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Nr. 1 des angefochtenen Beschlusses wird teilweise geändert.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller Auskunft zu seinen Fragen
„1. Wie hoch waren die von der Stiftung Q. gezahlten Anwaltshonorare für die Beratung U. gegenüber den Auskunftsansprüchen von Herrn C. Z. seit dem 23. April 2015 insgesamt bis zum heutigen Tage?
2. Wie verteilten sich diese Anwaltshonorare auf die jeweiligen Jahre seit 23. April 2015 (bitte einzeln auflisten)?
3. Wie hoch waren die Beratungskosten U. für die Bearbeitung von presserechtlichen und archivrechtlichen Anfragen für die Jahre 2019, 2020, 2021 sowie 2022?“
zu erteilen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller, die Antragsgegnerin und die Beigeladene jeweils zu einem Drittel. Die jeweiligen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene jeweils zu einem Drittel. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Die nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO fristgemäß dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten es, Ziffer 1 des angefochtenen Beschlusses zu ändern und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang stattzugeben (I.). Im Übrigen besteht keine Veranlassung zur Änderung des angefochtenen Beschlusses (II.).
2I. Die Beschwerde ist begründet, soweit sie das mit ihr weiter verfolgte Begehren des Antragstellers betrifft, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihm Auskunft zu seinen Fragen
3„1. Wie hoch waren die von der Stiftung Q. gezahlten Anwaltshonorare für die Beratung U. gegenüber den Auskunftsansprüchen von Herrn C. Z. seit dem 23. April 2015 insgesamt bis zum heutigen Tage?
42. Wie verteilten sich diese Anwaltshonorare auf die jeweiligen Jahre seit 23. April 2015 (bitte einzeln auflisten)?
53. Wie hoch waren die Beratungskosten U. für die Bearbeitung von presserechtlichen und archivrechtlichen Anfragen für die Jahre 2019, 2020, 2021 sowie 2022?“
6zu erteilen.
7Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei sind sowohl die tatsächlichen Voraussetzungen des zugrundeliegenden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) als auch die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Geht es wie hier nicht um eine nur vorläufige Maßnahme, sondern um eine endgültige Entscheidung, die die Hauptsache vorwegnimmt, ist dies im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO ausnahmsweise aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gerechtfertigt, wenn das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für den Antragsteller schlechthin unzumutbar wäre. Dies setzt unter dem Gesichtspunkt der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs voraus, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich anzustellenden summarischen Prüfung bei Anlegung eines strengen Maßstabes an die Erfolgsaussichten erkennbar Erfolg haben wird. Außerdem muss der Antragsteller - im Rahmen des Anordnungsgrundes - glaubhaft machen, dass ihm ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
8St. Rspr., vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Septem-ber 2017 - 1 WDS-VR 4.17 -, juris Rn. 15, und vom 26. November 2013 - 6 VR 3.13 -, juris Rn. 5 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2022 - 15 B 1177/21 -, juris Rn. 14 f. m. w. N.
9Hieran gemessen ist die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache hinsichtlich der mit den drei vorgenannten Fragen begehrten Auskünfte gerechtfertigt. Der Antragsteller hat insoweit die tatsächlichen Voraussetzungen sowohl eines Anordnungsanspruchs (1.) als auch eines Anordnungsgrundes (2.) glaubhaft gemacht.
101. Der Anspruch auf Auskunftserteilung folgt hier unmittelbar aus dem Grundrecht der Pressefreiheit.
11Das Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verleiht in seiner objektiv-institutionellen Dimension und in Ermangelung einer einfachgesetzlichen Regelung den Presseangehörigen einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden, soweit auf diese - wie hier - die Landespressegesetze mit den in ihnen enthaltenen Auskunftsanspruchsnormen wegen einer entgegenstehenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes keine Anwendung finden. Nur der auf diese Weise gewährleistete, prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die für die Demokratie essentielle freie Presse in den Stand, die ihr zukommende Informations- und Kontrollfunktion auch gegenüber Bundesbehörden wirksam wahrzunehmen.
12Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2021 - 6 A 10.20 -, juris Rn. 18, vom 18. September 2019 - 6 A 7.18 -, juris Rn. 13, sowie Beschluss vom 11. April 2018
13- 6 VR 1.18 -, juris Rn. 14; OVG NRW, Urteil vom 10. September 2019 - 15 A 2751/15 -, juris Rn. 65, sowie Beschluss vom 29. Juli 2022 - 15 B 1177/21 -, juris Rn. 19.
14Auf Grund dieses verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs können Presseangehörige auf hinreichend bestimmte Fragen behördliche Auskünfte verlangen, soweit die Informationen bei der Behörde vorhanden sind und schutzwürdige Interessen öffentlicher Stellen oder Privater an der Vertraulichkeit nicht entgegenstehen. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch fordert eine Abwägung des Informationsinteresses der Presse mit gegenläufigen schutzwürdigen Interessen im Einzelfall. Dabei kommt eine Bewertung des Informationsinteresses der Presse grundsätzlich nicht in Betracht. Zudem darf der Anspruch in seinem materiellen Gehalt nicht hinter demjenigen der im Wesentlichen inhaltsgleichen, auf eine Abwägung zielenden Auskunftsansprüche nach den Landespressegesetzen zurückbleiben. Entscheidend ist, ob dem Informationsinteresse der Presse schutzwürdige Interessen von solchem Gewicht entgegenstehen, die den Anspruch auf Auskunft ausschließen.
15Vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juli 2021 - 6 A 10.20 -, juris Rn. 18, und vom 18. September 2019 - 6 A 7.18 -, juris Rn. 13 m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 10. September 2019 - 15 A 2751/15 -, juris Rn. 69 m. w. N., sowie Beschluss vom 29. Juli 2022 - 15 B 1177/21 -, juris Rn. 19.
16Aus Art. 10 EMRK ergibt sich insoweit nichts anderes.
17Vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Januar 2020 - 10 C 18.19 -, juris Rn. 38, und vom 18. September 2019 - 6 A 7.18 -, juris Rn. 43 m. w. N., sowie Beschluss vom 26. Oktober 2017 - 6 VR 1.17 -, juris Rn. 18 m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 10. September 2019 - 15 A 2751/15 -, juris Rn. 69 m. w. N.
18Schutzwürdige öffentliche oder private Interessen an der Geheimhaltung von Informationen, die den Auskunftsanspruch begrenzen können, sind von der auf Auskunft in Anspruch genommenen Behörde darzulegen und durch das Gericht grundsätzlich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollumfänglich zu überprüfen. Schutzwürdige private Interessen, denen bei der durchzuführenden Abwägung Vorrang vor dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Informationsinteresse der Presse zuzubilligen ist, können sich insbesondere aus den Grundrechten Dritter ergeben. Die praktische Konkordanz zwischen den konfligierenden Grundrechtspositionen der Presse und der privaten Dritten, die im Anwendungsbereich der Landespressegesetze auf einfachgesetzlicher Grundlage hergestellt werden kann, muss bei Auskunftsbegehren der Presse gegenüber Bundesbehörden mangels einer Regelung des Bundesgesetzgebers im einfachen Recht im Rahmen der Auslegung und Anwendung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG hergestellt werden. Setzt sich der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch im Rahmen der durchzuführenden Abwägung durch, ist verfassungsrechtlich determiniert, dass die Belange der Presse überwiegen. In diesem Fall erweist sich Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zugleich als hinreichende Ermächtigung für die mit der Auskunftserteilung verbundenen Eingriffe in die Grundrechte Dritter.
19Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 8. Juli 2021 - 6 A 10.20 -, juris Rn. 18 ff. m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2022 - 15 B 1177/21 -, juris Rn. 19.
20Im Rahmen der danach erforderlichen Abwägung können zur Bestimmung des Stellenwerts von Vertraulichkeitsinteressen die gesetzlich geregelten allgemeinen und bereichsspezifischen Ausschlussgründe der Informationsfreiheitsgesetze als Orientierungshilfe herangezogen werden. Diese Gesetze begründen Informationszugangsansprüche, die nicht grundrechtlich fundiert sind. Die Entscheidung des Gesetzgebers, zugunsten bestimmter Vertraulichkeitsinteressen den Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz oder nach bereichsspezifischen Gesetzen auszuschließen, besagt allerdings noch nicht, dass es verfassungskonform wäre, diesen Interessen auch Vorrang vor dem Informationsinteresse der Presse einzuräumen. Ob ein solcher Vorrang zulässig wäre, bedarf der eigenständigen Prüfung anhand der Maßgabe der Sicherung einer effektiven funktionsgemäßen Betätigung der Presse.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 -, juris Rn. 29, sowie Beschluss vom 22. September 2015 - 6 VR 2.15 -, juris Rn. 15; OVG NRW, Beschlüsse vom 5. März 2021 - 15 B 1107/20 -, juris Rn. 15, und vom 17. März 2017 - 15 B 1112/15 -, juris Rn. 31; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Dezember 2019 - OVG 6 S 58.19 -, juris Rn. 13.
22Ausgehend von diesen Maßgaben steht dem Antragsteller hinsichtlich der drei vorgenannten Fragen der geltend gemachte presserechtliche Auskunftsanspruch zu. Insoweit steht seinem Informationsinteresse (a]) kein schutzwürdiges Vertraulichkeitsinteresse der Antragsgegnerin bzw. der Beigeladenen gegenüber (b]).
23a) Der Antragsteller verweist darauf, Gegenstand von durch ihn anhängig gemachten Gerichtsverfahren seien Fragen zum Erwerb des sog. Schabowski-Zettels durch die Antragsgegnerin. Bei dem Schabowski-Zettel handele es sich um ein Objekt von hohem historischen Wert. Die Antragsgegnerin wehre sich mit allen Mitteln gegen die Preisgabe der Namen der Verkäufer. Es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse daran zu erfahren, in welchem Umfang sie Steuergelder zur Finanzierung der Anwaltshonorare aufgewendet habe.
24b) Hinsichtlich der mit den drei vorgenannten Fragen begehrten Auskünfte hat die Antragsgegnerin keine Vertraulichkeitsinteressen dargelegt, die schutzwürdig sind. Vergeblich beruft sie sich auf § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO (aa]) und auf § 3 Nr. 7 IFG (bb]). Ebenfalls ohne Erfolg macht sie geltend, mit der Erteilung der begehrten Auskünfte würden durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen offenbart und damit deren Wettbewerbsposition beeinträchtigt (cc]).
25aa) Bezug nehmend auf die Beschlüsse des OVG Berlin-Brandenburg vom 20. De-zember 2019 - OVG 6 S 58.19 - und vom 21. Februar 2019 - OVG 12 B 15.18 -, jeweils juris, führt die Antragsgegnerin aus, bei der Abwägung der entgegenstehenden Interessen sei die Wertung des § 3 Nr. 4 IFG zu berücksichtigen, wonach der Anspruch auf Informationszugang u. a. dann nicht bestehe, wenn die Information einem Berufsgeheimnis unterliege. Ein solches sei die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts nach § 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO. Diese Pflicht beziehe sich gemäß Satz 2 der genannten Vorschrift auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufs bekannt geworden sei. Zu den geschützten Geheimnissen zähle auch die Höhe der vereinbarten Vergütung. Die Verschwiegenheitspflicht bestehe nicht allein im Interesse des Mandanten, sondern auch im eigenen beruflichen Interesse des Rechtsanwalts. Er würde von Mandanten nicht gleichermaßen konsultiert und informiert, könnten diese auf seine Verschwiegenheitspflicht nicht vertrauen. Sie sei entsprechend grundrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. Dies liege auch im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Rechtspflege.
26Die hieran anknüpfende Auffassung der Antragsgegnerin, ein schutzwürdiges Vertraulichkeitsinteresse ergebe sich vorliegend mit Blick auf § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO, teilt der Senat nicht.
27Zu den von § 3 Nr. 4 IFG erfassten Berufsgeheimnissen gehört zwar auch die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts,
28vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG), BT-Drucks. 15/4493, S. 11; Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 233; Schirmer, in Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, 41. Edition, Stand: 1. August 2023, § 3 Rn. 160,
29durch welche u. a. die Höhe der vereinbarten Vergütung geschützt ist.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 6 A 1.08 -, juris Rn. 37.
31Die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts schützt jedoch regelmäßig nur den Mandanten. Ein geschütztes eigenes Geheimhaltungsinteresse des beauftragten Rechtsanwalts selbst besteht in der Regel nicht. Dispositionsberechtigt hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts („Herr des Geheimnisses“) ist in der Konsequenz im Regelfall allein der Mandant als derjenige, der von dieser Pflicht geschützt werden soll. Sie stellt sicher, dass sich der jeweilige Mandant darauf verlassen kann, dass mandatsbezogene Informationen vom Rechtsanwalt ohne sein Einverständnis Dritten gegenüber nicht offenbart werden.
32Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2020 - 10 C 25.19 -, juris Rn. 17 f. (hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht des Wirtschaftsprüfers), und vom 10. April 2019 - 7 C 23.18 -, juris Rn. 30 (für das Anwaltsgeheimnis); BGH, Urteil vom 30. November 1989 - III ZR 112/88 -, juris Rn. 28 ff.; VG Köln, Urteil vom 19. Januar 2023 - 13 K 2382/21-, juris Rn. 120.
33Demgegenüber ergibt sich aus der Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts zur Frage des Umgangs des Mandanten mit diesen Informationen nichts.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2020 - 10 C 25.19 -, juris Rn. 19 (hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht des Wirtschaftsprüfers); VG Köln, Urteil vom 19. Januar 2023 - 13 K 2382/21-, juris Rn. 121.
35Daran ändert nichts, dass die Verschwiegenheitspflicht des Anwalts auch im Interesse der Allgemeinheit an einer rechtsstaatlichen Rechtspflege liegt, für die die anwaltliche Verschwiegenheit unerlässlich ist.
36Vgl. BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 - 2 BvR 1520/01 -, juris Rn. 101, sowie Beschluss vom 12. April 2005 - 2 BvR. 1027/02 -, juris Rn. 94.
37Denn das Vertrauen der Allgemeinheit in die Verschwiegenheit der Rechtsanwälte verlangt nur, dass sie die ihnen anvertrauten Informationen nicht ohne oder gar gegen den Willen ihres Mandanten offenbaren.
38Vgl. Träger, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 10. Aufl. 2020, § 43a Rn. 12c, m. w. N.
39Erst recht folgt aus der anwaltlichen Schweigepflicht keine Entscheidungsbefugnis des Rechtsanwalts darüber, ob der Mandant Informationen, die von § 203 Abs. 1 StGB und § 43a Abs. 2 BRAO in Verbindung mit § 2 BORA geschützt werden, preisgeben darf oder nicht. Die Frage, ob der Mandant Informationen nach außen kundgeben will oder nicht, hat mit der anwaltlichen Schweigepflicht nichts zu tun. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem in § 2 Abs. 1 BORA normierten Schweigerecht des Anwalts. Dies begründet jedenfalls keine Pflicht des Mandanten zu schweigen.
40Vgl. Deckenbrock, Anmerkung zum Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2019 - OVG 12 B 15.18 -, AnwBl 2019, 362 (363).
41Aus alldem folgt: Ist eine informationspflichtige Stelle im vorstehenden Sinne „Herrin des Geheimnisses“, mithin dispositionsberechtigt hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht des von ihr beauftragten Rechtsanwalts, kann sie einen gegen sie geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang nicht unter Hinweis auf den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO abwehren.
42Vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 18. Januar 2018 - 2 K 50.17 -, juris Rn. 20 ff.
43Sähe man dies anders, wäre es ihr allein durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts möglich, sich einem solchen Anspruch zu entziehen.
44Vgl. Deckenbrock, Anmerkung zum Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2019 - OVG 12 B 15.18 -, AnwBl 2019, 362 (363).
45Wird ein Rechtsanwalt im Auftrag einer informationspflichtigen Stelle tätig, muss auch er in Rechnung stellen, dass sie zum einen unter den im Informationsfreiheitsgesetz geregelten Voraussetzungen verpflichtet ist, Zugang zu Informationen zu gewähren, und zum anderen unter den oben beschriebenen Voraussetzungen Presseangehörigen Auskunft zu erteilen hat.
46Dies zugrunde gelegt, kann der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 4 IFG i. V. m. § 43a Abs. 2 Satz 1 BRAO hier nicht zur Begründung eines Vertraulichkeitsinteresses der Antragsgegnerin oder der Beigeladenen bzw. als Orientierungshilfe zur Bestimmung des Stellenwerts von Vertraulichkeitsinteressen herangezogen werden. Aus den dargestellten Gründen vermag die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts auch nicht, wie die Beigeladene geltend macht, ungeachtet der Auslegung des § 3 Nr. 4 IFG „im Kontext des presserechtlichen Auskunftsanspruchs“ ein schutzwürdiges Vertraulichkeitsinteresse zu begründen.
47bb) Ohne Erfolg verweist die Antragsgegnerin ergänzend auf § 3 Nr. 7 IFG.
48Hiernach besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht. Vertraulich sind solche Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Dies setzt eine Übereinkunft über die Vertraulichkeit zwischen der informationspflichtigen Stelle und dem Dritten voraus. Darüber hinaus ist ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit erforderlich. Ansonsten wäre der Anspruch auf Informationszugang zur Disposition der am Informationsaustausch Beteiligten gestellt.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 - 7 C 19.15 -, juris Rn. 24.
50Die Antragsgegnerin hat bereits nicht dargelegt, dass hinsichtlich der hier in Rede stehenden Informationen eine Übereinkunft über die Vertraulichkeit zwischen ihr und der Beigeladenen besteht. Ungeachtet dessen ist aus den unter aa) darstellten Gründen auch mit Blick auf die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts kein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit dieser Informationen gegeben.
51cc) Ebenfalls erfolglos führt die Antragsgegnerin an, mit der Erteilung der mit den drei vorgenannten Fragen begehrten Auskünfte würden durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen offenbart.
52Das an Geschäftsgeheimnisse anknüpfende Vertraulichkeitsinteresse ist durch § 6 Satz 2 IFG geschützt, der der Berufs- und Eigentumsfreiheit nach Art. 12 und 14 GG Rechnung trägt.
53Vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14.
54Hiernach darf der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, wenn der Betroffene eingewilligt hat. Letzteres ist hier nicht der Fall.
55Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 6 Satz 2 IFG sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge zu verstehen, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse im Sinne von § 6 Satz 2 IFG ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, den Konkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachhaltig zu beeinflussen (Wettbewerbsrelevanz). Hierfür muss die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Falle des Bekanntwerdens der Information nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden. Der erforderliche Wettbewerbsbezug kann fehlen, wenn die Informationen abgeschlossene Vorgänge ohne Bezug zum heutigen Geschäftsbetrieb betreffen. Dabei kommt es nicht maßgeblich auf die Beurteilung der Geheimhaltungsbedürftigkeit durch den Inhaber des Geheimnisses an.
56Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2017 - 7 C 31.15 -, juris Rn. 64 f. (zu § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG), vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 -, juris Rn. 35, und vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 -, juris Rn. 28 und 30; OVG NRW, Urteile vom 22. Mai 2019 - 15 A 873/18, juris Rn. 146, und vom 21. November 2018 - 15 A 861/17 -, juris Rn. 91.
57Geschäftsgeheimnisse zielen auf den Schutz kaufmännischen Wissens. Zu den Geschäftsgeheimnissen zählen unter anderem Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Informationen zur Kreditwürdigkeit und Kalkulationsunterlagen. Auch konkrete Vertragsgestaltungen, das heißt ein bestimmtes Vertragswerk, können als Geschäftsgeheimnis geschützt sein.
58Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2015 - 20 F 4.14 -, juris Rn 20, und Beschluss vom 12. Februar 2021 - 20 F 1.20 -, juris Rn. 20, und OVG NRW, Urteile vom 22. Mai 2019 - 15 A 873/18, juris Rn. 148, und vom 21. November 2018 - 15 A 861/17 -, juris Rn. 93.
59Die Schutzwürdigkeit nach § 6 Satz 2 IFG vertraulicher Informationen wird dabei in der Regel mit der Zeit abnehmen. So hängt es vom jeweils aktuellen geschäftlichen Umfeld ab, ob der Informationszugang mit wirtschaftlichen Nachteilen für das Unternehmen verbunden ist. Folglich können Angaben, wenn sie als veraltet anzusehen sind, ihre Bedeutung verlieren.
60Vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 4. November 2015 - 7 C 4.14 -, juris Rn. 31; OVG NRW, Urteile vom 22. Mai 2019 - 15 A 873/18 -, juris Rn. 150, und vom 21. November 2018 - 15 A 861/17 -, juris Rn. 123.
61Daran anschließend wird sich eine widerlegliche Vermutung dahingehend aufstellen lassen, dass Angaben, die geheim oder vertraulich waren, aber mindestens fünf Jahre alt sind, aufgrund des Zeitablaufs grundsätzlich als nicht mehr aktuell und deshalb als nicht mehr vertraulich anzusehen sind, wenn nicht ausnahmsweise die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit beruft, nachweist, dass sie trotz ihres Alters immer noch wesentlicher Bestandteil ihrer eigenen oder der wirtschaftlichen Stellung eines betroffenen Dritten sind.
62Vgl. EuGH, Urteil vom 14. März 2017 - C-162/15 P -, juris Rn. 64; OVG NRW, Urteile vom 22. Mai 2019
63- 15 A 873/18 -, juris Rn. 150 ff., und vom 21. No-vember 2018 - 15 A 861/17 -, juris Rn. 123 ff.
64Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben hat die Antragsgegnerin nicht plausibel dargelegt, dass im Fall der Zugänglichmachung
65- der Gesamtsumme der gezahlten Anwaltshonorare für die Beratung der Antragsgegnerin „gegenüber den Auskunftsansprüchen von Herrn C. Z.“ seit dem 23. April 2015,
66- der Höhe der für die jeweiligen Jahre seit dem 23. April 2015 gezahlten Anwaltshonorare und
67- der Höhe der Beratungskosten der Antragsgegnerin für die Bearbeitung von presserechtlichen und archivrechtlichen Anfragen für die Jahre 2019, 2020, 2021 sowie 2022
68wettbewerbsrelevante Informationen und damit Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen offengelegt werden.
69Die Antragsgegnerin hat im erstinstanzlichen Verfahren - teilweise auch unter Verweis auf die Darlegungen der Beigeladenen - Folgendes ausgeführt: Der Antragsteller habe gegen sie, die Antragsgegnerin, im Zusammenhang mit dem Erwerb des Schabowski-Zettels seit dem Jahr 2015 mehrere gerichtliche Verfahren angestrengt. Im Verfahren VG Köln 6 K 2928/15 habe die Beigeladene sie nicht vertreten, weil der Antragsteller die Klage unmittelbar nach deren Erhebung wieder zurückgenommen habe. Die Beigeladene vertrete bzw. habe sie in den Verfahren VG Köln 6 K 3228/19, 13 K 5228/19, 6 K 1949/20 und 6 L 737/20 sowie OVG NRW 15 A 750/22 und 15 B 1270/20 vertreten. Dem Antragsteller seien sämtliche in diesen Verfahren von der Beigeladenen eingereichten Schriftsätze bekannt. Ebenso sei ihm aufgrund seiner Einsicht in die jeweiligen Verwaltungsvorgänge dem Grunde nach bekannt, dass die Beigeladene sie im Zusammenhang mit den Informationszugangsbegehren des Antragstellers auch außergerichtlich beraten habe. Er sei daher mit Gegenstand und Inhalt dieser anwaltlichen Tätigkeit in erheblichem Umfang vertraut und könne diese zeitlich wie inhaltlich konkret einordnen. Es sei ihm möglich, den anwaltlichen Gesamtaufwand und die anwaltliche Tätigkeit insgesamt anhand der ihm vorliegenden Unterlagen nachzuvollziehen und ins Verhältnis zu der Gesamtsumme zu setzen, die Gegenstand der ersten Frage sei. Erst recht bestünden Rückschlussmöglichkeiten in Bezug auf die mit der zweiten Frage begehrten Aufschlüsselung nach Jahren. Dem Antragsteller könne die im jeweiligen Jahr erstellten schriftlichen Ausarbeitungen ermitteln und diese sodann ins Verhältnis zu dem jeweiligen Honorarvolumen setzen. Für die die Bearbeitung von presserechtlichen und archivrechtlichen Anfragen für die Jahre 2019, 2020, 2021 sowie 2022 betreffende Frage gelte im Ergebnis nichts anderes, zumal sie in den betreffenden Jahren keine weiteren wesentlichen fragegegenständlichen Beratungsleistungen in Anspruch genommen habe, so dass auch aus einer Antwort auf diese Frage weitere Erkenntnisse zur Gebührenstruktur der Beigeladenen gewonnen werden könnten.
70Fernliegend ist die Annahme, dem Antragsteller sei es schon allein anhand der mit der ersten Frage begehrten Auskunft zur Gesamtsumme der in den Jahren seit dem 23. April 2015 gezahlten Anwaltshonorare und der Kenntnisse, die ihm zur anwaltlichen Tätigkeit der Beigeladenen im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens VG Köln 6 K 2928/15 sowie der gerichtlichen Verfahren VG Köln 6 K 3228/19, 13 K 5228/19, 6 K 1949/20 und 6 L 737/20 sowie OVG NRW 15 A 750/22 und 15 B 1270/20 vorliegen, möglich, den Arbeitsaufwand und die Gesamtsumme so in Bezug zu setzen, dass er Rückschlüsse auf vereinbarte Honorarkonditionen ziehen könne. Die Antragsgegnerin hat auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 26. September 2023, die die Antragsgegnerin sich zu eigen gemacht hat, nicht schlüssig dargelegt, dass es dem Antragsteller anhand der ihm zum Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit der Beigeladenen vorliegenden Kenntnisse und den mit der zweiten Frage erbetenen ebenfalls verfahrensübergreifenden Angaben möglich ist, den Arbeitsaufwand und die in den Jahren seit 2019 gezahlten Honorare so in Bezug zu setzen, dass sie belastbare Rückschlüsse auf vereinbarte Honorarkonditionen zulassen. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Argumentation der Beigeladenen, die in den Jahren seit 2019 erbrachten anwaltlichen Leistungen hätten sich regelmäßig auf einzelne Verfahren konzentriert, so dass die von der Antragsgegnerin im jeweiligen Jahr geleisteten Zahlungen jedenfalls näherungsweise den in diesem Jahr erbrachten anwaltlichen Leistungen zuzuordnen sei, verfängt nicht. Die Beigeladene ist in jedem der Jahre seit 2019 in mehreren gerichtlichen Verfahren für die Antragsgegnerin tätig geworden, auch wenn im jeweiligen Jahr ein oder mehrere Verfahren im Vordergrund gestanden haben mögen. Überdies ist nicht davon auszugehen, dass die im jeweiligen Jahr erbrachten anwaltlichen Leistungen durchgängig bereits im selben Jahr in Rechnung gestellt und beglichen worden sind. Dies räumt die Beigeladene im Kern selbst ein, indem sie ausführt, Abrechnungszeiträume seien teilweise überjährig gewesen, und darauf hinweist, dass Rechnungs- und Zahlungsdatum in unterschiedliche Jahre fallen können.
71Auch von einer Wettbewerbsrelevanz der das Jahr 2015 betreffenden Information ist nicht auszugehen. Es ist bereits aufgrund des Zeitablaufs fernliegend, dass die Preisgabe der Höhe der im Jahr 2015 von der Antragsgegnerin an die Beigeladene gezahlten Anwaltshonorare mit wirtschaftlichen Nachteilen für die Beigeladene verbunden ist. Überdies hat diese im Jahr 2015 ausschließlich Beratungsleistungen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens für die Antragsgegnerin erbracht. Schon angesichts der Vielgestaltigkeit der Beratungsleistungen in Verwaltungsverfahren ist nicht anzunehmen, dass andere Rechtsanwälte, wenn ihnen die Höhe der hierfür von der Antragsgegnerin an die Beigeladene gezahlten Honorare bekannt würde, ermitteln könnten, zu welchen Konditionen die Beigeladene heute bereit ist, ein solches Mandat zu übernehmen.
722. Dem Antragsteller steht auch ein Anordnungsgrund zur Seite.
73In Fällen presserechtlicher Auskunftsansprüche darf an die Annahme eines schweren und unzumutbaren, die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Nachteils mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sowie das von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG mitumfasste Selbstbestimmungsrecht der Presse hinsichtlich der Themenauswahl und der Entscheidung, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll, kein zu enger Maßstab angelegt werden. Demgemäß ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass für die begehrte Auskunft ein gesteigertes öffentliches Interesse vorliegt sowie ein starker Gegenwartsbezug besteht.
74Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Juli 2022
75- 15 B 1177/21 -, juris Rn. 54, vom 28. Januar 2019
76- 15 B 624/18 -, juris Rn. 81, und vom 17. März 2017 - 15 B 1112/15 -, juris Rn. 57 m. w. N.
77Letzteres ist vorliegend der Fall. Bei Fragen nach der Verwendung von Steuermitteln besteht ein gesteigertes öffentliches Interesse.
78Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2021 - 10 C 1.20 -, juris Rn. 34 m. w. N.
79Entscheidend für den zudem erforderlichen Gegenwartsbezug ist, dass ein Zusammenhang zwischen den begehrten Auskünften und einem aktuellen Geschehen vorliegt. Das ist hier der Fall. Die begehrten Auskünfte stehen in unmittelbaren thematischen Bezug zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Februar 2022 - 6 K 3228/19 -, juris, sowie zu dem erst vor Kurzem ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. Juni 2023 - 13 K 5228/19 -, juris, was auch Gegenstand der Presseberichterstattung war. Das Verfahren 6 K 3228/19 betrifft ein presserechtliches Auskunftsersuchen des Antragstellers. Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin durch Urteil vom 15. Februar 2022 verurteilt, dem Antragsteller Auskunft zu den Fragen „Wie heißt die Person (Verkäufer), von der die Beklagte den Schabowski-Zettel erworben hat?“ und „Wie heißt die Person („Erstverkäufer“), von der der Zweitverkäufer den sog. Schabowski-Zettel erworben hat?“ zu erteilen. Die Antragsgegnerin hat hiergegen am 27. März 2022 die Zulassung der Berufung beantragt. Das Verfahren 13 K 5228/19 betrifft ein auf das Informationsfreiheitsgesetz gestütztes Auskunftsersuchen. Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin durch Urteil vom 29. Juni 2023 verpflichtet, dem Antragsteller Einsicht in den Kaufvertrag zwischen dem Erstveräußerer und dem dortigen Beigeladenen sowie in den Kaufvertrag zwischen diesem und der Antragsgegnerin bezüglich des sog. Schabowski-Zettels in Form von Kopien zu gewähren. Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 3. August 2023 Berufung eingelegt. Der Antragsteller will anknüpfend an die genannten Urteile bzw. diese Urteile betreffende Presseberichterstattung darüber berichten, welche Anwaltshonorare gezahlt worden sind, um die in diesen Verfahren sowie in den weiteren oben genannten Verwaltungs- bzw. gerichtlichen Verfahren von ihm geltend gemachten Auskunftsansprüche abzuwehren.
80Vergeblich macht die Antragsgegnerin geltend, ein Gegenwartsbezug sei ausgehend von den Ausführungen im Senatsbeschluss vom 23. Juli 2021 - 15 B 1270/20 - zu verneinen. In diesem Verfahren war anders als im vorliegenden Verfahren ein Zusammenhang zwischen den begehrten Auskünften und einem aktuellen Geschehen gerade nicht gegeben. Das dortige Auskunftsersuchen betraf den bereits mehrere Jahre zurückliegenden Erwerb des sog. Schabowski-Zettels.
81II. Die Beschwerde ist unbegründet, soweit sie das Begehren des Antragstellers betrifft, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung auch Auskunft zu der Frage
82„Wie hoch sind die bisher in Rechnung gestellten Anwaltshonorare für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Köln vom 15. Februar 2022 - 6 K 3228/19 -?“
83zu erteilen. Hinsichtlich dieser Frage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung jedenfalls im Ergebnis zu Recht mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) abgelehnt. Der geltend gemachte presserechtliche Auskunftsanspruch steht ihm insoweit nicht zu, weil dem Vertraulichkeitsinteresse der Beigeladenen Vorrang gegenüber dem Informationsinteresse des Antragstellers einzuräumen ist.
84Zu dieser Frage haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass hier schutzwürdige, die Honorargestaltung und Kalkulationsgrundlagen betreffende Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen in Rede stehen und mit der Erteilung der begehrten Auskunft wettbewerbsrelevante Informationen offengelegt würden. Dem Antragsteller sind der gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Februar 2022 - 6 K3228/19 - gerichtete Zulassungsantrag der Antragsgegnerin und auch ihre weiteren im Zulassungsverfahren 15 A 750/22 übersandten Schriftsätze bekannt. Er kann daher die anwaltliche Tätigkeit inhaltlich und zeitlich einordnen. Der Arbeitsaufwand, der hinter den in Rechnung gestellten Beträgen steht, kann somit jedenfalls grob geschätzt werden, so dass konkrete Rückschlüsse auf die vereinbarten Honorarkonditionen und damit auf die Kalkulationsgrundlagen der Beigeladenen möglich sind. An der Nichtverbreitung dieser wettbewerbsrelevanten Informationen hat sie ein berechtigtes Interesse, das das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt, auch wenn, wie dargestellt, bei Fragen nach der Verwendung von Steuermitteln ein gesteigerter Öffentlichkeitsbezug ins Gewicht fällt. Letzterem Belang wird im Übrigen auch durch die Beantwortung der unter I. genannten Fragen hinreichend Rechnung getragen werden.
85Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO sowie § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Gesamtsumme der seit dem 23. April 2015 gezahlten Anwaltshonorare, die Gegenstand der in der Beschlussformel aufgeführten Frage zu 1. ist, sich anhand der Auskunft auf die dort genannte Frage zu 2. errechnen lässt.
86Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
87Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).