ablagerung von Abfällen mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen und Eigenschaften in Deponieklassen eingeteilt (§ 2 Nrn. 6 bis 10 DepV). Eine speziell auf DK I-, DK II- und DK III-Abfälle zugeschnittene Deponie trägt der Unterscheidung der Abfälle in Anknüpfung an die für ihre Ablagerung wesentlichen Zuordnungskriterien und die hieran ausgerichteten Anforderungen zur Gewährleistung des Wohls der Allgemeinheit (Anhang 3 Nr. 2 DepV) Rechnung. Abfälle, die die Zuordnungskriterien einer bestimmten Deponieklasse enthalten, auf einer Deponie einer höheren Deponieklasse abzulagern, hieße, den für derartige Abfälle geschaffenen, an erhöhten Anforderungen ausgerichteten und typischerweise knappen Deponieraum ohne tragfähigen Grund zu verbrauchen.
193Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. September 2018 ‑ 20 D 79/17.AK ‑, juris, Rn. 208.
194b) Bedarf
195Für das planfestgestellte Vorhaben besteht auch ein Bedarf.
196Dabei kommt es vorliegend im Hinblick auf die im Planfeststellungsbeschluss unter III.3.1. unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Nähe (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 des Abfallgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der hier maßgeglichen, im Zeitpunkt der Planfeststellung geltenden Fassung ‑ LAbfG a. F. -) getroffene "Einzugsgebietsregelung" in erster Linie darauf an, inwieweit Bedarf im Hinblick auf das demnach mit dem Gebiet des Regierungsbezirks Münster, dem übrigen Gebiet des Regionalverbandes Ruhr und dem übrigen Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen bestimmte (Abfall‑)Erzeugergebiet besteht. Denn nach der genannten "Einzugsgebietsregelung" des Planfeststellungsbeschlusses dürfen die durch den Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Abfallarten - mit Ausnahme von Abfällen, die auf der ZDX nach Maßgabe des Teils 3 der Deponieverordnung verwertet werden - nur nach Maßgabe einer bestimmten Rangfolge des Erzeugergebietes angenommen werden, und zwar erstens aus dem Gebiet des Regionalverbandes Ruhr, zweitens aus dem übrigen Gebiet des Regierungsbezirks Münster und drittens aus dem übrigen Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen (III.3.1 Satz 1 und 3 des Planfeststellungsbeschlusses). Die Annahme von Abfällen, die nicht aus dem vorgenannten Erzeugergebiet stammen, ist nur in zu begründenden Einzelfällen nach erfolgter Zustimmung der Bezirksregierung Münster zulässig (III.3.1 Satz 2 des Planfeststellungsbeschlusses).
197Für die Feststellung eines planrechtfertigenden Bedarfs ist vorliegend ferner von Bedeutung, dass die Abfallentsorgung vorausschauend mindestens für die nächsten zehn Jahre gewährleistet sein soll. Dies lässt sich den fachgesetzlichen Bestimmungen zur Abfallwirtschaftsplanung der Länder wie auch zu den Abfallwirtschaftskonzepten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entnehmen. So schreibt § 30 Abs. 2 Satz 1 KrWG für die von den Ländern für ihr Gebiet aufzustellenden Abfallwirtschaftspläne vor, dass bei der Darstellung des Bedarfs zukünftige, innerhalb eines Zeitraums von mindestens zehn Jahren zu erwartende Entwicklungen zu berücksichtigen sind. Die von den Kreisen und kreisfreien Städten als öffentliche Entsorgungsträger nach § 21 Abs. 1 KrWG i. V. m. § 5a Abs. 1 Satz 1 LAbfG a. F. - jetzt § 6 Abs. 1 Satz 1 LKrWG NRW ‑ zu erstellenden Abfallwirtschaftskonzepte müssen gemäß § 5a Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LAbfG NRW a. F. - jetzt § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 LKrWG NRW - "den Nachweis einer zehnjährigen Entsorgungssicherheit" enthalten. Diesem Gebot zehnjähriger Entsorgungssicherheit haben im Grundsatz auch andere Träger der Abfallentsorgung Rechnung zu tragen. Da die besagten Regelungen für die geforderten Betrachtungen bzw. Nachweise den Zehnjahreszeitraum als Mindestanforderung festlegen, schließt dies jedoch nicht von vornherein aus, auch längerfristige Entwicklungen zu berücksichtigen.
198Mehrjährige Entsorgungssicherheit ist im Übrigen nur dann gegeben, wenn verlässlich verfügbare und mengenmäßig "auf der sicheren Seite" liegende Ablagerungskapazitäten ununterbrochen zur Verfügung stehen.
199Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. September 2018 ‑ 20 D 79/17.AK -, juris, Rn. 211.
200Einer mathematisch schlüssigen Ableitung der Dimensionierung der Deponie bedarf es nicht.
201Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. April 2010 - 20 D 119/07.AK -, juris, Rn. 62; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 13. April 2016 - 8 C 10674/15 -, juris, Rn. 85, m. w. N.
202Vor diesem Hintergrund ergibt sich der Bedarf für das Planvorhaben, mit dem ein DK I-Volumen von ca. 1,2 Mio. m³ bzw. 1,80 Mio. Mg, ein DK II-Volumen von ca. 1,9 Mio. m³ bzw. 2,47 Mio. Mg und ein DK III-Volumen von ca. 1,5 Mio. m³ bzw. 1,65 Mio. Mg geschaffen werden soll, entsprechend des mit dem Planfeststellungsantrag von der Beigeladenen zu den Antragsunterlagen gereichten Bedarfsnachweises (Antragsunterlagen, Kapitel 2) nachvollziehbar und plausibel aus den Ergebnissen der vom vormaligen Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein‑Westfalen (MKULNV) beauftragten "Bedarfsanalyse für DK I‑Deponien in Nordrhein-Westfalen" der Q. AG in Zusammenarbeit mit der R. - Institut für Abfall, Abwasser und Infrastruktur-S. GmbH (R. GmbH) aus 2014 (Bedarfsanalyse 2014)
203- veröffentlicht unter: http://www.umwelt.nrw.de/umwelt/umwelt-und-ressourcenschutz/abfall-und-kreislaufwirtschaft/deponien -
204und der von der Beigeladenen beauftragten "Analyse zum Bedarf an Deponien der Deponieklassen I, II und III in Nordrhein-Westfalen sowie im Regierungsbezirk Münster" der Q. AG in Zusammenarbeit mit der R. GmbH vom 25. Juni 2018 (Bedarfsanalyse 2018) - Antragsunterlagen, Kapitel 2, Anlage 1.
205In der Bedarfsanalyse 2014 ist das voraussichtliche DK I-Aufkommen bis zum Jahr 2030 prognostiziert und dem nach dem Stand im Jahr 2012 ermittelten voraussichtlich verfügbaren Deponievolumen für DK I-Abfälle in Nordrhein-Westfalen gegenübergestellt worden. Ausgegangen worden ist zunächst von dem Mittelwert der aus Nordrhein-Westfalen stammenden Anliefermengen entsprechender Abfälle der Jahre 2009 bis 2011 von ca. 4,6 Mio. Mg, die auf der Grundlage der im Abfalldeponiedaten-Informationssystem (ADDIS) verfügbaren Daten festgestellt worden sind. Daran anknüpfend sind die zukünftig abzulagernden DK I‑Abfallmengen unter Berücksichtigung der ökonomischen Entwicklung der Haupterzeugerbranchen in Abgleich mit den demografischen Rahmendaten und unter Einbeziehung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen wie auch rechtlicher und technischer Entwicklungen prognostisch bezogen auf die Regierungsbezirksebenen eingeschätzt worden. Zur Feststellung des Bestandes der Deponiesituation in Nordrhein-Westfalen wurde ebenfalls auf Daten des ADDIS zurückgegriffen, zu deren Vervollständigung, Aktualisierung und Plausibilisierung Erhebungen bei Deponiebetreibern in Nordrhein-Westfalen vorgenommen wurden. Darüber hinaus wurden die Planungen für neue DK I-Deponien oder entsprechende Erweiterungen vorhandener Deponien ermittelt.
206In der Sache ergibt sich aus der Bedarfsanalyse 2014 bezogen auf Nordrhein-Westfalen eine Gesamtablagerungsmenge von DK I-Abfällen für das Status-Quo-Szenario von ca. 93 Mio. Mg, für das Hoch-Szenario von ca. 127 Mio. Mg. und für das Niedrig-Szenario von ca. 77 Mio. Mg. Daraus wird unter Berücksichtigung des verfügbaren Deponievolumens plausibel die Schlussfolgerung gezogen, dass in allen drei Szenarien das in Nordrhein-Westfalen vorhandene DK I‑Restvolumen im Jahr 2018 verfüllt sein wird und sich unter Berücksichtigung der geplanten DK I-Deponievolumina die Restlaufzeit für das Status quo-Szenario bis zum Jahr 2026, für das Niedrig-Szenario bis zum Jahr 2029 und für das Hoch-Szenario bis zum Jahr 2023 verlängert. Bezogen auf den Regierungsbezirk Münster ergibt sich eine Gesamtablagerungsmenge an DK I-Abfällen für das Status-Quo-Szenario von ca. 5,1 Mio. Mg, für das Hoch-Szenario von ca. 6,4 Mio. Mg. und für das Niedrig-Szenario von ca. 4 Mio. Mg; daraus wird unter Berücksichtigung geplanter DK I‑Ablagerungsvolumina im Regierungsbezirk Münster plausibel geschlossen, dass die Entsorgung von DK I‑Abfällen für das Niedrig-Szenario zum Jahr 2017, für die anderen beiden Szenarien lediglich bis zum Jahr 2016 gewährleistet ist.
207In der Bedarfsanalyse 2018 ist das voraussichtliche DK I-, DK II- und DK III‑Aufkommen bis zum Jahr 2040 prognostiziert und dem nach dem Stand im Jahr 2015 ermittelten voraussichtlich verfügbaren Deponievolumen solcher Abfälle in Nordrhein-Westfalen gegenübergestellt worden. Aus dem Abgleich von Deponievolumen und Anliefermenge wurden die Restlaufzeiten differenziert für die drei genannten Deponieklassen ausgehend vom Deponiebestand zum Jahr 2015 und unter Einbeziehung der bekannten Vorhaben in der Planungs- und Genehmigungsphase ermittelt. Für die Berechnung zu den Restlaufzeiten wurden die durchschnittlichen Anliefermengen aus dem Zeitraum 2010 bis 2014 (Mittelwert) fortgeschrieben. Außerdem wurden die möglichen Auswirkungen der Ersatzbaustoffverordnung betrachtet. Die Datengrundlagen für die Anliefermengen, Rest- und Planvolumina bildeten unter anderem die Informationsplattform Abfall in Nordrhein-Westfalen (AIDA), das ADDIS, das Deponiebuch 2015 (InwesD) und die Bedarfsanalyse 2014.
208In der Sache ergibt sich aus der Bedarfsanalyse 2018 Folgendes: Die vorhandenen DK I-Volumina werden in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021 und im Regierungsbezirk Münster bereits im Jahr 2015 verfüllt sein. Unter Berücksichtigung der Vorhaben in der Planungs- und Genehmigungsphase einschließlich des hier planfestgestellten Projekts würden die DK I-Deponievolumina in Nordrhein-Westfalen bis 2032 reichen, im Regierungsbezirk Münster bis 2027. Unter weiterer Berücksichtigung der Ersatzbaustoffverordnung verkürzten sich die Restlaufzeiten für Nordrhein-Westfalen auf das Jahr 2019 und inklusive aller Planungen auf das Jahr 2025, für den Regierungsbezirk Münster auf das Jahr 2015 und inklusive aller Planungen auf das Jahr 2023. Die vorhandenen DK II‑Volumina werden in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2035 und im Regierungsbezirk Münster bereits im Jahr 2022 verfüllt sein. Unter Berücksichtigung der Vorhaben in der Planungs- und Genehmigungsphase einschließlich des hier planfestgestellten Projekts würden die DK II-Deponievolumina in Nordrhein-Westfalen bis 2038 reichen, im Regierungsbezirk Münster bis 2028. Unter weiterer Berücksichtigung der Ersatzbaustoffverordnung verkürzten sich die Restlaufzeiten für Nordrhein-Westfalen auf das Jahr 2031 und inklusive aller Planungen auf das Jahr 2033, für den Regierungsbezirk Münster auf das Jahr 2021 und inklusive aller Planungen auf das Jahr 2025. Die vorhandenen DK III-Volumina werden in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2028 und im Regierungsbezirk Münster bereits im Jahr 2024 verfüllt sein. Unter Berücksichtigung der Vorhaben in der Planungs- und Genehmigungsphase einschließlich des hier planfestgestellten Projekts würden die DK III-Deponievolumina sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch im Regierungsbezirk Münster bis 2029 reichen. Durch die Ersatzbaustoffverordnung treten voraussichtlich keine Veränderungen hinsichtlich der Restlaufzeiten ein.
209Die vorstehenden Erkenntnisse sind hinreichend aussagekräftig und tragfähig. Sie lassen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung auf den planrechtfertigenden Bedarf des planfestgestellten Vorhabens schließen. Die dagegen erhobenen Einwände der Kläger verfangen nicht.
210Durchgreifende Anhaltspunkte, die die methodische Herangehensweise beider Prognosen oder ihre Sachgerechtigkeit im Übrigen infrage stellen würden, sind weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich.
211Der Einwand der Kläger, es handele sich um veraltete Analysen oder Feststellungen, greift nicht durch. Der Schluss auf das Vorhandensein eines Bedarfs für das Vorhaben ist nicht wegen des Alters des Datenmaterials, auf dem die Bedarfsanalysen beruhen, und des seit der Erarbeitung der Bedarfsanalysen verstrichenen Zeitraums fragwürdig. Aktuelleres Datenmaterial, das die Aussagekraft der Bedarfsanalysen bezogen auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Planfeststellung schmälern könnte, liegt nicht vor. Ebenso wenig zeigen die Kläger auf, dass die Bedarfsanalysen aufgrund anderer Umstände inhaltlich entscheidend überholt wären.
212Es kann auch keine Rede davon sein, dass - wie die Kläger anführen - die Erkenntnislage des Landes Nordrhein-Westfalen und des Regionalverbandes Ruhr den Ergebnissen der Bedarfsanalysen entscheidend widerspräche.
213Dies gilt zunächst insoweit, als die Kläger auf die Stellungnahme des LANUV "Abfallwirtschaftlicher Fachbeitrag zum Regionalplan Ruhr" vom 24. August 2017 und auf dessen "Abschätzung des Bedarfs an DK I-Deponiekapazitäten für den Geltungsbereich des Regionalplans Ruhr" vom 7. Februar 2018 verweisen.
214Auch dem Fachbeitrag des LANUV vom 24. August 2017 ist entgegen der Darstellung der Kläger zu entnehmen, dass für das Planvorhaben im Hinblick auf die Schaffung zusätzlicher DK I-Volumina ein planrechtfertigender Bedarf besteht. Demnach zeigt die Fortschreibung der Bedarfsanalyse 2014 auf der Grundlage aktueller Daten, dass die Restvolumina der vorhandenen DK I-Deponien in Nordrhein-Westfalen je nach weiterer Entwicklung der auf DK I-Deponien zu entsorgenden Abfallmengen voraussichtlich im Zeitraum zwischen 2022 (Szenario höherer Bedarf) und 2026 (Szenario niedrigerer Bedarf) verfüllt wären, sich bei Realisierung aller bekannten Planungen (Stand: Juli 2017) die durchschnittliche Laufzeit der DK I-Deponien mindestens bis zum Jahr 2030 (Szenario höherer Bedarf) und im Szenario niedrigerer Bedarf bis zum Jahr 2040 verlängern, beim Status quo-Szenario das Volumen voraussichtlich noch bis zum Jahr 2036 reichen würde. Auch nach diesen Feststellungen ist folglich auf der Grundlage des bisherigen Deponiebestands für DK I-Abfälle zum Zeitpunkt der vorliegenden Planfeststellung keine zehnjährige Entsorgungssicherheit gewährleistet. Gleiches gilt, soweit für das Szenario "höherer Bedarf" unter Berücksichtigung aller Planungen eine Restlaufzeit bis 2030 eingeschätzt worden ist. Schon deshalb lässt es auf einen mangelnden Bedarf an DK I-Kapazitäten nicht schließen, wenn für die zudem betrachteten Szenarien "Status quo" und "niedriger Bedarf" Restlaufzeiten bis 2036 bzw. 2040 prognostiziert sind. Das LANUV betrachtet das Szenario "höherer Bedarf" als eine realistische Möglichkeit künftiger Entwicklungen, die eine entsprechende Planung erfordert, um dem Gebot zehnjähriger Entsorgungssicherheit hinreichend verlässlich zu genügen. Dies gilt erst recht deshalb, weil das LANUV die Restlaufzeiten bis 2030, 2036 und 2040 nur unter Berücksichtigung von insgesamt 17 Planungen (Stand: 2017) für die Erweiterung bzw. Wiederinbetriebnahme von DK I-Deponien angenommen hat, und zwar insbesondere unter Einbeziehung des vorliegend planfestgestellten Vorhabens. Damit hat es entsprechende Entsorgungssicherheit nur unter der Voraussetzung festgestellt, dass insbesondere auch das durch das hier in Rede stehende Planvorhaben zu schaffende DK I-Volumen zur Verfügung stehen wird. Im Übrigen verhält sich der Fachbeitrag in keiner Weise zu dem Bedarf an DK I-Deponievolumen aus dem übrigen, d. h. außerhalb des Regionalverbandes Ruhr gelegenen Bereich des Regierungsbezirks Münster, der nach dem Grundsatz der Nähe (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 LAbfG NRW a. F.) eine Entsorgung solcher Abfälle in der Nähe ihres Entstehungsortes gebietet.
215Nichts anderes folgt aus der Abschätzung des LANUV vom 7. Februar 2018. Vielmehr bestätigt diese Stellungnahme ebenfalls den Bedarf für DK I-Volumen. Demnach wäre im "Szenario höherer Bedarf" das im Geltungsbereich des Regionalplans Ruhr vorhandene DK I-Deponievolumen im Jahr 2027 verfüllt und lediglich unter Berücksichtigung der geplanten DK I-Deponiekapazitäten ergäbe sich eine Restlaufzeit bis zum Jahr 2035. Eine verlässliche Entsorgungssicherheit besteht demnach allein unter Einbeziehung der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Planungen. Dazu gehörte unter anderem auch das hier in Rede stehende Planvorhaben. Auch diese Bedarfsabschätzung des LANUV sagt nichts über den Bedarf an DK I-Deponievolumen aus dem übrigen, d. h. außerhalb des Regionalverbandes Ruhr gelegenen Bereich des Regierungsbezirks Münster aus, der nach dem Grundsatz der Nähe (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 LAbfG NRW a. F.) eine Entsorgung solcher Abfälle in der Nähe ihres Entstehungsortes erfordert. Ausdrücklich heißt es in der Bedarfsabschätzung, dass insofern "Mengen, die aus angrenzenden Regionen Nordrhein-Westfalens angeliefert werden, nicht berücksichtigt" sind.
216Der Verweis der Kläger auf die Planungen der DAH1 GmbH zur Errichtung dreier weiterer DK I-Deponien erschüttert die Aussagekraft und Tragfähigkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Bedarfsfeststellung nicht. Die Planungen der Vorhaben "T. " und "U. " hatten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung noch nicht den Stand erreicht, dass bei ihnen hinreichend verlässlich von ihrer Verwirklichung ausgegangen werden konnte und musste. Die Kläger selbst tragen vor, dass für beide Vorhaben die Planungsunterlagen erst in Vorbereitung sind. Das stimmt mit den Darstellungen von Beklagtem und Beigeladener überein. Das weitere Vorhaben "V. " ist jedenfalls in den Betrachtungen des LANUV vom 24. August 2017 und 7. Februar 2018 berücksichtigt worden, die - wie ausgeführt - den Bedarf an DK I-Kapazitäten bestätigen.
217Der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Bedarfsfeststellung steht auch der in Nr. 8.3‑4 des Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) bestimmte Grundsatz der "entstehungsnahen Abfallbeseitigung" nicht entgegen. Es trifft zwar zu, dass danach die räumliche Verteilung der Standorte von Deponien und Abfallbehandlungsanlagen eine möglichst entstehungsortnahe Beseitigung nicht verwertbarer Abfälle ermöglichen soll. Ferner soll nach den Erläuterungen zu Nr. 8.3-4 LEP NRW dem Grundsatz der Nähe durch eine räumliche Verteilung von Abfallbehandlungsanlagen und Deponien Rechnung getragen werden, die sich an den Entstehungsschwerpunkten der zu beseitigenden Abfälle orientiert, und auch aus Gründen des Klima- und Ressourcenschutzes sind möglichst geringe Transportentfernungen anzustreben. Diesem Grundsatz der Nähe tragen aber sowohl die dargestellte Einzugsgebietsregelung des Planfeststellungsbeschlusses als auch die mit den Bedarfsanalysen 2014 und 2018 gerade auf das darin bestimmte Einzugsgebiet vorgenommene und dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Bedarfsfeststellung Rechnung. Entgegen der Darstellung der Kläger besteht daher kein Widerspruch zum LEP NRW.
218Nichts anderes gilt mit Blick darauf, dass der Grundsatz der Nähe zudem in Art. 16 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (AbfRRL) sowie in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 LAbfG a. F. und der Grundsatz der Autarkie zudem in Art. 16 AbfRRL - nunmehr auch in § 1 Abs. 3 LKrWG - geregelt sind. Auch dem tragen die getroffenen Einzugsgebietsregelung und die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Bedarfsfeststellung Rechnung. Zu dem bestimmten vorrangigen Einzugsgebiet gehört das Ausland nicht, und die Bedarfsfeststellungen sowohl in der Bedarfsanalyse 2014 als auch in der Bedarfsanalyse 2018 sind insbesondere unabhängig von einem entsprechenden Bedarf für die Annahme von Abfällen aus dem Ausland getroffen worden.
219Auch aus der von den Klägern angeführten ministeriellen Auskunft an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landtages NRW am 6. April 2016 ergeben sich keine Zweifel an dem Vorhabenbedarf. Demnach sollen die acht im Land Nordrhein-Westfalen befindlichen Sonderabfalldeponien und die drei DK III‑Abschnitte der Deponien ZDX, Deponie X1. und Zentrale Reststoffdeponie des X2. über ein Restvolumen von insgesamt rund 20 Mio. m³ verfügt haben. Diese Auskunft steht nicht in Widerspruch zu den Angaben in der Bedarfsanalyse 2018 und dem von den Klägern ebenfalls angeführten Fachbeitrag des LANUV vom 24. August 2017 (Restvolumen von knapp 18 Mio. m³ zum 31. Dezember 2016). Die in dem Fachbeitrag des LANUV genannte Restlaufzeit von 15 Jahren beruht auf einem angenommenen jährlichen Bedarf von 1,2 Mio. m³ und berücksichtigt weder die aktuelleren und substantiiert begründeten Zahlen der Bedarfsanalyse 2018 noch etwaige Prognoseunsicherheiten, die sich in unterschiedlichen Bedarfsszenarien widerspiegeln können. Im Übrigen beziehen sich die von den Klägern angeführten Angaben auf das gesamte Gebiet Nordrhein-Westfalens, ohne dies weiter zu differenzieren. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die nach der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Einzugsgebietsregelung vorrangig zu betrachtenden Gebiete des Regionalverbandes Ruhr und des Regierungsbezirks Münster.
220Soweit die Kläger einwenden, für die Gestattung der Verlängerung der Lagerzeit im Revisionszwischenlager (Notfall- und Revisionslager) auf maximal zwei Jahre gemäß I.2 des Planfestbeschlusses bestehe kein Bedarf, stellt dies die Planrechtfertigung des Planvorhabens im Übrigen nicht infrage. Nach den zutreffenden Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 146) handelt es sich bei diesem Notfall- und Revisionslager um eine Anlage im Sinne von § 35 Abs. 1 KrWG, deren Errichtung, Betrieb und wesentliche Änderung sowie die wesentliche Änderung des Betriebs nicht der Planfeststellung, sondern der Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz unterliegen. Die Genehmigungsvoraussetzungen sind in § 6 BImSchG abschließend geregelt. Das Bestehen eines Bedarfs für die Errichtung, den Betrieb der Anlage oder für die wesentliche Änderung der Anlage oder ihres Betriebs gehört nicht dazu.
2212. Zwingendes Recht
222Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen den Schutz der Kläger dienende zwingende Rechtsvorschriften.
223a) Regionalplanung
224Soweit die Kläger einen Verstoß gegen den "Grundsatz 2.4-1 des Regionalplans Ruhr" und gegen "Nr. 2 Punkt 7-1" des Regionalplans Ruhr geltend machen, beziehen sie sich auf einen Entwurf des bislang lediglich in der Aufstellung befindlichen Regionalplans Ruhr.
225Vgl. https://www.rvr.ruhr/fileadmin/user_upload/01_RVR_Home/02_Themen/Regionalplanung_Entwicklung/Regionalplan_Ruhr/Dritte_Beteiligung/2023_TeilA-B_Einl_Textl_Festl.pdf (abgerufen zuletzt am 30. Mai 2023).
226Um eine geltende Regionalplanung handelte es sich im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Planfeststellung und handelt es sich auch gegenwärtig nicht. Bis zum Inkrafttreten eines neuen (einheitlichen) Regionalplans für das Verbandsgebiet des Regionalverbands Ruhr gelten die bisherigen Regionalpläne der Bezirksregierungen Arnsberg, Münster und Düsseldorf fort. Im Hinblick auf den vorliegend maßgeblichen "Gebietsentwicklungsplan Regierungsbezirk Münster ‑ Teilabschnitt B. - Aufgestellter und genehmigter Plan einschließlich der 1. Änderung auf dem Gebiet der Stadt Bottrop -" vom 12. April 2004 und dessen Bestimmungen führen die Kläger nichts an.
227b) Landesplanung
228Das Planvorhaben verstößt auch nicht gegen zwingende Vorgaben des LEP NRW. Bei der Regelung in Nr. 8.3-4 LEP NRW, die die Kläger als verletzt rügen, handelt es sich schon nicht um ein zwingend zu beachtendes Ziel der Landesplanung, sondern lediglich um einen Grundsatz, der lediglich zu berücksichtigen ist. Abgesehen davon, verstößt - wie ausgeführt - das Planvorhaben nicht gegen diesen Grundsatz.
229c) § 36 Abs. 1 Nr. 1 KrWG
230Auf einen Verstoß der von ihnen als verletzt gerügten Vorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 1 KrWG können sich die Kläger nicht berufen.
231Nach dieser Bestimmung darf der Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Abs. 1 KrWG oder die Plangenehmigung nach § 35 Abs. 3 KrWG nur erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht verletzt wird. Damit dient diese Regelung allein dem Schutz öffentlicher Belange und nicht dem Schutz von Rechten und Belangen Einzelner.
232Vgl. Fellenberg/Schiller in Jarass/Petersen, KrWG, § 36 Rn. 17, m. w. N.
233d) § 15 Abs. 2 KrWG
234Ebenso wenig können die Kläger sich auf eine Verletzung von § 15 Abs. 2 KrWG berufen.
235Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 KrWG sind Abfälle so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG zählt beispielhaft auf, wann insbesondere eine Beeinträchtigung vorliegt. Demnach dient die Regelung insgesamt dem Schutz des Allgemeinwohls und damit ausschließlich dem Schutz öffentlicher Belange, nicht jedoch dem Schutz von Rechten und Belangen Einzelner.
236Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 2014 - 7 B 14.14 -, juris, Rn. 8, m. w. N., zur Vorgängerregelung § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG.
237e) § 36 Abs. 1 Nr. 4 KrWG
238§ 36 Abs. 1 Nr. 4 KrWG, wonach der Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung nur erteilt werden dürfen, wenn keine nachteiligen Wirkungen auf das Recht eines anderen zu erwarten sind, steht der Zulassung des Planvorhabens nicht entgegen.
239Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift bedarf nicht mit Blick auf die Allgemeinwohlklausel des § 36 Abs. 2 Satz 2 KrWG und die Entschädigungsregelung des § 32 Abs. 2 Satz 3 KrWG einer näheren Betrachtung. Denn § 36 Abs. 1 Nr. 4 KrWG hindert den Erlass des Planfeststellungsbeschlusses schon deshalb nicht, weil nachteilige Wirkungen auf ein Recht der Kläger nicht zu erwarten sind.
240Die Vorschrift setzt im Regelungszusammenhang mit § 36 Abs. 2 Satz 1 KrWG die äußerste Grenze, die durch eine gerechte Abwägung nicht mehr überwunden werden kann und ab der Schutzvorkehrungen zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen zwingend anzuordnen sind.
241Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2012 ‑ 20 D 85/09.AK -, juris, Rn. 30 f., m. w. N.
242Diese Schwelle ist dann erreicht, wenn die mit dem Planfeststellungsbeschluss bzw. mit der Plangenehmigung verbundenen Nachteile das Maß des den Klägern auch unter Berücksichtigung bestehender Vorbelastungen insbesondere durch die Deponie noch Zumutbaren überschreiten. Solche Wirkungen sind im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 4 KrWG zu erwarten, wenn sie nach allgemeiner Lebenserfahrung und anerkannten fachlichen Regeln wahrscheinlich und ihrer Natur nach annähernd voraussehbar sind. Dabei sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist.
243Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Februar 2012 ‑ 20 D 85/09.AK -, juris, m. w. N.
244Nachteilige Wirkungen dieser Art sind nicht erkennbar. Es gibt keinen tragfähigen Anhaltspunkt dafür, dass die Kläger von Auswirkungen des Planfeststellungsbeschlusses betroffen werden, die über die Zumutbarkeitsschwelle hinausgehen.
245aa) Auswirkungen in Gestalt von Immissionen
246Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen, sind als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG nachteilige Wirkungen auf Rechte Dritter, wie sie gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 KrWG bei der Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 35 Abs. 2 KrWG zu berücksichtigen sind. Vorliegend gibt es aber keinen Anhalt dafür, dass vorhabenbedingte Immissionen über das für die Kläger zumutbare Maß hinausgehen.
247(1) Lärmimmissionen
248Dies gilt zunächst für Lärmimmissionen.
249Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Planvorhaben für die Kläger unzumutbare Lärmimmissionen verbunden wären, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.
250Nach den Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses ist hinsichtlich der baubedingten Schallimmissionen aufgrund von Schallschutzmaßnahmen von der sicheren Einhaltung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm ‑ TA Lärm -) und der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm) auszugehen (VI.2.3.10.3 des Planfeststellungsbeschlusses). Die anlagen- und betriebsbedingten Lärmimmissionen werden demnach die Immissionsrichtwerte der TA Lärm an allen neun Immissionspunkten um mindestens 6 dB(A) unterschreiten und die Beurteilungspegel sind daher im Sinne der TA Lärm irrelevant (VI.2.3.10.3 des Planfeststellungsbeschlusses).
251Nach der im Planfeststellungsbeschluss auf der Grundlage des Verkehrsgutachtens getroffenen weiteren Einschätzung wird die hiernach zu erwartende Lärmbelastung durch vorhabenbedingten Zusatzverkehr mit maximal 0,2 dB(A) deutlich unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle liegen (VI.2.3.10.3 des Planfeststellungsbeschlusses).
252Diesen Feststellungen sind die Kläger nicht oder jedenfalls nicht mit durchgreifenden Einwendungen entgegengetreten. Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der von den Klägern in dieser Hinsicht gegen das Verkehrsgutachten erhobenen Einwendungen.
253(a) Verkehrsprognose
254Die gegen die im Verkehrsgutachten erstellte Verkehrsprognose geltend gemachten Einwände greifen nicht durch. Das Verkehrsgutachten erweist sich in Bezug auf den vorhabenbedingten Straßenverkehr und dessen weitere Auswirkungen als hinreichend aussagekräftig und tragfähig.
255Eine Verkehrsprognose ist mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der dafür erheblichen Umstände sachgerecht, d.h. methodisch fachgerecht zu erstellen. Die gerichtliche Befugnis zur Überprüfung einer Verkehrsprognose ist eingeschränkt. Das Gericht hat bezogen auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Eine Prognose ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist.
256Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. März 2013 ‑ 9 B 30/12 -, juris, Rn. 10, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 23. Dezember 2016 - 20 B 710/16.AK -, juris, Rn. 98.
257Ausgehend davon ist die im Verkehrsgutachten vorgenommene prognostische Einschätzung des vorhabenbedingten Straßenverkehrs nicht zu beanstanden und insofern tragfähig.
258Die Verkehrsprognose ist sachgerecht erarbeitet. Sie beruht auf einer geeigneten Methode, der relevante Sachverhalt ist zutreffend ermittelt und das Ergebnis ist einleuchtend begründet.
259Bezogen auf das Untersuchungsgebiet, das plausibel auf den Bereich zwischen den der ZDX nächstgelegenen übergeordneten Straßen unter Ermittlung und Berücksichtigung aller relevanten Anlieferungsrouten festgelegt wurde, sind nachvollziehbar zunächst die Verkehrsdaten für den Analysefall 2017 bestimmt worden. Dazu sind differenziert nach Fahrzeugarten (Pkw, Krad als leichte Nutzfahrzeuge - lNfZ - und Bus, Lkw, Last- oder Sattelzug als schwere Nutzfahrzeuge - sNfz -) vorliegende Verkehrsdaten früherer Untersuchungen herangezogen und anhand von Entwicklungen aus dem landesweiten "Emissionskataster Straßenverkehr" und mit Hilfe der Verkehrsdaten der Straßenverkehrszählung aus dem Jahr 2015 auf den Bundesfernstraßen (SVZ 2015) und der Dauerzählstellen 2017 sowie der Entwicklung der Verkehrsdaten von 2015 bis 2017 an den Dauerzählstellen im Untersuchungsgebiet auf das Analysejahr 2017 differenziert für lNfz und sNfz fortgeschrieben worden. Daran anknüpfend sind die Verkehrsbelastungen für den Prognosefall 2020 nachvollziehbar unter Berücksichtigung relevanter Veränderungen im Straßennetz, allgemeiner Entwicklungsfaktoren und insbesondere der Entwicklung der Verkehrsstärken an den umliegenden Dauerzählstellen zwischen 2015 und 2017 eingeschätzt worden.
260Zusätzlich zu den allgemeinen Entwicklungsansätzen ist für den Prognose-Planfall 2020 als dem angenommenen maximalen Belastungsfall nach Realisierung des Planvorhabens die Entwicklung des ZDX-bezogenen Lkw-Verkehrs anhand von Daten der Beigeladenen spezifiziert worden. Daraus ist für den Analysefall eine ZDX-bezogene Schwerverkehrsbelastung von 348 Lkw-Fahrten/Tag (Mo-So) im Jahresmittel und für den Prognose-Planfall 2020 eine ZDX-bezogene Schwerverkehrsbelastung von 391 Lkw-Fahrten/Tag (Mo-So) ermittelt, was einer Erhöhung von etwa 12 % der Fahrten im Vergleich zum Analysefall 2017 ‑ 43 zusätzliche Lkw-Fahrten pro Tag - entspricht. Bei Betrachtung der jährlichen Verkehrsstärken (Lkw/a) differenziert nach den jeweiligen An- und Abfuhrzeiten der unterschiedlichen Bereiche bzw. Materialien sind in der Summe für 2016/2017 im Mittel 24 Lkw/h und für das Jahr 2020 25 Lkw/h (jeweils im Quell- und Zielverkehr) festgestellt worden. Auch die Routen, die durch den zusätzlichen ZDX‑bezogenen Lkw-Verkehr befahren wurden und werden, sind nachvollziehbar und plausibel ermittelt worden. Dazu ist anhand von Daten der Waage der ZDX, in denen die im Jahr 2016 und 2017 angelieferten Mengen nach Herkunftsort differenziert dokumentiert waren, eine Verflechtungsmatrix erstellt worden, die nach einem näher beschriebenen Verfahren auf das Straßennetz umgelegt worden ist.
261Demgegenüber verfangen die von den Klägern gegen das Verkehrsgutachten erhobenen Einwände nicht. Die Kläger zeigen nichts Tragfähiges auf, was die getroffenen Annahmen und Einschätzungen und deren Herleitung und Begründung infrage stellt.
262Soweit die Kläger monieren, sowohl die S1. Straße als auch die Sternstraße seien verkehrsberuhigte Tempo-30-Zonen und zudem Anliegerstraßen mit Durchfahrtsverbot für den Durchfahrtsverkehr (Verkehrszeichen Nr. 250 der StVO mit Zusatzzeichen 1020-30 "Anlieger frei"), in der keine Schwerlastwagen führen, erschüttert dies die Tragfähigkeit der Verkehrsprognose im Hinblick auf die für den Prognose-Planfall 2020 prognostizierten ZDX-bezogenen Zusatzverkehr nicht. Dies folgt bereits daraus, dass nach der Verkehrsprognose das Planvorhaben zu keinem zusätzlichen Schwerlastverkehr im Bereich "S.1 Straße/T1.-straße " führen wird. Das ist plausibel, da beiden Straßenzügen offensichtlich für Schwerlastverkehr von und zur ZDX keine Zubringerfunktion zukommt. Ersichtlich dienen sie allein der straßenmäßigen Erschließung des im Norden von der B. , im Osten von der S2. Straße, im Süden von der K. Straße (B 226) und im Westen von der A.-straße begrenzten Bereichs, in dem sich unter anderem ein Wohngebiet und ein Gewerbegebiet befinden. Bestätigt findet sich dies dadurch, dass beide Straßenzüge auch nach dem Vortrag der Kläger Anliegerstraßen sind, die für den bloßen Durchgangsverkehr nicht genutzt werden dürfen. Die von den Klägern angeführten Feststellungen der Verkehrsprognose, dass sowohl im Analysefall 2017 als auch im Prognosefall 2020 auf der S1. Straße und der T1.-straße Verkehr in Form von schweren Nutzfahrzeugen zu verzeichnen ist, erweisen sich nicht als unzutreffend, sondern allenfalls als unscharf, ohne dass dadurch die Richtigkeit der Annahmen und Feststellungen der Verkehrsprognose entscheidend infrage gestellt wird. Nach der nachvollziehbaren und plausiblen Darstellung derY. GmbH aus September 2019 sind sowohl die S. Straße als auch die T1.-straße wegen ihrer geringen Bedeutung nicht im landesweiten "Emissionskataster Straßenverkehr" enthalten, in der vorliegenden Verkehrsprognose aber zur Netzverdichtung in die Betrachtung einbezogen worden, und zwar unter Berücksichtigung von im Zuge vorheriger Untersuchungen an der Kreuzung S. Straße/S1. Straße durchgeführter manueller Kurzzeitzählungen des Verkehrs. Demnach sind die entsprechend hochgerechneten Ergebnisse auch in der vorliegenden - aktuellen - im Verkehrsgutachten vorgenommenen Verkehrsuntersuchung zur ZDX dargestellt worden. Dabei ist der Streckenzug S. Straße/T1.-straße wegen seiner geringen Bedeutung nachvollziehbar nicht in mehrere Abschnitte unterteilt worden, sondern insgesamt mit dem aus der Zählung am Knotenpunkt S. Straße/S1. Straße ermittelten Wert ausgewiesen worden. Für die Aussagen und Feststellungen der Verkehrsprognose im Übrigen war diese zusammengefasste Betrachtung des Verkehrs auf der S. Straße und der T1.-straße ersichtlich ohne Belang.
263Es ist außerdem plausibel und nachvollziehbar, dass auf diesen Straßenzügen sowohl für den Anlaysefall 2017 als auch für den Prognose-Nullfall 2020 und den Prognose-Planfall 2020 von einem Verkehr schwerer Nutzfahrzeuge ausgegangen worden ist, und zwar auf einem gleichbleibenden Niveau von 260 Schwerverkehrsfahrten täglich (Bild 2.2, S. 5; Bild 2.6, S. 8; Bild 2.7, S. 14). Zum einen ist nach der ergänzenden Stellungnahme der AVISO GmbH aus September 2019 zu berücksichtigen, dass dort ein großer Anteil der Fahrleistung der schweren Nutzfahrzeuge durch Busse erbracht wird. Das findet sich durch die von der AVISO GmbH vorgenommene Auswertung des im September 2019 aktuellen Linienbusfahrplans der "Straßenbahn C. L. GmbH" bestätigt. Danach fand zu dieser Zeit auf der S. Straße ein Verkehr von ca. 100 Bussen pro Tag (Linie 312) im Jahresmittel statt. Zum anderen bildet die S. Straße die Zuwegung zu dem dortigen Gewerbegebiet, deren Anlieferverkehr ebenfalls über die S. Straße verkehrt. Sowohl bei dem Bus- als auch dem Anlieferverkehr handelt es sich um nach der dortigen Verkehrszeichenbeschilderung zulässigen Anliegerverkehr. Die Einschätzung, dass die Verkehrsstärken insgesamt stagnieren werden, ist im Übrigen nachvollziehbar und plausibel aufgrund der Entwicklung der Verkehrsstärken an den umliegenden Dauerzählstellen zwischen 2015 und 2017 getroffen worden. Diese lassen sowohl für den Kfz-Verkehr insgesamt als auch für den Schwerverkehr keine signifikanten Zu- oder Abnahmen erkennen (Bild 2.3, S. 6, und Bild 2.4, S. 7, des Verkehrsgutachtens).
264Ebenso wenig dringen die Kläger mit ihrem Einwand durch, die im Verkehrsgutachten für den Analysefall 2017 für die X.-straße angenommenen täglichen Verkehrsstärken von 3.634 Einheiten bei einem Anteil von 5,1 % an schweren Nutzfahrzeugen, d. h. 185 sNfz, seien gegenüber den tatsächlichen Zahlen "fast halbiert" worden.
265Die von den Klägern zur Begründung dieses Einwands angeführte Behauptung, die SVZ 2015 ergebe für diesen Bereich 3.988 Einheiten mit einem sNfz-Anteil von 10,1 %, was absolut 402 sNfZ entspräche, trifft so nicht zu. Vielmehr ist den in der Straßenverkehrsdatenbank Nordrhein-Westfalen (NWSIB) allgemein zugänglichen
266- vgl. https://nwsib-online.nrw.de -
267Daten der SVZ 2015 für die X.-straße eine durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) an allen Tagen (Mo - So) von 3.634 bei einem Anteil von 187 sNfz bzw. 5,1 % zu entnehmen. Das entspricht den Annahmen im Verkehrsgutachten (Bild 2.2, S. 5, des Verkehrsgutachtens). Die von den Klägern angeführte Zahl von 3.988 Einheiten auf der A.-straße ist der SVZ 2015 bezogen auf die DTVw (Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke - Kfz/24h - an Werktagen ‑ Mo - Sa) außerhalb der Schulferien zu entnehmen, allerdings nicht mit dem von den Klägern angeführten Schwerverkehrsanteil von 10,1 %, sondern von 5,1 %, d. h. absolut 204 sNfZ/24h.
268Die von den Klägern angeführten Resultate der Zählungen, die Anwohner in C. im Zeitraum vom 29. Oktober bis zum 5. November 2018 an der A.-straße "zu verschiedenen Tageszeiten" vorgenommen haben sollen und die "für diesen Streckenabschnitt" "eine durchschnittliche Anzahl" von 342 sNfz ergeben haben soll, erschüttern die Annahmen und Feststellungen im Verkehrsgutachten nicht. Die Ergebnisse dieser Zählungen sind weder hinreichend aussagekräftig noch belastbar. Abgesehen davon, dass die Kläger keinerlei Dokumentation der fraglichen Zählungen vorgelegt haben und auch sonst jeglichen Nachweis diesbezüglich schuldig geblieben sind, fehlt es darüber hinaus an jedweder Darlegung, durch wen und nach welcher Methodik die Zählungen vorgenommen und die mitgeteilte "durchschnittliche Anzahl" ermittelt worden ist.
269Entgegen der Darstellung der Kläger kann auch keine Rede davon sein, dass im Verkehrsgutachten die für den Analysefall 2017 herangezogenen Daten für die B226 (K. Straße) von der Kreuzung mit der S1. Straße bis zur Kreuzung mit der A.-straße gegenüber den Daten der SVZ 2015 halbiert worden wären. Vielmehr liegt die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke für diese Strecke laut SVZ 2015 bei 10.203 Kfz und 494 sNfz, was einem Schwerverkehrsanteil von 4,8 % entspricht. Das stimmt überein mit den im Verkehrsgutachten insofern zugrunde gelegten Daten (Bild 2.2, S. 5, des Verkehrsgutachtens). Wenn die Kläger demgegenüber anführen, die SVZ 2015 ergebe für diesen Bereich 11.370 Einheiten mit einem sNfz-Anteil von 10,17 %, fehlt dafür jeder Anhalt.
270Kann nach dem Vorstehenden entgegen der Behauptung der Kläger keine Rede von "systematischen Fehlern" der im Verkehrsgutachten vorgenommenen Verkehrsprognose bei der "Berechnung der täglichen Verkehrsstärken" sein, zeigen die Kläger auch keine anderweitigen Anhaltspunkte auf, die gegen die Aussagekraft und Tragfähigkeit der in der Verkehrsprognose des Verkehrsgutachtens getroffenen Annahmen und Feststellungen sprechen. Nach alledem legen die Kläger keine tragfähigen Anhaltspunkte für ihren Vorwurf dar, die Halbierung der tatsächlichen Zahlen der sNfz auf den von ihnen genannten Streckenabschnitten sei sicherlich kein einmaliges Versehen, sondern habe Methode, um die tatsächlichen, zusätzlichen und erheblichen Belastungen, die mit der Erweiterung der ZDX für die Anwohner verbunden seien, klein zu rechnen und zu verharmlosen. Gleiches gilt, soweit das Vorbringen der Kläger, im Verkehrsgutachten würden "die Werte gemittelt", sich auf die Verkehrsprognose beziehen sollte. Im Übrigen gilt insoweit, dass die im Verkehrsgutachten unter anderem herangezogenen Daten der Dauerzählstellen sich auf den Verkehr an 365 d/a beziehen und sich ein zur Bewertung angestellter Vergleich daher ebenfalls auf 365 d/a beziehen muss. Auch dies erschüttert die Aussagekraft und Tragfähigkeit der im Verkehrsgutachten angestellten Verkehrsprognose nicht.
271(b) Feststellungen im Verkehrsgutachten zum vorhabenbedingten Straßenverkehrslärm
272Erweist sich nach dem Vorstehenden die im Verkehrsgutachten vorgenommene Verkehrsprognose in Bezug auf den vorhabenbedingten Straßenverkehr für den Prognose-Planfall 2020 als aussagekräftig und tragfähig, zeigen die Kläger auch nichts Durchgreifendes auf noch ist sonst etwas ersichtlich, was die auf dieser Grundlage im Verkehrsgutachten außerdem getroffene Einschätzung erschüttert, das Planvorhaben werde im Hinblick auf die mit ihm verbundenen Lärmbelastungen ohne nennenswerte Auswirkungen bleiben.
273Das wird durch die diesbezüglichen Feststellungen im Verkehrsgutachten aussagekräftig und tragfähig belegt. Darin sind die Lärmbelastungen auf der Grundlage der festgestellten Verkehrsbelastungen für die S1. Straße zwischen K. Straße (B226) und A42 sowie für die A.-straße , die am stärksten durch den zusätzlichen ZDX-bezogenen Schwerverkehr beeinflusst ist, anhand des Lden (Tag-Abend-Nacht-Index) gemäß der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Umgebungslärmrichtlinie) dahingehend beurteilt worden, dass die eingeschätzten Lärmzunahmen im Prognose-Planfall 2020 mit bis zu 0,2 dB(A) deutlich unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle von 1 dB(A)
274- vgl. nur BVerwG, Urteil vom 28. September 2021 - 9 A 12.20 -, juris, Rn. 19, m. w. N. -
275liegen und nach der TA Lärm keine verkehrsorganisatorischen Maßnahmen durchzuführen sind (S. 15 f. des Verkehrsgutachtens).
276Durchgreifende Bedenken gegen die Tragfähigkeit der vorstehenden, zu dem vorhabenbedingten Verkehrslärm getroffenen Feststellungen zeigen die Kläger nicht auf.
277Dies gilt insbesondere für ihr Vorbringen, durch "das unzulässige 'Mitteln' der Werte gehe bei der Begutachtung die Konzentration und damit die Überschreitung der Emissionsgrenzwerte nach der 16. BImSchV § 2 verloren". Zwar sind im Verkehrsgutachten im Rahmen der Einschätzung der Lärmbelastung als verkehrliche Eingangsgrößen die mittleren stündlichen Verkehrsstärken "M" und der Lkw-Anteil > 3,5 t "p" für die drei Zeitbereiche "d" ("Day" von 6 bis 18 Uhr), "e" ("Evening" von 18 bis 22 Uhr) und "n" ("Night" von 22 bis 6 Uhr) zugrunde gelegt worden. Doch ist bei der Beurteilung von Straßenverkehrsgeräuschen anhand der Immissionsgrenzwerte nach § 2 16. BImSchV gemäß § 6 BImSchV i. V. m. § 3 Abs. 1 16. BImSchV in der bis zum 28. Februar 2021 geltenden Fassung (16. BImSchV a. F.) i. V. m. Anlage 1 zu § 3 16. BImSchV a. F. bzw. den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - Ausgabe 1990 - RLS-90, Kapitel 4.0 (VkBl. Nr. 7 vom 14. April 1990, lfd. Nr. 79) die maßgebliche Verkehrsstärke (M) der auf den Beurteilungszeitraum bezogene Mittelwert der einen Straßenabschnitt stündlich passierenden Kraftfahrzeuge über alle Tage des Jahres. Im Übrigen sind auch nach der 16. BImSchV bzw. der 16. BImSchV a. F. für die Bewertung des Lärms Beurteilungspegel und damit Mittelungspegel maßgeblich.
278Ebenso wenig erschüttert es die Annahmen und Feststellungen des Verkehrsgutachtens zum Verkehrslärm, wenn die Kläger darauf verweisen, dass während der Öffnungszeiten der ZDX heute schon 487 Lkws Fahrgeräusche von bis zu 90 dB(A) erzeugten und dies auf 547 Lkws erhöht werden solle. Dieses Vorbringen ist unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar. Die Kläger bleiben nähere Angaben dazu schuldig, worauf sie die von ihnen angeführten Zahlen zu den Lkw-Fahrten und den dafür anzusetzenden Lärmpegel stützen. Das Verkehrsgutachten geht demgegenüber nachvollziehbar im Prognose-Planfall 2020 von nur 43 zusätzlichen Lkw-Fahrten aus und beispielsweise werden im Gutachten "Geräuschemissionen und ‑immissionen der Zentraldeponie X. im Rahmen der geplanten Erhöhung und Erweiterung" der TÜV NORD Systems GmbH & Co. KG vom 6. September 2018 als Bezugsschallleistungspegel (LWAB) für Lkws lediglich bis zu 63 dB(A) angesetzt (Antragsunterlagen, Kapitel 14.3, Nr. 4.2, S. 11).
279Wenn die Kläger im Übrigen anführen, nach dem zuletzt genannten Gutachten handele es sich bei den "Siedlungen rund um die Deponie" um allgemeine Wohngebiete und dementsprechend sei ein "Dezibelwert von maximal 49 dB(A) zulässig", der laut Verkehrsgutachten auf den betrachteten Strecken bereits überschritten werde, verkennen sie bereits, dass der Immissionsgrenzwert nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 16. BImSchV tagsüber 59 dB(A) und auch der Immissionsrichtwert für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in allgemeinen Wohngebieten tagsüber 55 dB(A) beträgt (Nr. 6.1 Buchstabe e TA Lärm). Unabhängig davon gelangt das Verkehrsgutachten in Anbetracht dessen, dass die ZDX-bezogenen Zusatzbelastungen deutlich unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle von 1 dB(A) liegen, zu der plausiblen Feststellung, dass keine verkehrsorganisatorischen Maßnahmen zur Reduzierung der Verkehrsgeräusche erforderlich sind. Ein solches setzt nach Nr. 7.4 TA Lärm nämlich unter anderem voraus, dass die Verkehrsgeräusche, die im Zusammenhang mit dem Betrieb von Anlagen stehen, den Beurteilungspegel tags oder nachts um mindestens 3 dB(A) erhöhen. Das ist im Hinblick auf die im Verkehrsgutachten betrachteten Immissionsorte und für diese prognostizierten Lärmzunahmen um bis zu 0,2 dB(A) ausgeschlossen. Dazu verhalten sich die Kläger nicht.
280Verfangen die Einwendungen, die die Kläger im Hinblick auf das Verkehrsgutachten und die darin zu dem vorhabenbedingten Straßenverkehr und den dadurch bedingten Straßenverkehrslärm getroffenen Feststellungen erhoben haben, nach alledem nicht, ist unbeschadet dessen aber auch weder etwas substantiiert dafür dargetan noch sonst ersichtlich, dass Rechte oder Belange der Kläger im Hinblick auf die von ihnen monierten Feststellungen des Verkehrsgutachtens berührt oder gar beeinträchtigt sein könnten. Die im Eigentum der Kläger stehenden bzw. von ihnen genutzten Grundstücke sind an keiner der Zu- und Abbringerstraßen zur Ein- und Ausfahrt der ZDX, sondern an einer Nebenstraße nordwestlich der ZDX - namentlich der Straße "Im A. " - und damit von der Zu-und Ausfahrt im Osten bzw. Südosten der ZDX von dem Deponiekörper abgeschirmt gelegen. Die ihren Wohngrundstücken nächstgelegene Straße, der eine solche Zubringerfunktion für die ZDX zukommt bzw. zukommen könnte, ist die X.-straße (s. auch 2.2.4 des Verkehrsgutachtens, S. 11 ff.). Diese verläuft einige hundert Meter östlich von den klägerischen Wohngrundstücken entfernt in Nord‑/Südrichtung. Vor diesem Hintergrund ist für eine unzumutbare Beeinträchtigung der Kläger durch vorhabenbedingten Straßenverkehrslärm weder etwas substantiiert vorgetragen noch sonst zu ersehen, selbst wenn entgegen den vorstehenden Ausführungen das Verkehrsgutachten keine hinreichend aussagekräftigen und tragfähigen Feststellungen zum vorhabenbedingten Straßenverkehr enthielte.
281(2) Luftschadstoffimmissionen
282Das Planvorhaben ist ebenso wenig mit für die Kläger unzumutbaren Luftschadstoffimmissionen verbunden.
283Für die Beurteilung, ob Luftschadstoffe schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG sind, kann neben der 39. BImSchV unter anderem auf die Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - hier in der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung - (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft -) zurückgegriffen werden, deren Immissionswerte die Zumutbarkeitsgrenze kennzeichnen, bei deren Überschreitung der Planbetroffene nach § 36 Abs. 1 Nr. 4 KrWG Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen verlangen kann.
284Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2022 - 20 D 43/18.AK -, n. v., m. w. N.
285Nach den unter anderem auf der Grundlage des Abschlussberichts Immissionsmessung und der Staubimmissionsprognose getroffenen Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses werden bei allen anlagen- oder betriebsbedingten Luftschadstoffen die Immissionswerte der TA Luft und der 39. BImSchV deutlich unterschritten (VI. 2.3.10.3 des Planfeststellungsbeschlusses). Auch durch baubedingte Immissionen ändert sich demnach die lufthygienische Situation nicht wesentlich und es ergeben sich insofern keine schädlichen Umweltauswirkungen (VI. 2.3.10.3 und VI.2.3.6 des Planfeststellungsbeschlusses). Ebenso ist nach den unter anderem unter Heranziehung des Verkehrsgutachtens getroffenen Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses eine Verschlechterung der lufthygienischen Situation aufgrund der verkehrsbedingten Schadstoffbelastung nicht zu erwarten (VI.3.2.6 des Planfeststellungsbeschlusses). In Bezug auf Letzteres tritt hinzu, dass die Wohngrundstücke der Kläger - wie ausgeführt - an der Straße "Im X. " gelegen sind, die sich deutlich abseits der Straßen befindet, auf denen sich der Verkehr zu und von der ZDX bewegt und bewegen wird. Die nächstgelegene Straße mit übergeordneter Bedeutung, denen eine solche Zubringerfunktion für die ZDX zukommen könnte, liegt mit der A.-straße ‑ wie ausgeführt - von den klägerischen Grundstücken einige hundert Meter entfernt.
286Die Kläger führen demgegenüber nichts Tragfähiges dafür an, dass sie durch das Planvorhaben in unzumutbarer Weise von Luftschadstoffimmissionen betroffen sein könnten. Soweit sie - wie ausgeführt - rügen, im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung seien die Schadstoffe Quecksilber, Thallium und Zinn bzw. die vorhabenbedingten Immissionen dieser Schadstoffe unzulänglich ermittelt worden, greift dies ‑ wie oben näher dargelegt - nicht durch. Gleiches gilt für die Einwendungen, die die Kläger gegen die im Verkehrsgutachten getroffenen Feststellungen zu dem vorhabenbedingten Straßenverkehr erhoben haben. Im Hinblick auf die im Verkehrsgutachten im Weiteren getroffenen Feststellungen zu den durch den vorhabenbedingten Kraftfahrzeugverkehr verursachten Luftschadstoffemissionen und -immissionen machen die Kläger keine substantiierten Einwendungen geltend.
287bb) Beeinträchtigung des Grundwassers, Hydrogeologie, Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot nach § 47 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 WHG
288Soweit die Kläger unter anderem im Hinblick auf den Untergrund und auf das Sickerwasser geltend machen, das Vorhaben führe zu einer Beeinträchtigung des Grundwassers, greift dies nicht durch.
289Die Kläger können sich bereits nicht auf eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung des Grundwassers berufen. Eine eigene subjektive Rechtsposition im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 4 KrWG steht ihnen insoweit nicht zu.
290Das Grundwasser ist vom Grundstückseigentum nicht umfasst (§ 4 Abs. 2 WHG). Auch dem an einem Grundstück in sonstiger Hinsicht dinglich oder in sonstiger Hinsicht Berechtigten - wie hier möglicherweise dem Kläger zu 4. - steht daher keine Rechtsposition an dem Grundwasser des Grundstücks zu. Die Kläger haben aufgrund ihrer Rechte an den Grundstücken ebenso wenig Anspruch auf eine bestimmte Beschaffenheit des Grundwassers. Vor diesem Hintergrund vermitteln ihnen auch weder das grundwasserbezogene Verschlechterungsverbot nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG noch das grundwasserbezogene Verbesserungsgebot nach § 47 Abs. 1 Nr. 3 WHG ein subjektiv-öffentliches Recht.
291Auf einen Verstoß gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot bzw. Verbesserungsgebot können sich neben Umweltverbänden zwar auch Mitglieder der von einem Projekt betroffenen Öffentlichkeit berufen. Allerdings muss es sich dabei um eine unmittelbare Betroffenheit handeln.
292Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2022 - 20 D 43/18.AK -, n. v., unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 30. November 2020 ‑ 9 A 5.20 -, juris, Rn. 43 ff., unter Verweis auf EuGH, Urteile vom 28. Mai 2020 - C-535/18 -, juris, Rn. 123 f., 135, und vom 3. Oktober 2019 ‑ C‑197/18 ‑, juris, Rn. 35.
293Um festzustellen, welche Personen von einer Verletzung der Pflichten aus Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b WRRL unmittelbar betroffen sind, müssen die Zielsetzung der Richtlinie und der Gehalt der Bestimmung, um deren ordnungsgemäße Anwendung es geht, geprüft werden. Der mit der Wasserrahmenrichtlinie bezweckte gute Zustand aller Oberflächengewässer und des gesamten Grundwassers soll dazu beitragen, eine ausreichende Versorgung mit Grundwasser guter Qualität zu gewährleisten, wie es für eine "nachhaltige, ausgewogene und gerechte Wassernutzung" erforderlich ist; das Grundwasser soll "als Ressource für die menschliche Nutzung" geschützt werden. Diese Zielsetzungen folgen aus Art. 1 Abs. 1 Buchstabe d, Art. 1 Abs. 2 erster und zweiter Gedankenstrich sowie Art. 2 Nr. 33 WRRL. Daher zählt zum Kreis der unmittelbar Betroffenen derjenige, der zur Grundwasserentnahme und -nutzung berechtigt ist und damit das Grundwasser legitim in diesem Sinne nutzt. Nicht unmittelbar betroffen ist demgegenüber derjenige, der lediglich das öffentliche Wasserversorgungsnetz nutzt, ohne über ein besonderes Entnahmerecht zu verfügen.
294Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Juni 2022 - 20 D 43/18.AK -, n. v., unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 30. November 2020 ‑ 9 A 5.20 -, juris.
295So verhält es sich hier bei den Klägern.
296Es ist weder etwas dafür vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Kläger auf den in Rede stehenden Grundstücken Grundwasser entnehmen oder in sonstiger Weise nutzen.
297Auf die in der Sache im Hinblick auf eine vorhabenbedingte Grundwasserbeeinträchtigung geltend gemachten Einwendungen der Kläger kommt es daher nicht an. Dies gilt auch dafür, ob die Feststellungen des Hydrologischen Gutachtens, die eine vorhabenbedingte Grundwasserbeeinträchtigung ausschließen, tragfähig sind.
298Nach alledem können die Kläger unter diesem Gesichtspunkt ebenso wenig eine mangelnde Berücksichtigung oder Bewältigung der Sickerwasserproblematik und der Grubenwasserproblematik im Bereich der beiden Bergwerkschächte 7 und 8 rügen.
299cc) Boden
300Soweit die Kläger geltend machen, das Planvorhaben kontaminiere den Boden, greift dies nicht durch.
301Im Hinblick auf den Boden, der sich unterhalb der Flächen der ZDX befindet, stehen den Klägern keine rügefähigen subjektiven Rechtspositionen zu. Dafür, dass der Boden der in ihrem Eigentum stehenden oder von ihnen genutzten Grundstücke durch das Planvorhaben beeinträchtigt wird, führen die Kläger Tragfähiges nicht, jedenfalls nicht substantiiert an. Ein solches erschließt sich auch nicht ohne weiteres aus der von den Klägern geltend gemachten Beeinträchtigung des Grundwassers durch das Planvorhaben.
302Der Boden der in ihrem Eigentum stehenden bzw. von ihnen genutzten Grundstücke wird auch durch die Beaufschlagung von vorhabenbedingten Schadstoffimmissionen nicht beeinträchtigt. Wie ausgeführt, werden nach den unter anderem auf der Grundlage des Abschlussberichts Immissionsmessung und der Staubimmissionsprognose getroffenen Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses bei allen anlagen- oder betriebsbedingten Luftschadstoffen die Immissionswerte der TA Luft und der 39. BImSchV deutlich unterschritten. Auch baubedingt ergeben sich insofern keine schädlichen Umweltauswirkungen. Ebenso ist nach den unter anderem unter Heranziehung des Verkehrsgutachtens getroffenen Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses eine Verschlechterung der lufthygienischen Situation aufgrund der verkehrsbedingten Schadstoffbelastung nicht zu erwarten.
303dd) Standsicherheit
304Die Einwendungen der Kläger gegen die Standsicherheit des Planvorhabens greifen nicht durch.
305Auch insofern stehen den Klägern bereits keine subjektiven Rechtspositionen zu, die sie rügen könnten. Die Kläger führen nichts dafür an, dass die von ihnen geltend gemachte mangelnde Standsicherheit des Vorhabens zu einer Beeinträchtigung ihrer eigenen Rechte und Belange führen würde. Dies versteht sich mit Rücksicht darauf, dass die in ihrem Eigentum stehenden bzw. von ihnen genutzten Grundstücke nicht unmittelbar an die Flächen der ZDX angrenzen und darüber hinaus dazwischen unter anderem der I. und die Straße "Im X. " verlaufen, auch nicht von selbst.
306Hinzu tritt, dass die Kläger Bedenken gegen die Standsicherheit des Planvorhabens ausschließlich im Hinblick auf die "Schachtschutzbereiche der Schächte 7 und 8" geltend machen. Unter diesem Gesichtspunkt ist eine entsprechende Beeinträchtigung klägerischer Rechte oder Belange aber bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Planfeststellungsbeschluss die Errichtung von Abfallablagerungsbereichen in den Schachtschutzbereichen der beiden Tiefbauschächte der ehemaligen Zeche G. (Schacht 7 und Schacht 8) noch nicht zum Gegenstand hat und deshalb nicht zur Beeinträchtigung von Rechten oder Belangen der Kläger führen kann. Vielmehr hat sich der Beklagte nach I.5.3 des Planfeststellungsbeschlusses in Übereinstimmung mit der entsprechenden Beschränkung des Planfeststellungsantrags die abschließende Entscheidung über die Abfalllagerung und technische Ausgestaltung in diesen Schachtbereichen auf der Grundlage von § 74 Abs. 3 VwVfG/VwVfG NRW vorbehalten und bestimmt, dass die für diese Entscheidung erforderlichen Unterlagen spätestens drei Jahre nach Inbetriebnahme des ersten Schüttfeldes im Nordbereich vorzulegen sind und der Ausbau des dritten Abschnitts im Nordbereich erst nach der Vorlage seiner Entscheidung über die technische Ausgestaltung der Schachtschutzbereiche erfolgen darf. Nach III.2.6.3.4 des Planfeststellungsbeschlusses ist eine Schutzentgasung dergestalt vorzusehen, dass im 3. Bauabschnitt im Bereich der Schächte 7 und 8 in die Trag- und Ausgleichsschicht der Zwischenabdichtung ein Gasfassungssystem und dessen Anschluss an die Deponiegasabsaugung einzuplanen und gemäß dem Entscheidungsvorbehalt nach I.5.3 des Planfeststellungsbeschlusses als Bestandteil der vorzulegenden Planunterlagen einzureichen ist. Unter IV.1 des Planfeststellungsbeschlusses hat der Beklagte weitere Maßgaben hinsichtlich der vorzulegenden Planunterlagen für die vorbehaltene Entscheidung über die Abfallablagerung und die technische Ausgestaltung der betreffenden Schachtbereiche getroffen. Außerdem hat der Beklagte unter IV.2 des Planfeststellungsbeschluss festgelegt, dass für den Fall, dass die Überschüttung der Schachtschutzbereiche nicht möglich ist und damit eine vollständige Nutzung des beantragten Volumens des neuen DK II-Bereichs aus technischen oder rechtlichen Gründen nicht erfolgen kann oder die Beigeladene auf die Realisierung der Maßnahme aus anderen Gründen verzichtet, die in diesem Teil des Nordbereichs mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Kubatur des Deponiekörpers erneut zu überplanen und diese Änderung des Deponiekörpers einschließlich der damit einhergehenden Änderungen der planfestgestellten Planung erneuter Genehmigung im Rahmen eines Plangenehmigungsverfahrens bedürfen. In Anbetracht dessen ist nichts dafür zu erkennen, dass der Planfeststellungsbeschluss abschließende oder auch nur vorgreifliche Festlegungen hinsichtlich der betreffenden Schachtschutzbereiche trifft.
307Auch für eine Betroffenheit ihrer Rechte und Belange in dieser Hinsicht durch die von ihnen geltend gemachte mangelnde Berücksichtigung oder Bewältigung der Grubenwasserproblematik im Bereich der beiden Bergwerkschächte 7 und 8 legen die Kläger nichts dar.
308Ungeachtet des Vorstehenden ergibt sich aus den Einwendungen der Kläger nichts, was in der Sache die Aussagekraft und Tragfähigkeit des Sicherheitsnachweises, der die Standsicherheit des Vorhabens bestätigt, erschüttert. Soweit dies vorbehaltlich bestimmter Maßnahmen geschehen ist, trägt der Planfeststellungsbeschluss dem mit dem Entscheidungsvorbehalt unter I.3.5 und den weiteren Regelungen unter III.2.6.3.4, IV.1. und IV.2 Rechnung.
309Die Kritik der Kläger, es seien "ideelle Bodenschichten" und dementsprechend nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Kennwerte zugrunde gelegt worden, verfängt nicht. Gleiches gilt für ihren Vortrag, dass weder die Basis- noch die Seitenabdichtung nachvollzogen werden könnten, weil den Berechnungen unzutreffende Kennwerte für das sogenannte "Steifenmodul" zugrunde lägen.
310Im Standsicherheitsnachweis wurde insbesondere das Setzungsverhalten der neuen Basisabdichtung im nördlichen Erweiterungsbereich der ZDX anhand von Berechnungen ermittelt und bewertet (S. 9 ff. des Standsicherheitsnachweises). Den Berechnungen lag ein Baugrundmodell zugrunde. Für dessen Erstellung wurden die Feststellungen von Baugrundgutachten des Geotechnischen Büros A.1 aus den Jahren 1990 und 1995 zum Schichtenaufbau im Untergrund des Erweiterungsbereichs herangezogen. Ferner wurde die nach dem planfestgestellten Vorhaben vorgesehene Geländeprofilierung mit Auftrag von Bodenmaterialien berücksichtigt. Die angesetzten Bodenkennwerte wurden anhand allgemeiner Erfahrungs- und Literaturwerte unter Angabe der entsprechenden Quellen abgeleitet. Die Bodenkennwerte des anstehenden Bodens wurden den vorgenannten Baugrundgutachten entnommen.
311Darüber hinaus wurde im Standsicherheitsnachweis das Setzungsverhalten der Zwischenabdichtung im Übergangsbereich zum vorhandenen Deponiekörper einschließlich der Schachtbereiche durch Berechnungen ermittelt und bewertet (S. 16 ff. des Standsicherheitsnachweises). Den Berechnungen lag ebenfalls ein Baugrundmodell zugrunde. Der Baugrundaufbau in diesem Bereich "neue Zwischenabdichtung" wurde analog zur Vorgehensweise im Bereich der neuen Basisabdichtung aus Baugrundgutachten des Geotechnischen Büros A.1 aus den Jahren 1990 und 1995 abgeleitet. In der Berechnung wurden die Setzungen des vorhandenen Deponiekörpers und des anstehenden Baugrunds infolge des neuen Deponats ermittelt. Da sich der anstehende Baugrund in diesem Bereich bereits unter der Auflast des bestehenden Deponiekörpers und das Deponat selbst ebenfalls bereits gesetzt hat, wurden die Bodenkennwerte aufgrund der Vorkonsolidierung entsprechend angepasst. Die abweichenden Steifigkeitsverhältnisse der in diesem Bereich vorhandenen zwei Schachtschutzbereiche wurden über eine "ideelle Bodenschicht im Schachtbereich" definiert, die bis in große Tiefen reicht. Die modellierte Schichtenfolge und die angenommenen Bodenkennwerte wurden anhand von Erfahrungs- und Literaturwerten "auf der sicheren Seite" angenommen.
312Methodische oder sonstige Mängel der vorstehend dargestellten Vorgehensweise zeigen die Kläger nicht auf. Insbesondere ist nichts dafür zu ersehen, dass (Kenn-)Werte "frei" erfunden wären. Wie dargestellt, sind die Bodenkennwerte aus Erfahrungswerten bzw. aus einschlägigen wissenschaftlichen Quellen abgeleitet worden. Der Geologische Dienst NRW hat in seinem Schreiben vom 14. Februar 2019 die hinsichtlich der Setzung der neuen Basisabdichtung aus früheren Untersuchungen stammenden Kennwerte des Untergrundes ebenso für plausibel erachtet wie die hinsichtlich des Setzungsverhaltens der Zwischenabdichtung im Übergangsbereich angesetzten Kennwerte. Ausgenommen davon waren allein die im Standsicherheitsnachweis für das Steifenmodul der Schicht 1b "Stabilisierung im Schachtbereich" angenommenen Kennwerte von 200 MN/m2. Wenn die Kläger diese Kennwerte als zu hoch monieren, greift dies nicht durch. Die O. Ingenieure Beratungsgesellschaft mbH hat als Verfasserin des Standsicherheitsnachweises zur Frage nach der Grundlage für die Annahme des Kennwertes von 200 MN/m2 im Bereich der alten Bergwerksschächte in der Besprechung vom 29. April 2019 unter anderem mit der Bezirksregierung dargetan, dass insofern von einer massiven Verfüllung der Schachtbereiche mit Beton ausgegangen werde. Ergänzend hat sie mit Schreiben vom 29. Mai 2019 nochmals zum Steifenmodulansatz eines Kennwertes 200 MN/m2 im Bereich der ehemaligen Bergwerksschächte Stellung genommen und erläutert, für die Berechnungen werde davon ausgegangen, dass die Schachtbereiche mit einer geeigneten Magerbeton-/Betonschüttung fachgerecht verfüllt würden, für handelsübliche Kies-Zement-Gemische durch das Abbinden und Erhärten des Zementleims mit einem Steifenmodul von mindestens 200 MN/m2 gerechnet werden könne, der Zementanteil im Beton entsprechend angepasst bzw. weiter erhöht werden müsse, falls aus statischen Gründen eine höhere Druckfestigkeit bzw. Belastbarkeit gefordert werden sollte, und vor der Schachtverfüllung eine entsprechende Eignungsuntersuchung ausgeführt werden sollte, um die finale Zusammensetzung bzw. Rezeptur des Betons auf die jeweilige Schachtsituation anzupassen. Der Geologische Dienst NRW nahm dazu mit Schreiben vom 11. Juni 2019 Stellung und führte darin aus, dass vor der Schachtverfüllung eine entsprechende Eignungsuntersuchung ausgeführt werden solle und sichergestellt sein müsse, dass die Verfüllungen die Anforderungen erfüllten.
313Entzog sich in Anbetracht dieser sachverständigen Feststellungen die Zulassung der Ablagerung und technische Ausgestaltung der Schachtschutzbereiche der beiden Bergwerkschächte einer abschließenden Entscheidung, lässt es keinen Rechtsfehler zulasten der Kläger erkennen, dass der Beklagte sich diese Entscheidung auf der Grundlage von § 74 Abs. 3 VwVfG/VwVfG NRW gemäß I.5.3 des Planfeststellungsbeschlusses vorbehalten hat. Dies gilt erst Recht vor dem Hintergrund, dass die einhergehend damit unter III.2.6.3.4, IV.1. und IV.2 des Planfeststellungsbeschlusses getroffenen Regelungen die Voraussetzungen und Maßstäbe für die diesbezügliche Entscheidung aufzeigen.
314ee) Landschaftsbild
315Die Einwendungen der Kläger im Hinblick auf eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung des Landschaftsbildes greifen nicht durch. Dies folgt bereits daraus, dass den Klägern in Bezug darauf keine subjektiven Rechtspositionen oder Belange zustehen, die diese rügen können.
316Zwar darf, wie ausgeführt, gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 1 KrWG der Planfeststellungsbeschluss nach § 35 Abs. 2 KrWG nur erlassen werden, wenn sichergestellt ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere keine Gefahren für die in § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Schutzgüter hervorgerufen werden können (Buchstabe a) und Vorsorge gegen die Beeinträchtigung der in § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Schutzgüter getroffen wird (Buchstabe b). Ferner sind in § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 KrWG unter anderem die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege als Schutzgüter benannt. Das umfasst auch den Schutz des Landschaftsbildes.
317Wie ausgeführt, kommt indes § 36 Abs. 1 Nr. 1 KrWG keine drittschützende Wirkung zugunsten des Einzelnen zu. Mit Blick auf § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 KrWG gilt nichts anderes. Danach liegt eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 KrWG insbesondere dann vor, wenn unter anderem die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege nicht berücksichtigt werden. Dabei handelt es sich demnach auch nach dieser Vorschrift um einen ausschließlich öffentlichen Belang, auf den sich der Einzelne, wenn er ‑ wie hier die Kläger - nicht enteignungsrechtlich betroffen ist, nicht berufen kann.
318Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Oktober 2020 - 8 A 984/17 -, juris, Rn. 283, und Bay. VGH, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 15 ZB 13.612 -, juris, Rn. 6, jeweils bezogen auf das Landschaftsbild als öffentlichem Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB.
319Das fügt sich im Übrigen ohne weiteres darin ein, dass der Einzelne, sofern er durch das Vorhaben - wie hier die Kläger - nicht enteignungsrechtlich betroffen ist, nicht geltend machen kann, dass die Zulassung eines Vorhabens gegen die Eingriffe in Natur und Landschaft regelnden §§ 15 ff. BNatSchG in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Fassung oder sonstige Bestimmungen dieses Gesetzes verstößt. Diese Vorschriften dienen nicht dem Schutz einzelner privater Belange.
320Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 -, juris, Rn. 31, zu den Vorgängerregelungen in den §§ 18 ff. BNatSchG in der bis zum 1. März 2010 geltenden Fassung; zu landesrechtlichen Regelungen des Natur- und Landschaftsschutzes: OVG Rh.-Pf., Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 A 10139/10 -, juris, Rn. 25; Heß/Wulff in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 BNatSchG Rn. 3, m. w. N.
321ff) Keine hinreichenden Anhaltspunkte für ursächlichen Zusammenhang von Krebserkrankungen im Umfeld der Deponie und Planvorhaben
322Einen Verstoß gegen zwingende Rechtsvorschriften zeigen die Kläger nicht mit ihrer Behauptung auf, es seien "die Krebsraten rund um die Deponie auffällig hoch".
323Die Kläger verweisen damit allein auf gegenwärtige Verhältnisse, ohne einen Zusammenhang mit dem planfestgestellten Vorhaben herzustellen. Ausgehend davon, dass sie einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der ZDX und den Krebserkrankungen von Menschen, die in deren Nachbarschaft wohnen, geltend machen, bleiben sie zudem die Darlegung tragfähiger Anhaltspunkte dafür schuldig.
324Der Beklagte hat im Übrigen im Zuge des Planfeststellungsverfahrens einen Bericht des Landeskrebsregisters NRW zur Situation der Krebserkrankungen in C. ("Inzidenz von Krebserkrankungen in der Stadt C. " vom 17. September 2020) und ein Humantoxikologischens Gutachten zur geplanten Erweiterung und Erhöhung der Zentraldeponie X. (ZDX) in H. und C. " der R. Institut für Umwelt-Analyse Projekt GmbH von November 2020 eingeholt und aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse entsprechende Einwendungen im Verwaltungsverfahren zurückgewiesen (S. 156 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Nach dem Bericht des Landeskrebsregisters Nordrhein-Westfalen sind die Krebsarten, für die in C. erhöhte Inzidenzraten beobachtet wurden, nach aktuellem Stand der Wissenschaft mit dem Zigarettenrauchen assoziiert und liegt der Raucheranteil in der Herner Bevölkerung seit Jahren deutlich über dem Landesdurchschnitt, sodass die erhöhte Krankheitslast durch bösartige Neubildungen in C. maßgeblich auf das Rauchverhalten zurückgeführt werden kann. Mit diesen, im Planfeststellungsbeschluss herangezogenen Feststellungen setzen sich die Kläger nicht auseinander. Gleiches gilt für die vom Beklagten im Planfeststellungsbeschluss ebenso angeführte Feststellung im Humantoxikologischen Gutachten, dass die Zusatzbelastung infolge der Realisierung der beantragten Erhöhung und Erweiterung der ZDX in der Größenordnung der "Virtually Safe Dose" (Bagatellgrenze) liege und das Krebsrisiko, das von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz als "allgemein zu akzeptieren" angesehen wird, auch von einer möglichen Zusatzbelastung infolge der Realisierung der beantragten Erweiterung und Erhöhung der ZDX nicht überschritten werde.
325f) Deponieverordnung (DepV)/Standorteignung
326Die Kläger können nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Standort für das planfestgestellte Vorhaben "in jeder Hinsicht", insbesondere wegen fehlender Basisabdichtung, unmittelbar angrenzender Wohnbebauung und der topographischen Gegebenheiten, ungeeignet sei.
327Anforderungen an den Standort, die geologische Barriere und die Basis- und Oberflächenabdichtungssysteme einer Deponie und ihrer Standsicherheit sind in Umsetzung und Konkretisierung der Pflicht zur Abwehr von Gefahren für die in § 15 Abs. 2 Satz 2 KrWG genannten Schutzgüter nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 Buchstabe a KrWG und der Vorsorgepflicht nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 Buchstabe b KrWG in der Deponieverordnung geregelt.
328Vgl. Fellenberg/Schiller, a. a. O., § 36 Rn. 39 ff.; Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 36 KrWG Rn. 23 und 26.
329Gemäß § 3 Abs. 1 DepV sind Deponien oder Deponieabschnitte der Klasse 0, I, II oder III so zu errichten, dass unter anderem die Anforderungen nach Anhang 1 an den Standort, die geologische Barriere und das Basisabdichtungssystem eingehalten werden. Nach Nr. 1.1 Satz 1 Anhang 1 DepV ist die Eignung des Standorts für eine Deponie eine notwendige Voraussetzung dafür, dass das Wohl der Allgemeinheit nach § 15 Abs. 2 KrWG durch die Deponie nicht beeinträchtigt wird. In Nr. 2 Anhang 1 DepV sind allgemeine und besondere Anforderungen an die geologische Barriere und das Basisabdichtungssystem sowie das Oberflächenabdichtungssystem geregelt. Nach Nr. 1.2 Anhang 1 DepV muss der Untergrund einer Deponie sämtliche bodenmechanischen Belastungen aus der Deponie aufnehmen können, auftretende Setzungen dürfen keine Schäden am Basisabdichtungs- und Sickerwassersammelsystem verursachen.
330Bei den vorstehenden Bestimmungen handelt es sich um unmittelbare zwingende Zulassungsvoraussetzungen für die Planfeststellung gemäß § 35 Abs. 2 KrWG.
331Vgl. Mann in Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 4. Aufl., § 36 Rn. 8, 12; Fellenberg/Schiller, a. a. O., § 36 Rn. 37 a. E., 39 ff.; Beckmann, a. a. O., § 36 KrWG Rn. 23, m. w. N.
332Die Kläger können sich jedoch nicht auf die vorstehenden Bestimmungen der Deponieverordnung berufen, da diese nicht dem Schutz von Rechten oder Belangen des Einzelnen zu dienen bestimmt sind. Mit diesen Regelungen der Deponieverordnung werden - wie ausgeführt - die zur Gewährleistung des Allgemeinwohls in § 36 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 Buchstabe a und b KrWG bestimmten Pflichten konkretisiert. Drittschützende Wirkung kommt ihnen daher nicht zu. Sowohl die Gefahrenabwehrpflicht nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 Buchstabe a KrWG als auch die Vorsorgepflicht nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 Buchstabe b KrWG beziehen sich ersichtlich auf die in § 36 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 KrWG geregelte Erteilungsvoraussetzung der Sicherstellung, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt ist. Das schließt einen individualschützenden Charakter der dies konkretisierenden Bestimmungen in § 36 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 Buchstabe a und b KrWG aus. Die dementsprechend fehlende Drittschutzwirkung von § 3 Abs. 1 DepV i. V. m. Anhang 1 DepV findet sich durch den bereits aufgezeigten Hinweis in Nr. 1.1 Satz 1 Anhang 1 DepV bestätigt, dass die Standorteignung eine notwendige Voraussetzung für die Nichtbeeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nach § 15 Abs. 2 KrWG ist.
333Das geht im Übrigen mit den Gesetzesmaterialien und dem unionsrechtlichen Zusammenhang der Vorschriften einher. Durch § 3 DepV sind die entsprechenden Anforderungen der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien (Deponierichtlinie) zur Errichtung einer Deponie umgesetzt.
334Vgl. BT-Drucks. 16/10330, S. 55.
335Unter Nr. 3 Anhang 1 Deponierichtlinie sind Anforderungen an die Basisbarrieren - geologische Barriere und Basisabdichtungssystem - sowie das Oberflächenabdichtungssystem zum Schutz des Bodens und des Grundwassers bestimmt. Auf eine drittschützende Wirkung von § 3 Abs. 1 DepV i. V. m. Anhang 1 DepV kann sich der Einzelne daher allenfalls dann berufen, wenn er eigene schutzwürdige Rechtspositionen im Hinblick auf das Grundwasser oder den Boden anführen kann. Das ist - wie ausgeführt - bei den Klägern nicht der Fall.
336Im Hinblick auf Nr. 1.1 Satz 1 Nr. 4 Anhang 1 DepV gilt nichts anderes. Danach ist bei der Wahl des Standorts zwar insbesondere ein ausreichender Schutzabstand zu sensiblen Gebieten wie z. B. Wohnbebauungen zu berücksichtigen. Auch diese Regelung ist aber nicht drittschützend. Nach dem Vorstehenden ist sie ausschließlich im Zusammenhang mit dem Erfordernis getroffen, dass die Nichtbeeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit sichergestellt ist. Abgesehen davon bestimmt diese Regelung lediglich eine Berücksichtigungspflicht und damit keine zwingende Rechtspflicht, der zudem erkennbar genügt worden ist.
3373. Abwägung
338Der Planfeststellungsbeschluss weist keinen erheblichen Abwägungsmangel zum Nachteil der Kläger auf, der zur Aufhebung oder zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führt.
339Das Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.
340Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Oktober 2012 ‑ 20 B 1097/12.AK ‑, juris, m. w. N.
341Die Kläger zeigen keinen Abwägungsfehler zu ihren Lasten auf, der zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führt. Ein solcher ist auch ansonsten nicht ersichtlich.
342Wie dargelegt, führt der Planfeststellungsbeschluss zu keiner unzumutbaren Beeinträchtigung von Rechten und Belangen der Kläger. Deshalb lässt der Planfeststellungsbeschluss auch keine Ermittlungsdefizite zulasten der Kläger erkennen. Vor diesem Hintergrund begegnet die Abwägungsentscheidung des Beklagten zugunsten des planfestgestellten Vorhabens angesichts der dafür sprechenden öffentlichen Belange keinen durchgreifenden Bedenken.
343Auch unter dem Gesichtspunkt, dass grundsätzlich alle durch das planfestgestellte Vorhaben verursachten Probleme im Planfeststellungsbeschluss selbst gelöst werden müssen, ergeben sich keine Defizite des Planfeststellungsbeschlusses.
344Soweit die Kläger geltend machen, es seien nicht alle wesentlichen Probleme auf ihre Lösbarkeit geprüft, die das Anlagenkonzept für den Gewässer- und Bodenschutz mit sich bringe, sondern offengelassen worden und einem nachfolgenden Prüfungs- und Entscheidungsprozess vorbehalten geblieben, bleibt dies weitgehend unsubstantiiert. Die in dieser Hinsicht allein näher konkretisierte Kritik, dass nach der Nebenbestimmung III.2.6.2 ein Wasserhaushaltskonzept zu erarbeiten und nach der Nebenbestimmung III.2.6.3 eine detaillierte Ausführungsplanung vorzulegen sei, greift nicht durch. Diese Regelungen verhalten sich ersichtlich zur Bauausführung. Hinsichtlich der Detailplanung zur Bauausführung gilt jedoch insoweit eine Ausnahme von der gebotenen Konfliktbewältigung, als sie lediglich technische, nach dem Stand der Technik lösbare Probleme aufwirft. Eine solche rein technische Problematik kann aus der Planfeststellung ausgeklammert werden, wenn gewährleistet ist, dass die dem Stand der Technik entsprechenden Vorgaben beachtet werden.
345Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2016 ‑ 3 VR 2.15 u. a. -, juris, m. w. N., und vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 -, juris, m. w. N., und Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 -, juris, m. w. N.
346Dem tragen die besagten Nebenbestimmungen hinlänglich Rechnung, indem sie die Vorlage des Wasserhaushaltskonzeptes bzw. der Ausführungsplanung vor Ausführung der Maßnahmen anordnen.
347Ein Verstoß gegen das Gebot der Konfliktbewältigung ist ebenso wenig im Hinblick auf den Entscheidungsvorbehalt unter I.5.3 des Planfeststellungsbeschlusses zu erkennen. Damit hat der Beklagte zum einen der entsprechenden Einschränkung des Planfeststellungsantrages, zum anderen - wie ausgeführt - den sachverständigen Feststellungen der BFUB und des Geologischen Dienstes NRW Rechnung getragen.
348Der Planfeststellungsbeschluss ist ebenso wenig im Hinblick darauf fehlerhaft, dass durch ihn auch die Verlängerung der Lagerzeit im Revisionszwischenlager (Notfall- und Revisionslager) auf maximal zwei Jahre genehmigt worden ist. Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich nichts, was sie der Erteilung dieser Genehmigung auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 KrWG i. V. m. § 4 Abs. 1, § 6 BImSchG entgegenhalten könnten. Zu Recht hat der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss festgestellt, dass die Genehmigung einen entsprechenden (tatsächlichen) Bedarf nicht voraussetzt. Auch soweit die Kläger im Hinblick auf dortige Brände in den Jahren 2017 und 2018 den Brandschutz betreffende Unzulänglichkeiten monieren, verfängt dies nicht. Dieses Vorbringen bleibt weitgehend unsubstantiiert und setzt sich insbesondere nicht mit den Erwägungen des Beklagten auf Seite 155 des Planfeststellungsbeschlusses auseinander, mit dem diesbezügliche Einwendungen im Verwaltungsverfahren zurückgewiesen worden sind. Nach unbestrittener Darlegung der Beigeladenen wurden außerdem seitens der zuständigen Feuerwehr der Stadt H. anlässlich einer Mitte 2021 durchgeführten Begehung keine Bedenken geäußert.
349Auch aus der pauschalen Bezugnahme der Kläger auf sämtliche außergerichtli-chen Einwendungen, dortigen Vortrag nebst allen Beweisantritten ergibt sich kein materiell-rechtlicher Fehler des Planfeststellungsbeschlusses zulasten der Kläger. Dieses Vorbringen genügt offensichtlich nicht den Anforderungen an die Klagebegründung nach § 6 Satz 1 UmwRG.
350C. Nebenentscheidungen
351Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
352Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.