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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber unbegründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen nicht zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung. Sie stellen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe im Verfahren des Eilrechtsschutzes aufgrund des Grundrechts der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Beantwortung der im Tenor des angegriffenen Beschlusses aufgeführten vier Fragen,
3- welche Kenntnisse das Ministerium, namentlich Bundesministerin P., über die Entstehung eines Fotos im Hubschrauber der Flugbereitschaft vom 13. April 2022 hat, das den Sohn von Bundesministerin P. zeigt,
4- ob Bundesministerin P. das Foto am 13. April 2022 selbst angefertigt hat,
5- ob der Ministerin oder ggf. weiteren Beteiligten aus dem Ministerium bekannt war, dass ein am 13. April 2022 aufgenommenes Foto aus dem Helikopter in einem sozialen Netzwerk veröffentlicht würde/es beabsichtigt war, ein solches Foto zu veröffentlichen,
6- und falls dies nicht bekannt war, wann (Datum) dies dem Ministerium, namentlich Bundesministerin P., auf welche Weise bekannt geworden ist,
7weder mit Blick auf den Anordnungsanspruch (dazu 1.) noch den Anordnungsgrund (siehe 2.) durchgreifend in Zweifel.
81. Die Antragsgegnerin zeigt keine Fehler des Verwaltungsgerichts mit Blick auf das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs auf.
9Dies gilt zunächst für ihren Einwand, bei den vom Antragsteller erfragten Tatsachen handele es sich nicht um auf dienstliche Vorgänge und Wahrnehmungen bezogene Informationen, die allein von dem presserechtlichen Auskunftsanspruch erfasst seien, sondern um persönliche Kenntnisse, die außerhalb der dienstlichen Tätigkeit lägen.
10Vgl. zu dieser Differenzierung etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Juli 2022 - OVG 6 S 36/22 -, juris Rn. 18.
11Hierzu trägt die Antragsgegnerin vor, der in Rede stehende Vorgang, nämlich die Fertigung eines Fotos des Sohnes der Bundesministerin für […], sei nur „bei Gelegenheit“ ihrer Dienstausübung beim Hubschrauberflug zu einem dienstlichen Termin entstanden. Zum Vergleich führt sie an, dass etwa auch private Gespräche, ein privates Telefonat oder eine private Lektüre von Zeitschriften und Büchern während des Fluges denkbar seien, die ebenso wie die Fertigung des Fotos keinen dienstlichen Vorgang darstellten, auch wenn sie im Rahmen des dienstlichen Fluges erfolgten.
12Dieses Vorbringen stellt den dienstlichen Charakter des mit den Fragen verbundenen Vorgangs nicht durchgreifend in Frage. Wie schon das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, ergibt sich dieser vielmehr aus einer Gesamtschau aller relevanten Umstände, namentlich dem vorliegend gegebenen zeitlichen, räumlichen und inhaltlichen Zusammenhang des Fotos mit der Dienstausübung der Ministerin.
13Dass das Foto während eines dienstlich veranlassten Flugs und damit zeitlich und räumlich untrennbar im Zusammenhang mit einem Dienstgeschäft der Ministerin entstanden ist, wird auch von der Antragsgegnerin nicht bestritten. Ihr Einwand, dass Foto sei jedoch nur „bei Gelegenheit“ der Dienstausübung entstanden, zielt demgegenüber darauf ab, einen hinreichenden inhaltlichen Zusammenhang in Abrede zu stellen. Auch dieser liegt jedoch entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin vor. Ein relevanter Unterschied zu den von ihr grundsätzlich der privaten Sphäre zugeordneten Tätigkeiten privater Telefongespräche oder einer privaten Lektüre während eines dienstlichen Flugs ergibt sich jedenfalls insofern, als das streitgegenständliche Foto nicht nur den Sohn der Ministerin, sondern auch den Hubschrauber der Bundeswehr zeigt, mit dem der dienstliche Flug erfolgt ist. Durch diese nach außen tretende Sichtbarkeit des dienstlichen Flugobjekts wird ein inhaltlicher Bezug des Fotos jedenfalls auch zur Dienstreise der Ministerin und damit deren Dienstausübung hergestellt, der den vorgehend beschriebenen Tätigkeiten, bei denen sich dieser Dienstbezug nicht in vergleichbarer Weise manifestiert, fehlt. Dem entspricht es, dass nach den seitens der Antragsgegnerin unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, welches sich insoweit auf Erläuterungen der Antragsgegnerin bei der Regierungspressekonferenz vom 11. Mai 2022 bezieht, der Dienststellenleiter oder der Kommandant eines Militärgeräts aus Sicherheitsgründen festlegt, wie es sich vor Ort mit der Erlaubnis zum Fotografieren verhält. Danach muss eine der Antragsgegnerin angehörige Stelle festlegen, ob überhaupt fotografiert werden darf. Dies belegt ebenfalls, dass durch das Foto - jedenfalls auch - die dienstliche Sphäre betroffen ist.
14Die Zuordnung des Fotos zur - auch - dienstlichen Sphäre führt gleichzeitig dazu, dass sowohl die beiden streitgegenständlichen Fragen, die sich auf die Umstände zu dessen Entstehung beziehen, wie auch die beiden Fragen, die den Zeitpunkt der Kenntnisnahme im Ministerium über die Veröffentlichung desselben in einem sozialen Netzwerk zum Gegenstand haben, einen dienstlichen Bezug aufweisen und nicht rein private Belange der Ministerin bzw. ihres Sohnes betreffen.
15Für diese Zuordnung ist es auch ohne Bedeutung und nicht vom Senat zu entscheiden, ob, wie die Antragsgegnerin meint, sich der vom Verwaltungsgericht gleichzeitig bejahte Ausschluss des Informationsrechts des Antragstellers bezüglich seiner weiteren Frage zur Hotelbuchung der Ministerin auf G. hierzu „inkohärent“ verhält.
16Ferner verfängt der weitere Einwand, die Ministerin sei nicht die nach der internen Geschäftsverteilung zuständige Stelle oder die für den abgefragten Sachverhalt zuständige Mitarbeiterin, ebenfalls nicht. Ob dies zutrifft, kann dahinstehen, weil es Sache der Antragsgegnerin ist, die Informationen dort zu erfragen, wo sie vorhanden sind oder vorhanden sein können. Dass eine solche Abfrage nicht erfolgversprechend wäre - etwa weil niemand über das entsprechende Wissen verfügt - hat sie weder geltend gemacht noch ist dies sonst ersichtlich.
17Auch der Vortrag der Antragsgegnerin, wonach die streitgegenständlichen Fragen „den inneren Bereich der Privatsphäre“ beträfen, es sich bei diesen um „einen Schlüsselloch-Journalismus“ handele und namentlich der Beantwortung der Frage nach der Kenntnis der Ministerin über die Veröffentlichung des Fotos der Schutz des Art. 6 GG entgegenstehe, greift nicht durch. Die damit angegriffene Abwägung des Verwaltungsgerichts, wonach das Informationsinteresse des Antragstellers die entgegenstehenden privaten Belange überwiege, ist nicht zu beanstanden. Danach hat der Antragsteller unter Bezugnahme auf seine journalistische Tätigkeit und die bereits erfolgte Berichterstattung, die er hinsichtlich der Umstände der Entstehung des Fotos auszuweiten beabsichtigt, ein berechtigtes Interesse an der Informationsübermittlung dargelegt, dessen Bewertung sich angesichts der Eigenständigkeit der Presse und des Verbots einer Relevanzprüfung verbietet. Demgegenüber sind auf Seiten der Ministerin bzw. ihres Sohnes in Anbetracht dessen, dass das streitgegenständliche Foto einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit der Ministerin hat, es nicht in einem besonders geschützten privaten Rahmen entstanden ist und die Ministerin selbst durch die Mitnahme ihres Sohnes in einem Hubschrauber der Antragsgegnerin aus freien Stücken ihre privaten Belange mit der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte verwoben hat, keine erheblichen und in besonderem Maße schutzwürdigen Belange erkennbar, die eine Nichtbeantwortung der vier Fragen rechtfertigen könnten. Der daneben mit Blick auf die beiden Fragen zur Kenntnisnahme von der Veröffentlichung des Fotos geltend gemachte Einwand, der Ministerin stände vor jedem deutschen Gericht gemäß den geltenden Verfahrensordnungen jeweils ein Zeugnisverweigerungsrecht über die Kommunikation mit ihrem Sohn zu, ist nicht überzeugend. Der vorliegende Sachverhalt ist hiermit schon deshalb nicht vergleichbar, weil es nicht um die Grenzen der Sachaufklärung durch Zeugenvernehmung in einem gerichtlichen Verfahren geht. Im Übrigen entspricht es der auch von der Antragsgegnerin zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
18BVerwG, Urteil vom 26. April 2021 - 10 C 1/20 -, juris Rn. 29 ff.,
19dass ein Ausschluss von presserelevanten Informationen nicht per se bereits wegen einer Kommunikation zwischen Familienmitgliedern, sondern nur nach Abwägung des Informationsinteresses der Presse mit den im Einzelfall entgegenstehenden schutzwürdigen privaten Interessen in Betracht kommen kann. Diese Abwägung lässt aber, wie bereits durch das Verwaltungsgericht dargelegt und vorgehend nochmals dargestellt, keine das Informationsinteresse überwiegenden, besonders schutzwürdigen Belange der Ministerin erkennen.
202. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin besteht zugunsten des Antragstellers auch ein Anordnungsgrund. Dieser wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Antragsteller - wiewohl nach den Angaben der Antragsgegnerin selbst Volljurist und zudem anwaltlich vertreten - seinen Eilantrag zunächst beim Verwaltungsgericht Berlin gestellt und, statt den Antrag nach Kenntnisnahme von der Einschätzung dieses Gerichts mit Blick auf dessen fehlende örtliche Zuständigkeit zurückzunehmen, den nach Auffassung der Antragsgegnerin langsameren Weg der Verweisung an das zuständige Verwaltungsgericht Köln in Kauf genommen hat. In Fällen presserechtlicher Auskunftsansprüche gilt vielmehr, dass an die Annahme eines sogar die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anordnungsgrundes mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sowie das von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG mitumfasste Selbstbestimmungsrecht der Presse hinsichtlich der Themenauswahl und der Entscheidung, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll, kein zu enger Maßstab angelegt werden darf. Demgemäß ist zwar einerseits erforderlich, andererseits aber auch ausreichend, dass für die begehrte Auskunft ein gesteigertes öffentliches Interesse vorliegt sowie ein starker Gegenwartsbezug besteht.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Juli 2022 - 15 B 1177/21 -, Rn 54, juris m. w. N.
22Beides ist vorliegend gegeben. Das öffentliche Interesse wird bereits durch die seitens des Antragstellers zusammen mit seinem Eilantrag vorgelegten Berichte zum Hubschrauberflug der Ministerin belegt. Auch ist dieses Interesse noch hinreichend gegenwärtig. So haben sowohl die Zeitung X. wie auch die Zeitung Y. noch im September 2022 über das Thema berichtet; das erstgenannte Presseorgan hat in diesem Zusammenhang auch auf den vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit verwiesen. Vor diesem Hintergrund fällt der Umstand, dass es durch das gewählte prozessuale Vorgehen des Antragstellers ggf. einige Tage länger gedauert hat, bis das Verwaltungsgericht Köln mit der Sache befasst werden konnte, nicht ins Gewicht, zumal eine Rücknahme des Antrags dazu geführt hätte, dass der Antragsteller vollständig die Kosten desselben hätte tragen müssen. Für den von der Antragsgegnerin jedenfalls sinngemäß erhobenen Vorwurf, der Antragsteller habe absichtlich zunächst beim örtlich unzuständigen Gericht seinen Eilantrag gestellt, bleibt die Antragsgegnerin im Übrigen jeglichen substantiierten Beleg schuldig. Soweit sie zuletzt darauf verweist, die Eilbedürftigkeit einer einstweiligen Anordnung mache eine Verweisung regelmäßig unzulässig, erschließt sich dem Senat ebenfalls nicht, weshalb das prozessuale Vorgehen des Verwaltungsgerichts dem Anordnungsgrund des Antragstellers entgegengehalten werden sollte.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Rechtsgrundlagen in den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
24Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).