Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Das fristgerechte Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin, auf dessen Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt nicht, die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern und den sinngemäßen Antrag der Antragstellerin abzulehnen,
4der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, das mit Schreiben vom 19. Juli 2021 abgebrochene, die Beförderungsrunde 2019/2020 in der Beförderungsliste „DTTechnik_nT nach A9_vz“ betreffende Stellenbesetzungsverfahren fortzusetzen.
5Das Verwaltungsgericht hat seine stattgebende Entscheidung damit begründet, der streitgegenständliche Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens verletze den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin. Der Dienstherr sei bei der Entscheidung, ob er ein nach den Grundsätzen der Bestenauslese begonnenes Auswahlverfahren zur Besetzung einer Beförderungsstelle abbreche, in unterschiedlichem Maße rechtlich gebunden, je nachdem, ob die konkrete Stelle – auf der Grundlage eines neuen Auswahlverfahrens – weiter besetzt werden solle oder nicht. Solle die konkrete Stelle nach dem Abbruch nicht mehr besetzt werden, sei der Dienstherr, auch wenn er das Stellenbesetzungsverfahren bereits eingeleitet habe, keinen strengeren Bindungen unterworfen als bei sonstigen personalwirtschaftlichen Entscheidungen. Die gerichtliche Kontrolle sei regelmäßig darauf beschränkt zu prüfen, ob die Abbruchentscheidung willkürlich oder rechtsmissbräuchlich sei. Anders liege es, wenn der Dienstherr die Stelle unbeschadet der getroffenen Abbruchentscheidung weiterhin vergeben wolle, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich halte. Da die Stelle in diesem Fall unverändert bestehen bleiben und auch besetzt werden solle, sei – und bleibe – Art. 33 Abs. 2 GG Prüfungsmaßstab. Dann bedürfe es in materieller Hinsicht eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG genüge. Bei der hiernach anzustellenden Prüfung sei – wie auch sonst bei im Ermessen der Behörde stehenden Entscheidungen – auf die in der Begründung angegebenen Erwägungen abzustellen.
6Die streitgegenständliche Abbruchentscheidung sei der zweitgenannten Fallgruppe zuzurechnen, da die Antragsgegnerin weiterhin beabsichtige, die ausgeschriebenen Stellen zu vergeben. Der Abbruchmitteilung könne entnommen werden, dass geplant sei, die Beförderungsstellen, die bisher nicht hätten besetzt werden können, weiterhin zu besetzen, wenn auch im Rahmen der Beförderungsaktion 2021/2022. Der Auffassung der Antragsgegnerin, ihre Abbruchentscheidung sei allein am Maßstab des Willkürverbots zu messen, da die Planstelle (und das Amt) im Rahmen der Beförderungsaktion 2019/2020 überhaupt nicht mehr vergeben werden solle, sei nicht zu folgen. Entscheidend sei, dass der Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach den Ausführungen der Antragsgegnerin sowohl in der Abbruchentscheidung als auch in der Abbruchmitteilung vom 19. Juli 2021 fortbestehe. Dies habe die Antragsgegnerin durch ihren Schriftsatz vom 23. August 2021 inhaltlich bestätigt, indem sie hervorhebe, diejenigen Planstellen, die durch den Abbruch weggefallen seien, seien in der nächsten Beförderungsrunde 2021/2022 wieder eingeplant. Dass die Planstelle nunmehr dem Kontingent eines anderen Haushaltsjahres zuzuordnen sei, ändere hieran nichts. Allein der Zeitpunkt der vorgesehenen Vergabe der Planstelle solle sich verändern, nicht aber deren organisatorischer Zuschnitt.
7Die Abbruchentscheidung erweise sich als materiell rechtswidrig, weil sich der seitens der Antragsgegnerin gegebenen Begründung keine sachlichen Gründe entnehmen ließen. Der Dienstherr könne eine Abbruchentscheidung bei weiterhin beabsichtigter Stellenbesetzung sachlich rechtfertigen, wenn das Auswahlverfahren fehlerhaft sei und nicht mehr zu einer ordnungsmäßen Besetzungsentscheidung führen könne oder wenn – was vorliegend jedoch nicht angeführt werde – eine erneute Ausschreibung erforderlich sei, um eine hinreichende Anzahl leistungsstarker Bewerber zu erhalten. Eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung könne dann nicht mehr getroffen werden, wenn der gerichtlich festgestellte Mangel im in den Gang gesetzten Auswahlverfahren nicht mehr geheilt werden könne. Nach diesem Maßstab sei ein Mangel des Auswahlverfahrens, der bei Fortführung des Verfahrens nicht geheilt werden könnte, in der Abbruchmitteilung vom 19. Juli 2021 nicht aufgeführt. Die Antragsgegnerin führe als Grund für den Abbruch aus, sie könne das bisherige Auswahlverfahren zu der Beförderungsrunde 2019/2020 aufgrund der geänderten Rechtsprechung des Senats in seinem Beschluss vom 14. Juni 2021 – 1 B 431/21 –, juris, nicht mehr auf der Grundlage der Beurteilungen für den Zeitraum 1. September 2016 bis 31. August 2018 fortsetzen. Diese Erwägungen der Antragsgegnerin zeigten jedoch keinen unheilbaren Fehler des bisherigen Verfahrens auf. Aus vorgenanntem Senatsbeschluss folge kein Fehler des bisherigen Auswahlverfahrens, sondern lediglich die Notwendigkeit, die (neue) Auswahlentscheidung auf der Grundlage der aktuellen Sach- und Rechtslage zu treffen. Im Übrigen sei bereits vor dem genannten Senatsbeschluss anerkannt gewesen, dass in einem Fall, in dem ein Auswahlverfahren zur Vergabe einer Beförderungsstelle fortgesetzt werde, nachdem eine fehlerhafte Auswahlentscheidung aufgehoben worden sei, auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der neuen Auswahlentscheidung abzustellen sei. Bei einer Fortsetzung des Verfahrens sei es der Antragsgegnerin möglich, das zu diesem Zeitpunkt aktuelle Beurteilungsbild der betreffenden Bewerber in den Blick zu nehmen. Die Antragsgegnerin habe keine Gründe benannt, wonach eine erneute Auswahlentscheidung auf der Grundlage der aktuellen Beurteilungen im Fall der Fortsetzung des Verfahrens nicht möglich sei. Er sei auch sonst nicht ersichtlich, dass ihr eine erneute Auswahl aufgrund der nunmehr maßgeblichen neuen Beurteilungen für den Zeitraum 1. September 2018 bis 31. August 2020 nicht möglich sein sollte. Diese Beurteilungen lägen – zumindest für einige Bewerber – offenbar bereits vor. Zudem sei es grundsätzlich möglich und stelle auch keinen seltenen Ausnahmefall dar, dass Beurteilungen im laufenden Auswahlverfahren erst noch erstellt werden müssten.
8Die Antragstellerin habe auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache für sie zu schweren und unzumutbaren, nachträglich nicht mehr zu beseitigenden Nachteilen führen würde. Das Erfordernis einer zeitnahen Klärung folge aus dem Gebot der Rechtssicherheit. Sowohl der Dienstherr als auch der einen rechtswidrigen Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahren rügende Bewerber benötigten Klarheit darüber, aufgrund welchen Standes des Auswahlverfahrens und mit welchem Bewerberkreis die Stelle vergeben werde. Falls das Verfahren zunächst mit dem erweiterten Bewerberkreis und auf der Basis neuer dienstlicher Beurteilungen vollständig neu durchgeführt werden würde, so könnte dies zu schwierigen Vergabe- und Rückabwicklungsproblemen führen. Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs müsste daher geklärt sein, bevor auf veränderter Grundlage eine neue Entscheidung getroffen und das Amt vergeben werde. Die Antragstellerin habe den vorliegenden Eilantrag auch innerhalb der Monatsfrist anhängig gemacht.
9Das hiergegen erhobene Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin greift nicht durch. Es erschüttert die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts nicht, der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin sei verletzt, da es dem Abbruch des Besetzungsverfahrens an einem sachlichen Grund fehle.
10Der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch gibt Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Der Bewerbungsverfahrensanspruch ist auf ein konkretes Stellenbesetzungsverfahren für die Vergabe eines bestimmten höheren Statusamtes gerichtet, das möglichst zeitnah nach der Auswahlentscheidung durch Beförderung des ausgewählten Bewerbers besetzt werden soll. Dementsprechend erlischt der Anspruch, wenn das Verfahren rechtmäßig beendet wird. Das Verfahren endet, wenn der ausgewählte Bewerber ernannt wird oder wenn das Stellenbesetzungsverfahren ohne Ergebnis, das heißt ohne Ernennung eines Bewerbers in rechtmäßiger Weise abgebrochen wird.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 10 f.
12Der Dienstherr ist bei der Entscheidung, ob er ein nach den Grundsätzen der Bestenauswahl begonnenes Auswahlverfahren zur Besetzung einer Beförderungsstelle abbricht, in unterschiedlichem Maße rechtlich gebunden, je nachdem, ob die konkrete Stelle – auf der Grundlage eines neuen Auswahlverfahrens – weiter besetzt werden soll oder nicht.
13Soll die konkrete Stelle nach dem Abbruch nicht mehr besetzt werden, ist der Dienstherr auch, wenn er das Stellenbesetzungsverfahren bereits begonnen hatte, keinen strengeren Bindungen unterworfen, als bei sonstigen personalwirtschaftlichen Entscheidungen, ob und welche Ämter geschaffen oder wie Dienstposten zugeschnitten werden sollen. Eine solche Entscheidung unterfällt dem weiten, dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsermessen des Dienstherrn. Die gerichtliche Kontrolle ist insoweit regelmäßig darauf beschränkt zu prüfen, ob die Abbruchentscheidung willkürlich oder rechtsmissbräuchlich ist.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 – 2 A 3.13 –, juris, Rn. 26, 37; OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2018 – 6 B 355/18 –, juris, Rn. 11.
15Die Entscheidung des Dienstherrn, das Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen, um die Stelle danach auf der Grundlage eines neuen Auswahlverfahrens zu vergeben, betrifft dagegen nicht mehr nur den Zuschnitt und die Gestaltung des Amtes, sondern stellt bereits die wesentlichen Weichen für die organisatorische Ausgestaltung der nachfolgenden Auswahlentscheidung. Sie muss daher selbst auch den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragen und bedarf eines dem entsprechenden sachlichen Grundes.
16Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 –, juris, Rn. 16 ff.; Urteile vom 3. Dezember 2014 – 2 A 3.13 –, juris, Rn. 17 ff., und vom 29. November 2012 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 16 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. April 2018 – 6 B355/18 –, juris, Rn. 13, sowie vom 5. Februar 2018– 1 B 1146/17 –, juris, Rn. 10.
17Bei der Prüfung, ob ein solcher sachlicher Grund für den Abbruch vorliegt, ist wie auch sonst bei Ermessensentscheidungen allein auf die in der – in der Regel schriftlich zu dokumentierenden – Begründung angegebenen Erwägungen abzustellen. Ob diese die wahren Beweggründe des Dienstherrn wiedergibt, ist ebenso ohne Belang wie die Frage, ob sich der Abbruch durch einen anderen Sachgrund rechtfertigen ließe.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2018 – 6 B 355/18 –, juris, Rn. 17.
19Maßgeblich für die Beurteilung des Abbruchs sind allein die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich dem Dienstherrn im Zeitpunkt seiner Entscheidung (am 29. April 2020) darstellen.
20Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 13. Januar 2015– 6 CE 14.2444 –, juris, Rn. 14.
21Nach diesem Maßstab ist auch in Anbetracht des Beschwerdevorbringens das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass für den Abbruch des Besetzungsverfahrens ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügender sachlicher Grund erforderlich ist. Diesbezüglich trägt die Antragsgegnerin vor: Der vorliegende Fall sei mit der Situation vergleichbar, dass die Stelle nicht mehr besetzt werde. Da die Entscheidung einen bereits ausgeschriebenen Dienstposten nicht mehr zu besetzen, der personalwirtschaftlichen Entscheidung darüber gleichgestellt sei, ob und welche Ämter geschaffen und wie Dienstposten zugeschnitten werden sollten, sei die gerichtliche Kontrolle insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob sich der Abbruch als willkürlich oder rechtsmissbräuchlich erweise. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts habe sie im Abbruchsschreiben deutlich gemacht, dass die (übrig gebliebenen) Planstellen aus der Beförderungsrunde 2019/2020 endgültig nicht mehr vergeben werden sollen. Die Organisationsgewalt der Antragsgegnerin sei insoweit beschränkt durch die gesetzliche Vorgabe des § 9 Abs. 1 PostPersRG, wonach das Postnachfolgeunternehmen für jedes Geschäftsjahr im Voraus einen Stellenplan aufstelle, welcher vom Bundesfinanzministerium zu genehmigen sei. Zu konstatieren sei, dass die Organisation des Konzerns Deutsche Telekom ständigen Veränderungen unterliege und Art. 87f und 143b GG deshalb eine besonders weitgehende Organisationsgewalt für die Postnachfolgeunternehmen gewährleisteten.
22Auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens ist das Verwaltungsgericht vom zutreffenden Prüfungsmaßstab ausgegangen und hat daher geprüft, ob ein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens gegeben ist. Eines solchen Grundes bedarf es, da die Stellen, die ursprünglich in der Beförderungsrunde 2019/2020 vergeben werden sollten, ohne inhaltliche Veränderung nunmehr Gegenstand der Beförderungsrunde 2021/2022 sein sollen. Dies folgt eindeutig aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 19. Juli 2021 in dem es heißt:
23„Die in der Beförderungsrunde 2019/2020 auf dieser Liste noch gesperrten Planstellen gehen jedoch nicht verloren, sondern werden in der kommenden Beförderungsaktion 2021/2000 für Ihre Besoldungsgruppe erneut vergeben und der jeweiligen Beförderungsliste (…) zugeordnet. Diese Planstellen werden somit zusätzlich zur Beförderungsquote für die Beförderungsrunde 2021/2022 für alle Beamtinnen und Beamten der jeweiligen Beförderungsliste vergeben. (…)“
24Vor diesem Hintergrund ist unerheblich, dass die Antragsgegnerin dem Bundesfinanzministerium auf haushaltsrechtlicher Ebene jährlich einen Stellenplan zur Genehmigung vorlegt. Entscheidend ist vielmehr, dass schon bei Abbruch des Besetzungsverfahrens feststand, dass die nicht vergebenen Stellen aus der Beförderungsrunde 2019/2020 ohne Veränderung ihres inhaltlichen Zuschnitts in der Beförderungsrunde 2021/2022 vergeben werden sollen. Schon die Wendung „zusätzlich (…) vergeben“ im Mitteilungsschreiben vom 19. Juli 2021 belegt, dass die Stellen durch den Stellenplan jedenfalls in der vorliegenden Konstellation kein eigenes Gepräge erhalten, das es rechtfertigen könnte, in der Aufhebung des Verfahrens eine Entscheidung der Antragsgegnerin zu sehen, hinsichtlich der ihr ein lediglich eingeschränkt überprüfbares Organisationsermessen zusteht.
25Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 26. Oktober 2021 – 10 L 1796 –, n. v., der die Aufhebung der Beförderungsrunde 2019/2020 hinsichtlich der Beförderungsliste „DTTechnik_T nach A9_vz“ betrifft und auf den die Antragsgegnerin zur Stützung ihrer Rechtsauffassung verweist, vermag angesichts des Vorstehenden nicht zu überzeugen. Auch der in diesem Beschluss zitierte Senatsbeschluss vom 27. Februar 2019 – 1 B 1000/18 –, juris, gibt für die Auffassung der Antragsgegnerin nichts her. Die die Antragsgegnerin hatte im dortigen Fall von einer Besetzung der betroffenen Stellen endgültig Abstand genommen.
26„Vielmehr hat die Antragsgegnerin die ursprünglich vorgesehenen sechs weiteren Beförderungsmöglichkeiten für die Beförderungsrunde 2017/2018 unstreitig endgültig zurückgezogen. Sie hat damit in Ausübung des ihr zukommenden Organisationsermessens entschieden, diese Stellen in dieser Beförderungsrunde nicht mehr zu vergeben.“
27OVG NRW, Beschluss vom 27. Februar 2019 – 1 B 1000/18 –, juris, Rn. 11 (Hervorhebung nur hier).
28Damit unterscheidet sich die diesem Senatsbeschluss zugrunde liegende Situation grundlegend vom vorliegenden Fall.
29Das Verwaltungsgericht hat auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens zu Recht das Vorliegen eines sachlichen Grundes für den Abbruch des Besetzungsverfahrens verneint. Bei der Prüfung, ob ein solcher sachlicher Grund für den Abbruch vorliegt, ist wie auch sonst bei Ermessensentscheidungen allein auf die in der – in der Regel schriftlich zu dokumentierenden – Begründung angegebenen Erwägungen abzustellen. Ob diese die wahren Beweggründe des Dienstherrn wiedergibt, ist ebenso ohne Belang wie die Frage, ob sich der Abbruch durch einen anderen Sachgrund rechtfertigen ließe.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2018 – 1 B 1160/17 –, juris, Rn. 13.
31Im Vermerk betreffend den Abbruch der Beförderungsmaßnahmen 2016, 2017 und 2019/2020 begründete die Antragsgegnerin den Abbruch wie folgt:
32„Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 14.06.2021 (Aktenzeichen: 1 B 431/21) entschieden, dass nach Wiederaufnahme eines Auswahlverfahrens nicht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der ersten (aufgehobenen), sondern der zweiten (noch zutreffenden) Auswahlentscheidung maßgeblich sei. Dies bedeute auch, dass das jeweils aktuelle Beurteilungsbild der zu betrachtenden Bewerber für die neue Auswahlentscheidung in den Blick zu nehmen sei.
33Aufgrund dieser Rechtsprechung kann das bisherige Auswahlverfahren zu den Beförderungsrunden 2016, 2017 und 2019/2020 nicht mehr auf Grundlage der dienstlichen Beurteilungen für die damaligen Beurteilungszeiträume (2013-2015, 2015-2016, 2016-2018) fortgesetzt werden.“
34Eine entsprechende Begründung enthält auch die an die Antragstellerin gerichtete Abbruchmitteilung vom 19. Juli 2021.
35Diese Begründung genügt auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht den Anforderungen, die gemäß Art. 33 Abs. 2 GG an einen sachlichen Grund zur Aufhebung eines Auswahlverfahrens zu stellen sind. Zwar kann der Dienstherr ein Auswahlverfahren bei weiterhin beabsichtigter Stellenbesetzung sachlich gerechtfertigt, d. h. den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügend abbrechen, wenn das Auswahlverfahren fehlerhaft ist und nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen kann.
36OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2018 – 1 B 1160/17 –, juris, Rn. 23 m. w. N.
37Vorliegend kann offenbleiben, ob der Antragsgegnerin bei der Einschätzung, ob das Auswahlverfahren noch ordnungsgemäß abgeschlossen werden kann, ein Beurteilungsspielraum zukommt.
38Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2018– 2 VR 4.18 –, juris, Rn. 18,
39Selbst bei Annahme eines solchen Beurteilungsspielraums hätte die Antragsgegnerin dessen Grenzen überschritten, da die von ihr angeführte Senatsrechtsprechung jedoch einem erfolgreichen Abschluss der Beförderungsrunde 2019/2020 offensichtlich nicht entgegensteht. Einer erneuten Auswahlentscheidung im Rahmen dieser Beförderungsrunde könnten unproblematisch die zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Beurteilungen der Bewerber zugrundegelegt werden. Es erschließt sich nicht im Ansatz, warum dies nicht möglich sein soll. Ein Hinderungsgrund wird auch von der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung nicht nahegelegt. Schließlich müsste, wenn die in Rede stehenden Beförderungsstellen im Rahmen der Beförderungsrunde 2021/2022 vergeben werden sollen, die entsprechende Auswahlentscheidung ebenfalls anhand der aktuellen Beurteilungen für den Beurteilungszeitraum vom 1. September 2018 bis zum 31. August 2020 getroffen werden.
40Hiergegen vermag die Antragsgegnerin auch nicht einzuwenden, dieser Argumentation stehe die ihr gemäß Art. 143b Abs. 3 Satz 1, 87f GG zustehende „besondere Organisationsgewalt“ entgegen. Der Nichtannahmebeschluss vom 2. Mai 2016– 2 BvR 1137/14 –, juris, auf den die Antragsgegnerin insoweit verweist, betrifft die Frage, ob Beamte lediglich unmittelbaren Postnachfolgeunternehmen oder auch deren Tochtergesellschaften zugewiesen werden können. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht den vorstehenden Verfassungsnormen entnommen, dass die Struktur der Postnachfolgeunternehmen weiter entwickelt und die Anpassung an die Anforderungen des Wettbewerbs gefördert werden soll. Hierzu hat es den Postnachfolgeunternehmen organisatorisch eine weitgehende unternehmerische Freiheit eingeräumt. Um solche strukturellen Fragen geht es jedoch vorliegend ersichtlich nicht. Die Aufhebung eines Besetzungsverfahrens betrifft vielmehr die aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensansprüche der Beamten, dieeine diesen Anforderungen genügende Ausgestaltung der Auswahlverfahren verlangen. Diesbezüglich steht der Antragsgegnerin kein weiterer Spielraum offen als anderen Dienstherren.
41Ein sachlicher Grund folgt auch nicht aus dem Vortrag der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung, sie habe sich entschieden, die noch gesperrten Beförderungslisten des mittleren Dienstes abzubrechen und die betroffenen Planstellen in der Beförderungsrunde 2021/2022 zusätzlich zu vergeben. Auf diese Weise seien mehr Beamtinnen und Beamte in die Auswahlentscheidung einbezogen. Sie habe somit mit dem Ziel einer bestmöglichen Besetzung der Beförderungsstellen gehandelt, um eine hinreichende Anzahl leistungsstarker Bewerber für die Auswahlentscheidung zu erhalten. Diese Begründung vermag der Abbruch bereits deshalb nicht zu rechtfertigen, weil sie weder Gegenstand des Abbruchsvermerks noch des an die Antragstellerin gerichteten Mitteilungsschreibens vom 19. Juli 2021 ist. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, dass die Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung nicht im Ansatz dargelegt hat, dass im aufgehobenen Auswahlverfahren keine hinreichende Anzahl leistungsstarker Bewerber vorhanden war.
42Das Beschwerdevorbringen erschüttert auch nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Antragstellerin habe einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin trägt insoweit vor, die Antragstellerin habe keinen Widerspruch gegen das Schreiben vom 19. Juli 2021 erhoben. Ihr fehle daher das für ein Antrag nach § 123 VwGO notwendige Rechtsschutzinteresse.
43Dies überzeugt nicht. Wegen der Eilbedürftigkeit eine erneute Ausschreibung der in Rede stehenden Beförderungsstellen zu verhindern, bedarf es regelmäßig keines vorangegangenen Antrages an den Dienstherrn. Im Übrigen lässt der Umstand, dass die Antragsgegnerin neben dem die Antragstellerin betreffenden Beförderungsverfahren eine Vielzahl von Beförderungsverfahren aufgehoben hat, um die Stellen zusammen in der Beförderungsrunde 2021/2022 zu vergeben, erwarten, dass die Antragsgegnerin einem solchen Antrag nicht nachgekommen wäre.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
45Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
46Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.