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Bei der im örtlichen Interesse erfolgenden Veranstaltung traditioneller Wochenmärkte handelt es sich nach dem nordrhein-westfälischen Landesrecht wegen § 107 Abs. 2 GO NRW nicht um eine wirtschaftliche Betätigung im Rechtssinne. Traditionelle Wochenmärkte mit Alleinstellungscharakter auf den Marktplätzen oder -flächen der jeweiligen Gemeinde oder zumindest des jeweiligen Ortsteils sind als gemeindliche Einrichtungen, die der Wirtschaftsförderung dienen, nach § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GO NRW vollständig aus dem Anwendungsbereich der Regelungen über die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden ausgenommen.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 16.3.2022 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
I.
2Die Antragstellerin ist als private Veranstalterin von Wochenmärkten an zahlreichen Standorten in Deutschland tätig. Im Stadtgebiet der Antragsgegnerin führte sie die vier Wochenmärkte in Velbert-Mitte, Am Offers und Am Berg, sowie in Velbert-Langenberg und in Velbert-Neviges, die bis 2004 als kommunale Märkte durchgeführt worden waren, viele Jahre lang auf der Grundlage gewerberechtlicher Marktfestsetzungen durch, zuletzt bis zum 31.3.2022. Im Laufe des Jahres 2021 fasste die Antragsgegnerin den Entschluss, die vier Wochenmärkte als öffentliche Einrichtung wieder eigenständig durchzuführen. Hierzu entwarf sie eine Wochenmarktsatzung, die letztlich am 30.11.2021 vom Rat beschlossen und am 23.3.2022 im Amtsblatt bekannt gemacht wurde. Nach ihrem § 22 trat sie eine Woche nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.
3Am 19.11.2021 beantragte die Antragstellerin die erneute Marktfestsetzung zu ihren Gunsten für die Zeit ab dem 1.4.2022. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 9.12.2021 unter Hinweis auf die neue Marktsatzung und eine zu Ungunsten der Antragstellerin ausgefallene Auswahlentscheidung ab.
4II.
5Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
6Das Verwaltungsgericht hat den Antrag,
7die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, vorläufig ab dem 1.4.2022 und bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren 3 K 8457/21 zugunsten der Antragstellerin als Veranstalterin einen Wochenmarkt
8 jeweils dienstags und freitags in der Zeit von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr am Standort Velbert-Mitte auf dem Platz „Am Offers“,
9 jeweils mittwochs und samstags in der Zeit von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr am Standort Velbert-Langenberg auf dem „Froweinplatz“,
10 jeweils donnerstags von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr am Standort Velbert-Neviges im verkehrsberuhigten Bereich und in der Fußgängerzone der „Elberfelder Straße“ sowie
11 jeweils dienstags und freitags von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr am Standort Velbert-Mitte (Am Berg) auf der „Hardenberger Straße“ (ab Stichstraße Haus Nr. 70 bis „Heiligenhauser Straße“ 35)
12zur regelmäßigen Durchführung festzusetzen,
13abgelehnt. Es hat ausgeführt, dem Anordnungsbegehren sei nicht zu entsprechen, weil in der erstrebten Anordnung eine Vorwegnahme der Hauptsache liegen würde. Die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Entscheidung lägen nicht vor. Das Gericht könne bereits nicht mit der notwendigen Gewissheit feststellen, dass die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen werde. Die Durchführung der Wochenmärkte durch die Antragsgegnerin erfülle die Voraussetzungen des § 107 Abs. 1 GO NRW. Es handele sich um rechtmäßige und im öffentlichen Interesse liegende Veranstaltungen, die einer Festsetzung zu Gunsten der Antragstellerin gemäß § 69a Abs. 1 Nr. 3 GewO entgegenstünden.
14Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, bietet keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern.
15Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. den §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
16Nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung steht der Antragstellerin der geltend gemachte Anordnungsanspruch nicht zu. Die Voraussetzungen für die von ihr begehrte Marktfestsetzung liegen nicht vor, wenn die von der Antragsgegnerin mittlerweile als öffentliche Einrichtung der Gemeinde zu denselben Zeiten an denselben Orten durchgeführten Wochenmärkte rechtmäßig sind und ein öffentliches Interesse für sie streitet, das durch die beantragte Marktfestsetzung verletzt würde (dazu unten 1.). Das ist hier der Fall, ohne dass es einer Auswahlentscheidung zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin bedurfte (dazu unten 2.).
171. Gemäß § 69 GewO hat die zuständige Behörde auf Antrag des Veranstalters eine Veranstaltung wie einen Wochenmarkt (§ 67 GewO) festzusetzen, wenn kein Ablehnungsgrund im Sinne des § 69a GewO vorliegt. Die Versagung einer beantragten Marktfestsetzung kann nach § 69a GewO gerechtfertigt sein, wenn die Voraussetzungen eines der dort genannten Versagungsgründe erfüllt sind. Nach § 69a Abs. 1 Nr. 3 GewO muss der Festsetzungsantrag erfolglos bleiben, wenn die Durchführung der geplanten Veranstaltung dem öffentlichen Interesse widerspricht. Das kann der Fall sein, wenn sie gegen eine Norm des Bundes- oder des Landesrechts verstößt, etwa weil es an einer zur Durchführung erforderlichen Genehmigung fehlt. Dann kann eine Marktfestsetzung nicht erfolgen, weil der Veranstalter zur Durchführung des Marktes nicht in der Lage wäre, obwohl die Festsetzung ihn dazu verpflichten würde, wie aus § 69 Abs. 2 GewO folgt. Wird der für den Markt vorgesehene Ort zum vorgesehenen Zeitpunkt von einem anderen Veranstalter (Gemeinde oder Privater) zu einem gleichartigen Nutzungszweck in Anspruch genommen, ist eine positive Entscheidung über den Festsetzungsantrag nicht möglich, wenn die andere Veranstaltung ihrerseits rechtmäßig ist und ein öffentliches Interesse für sie streitet, das durch die beantragte Marktfestsetzung verletzt würde. Fehlt es an einem solchen öffentlichen Interesse und ist die beantragte Marktfestsetzung nicht aus einem anderen Grunde, beispielsweise wegen des Nichtvorliegens einer benötigten straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis, zu versagen, kann es erforderlich sein, bei der Entscheidung über den Festsetzungsantrag zwischen den beiden möglichen Veranstaltern auszuwählen. Ist die andere Veranstaltung rechtswidrig, kann sie nicht im öffentlichen Interesse liegen und daher der Marktfestsetzung nicht entgegenstehen.
18Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29.8.2011 – 8 B 52.11 –, juris, Rn. 13, sowie vom 2.1.2006 – 6 B 55.05 –, juris, Rn. 4; OVG NRW, Hinweisbeschluss vom 29.4.2022 – 4 B 996/21 –, juris, Rn. 30 f., m. w. N.
19In Nordrhein-Westfalen dürfen traditionelle kommunale Wochenmärkte auf zentralen hierfür gewidmeten öffentlichen Flächen als öffentliche Einrichtungen veranstaltet werden, die der wirtschaftlichen Betreuung der Einwohner im Sinne von § 8 Abs. 1 GO NRW dienen [dazu unten a)], ohne dass hierdurch die Grenzen zulässiger wirtschaftlicher Betätigung nach § 107 GO NRW überschritten werden [dazu unten b)].
20a) Nach § 8 GO NRW schaffen die Gemeinden innerhalb der Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen, die alle Einwohner im Rahmen des geltenden Rechts nutzen dürfen. Der im Gesetz nicht näher definierte Begriff der öffentlichen Einrichtung „umgreift Betriebe, Unternehmen, Anstalten und sonstige Leistungsapparaturen höchst unterschiedlicher Struktur und Zweckbestimmung, denen letztlich nur die Funktion gemeinsam ist, die Voraussetzungen für die Daseinsfürsorge und Daseinsvorsorge der Bevölkerung zu schaffen und zu gewährleisten“.
21Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.9.1975 – III A 1279/75 –, NJW 1976, 820, 821.
22Eine öffentliche Einrichtung in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn die Gemeinde mit dieser Einrichtung (als Folge gesetzlicher Verpflichtung oder freiwillig) eine in ihren Wirkungskreis nach § 2 GO NRW fallende Aufgabe erfüllt und demgemäß die Einrichtung den Gemeindeeinwohnern zur Benutzung zur Verfügung stellt; die Indienststellung zu öffentlichen Zwecken geschieht durch Widmung, die auch formlos durch konkludente Handlung und auch stillschweigend möglich ist, z. B. durch tatsächliche Eröffnung. Nicht zu den öffentlichen Einrichtungen gehören Sachen im Gemeingebrauch und private Einrichtungen. Die Benutzungsregelung der Einrichtung durch Satzung und die Gebührenerhebung für die Benutzung ist nicht Voraussetzung für den öffentlichen Charakter der Einrichtung. Wesentlich ist, dass allen Einwohnern unter den gleichen Bedingungen Zugang zu der Einrichtung gewährt wird. Im Übrigen spricht eine Vermutung dafür, dass für die Allgemeinheit nutzbare kommunale Einrichtungen öffentliche Einrichtungen sind; diese Vermutung ist nur durch den Nachweis zu entkräften, dass sich aus der eindeutigen Beschränkung der Bereitstellung ergebe, die Einrichtung solle als private Einrichtung betrieben werden.
23Vgl. grundlegend OVG NRW, Urteile vom 23.10.1968 – III A 1522/64 –, OVGE 24, 175, 179, und vom 27.1.2015 – 16 A 1494/14 –, juris, Rn. 177 f., m. w. N.; ähnlich Bay. VGH, Urteil vom 23.3.1988 – 4 B 86.02336 –, VGHE 41, 68 = NVwZ-RR 1988, 71, m. w. N.
24Erfolgt die Veranstaltung traditioneller Wochenmärkte auf zentralörtlichen öffentlichen Plätzen oder Flächen unter diesen Voraussetzungen, so gehört sie zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Bereich der Daseinsvorsorge, die die Gemeinden im Sinne der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 78 Abs. 2 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen (LV NRW), § 2 GO NRW in eigener Verantwortung zu regeln haben. Die Zuordnung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zur lokalen Selbstverwaltungsgarantie im Sinne des nationalen Rechts gehört wiederum nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 EUV und Art. 36 EUGrdRCh zur nationalen Identität, die die Union achtet.
25Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Hinweisbeschluss vom 29.4.2022 – 4 B 996/21 –, juris, Rn. 42 ff.
26b) Der kommunalen Veranstaltung von solchen traditionellen Wochenmärkten als öffentliche Einrichtung steht nicht entgegen, dass sie der wirtschaftlichen Betreuung der Einwohner im Sinne von § 8 Abs. 1 GO NRW dienen. Eine derartige für die Allgemeinheit nutzbare Einrichtung unterliegt nicht den Grenzen für eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nach § 107 GO NRW.
27Bei der im örtlichen Interesse erfolgenden Veranstaltung traditioneller Wochenmärkte handelt es sich nach dem nordrhein-westfälischen Landesrecht wegen § 107 Abs. 2 GO NRW nicht um eine wirtschaftliche Betätigung im Rechtssinne, die den Schranken des § 107 Abs. 1 GO NRW unterliegt und deren Aufnahme – hieran anknüpfend – eine Marktanalyse nach § 107 Abs. 5 GO NRW voraussetzt. Traditionelle Wochenmärkte mit Alleinstellungscharakter auf den Marktplätzen oder -flächen der jeweiligen Gemeinde oder zumindest des jeweiligen Ortsteils sind nämlich – auch wegen der herkömmlich nicht verfolgten Gewinnerzielungsabsicht – als gemeindliche Einrichtungen, die der Wirtschaftsförderung dienen, nach § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GO NRW vollständig aus dem Anwendungsbereich der Regelungen über die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden ausgenommen. Solche Märkte haben gerade als gemeindliche Einrichtungen marktergänzende und wettbewerbssichernde Funktion im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse.
28Vgl. OVG NRW, Hinweisbeschluss vom 29.4.2022 – 4 B 996/21 –, juris, Rn. 51 ff., m. w. N.
29Sie gehören zu den althergebrachten kommunalen Tätigkeiten der Daseinsvorsorge, die ihren Ursprung in der örtlichen Gemeinschaft haben.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.10.2004 – 15 B 1873/04 –, OVGE 50, 110 = juris, Rn. 11, 16, siehe ebenso Urteil vom 26.10.2010 – 15 A 440/08 –, OVGE 53, 181 = juris, Rn. 21 ff.; anders für das Landesrecht in Sachsen-Anhalt: OVG S.-A., Urteil vom 19.5.2005 – 1 L 40/04 –, juris, Rn. 31, m. w. N.
31Seit jeher ist allgemein anerkannt, dass das Veranstalten insbesondere von traditionellen kommunalen Märkten und Messen grundsätzlich eine in den Schutzbereich von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG fallende freiwillige Selbstverwaltungstätigkeit im Bereich der Daseinsvorsorge darstellt, die Gemeinden als öffentliche Einrichtung durchführen können, sofern ihnen dies nicht (ausnahmsweise) kommunalrechtlich versagt ist.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.1.2006 – 6 B 55.05 –, juris, Rn. 10; OVG NRW, Urteil vom 16.9.1975 – III A 1279/75 –, NJW 1976, 820, 821; Bay. VGH, Urteil vom 23.3.1988 – 4 B 86.02336 –, VGHE 41, 68 = NVwZ-RR 1988, 71, m. w. N.; OVG S.-A., Urteil vom 19.5.2005 – 1 L 40/04 –, juris, Rn. 31, m. w. N.; Donhauser, NVwZ 2010, 931, 932; Wellmann, in: Rehn/Cronauge/von Lennep/Kniersch, GO NRW, Stand: Januar 2022, § 8 Rn. 4; Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand: September 2021, Vorbem. zu Titel IV Rn. 6, § 69 Rn. 19.
33§ 107 GO NRW sollte den Kommunen ihre wirtschaftliche Betätigung in „angestammten Feldern“ erhalten und zugleich ihre Handlungsmöglichkeiten erweitern, ohne die Interessen vor allem kleiner und mittlerer Unternehmen zu gefährden. In diesem Sinne hat der Gesetzgeber neben den schon bisher als gemeindliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge angesehenen Wochenmärkten auch das Messe- und Ausstellungswesen der nichtwirtschaftlichen Betätigung zugeordnet.
34Vgl. LT-Drs. 12/3730, S. 103, 106, 108; Wellmann, in: Rehn/Cronauge/von Lennep/Kniersch, GO NRW, Stand: Januar 2022, § 107 Rn. 107, 198, 203; Held/Kotzea, in: Held/Winkel/Wansleben, Kommunalverfassungsrecht NRW, Stand: August 2022, GO NRW, § 107 Anm. 3.1.1.; zum Gesetz zur Änderung der Kommunalverfassung vom 17.5.1994, mit dem Wirtschaftsförderungseinrichtungen ausdrücklich erstmals als nichtwirtschaftliche Betätigungen bezeichnet worden sind: LT-Drs. 11/4983, S. 58 sowie S. 25 der Begründung.
352. Ausgehend davon ist die Durchführung der in Rede stehenden Wochenmärkte durch die Antragsgegnerin als öffentliche Einrichtung voraussichtlich rechtmäßig und ein öffentliches Interesse streitet für sie, das durch die beantragte Marktfestsetzung verletzt würde. Die Wochenmärkte im Gebiet der Antragsgegnerin sind gemeindliche öffentliche Einrichtungen im Sinne von § 8 GO NRW [dazu unten a)]. Die Durchführung der Velberter Wochenmärkte als öffentliche Einrichtung unterliegt nicht den Grenzen für eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nach § 107 GO NRW. Daran ändert nichts, dass Wochenmärkte auch von Privaten mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführt werden können und die Velberter Wochenmärkte dementsprechend in den vergangenen Jahren an den angestammten Zeiten und Orten auch tatsächlich von der Antragstellerin auf der Grundlage gewerberechtlicher Marktfestsetzungen durchgeführt worden sind [dazu unten b)]. Zu einer Erweiterung des Warensortiments gemessen an § 67 Abs. 1 GewO war die Antragsgegnerin befugt [dazu unten c)]. Einer Auswahlentscheidung zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin als Marktveranstalterin bedurfte es daher nicht [dazu unten d)].
36a) Die Wochenmärkte im Gebiet der Antragsgegnerin, für die die Antragstellerin ab dem 1.4.2022 eine Festsetzung zu ihren Gunsten begehrt, sind nach § 1 der bereits Ende März 2022 in Kraft getretenen Satzung für die Wochenmärkte im Gebiet der Stadt Velbert vom 30.11.2021 – Wochenmarktsatzung –, Amtsblatt der Stadt Velbert vom 23.3.2022, Seite 2, (wieder) eine gemeindliche öffentliche Einrichtung im Sinne von § 8 GO NRW, zu der entsprechend der oben angeführten rechtlichen Maßstäbe für öffentliche Einrichtungen der Gemeinden allen Einwohnern unter den gleichen Bedingungen Zugang gewährt wird. In der Festlegung der Marktplätze und Marktzeiten in § 3 der Wochenmarktsatzung, die mit dem Festsetzungsbegehren der Antragstellerin übereinstimmen, liegt eine sowohl gemeinde- als auch straßenrechtlich relevante zeitlich begrenzte Widmung der Marktflächen zur Nutzung als Wochenmärkte. Der Gemeingebrauch an den in Anspruch genommenen Marktplätzen ist gemäß § 2 der Wochenmarktsatzung für die Dauer des Wochenmarktes entsprechend eingeschränkt.
37b) Die Durchführung der Velberter Wochenmärkte als öffentliche Einrichtung unterliegt als gemeindliche Einrichtung, die der Wirtschaftsförderung im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GO NRW dient, nicht den Grenzen für eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nach § 107 GO NRW. Sie gilt als in § 107 Abs. 2 GO NRW genannte Einrichtung kraft Gesetzes nicht als wirtschaftliche Betätigung. Deshalb ist § 107 Abs. 1 Satz 3 GO NRW nicht einschlägig und unerheblich, dass Wochenmärkte auch von Privaten mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführt werden können und die Velberter Wochenmärkte dementsprechend in den vergangenen Jahren an den angestammten Zeiten und Orten tatsächlich von der Antragstellerin auf der Grundlage gewerberechtlicher Marktfestsetzungen durchgeführt worden sind. An der rechtlichen Befugnis, zur Wirtschaftsförderung nach § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GO NRW Wochenmärkte entsprechend einer verbreiteten kommunalen Tradition an bestimmten Markttagen auf den Marktplätzen oder anderen geeigneten zentralen öffentlichen Flächen der jeweiligen Gemeinde oder zumindest des jeweiligen Ortsteils als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe durchzuführen, ändert sich nichts dadurch, dass eine Gemeinde diese Aufgabe für eine gewisse Zeit nicht mehr wahrgenommen hat. Dies gilt umso mehr, weil die Marktveranstaltung im traditionellen Rahmen nicht einmal unterbrochen, sondern zwischenzeitlich von Privaten fortgeführt worden war. Nach dem oben unter 1. b) aufgezeigten Regelungszweck des § 107 GO NRW, den Kommunen ihre wirtschaftliche Betätigung in „angestammten Feldern“ zu erhalten und zugleich ihre Handlungsmöglichkeiten zu erweitern, ist zudem entscheidend für die Befugnis von Gemeinden, zentralörtliche Wochenmärkte rechtmäßig als gemeindliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu veranstalten, dass dies in der Art geschieht, wie kommunale Wochenmärkte traditionell in marktergänzender und wettbewerbssichernder Funktion im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse durchgeführt werden. Dieser Rahmen wird durch die Antragsgegnerin vorliegend gewahrt.
38c) Ungeachtet dessen, dass die Antragsgegnerin für ihre nicht nach § 69 GewO festgesetzten Wochenmärkte nicht auf das in § 67 Abs. 1 GewO genannte Sortiment beschränkt ist, wäre ihr die durch § 13 Abs. 2 der Wochenmarktsatzung zugelassene Erweiterung des Sortiments auch im Fall einer Marktfestsetzung nach § 69 GewO auf der Grundlage von § 67 Abs. 2 GewO i. V. m. § 1 Abs. 1 GewRV im Wege der Verordnungsgebung gestattet. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Marktdurchführung, die sich zu Gunsten der Antragstellerin auswirken könnten, folgen hieraus nicht.
39d) Einer Auswahlentscheidung zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin als Marktveranstalterin bedurfte es nicht, weil die Rechtmäßigkeit der Veranstaltung kommunaler Wochenmärkte als öffentliche Einrichtung der Antragsgegnerin in Nordrhein-Westfalen nach dem hier maßgeblichen Gemeinderecht nicht davon abhängt, ob solche Märkte durch andere Unternehmen besser und wirtschaftlicher durchgeführt werden können. Allein wegen der nach Gemeinderecht rechtmäßigen Durchführung der Velberter Wochenmärkte als öffentliche Einrichtung im Sinne des § 8 GO NRW streitet ein rechtlich relevantes öffentliches Interesse im Sinne des § 69a Abs. 1 Nr. 3 GewO für sie, das durch die beantragte Marktfestsetzung zu Gunsten der Antragstellerin verletzt würde.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Die Bemessung des Streitwerts berücksichtigt ausgehend von dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Wert von 5.000,00 Euro je Wochenmarkt für das Hauptsacheverfahren Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.5./1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen (abrufbar unter: https://www.bverwg.de/user/data/media/streitwertkatalog.pdf). Danach ist der sich für vier Wochenmärkte ergebende Wert von 20.000,00 Euro mit Blick auf die Vorläufigkeit des Eilverfahrens zu halbieren.
42Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).